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KulturKILL YOUR DARLINGS.VON SLAMMERN UNDSCHRIFTSTELLERNAlle Studieren<strong>de</strong>n träumen von einer Karriere in eineminternationalen Unternehmen? Eva-Maria Obermannund Mario Henn leben einen an<strong>de</strong>ren Traum. Sie schreibenund veröffentlichen eigene Texte.10 11Vielen Studieren<strong>de</strong>n ist es schon genug, für die <strong>Uni</strong> Hausarbeitenund Abschlussarbeiten zu verfassen. Die Motivation, neben<strong>de</strong>m Studium auch noch kreativ zu schreiben, ist eher niedrig. BeiEva-Maria Obermann und Mario Henn ist das an<strong>de</strong>rs. Sie verfassenneben wissenschaftlichen Texten Lyrik, Geschichten o<strong>de</strong>rComedy-Texte. Diese präsentieren sie nicht nur Freun<strong>de</strong>n und Familie,son<strong>de</strong>rn einer breiten Öffentlichkeit.Eva-Maria, 25, schreibt seit ihrem zwölften Lebensjahr Gedichteund Kurzgeschichten. Das Kin<strong>de</strong>rbuch „In Mamas Bauch“, zu<strong>de</strong>m sie die Geburt ihres Sohnes Noah inspiriert hat, und einenGedichtband hat sie bereits veröffentlicht. Schon während <strong>de</strong>rSchulzeit begann sie ihre Gedichte im Familienkreis vorzutragen.Nach <strong>de</strong>m Abitur 2006 entschied sie sich zuerst für ein Biologie-Studium. Als dann 2009 <strong>de</strong>r Traum von ihrem ersten Gedichtband„Seelentropfen“ näher rückte, wechselte Eva-Maria zur Germanistik.Diese Wahl hat die Autorin nicht bereut. „Das Studium hilftmir dabei, meine ‚gespaltene‘ Schriftstellerpersönlichkeit weiterzuentwickeln“,meint Eva-Maria. Ihre kreative Seite fin<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>nWerken an<strong>de</strong>rer Autoren Motive und Anregungen, die sie in ihreTexte einbaut. Die an<strong>de</strong>re Seite, die kritische, lernt, genau zu analysierenund reflektiert mit <strong>de</strong>n eigenen Werken umzugehen.„Kill your darlings“, das Prinzip, Textstellen, die einem ansHerz gewachsen sind, zu kürzen o<strong>de</strong>r komplett zu streichen, umdamit einen Text zu verbessern, fällt beson<strong>de</strong>rs am Anfang sehrschwer.Diese Herausfor<strong>de</strong>rung kennt auch <strong>de</strong>r 23-jährige Mario. Erstudiert Deutsch und Französisch auf Lehramt und ist seit September2011 Slammer. Er trägt bei Poetry Slams selbstverfasste humoristischeTexte vor. Auf Slams wer<strong>de</strong>n die Vortragen<strong>de</strong>n vom Publikumbewertet. Je tosen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Applaus, <strong>de</strong>sto besser fällt für <strong>de</strong>nSlammer die Platzierung aus. „Bei neuen Texten, die ich noch nieauf einer Bühne gebracht habe, habe ich oft Selbstzweifel. Die legensich nach <strong>de</strong>r ersten Aufführung, wenn ich weiß, dass <strong>de</strong>r Witzgut ankommt“, beschreibt Mario die Situation. Fällt eine Pointebeim Publikum durch, lässt er sie beim nächsten Auftritt weg.An <strong>de</strong>r <strong>Uni</strong> erzählen die bei<strong>de</strong>n Künstler nur gelegentlich vonihren Schreibaktivitäten. „Es ist we<strong>de</strong>r totale Ablehnung noch totaleBegeisterung“, fasst Eva-Maria die Reaktionen zusammen.Inspiration fin<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong> Schreiber im Alltag, sei es in <strong>de</strong>r <strong>Uni</strong>,im Zug o<strong>de</strong>r zuhause. Tipps und Anregungen bekommen Eva-Mariaund Mario durch Begegnungen mit ihren Kollegen. Mario hatschon viele bekannte Slammer getroffen, wie zum Beispiel <strong>de</strong>n Gewinner<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften 2011,Nektarios Vlachopoulos. Eva-Maria veröffentlicht <strong>de</strong>mnächst gemeinsammit an<strong>de</strong>ren Poeten <strong>de</strong>n Sammelband „Dichterzusammen“.Weltruhm versprechen sich Eva-Maria und Mario nicht unbedingt.Für sie zählt, Anekdoten <strong>de</strong>s Alltags und ihre Gedankenblitzeauf Papier zu bringen und mit an<strong>de</strong>ren zu teilen.Sahra DülgeFoto oben: Mario Henn weifl inzwischen,welche Pointen beim PublikumankommenFoto unten: Eva-Maria Obermann hatsich mit ihrem ersten Gedichtbandbewegen<strong>de</strong>s von <strong>de</strong>r Seele geschrieben.„WIR FANGEN DIE VIELFALT DER STADT AUF“uni<strong>MA</strong><strong>gazin</strong>: Wie kam euch die I<strong>de</strong>e zurGründung <strong>de</strong>s Hagestolz?Paul: Wir kennen uns aus <strong>de</strong>m Café O<strong>de</strong>on,weil wir alle drei dort gearbeitet haben.Als <strong>de</strong>r neue Inhaber das O<strong>de</strong>on übernommenhat, ging dieses schöne Kapitel zuEn<strong>de</strong>. Im Dezember 2011 haben wir unsüberlegt, eine eigene Bar zu eröffnen.Was be<strong>de</strong>utet <strong>de</strong>r Name ‚Hagestolz‘?Abian: Ich stieß eines Nachts auf diesenspannen<strong>de</strong>n Wikipedia-Artikel. ‚Hagestolz‘bezeichnet einen Son<strong>de</strong>rling o<strong>de</strong>r einenälteren Junggesellen. ‚Stolz‘ ist das mittelhoch<strong>de</strong>utschePräteritum von ‚stellen‘.Aufgrund <strong>de</strong>s Erstgeburtsrechts wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>mzweitgeborenen Sohn nur ein kleines StückLand (‚Hag‘) gestellt. Da er nur sich selbsternähren konnte, blieb er Junggeselle.Gab es Hür<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Weg zur Eröffnung?Phil: Wir mussten alles rausreißen. Dabeihaben wir die alte Heißluftballontapeteund ein Fenster gefun<strong>de</strong>n. Wir mussten dieElektronik erneuern und in <strong>de</strong>r Küche warein Wasserscha<strong>de</strong>n.Ist eure Bar eine Liebeserklärung an <strong>de</strong>nJungbusch?Phil: Primär haben wir im Jungbusch gesucht,weil wir hier leben, hier stark vernetztsind und unseren Beitrag zum Kiezleisten wollen.Was war bisher euer schönstes Erlebnis?Phil: Als wir das Fenster gefun<strong>de</strong>n haben!Paul: Das Schönste war, als bei <strong>de</strong>r Eröffnungdie Massen vor <strong>de</strong>r Tür stan<strong>de</strong>n.„Kultur passiert in einersolchen Atmosphäre“Wo liegen eure konzeptionellen Schwerpunkte?Abian: Es war eine ganz natürliche Sache.Wir haben das gemacht, was wir am bestenfin<strong>de</strong>n. Altes Mobiliar gehört genauso dazuwie ein Raum mit Historie.Paul: Uns war wichtig, dass sich alle wohlfühlenkönnen. Wir bieten je<strong>de</strong>m etwas an,Champagner und Bier.Wird das Hagestolz zukünftig auch als kulturelleBühne dienen?Phil: Kultur ist für mich schon ein Austauschvon Menschen, die sich daran erfreuen,was wir geschaffen haben. Kulturpassiert in einer solchen Atmosphäre.Seit September hat <strong>de</strong>r Jungbusch mit <strong>de</strong>m Hagestolz ein neues Herzstück.Die Eigentümer Phil Hötte, Abian Hammann und Paul Sieferle plau<strong>de</strong>rnmit uns über die Verwirklichung ihres Traumes und ihre Stu<strong>de</strong>ntenzeit.Habt ihr ein Lieblingseinrichtungsstück?Paul: Die Bar, die wir aus alten Türen un<strong>de</strong>inem 112 Jahre alten Verkaufstresen gebauthaben.Während Paul an <strong>de</strong>r Popaka<strong>de</strong>mie Bassstudiert, haben Phil und Abian ihr Studiuman <strong>de</strong>r <strong>Uni</strong> Mannheim abgebrochen.Warum habt ihr vorzeitig eure aka<strong>de</strong>mischeKarriere been<strong>de</strong>t?Abian: Ich habe Geschichte, Spanisch undPolitikwissenschaft studiert, aber irgendwanndas Interesse verloren. Die Gestaltungals Betriebsleiter im O<strong>de</strong>on war danneinfach spannen<strong>de</strong>r.Phil: Ich habe Geschichte und Soziologiestudiert, aber fand das Klima ätzend, weildie BWL auf alle an<strong>de</strong>ren FachrichtungenDruck ausübt. Ihre Hörsäle sind auf <strong>de</strong>mneuesten Stand, während unsere Vorlesungenim hintersten Loch mit stickiger Luftund 30 Jahre alten Teppichen stattfan<strong>de</strong>n.Dabei sollte vermittelt wer<strong>de</strong>n, was Schillerin seiner Antrittsre<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r <strong>Uni</strong> Jenaaussprach: Ein philosophisches Studiumdient nicht <strong>de</strong>m Zwecke <strong>de</strong>s Broterwerbs,son<strong>de</strong>rn um seinen Geist zu bil<strong>de</strong>n. DasHaben sich ihren Traum von <strong>de</strong>r eigenenBar verwirklicht: Phil Hötte, PaulSieferle und Abian Hammann (v.l.n.r).Studium habe ich <strong>de</strong>nnoch so genutzt, wieman es sollte: zur eigenen Entfaltung, zumKontakteknüpfen. Das möchte ich nichtmissen.Ist ein Comeback an die <strong>Uni</strong> <strong>de</strong>nkbar?Phil: Kin<strong>de</strong>r- und Jugendarbeit macht mirSpaß. Aber je länger wir das hier machen,umso schwieriger wird es, wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r<strong>Uni</strong> anzufangen.Abian: Unwahrscheinlich. Ich glaube, dashier ist eine Phase, die ein paar Jahre dauert– entwe<strong>de</strong>r hat man dann <strong>de</strong>n Dreh rauso<strong>de</strong>r nicht.Nach <strong>de</strong>m erfolgreichen Start, bei <strong>de</strong>müber 500 Neugierige das Hagestolz stürmtenund Menschentrauben auf <strong>de</strong>r Jungbuschstraßefeierten, ist ein langfristigerErfolg fast abzusehen.Wer sich selbst ein Bild von <strong>de</strong>r neuenLocation machen möchte, fin<strong>de</strong>t das Hagestolzauf <strong>de</strong>r Jungbuschstraße 26. Geöffnetist von Mittwoch bis Samstag ab 20 Uhr.Interview: Saskia GuckenburgKultur

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