Jede Form von Gewalt gegen Frauen muss gesellschaftlich eindeutig tabuisiert und strafrechtlich verfolgtwerden. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. setzt außerdem auf einen differenzierten und wirksamen Schutz im Rahmen <strong>der</strong> Präventionsarbeit.Frauen mit sog. Migrationshintergrund müssen wie an<strong>der</strong>e betroffene Frauen als Subjektverstanden und nicht in eine passive Opferrolle gedrängt werden. Gleichzeitig müssen die Informationsmöglichkeitenüber bestehende Gesetzesgrundlagen (Beispiel „Gewaltschutzgesetz“) verbessert werden,damit diese bei den betroffenen Frauen auch ankommen. Außerdem sind alle relevanten Berufsgruppen– Polizei, Staatsanwaltschaft, Richter/innen, Lehrer/innen, Pädagog(inn)en etc. - für die Spezifik <strong>der</strong>Problematik „männlicher“ Gewalt im Falle von Frauen mit sog. Migrationshintergrund zu sensibilisierenund für den Umgang mit Tätern und Gewaltopfern flächendecken<strong>der</strong> als bisher zu schulen. Das betrifftinsbeson<strong>der</strong>e den Umgang mit von Frauenhandel und Zwangsverheiratung Betroffenen.For<strong>der</strong>ung(en):‣ Überprüfung <strong>der</strong> Programme und Maßnahmen im Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsför<strong>der</strong>ungsbereichauf ihre Relevanz für die Geschlechterverhältnisse und entsprechende Ausrichtung auf diebedarfsgerechte, spezifische und individuelle (soziokulturelle) För<strong>der</strong>ung;‣ Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns und die Umwandlung von Mini- und Midijobs in sozialversicherungspflichtigeBeschäftigungsverhältnisse;‣ Maßnahmen, die auf die Beseitigung <strong>der</strong> ethnisierenden/kulturalisierenden und geschlechtsspezifischdiskriminierenden Selektionspraxis <strong>der</strong> Ausbildungsbetriebe zielen;‣ Einen Rechtsanspruch auf einen elternbeitragsfreien Betreuungsplatz für Kin<strong>der</strong> aller Altersgruppenund ein entsprechend flächendeckendes Angebot;‣ Stärkung von Frauen- und (Selbst)Organisationen, die sich gegen Gewalt an Frauen engagieren sowieFinanzierung entsprechen<strong>der</strong> Modellprojekte;‣ Aufenthaltsrechtliche Än<strong>der</strong>ungen zur Stärkung <strong>der</strong> Rechte zwangsverheirateter o<strong>der</strong> von Zwangsheiratenbedrohter Frauen (eigenständiges Aufenthaltsrecht, Recht auf Wie<strong>der</strong>kehr nach Verschleppungen,Aufenthaltsrechte für Betroffene mit unsicherem Aufenthaltsstatus usw.) –AntragBT-Drs. 16/1564;‣ Stärkung <strong>der</strong> Aufenthalts- und Verfahrensrechte <strong>der</strong> Opfer von Frauenhandel (sechsmonatigeBedenk- und Stabilisierungsfrist; Angebot eines Aufenthaltsrechts, das den Zugang zu therapeutischenAngeboten und zu Erwerbsmöglichkeiten unabhängig von <strong>der</strong> Zeug(inn)eneigenschaft beinhaltetusw.) gemäß Antrag „Gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution – Rechtsstellung <strong>der</strong>Opfer stärken“ (BT-Drs. 16/1006);‣ Ausbau, Verbesserung und Vernetzung des Beratungs-, Betreuungs- und Schutzangebots <strong>der</strong> Beratungsstellen,Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen;‣ Sensibilisierung und Fortbildung <strong>der</strong> relevanten Berufsgruppen usw.;‣ Stärkung <strong>der</strong> Rechte von Betroffenen im Gerichtsverfahren (rechtsanwaltliche Beiordnung, Sicherung<strong>der</strong> Anonymität, Nebenklagemöglichkeit, Zeugenschutzprogramme, Anwendung des „Weltrechtsprinzips“usw.);‣ Öffentlichkeitsarbeit, Aufklärung, Prävention (Sensibilisierung und Fortbildung vonMitarbeiter(inne)n in Schulen, Behörden usw.; Zusammenarbeit mit (Selbst)Organisationen, Elternetc.).34
3. Integration durch Überwindung gesellschaftlicher Ausgrenzung3.1. Integrative Kommunalpolitik statt kommunaler IntegrationspolitikDen Kommunen kommt für <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. im Rahmen <strong>der</strong> Integrationspolitik eine wichtige Rolle zu. Vorallem größere Städte 33 bieten für Menschen mit sog. Migrationshintergrund Rahmenbedingungen undStrukturen sowie bessere „Einlebungsstrukturen“ (sog. Communities, unterstützende Vereine und Organisationen,politische Netzwerke etc.) und erleichtern hierdurch auch die Integration in bestehendegesellschaftliche Strukturen. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. hält es für das Recht aller, den Wohnort frei zu wählen. Sie willentsprechende Rahmenbedingungen schaffen, die eine durch Diskriminierung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Restriktionenerzwungene (passive) Wohnortwahl in bestimmten Stadtteilen bzw. Quartieren ausschließt. <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>kritisiert die erzwungene Segregation nach dem sozialen Status und distanziert sich von <strong>der</strong> Ethnisierung/Kulturalisierungdieser Prozesse. Die räumliche Aufspaltung <strong>der</strong> Gesellschaft entsteht vor allemals Resultat sozialökonomischer Prozesse, die wie<strong>der</strong>um ihrerseits Resultat politischer Entscheidungensind.<strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. wendet sich auch gegen die Tendenz, die Entstehung und Probleme „benachteiligter Stadtgebiete“mit einem hohem „Auslän<strong>der</strong>-“ bzw. „Migrantenanteil“ - also hoher Segregation - gleichzusetzen. Durcheine solche Betrachtungsweise wird nicht nur ignoriert, dass die meisten Diskriminierungen (z.B.Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, soziokulturelle Barrieren usw.) nicht „migrantenspezifischer“ Natursind. Darüber hinaus zeigen gerade Kommunen in den östlichen Bundeslän<strong>der</strong>n, dass „benachteiligteQuartiere“ unabhängig von ethnischer Herkunft existieren.Die Kommunen müssen vor allem mit den Auswirkungen bundesgesetzlicher Rahmensetzung umgehen.Mit <strong>der</strong> Agenda 2010, Hartz IV und zu erwartenden nachfolgenden „Reformprojekten“ wird sichdie Schere zwischen arm und reich noch weiter öffnen. Vor diesem Hintergrund will <strong>DIE</strong> <strong>LINKE</strong>. dieRahmenbedingungen verbessern, um eine entsprechend kontinuierliche und integrative Kommunal– undStadtteilpolitik zu unterstützen. Die Kommunalpolitik kann ohne rechtliche Gleichstellung und gleichesoziale Partizipationsmöglichkeiten nur bedingt integrative Wirkung erzielen. Von beiden Faktoren aberist die politische Partizipation abhängig. Und davon lebt eine demokratische Kommune. Hier bedarf eswirksamer Maßnahmen von Bund und Län<strong>der</strong>n. Durch Kommunalpolitik o<strong>der</strong> gar Stadtteilpolitik undStadtteilarbeit allein – wie kompetent sie auch gestaltet wird – lässt sich die Prekarisierung <strong>der</strong> sozialenLage in einem Umfeld von wachsenden sozialen Risiken nicht aufhalten.Die wichtigsten Handlungsfel<strong>der</strong> einer integrativen Kommunalpolitik sind Stadtteilarbeit, Erziehung undBildung, Sozial– und Gesundheitswesen, Kulturbereich und Verwaltung. In diesen Bereichen bildet diesach- und bürger/innengerechte Information die Basis für Bürger/innennähe und Vertrauen. Aktive Bürger/innenpartizipationsetzt eine Grundversorgung mit Informationen hinsichtlich wesentlicher Prozesseund Entscheidungen voraus. Die bislang bestehende Informations- und Angebotsstruktur kommunalerInstitutionen muss <strong>der</strong> Heterogenität <strong>der</strong> Gesellschaft und ihren spezifischen soziokulturellen Nachfragebedürfnissenstärker Rechnung tragen. Das betrifft alle Ebenen <strong>der</strong> Arbeit in einer Institution: das Selbstverständnis,die Öffentlichkeitsarbeit, die Personalpolitik hinsichtlich Einstellung und Weiterbildung sowiedie Ergänzung und Erweiterung bestehen<strong>der</strong> Angebote um spezifische soziokulturelle Aspekte.Bei einer solchen interkulturellen Öffnung geht es darum, einen tiefgreifenden und nachhaltigen Wandel<strong>der</strong> gesamten institutionellen Struktur und des Handelns aller Mitarbeiter/innen herbeizuführen, umdamit den Zugang aller zu Dienstleistungen und Arbeitsplätzen zu verbessern. Interkulturalität wird zurQuerschnittsaufgabe, denn die Institution als Gesamtes muss sich interkulturelle Kompetenzen aneignen.Die Ausbildung spezifischer Kompetenzen bei den Mitarbeiter/innen einer Institution stellt nur den33Etwa die Hälfte aller Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit lebt in den 81 deutschen Städten mit mehrals 100.000 Einwohner(inne)n. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist es etwa ein Drittel. Vgl. Schönwäl<strong>der</strong>,Karen (2006): Bunter als die Politik behauptet, WZB-Mitteilungen, Heft 113, September 200635