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Das Risiko der Gewaltfreiheit. Was können die Weltreligionen für ...

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<strong>Das</strong> <strong>Risiko</strong> <strong>der</strong> <strong>Gewaltfreiheit</strong><strong>der</strong> Sikhs, <strong>die</strong> im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t in <strong>die</strong>ser Region entstanden ist und <strong>die</strong>ihre ›Heimat‹ mit Gewalt zurückerobern wollen.Die Zahl gewaltbereiter politischer Hindus, welche großteils <strong>der</strong> rechtsradikalenBharatiya Janata Party , <strong>der</strong> ›Indischen Volkspartei‹, angehören,ist heute 2011 auf 7 Mio. angestiegen. Sie for<strong>der</strong>n: »In<strong>die</strong>n nur für Hindus!«und möchten alle Nicht-Hindus, also Muslime, Christen, Jainisten,Buddhisten und natürlich alle Europäer und Amerikaner des Landes verweisen.Wie legitimieren sie ihre Aktionen? Welche hinduistischen Traditionenkönnten zur Gewalt verführen?Krieg und Gewalt sind im Hinduismus an sich gänzlich ausgeschlossen.Sie sind nur für den größten Notfall gerechtfertigt, nämlich wenn <strong>die</strong>göttliche (Kasten-)Ordnung von außen gewaltsam zerstört wird. Nur wenndas Dharma, d.h. <strong>die</strong> Weltordnung bzw. <strong>die</strong> Gesamtheit aller Vorschriftenund Regeln, welche das rechtliche, moralische, soziale und religiöse Lebendes Einzelnen und <strong>der</strong> Gesellschaft bestimmen, angegriffen und in seinemBestand gefährdet wird, – nur dann ist Gewalt (vi-himsa) zum Zweck <strong>der</strong>Verteidigung denkbar. Nicht zur Verteidigung des eigenen Lebens, Volkeso<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nation, son<strong>der</strong>n nur zur Verteidigung von Dharma und (Kasten-)Ordnung. – Für solche Fälle muss <strong>die</strong> Kriegerkaste, <strong>die</strong> sog. Kshatriyas,aktiv werden. Dazu kommen gewaltbereite Sikhs mit ihren berühmtenSäbeln (kirpan). Sie sind befugt, <strong>die</strong> Gesetze des Nicht-Schädigens und <strong>der</strong>Bewahrung alles Lebens zu durchbrechen, um sie wie<strong>der</strong> in Gültigkeit zusetzen.Welche hinduistischen Traditionen verpflichten zum Frieden?Hindus üben – bis auf <strong>die</strong> genannten Ausnahmesituationen – prinzipiellkeine Gewalt aus, weil sie zum Ursprung des Seins (Brahma) zurückkehrenmöchten, und <strong>der</strong> war und ist gewaltfrei. Gewaltlosigkeit und Nicht-Schädigen (a-himsa) lautet deshalb ihr Verhaltensgrundsatz, <strong>der</strong> eine totaleGewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen, also auch gegenüber Tierenund Pflanzen beinhaltet. Wir erleben <strong>die</strong>s, wenn strenge Hindus keineAmeise, keine Mücke und auch keinen Skorpion töten, son<strong>der</strong>n bei Wan<strong>der</strong>ungeneinen Mundschutz tragen, nicht um sich vor Mücken im Mundzu schützen, son<strong>der</strong>n um <strong>die</strong> Mücken davor zu schützen, im Mund zerbissenzu werden. Einen Baum holzen sie nicht ab, um eine Straße zu bauen,und eine Kuh vertreiben sie nicht vom Weg, um mit Karren o<strong>der</strong> Autovorbeizufahren. Mitgefühl mit allem Lebenden ist ein Grundprinzip hinduistischenLebens.Daneben steht das Prinzip <strong>der</strong> Gewaltlosigkeit, das Mahatma Gandhisatyagraha nannte. Man könnte <strong>die</strong>s als ›Wahrheits-Kraft‹ o<strong>der</strong> ›Festigkeitin <strong>der</strong> Wahrheit‹ übersetzen. <strong>Gewaltfreiheit</strong> wird als ›Stehen in <strong>der</strong> Wahrheit‹verstanden. Und Gewalt ist demgegenüber <strong>die</strong> Unwahrheit. Eine183

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