10Zusammenhang explizit nicht. εTrotzdem nehmen hohe Dosierungen - sogar außerhalb der empfohlenenDosierungsbereiche - und Kombinationsbehandlungen zu.Dazu eine Studie im UK in 2002 an 3132 Patienten: 20% hatten Dosierungen oberhalbdes empfohlenen Bereichs und 48% hatten mehr als ein Neuroleptikum. 117Dies ist Ausdruck therapeutischer Hilflosigkeit, Folge reduktionistischer biologischerKrankheitsmodelle und unzureichender Behandlungsmilieus.Die Mortalität unter Atypika ist bei Vorliegen eines metabolischen Syndroms(ca. 50% der Patienten) längerfristig vermutlich höher als unter Typika.Atypika haben ein geringeres Risiko für Spätdyskinesien. Das jährlicheNeuerkrankungsrisiko beträgt 3,9 % für Atypika und 5,5 % für Typika. 118 AuchSpätdyskinesien korrelieren mit erhöhter Mortalität. Berücksichtigt man diemethodischen Unterschiede zwischen den Studien liegt die berechnete erhöhteWahrscheinlichkeit (OR) zwischen 1.4 und 2.2. Ob Tardive Dyskinesien dabei einendirekten Risikofaktor darstellen oder eine andere derzeit unbekannte organische Ursachezugrunde liegt, ist ungeklärt. 119Zusätzlich findet sich in einer größeren Studie ein um das 1,7-fache erhöhte Risiko fürkoronare Herzerkrankungen durch Rauchen (risk ratio 1.76). Dabei ist zuberücksichtigen, dass die Zahl der konsumierten Zigaretten mit dem Ausmaß derneuroleptischen D2-Blockade signifikant korreliert 120 . Ein Anteil der Toxizität undMortalität durch Rauchen ist also ebenfalls durch <strong>Neuroleptika</strong> verursacht.Hinzu kommen malignes neuroleptisches Syndrom 121 , pulmonale Embolien 122 , Asthma 123 ,Kardiomyopathie und Myocarditis 124 , Ileus 125 und Asphyxie 126 die auch anteiligneuroleptikabedingte Todesursachen sind.Historische Bewertung der <strong>Neuroleptika</strong> und BehandlungssystemeInsgesamt konnte bis heute kein Nachweis von insgesamt besseren, eher sogarschlechteren Krankheitsverläufen seit Einführung der <strong>Neuroleptika</strong> erbrachtwerden. Eine Metaanalyse von Hegarty et al 1994 127 über 100 Jahre Schizophrenie-Behandlung zeigt insgesamt - bei Anwendung weiter diagnostischer Schizophrenie-Kriterien (d.h. Symptomdauer von 6 Monaten vor Diagnosestellung nichterforderlich) – eine geringe Schwankung des Anteils deutlich gebesserterPatienten: 45% in der Ära vor 1925, 40% während EKT und Insulinschock-Anwendung (1926-1955), 48 % mit Einführung der <strong>Neuroleptika</strong> (1956-1975) und41% seit 1975, d.h. 4% unter der Quote vor 1925. Legt man engereDiagnosekriterien zugrunde (Kraepelin) ergibt sich in dieser Metaanalyse eineErhöhung des Anteils deutlich gebesserter Patienten seit Einführung derε Montout, C., Casadebaig, F., Lagnaoui, R., et al (2002). Neuroleptics and mortality in schizophrenia: prospectiveanalysis of deaths in a French cohort of schizophrenic patients. Schizophrenia Research, 57, 147-156.Kommentar: Prospektive Studie über 4 Jahre an 3325 Pat mit Durchschnittsalter 39 J bei Beginn, 87 % Typika, 51%Polypharmazie, ca. 4% ohne <strong>Neuroleptika</strong> in dem Zeitraum, 13 % Adipositas, 3% Diabetes, Todesrate insgesamt5,7%, Haupttodesursache Suizid, nur unter Atypika erhöhte Mortalitätsrate (= „anderer Todesursachen“). KeineKorrelation mit Polypharmazie. Grobe Klassifikation der Todesursachen, Keine Erfassung der Dosishöhe.Morgan MG, Scully PJ, Youssef HA, Kinsella A, Owens JM, Waddington JL.(2003) Prospective analysis of prematuremortality in schizophrenia in relation to health service engagement: a 7.5-year study within an epidemiologicallycomplete, homogeneous population in rural Ireland. Psychiatry Res. 117(2):127-35.Kommentar: Prospektive Studie an 72 überwiegend jüngeren ambulanten Patienten über 7,5 Jahre mit Polypharmazie(Typika) mit überwiegend 2 NL in 27% d. Fälle. Keine Rekonstruktion der genauen individuellen Todesursachen.
<strong>Neuroleptika</strong> von 20% auf 30%. Der Effekt durch verbesserteBehandlungsstrukturen und psychosoziale Therapien ist in dieser Zunahmejedoch ebenfalls enthalten. In einer eigenen Metaanalyse 128 kommt Warner zu dem Ergebnis, dass derOutcome sich bereits einige Jahre vor Einführung der <strong>Neuroleptika</strong> deutlichbesserte, er vermutet aufgrund verbesserter therapeutischer Milieus, ernsthafterRehabilitationsbemühungen nach dem 2. Weltkrieg und der Einführung vonArbeitstherapie. Die mit der Einführung der <strong>Neuroleptika</strong> zunächst beobachtete geringeVerbesserung des Outcomes entsteht also durch den Vergleich mit der Ära vonInsulin-, Cardiazol- und Elektroschock, die auch gemäß der Langzeitstudie vonCiompi & Müller insgesamt „schwach signifikant schlechtere Verlaufstendenzen“ 129gegenüber der weniger invasiven Ära davor zeigte. Langzeitstudien (über 22-32 Jahre) aus der Zeit vor Einführung der <strong>Neuroleptika</strong>finden hohe Recovery-Raten zwischen 46% – 68%, meist ca. 55%. 130 Eine Harvard Vergleichstudie 131 findet im Vergleich mit einer rehabilitativorientierten Behandlungsperiode vor Einführung der <strong>Neuroleptika</strong> (1947-52)vermehrte stätionäre Wiederaufnahmen und größere soziale und ökonomischeAbhängigkeit seit Einführung der <strong>Neuroleptika</strong>. 7 % zuvor dauerhospitalisiertePatienten konnten unter <strong>Neuroleptika</strong> entlassen werden. Eine systematisches Review (2006) 132 von 37 Verlaufsstudien mit Patientennach erster schizophrener oder schizo-affektiver psychotischer Episode (alleStudien nach 1980 und von durchschnittlich 3 jähriger Dauer) kommt zu folgendenzusammenfassenden Ergebnissen: 42% der 4100 Patienten haben ein gutes, 35%ein mäßiges, 27% ein schlechtes Behandlungsergebnis.Prädiktor für gute Verläufe war zusätzliche psychosoziale Therapie. (Mit einerAusnahme wurden in allen erfassten Studien obligat <strong>Neuroleptika</strong> eingesetzt.)Prädiktoren schlechter Verläufe waren typische <strong>Neuroleptika</strong>, vermutlich damals inhöherer Dosis und nur selten in Verbindung mit rehabilitativer Behandlung. DieDauer der unbehandelten Psychose hatte keinen Einfluss auf dasBehandlungsergebnis; die Autoren vermuten, dass die psychosozialenInterventionen von größerer Bedeutung waren. Eine fortschreitende Zustandsverschlechterungder Patienten (d.h. Zunahme schlechter Behandlungsergebnisseim Verlauf der Studien) wurde nicht beobachtet. Deutlich bessere Krankheitsverläufe bei ersterkrankten schizophrenendiagnostizierten Patienten in der 3.Welt bei nur geringer Anwendung von<strong>Neuroleptika</strong> (Indien, Nigeria, Kolumbien). Nach 5 Jahren hatten 63% derPatienten in der 3. Welt ein gutes Outcome jedoch nur 37% der Patienten in denIndustrie-Nationen bei zusätzlich schlechteren Verläufen der anderen Patienten. 133Neben der Zurückhaltung in der <strong>Neuroleptika</strong>-Anwendung sind dabei vermutlich -zumindest in Indien - die unterstützenden sozialen Netzwerke der Patienten vonzentraler Bedeutung 134 . Dieser Aspekt steht auch in dem finnischenPsychosebehandlungsmodell (siehe unten) im Zentrum.Auch die Behauptung, dass die Enthospitalisierung erst durch die <strong>Neuroleptika</strong>möglich wurde, ist falsch.Die Enthospitalisierung, die in Großbritannien weit vor 1954 begann, zeigtkeinen spezifischen Anstieg nach Einführung der <strong>Neuroleptika</strong>. In den USA steigt die Enthospitalisierung erst zwischen 1963 und 1978aufgrund fiskalischer Entscheidungen an. Schnell wurde eine Verlängerung der11
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