Mannschafts- gold für Deutschland - Pferd+Sport
Mannschafts- gold für Deutschland - Pferd+Sport
Mannschafts- gold für Deutschland - Pferd+Sport
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SPORTLICHES | WELTREITERSPIELE IN KENTUCKY<br />
Edward Gal und<br />
Totilas gewannen<br />
den Grand Prix<br />
Special mit Weltrekordpunktzahl<br />
<strong>Mannschafts</strong>bronze<br />
DRESSUR Platz zwei hinter den Holländern sollte<br />
es sein, nun ist es <strong>für</strong> die deutschen Reiter nur der<br />
dritte Rang geworden. In den Einzelwertungen<br />
gingen sie leer aus.<br />
IN ZWEI, DREI JAHREN WOLLEN WIR WIEDER<br />
in der Mitte des Tisches sitzen”, meinte Isabell<br />
Werth bei der Pressekonferenz nach der<br />
<strong>Mannschafts</strong>wertung, die das deutsche Dressurteam<br />
auf Platz drei hinter den Niederländern<br />
und Briten gesehen hatte. Mit einem ganz starken<br />
Grand Prix auf FRH Warum Nicht - 75,4<br />
Prozent und Platz vier - hatte die Rheinbergerin<br />
den Deutschen die Bronzemedaille gesichert.<br />
„Die Mutter des Teams“ nahm Startreiterin<br />
Anabel Balkenhol in Schutz. „Dablino ist<br />
jung, und Anabel hat noch keine Championatserfahrung“,<br />
sagte sie. Das merkte man der<br />
38-Jährigen bei ihrem Auftritt im Grand Prix<br />
auch an. Sie steuerte einen ebenfalls angespannten<br />
Dablino ohne Risiko durch die Prüfung.<br />
Eine völlig verkorkste Schrittour kostete<br />
dann weitere, wichtige Punkte, so dass sie<br />
mit 67,7 Prozent auf Platz 30 gerade noch den<br />
Einzug in den Special schaffte. Diese Scharte<br />
machte Anabel Balkenhol zwei Tage später im<br />
Grand Prix Special mehr als wett. Endlich<br />
zeigte die Tochter des ehemaligen <strong>Mannschafts</strong>olympiasiegers<br />
von 1996, Klaus Balkenhol,<br />
was <strong>für</strong> ein tolles Pferd sie mit dem De<br />
Niro-Sohn hat. Die Richter belohnten ihren<br />
Auftritt mit 72,6 Punkten, was Platz acht bedeutete.<br />
In der Kür ließ sie sich vom ausver-<br />
42 <strong>Pferd+Sport</strong> 11 I 10<br />
Die Richter<br />
waren sich<br />
nicht immer<br />
einig<br />
kauften Stadion beeindrucken, und die Formkurve<br />
zeigte dann wieder deutlich nach unten.<br />
Am Grand-Prix-Auftritt von Christoph Koschel,<br />
der ebenfalls zum ersten Mal bei einem<br />
Championat dabei war, gab es nicht viel zu kritisieren.<br />
Lediglich bei der ersten Piaffe - die anderen<br />
waren gut gelungen - leistete er sich einen<br />
Fehler und konnte sich am Ende über 72<br />
Prozent freuen. „Das war ein ganz starker Ritt<br />
von Christoph“, konstatierte dann auch Bundestrainer<br />
Holger Schmezer. Eine Leistung, die<br />
Christoph Koschel, der seit Münster viel an seinem<br />
Sitz getan hat, im Special mit 73,2 Prozent<br />
noch einmal toppen konnte. Piaffen, das<br />
sind die bekannten Schwächen von Matthias-<br />
Foto: www.sportfotos-lafrentz.de<br />
Alexander Raths Sterntaler-Unicef. Da half es<br />
auch nichts, dass der gesamte deutsche Tross<br />
auf der Tribüne kräftig mit schnalzte als das<br />
Paar auf die ge<strong>für</strong>chtete letzte Linie mit Piaffe<br />
und Passage kam. Da nur drei Reiter pro Nation<br />
<strong>für</strong> die Kür zugelassen sind, war <strong>für</strong> Matthias-Alexander<br />
Rath der Special die Endstation.<br />
Letztendlich war er auch ein “Opfer” der<br />
oft nicht nachzuvollziehenden Wertungen geworden.<br />
Für ihn standen Platzziffern 16, 9, 9,<br />
12, 26 zu Buche. Die Differenz zwischen den<br />
Richter bei H und Richter bei B betrug mehr<br />
als sechs Prozentpunkte. Diese großen Unterschiede<br />
hatte es schon bei etlichen anderen Reitern<br />
im Grand Prix gegeben. „Das darf natürlich<br />
nicht vorkommen”, sagte Chefrichter Stephen<br />
Clarke nach der ersten Prüfung. „Wir werden<br />
uns heute abend zusammensetzen und anhand<br />
der Videos noch einmal alles durch diskutieren.“<br />
Und Kyra Kyrklund, neue Präsidentin<br />
des Internationalen Dressurreiterclubs<br />
hat ganz recht, wenn sie meinte: „Es kann nicht<br />
sein, dass bei so einer wichtigen Prüfung nur<br />
ein Richter aus Europa eingesetzt wird“.<br />
Die Holländer ritten im Kentucky Horse Park<br />
in einer anderen Liga, allen voran natürlich Edward<br />
Gal mit Moorlands Totilas. Er war der erste<br />
Reiter überhaupt, der bei einer Weltmeisterschaft<br />
drei Goldmedaillen gewinnen konnte.<br />
Den Special gewann er mit einem neuen<br />
Weltrekord: 85,70 Prozent. Nicht weniger als<br />
42 Zehnen hatte es beim Auftritt des holländischen<br />
Paares gegeben. „Wir sitzen hier mit gemischten<br />
Gefühlen“, hatte Edward Gal nach der<br />
<strong>Mannschafts</strong>wertung bei der Pressekonferenz<br />
gesagt und spielte damit auf den Ausfall von<br />
Adeline Cornelissen an. Die heiße Favoritin auf<br />
eine Einzelmedaille war kurz nach Beginn<br />
der Prüfung abgeläutet worden, da Parzifal aus<br />
dem Maul blutete. Wie die Holländer später<br />
sagten, hatte sich der Fuchs auf die Zunge gebissen.<br />
Die zweitplatzieren Briten profitierten<br />
von einem Glanzritt von Laura Bechtholsheimer,<br />
die mit ihrem bewegungsstarken Fuchs<br />
Mistral Hojris auf 82 Prozentpunkte kam.<br />
„Das war der beste Ritt und das beste Ergebnis,<br />
das ich je hatte”, freute sich die sympathische<br />
Reiterin nach dem Grand Prix, in dem sie<br />
viele als Siegerin gesehen hatten. Zwei weitere<br />
Silbermedaillen - im Special und in der Kür<br />
- sollten noch folgen. Mit 72,1 Prozent war Carl<br />
Hester Zweitbester des Teams von der Insel. Er<br />
saß im Sattel von Liebling v. Lorentin I-Königspark<br />
xx (Friedrich Glombik, Borstel-Hohenraden).<br />
Dieser war Ende vergangenen Jahres<br />
im Hinblick auf die Weltreiterspiele nach<br />
Kanada verkauft worden. Seine neue Reiterin,<br />
Cheryl Meisner, fand jedoch nie den richtigen<br />
Draht zum ehemaligen Holsteiner Auktionspferd,<br />
und so stellte sie Liebling vor zwei Monaten<br />
Carl Hester wieder zur Verfügung. „Ich<br />
fühle mich wie im Himmel“, sagte der Brite<br />
nach seinem Grand-Prix-Auftritt. „Er ist zwar<br />
nicht der größte Bewegungskünstler, aber er hat<br />
heute alles toll gemacht“. Hinter den Amerikanern,<br />
deren Star Steffen Peters mit Ravel - er<br />
war vielleicht nicht so glanzvoll wie bei seinen<br />
drei Siegen im vergangenen Jahr in Aachen - in<br />
Grand Prix Special und Kür Einzelbronze gewann,<br />
belegte das spanische Team hinter Dänemark<br />
den sechsten Platz. „Darauf sind wir besonders<br />
stolz, weil wir das erste Mal nur spanische<br />
Pferde dabei hatten”, freute sich ihr Trainer<br />
Jean Bemelmans. Die Stars des Teams waren<br />
zweifelsohne Juan Manues Munoz Diaz und<br />
der zwölfjährigen Schimmelhengst Fuego. Der<br />
„weiße Totilas“, wie er auch bezeichnet wurde,<br />
verzauberte am Kürabend das amerikanische<br />
Publikum. Für den Schimmel, der bereits bei<br />
den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde<br />
in Verden am Start gewesen war, gab es<br />
bereits während des Rittes Szenenapplaus, als<br />
der Spanier - nicht ganz Reglementskonform<br />
- mit einer Hand die Einerwechsel auf der Mittellinie<br />
zelebrierte. Enttäuschend war das Abschneiden<br />
der schwedischen Dressurreiter,<br />
die bei den Europameisterschaften in Windsor<br />
noch Vierte geworden waren. Nur Minna Telde<br />
kam mit Larina eine Runde weiter in den<br />
Special. Ihr vermeintlich bester Mann, Patrick<br />
Kittel, kam mit Watermill Scandic H. B. C.<br />
nur auf 66 Prozent. „Irgendwann rächt sich die<br />
Reiterei eben“, sagte ein Dressurkenner am Rande<br />
des Vierecks.<br />
Christoph Koschel und Donnperignon gaben<br />
einen überzeugenden Championatseinstand<br />
und lassen einiges <strong>für</strong> die Zukunft erhoffen.<br />
Erzielten im Grand Prix das zweitbeste<br />
Ergebnis der britischen Mannschaft, die Silber<br />
gewann: Carl Hester mit Liebling II<br />
Foto: Frieler/Holcbecher<br />
Foto: www.sportfotos-lafrentz.de<br />
Sarahs WM-Tagebuch<br />
DAS TAGEBUCH DER SARAH KAY:<br />
Die Repräsentantin der Baltic Horse Show vertrat<br />
deutsche Farben bei den Weltreiterspielen<br />
und belegte einen hervorragenden elften Platz.<br />
››<br />
Meine erste WM ist zu Ende,<br />
und wir packen gerade alle<br />
unsere Koffer, meiner will einfach<br />
nicht zu gehen!<br />
Es war ein ganz besonderes Erlebnis<br />
hier mit dabei gewesen zu<br />
sein. So etwas wie den Lexington<br />
Horsepark habe ich noch nie gesehen.<br />
Wir hatten tolle Wettkämpfe in<br />
einer super schönen Halle. Das amerikanische<br />
Publikum war ganz begeistert<br />
vom Voltigieren.<br />
Es hat viel Spaß gemacht, und es<br />
war sehr interessant bei den ganzen<br />
anderen Disziplinen zuschauen zu<br />
können und Kontakte zu knüpfen.<br />
Die Reiter sind ja doch ganz nett ...<br />
Es waren unheimlich viele Presseleute<br />
vor Ort. Wir haben einige Interviews<br />
gegeben und immer war irgendwo<br />
eine Kamera. Auf einem<br />
Vorbereitungslehrgang zur WM hatten<br />
wir da<strong>für</strong> extra Mediatraining.<br />
Abends gab es tolle Essen mit "wichtigen<br />
Leuten" und Sponsoren. Zuerst<br />
fühlte ich mich da unsicher, aber<br />
dann hat es richtig Spaß gemacht, die<br />
waren alle ganz locker. Da bekommt<br />
Platz elf hieß es am Ende <strong>für</strong> Sarah Kay,<br />
die zum ersten Mal bei einem ganz großen<br />
Championat dabei war.<br />
man mal mit wie viel Logistik und Planung <strong>für</strong> diese WM nötig waren!<br />
Unsere <strong>Mannschafts</strong>führung, Bundestrainer und Physios haben prima Arbeit geleistet.<br />
Es gab eigentlich nie Stress, nur einmal, da habe ich ein bisschen verschlafen...<br />
Ich bin auf dem elften Platz gelandet, darüber bin ich schon enttäuscht. Die Konkurrenz<br />
war echt stark, und alle lagen bis zum Schluss nur minimal auseinander. Die<br />
Pflicht lief bei mir nicht ganz so wie ich es eigentlich kann, und im Technikprogramm<br />
hatte ich bei einem Element einen Wackler. Dazu kam, dass mein Pferd richtig schlechte<br />
Wertnoten bekam, da sind einige Plätze verloren gegangen. Unsere Ehre haben<br />
meine Team-Kolleginnen gerettet. Antje Hill hat Silber und Simone Wiegele Bronze<br />
gewonnen! Ich freue mich sehr <strong>für</strong> die zwei!<br />
Jetzt heißt es ab in die Winter-Trainingssaison. Ausdruck und Eleganz möchte ich<br />
um einiges verbessern und hoffe, dass unsere eigenen Pferde nächstes Jahr zuverlässiger<br />
laufen um die Championatsqualifikation zu schaffen.<br />
Gestern gab's eine richtig schöne Abschlußfeier. Als unsere Nation einmaschierte<br />
dachte ich: wow, du bist ein Teil dieser Mannschaft und ein Teil der Weltreiterspiele!<br />
Das war ein ganz komisches Gefühl, und mir kamen fast die Tränen.<br />
Ich wäre <strong>für</strong> <strong>Deutschland</strong> gerne erfolgreicher gewesen.<br />
Der Voltigiersport ist mit der WM sicher weiter bekannt geworden. So viele Leute<br />
haben nach der Fernsehübertragung (ich habe sie noch nicht gesehen) angerufen<br />
und waren begeistert. Das lag sicher auch an Nicola Ströh, die das ganze sehr professionell<br />
moderiert hat.<br />
P. S. Antje Hill und Simone Wiegele gewannen hinter der Favoritin Joanne Eccles<br />
Silber und Bronze. Kai Vorberg holte bei den Herren die Silbermedaille hinter seinem<br />
Schüler Patric Looser. Im Gruppenvoltigieren verpasste das Team aus Ingelsberg<br />
ganz knapp den obersten Podestplatz. Sie wurden hinter den USA Zweite.<br />
Foto: Julia Rau<br />
<strong>Pferd+Sport</strong> 11 I 10 43