Weihnachts- verlockung - CALA-Verlag
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» » Bad Fritz Lobenstein<br />
Rau<br />
Wie haben Sie die Welt des Rock `n` Roll<br />
und die allgegenwärtigen Geschichten<br />
über Drogen und andere Exzesse selbst<br />
erlebt? Zum Beispiel während Ihrer Zusammenarbeit<br />
mit den Rolling Stones,<br />
Janis Joplin oder Jimi Hendrix? Ich habe<br />
mich ausschließlich auf die Organisation<br />
der Konzertveranstaltungen konzentriert.<br />
Genussmittel jeder Art war für mich<br />
Privatangelegenheit der betroffenen<br />
Künstler. Ich habe nie Rauschgift besorgt,<br />
höchstens einen Arzt, wenn der betroffene<br />
Künstler Schwierigkeiten hatte.<br />
Aus ihrer Erfahrung heraus<br />
gesprochen: Sind Künstler stets<br />
auch Grenzgänger? Große Künstler sind<br />
vom Herrgott geküsst und haben die<br />
einmalige Fähigkeit, Menschen zu erfreuen<br />
und zu verzaubern. Auf der Bühne ist<br />
der Künstler der einsamste Mensch der<br />
Welt, da er von sich heraus ein großes<br />
Publikum unterhalten und begeistern<br />
muss. Das ist nicht einfach.<br />
Sie haben ja bereits während Ihres<br />
Studiums geheiratet und gründeten<br />
auch bald darauf eine Familie. Wie meisterten<br />
Sie den Alltag zwischen Reisen,<br />
großen Konzerten, Stars<br />
sowie Kindern und Ehefrau auf der<br />
anderen Seite? Leider habe ich das<br />
nicht gemeistert, sondern meine Familie,<br />
das heißt, ich habe meine Frau und<br />
meine Kinder vernachlässigt, da ich nur<br />
unsere Künstler und unsere Konzerte<br />
im Kopf hatte. Aber meine wunderbare<br />
Frau Hildegard hat mir den Rücken frei<br />
gehalten. Sie hat unsere Kinder hervorragend<br />
erzogen, unser Haus gebaut, ist<br />
unser Auto gefahren und darüber hinaus<br />
hat sie mich gepflegt, wenn ich total<br />
erschöpft von den Tourneen zurück nach<br />
Hause kam.<br />
Angenommen, Sie hätten die Möglichkeit<br />
einige Künstler, mit denen Sie wäh-<br />
10 » FRITZ RAU «<br />
rend Ihrer Karriere zusammen arbeiten<br />
durften, auf einer CD zu ver-<br />
ewigen, sozusagen als eine Art „Soundtrack<br />
Ihres Lebens“. Welche Musiker<br />
und auch Lieder würden Sie dafür<br />
auswählen und mit welcher Musik<br />
verbinden Sie ganz besondere Erinnerungen<br />
Ihres Lebens? Meine erste Liebe<br />
zur Musik war der Blues und der Jazz. Ich<br />
habe daher bei meinem Festkonzert „60<br />
Jahre Fritz Rau“ Blues (United Blues Experience<br />
+ Inga Rumpf ), Spiritual + Gospel<br />
(Jackson Singers) und Jazz (Barrelhouse<br />
Jazzband + Emil Mangelsdorff Quartett)<br />
präsentiert, aber auch Chanson und<br />
Songs (Nana Mouskouri, Ulla Meinecke +<br />
Howard Carpendale) sowie Rock +Pop<br />
mit Peter Maffay und Udo Lindenberg,<br />
allerdings begleitet von der Big Band des<br />
Hessischen Rundfunks. Alle Künstler sind<br />
ohne Gagen aufgetreten zugunsten der<br />
Tabaluga-Kinderstiftung.<br />
Welches Konzert hat bei Ihnen d<br />
ie intensivsten Emotionen und<br />
Erinnerungen hinterlassen und wie<br />
kam es dazu? Das war „Tabaluga und<br />
Lilli“, von uns mit Peter Maffay, da dies eine Produktion<br />
„Made in Germany“ war, das heißt „unser Ding“ und<br />
dazu erfreulich erfolgreich. (Anm. d. Red.: die Festhalle<br />
Frankfurt war 27-mal ausverkauft)<br />
Vielleicht kann ein Konzertmacher, wie Sie es sind,<br />
uns die Frage beantworten, was Ihrer Meinung nach<br />
Menschen dazu animiert Konzerte zu besuchen und<br />
Musiker live zu erleben? Musik ist für mich ein Lebensmittel.<br />
enauso wichtig wie Essen und Trinken. Und Live-<br />
Musik bedeutet Leben.<br />
Was glauben Sie, welche Unterschiede gibt es zwischen<br />
Konzerten in der heutigen Zeit und damals<br />
– natürlich auch von der Organisation her? Die Situation<br />
hat sich durch die rasante Entwicklung der Kommunikationsmittel<br />
schlagartig geändert. Die Konzerte<br />
von ACDC waren innerhalb von 30 Minuten über das<br />
Internet ausverkauft. Früher mussten wir Werbekampagnen<br />
mit Plakaten und Anzeigen etc. konzipieren und<br />
durchführen. Außerdem haben sich die Quantitäten der<br />
Konzerte geändert. Heute sind Open Air Konzerte der<br />
bekannten Künstler schon Alltag geworden. Am Beginn<br />
meiner Tätigkeit von 50 Jahren war das Volksbildungsheim<br />
in Frankfurt unsere häufigste Konzertstätte. Heute<br />
gibt es viele Künstler, welche die Frankfurter Festhalle<br />
mit 15.000 Plätzen (teilbestuhlt) füllen können.<br />
Denken Sie, dass eine Karriere wie die Ihre auch in der<br />
heutigen Zeit so noch möglich wäre? Was würden<br />
Sie Menschen raten die, ähnliche Träume verfolgen<br />
wie Sie? Mein Lehrmeister Norman Granz sagte mir<br />
einmal: Der beste Veranstalter ist der, der eine Stunde<br />
früher anfängt zu arbeiten und dafür eine Stunde länger<br />
macht. Außerdem muss ein Veranstalter begeistert<br />
sein und nicht nur das Geld zum Mittelpunkt seines<br />
Interesses machen. Wir sind Kulturarbeiter im Rahmen<br />
einer Unterhaltungskultur, die aber nicht von uns allein<br />
entsteht, sondern durch kreative Arbeit aller Beteiligten<br />
zum Wohle eines Publikums, das durch den Kauf von<br />
Eintrittskarten alles finanziert. <br />
Fritz Rau, wir bedanken uns herzlich für das Interview und<br />
die interessanten Einblicke in Ihr Leben und Lebenswerk!<br />
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