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Fehlermanagement in der Bauwirtschaft Der Umgang mit Fehlern in ...

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<strong>Fehlermanagement</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bauwirtschaft</strong><br />

<strong>Der</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Fehlern</strong> <strong>in</strong> Bauunternehmen<br />

Prof. Dr.-Ing. Helmut Haenes, Dipl.-Ing. Mandy Welsch<br />

Fachhochschule Erfurt, Fachbereich Bau<strong>in</strong>genieurwesen<br />

<strong>Der</strong> steigende Wettbewerb <strong>in</strong> <strong>der</strong> Baubranche for<strong>der</strong>t von den Unternehmen „Null-<br />

Fehler“-Produkte zu m<strong>in</strong>imalen Kosten. Bauvorhaben müssen mängelfrei und<br />

term<strong>in</strong>gerecht zum vere<strong>in</strong>barten Preis-/ Leistungsverhältnis durchgeführt werden.<br />

Wer erfolgreich se<strong>in</strong> will, muss kont<strong>in</strong>uierlich an <strong>der</strong> Verbesserung se<strong>in</strong>er Produkte<br />

und <strong>in</strong>ternen Prozesse arbeiten.<br />

Presseberichte über „Pfusch am Bau“ und dabei häufig gefor<strong>der</strong>te externe<br />

Qualitätsüberwachungen werfen e<strong>in</strong> schlechtes Licht auf die Branche. Da stellt sich<br />

die Frage:<br />

- Machen die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des Bauens (Herstellung von Unikaten, hohe<br />

Komplexität, projektbegleitende Planung, hohe Personal<strong>in</strong>tensität, ger<strong>in</strong>ger<br />

Automatisierungsgrad) Fehler unvermeidbar?<br />

- Kann die Baubranche nicht aus e<strong>in</strong>mal gemachten <strong>Fehlern</strong> lernen?<br />

Voraussetzung für möglichst mängelfreie Produkte ist e<strong>in</strong> funktionierendes<br />

Fehlererfassungs- und –auswertungssystem wie es bereits <strong>in</strong> vielen an<strong>der</strong>en<br />

Branchen zum E<strong>in</strong>satz kommt. Ziel ist es, potentielle Fehlermöglichkeiten zu e<strong>in</strong>em<br />

möglichst frühen Zeitpunkt zu erkennen und auszuschließen. Ob die vorhandenen<br />

Methoden auf die Baubranche übertragbar s<strong>in</strong>d, wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Pilotprojekt <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />

Max Bögl Bauunternehmung GmbH & Co KG getestet.<br />

Fehler und <strong>Fehlermanagement</strong><br />

Unter <strong>Fehlermanagement</strong> versteht man die Steuerung <strong>der</strong> bereichsübergreifenden<br />

Maßnahmen zur Beseitigung auftreten<strong>der</strong> Fehler (Fehlererfassung,<br />

Fehlerbeseitigung, Ursachenanalyse) und zur Fehlervorbeugung. E<strong>in</strong>zelne Prozesse<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den DIN-Normen EN ISO 9000 ff. beschrieben.<br />

Im Rahmen e<strong>in</strong>es Workshops an <strong>der</strong> Fachhochschule Erfurt <strong>mit</strong> QM-Beauftragten<br />

von Bauunternehmen zeigte sich, dass <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis schon verschiedene Elemente<br />

des <strong>Fehlermanagement</strong>s e<strong>in</strong>gesetzt werden: Fehlermeldungen,<br />

Fehlerlisten/Mängellisten, Fehlerauswertungen, Fehlerprämien, vorbeugende<br />

Fehlerbetrachtungen, Checklisten zur Fehlere<strong>in</strong>grenzung, Übergabegespräche,<br />

Abschlussgespräche und Erfahrungsberichte.<br />

Viele Bauunternehmen erfassen also Fehler und mögliche Ursachen während <strong>der</strong><br />

Bauausführung; auch Reklamationen während des Gewährleistungszeitraumes<br />

werden berücksichtigt. Für die Fehlererfassung stehen unterschiedliche Formblätter<br />

zur Verfügung. Die meisten Formulare dienen aber lediglich <strong>der</strong> Dokumentation. In<br />

Ermangelung e<strong>in</strong>er systematischen Auswertung werden Wie<strong>der</strong>holungsfehler häufig<br />

nicht erkannt.<br />

Fehlererfassung und Fehlerschlüssel<br />

Voraussetzung für systematische Fehlererfassung und Vorbeugungsmaßnahmen ist<br />

die e<strong>in</strong>deutige, e<strong>in</strong>heitliche und umfassende Beschreibung von Fehlerereignissen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Fehlerschlüssel. Dort werden Begriffe vordef<strong>in</strong>iert, die zur Kennzeichnung des<br />

Fehlers dienen. Da<strong>mit</strong> können Aussagen über Häufigkeiten von <strong>Fehlern</strong>,<br />

Verantwortlichkeiten und Fehlerschwerpunkte getroffen werden.<br />

1


In Anlehnung an Fehlerschlüssel <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie wurde e<strong>in</strong> mehrgliedriger<br />

Fehlerschlüssel für die <strong>Bauwirtschaft</strong> entwickelt. Während die erste Ebene<br />

Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit besitzt, müssen die weiteren Ebenen entsprechend <strong>der</strong> Sparten-<br />

o<strong>der</strong> Produktglie<strong>der</strong>ung unternehmensspezifisch def<strong>in</strong>iert werden. Dazu müssen die<br />

e<strong>in</strong>zelnen Arbeitsabläufe im Unternehmen analysiert werden.<br />

Abbildung 1 Fehlerschlüssel<br />

Die Fehler werden <strong>mit</strong> Hilfe des Fehlerschlüssels e<strong>in</strong>deutig prozessorientiert<br />

beschrieben. Fehlermerkmale und Teilarbeitsgänge werden def<strong>in</strong>iert, um e<strong>in</strong>e<br />

maximale Verständlichkeit und Übersichtlichkeit zu erreichen. <strong>Der</strong> Fehlerschlüssel<br />

setzt sich aus folgenden Klassen zusammen:<br />

0 Fehlerbeschreibung <strong>Der</strong> Fehler wird e<strong>in</strong>deutig entsprechend <strong>der</strong><br />

Fehlerersche<strong>in</strong>ung beschrieben. Ähnliche Merkmale<br />

werden zu homogenen Gruppen zusammengefasst.<br />

1 Fehlerart <strong>Der</strong> Fehler wird nach dem Verursacherpr<strong>in</strong>zip<br />

2 Fehlerfolge<br />

entsprechend den Teilarbeitsabläufen beschrieben.<br />

<strong>Der</strong> Fehler wird entsprechend <strong>der</strong> Fehlerfolge beschrieben.<br />

3 Fehlerursache <strong>Der</strong> Fehler wird entsprechend <strong>der</strong> Fehlerursache nach den<br />

kapazitätsbestimmenden<br />

beschrieben.<br />

Elementen im Arbeitssystem<br />

4 Fehlerersche<strong>in</strong>ung <strong>Der</strong> Fehler wird entsprechend se<strong>in</strong>es Auff<strong>in</strong>dens <strong>in</strong> den<br />

Teilarbeitsprozessen beschrieben.<br />

<strong>Der</strong> Fehlerschlüssel wird <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Stufe weiter unterglie<strong>der</strong>t. Das erschwert zwar die<br />

Handhabbarkeit, ist aber auf Grund <strong>der</strong> Komplexität des Bauprozesses unbed<strong>in</strong>gt<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Die Fehlererfassung <strong>mit</strong> Fehlerschlüssel erfolgt <strong>in</strong> den nachfolgenden<br />

Schritten:<br />

2


- Dokumentation des Fehlers<br />

- Aufnahme <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Datenbank<br />

- Zuordnung des Fehlers zum Fehlerschlüssel<br />

- Auswertung <strong>der</strong> Fehler <strong>in</strong> Abhängigkeit vom Fehlerschlüssel / Aussagen zu<br />

Fehlerhäufigkeiten<br />

- Ausgabe von Reports bzw. grafischen Darstellungen als Diskussionsgrundlage für<br />

die Mitarbeiter.<br />

Als e<strong>in</strong>faches und praktikables Hilfs<strong>mit</strong>tel bei <strong>der</strong> systematischen Auff<strong>in</strong>dung <strong>der</strong><br />

Fehlerursachen hat sich das Ursache-Wirkungsdiagramm erwiesen.<br />

Abbildung 2 Ursache- Wirkungsdiagramm<br />

Qualifikation<br />

Information<br />

Dauer<br />

Tauchabstand<br />

Tauchtiefe<br />

Mensch Material<br />

Erfahrung<br />

Schalung<br />

Motivation<br />

E<strong>in</strong>schalen<br />

Transportieren, För<strong>der</strong>n<br />

Verdichten<br />

Betonzusammensetzung<br />

Bewehren<br />

E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen<br />

Schütthöhe<br />

Methode Mitwelt<br />

Betonierkübel<br />

Betonkonsistenz<br />

Masch<strong>in</strong>e<br />

Gegenwärtig wird e<strong>in</strong>e relationale Datenbank zur Fehlererfassung und Auswertung<br />

entwickelt. Die E<strong>in</strong>gabe <strong>der</strong> Fehlermeldung soll dann direkt <strong>in</strong> die Formularspalten<br />

erfolgen. Die e<strong>in</strong>zelnen Klassen des Fehlerschlüssels s<strong>in</strong>d als Datensätze im<br />

Programm vordef<strong>in</strong>iert und können dort ausgewählt werden. Ebenso s<strong>in</strong>d freie<br />

Zuordnungen <strong>mit</strong> nicht vordef<strong>in</strong>ierten Fehlerklassen möglich.<br />

Fehler-Möglichkeits- und E<strong>in</strong>flussanalyse (FMEA)<br />

Betonpumpe<br />

Verdichtungsgerät<br />

Rüttelflasche<br />

Wirkung<br />

Die FMEA (Failure Mode and Effects Analysis) wurde 1963 für die Luft- und<br />

Raumfahrt<strong>in</strong>dustrie (NASA) entwickelt. Die grundlegenden Elemente s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> DIN<br />

25448 Ausfalleffekt-Analyse aufgenommen worden. Die FMEA, seit Jahren <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

stationären Industrie bewährt, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bauwirtschaft</strong> kaum verbreitet. Zwar ist die<br />

Bauproduktion i.d.R. durch Auftrags-, E<strong>in</strong>zel- und Langfristfertigung geprägt, doch<br />

wie<strong>der</strong>holen sich bei <strong>der</strong> Herstellung e<strong>in</strong>es Bauobjektes immer die gleichen<br />

technologischen Prozesse. Da<strong>mit</strong> s<strong>in</strong>d die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>en lohnenswerten<br />

E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong> FMEA auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Bauwirtschaft</strong> gegeben.<br />

Kernelemente <strong>der</strong> Fehler-Möglichkeits- und E<strong>in</strong>flussanalyse s<strong>in</strong>d die systematische,<br />

gedankliche Vorwegnahme von <strong>Fehlern</strong>, die Risikobewertung, die Erstellung von<br />

Fehlerranglisten und die Festlegung geeigneter Vorbeugungsmaßnahmen.<br />

Die klassische Vorgehensweise sieht folgen<strong>der</strong>maßen aus: E<strong>in</strong> Mo<strong>der</strong>ator und e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Expertenkreis (Mitarbeitern des Unternehmen, ggf. Kunden und<br />

Lieferanten) bilden das FMEA-Team. <strong>Der</strong> FMEA-Mo<strong>der</strong>ator trägt im Vorfeld alle<br />

Witterung<br />

Eignung<br />

Ausfall<br />

Frequenz<br />

Durchmesser<br />

Betonoberfäche,<br />

Ortbeton- Wand<br />

Fehlerbeschreibung:<br />

Lunker, Nester<br />

3


Anfor<strong>der</strong>ungen an den Prozess zusammen wie z.B. Zeichnungen,<br />

Qualitätsvorschriften, Checklisten, Gesetzesauflagen, Sicherheitsvorschriften,<br />

Prozess- und Montageablaufpläne, Prüfpläne, Organisationspläne usw. In<br />

Bra<strong>in</strong>storm<strong>in</strong>g-Sitzungen werden potentielle Fehler benannt, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em FMEA-<br />

Formblatt erfasst und bewertet. Für e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Identifikation möglicher Fehler ist<br />

e<strong>in</strong>e Zuordnung zum betrachteten Prozess bzw. Prozessabschnitt bis auf die Ebene<br />

<strong>der</strong> Schnittstellen notwendig. Aus diesem Grund muss vor <strong>der</strong> eigentlichen<br />

Fehlererfassung e<strong>in</strong>e Prozessstrukturierung erfolgen. Die Prozessstrukturierung bzw.<br />

<strong>der</strong> entsprechende Teilprozess wird im Formblatt festgehalten. Dort werden alle<br />

potentiellen Fehler erfasst und dem Fehlerschlüssel zugeordnet. Ebenfalls werden zu<br />

allen gefundenen <strong>Fehlern</strong> die möglichen Folgen für den Kunden aufgezeichnet. Das<br />

Formblatt gewährleistet die systematische und umfassende Bearbeitung <strong>der</strong> Analyse<br />

und führt zu e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong> verständlichen Dokumentation.<br />

Ergebnis <strong>der</strong> FMEA ist e<strong>in</strong>e bewertete Rangliste aller erfassten möglichen Fehler.<br />

Die Risikobewertungszahl (RPZ) bestimmt die Reihenfolge und die Wichtigkeit,<br />

Maßnahmen zur Vermeidung des Fehlers zu ergreifen.<br />

Beispiel <strong>Fehlermanagement</strong> – Neubau Kl<strong>in</strong>ikum Erfurt<br />

Fehlererfassung (Ist-Fehler)<br />

Das Demonstrationsprojekt „Neubau Kl<strong>in</strong>ikum Erfurt“ (Funktionsbauten und<br />

Bettenhäuser) wurde <strong>in</strong> Ortbeton- und Fertigteilbauweise errichtet. Zur Erfassung<br />

e<strong>in</strong>treten<strong>der</strong> Fehler wurden bereits vorhandene Erfassungsbögen neu def<strong>in</strong>iert und<br />

auf den von <strong>der</strong> FH Erfurt entwickelten Fehlerschlüssel abgestimmt. Mit diesem<br />

Formular wurden die Fehler acht Monate im Fertigteilwerk wie auf <strong>der</strong> Baustelle<br />

systematisch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Excel-Datei erfasst und dem Fehlerschlüssel zugeordnet.<br />

Über Filterfunktionen konnten die erfassten Fehler nach Klassen systematisiert und<br />

Haupt- Fehlerverursacher durch Häufigkeitsberechnungen sofort er<strong>mit</strong>telt werden.<br />

Durch die Analysen konnten Rückschlüsse auf die Arbeitsgänge getroffen werden,<br />

die im wesentlichen zu den <strong>Fehlern</strong> führten. Am häufigsten gemeldet wurden<br />

Ausführungsfehler durch die Nachunternehmer, Planlieferungsverzug und Fehler <strong>in</strong><br />

Fertigteilplänen.<br />

Abbildung 3 Darstellung Fehlerhäufigkeiten nach <strong>der</strong> Fehlerart<br />

9%<br />

10%<br />

10%<br />

10%<br />

6%<br />

16%<br />

Für das Unternehmen konnten erste Empfehlungen zur Fehlervermeidung gegeben<br />

werden. Anhand dieser Empfehlungen wurden Maßnahmen zur Fehlervermeidung<br />

e<strong>in</strong>geleitet. H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Ausführungsfehler durch Nachunternehmer wurden<br />

Projektstartgespräche und zusätzliche Kontrollmaßnahmen e<strong>in</strong>geführt. Ebenso<br />

wurde h<strong>in</strong>sichtlich des Planlieferungsverzuges nach Lösungen gesucht, die die<br />

Planlieferung beschleunigen. Um Fehler <strong>in</strong> Fertigteilplänen zu verm<strong>in</strong><strong>der</strong>n, wurden<br />

4<br />

30%<br />

9%<br />

Planung/ Schalplan-Ortbetondecke/ Plan fehlerh<br />

Aussparungen<br />

Planung/Werksplanung-Fertigteile/Plan fehlerha<br />

E<strong>in</strong>bauteile, Maßtoleranzen<br />

Planung/ Ausführungsplanung/Term<strong>in</strong>verzug<br />

Ausführung/ Nachunternehmer/ Lage E<strong>in</strong>bauteil<br />

fehlerhaft<br />

Ausführung/ Nachunternehmer/ Betonoberfläche<br />

Ausführung/ Eigenleistung/ Beschädigungen W<br />

Ausführung/ Eigenleistung/Wartezeiten Transpo<br />

Wandfertigteile<br />

Ausführung/Eigenleistung/ Maßtoleranzen Ortbe


die externen Planer <strong>in</strong>tensiver über die technologischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />

Fertigteilproduktion <strong>in</strong>formiert.<br />

Bei <strong>der</strong> Fehlererfassung und -auswertung bestätigten sich folgende Erwartungen:<br />

- Bei <strong>der</strong> Baustellenfertigung hängt die Qualität des Arbeitsergebnisses im hohen<br />

Maße von <strong>der</strong> Arbeitsvorbereitung ab. Geräteausfälle, Materialversagen usw.<br />

treten kaum auf. <strong>Der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> Fehler wird durch den Menschen<br />

verursacht.<br />

- Bei <strong>der</strong> Fertigteilproduktion (Vorfertigung) treten weniger Fehler auf. Das wird<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e durch zahlreiche Zwischenkontrollen, festes Stammpersonal und<br />

e<strong>in</strong>en regelmäßigen Fertigungsablauf erreicht. Schnittstellenprobleme s<strong>in</strong>d<br />

seltener.<br />

Erfassung von potentiellen <strong>Fehlern</strong> <strong>mit</strong> Hilfe <strong>der</strong> FMEA<br />

Zur Ergänzung <strong>der</strong> Ist-Fehlererfassung wurde e<strong>in</strong>e Prozess-FMEA durchgeführt.<br />

Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Prozessstrukturierung bereits def<strong>in</strong>ierten<br />

Arbeitsabläufe und dem vorhandenen Fehlerschlüssel wurde e<strong>in</strong> Formular erarbeitet,<br />

um weitere mögliche Fehler systematisch erfassen und bewerten zu können.<br />

Da das Unternehmen zeitlich nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage war, e<strong>in</strong> FMEA- Team zu bilden,<br />

wurden die möglichen Fehler durch E<strong>in</strong>zelbefragungen <strong>der</strong> Mitarbeiter erfasst. Die<br />

Interviews wurden ohne gezielten Fragenkatalog durchgeführt. Zur Vorbereitung<br />

dieser Interviews wurden die Bauakten auf mögliche Fehler überprüft. Die befragten<br />

Personen benannten frei und ungehemmt mögliche Fehler und <strong>der</strong>en Ursachen.<br />

Durch gezielte E<strong>in</strong>gangsfragen wurde e<strong>in</strong>e angeregte Stehgreiferzählung ausgelöst.<br />

Diese Methode wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sozialforschung als narratives Interview bezeichnet. Die<br />

<strong>in</strong>sgesamt genannten attributiven 241 Fehlermöglichkeiten wurden im Formblatt<br />

erfasst und systematisch den Arbeitsgängen zugeordnet.<br />

Nach <strong>der</strong> Befragung und Dokumentation wurden die Fehler katalogisiert, d.h. e<strong>in</strong>e<br />

Zuordnung zum Fehlerschlüssel vorgenommen, die Risikobewertungszahlen (RA,<br />

RB, RE) festgelegt und die Risikoprioritätszahl (RPZ) er<strong>mit</strong>telt. Diese wurden dann<br />

im Team-Talk<strong>in</strong>g <strong>mit</strong> den verantwortlichen Leitern abgeglichen. Mit Hilfe e<strong>in</strong>er Excel-<br />

Datei wurden schließlich Fehlerranglisten erstellt.<br />

Die durchgeführte FMEA lieferte dem Unternehmen aufgrund <strong>der</strong> systematischen<br />

Fehlererfassung und <strong>der</strong> Erstellung von Fehler-Ranglisten, Erkenntnisse über<br />

mögliche Schwachstellen im Bauablauf. Auch hier zeigte sich, dass <strong>der</strong><br />

Hauptverursacher <strong>der</strong> Mensch ist.<br />

Um künftig die auf Rang 1 und 2 bef<strong>in</strong>dlichen möglichen Fehler (Planstatus,<br />

Planlieferung) zu vermeiden, wurde als erste Vorbeugungsmaßnahme die<br />

E<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Elektronischen Planmanagementsystems beschlossen.<br />

5


Abbildung 4 Ergebnis e<strong>in</strong>er FMEA - Auszug Rangliste<br />

FMEA-Nr.:<br />

von-bis<br />

Fehlerbeschreibung<br />

(Möglicher Fehler)<br />

Ausblick<br />

Rangliste<br />

Fehler- Möglichkeits- und<br />

E<strong>in</strong>flußanalyse (FMEA) bearbeitet durch: Datum:<br />

Fehlerart<br />

(Verursacher)<br />

RPZ Rang<br />

Planstatus nicht aktuell Planungsfehler/ Planungsbüro 540 1<br />

Planlieferung zu spät Planungsfehler/ Planungsbüro 270 2<br />

Lage E<strong>in</strong>bauteile fehlerhaft Planungsfehler/ Ausführungsplanung/<br />

Werksplanung Fertigteile- Wand<br />

210 3<br />

Planungsfehler/Haustechnikplanung/<br />

192 4<br />

Lage Aussparungen fehlerhaft Betondecke<br />

Ausführungsfehler/ Eigenleistung/<br />

96 5<br />

Fertigteillieferung zu spät Arbeitsvorbereitung<br />

Ausführungsfehler/ Eigenleistung/<br />

90 6<br />

Lage Aussparungen fehlerhaft Beton-und Stahlbetonarbeiten/ Decke<br />

......................................... .................................................... ...... ......<br />

......................................... .................................................... ...... ......<br />

......................................... .................................................... ...... ......<br />

......................................... .................................................... ...... ......<br />

E<strong>in</strong>bauteile fehlen<br />

Ausführungsfehler/ Eigenleistung/<br />

Beton-und Stahlbetonarbeiten/ Decke<br />

72 20<br />

Die <strong>in</strong> dem Pilotprojekt gesammelten Erfahrungen haben gezeigt, dass die FMEA<br />

e<strong>in</strong>e sehr gründliche, aber auch zeit- und personal<strong>in</strong>tensive Analysemethode ist. Sie<br />

ist e<strong>in</strong>e wichtige Ergänzung zur Erfassung wirklich e<strong>in</strong>getretener Fehler (Fehler-Ist-<br />

Erfassung). Nur so ist es möglich, e<strong>in</strong>e nahezu vollständige Erfassung aller<br />

e<strong>in</strong>getretenen und möglichen Fehler zu erreichen, um sie anschließend systematisch<br />

analysieren zu können. Außerdem wurde festgestellt, dass die<br />

abteilungsübergreifende Zusammenarbeit verbessert und die Motivation <strong>der</strong><br />

Mitarbeiter geför<strong>der</strong>t wurde. Die Methode trägt da<strong>mit</strong> zum teamorientierten Handeln<br />

und zum Vermeiden von <strong>Fehlern</strong> bei.<br />

Mit <strong>der</strong> klassischen Vorgehensweise, Fehler nach <strong>der</strong>en Auftritt zu beseitigen, kann<br />

e<strong>in</strong> Bauunternehmen den <strong>der</strong>zeitigen Anfor<strong>der</strong>ungen an Kosten und Term<strong>in</strong>sicherheit<br />

nicht mehr gerecht werden. Die FMEA ist geeignet Kenntnisse über Fehlerarten,<br />

Ursachen und Folgen zu gew<strong>in</strong>nen. Kritische Fehler werden sichtbar. So<strong>mit</strong> können<br />

vorbeugende Maßnahmen bereits vor E<strong>in</strong>tritt des Fehlers ergriffen werden. Prozesse<br />

werden beherrschbar.<br />

Zur Ursachenf<strong>in</strong>dung ist das Arbeiten <strong>mit</strong> Fehlerschlüsseln notwendig. Die praktische<br />

Anwendung hat gezeigt, dass sich Fehlerschlüssel nicht bis <strong>in</strong> die letzte Stufe<br />

allgeme<strong>in</strong> vordef<strong>in</strong>ieren lassen, son<strong>der</strong>n unternehmensspezifisch und<br />

projektbezogen angepasst werden müssen. Wichtig ist es deshalb sowohl für die<br />

Fehler-Isterfassung als auch für die FMEA geeignete EDV-Unterstützungen zu<br />

f<strong>in</strong>den. Gegenwärtig wird e<strong>in</strong>e relationale Datenbank zur Speicherung und<br />

Auswertung <strong>der</strong> Fehler-Isterfassung sowie <strong>der</strong> FMEA–Informationen entwickelt, die<br />

als Wissensdatenbank für das Unternehmen dienen soll. Entscheidend ist, dass e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong>artige Wissensdatenbank zentral auf e<strong>in</strong>em Server verwaltet wird, da<strong>mit</strong> alle<br />

6


Mitarbeiter im Unternehmen darauf Zugriff haben. Für die Verbesserung des<br />

<strong>Fehlermanagement</strong>s können auch an<strong>der</strong>e Branchenlösungen wie CAQ-Systeme<br />

(CAQ-Computer Aided Quality Management) herangezogen werden. Diese CAQ-<br />

Lösungen s<strong>in</strong>d häufig modular aufgebaut und be<strong>in</strong>halten u.a. Tools wie die FMEA,<br />

Fehlerfassungsdatenbanken, Reklamationsmanagement und Lieferantenbewertung.<br />

7


Literatur<br />

[1] Algedri, J.; Friel<strong>in</strong>g,E.: Beurteilung rechnergestützter FMEA-Systeme.<br />

QZ 43(1998) 12, Carl-Hanser-Verlag München<br />

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<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bauunternehmung im Straßen- und Tiefbau. Erfurt, Diplomarbeit<br />

1996 Fachhochschule Erfurt FB Bau<strong>in</strong>genieurwesen Reg.-Nr. BB/015-96<br />

[3] Eversheim, W, Bochtler, Laufenberg.: Simultaneous Eng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g. Spr<strong>in</strong>ger-<br />

Verlag, Berl<strong>in</strong>-Heidelberg1995<br />

[4] Forschungsbericht: Qualität und Fehlerkosten im Masch<strong>in</strong>enbau unter<br />

Berücksichtigung technischer und betriebswirtschaftlicher Gesichtspunkte.<br />

FQS– DGQ-Schrift 84-01. Beuth- Verlag, Berl<strong>in</strong> 1996<br />

[5] Forschungsbericht: Rechnergestütze, wissensbasierte Erstellung von<br />

[6]<br />

Fehlermöglichkeits- und E<strong>in</strong>flußanalysen (FMEA). FQS—DGQ- Schrift 85-02.<br />

Beuth- Verlag, Berl<strong>in</strong> 1994<br />

Friede: Untersuchung von Arbeitsabläufen und Kostenbetrachtungen zur<br />

Produktion von Elementdecken und Wandelementen im Fertigteilbau. Erfurt,<br />

Diplomarbeit 1998, Fachhochschule Erfurt FB Bau<strong>in</strong>genieurwesen. Reg.-Nr.<br />

BB/019-98<br />

[7] Garz, D., Kraimer, Kl.: Qualitativ- Empirische Sozialforschung. Opladen,<br />

Westdeutscher Verlag GmbH 1991<br />

[8] Haenes, M.; Welsch, M.: Analyse <strong>der</strong> Planungs- und Bauabläufe / Neubau<br />

Kl<strong>in</strong>ikum Erfurt Bauabschnitt 5 und 6. Forschungsbericht Teil 1/Teil 2.<br />

Fachhochschule Erfurt FB Bau<strong>in</strong>genieurwesen 1999<br />

[9] Müller,D. H.; Tietjen,TH.: FMEA Praxis. Carl-Hanser-Verlag 2000<br />

[10] Pfeifer ,T. ; Bonse, L.: Tendenzen zur Rechnergestützten Qualitätssicherung,<br />

VDI-Berichte 759, VDI-Verlag, Düsseldorf, 1998, S. 121-128<br />

[11] Schubert: FMEA - Fehlermöglichkeits- und E<strong>in</strong>flußanalyse . Leitfaden.<br />

Frankfurt am Ma<strong>in</strong>, Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. 1993<br />

Vorschriften/ Normen<br />

[12] DIN EN ISO 9000-2000: Qualitätskonzepte und Begriffe<br />

[13] DIN EN ISO 9001-2000: Anfor<strong>der</strong>ungen an Systeme zur Qualitätssicherung<br />

[14] DIN EN ISO 9004-2000: Leitfaden: Qualitätsmanagement<br />

[15] DIN 8402 Begriffe<br />

[16] DIN EN ISO 10011-2000: Leitfaden: Auditieren von<br />

Qualitätsmanagementsystemen<br />

8


[17] DIN 25448<br />

Analyse)<br />

Ausfalleffektanalyse (Fehler- Möglichkeits- und - E<strong>in</strong>fluß-<br />

[18] DIN 25419<br />

Auswertung<br />

Ereignisablaufanalyse; Verfahren, graphische Symbole und<br />

[19] DIN 25424 Teil 1 Fehlerbaumanalyse; Methode und Bildzeichen<br />

[20] DIN 25424 Teil 2 Fehlerbaumanalyse; Handrechenverfahren zur<br />

[21]<br />

Auswertung des Fehlerbaumes<br />

VDA 4.2: Qualitätsmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie. Band 4, Teil 2:<br />

Sicherung <strong>der</strong> Qualität vor Seriene<strong>in</strong>satz. System – FMEA, Frankfurt:<br />

Verband <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie e.V. , 1996<br />

[22] VDA 6.1: Qualitätsmanagement <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie. Band 6, Teil 1:<br />

QM- Systemaudit. Materielle Produkte, Frankfurt: Verband <strong>der</strong><br />

Automobil<strong>in</strong>dustrie e.V. , 1996<br />

[23]<br />

Weitere Quellen<br />

URL: http// www.ibs-ag.de<br />

[24] URL: http// www.ikb.mart<br />

[25] URL: http// www.imc-tech.com<br />

[26] URL: http://www.plato-ag.com<br />

[27] URL: http://www.fmea.de<br />

[28] URL: http://fbb1.fh-erfurt.de/fbb/forschung.htm<br />

9

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