nachgefragt - PTW
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NACHGEFRAGT<br />
Interview mit Dr. med. Jamil Shahsalani-Katiran, Radioonkologe<br />
„Strahlentherapie heute -<br />
Immer wieder neue Herausforderungen“<br />
Am 01.09.2010 eröffneten Dr. Katiran und<br />
sein Team die strahlentherapeutische<br />
Einrichtung in Frechen. In dem neu errichteten<br />
Gebäude, direkt angeschlossen an<br />
das St. Katharinen-Hospital, werden ab<br />
sofort Tumorpatienten aus dem gesamten<br />
Rhein-Erft-Kreis mit modernster IMRT-<br />
Technik wohnortnah behandelt - in hellen,<br />
freundlichen Räumen, von einem eingespielten<br />
Team.<br />
Bis der Behandlungsraum stand und auch<br />
die <strong>PTW</strong>-Dosimetrie dort einziehen konnte,<br />
vergingen knapp zwei Jahre intensiver<br />
Planungs- und Bauzeit. „Ein Projekt, das<br />
ganz schön Zeit und Nerven gekostet hat,<br />
denn der Teufel steckt bekanntlich im<br />
Detail“, fasst Dr. Katiran, Bauherr und<br />
Betreiber der Strahlentherapie-Praxis,<br />
zusammen. Kurz vor der Eröffnung haben<br />
wir uns mit ihm in Frechen getroffen und<br />
über neue Techniken und Trends in der<br />
Strahlentherapie unterhalten.<br />
Dr. Katiran, Sie setzen mit dem Elekta<br />
Synergy modernste IMRT-Technik in<br />
der Bestrahlung ein. Welche Tumorerkrankungen<br />
werden Sie behandeln?<br />
Dr. Katiran: Wir werden das gesamte<br />
Spektrum der Technik nutzen und alle<br />
Krebsarten strahlentherapeutisch behandeln,<br />
die bei Erwachsenen auftreten<br />
können. Schwerpunktmäßig sind dies<br />
jedoch Mamma-, Prostata- und Bronchial-<br />
Karzinome sowie Kopf-Hals-Tumore.<br />
Welche Vorteile sehen Sie in der<br />
neuen dynamischen IMRT-Technik?<br />
Dr. Katiran: Die dynamische IMRT<br />
bietet uns zwei entscheidende Vorteile:<br />
eine kurze Behandlungsdauer bei gleich-<br />
zeitiger optimaler Anpassung an das<br />
Zielgebiet und weitgehender Schonung<br />
der Risikoorgane und des gesunden<br />
Gewebes. Sie ist das i-Tüpfelchen der<br />
modernen IMRT-Technik. Mit der IMRT<br />
Neueste Technik im Behandlungsraum: Dr. med.<br />
Jamil Katiran (Mitte), Dipl.-Ing. Armin Golami (rechts),<br />
Rüdiger Lauk, <strong>PTW</strong> (links), vor MP3-M-Wasserphantom<br />
können wir den Tumor punktgenauer bestrahlen;<br />
die dynamische IMRT versetzt uns in die Lage,<br />
dies noch schneller und konformaler zu tun.<br />
Sie eignet sich z. B. hervorragend für die Be-<br />
strahlung von Gehirn-, Kopf-Hals- und Pankreas-<br />
Tumoren, d. h. überall dort, wo der Tumor unmittelbar<br />
bzw. sehr dicht an einem Risikoorgan<br />
mit geringer Toleranz liegt.<br />
Und wo liegen die Grenzen dieser<br />
Bestrahlungstechnik?<br />
Dr. Katiran: Es gibt allerdings auch zahlreiche<br />
Fälle, wo wir auf eine Bestrahlung mit dynamischer<br />
IMRT verzichten, diese als kontra-<br />
indiziert sehen. Dies gilt vor allem dann, wenn<br />
wir befürchten müssen, durch eine Rotationsbestrahlung<br />
die gesunden Organe unnötig zu<br />
belasten, z. B. bei Patienten mit einer noch sehr<br />
hohen Lebenserwartung. So wird in Fachkreisen<br />
der Einsatz von IMRT bzw. RapidArc ® oder VMAT<br />
bei der Behandlung von Brustkrebs nach wie vor<br />
stark kontrovers diskutiert, da die gesunde Brust<br />
mitbestrahlt wird.<br />
<strong>PTW</strong>-Freiburg • Lörracher Straße 7 • 79115 Freiburg • Germany<br />
Tel.: +49 761 49055-0 • FAX: +49 761 49055-70 info@ptw.de • www.ptw.de 1
NACHGEFRAGT<br />
Welche Trends sehen Sie in der<br />
Strahlentherapie?<br />
Dr. Katiran: 80 bis 90 % der von uns behandelten<br />
Fälle sind normale oder einfache<br />
Tumorerkrankungen. Für eine Behandlung<br />
dieser Tumore sind die aktuellen Bestrahlungstechniken<br />
bestens geeignet. Sie sind<br />
technisch ausgereift und müssen nun in der<br />
klinischen Routine gezielt eingesetzt werden.<br />
Von speziellen Techniken, wie der Protonen-<br />
oder Ionentherapie, einmal abgesehen, sehe<br />
ich daher nur ein geringes technologisches<br />
Innovationspotential.<br />
In Zukunft wird es eher darum gehen, die<br />
Therapie präziser zu machen, d. h. die<br />
Patientenlagerung weiter zu optimieren und<br />
die Behandlungszeiten zu verkürzen. Diese<br />
Anforderungen lassen sich mit den modernen<br />
Techniken besser umsetzen. So könnte der<br />
Einsatz der dynamischen IMRT in Verbindung<br />
mit einer Optimierung der Lagerungstechniken<br />
vollkommen neue Tumor- bzw. Fraktionierungskonzepte<br />
ermöglichen, z. B. die Behandlung<br />
einzelner Metastasen in Leber oder Lunge.<br />
Komplexe Techniken,<br />
aufwändige Qualitätssicherung<br />
Abnahme vor dem Patientenbetrieb:<br />
Messungen im Wasserphantom MP3-M<br />
„Das lächelnde Gesicht“:<br />
IMRT-Planverifikation mit OCTAVIUS <br />
Mit dem Einzug komplexer Techniken<br />
steigen auch die Anforderungen an die<br />
Qualitätssicherung. Welche QA-<br />
Maßnahmen führen Sie durch?<br />
Dr. Katiran: Die Strahlentherapie ist streng<br />
reglementiert und überwacht. So nehmen die<br />
QA-Maßnahmen bei uns ca. 3 bis 4 Stunden<br />
pro Tag in Anspruch. Dies ist sehr viel Zeit,<br />
wenn Sie bedenken, dass hier täglich noch<br />
50 bis 60 Patienten behandelt werden<br />
müssen.<br />
Für die IMRT bzw. dynamische IMRT ist die<br />
Qualitätsicherung entsprechend umfangreich:<br />
Zu der üblichen maschinenbezogenen QA<br />
kommt für uns noch die Verifikation jedes<br />
einzelnen Patientenplanes dazu. Dabei<br />
wenden wir zwei Verifikationsmodelle an:<br />
Zum einen lassen wir die Patientenpläne<br />
von zwei unterschiedlichen Planungssystemen<br />
unabhängig voneinander rechnen<br />
und vergleichen die Ergebnisse; zum anderen<br />
strahlen wir den errechneten Plan auf das<br />
„lächelnde Gesicht mit der Platte vor dem<br />
Mund“ ab (lacht dabei…) und werten anschließend<br />
aus.<br />
Das Wasserphantom setzen wir zur Absolutdosimetrie<br />
und Beschleunigerkontrolle ein,<br />
u. a. um unsere Dosisprofile für das TPS<br />
zu ermitteln und die Stabilität zu beurteilen.<br />
<strong>PTW</strong>-Freiburg • Lörracher Straße 7 • 79115 Freiburg • Germany<br />
Tel.: +49 761 49055-0 • FAX: +49 761 49055-70 info@ptw.de • www.ptw.de 2
NACHGEFRAGT<br />
Was erwarten Sie von modernen Systemen oder<br />
Messmitteln zur Qualitätssicherung?<br />
Dr. Katiran: Dass man sie nicht sieht. Die Qualitätssicherung<br />
für die modernen IMRT-Techniken ist sehr<br />
zeitintensiv, komplex und setzt ein zu großes Verständnis<br />
der Materie voraus. Als Anwender wünsche ich es mir<br />
schneller und einfacher. Die Geräte sollten also kompakter<br />
werden, über mehr Anschlussmöglichkeiten verfügen<br />
und fernsteuerbar sein. Idealerweise sind sie bereits im<br />
Bestrahlungsgerät integriert und werden ausschließlich<br />
über die Software bedient. Dies erspart den Mehraufwand<br />
für den Messaufbau. Die Qualitätssicherung wird damit<br />
ein fester Bestandteil der täglichen Arbeit und kann im<br />
laufenden Betrieb erfolgen und nicht vor oder nach dem<br />
Patientenbetrieb.<br />
Am besten wäre es ohnehin, der Mensch käme bereits<br />
mit einem implantierten Dosismessgerät, inklusive<br />
Anschluss zum Ablesen, auf die Welt. Aber diesen<br />
Wunsch können Sie mir sicherlich nicht erfüllen.<br />
Stimmt, da muss ich leider passen. Warten wir die<br />
weitere Evolution ab. Eine letzte Frage: Was hat Sie<br />
bewogen, Radioonkologe zu werden?<br />
Dr. Katiran: Schwer zu sagen, was bei mir den Ausschlag<br />
gab. Ich denke, es ist die optimale Kombination<br />
aus Diagnostik und Therapie, die mir schon während des<br />
Medizinstudiums an diesem Berufsfeld gefiel. Als Radioonkologe<br />
arbeite ich fachübergreifend, sehe das große<br />
Bild. Darüber hinaus ist technische Kompetenz gefragt.<br />
Auch diesen Aspekt finde ich besonders reizvoll an<br />
meinem Beruf.<br />
Dr. Katiran, herzlichen Dank für das Gespräch und<br />
viel Erfolg für die weitere Entwicklung in Frechen!<br />
Das Interview führte Ute Wüstefeld.<br />
Ansprechpartner<br />
bei <strong>PTW</strong>:<br />
<strong>PTW</strong>-Freiburg<br />
Ute Wüstefeld<br />
Tel. +49 (0)761 49055-591<br />
ute.wuestefeld@ptw.de<br />
Ansprechpartner<br />
Strahlentherapie Frechen:<br />
Dr. med. Jamil Shahsalani-Katiran<br />
Strahlentherapie Frechen<br />
Tel.+49 (0)2234 2777-50<br />
info@strahlentherapie-frechen.de<br />
Zur Person<br />
Dr. med. Jamil Shahsalani-Katiran,<br />
Jahrgang 1964, nahm 1989 sein<br />
Medizinstudium an der Universität<br />
zu Köln auf. Nach Abschluss seines<br />
Studiums 1996 und Approbation als<br />
Arzt war er in der Klinik für Strahlentherapie<br />
am Klinikum der Universität<br />
zu Köln tätig. Dort arbeitete er u.a.<br />
im Rahmen des MedNet-Projektes<br />
mit und war maßgeblich an der Entwicklung<br />
eines 3D-Tumormodelles<br />
beteiligt.<br />
Seit Mai 2007 ist Dr. Katiran Chefarzt<br />
der Strahlenklinik des Evangelischen<br />
Krankenhauses in Witten.<br />
Als niedergelassener Facharzt für<br />
Radioonkologie betreibt er in einem<br />
Verbund Strahlentherapie-Praxen<br />
in Witten und Coesfeld. Die Strah-<br />
lentherapie in Frechen führt er in<br />
alleiniger Verantwortung.<br />
Dr. Katiran besitzt weitere Zusatzqualifikationen<br />
auf den Gebieten<br />
Angewandte Gesundheitswissenschaften<br />
sowie Medizininformatik,<br />
die auch eines seiner Steckenpferde<br />
ist.<br />
Er ist verheiratet und hat zwei<br />
Kinder.<br />
<strong>PTW</strong>-Freiburg • Lörracher Straße 7 • 79115 Freiburg • Germany<br />
Tel.: +49 761 49055-0 • FAX: +49 761 49055-70 info@ptw.de • www.ptw.de 3