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UTOPIE UND ANTIUTOPIE. - Beate-jonscher.de

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schaft <strong>de</strong>r Tyrannen, die sich als Wohltäter ausgeben - sich einige Jahren später in Evgenij Zamjatins<br />

antiutopischen Roman „My“ wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n. 14<br />

Wie in „Respublika Južnogo Kresta“ bleiben auch in <strong>de</strong>n Erzählfragmenten „Vosstanie mašin“ (1908)<br />

und „Mjatež mašin“ (1915) 15 die Schä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r technischen Welt räumlich begrenzt. Bei<strong>de</strong> Texte<br />

sind <strong>de</strong>m gleichen Thema gewidmet: <strong>de</strong>r Gefahr einer Fetischisierung <strong>de</strong>r Technik. Ähnlich wie in<br />

„Zemlja“ beherrscht <strong>de</strong>r Mensch die Maschinen, die ihm alle Bequemlichkeit schaffen, nicht mehr.<br />

Die Maschinen erlangen ein Eigenleben und wer<strong>de</strong>n zur tödlichen Falle.<br />

„Vosstanie mašin“ verrät eine an Verne und Poe geschulte Aussagekraft. Spannen<strong>de</strong>s wird geschickt<br />

in Szene gesetzt, Grausiges eindrucksvoll geschil<strong>de</strong>rt. Vollen<strong>de</strong>t, hätte die Erzählung sicher ein interessantes<br />

Pendant zu „Respublika Južnogo Kresta“ ergeben. Brjusov wagte nach <strong>de</strong>m Ich-Erzähler in<br />

„Vosstanie mašin“, <strong>de</strong>r die Ereignisse nur wie<strong>de</strong>rgibt, ohne sie zu durchschauen, mit „Mjatež mašin“<br />

noch einen Versuch mit einem distanzierten Berichterstatter, aber dieses Fragment fiel noch kürzer<br />

aus. Offenbar vermochte es Brjusov nicht, die vorgestellte Apokalypse bis zur letzten Konsequenz<br />

künstlerisch auszuführen. Im übrigen erhält dieses Thema keine Fortsetzung, Brjusovs Interesse für<br />

utopische Themen geriet durch <strong>de</strong>n Krieg in <strong>de</strong>n Hintergrund. Mit <strong>de</strong>r Revolution, die Brjusov bekanntlich<br />

bedingungslos begrüßte, erhielt das in <strong>de</strong>m frühen Roman „Gora zvezdy“, vor allem aber in<br />

<strong>de</strong>r Lyrik gestaltete kosmische Thema eine neue Dimension. In <strong>de</strong>r Prosa ging es <strong>de</strong>m Dichter - angeregt<br />

durch die Lektüre von Ciolkovskij, <strong>de</strong>ssen Vorstellungen auch Brjussov wissenschaftliches Interesse<br />

weckten - zunächst ganz konkret um die Möglichkeit von Raumflügen. Es entstand die unvollen<strong>de</strong>t<br />

gebliebene Erzählung „Pervaja mežplanetarnaja ėkspedicija“ (1918), wobei zum gleichen Thema<br />

auch noch das Dramenfragment „Piorent“ (1920) 16 existiert. Brjusov versuchte hier, <strong>de</strong>n Flug und<br />

die Expedition auf <strong>de</strong>m Mars technisch genau zu schil<strong>de</strong>rn. Auch dies ging offenbar über seine Kräfte,<br />

<strong>de</strong>nn er kam über wenige Seiten nicht hinaus.<br />

Mehr jedoch beschäftigte Brjusov ein an<strong>de</strong>res Thema: die Stellung <strong>de</strong>s Menschen im All. Seine Überlegungen<br />

gingen auf die damals weit verbreitete Vorstellung zurück, zumin<strong>de</strong>st auf <strong>de</strong>m Mars und auf<br />

<strong>de</strong>r Venus gäbe es vernunftbegabte Wesen, mit <strong>de</strong>nen die Menschen in nächster Zukunft Kontakte<br />

aufnehmen wür<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>m Vorwort zu <strong>de</strong>m nicht mehr ausgeführten Gedichtband „Planetaria“, <strong>de</strong>r<br />

„vollständig <strong>de</strong>n Perspektiven <strong>de</strong>s künftigen kosmischen Seins <strong>de</strong>r Menschheit“ 17 gewidmet sein sollte,<br />

schreibt Brjusov dazu folgen<strong>de</strong>s:<br />

„No net somneniq, hto nastupit takoj ätap v #izni Helovehestva, kogda vsq zemlq bu<strong>de</strong>t obßedinena,<br />

v vi<strong>de</strong> li edinogo }gosudarstva{ (vsemirnoj socialistiheskoj respubliki) ili v i-<br />

noj forme, soedinqü+ej trud i usiliq vsex lü<strong>de</strong>j, #ivu+ix na planete, dlq ob+ix celej.<br />

Togda nastupit novyj period #izni: zavoevanie svoego mesta v solnehnoj sisteme - period kotoryj,<br />

mo#et bytö, to#e bu<strong>de</strong>t oznamenovan }boröboj{, mo#et bytö, gubitelönymi vojnami...“<br />

(„Doch es besteht kein Zweifel, dass im Leben <strong>de</strong>r Menschheit eine Etappe bevorsteht, in <strong>de</strong>r die<br />

gesamte Er<strong>de</strong> vereinigt sein wird, sei es in Gestalt eines einheitlichen 'Staates'(einer sozialistischen<br />

Weltrepublik) sei es in einer an<strong>de</strong>ren Form, die die Arbeit und Anstrengungen aller Menschen, die<br />

auf <strong>de</strong>m Planeten leben, für gemeinsame Ziele vereinigt. Dann bricht eine neue Perio<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Lebens<br />

an: das Erringen seines Platzes im Sonnensystem - eine Perio<strong>de</strong>, die möglicherweise ebenfalls<br />

durch 'Kampf' gekennzeichnet sein wird, möglicherweise sogar durch vernichten<strong>de</strong> Kriege ...“)<br />

Vielleicht auch, fügt Brjusov hinzu, erfolgt <strong>de</strong>r Kampf auch nicht mit Waffen, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>n Argumenten<br />

<strong>de</strong>r Wissenschaft und <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s. 18 Wie<strong>de</strong>rumsind utopische und antiutopische Ten<strong>de</strong>nzen<br />

miteinan<strong>de</strong>r verknüpft: die Hoffnung auf ein friedliches Leben aller Menschen auf <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> mit<br />

<strong>de</strong>r Angst, dieses Leben müsse gegen an<strong>de</strong>re Bewohner <strong>de</strong>s Weltalls verteidigt wer<strong>de</strong>n. Auch glaubte<br />

Brjusov, wie bereits in <strong>de</strong>m Drama „Zemlja“ <strong>de</strong>utlich wur<strong>de</strong>, nicht an ein endgültiges Glück für Menschen<br />

und die menschliche Gesellschaft. Seine Befürchtungen kommen in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Dramen<br />

„Diktator“ (1921) und „Mir semi pokolenij“ (1923) zum Ausdruck, erhalten dabei aber eine unter-<br />

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