Geschichte erleben www.casimir-katz-verlag.de Mittwoch, 6. April ...
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Wer war's?<br />
Eduard von Bolin –<br />
Der Juwelier <strong>de</strong>r Zaren<br />
12 Gernsbacher Bote 1/2011<br />
Gernsbacher Straßen<br />
Gernsbach hatte vor hun<strong>de</strong>rt Jahren einen illustren Einwohner: Eduard<br />
von Bolin (1842-1926), <strong>de</strong>n „Juwelier <strong>de</strong>r Zaren“. Bis heute sind<br />
Erinnerungen an ihn im Stadtbild präsent. Dort, wo einst seine Villa<br />
stand, win<strong>de</strong>t sich die Von-Bolin-Straße <strong>de</strong>n Kelterberg empor; das<br />
schmucke Zufahrtsportal an <strong>de</strong>r Loffenauer Straße und eine erhalten<br />
gebliebene ausla<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Außentreppe mit Balustra<strong>de</strong> bezeugen die<br />
einstige Pracht seines Anwesens. Im Clemm’schen Garten (vormals<br />
Rosarium) haben einige Gartenskulpturen eine neue Heimat gefun<strong>de</strong>n.<br />
Dreißig Jahre wohnte Eduard<br />
von Bolin in Gernsbach. 1896<br />
erwarb er das Gut Vrohmberg<br />
als Sommersitz, nach <strong>de</strong>m Ausbruch<br />
<strong>de</strong>r Revolution 1917 in<br />
Russland wur<strong>de</strong> es zum Dauerwohnsitz<br />
und Refugium für so<br />
manchen russischen Exilanten.<br />
Vor 85 Jahren starb Bolin in<br />
Gernsbach und wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>m<br />
Familiengrabmal auf <strong>de</strong>m evangelischen<br />
Friedhof bestattet, das<br />
bis heute wegen seiner Mo<strong>de</strong>rnität<br />
und Fremdartigkeit die<br />
Aufmerksamkeit auf sich zieht.<br />
Die Angehörigen <strong>de</strong>r Familie<br />
Bolin waren Jahrzehnte lang<br />
die Juweliere „Nr. 1“ <strong>de</strong>r Zaren<br />
und wesentlich be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r als<br />
zum Beispiel Carl Fabergé. Der<br />
Ahnvater <strong>de</strong>r Bolins stammte<br />
aus Schwe<strong>de</strong>n und war Kaufmann.<br />
Kurz vor 1800 kam er<br />
nach St. Petersburg, wo er in<br />
eine sächsische Juweliersfamilie<br />
einheiratete. Für sechs Zarenfamilien<br />
fertigte die Firma<br />
Bolin wertvolle Preziosen und<br />
durfte bereits ab 1839 <strong>de</strong>n Titel<br />
eines Hofl ieferanten führen.<br />
Werkstätten gab es in St. Petersburg<br />
und später auch in Moskau.<br />
Im Jahre 1912 wur<strong>de</strong>n die<br />
Bolins gea<strong>de</strong>lt und durften ein<br />
streng limitiertes Wappen <strong>de</strong>s<br />
Zaren führen. Erst in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren sind die russischen Archive<br />
öffentlich zugänglich und<br />
ermöglichen eine Erforschung<br />
<strong>de</strong>r zaristischen Vergangenheit.<br />
Nach <strong>de</strong>n Recherchen <strong>de</strong>r Historikerin<br />
Na<strong>de</strong>jda Danilevitch,<br />
die im vergangenen Herbst im<br />
Alten Rathaus über Bolin referierte,<br />
sind die meisten <strong>de</strong>r von<br />
ihm produzierten Schmuckstücke<br />
verschwun<strong>de</strong>n. Womöglich<br />
wur<strong>de</strong>n sie vom kommunistischen<br />
Regime verkauft und<br />
dann zerstört, um die wertvollen<br />
Schmucksteine einzeln zu vermarkten.<br />
Preziosen von überragen<strong>de</strong>r<br />
Schönheit und höchstem<br />
Anspruch schuf Bolin einst, wie<br />
76534 Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n · Steinbruchweg 2<br />
Tel. 07221 9777-0 · <strong>www</strong>.platten-haas.<strong>de</strong><br />
Bä<strong>de</strong>r<br />
vom Meisterbetrieb<br />
Verlegearbeiten und Installation…<br />
…die Komplett-Lösung aus einer Hand.<br />
erhalten gebliebene Stücke und<br />
Abbildungen erahnen lassen:<br />
Dia<strong>de</strong>me, Kronen, Broschen,<br />
Hochzeitssets für die Zarentöchter<br />
– bei Bolin war alles nur<br />
vom Feinsten. Während solche<br />
Kostbarkeiten in St. Petersburg<br />
für Zarenhof und A<strong>de</strong>l produziert<br />
wur<strong>de</strong>, fertigte <strong>de</strong>r Familienzweig<br />
in Moskau Silberschmuck<br />
für breitere Schichten.<br />
Bis heute ist <strong>de</strong>r Stockholmer<br />
Zweig <strong>de</strong>r Familie im Schmuckgeschäft<br />
tätig.<br />
Warum hat sich Eduard von<br />
Bolin gera<strong>de</strong> in Gernsbach<br />
nie<strong>de</strong>rgelassen? Sicher spielte<br />
die Nähe zu Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n<br />
eine große Rolle, an <strong>de</strong>ssen<br />
gesellschaftlichem Leben die<br />
Familie rege teilnahm. Außer<strong>de</strong>m<br />
hatte <strong>de</strong>r Juwelier während<br />
seiner Studienzeit an <strong>de</strong>r technischen<br />
Schule in Stuttgart <strong>de</strong>n<br />
Schwarzwald kennen und lieben<br />
gelernt. Als Bolin 1896 das Gut<br />
Vrohmberg von Ottocar Martinsen<br />
kaufte, gehörte dazu bereits<br />
eine stattliche Villa. Bolin ließ<br />
sie von Grund auf umbauen,<br />
die Wohnfl äche wur<strong>de</strong> nahezu<br />
verdoppelt. Zur prachtvollen<br />
Innenausstattung gehörte ein<br />
aus Russland importierter Kachelofen,<br />
von <strong>de</strong>m Kacheln in<br />
Gernsbacher Haushalten überliefert<br />
sind.<br />
Durch <strong>de</strong>n ersten Weltkrieg und<br />
die Weltwirtschaftskrise brachen<br />
für die Familie schwere<br />
Zeiten an. Zunächst übernahm<br />
Am Alten Rathaus<br />
76593 Gernsbach<br />
Inhaber: Cyrkel-Maier<br />
Telefon (07224) 2300<br />
Telefax (07224) 6 93 82<br />
Eduard von Bolin wählte<br />
Gernsbach zunächst als Feriendomizil,<br />
mit <strong>de</strong>r russischen Revolution<br />
wur<strong>de</strong> es seine Heimat.<br />
Foto: Stadtarchiv Gernsbach.<br />
<strong>de</strong>r Schwiegersohn das Gut,<br />
1936 wur<strong>de</strong> die Villa an die<br />
Nationalsozialistische Volkswohlfahrt<br />
Gau Ba<strong>de</strong>n veräußert<br />
und ein Müttererholungsheim<br />
eingerichtet. Nach <strong>de</strong>m zweiten<br />
Weltkrieg requirierte die französische<br />
Besatzungsmacht das<br />
Anwesen. 1959 wur<strong>de</strong> die vernachlässigte<br />
Villa – inzwischen<br />
in städtischem Besitz – abgerissen<br />
und ihr weitläufi ger Garten<br />
zur Bebauung freigegeben.<br />
Frühlings-<br />
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Irene Schneid-Horn<br />
<strong>www</strong>.landhausmo<strong>de</strong>-murgtal.<strong>de</strong>