Ausgabe 03/2006 - Evangelische Pfarrgemeinde Kindberg
Ausgabe 03/2006 - Evangelische Pfarrgemeinde Kindberg
Ausgabe 03/2006 - Evangelische Pfarrgemeinde Kindberg
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
60 JAHRE EVANGELISCHE PFARRGEMEINDE KINDBERG<br />
Die Entscheidung, welcher Konfession<br />
ein Neugeborenes angehören soll, liegt<br />
naturgemäß vorerst bei den Eltern.<br />
Meine Eltern – meine Mutter ist evangelisch,<br />
mein Vater katholisch – haben<br />
sich dafür entschieden, dass ich<br />
Mitglied der evangelischen Kirche werden<br />
soll und so wurde ich in diesem<br />
Glauben getauft. Ab welchem Zeitpunkt<br />
genau ich als kleines Kind bewusst an<br />
der Religion und den damit verbundenen<br />
Bräuchen, Praktiken und<br />
Tätigkeiten teilhatte, kann ich nicht<br />
genau sagen. Ein gewisses Maß an religiöser<br />
Erziehung prägte natürlich mein<br />
Erwachsenwerden und mit der Zeit entstand<br />
daraus auch ein Bewusstsein für<br />
diesen Glauben. Ich denke dabei zum<br />
Beispiel an meine frühe Volksschulzeit,<br />
wo wir evangelische Schüler den<br />
Religionsunterricht nicht gemeinsam<br />
mit der Mehrheit unserer Mitschülerinnen<br />
und Mitschüler verbrachten,<br />
sondern meistens zu viert oder zu<br />
fünft in einem kleinen Gruppenraum<br />
zusammen saßen und unterrichtet wur-<br />
Evangelisch-Sein aus der Sicht<br />
eines jungen Menschen<br />
INTERSPORT<br />
X<br />
RS<br />
SCHÖBERL Ö<br />
den. In der ersten Klasse mussten wir<br />
sogar nachmittags eine Stunde länger<br />
da bleiben, um auf die extra aus Graz<br />
anreisende Religionslehrerin zu warten.<br />
Diese Umstände kamen uns damals<br />
doch etwas merkwürdig vor und wir<br />
fragten uns sicherlich einige Male,<br />
warum wir das eigentlich tun mussten.<br />
In der zweiten Klasse kam auch noch<br />
dazu, dass unsere Mitschülerinnen und<br />
Mitschüler auf ein angeblich sehr wichtiges,<br />
prägendes und einzigartiges<br />
Ereignis in ihrem Leben als Christenmenschen<br />
vorbereitet wurden: auf die<br />
Erstkommunion. Auch das erschien uns<br />
merkwürdig, dass wir zwar alle an Gott<br />
glaubten, aber dass die eine, die größere<br />
Gruppe mit sieben bzw. acht Jahren<br />
ein eigenes, besonderes Fest mit diesem<br />
Gott feierte. Natürlich wurde uns<br />
erklärt, dass ein solches Ereignis in<br />
unserer Kirche nicht vorgesehen ist und<br />
dass wir mit vierzehn Jahren als mündige<br />
Christen gelten und dabei im<br />
Rahmen der Konfirmation eben noch<br />
einmal aus eigenem Willen bekräftigen,<br />
MODE - SPORT -TRACHT • KINDBERG<br />
35<br />
dass wir als<br />
evangelische<br />
Christen durchs<br />
Leben schreiten<br />
wollen, was ja<br />
dann auch die<br />
meisten von uns<br />
taten.<br />
Geht man jetzt<br />
aber weg von<br />
allen formellen und feierlichen Punkten<br />
des Kirchenjahres, hin zu der ganz persönlichen,<br />
privaten Beziehung zum<br />
eigenen Glauben, so habe ich schon<br />
früh festgestellt, dass die Zugehörigkeit<br />
zur evangelischen Kirche meine eigenen<br />
Überzeugungen und Meinungen und<br />
meine Lebensphilosophie in mancherlei<br />
Hinsicht aufgebaut und unterstrichen<br />
hat. Besonders wichtig sind mir dabei<br />
ein kritisches Denken, ein Hinterfragen<br />
von Autoritäten und ein gleichwertiges,<br />
demokratisches Miteinander in sämtlichen<br />
Bereichen. Es freut mich auch<br />
sehr, dass ich einer Kirche angehöre, die<br />
es ihren Priestern ermöglicht, nicht ausschließlich<br />
im Verhältnis zu Gott zu<br />
leben, sondern auch eine Familie zu<br />
gründen und Kinder zu haben. Und ich<br />
teile mit meiner Kirche auch den Blick<br />
fürs Wesentliche, die größtmögliche<br />
Reduktion einer Handlung oder eines<br />
Inhalts auf den Kern, auf die<br />
Quintessenz; jene Teile eben, die diese<br />
Handlung zur Handlung und diesen<br />
Inhalt zum Inhalt machen, ohne dabei<br />
aus meiner Sicht unnötiges, weil gegenstandsloses<br />
Beiwerk zur Sprache zu<br />
bringen.<br />
Andreas Knabl