Vereinigung - Austropapier
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haupt möglich war, wurde sie zusätzlich<br />
durch die Demarkationslinien erschwert,<br />
die die vier Besatzungszonen voneinander<br />
trennten. Dass 1946 die Produktion<br />
von Papier, Holzschliff und Pappe mit<br />
155.300 Tonnen mehr als ein Drittel der<br />
Erzeugung von 1937 erreichte, war unter<br />
den gegebenen Umständen eine sehr<br />
beachtliche Leistung.<br />
Ein typisches Beispiel für die Tätigkeit<br />
des Verbandes war die 1947 gestartete<br />
Pa-Ko-Aktion. Der Grundgedanke war,<br />
mit den durch Papierexporte erwirtschafteten<br />
Fremdwährungsmitteln beziehungsweise<br />
im Kompensationsweg<br />
Kohle zu importieren, die teilweise als<br />
PaÖ: Einige reden von Wandel. Wie sehen Sie das?<br />
FT: Ja, ein erster Meilenstein war der EU-Beitritt. Durch die<br />
zusätzliche politische Ebene wurden politische Entscheidungen<br />
und die Prozesse dieser Entscheidungen wesentlich<br />
komplexer. Für diese internationale Ebene hat das<br />
traditionelle System des Interessenausgleichs nicht mehr<br />
ausgereicht. Die nächste Phase war die schwarz/blaue Koalition,<br />
die die Bedeutung der Sozialpartnerschaft ab 2000<br />
vorübergehend zurückgedrängt hat. Mittlerweile gibt es<br />
in Österreich, natürlich hauptsächlich in Wien, eine ganze<br />
Lobbying-Szene und in Deutschland sehen wir schon, dass<br />
immer mehr Rechtsanwälte und Law-Firmen amerikanischer<br />
Prägung in dieses Betätigungsfeld einsteigen. Ich<br />
sehe deutlich, dass Lobbying in den letzten zehn Jahren<br />
in Österreich immer professioneller geworden ist, nicht<br />
zuletzt dadurch, dass es mittlerweile zwei eigene Lehrgänge<br />
dafür gibt, jeweils mit vier Semestern an der bfi Wien<br />
Akademie und auch am Publizistik-Institut der Uni Wien.<br />
PaÖ: Das heißt, Lobbying in Österreich ist wettbewerbsfähig?<br />
FT: Teilweise, ich sehe aber auch, dass Lobbying in Berlin, in<br />
Brüssel und erst recht in Washington noch professioneller<br />
läuft. Vielleicht sieht die Papierindustrie das auch so, denn<br />
ihre Interessenvertretung ist sowohl in Österreich als auch<br />
über die CEPI bei der EU aktiv.<br />
Ende der 40er-Jahre lief auch in Österreich<br />
das Marshall-Programm an, das in Zusammenarbeit<br />
mit der <strong>Vereinigung</strong> für mehrere<br />
Papierfabriken zentral geplant worden war. Im<br />
Juni 1950 besichtigten Amerikaner und eine<br />
Delegation der <strong>Vereinigung</strong> die Neuerungen<br />
bei der Leykam-Josefstal AG in Gratkorn.<br />
Energieträger in den Papierfabriken eingesetzt,<br />
teilweise der Bevölkerung im Abtausch<br />
gegen privat geschlägertes Holz<br />
als Heizmittel zur Verfügung gestellt<br />
wurde. Insgesamt 230.000 Männer und<br />
Frauen aus der Bevölkerung schlägerten<br />
innerhalb einer Saison rund 1,5 Millionen<br />
Festmeter Holz. Auf diese Weise wurde<br />
das Faseraufkommen gesteigert und die<br />
Papierproduktion angekurbelt.<br />
Im Frühjahr 1947 trat das neue Handelskammergesetz<br />
in Kraft, der Verband<br />
wurde zum Fachverband der Papier-, Zellulose-,<br />
Holzstoff- und Pappenindustrie<br />
Österreichs mit Pflichtmitgliedschaft.<br />
Am 21. Juli 1948 fand die konstituierende<br />
Versammlung der <strong>Vereinigung</strong> österreichischer<br />
Papier-, Zellulose-, Holzstoff<br />
und Pappenindustrieller statt. Ziel dieser<br />
wieder auf freiwilliger Mitgliedschaft<br />
beruhenden Organisation war es, jene<br />
Interessen der Industrie wahrzunehmen,<br />
die nicht entsprechend dem Handelskammergesetz<br />
dem Fachverband vorbehalten<br />
waren, wie Fragen der Lohn- und Sozialpolitik.<br />
Damit wurde wieder die Parallel-<br />
Ein wichtiger Faktor im Lobbying ist aber zweifellos die<br />
Transparenz, weil sie Vertrauen schafft. In Österreich hat<br />
sich unsere Berufsgruppe nicht nur in der Public Affairs-<br />
<strong>Vereinigung</strong> zusammengefunden, sondern sich auch<br />
gleich einen eigenen Verhaltenskodex auferlegt und unterstützt<br />
die Einführung des geplanten Lobbying-Gesetzes.<br />
Uns ist es dabei wichtig, dass tatsächlich alle Lobbyisten<br />
im Register meldepflichtig sind, nämlich Mitarbeiter von<br />
Unternehmen, Agenturen, Verbänden, NGOs und eben<br />
auch der Sozialpartner-Organisationen. Wünschenswert<br />
wäre außerdem eine transparentere Parteienfinanzierung,<br />
wie zum Beispiel in den USA oder Skandinavien.<br />
PaÖ: Was erhoffen Sie sich von den Public Affairs der<br />
Zukunft?<br />
FT: In den USA gibt es ein Recht auf Interessenvertretung,<br />
das finde ich demokratiepolitisch wichtig. Konkret<br />
wünsche ich mir, dass das so genannte Deal making,<br />
zum Beispiel bei öffentlicher Auftragsvergabe, stärker<br />
von Lobbying abgegrenzt wird. Im Lobbying geht es<br />
meiner Vorstellung nach um das Gestalten von politischen<br />
Rahmenbedingungen, um den Wettbewerb der<br />
Argumente. Wenn Sachkenntnis und gute Argumente<br />
wichtiger werden als Kontakte, haben wir für die Politik<br />
und die Demokratie allgemein viel erreicht.<br />
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