Stärkekartoffel-Anbauer gegen Avebe-Konzern
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Für Unabhängige Bauernstimme Oktober 2012:<br />
<strong>Stärkekartoffel</strong>-<strong>Anbauer</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Avebe</strong>-<strong>Konzern</strong><br />
Kritik an Preismodell, fehlender Mitbestimmung und Aufsichtsrat Hilse<br />
Beim Kartoffelstärke-<strong>Konzern</strong> <strong>Avebe</strong> ist laut Elbe-Jeetzel-Zeitung (EJZ) „Feuer unterm<br />
Dach“. Fünf der zehn Mitglieder des Bezirksrats Prignitz-Wendland sind zurückgetreten,<br />
nachdem ihre Forderung nach Mitsprache und direkten Verhandlungen mit dem Vorstand<br />
vom holländischen <strong>Avebe</strong>-Vorstandsvorsitzenden Jansen mit persönlichem Mobbing und<br />
Androhung von Sanktionen beantwortet worden sei.<br />
Strafen statt Erfolgsbeteiligung<br />
Darum geht es: Nach dem Ende der EU-Quoten- und Prämienregelung in dieser Kampagne<br />
plant der <strong>Avebe</strong>-Vorstand ein neues Preis- und Satzungsmodell, das den ohnehin<br />
gebeutelten <strong>Stärkekartoffel</strong>-<strong>Anbauer</strong>n weitere Risiken zumutet: Wenn ein Landwirt weniger<br />
als die feste Ablieferungspflicht-Menge liefert, zieht die <strong>Avebe</strong>-Stärkefabrik Lüchow eine<br />
„Minderlieferungs-Strafe“ ein. Wer seinen Anteil verkaufen will und keinen Käufer findet,<br />
muss bei Rückgabe des Anteils an die Genossenschaft auch eine Strafsumme zahlen. Diese<br />
Pläne, die man den Landwirten ohnehin erst nach dem Pflanzen der Kartoffeln mitteilte,<br />
wurden zwar von der <strong>Konzern</strong>-Vertreterversammlung in Holland beschlossen, vom hiesigen<br />
Bezirksrat aber einstimmig abgelehnt. Die <strong>Avebe</strong> missverstehe die Genossenschafts-<br />
Rechtsform so, dass man den Bezirksräten Weisungen erteilen dürfe. Die Satzung sei<br />
„durchgepeitscht“ worden, u.a. mit einseitigen Formulierungen in den Protokollen und dem<br />
Verschweigen der Kritik im Mitglieder-Rundbrief.<br />
Das Fazit eines Zurückgetretenen: »Der <strong>Avebe</strong>-Vorstand hat das Verhältnis von Chancen<br />
und Risiken zu Lasten der Kartoffelanbauer und zu Gunsten des Unternehmens verändert.<br />
Das ist nicht in Ordnung. Die Landwirte werden schlechter gestellt als bisher.» Die Mitglieder<br />
hätten dem <strong>Konzern</strong> in finanziell bedrohlichen Zeiten mit zusätzlichen Beiträgen und Krediten<br />
stets geholfen. Nun, wo der Stärkepreis auf dem Weltmarkt explodiert sei, gebe es keine<br />
Anzeichen dafür, dass die Anteilseigner einmal - dem Gewinnwachstum äquivalent - am<br />
Unternehmenserfolg partizipieren würden. Stattdessen plane der <strong>Avebe</strong>-Vorstand die in die<br />
Jahre gekommenen Produktionsanlagen in Holland für rund 100 Mio. Euro in den nächsten<br />
zwei Jahren umfassend zu sanieren. Welche Investitionen in Lüchow und Dallmin getätigt<br />
würden, darüber halte sich der Vorstand in Holland bedeckt.<br />
Aufsichtsrat Hilse inaktiv<br />
Bauernverbands-Vize Werner Hilse, der neben seinen vielen anderen Posten auch im gut<br />
dotierten <strong>Avebe</strong>-Aufsichtsrat sitzt, habe eine Vermittlung und eine Fürsprache für die<br />
hiesigen Landwirte abgelehnt – er sei für alle Landwirte verantwortlich. Dazu ein Ex-<br />
Bezirksrat: »Ich habe nichts anderes von Werner Hilse erwartet. Er und Aufsichtsratschef<br />
Hans Hoekman haben in der Vergangenheit die wirtschaftliche Krise der <strong>Avebe</strong> sowie das<br />
Geldverbrennen für das Tapioka-Abenteuer und das China-Desaster zu verantworten<br />
gehabt, und beide sitzen nach wie vor fest im Sattel.»<br />
Enttäuscht sind einige ehemalige Bezirksräte auch von Volker Peters, der ursprünglich als<br />
Bezirkssekretär eingestellt worden war. »Seine Stelle ist auf Druck der Landwirte geschaffen<br />
worden, um die Kommunikation zwischen Landwirten und Vorstand zu verbessern. Die<br />
Bemühungen, dass Peters für den Bezirksrat verpflichtend tätig wird, sind aber gescheitert.»<br />
Nunmehr sei Peters als schlichter Marketingmann dem Agro-Bereich unterstellt worden.<br />
Der Bezirksrat soll nun laut <strong>Avebe</strong>-Vorstand wieder komplettiert werden – aber ohne eine<br />
außerordentliche Versammlung des Bezirks Prignitz-Wendland. Der Vorstand ist nach<br />
Einschätzung der Kritiker ein Aussitzen des Konflikts aus: „Da würde eine solche
Versammlung mit bohrenden Fragen der Mitglieder nur stören.“ Etwa 80 Unterschriften von<br />
Mitgliedern seien nötig, um solch eine Versammlung vom Vorstand zu erzwingen. Wenn es<br />
nicht zu solch einer Sitzung komme, würden die Bezirksratsposten wohl erst im November in<br />
der turnusgemäßen Mitgliederversammlung neu besetzt, und zwar nach dem alten Muster:<br />
Wer vom bisherigen Bezirksrat vorgeschlagen wird und keinen Gegenkandidaten erhält, wird<br />
- ohne dass es zu einem sonst üblichen Wahlvorgang kommt - in den Bezirksrat entsandt.<br />
Auch darin unterscheiden sich laut EJZ niederländische Genossenschaften von deutschen.<br />
–en