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GP SA Kapitalmarktrecht 2011:GPM 4-2011 - Buchalik Brömmekamp

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Kickbacks und (noch) kein Ende<br />

HV, Stimmrechte, Anlegerschutz<br />

Rechtsprechung fordert Kostentransparenz<br />

Von Tanja Kordys, Rechtsanwältin, bb [Sozietät] <strong>Buchalik</strong> Brömmekamp<br />

Banken, Anlagevermittler, Anlageberater sowie Vermögensverwalter<br />

erhalten für den Vertrieb von Geldanlagen<br />

häufig Zahlungen, die unter den Begriffen Provisionsrückvergütungen,<br />

Kickbacks oder Retrozessionen bekannt sind.<br />

Werden diese Provisionen bei einem Verkaufsgespräch<br />

nicht transparent gemacht, können Kunden Schadensersatz<br />

oder eine Rückabwicklung fordern. Der BGH hatte bereits<br />

Ende 2000 die Kostentransparenz angemahnt und seither<br />

in weiteren Urteilen deutlicher definiert. Während die<br />

Rechtsprechung bei Anlageprodukten eindeutig ist, werden<br />

Zahlungen wie Innenprovisionen und Handelsspannen<br />

noch unterschiedlich bewertet.<br />

Tanja Kordys<br />

Bewertung von Rückvergütungen<br />

Ausgangspunkt zu der Bewertung solcher Zahlungen<br />

bildet ein Urteil des BGH vom 19.12.2000. Damals hatte<br />

der BGH entschieden, dass die depotführende Bank den<br />

Kunden über den Erhalt von Rückvergütungen informieren<br />

muss. Erst durch die Aufklärung werde der Kunde in<br />

die Lage versetzt, das in dem Verschweigen liegende<br />

pflichtwidrige Handeln seines Vermögensverwalters zu<br />

erkennen. Da die Bank durch die Zahlung eine Gefährdung<br />

des Kundeninteresses durch den Vermögensverwalter<br />

erst schaffe, obliege ihr die Verpflichtung, den<br />

Kunden hierüber aufzuklären.<br />

Am 19.12.2006 erging das zweite „Kickback-Urteil“ des<br />

BGH. Dieser urteilte, dass vorstehende Offenlegungspflichten<br />

auch einer anlageberatenden Bank obliegen. In<br />

diesem Fall wurde die Bank verpflichtet, ihren Kunden<br />

darüber in Kenntnis zu setzen, dass die Kapitalanlage -<br />

gesellschaft, die den Investmentfonds verwaltet, der<br />

anlageberatenden Bank einen Teil des Ausgabeaufschlages<br />

und zudem laufende Vertriebsfolgeprovisionen zahlt.<br />

Erst durch die Aufklärung kann der Kunde erkennen, ob<br />

die Bank im Eigeninteresse oder im Auftrag berät. Im<br />

Januar 2009 hat der BGH diese Rechtsprechung ebenfalls<br />

auf geschlossene Fonds angewandt. Eine Übertragung<br />

der „Kickback-Rechtsprechung“ auf Anlageberater<br />

außerhalb des Bankenbereichs wird vom BGH noch<br />

abgelehnt.<br />

Bewertung der Innenprovisionen<br />

Hingegen ist die „Kickback-Rechtsprechung“ des BGH auf<br />

Innenprovisionen nicht anwendbar. Bei Innenprovisionen<br />

und Vertriebsprovisionen handelt es sich um Kosten -<br />

bestandteile, die der Verkäufer oder Emittent in den<br />

94<br />

GoingPublic „<strong>Kapitalmarktrecht</strong> <strong>2011</strong>“


Preis der Kapitalanlage oder in das Nominalkapital<br />

einpreist.<br />

Die Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Abgrenzung<br />

von Rückvergütungen zu Innenprovisionen sehr<br />

uneinheitlich. Für die Praxis ist die Differenzierung aber<br />

wichtig: Gerade bei der Einordnung von Platzierungs -<br />

provisionen, die Emittenten von Zertifikaten an vertreibende<br />

Banken leisten, oder aber bei geschlossenen<br />

Fonds, bei denen Eigenkapitalvermittlungsprovisionen<br />

nicht aus einem Agio geleistet werden, kann diese Differenzierung<br />

über eine Rückabwicklung der Investition<br />

entscheiden.<br />

Ebenso uneinheitlich stellt sich die Rechtsprechung<br />

derzeit bei Gewinnmargen und Handelsspannen dar.<br />

Überwiegend tendieren die Oberlandesgerichte dahin,<br />

eine Anwendbarkeit der „Kickback-Rechtsprechung“ auf<br />

Gewinnmargen und Handelsspannen zu verneinen. Dabei<br />

wird zwar zunächst zwischen dem Vertrieb eigener Produkte<br />

und dabei erzielten Gewinnmargen und dem Vertrieb<br />

fremder Produkte unterschieden. Die überwiegende<br />

Rechtsprechung lehnt eine Anwendbarkeit der „Kickback-Rechtsprechung“<br />

bei beiden Fallkonstellationen<br />

jedoch gleichermaßen ab.<br />

Interessenkonflikte bei der Bank?<br />

In einem aktuellen Urteil vom 22.03.<strong>2011</strong> hat der BGH<br />

jedoch entschieden, dass eine Aufklärungspflicht der<br />

Bank besteht, wenn diese zugleich als Partner des Swap-<br />

Geschäfts und als Anlageberater auftritt. Dann muss sie<br />

über den von der Bank strukturierten anfänglichen negativen<br />

Marktwert des Swaps aufklären, da dieser Ausdruck<br />

eines schwerwiegenden Interessenkonflikts sei.<br />

Nachdem die Rechtsprechung zu den oben aufgeführten<br />

Zahlungen recht unübersichtlich wurde, lag die Hoffnung<br />

in zwei Verfahren, in denen eine Sparkasse Revision zum<br />

BGH eingelegt hatte. Die Sparkasse hatte Lehman-Zertifikate<br />

vertrieben und wurde sowohl erst- wie auch zweit -<br />

instanzlich zu Schadensersatz verurteilt. Die für den<br />

12.04.<strong>2011</strong> angekündigten Verhandlungstermine wurden<br />

jedoch aufgehoben, da die beklagte Sparkasse ihre<br />

Revisionen zurückgenommen hatte.<br />

Folgen<br />

Wenn die gebotene Aufklärung in den dargestellten Fallkonstellationen<br />

also unterbleibt, liegt hierin eine Pflichtverletzung<br />

des Vermögensverwalters oder Anlageberaters.<br />

Diese sind daher zum Schadensersatz verpflichtet.<br />

In der Regel wird der Schaden des Anlegers in dem Wertverlust<br />

der gekauften Fondsanteile oder gezeichneten<br />

Zertifikate liegen. Möglich ist auch, dass der Anleger so<br />

zu stellen ist, als ob der Vermögensverwaltungsvertrag<br />

nie geschlossen wurde.<br />

Für Banken und Vermögensverwalter ist es empfeh lenswert, ausführlich über den<br />

Erhalt von Anteilen an Ausgabeaufschlägen sowie Vertriebsfolgeprovisionen aufzuklären.<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

Für Banken und Vermögensverwalter ist es daher<br />

empfeh lenswert, ausführlich über den Erhalt von Anteilen<br />

an Ausgabeaufschlägen sowie Vertriebsfolgeprovisionen<br />

aufzuklären. Je nach Ausgestaltung dieser Zahlungen<br />

muss die Aufklärung unterschiedlich detailliert ausfallen.<br />

Im Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, eine Dokumen -<br />

tation über die Aufklärung zu erstellen. Hinsichtlich der<br />

ebenfalls bestehenden Herausgabepflicht des Erlangten<br />

ist es grundsätzlich empfehlenswert, „Behaltensklauseln“<br />

zu entwickeln. Für die Formulierung beider Aspekte<br />

sollte immer ein Experte hinzugezogen werden, der sich<br />

mit den Fallstricken des Vergütungsrechts auskennt.<br />

HV, Stimmrechte, Anlegerschutz<br />

GoingPublic „<strong>Kapitalmarktrecht</strong> <strong>2011</strong>“ 95

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