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Farbe im digitalen Publizieren von Klaus Simon - EMPA Media ...

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f a r b e · · · i m · · ·d i g i t a l e np u b l i z i e r e nTheory without practice is empty,practice without theory is blind.JOHN DEWEYk l a u s s i m o nempa dübendorf – medientechnikhttp: //www.empamedia.ethz.ch


Buch zum Themaklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren1motivation


✧ ist keine<strong>Farbe</strong>➙ physikalische Grösse✧ sondern➙ eine neuronale Interpretation➙ sinnesphysiologisch erfasster,➙ relativer Intensitätsunterschiede➙ in der Wellenlängenzusammensetzung➙ <strong>von</strong> sichtbarem Licht.klaus s<strong>im</strong>onBildreproduktion <strong>im</strong> Digitalen <strong>Publizieren</strong>... wie gesehen ...XYZ = / Empfindenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren... für bzw. mit aktuellen Industriestandards ...5motivationfür die vorliegende Analyse besonders naheliegendes Beispiel liefertdas Web. Das Internet, das 30 Jahre unbemerkt <strong>von</strong> der Öffentlichkeitals Werkzeug <strong>von</strong> Wissenschaftler für Wissenschaftler existierte,wurde erst Mitte der 90er Jahre populärer Teil der Alltagskultur,nachdem es fähig wurde auf einfache Art Farbbilder darzustellen.Und damit sind wir be<strong>im</strong> Thema des Buches angekommen, derErzeugung digitaler Farbbilder. Obwohl der Computer <strong>im</strong> pragmatischenUmgang mit <strong>Farbe</strong> vieles vereinfacht hat, ist das wissenschaftlichePhänomen <strong>Farbe</strong> nicht trivial und ist bis heute Gegenstandder Grundlagenforschung.Dies liegt vor allem daran, dass <strong>Farbe</strong> keine physikalischeGrösse ist, sondern eine neuronale Interpretationsinnesphysiologisch erfasster, relativer Intensitätsunterschiedein der Wellenlängenzusammensetzung <strong>von</strong>sichtbarem Licht darstellt.Diese Aussage mag zunächst einmal irritieren, denn fundamentalerfahren wir <strong>Farbe</strong> als Oberflächenfarbe, oder genauer, die <strong>Farbe</strong> einesGegenstandes nehmen wir als Materialeigenschaft seiner Oberflächewahr. Dieser Eindruck beruht auf der Konstanz der Farbwahrnehmung,d.h. ein rotes Auto bleibt ein rotes Auto, sowohl beiGlühbirnenlicht in der Garage, <strong>im</strong> Nebel auf der Autobahn oder <strong>im</strong>Morgenrot auf Mallorca. Ein besonders extremes Beispiel stellt einefarbige Sonnenbrille dar. Nach einer gewissen zeitlichen Anpassungnehmen wir unsere Umwelt mehr oder weniger wie gewohnt wahr,wobei besonders die Unterscheidbarkeit <strong>von</strong> bunt und unbunt erhaltenbleibt. 5 Diese Konstanz <strong>von</strong> Oberflächenfarbe 6 ist aus evolutionsbiologischerSicht äusserst wichtig für uns als Lebewesen, dennsie erlaubt es uns, unsere Umwelt an ihren Oberflächenfarben zuerkennen. Aus physikalischer Sicht ist diese Konstanz jedoch eherMess- undSensortechnikSoftwareFarbmetrikklaus s<strong>im</strong>onMaterialeigenschaftenvisuelle Akzeptanzfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren6motivation5 Die Farbkonstanz hat jedoch auch ihre Grenzen. So sind durch einen rotenFarbfilter weisse Gegenstände noch als solche zu erkennen, aber rote erscheinenebenfalls als weisse.6 Entwicklungsbiologen sehen in dieser Fähigkeit einen entscheidenden evolutionärenVorteil höherer Pr<strong>im</strong>aten.4


adiometrische Strahlungsgrössen✧ StrahlungsleistungΦ➙ Strahlungsenergie pro Zeiteinheit✧ BestrahlungsstärkeE def= d Φd A➙ Strahlungsleistung pro Fläche d A✧ StrahlungsstärkeI def= d Φd Ω➙ Strahlungsleistung pro Raumwinkel d Ωklaus s<strong>im</strong>onRaumwinkelΩ = A r 2 · sr✧ Abstrahlung in kegelförmiges RaumsegmentΩfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ gegeben sei eine Kugel mit Radius r um die Strahlungsquelle✧ Ω ist das Verhältnis der Fläche A zu r 2✧ Einheit: Steradiant (sr)✧ Raumwinkel des vollen Raums: Ω = 4π srklaus s<strong>im</strong>onΩfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren7sehen und wahrnehmen8sehen und wahrnehmenSinne bezeichnet Licht auch Infrarot-, Ultraviolett- und Röntgenstrahlung.Im engeren Sinne stellt elektromagnetische Strahlung eine Überlagerung<strong>von</strong> elektrischen und magnetischen Feldern dar, die sich<strong>im</strong> Vakuum oder in einem nicht absorbierenden Medium ausbreiten.An jedem Ort führen sowohl das elektrische wie auch das magnetischeFeld Schwingungen der Frequenz ν und der Wellenlänge λ aus.Das elektromagnetische Feld ist quantisiert. Die einzelnen Teilchen(Quanten) heissen Photonen. Ein einzelnes Photon hat eine Energie4 <strong>von</strong> ν· h. Da andererseits die Frequenz ν mit der Wellenlänge λdurch die Lichtgeschwindigkeit 5 c mittels c = ν · λ verknüpft ist, istauch λ ein Mass für die Energie eines Photons.2.1.1 SpektrenIn der Farbmetrik ist der zentrale Gegenstand der Betrachtung diespektrale Strahlungsdichte (Spektrum) S(λ) eines Lichtreizes, d.h.seine Energieverteilung bezogen auf die Wellenlänge λ. Dabei sindjedoch gewisse Vorgehensweisen zu beachten, die zum Teil auf Gewohnheitzum grösseren Teil aber auf die Restriktionen des Sehprozesseszurückgehen.In lichttechnischen Anwendungen wird der sichtbare Wellenlängenbereich6 380-780 nm in eine feste Anzahl <strong>von</strong> WellenlängenbänderB 1 ,...,B n unterteilt. Jedes dieser Bänder B i wird dann durch eineeinzige Wellenlänge λ i , λ i ∈ B i , repräsentiert. Die am häufigstenverwendete Bandbreite ist 10 nm, seltener findet man 5 nm oder gar1 nm-Schritte. Ohne weitere Angaben gehen wir <strong>im</strong> Rest des Buches<strong>von</strong> 10 nm-Bandbreiten aus. Diese Diskretisierung hat ihre Begründungin der begrenzten Fähigkeit des Auges Farbdifferenzen erkennenzu können.Im Allgemeinen werden Spektren als relative Strahlungsverteilungenangegeben, d.h. S(λ) bzw. S(λ i ) drückt den prozentualen An-4 Plancksches Wirkungsquantum h = 6.6260755 · 10 −34 Js5 <strong>im</strong> Vakuum gilt c = 299792458 m/s, CGPM, 1983 Neudefinition des Meters6 häufig auch nur angegeben als 400-700 nm10


teil des repräsentierten Wellenlängenbandes an der Gesamtenergiedes betrachteten Lichtreizes aus. Typisch ist die Normierung aufeinen willkürlichen Wert, meist auf 1 oder 100 bei der Wellenlängeλ = 555 nm oder λ = 560 nm. 7Schliesslich unterscheidet man noch zwei Extremfälle eines Spektrums.Gilt S(λ) = c für eine Konstante c, so spricht man <strong>von</strong> einemenergiegleichen Spektrum. Für eine monochromatische Strahlunggilt dagegen S(λ ′ ) ≠ 0 und S(λ) = 0 für λ ≠ λ ′ , λ ∈ R + .2.1.2 StrahlungsgrössenMit einem relativen Spektrum ist ein Lichtreiz jedoch noch nichtvollständig beschrieben. Zur eindeutigen physikalischen Charakterisierung,etwa für Fragen der Messtechnik oder der Beleuchtung,ist zusätzlich noch die Kenntnis der Gesamtenergie des Lichtreizesnötig. Physikalisch betrachten wir eine Leistung, die Strahlungsenergie,die pro Zeiteinheit <strong>im</strong> Auge empfangen wird. Eine gegebeneStrahlungsleistung Φ kann auch auf eine Fläche A bezogen werden.Wir erhalten dann die Bestrahlungsstärke E = d Φ/d A.Besonders <strong>im</strong> Zusammenhang mit Lichtquellen betrachtet manauch die Strahlungsleistung in ein Raumsegment, die StrahlungsstärkeI = d Φ/d Ω. Dabei wird <strong>von</strong> einer punktförmigen Strahlungsquelleausgegangen, um die eine Kugel mit Radius r existiert. DerRaumwinkel Ω spannt dann auf der Oberfläche der Kugel eine best<strong>im</strong>mteFläche A auf. Das Verhältnis dieser Fläche A zu r 2 dientdann als Mass für Ω. Die Einheit wird <strong>im</strong> SI-System in sr angegebenund als Steradiant bezeichnet, folglich gilt(2.1) Ω = A r 2 · sr.Da die Oberfläche der Einheitskugel gleich 4π ist, wird durch (2.1)der Raumwinkel des vollen Raums auf Ω = 4πsr festgelegt. Die FlächeA wird <strong>im</strong> Allgemeinen durch Integration best<strong>im</strong>mt.7 den Max<strong>im</strong>alwerten des HellempfindlichkeitsgradesOrdinate: GewichtungHellempfindlichkeitsgrade V(λ) und V ′ (λ)✧ Hellempfindung eines Lichtreizes variiert mit der Wellenlänge➙ verschieden für Tag- bzw. Nachtsehen➙ unterschiedlich <strong>von</strong> Mensch zu Mensch, altersabhängig usw.✧ Normung durch Internationale Beleuchtungskommission (CIE)✧ für das Tagsehen (photopisches Sehen, helladaptiert) V(λ)➙ Angabe in Tabellenform (in 10-, 5- oder 1-nm-Schritten)✧ für das Nachtsehen (skotopisches Sehen, dunkeladaptiert) V ′ (λ)9klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenHellempfindlichkeitsgrad-Diagramme415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)1.21.11.00.90.80.70.60.50.40.30.2 Tagsehen V(λ)0.1 Nachtsehen V ′ (λ)10klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen11


✧ Lichtstärke I pphotometrische Strahlungsgrössen➙ photometrische Entsprechung der Strahlungsstärke I✧ abgeleitet durch∫ ∞I p = K m I(λ)V(λ) d λ und I ′ p = K′ m0✧ mit K m = 683 bzw. K ′ = 1700 cd · sr · W−1m∫ ∞0I(λ)V ′ (λ) d λ✧ andere photometrische Entsprechungen analog definiertCandelaklaus s<strong>im</strong>on✧ Basiseinheit der Lichttechnikfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ 6. Generalkonferenz für Mass und Gewicht (CYPM), 1979➙ Die Candela (cd) ist die Lichtstärke✛ einer monochromatischen Strahlungsquelle➣ mit der Wellenlänge λ = 555 nm1➣ und der Strahlungsstärke683✧ abgeleitete EinheitenWattsr .➙ cd·sr = lm (Lumen) und lm·m −2 = lx (Lux)✧ d.h. für λ = 555 nm entspricht 1 Watt Strahlungsleistung➙ einem Lichtstrom <strong>von</strong> 683 Lumenklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren11sehen und wahrnehmen12sehen und wahrnehmen12Die strahlungsphysikalischen Grössen Φ, E und I bezeichnet manauch als radiometrische Grössen. Aus ihnen leitet man durch Gewichtungder Spektren ihre photometrischen Entsprechungen, denLichtstrom Φ p , die Beleuchtungsstärke E p und die Lichtstärke I p ab.Die Photometrie beschäftigt sich mit der Wahrnehmung <strong>von</strong> Lichtdurch den Menschen. Das menschliche Auge ist aber für optischeStrahlung verschiedener Wellenlänge unterschiedlich empfindlich.Diese Empfindlichkeit ist zudem noch für das Tages- bzw. Nachtsehenverschieden. Ferner variiert die Empfindlichkeit <strong>von</strong> Menschzu Mensch, verändert sich mit dem Alter, schwankt mit dem Vitaminhaushalt,Ermüdung usw.Um angesichts dieser Umstände die Augenempfindlichkeit in geordneterWeise in ein Messsystem einfliessen zu lassen, hat dieCIE 8 eine mittlere Augenempfindlichkeit festgelegt, den spektralenHellempfindlichkeitsgrad 9 V (λ) für das Tagsehen (photopisches Sehen,helladaptiertes Auge), bzw. V ′ (λ), angepasst an das Nachtsehen(skotopisches Sehen, dunkeladapiertes Auge), siehe Folien 10.Bemerkung. Gegenüber V (λ) ist V ′ (λ) in den Blaubereich verschoben,was den sogenannten Purkinje-Shift-Effekt 10 zur Folge hat:Ein bei Tageslicht blauer Gegenstand erscheint bei starker Abdunkelungheller als ein bei Tageslicht gleich heller roter.Mit V (λ) bzw. V ′ (λ) ist die Lichtstärke I p definiert alsbzw.∫∞I p = K mI ′ p = K ′ m0∫∞0I(λ)V (λ) d λI(λ)V ′ (λ) d λ.8 die Internationale Beleuchtungskommission9 Sowohl der sichtbare Wellenlängenbereich als auch die Form des Hellempfindlichkeitsgradesist stark korreliert mit dem Spektrum der pr<strong>im</strong>ären Strahlungsquelledes Menschen, nämlich der Sonne. Vereinfachend lässt sich sagen:Der Mensch sieht die Strahlung, die es zu sehen gibt.10 nach dem tschechischen Physiologen Jan Evangelista Purkinje, der ihn 1823erstmals beschrieb


Die Konstanten K m und K ′ m sind festgelegt11 alsundK m = 683cdsrW −1K ′ m = 1700cdsrW−1 .Der Lichtstrom und die Beleuchtungsstärke sind analog definiert.Als Basiseinheit der Photometrie fungierte seit Anbeginn die Candela12 , die Einheit der Lichtstärke. Die ersten Versuche zu ihrerDefinition reichen zurück bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Vonder 16. Generalkonferenz für Mass und Gewicht (CGPM) wurde sie1979 neu definiert: Die Candela (cd) ist die Lichtstärke einer monochromatischenStrahlungsquelle mit der Wellenlänge λ = 555 nmund der Strahlungsstärke 1/683 Watt pro sr. Daraus leiten sich danndie Einheit des Lichtstroms cd·sr = lm (Lumen) und der Beleuchtungsstärkelm·m −2 = lx (Lux) ab. In der Tabelle in Folie 13 sind dievorangegangenen radio- bzw. photometrischen Grössen noch einmalzusammengestellt.Ausser punktförmigen Stahlungsquellen betrachtet man in derFarbreproduktion auch häufig selbstleuchtende Flächen (Bildschirm)oder beleuchtete Flächen (Papier). Dann verstehen wir unterder Leuchtdichte den Lichtstrom pro Flächeneinheit, der in derRichtung der Flächennormalen abgestrahlt bzw. reflektiert wird.Für die intuitive Bewertung dieser Begriffe mögen die folgendenBemerkungen hilfreich sein:• Zum Lesen genügt dem Menschen eine Beleuchtungsstärke <strong>von</strong>500 lx.• 500 lx werden allgemein an Arbeitsplätzen benötigt bzw. 1000 lxfür Präzisionsarbeiten.• Das Mondlicht erzeugt etwa 0.2 lx, was zum Farbsehen nichtmehr ausreicht.11 Der höhere Wert für K ′ m drückt die höhere Hellempfindlichkeit des dunkeladaptiertenAuges aus.12 lat. WachskerzeMessgrössen des LichtesRadiometriePhotometrieGrösse Einheit Grösse EinheitStrahlungsleistung Φ W (Watt) Lichtstrom Φ p lm (Lumen)Strahlungsstärke I W·sr −1 Lichtstärke I p cd (Candela)Bestrahlungsstärke E W·m −2 Beleuchtungsstärke E p lx (Lux)Strahldichte L W·sr −1·m −2 Leuchtdichte L p cd·m −2Strahlungsenergie Q W·s Lichtmenge Q p lm·sBestrahlung H W·m −2·s Belichtung H p lx·sStrahlungsausbeute η % Lichtausbeute η p lm·W −1spez. Ausstrahlung M W·m −2 spez. Lichtausstrahl. M p lm·m −2klaus s<strong>im</strong>onBemerkungen✧ zum Lesen genügen 500 lxfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ 500 lx allgemein ausreichend für Arbeitsplätzen➙ 1000 lx für Präzisionsarbeiten✧ Mondlicht erzeugt etwa 0.2 lx➙ nicht mehr ausreichend zum Farbsehen✧ Tageslicht liefert➙ <strong>im</strong> Winter etwa 6000 lx➙ <strong>im</strong> Sommer dagegen 70 ′ 000 lx✧ Leuchtdichte der Sonnenscheibe beträgt➙ ausserhalb der Atmosphäre etwa 225 · 10 7 cd·m −2➙ auf Meereshöhe etwa 150 · 10 7 cd· m −2klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren13sehen und wahrnehmen14sehen und wahrnehmen13


Grundstruktur des visuellen Systems✧ das Auge(als optisches System)➙ bündelt einfallendes Licht➙ bildet die Aussenweltauf die Netzhaut ab✧ Anregung <strong>von</strong> ca.125 Mill. Rezeptorzellen✧ neuronale Reduktion auf ca.1.2 Mill. Sehnerven<strong>im</strong>pulse✧ Weiterleitung an dievisuellen Gehirnzentren15klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmendas optische System Auge✧ Hornhaut (44dpt) + Augenlinse (25dpt) bilden Gesamtsystem➙ optischer Mittelpunkt <strong>im</strong> hinteren Scheitel der Augenlinse➙ ca. 17.1 mm vor der Netzhaut✧ keine Brechung an den inneren Grenzflächen✧ Pupille als Aperturblende➙ Lichtmengensteuerung + Scharfeinstellung <strong>im</strong> Nahbereich✧ Augenachse➙ auf Foveola ausgerichtet✛ das Gebiet des schärfsten Sehens➙ um etwa 5 ◦ gegenüber der optischen Achse verschoben• Tageslicht liefert <strong>im</strong> Winter etwa 6000 lx, <strong>im</strong> Sommer dagegen70’000 lx.• Die Leuchtdichte der Sonnenscheibe beträgt ausserhalb der Atmosphäreetwa 225·10 7 cd·m −2 , bei klarer Atmosphäre auf Meereshöheetwa 150 · 10 7 cd·m −2 .2.2 Physiologie des SehensDas Auge liefert zwar nur einen Beitrag zum GesamtphänomenFarbsehen, bezüglich der Farbvalenzmetrik jedoch den entscheidenden.Der Sehprozess lässt sich folgendermassen gliedern. Das einfallendeLicht wird <strong>von</strong> der Hornhaut und der Augenlinse gebündelt,so dass auf der Netzhaut ein Abbild der Aussenwelt entsteht.Das Netzhautbild führt zu einer lokal unterschiedlichen Anregungder 125 Mill. Rezeptorzellen. Durch neuronale Prozesse innerhalbder Netzhaut wird diese Anregung auf die etwa 1.2 Mill. Impulsedes Sehnervs konzentriert. Die schlussendliche Erzeugung der visuellenWahrnehmung erfolgt dann in spezialisierten Regionen desGrosshirns.2.2.1 Das Auge als optisches SystemMan kann das menschliche Auge als eine Bikonvexlinse 13 betrachten,das ein reelles Bild der Aussenwelt auf einer lichtempfindlichenFläche, der Netzhaut erzeugt. Zwar ist das Auge als optischesInstrument (Hornhaut, Linse) eher schlechter als eine billige Kamera,aber seine diesbezüglichen Schwächen werden durch raffinierteneuronale Regelungsmechanismen mehr als korrigiert, so dass dermenschliche Gesichtssinn als Gesamtsystem weit ausserhalb destechnisch Machbaren anzusiedeln ist.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren16sehen und wahrnehmen13 Bezüglich hier nicht weiter erläuterten Begricen der geometrischen Optikverweisen wir auf Hecht [6].14


Der Augapfel ist mehr oder weniger kugelförmig, etwa 24 mm tiefund 22 mm breit. Die äussere Hülle besteht aus der lichtundurchlässigenLederhaut und, <strong>im</strong> vorderen Teil, aus der transparenten Hornhaut,die etwas aus dem Kugelkörper herausragt. An der GrenzflächeLuft-Hornhaut findet mit 44 Dioptrien (dpt) 14 der grösste Teilder Lichtbrechung statt.Dass an den inneren Grenzflächen kaum eine Brechung erfolgt,liegt an den geringen Unterschieden der Brechungsindizes <strong>von</strong>Hornhaut (1.376), des Kammerwassers 15 (1.336) und des Glaskörpers16 (1.337). Zwischen der Hornhaut und der Augenlinse befindetsich die Aperturblende des Auges, die Regenbogenhaut ( Iris ) mitihrem Zentrumsloch, der Pupille. Ausser an der kurzfristigen Lichtmengensteuerung17 ist die Iris auch an der Scharfeinstellung naherOjekte beteiligt.Nach der Durchquerung der Pupille erreicht das einfallende Lichtdie Augenlinse. Sie besteht aus einer kompliziert geschichteten, faserigenMasse, die sich zwiebelförmig aus etwa 22’000 sehr dünnenSchichten zusammensetzt. Ihr Brechungsindex variiert <strong>von</strong> 1.406<strong>im</strong> Kern bis etwa 1.386 am Rand. Durch Zusammenziehen oder Entspannenist sie hauptsächlich für die Scharfeinstellung eines anvisiertenObjektes verantwortlich.Die lichtbrechenden Teile des Auges, die Hornhaut und die Augenlinsekönnen zur Vereinfachung als eine Einheit aufgefasst werden.Das zusammengesetzte Linsensystem hat seinen optischenMittelpunkt (Knotenpunkt) etwa 17.1 mm vor der Netzhaut <strong>im</strong> Zentrumdes hinteren Randes der Augenlinse. Seine Gesamtbrechkraft<strong>von</strong> max<strong>im</strong>al 69 dpt erzeugt auf der Netzhaut einen Zerstreuungskreismit 0.01 mm Durchmesser. Das Gesamtsystem ist auf eine spezielleRegion der Netzhaut ausgerichtet. Dieser etwa 0.3 mm durchmessendeBereich des schärfsten Sehens wird Foveola genannt.Retinadas Augeklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17sehen und wahrnehmen14 Einheit der Linsenbrechkraft: Die Dioptrienzahl ist der Kehrwert der in Meterngemessenen Brennweite.15 Flüssigkeit zwischen Hornhaut und Linse16 gallertartige Füllung des Augapfels17 bis zu einem Faktor 16klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren18sehen und wahrnehmen15


Augenachse — optische Achseoptischer Mittelpunkt.✧ Winkel unter demdas Auge ein Objektsubjektiv wahrn<strong>im</strong>mtMakula5 o DifferenzAugenachseoptische Achse19klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenSehwinkel φoΦ•Φ✧ näherungsweise der Winkel zweier Grenzstrahlenvom Objekt zum optischen Mittelpunkt✧ wesentlicher Einfluss auf die Funktionalität der Wahrnehmung➙ <strong>Farbe</strong>mpfindung, Auflösevermögen20klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen16Durch den optischen Mittelpunkt und die Foveola ist die Augenachsefestgelegt, die sich um etwa 5 ◦ <strong>von</strong> der optischen Achse des Systemsunterscheidet, siehe Folie 19.Auf Grund der Ausrichtung des Linsensystems auf einen zentralenNetzhautbereich ist es für die Wahrnehmung eines Objektes <strong>von</strong>grosser Relevanz wie gut die Objektabbildung mit diesem Zentralbereichkorreliert. Dies führt zu dem Begriff des Sehwinkels, demWinkel unter dem das Auge ein Objekt subjektiv wahrn<strong>im</strong>mt, sieheFolie 20. Da man achsennahe Strahlen, die durch den optischen Mittelpunktgehen, in guter Näherung als Geraden darstellen kann, 18ist es möglich, den Sehwinkel als den Winkel zweier Grenzstrahlenvom Objekt zum optischen Mittelpunkt, dem hinteren Scheitelder Augenlinse, aufzufassen. Der Sehwinkel ist ein zentraler Begriffder Farbwiedergabe, insbesondere weil die <strong>Farbe</strong>mpfindung damitvariiert und der min<strong>im</strong>al auflösbare Sehwinkel eine der zentralenKenngrössen des Halftoning darstellt.2.3 Die NetzhautDer Ort, an dem das optische Abbild der Aussenwelt in ein Erregungsmusterüberführt wird, 19 ist die Netzhaut oder Retina. Sie istein feines Geflecht aus Nervengewebe, das an der Aussenseite (!)lichtempfindliche Sinneszellen enthält und nach innen <strong>von</strong> transparentenNervensträngen bedeckt ist, siehe Folie 22. Die Fortsätze(Axone) der Ganglienzellen bilden die Fasern des Sehnervs undlaufen <strong>im</strong> sogenannten Blinden Fleck ( Papille ), dem Austrittspunktzum Gehirn, zusammen. Die umgebende äussere Schicht, das retinalePigmentepithel ( Aderhaut ), hat durch die reichliche Pigmentierungmit Melanin eine dunkle <strong>Farbe</strong>, die Streulicht absorbiert.Sie ist stark durchblutet und versorgt die Photorezeptoren, insbesonderemit Vitamin A, das an der Synthese der Photopigmente beteiligtist.18 siehe Hecht [6, S. 249]19 zur Vertiefung dieses sei auf [8, Kap. 18: Sehen und Augenbewegungen] hingewiesen


Die Netzhaut verfügt über zwei Arten <strong>von</strong> Photorezeptoren, dieZapfen und die Stäbchen, siehe Folie 22. Die etwa 5 Millionen Zapfensind für das Farbsehen verantwortlich. Relativ gesehen sind siejedoch nicht sehr lichtempfindlich. Spezialisiert auf die Helligkeitswahrnehmungsind die 120 Millionen Stäbchen, die dafür jedochkeinen Beitrag zum Farbsehen leisten.Über den Rezeptorzellen befindet sich ein neuronales Geflecht,das sich aus Horizontal-, Bipolar-, Amakrin- und Ganglienzellenzusammensetzt. Diese Schicht realisiert eine neuronale Verarbeitungdes Erregungsmusters der Rezeptorzellen und konzentriert dieInformation auf die Ganglienzellen, welche die Weiterleitung zumGrosshirn übernehmen. Im Zentrumsbereich der Netzhaut ist dasNervengeflecht zur Seite hinverlagert, so dass der Lichteinfall nichtgestört wird.Netzhaut (Retina)✧ Umsetzung des optischen Aussenbildes in Erregungsmuster✧ Funktionalität auf das Sehzentrum (Makula) konzentriert✧ lichtempfindliche Sinneszellen aussen✧ innen <strong>von</strong> transparenten Nervenzellen bedeckt➙ laufen <strong>im</strong> blinden Fleck zusammen (Sehnerv zum Grosshirn)✧ zwei verschiedene Arten <strong>von</strong> Photorezeptoren➙ Zapfen (Farbsehen, ca. 5 Millionen, pr<strong>im</strong>är <strong>im</strong> Zentrum)➙ Stäbchen (Schwarz-Weiss-Sehen, ca. 120 Millionen)2.3.1 Räumliche Verteilung der Rezeptorenklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren21sehen und wahrnehmenDie räumliche Struktur der Netzhaut ist auf die Foveola, das Gebietdes schärfsten Sehens ausgerichtet. Die Rezeptordichte und ihreVerteilung sind Funktionen der retinalen Exzentrizität, der Distanzeines Retina-Ortes <strong>von</strong> der Foveola. Die Foveola durchmisstein Gebiet <strong>von</strong> etwa 20 0.3 mm, was einem Sehwinkel <strong>von</strong> 1 ◦ entspricht,und enthält ausschliesslich Zapfen, absolut etwa 3500 ineiner Dichte <strong>von</strong> 190’000 Zellen pro mm 2 .Konzentrisch um die Foveola schliessen sich die Foeva, 1.85 mmbreit, Sehwinkel 6 ◦ , und die Makula, 3-5 mm breit, Sehwinkel ca.13 ◦ , an. In der Fovea gibt es bereits eine geringe Anzahl <strong>von</strong> Stäbchen,aber die Zapfendichte ist mit 100’000 Zellen pro mm 2 <strong>im</strong>mernoch sehr hoch. In der Makula steigt die Stäbchendichte stark anund erreicht knapp ausserhalb der Makula mit 160’000 Zellen promm 2 ihren Höhepunkt. Sowohl die Zapfen- als auch die Stäbchendichtefallen in der peripheren Aussenbezirken der Netzhaut wiederab, auf etwa 5000 bzw. 50’000 Zellen pro mm 2 . Die Makula wird20 Das Netzhautbild des Mondes hat etwa einen Durchmesser <strong>von</strong> 0.4 mm.struktureller Aufbau der Retinaklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren22sehen und wahrnehmen17


3. Die chemische Adaptation erfolgt über die Bildung bzw. denAbbau der Photopigmente in den Rezeptoren der Netzhaut.Die Erhöhung der Intensität lässt Photopigmente zerfallen, beiErniedrigung werden sie neu synthetisiert. Auf dieser photochemischenReaktion basiert insbesondere die Dunkeladaption.Die Neusynthese der Zapfenpigmente und Stäbchenpigmente(Rhodopsin) dauern unterschiedlich lange. Nach rund 7 Minutenist die Erneuerung der Zapfenpigmente abgeschlossen,die Stäbchen brauchen etwa 30 – 35 Minuten, siehe Folie 26.Bemerkenswert ist dort der Kohlrausch-Knick, der den Übergangvom Zapfen- zum Stäbchensehen markiert. Der umgekehrteProzess, die Adaptation an höhere Lichtintensitäten, dieHelladaptation, verläuft dagegen mit etwa 5 Minuten sehr vielschneller.Grundsätzlich ergibt sich aus dem Phänomen Adaptation das Fazit,dass Menschen nie ≪hell ≫ oder ≪dunkel ≫ sehen, sondern <strong>im</strong>mer≪heller als ≫ bzw. ≪dunkler als ≫. Diese Erkenntnis ist für die Modellierungder Helligkeitskomponente in der Farbwiedergabe <strong>von</strong> zentralerBedeutung.2.3.3 Die drei ZapfenartenAusser dem Sehen bei Helladaptation basiert auch das Farbsehenauf der Funktion der Zapfen, nämlich auf der unterschiedlichenspektralen Empfindlichkeit der verschiedenen Zapfenarten, sieheFolie 28. Die drei Arten bezeichnet man mit• L long-wavelength,• M middle-wavelength und• S short-wavelength,je nachdem, in welchem Wellenlängenbereich das Max<strong>im</strong>um derSensitivität liegt, nämlich• 419.0 nm für die S-Zapfen,Adaptation✧ Anpassung der Rezeptorempfindlichkeit an mittlere Lichtintensität➙ durch Auf- oder Abbau <strong>von</strong> Photopigmenten✧ zentrale Eigenschaft des Sehsystems✧ sichtbarer Intensitätsbereich: 10 −6 –10 5 lx✧ unterschiedliche Funktion <strong>von</strong> Zapfen und Stäbchen➙ Beleuchtungsstärken ≤ 5 · 10 −3 lx: skotopisches Sehen✛ nur Stäbchen aktiv➙ Beleuchtungsstärken 5 · 10 −3 − 10 lx: mesopisches Sehen✛ beide Rezeptorarten sind aktiv➙ Beleuchtungsstärken ab 10 lx: photonisches Sehen✛ nur die Zapfen aktiv✧ Übergänge fliessend25Dunkeladaptation5 10 15 20 25Abszisse: Zeit der Dunkeladaptation (min)Zapfen•KohlrauschknickStäbchenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenOrdinate: log(“relative Schwellenleuchtdichte”)5432126klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen19


Ordinate: Gewichtungdrei verschiedene Zapfenarten✧ mit unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeitskurven➙ Absorption eines Photon erhöht elektrisches Potential der Zelle✧ unterschieden nach Wellenlänge des Sensitivitätsmax<strong>im</strong>ums➙ 419.0 nm für die S-Zapfen (short-wavelength)➙ 530.8 nm für die M-Zapfen (middle-wavelength)➙ 558.4 nm für die L-Zapfen (long-wavelength)✧ ungleiche Verteilung in der Netzhaut➙ näherungsweise 40:20:1 für L, M und S Zapfen✛ schlechte Kantenschärfe <strong>im</strong> Blaubereich✛ Bestandteil <strong>von</strong> technischen Normen (z.B. Fernsehen)27klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenEinzelempfindlichkeit415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)1.11.00.90.80.70.60.50.40.3 — S(λ)0.2 — M(λ)0.1— L(λ)28klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen• 530.8 nm für die M-Zapfen und• 558.4 nm für die L-Zapfen.Die Sensitivitätskurven in der Folie 28 drücken die Wahrscheinlichkeitaus, mit der ein Photon der Wellenlänge λ in dem jeweiligenRezeptor absorbiert wird. Das Resultat eines solchen Ereignissesist eine Aufspaltung des Photopigments Rhodopsin 21 , was über einechemische Umwandlungskette 22 schliesslich zu einer Erhöhung desZellpotentials führt. Diese Erhöhung ist unabhängig <strong>von</strong> der Energiedes absorbierten Photons, so dass die Spannungsänderung keineInformation über die Wellenlänge des auslösendenen Photons mehrenthält. Dieser Sachverhalt ist alsU n i v a r i a n z - P r i n z i pbekannt. Vereinfachend besagt es, dass ein rotempfindlicher Zapfennicht ausschliesslich auf langwelliges, d.h. rotes Licht, reagiert,sondern nur besser.Signifikant ist ferner die ungleiche Verteilung der L, M und SZapfen, die näherungsweise40:20:1beträgt. Bereits ohne weitere Kenntnisse über die entsprechendenWahrnehmungsgrenzen, siehe Abschnitt 2.5, folgt bereits hier ausdiesem groben Ungleichgewicht, dass das Auflösevermögen für Kanten,Punkte usw. <strong>im</strong> Blaubereich wesentlich schlechter ist als fürRot oder Grün. Diese Tatsache wird in verschiedenen technischenNormen, z.B. be<strong>im</strong> Fernsehen, berücksichtigt.21 ein sehr grosses, rezeptorspezifisches Molekül, das bei Absorption in zweiTeile, Opsin und Retinal, zerfällt22 auch Transduktionsprozess des Sehens genannt20


2.3.4 Rezeptive FelderWie bei Sinnesreizen <strong>im</strong> Allgemeinen, so werden auch die Erregungszuständeder Photorezeptoren nicht direkt an das Grosshirnweitergeleitet. Dies ist schon äusserlich daran zu erkennen, dassden ca. 125 Millionen Rezeptoren nur etwa 1.2 Millionen Faserndes Sehnervs gegenüberstehen. Eine der zentralen Funktionen derNetzhaut ist somit eine starke Signalkonvergenz. Die Reduktion derInformationsmenge geschieht durch eine Konzentration auf das Wesentliche,d.h. dem Gehirn werden hauptsächlich Veränderungenund Differenzen mitgeteilt. Die Funktionseinheit, die diese Informationerarbeitet, ist dasr e z e p t i v e Fe l d .Beginnen wir mit den Fasern des Sehnervs. Sie werden durch dieFortsätze (Axone) der Ganglienzellen gebildet. Eine Ganglionzellesendet über ihren Axon <strong>im</strong> Ruhezustand mehr oder weniger regelmässigeinen Impuls, eine kurze elektrische Entladung (Aktionspotential)zum Grosshirn. Die einzige Möglichkeit einer Informationsübertragungbesteht in einer Änderung der Impulsfrequenz des Aktionspotentials.Wird die Impulsrate gegenüber dem Ruhezustandschneller, so sprechen wir <strong>von</strong> einer Anregung oder Aktivierung derGanglionzelle, eine Erniedrigung nennen wir Hemmung. Die Aufgabeder Netzhaut besteht also in einer Übertragung der Rezeptorzustände,vorhanden als elektrisches Potential, in eine Frequenzinformationin Form <strong>von</strong> Impulsraten der Ganglienzellen.Alle Rezeptoren, die einen Einfluss auf den Erregungszustand einerGanglionzelle haben, zusammen mit dem zugehörigen neuronalenVerbindungsnetzwerk aus Bipolar-, Horizontal-, Amakrinzellenusw. bilden das rezeptive Feld (RF) der Ganglionzelle. Die Grösseeines RF variiert stark mit der retinalen Exzentrizität. In der Foveolagibt es mehr oder weniger eine 1:1-Zuordnung <strong>von</strong> Zapfen,Bipolar- und Ganglionzellen. Innerhalb der Makula bleiben die RFauf wenige Rezeptoren bzw. Winkelminuten beschränkt. In den Aussenbezirkender Netzhaut wachsen die RF stark an, auf mehrereOrdinate: GewichtungGesamtempfindlichkeit (Gewichtung 40 : 20 : 1)415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)0.70.60.50.40.30.2 — S(λ)— M(λ)0.1 — L(λ)29klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenrezeptive Felder (RF)✧ 1.2 Millionen Sehnervfasern (Axone einer Ganglionzelle)✧ jeder Ganglionzelle ist ein rezeptives Feld zugeordnet✧ RFs sind die funktionale Grundeinheit der Netzhaut✧ ein Rezeptor kann zu mehreren RFs gehören✧ RF-Grösse abhängig <strong>von</strong> retinaler Exzentrität➙ Foveola: 1 : 1-Verbindung (Zapfen, Bipolar-, Ganglionzelle)➙ Makula: wenige Rezeptoren, einige Winkelminuten gross➙ Aussenbereich: viele Rezept., bis zu mehreren Winkelgraden✧ starke Signalkonvergenz: 125 Mill. Rezeptoren → 1.2 Mill. Axone✧ zwei Signalflussrichtungen➙ Hauptrichtung: Rezeptoren → Bipolarzellen → Ganglienzellen➙ laterale Signalübertragung: Horizontalzellen und Amakrinen30klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen21


Funktionsweise eines rezeptiven Feldes✧ Signaltransport in Nervenfasern zum Grosshirn durch➙ Variation der (Ruhe-) Impulsfrequenz der Aktionspotentiale✧ RF-Struktur: Zentrum und umgebende Peripherie➙ mit gegensätzlicher Wirkung auf die Impulsrate➙ einige Unterarten identifizierbar, insb. ON und OFF-Formen✧ ON-Zentrum-Ganglienzellen (Hellsystem)➙ Belichtung eines Zentrumsrezeptors erhöht Impulsrate➙ Belichtung eines Peripherierezeptors erniedrigt Impulsrate✧ OFF-Zentrum-Ganglienzelle (Dunkelsystem, spiegelbildlich)✧ ON + OFF-Formen ergeben Gesamteindruck (Gegenfarben)➙ benutzen häufig die gleichen Rezeptoren31klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenON-Zentrum-Ganglionzellehundert Rezeptoren, die einem Sehwinkel <strong>von</strong> einigen Winkelgradenentsprechen können. Die verschiedenen RF-Typen unterscheidensich durch die Zusammensetzung ihrer Rezeptoren und in derArt ihrer Wirkung auf die Ganglionzelle.Die Funktionweise eines RF ergibt sich aus der Organisationsstrukturseiner Rezeptoren. 23 Diese bilden ein Zentrumund eine umgebende Peripherie, die grundsätzlich eine gegensätzlicheWirkung auf die Ganglionzelle haben. Entsprechendlassen sich zunächst die Klassen der ON-Zentrum-Neuronen<strong>von</strong> den OFF-Zentrum-Neuronen unterscheiden. ON-Zentrum-Ganglionzellen reagieren auf die Belichtung ihrer Zentrumsrezeptorenmit einer erhöhten Impulsrate, wohingegen eine Belichtung derPeripherierezeptoren einen hemmenden Einfluss hat. Bei gleichzeitigerBelichtung des RF-Zentrums und der RF-Peripherie dominiertin der Regel die Reaktion des Zentrums. Die OFF-Zentrum-Ganglionzellen verhalten sich näherungsweise spiegelbildlich zurON-Form. Typischerweise existieren ON- und OFF-RFs nebeneinanderund haben auch die gleiche Rezeptorenmenge. Die dadurcherreichte kontrastbetonte Informationserfassung ist charakteristischfür das visuelle System.keine BelichtungZentrumsbelichtungPeripheriebelichtungvollständige Belichtungt 0ZeitZeitZeitZeit✲✲✲✲2.3.5 Hermann-GitterMit dem <strong>im</strong> vorangegangenen Abschnitt eingeführten Konzept derrezeptiven Felder lassen sich nun einige bekannte Phänomene derWahrnehmung erklären. Wir beginnen mit einer Sinnestäuschung,dem sogenannten Hermann-Gitter. 24 Es handelt sich dabei um Gitteraus einander senkrecht kreuzenden hellen Balken vor dunklemHintergrund, siehe Folie 33. Der Betrachter sieht <strong>im</strong> Bereich derKreuzungsstellen dunkle Schatten, die jedoch verschwinden, sobaldsie direkt anvisiert werden.Die hellen Balken werden <strong>von</strong> den ON-Zentrum-Ganglienzellenerfasst. Wird eine Gitterstelle nicht direkt anvisiert, so liegt ihr Ab-klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren32sehen und wahrnehmen23 abgesehen <strong>von</strong> den Sonderformen der Foveola24 nach dem deutschen Physiologen Lud<strong>im</strong>ar Hermann22


ild <strong>im</strong> Aussenbereich der Netzhaut, dort, wo die rezeptiven Felderweit ausgebreitet sind. Betrachten wir also ein entsprechendes RF,dessen Zentrum gerade in den Balken hineinpasst, aber ingesamtausgedehnter ist als die Balkenbreite des Gitters. Dann wird diehemmende Peripherie des RF nur teilweise belichtet und bewirktentsprechend nur eine Teilhemmung des RF. Verschieben 25 wir nundas RF-Zentrum entlang der Gitterkante zu einer Gitterkreuzung,dann werden zusätzliche Flächenteile der hemmenden Peripheriebelichtet. Dadurch ist die Hemmung an dem Kreuzungspunkt insgesamthöher und die wahrgenommene Helligkeit niedriger.Wird jetzt aber der Kreuzungspunkt direkt anvisiert, dann erfolgtdie Wahrnehmung über ein RF des Netzhautzentrums. Da dieseRF nur sehr kleine Ausdehnungen besitzen, können wir annehmen,dass die wahrnehmenden RFs vollständig, d.h. einschliesslich ihrerPeripherie, in einem Gitterbalken Platz finden. Folglich existierennun keine peripheren Belichtungsunterschiede mehr zwischen Gitterbalkenund Kreuzungspunkten. Wir erhalten in beiden Fällen diegleiche Hemmung und den gleichen Helligkeitseindruck.Hermann-Gitterklaus s<strong>im</strong>on−− + − − + −−Hemmungan Kreuzungen und Linienverschieden bei peripherem Sehengleich bei direktem Anvisieren33farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen2.3.6 S<strong>im</strong>ultankontrastDie antagonistische Struktur der rezeptiven Felder bietet auch eineErklärung für den in Folie 35 illustrierten S<strong>im</strong>ultankontrast. Dieverschiedenen Belichtungspositionen eines ON-Zentrum-Neuronsin der Nähe einer Hell-Dunkel-Grenze sind in Folie 35 dargestellt.Die angegebenen Zahlen sollen Relativwerte 26 der Zentrumserregungbzw. der peripheren Hemmung ausdrücken.In Position A ist das RF vollständig belichtet. Somit liefert sowohldas Zentrum seinen max<strong>im</strong>alen Erregungswert 8 als auch die Peripherieihren max<strong>im</strong>alen Hemmwert -4, woraus eine relative Aktivierung<strong>von</strong> 4 = 8−4 resultiert. In Position B wird das Zentrum nochvollständig belichtet, hat also weiterhin Erregung 8, aber die Peripheriewird nur noch zu 75 % belichtet, was die Hemmung auf -3 re-25 z.B. durch eine Augenbewegung26 pro FlächeneinheitFunktionsweise eines Hermann-Gitters✧ Gitter aus hellen Balken vor dunklem Hintergrund✧ an den Balkenkreuzungen sieht man➙ dunkle Schatten➙ die bei direkter Anvisierung verschwinden✧ Erklärung für ON-Zentrums-RF➙ bei nicht direktem Hinsehen✛ Sehen mit der äusseren Netzhaut: RF breiter als Balken➣ stärkere Hemmung an den Kreuzungspunkten➙ bei direkter Anvisierung✛ Sehen mit Makula: RF schmaler als Balkenbreite➣ gleiche Hemmung für Gitterkante und Kreuzungspunkt34klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen23


AB−1rezeptive Felder, S<strong>im</strong>ultankontrast und Kantenverstärkung−1+8−1−1−10 +8 −1−1Position A B C DErregung 8 8 0 0Hemmung −4 −3 −1 0Aktivierung 4 5 −1 0AktivierungD C B Aklaus s<strong>im</strong>onDreikomponententheorie✧ Young (1801), Helmholtz u.a. (≥ 1850)6543210-1farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren0−1 0 0000 0 0✧ drei verschiedenartige Typen <strong>von</strong> Netzhautrezeptoren liefern➙ rote, grüne und blaue Netzhautbilder zum Gehirn✧ <strong>Farbe</strong>mpfindung als Funktion der Komponentenstärken✧ direkter Nachweis der Farbrezeptoren➙ nach 1959 durch mikroskopische Messungen✧ heutiges Verständnis➙ Grundlage der additiven Farbmischung➙ keine Berücksichtigung der neuronalen Signalverarbeitung➙ Teilaspekt eines umfassenderen Farbverständnissesklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren0CD35sehen und wahrnehmen36sehen und wahrnehmenduziert. Folglich hat die relative Aktivierung jetzt den Wert 5 = 8−3.In Position C ist nur noch die Peripherie belichtet und zwar zu 25 %.Die Erregung entfällt und die Hemmung hat einen Wert <strong>von</strong> -1, waszu einer relativen Aktivierung <strong>von</strong> -1 führt. Schlussendlich habenwir in Position D vollständige Dunkelheit mit einer relativen Aktivierung<strong>von</strong> 0.Die Aktivierung ist also am grössten, wenn das RF-Zentrum unmittelbaran die Hell-Dunkel-Grenze anstösst (Position B). Mit derwohlbegründeten Annahme, dass die Empfindung hell positiv mitder Impulsfrequenz der ON-Zentrum-Ganglienzellen korreliert ist,erklärt also die Funktionsweise eines rezeptiven Feldes die empfundeneKonstrastverstärkung an Hell-Dunkel-Grenzen.2.4 Farbsehen2.4.1 DreikomponententheorieAuf Grund der unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten derdrei Zapfenarten S, M und L, siehe Folie 28, ist es heute offensichtlich<strong>von</strong> einer Dreikomponententheorie der <strong>Farbe</strong> auszugehen.Historisch wurde sie 1802 <strong>von</strong> Thomas Young (1773–1829) [14]als Hypothese aufgestellt und <strong>von</strong> John Dalton (1766-1844), JamesClerk Maxwell (1821–1894) und Hermann <strong>von</strong> Helmholtz(1821-1894) [30] zu einer Theorie ausgebaut. Sie geht <strong>im</strong> wesentlichenda<strong>von</strong> aus, dass die S, M und L Zapfen blaue, 27 grüne undrote <strong>Farbe</strong>indrücke erzeugen, welche als solche über den Sehnervzum Gehirn transportiert und dort zu einem Gesamteindruck gemischtwerden. Der direkte Nachweis durch mikroskopische Messungder Absorptionscharakteristika einzelner Zapfen gelang erst1959 durch die unabhängigen Forschungsgruppen George Waldund Paul Brown (Harvard University) sowie Edward MacMicholund William Marks (Johns Hopkins University). Die Dreikomponententheoriebildet die Grundlage der additiven Farbmischung,27 Helmholz benutzte violett anstelle <strong>von</strong> blau24


siehe Kapitel Farbmetrik. Sie erklärt jedoch nicht alle Phänomenedes Farbsehens und wird heute eher als Teilaspekt einer umfassenderenTheorie verstanden.2.4.2 Gegenfarbentheorie nach HeringDer Physiologe Ewald Hering (1834–1918) [7] entwickelte ab 1864in einer Artikelserie einen Alternativvorschlag zur Dreikomponententheorie.Dabei bezog er sich auf physiologische Beobachtungender <strong>Farbe</strong>mpfindung, die durch die Dreikomponententheorie nichterklärt wurden.Schon Leonardo da Vinci war die Gegensätzlichkeit <strong>von</strong> Blauund Gelb bzw. Rot und Grün geläufig. Er wies insbesonderedaraufhin, dass dieser Gegensatz am stärksten wahrgenommenwird, wenn man die gegensätzlichen <strong>Farbe</strong>n direkt nebeneinandersieht. 28 Der Gegensatz ist so ausgeprägt, dass ein gelbliches Blauoder ein rötliches Grün nicht einmal in unserer Vorstellung existiert.Hering folgerte aus diesen und ähnlichen Effekten, dass denFarbkombinationen Blau-Gelb und Rot-Grün fundamentale Bedeutungfür das Farbsehen zukommt. Diese These wird insbesonderedurch die Beobachtung gestützt, dass krankhafte Störungen desFarbsehens sich in einem Verlust der Unterscheidungsfähigkeit zwischenblau-gelb bzw. rot-grün äussern. Hering vermutete deshalb,dass die Gegensatzpaare Blau-Gelb und Rot-Grün neuronale Ursachenhaben. Zur Vervollständigung seiner Farbtheorie postulierte erzusätzlich das Gegensatzpaar Hell-Dunkel.Die Basiswerte der <strong>Farbe</strong>n Rot, Grün, Blau und Gelb, die sogenanntenUrfarben, wurden emprisch so best<strong>im</strong>mt, dass sie besondersrein erscheinen, d.h. nicht durch die Mischung mit anderen<strong>Farbe</strong>n verunreinigt sind. Die Urfarben Blau, Grün und Gelbwurden als Spektralfarben der Wellenlänge 468 nm, 504.5 nm und568 nm definiert. Reines Rot dagegen ist keine Spektralfarbe, sondernenthält gegenüber dem spektralen Rot zusätzlich etwas Violett28 Gemäss unserer Notation spricht er vom S<strong>im</strong>ultankontrast.Gegenfarbentheorie✧ Hering (≥ 1864), teilweise auch schon bei Leonardo da Vinci✧ abgeleitet aus verschiedenen Aspekten der <strong>Farbe</strong>mpfindung➙ speziell: Buntheit, S<strong>im</strong>ultankontrast, <strong>Farbe</strong>nblindheit✧ zentrale Beobachtung: kein gelbliches Blau oder rötliches Grün✧ Grundannahme: drei neuronale Prozesse zur <strong>Farbe</strong>rkennung➙ die Hell-Dunkel, Blau-Gelb und Rot-Grün wahrnehmen➙ und die jeweils gegensätzlich strukturiert sind✧ reine Urfarben: keine Be<strong>im</strong>ischungen anderer <strong>Farbe</strong>n➙ reines Blau = 468 nm, reines Grün = 504.5 nm➙ reines Gelb = 568 nm, reines Rot: komplementär zu 510 nm✧ wird heute als grundsächlich korrekt betrachtet37klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenZonentheorie✧ 1905 <strong>von</strong> Johannes <strong>von</strong> Kries vorgeschlagen✧ seit etwa 1950 zunehmend exper<strong>im</strong>entell bestätigt✧ Dreikomponententheorie: Rezeptorebene (S, M, L-Zapfen)✧ Gegenfarbentheorie: Signalkodierung an das Gehirn➙ durch Summen- bzw. Differenzbildung aus S, M, L-Impulsen✛ Hell-Dunkel Signal: S + M + L (≈ V(λ) )✛ Rot-Grün-Signal: L − M + S✛ Blau-Gelb-Signal: L + M − S➙ Realisierung durch spezielle rezeptive Felder➙ Signalkonvergenz etwa 1 : 100✧ Basis der Color Appearance38klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen25


Signalstruktur der ZonentheorieS M L− + + + − + + + +oder, technisch ausgedrückt ist reines Rot die Komplementärfarbezu 510 nm. Der violette Anteil kompensiert die Gelbkomponente <strong>im</strong>spektralen Rot. 29Da Hering’s Theorie dem damaligen Kenntnisstand der Sinnesphysiologiewidersprach, löste sie heftige Auseinandersetzungenaus. Heute gilt sie als grundsätzlich korrekt und stellt eine derGrundlagen der Color Appearance dar.2.4.3 ZonentheorieG-B R-G S-W39klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenSpektralwertkurven der Gegenfarben415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)43210Ordinate: Gewichtung-1-2-3-4nach Müller 1930(3-Schichtenkonzept)und Judd 1949, 1951(Zurückführung auf CIEXYZ)siehe Wyszecki & Stiles,Kapitel 8.3.1— Rot-Grün— Blau-Gelb— Schwarz-Weiss40klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen1905 präsentierte Johannes <strong>von</strong> Kries [12] ein Verständnis desFarbsehens, das die Widersprüche in den Vorstellungen <strong>von</strong> Young,Helmholz bzw. Hering auflöste. Seine Vorstellungen wurden etwaseit 1950 zunehmend durch direkte Messungen bestätigt. Auchwenn die neuronale Signalverarbeitung gerade heutzutage ein intensivesForschungsgebiet darstellt und viele Details noch ungeklärtsind, ist die Zonentheorie doch unzweifelhaft die Basis desaktuellen Farbverständnisses.In Übereinst<strong>im</strong>mung mit den allgemeinen Prinzipien der Sinnesphysiologieunterscheidet die Zonentheorie zwischen der Rezeptorebeneund der neuronalen Signalverarbeitung. Die L-, M- und S-Zapfen entsprechen offensichtlich den Vorstellungen der Dreikomponententheorie.Jedoch werden die resultierenden Anregungszuständenicht als S-, M- oder L-Signale an das Gehirn weitergeleitet,sondern bilden den Input für die rezeptiven Felder der Netzhaut.Hier wird durch die Summation S + M + L das Hell-Dunkel-Signalgebildet. Das Rot-Grün-Signal ergibt sich aus der Differenz L − Mplus S, bzw. das Blau-Gelb-Signal aus (L + M) − S. Gewichtet mandas S + M +L-Signal gemäss der Häufigkeit der einzelnen Zapfentypen,so erhält man annähernd den Hellempfindlichkeitsgrad V (λ).Das Hell-Dunkel-Signal wird <strong>von</strong> rezeptiven Feldern erzeugt, wosowohl das Zentrum als auch die Peripherie aus L, M und S aufgebautsind. Die Signale des Gegenfarbensystems besitzen dagegenrezeptive Felder, deren Zentrum und Peripherie sich farbspezifisch29 Spektrales Rot addiert sich mit spektralem Grün zu Gelb.26


unterscheiden. Bezeichnen wir mit r + g − ein rezeptives Feld dessenZentrum <strong>von</strong> L-Zapfen aktiviert wird und dessen Peripherie <strong>von</strong> M-Zapfen gehemmt wird. Die Beleuchtung des Zentrums mit rotemLicht aktiviert dann die Ganglionzelle, wohingegen rotes Licht inder Peripherie eine hemmende Wirkung auf das Neuron hat. WeitereTypen sind r − g + , g + r − , g − r + , und, in entsprechend modifizierterForm, b + y − , b − y + , ... .Alle diese Arten kommen nebeneinander vor und besitzen auchteilweise überlappende Rezeptorfelder. Aus Sicht der Signalverarbeitungergibt sich daraus die Funktionalität eines Hochpassfiltersfür Ortsfrequenzen beliebiger Orientierung. Dadurch werden feineDetails verstärkt und grossflächige Helligkeitsveränderungen vernachlässigt.2.5 WahrnehmungsschwellenUnabhängig <strong>von</strong> der Funktion spezieller Sinnesorgane erfolgt dieSignalerfassung bzw. die neuronale Weiterverarbeitung allgemeinenPrinzipien. Dies gilt insbesondere für das Thema dieses Abschnitts,die Beziehung zwischen Reiz- und Empfindungsstärke. Bevorwir <strong>im</strong> weiteren Verlauf des Abschnitts auf spezielle Aspekte desvisuellen Systems eingehen, beschäftigen wir uns deshalb zunächstmit den allgemeinen Erkenntnissen der Psychophysik, soweit sie fürden Gegenstand der Vorlesung <strong>von</strong> Interesse sind.2.5.1 Reiz- und EmpfindungsstärkeDie folgenden Aussagen sind Resultate der Psychophysik, einem Gebiet,das vor etwa 150 Jahren als Teil der Sinnesphysiologie entwickeltwurde. Heute ordnet man es eher der Wahrnehmungspsychologiezu. Ihre Erkenntnisse ergeben sich aus empirischen Reihenuntersuchungen.Quantitative Aussagen stellen also menschlicheDurchschnittswerte dar. Ein klassischer Untersuchungsgegenstandsind Wahrnehmungsschwellen oder, in anderen Worten, derEmpfindungsstärke eines Reizes✧ E. H. Weber (1795 – 1878)➙ Unterschiedsschwelle (just noticeable difference JND)✛ min<strong>im</strong>al wahrnehmbare Differenz ∆R zur Reizstärke R➙ Weber-Gesetz: ∆R = c · R, c ∈ R +✛ gültig für mittlere Intensitäten vieler Reizarten✧ G. T. Fechner (1801–1887)➙ Unterschiedsschwelle als Einheit der Empfindungsstärke E➙ Weber-Fechner-Gesetz: E ≈ log R✧ S. S. Stevens (20. Jahrhundert)➙ Stevens-Potenzfunktion: E ≈ R n , n ∈ R +(reizspezifisch)✛ typisch: 0.3 < n < 1 ⇒ E(R) ist eine Wurzelfunktion➙ Grundlage der modernen Wahrnehmungsphysiologieklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenGleichungen der Empfindungsstärke✧ Fechner: JND entspricht konstantem ∆E(R) = c, c ∈ R + , was∆E(R) =∆RR − R 0mit ∆ → 0 d E(R) =d RR − R 041sehen und wahrnehmenbedingt und durch Integration∫∫d RE(R) = d E(R) =R − R 0= a + b · ln(R − R 0 ), a, b ∈ R✧ Stevens: JND entspricht eher konstantem ∆E(R) / E(R) = c mitund der Integration∆E(R)E(R)∆R= n ·R − R 0E(R) = c · (R − R 0 ) n , c, n ∈ R + 42klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmen27


Log Empfindungsstärke20Stevenssche Potenzfunktionelektr. Stromn = 1WärmeHanddruckKälteGewichtVibrationGeräusch1000 Hz Ton1021 2 3 4 5 6 7 8 9 10Log relative Reizintensitätx 10 6weisses Lichtklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren sehen und wahrnehmenMessung der Hellempfindlichkeit✧ durch Betrachtung der Leuchtdichten➙ eines kleinen Objektes in einem grösseren Umfeld✧ klassischer Gegenstand der Physiologie✧ Stevensscher Exponent etwa n = 1/3✧ Weber-Quotient etwa 1–2%➙ bei mittleren Leuchtdichten 10–100000 lx (Tageslicht)➙ etwa 50–100 Helligkeitsstufen gleichzeitig unterscheidbar➙ 256 Helligkeitsstufen eines 8-Bit-RGB-Kanals sind ausreichend43Test ≪wird als gleich empfunden ≫. Unter gewissen Annahmen lassensich daraus die gesuchten Beziehungskurven ableiten. In modernerenAnsätzen wird durch direktere Testkonzepte wie “ist x-mal so stark wie” versucht die Empfindungsstärke unmittelbar zuerfassen.Die erste wichtige Kenngrösse der Beziehung Reizstärke-Empfindungsstärke ist die Reizschwelle R 0 . Darunter verstehen wirdie kleinste Reizstärke, die eine Reaktion auslöst, oder genauer,die zu einer Veränderung der Frequenz der Aktionspotentiale führt.Der Wert R 0 ist charakteristisch für den jeweiligen Reiz. Eine EmpfindungsstärkeE = E(R) existiert definitionsgemäss nur für R ≥ R 0 .Die Pioniere der Psychophysik Ernst Heinrich Weber (1795–1878) [3] und Gustav Theodor Fechner (1801–1887) [5] gründetenihre Arbeiten auf den Begriff der Unterschiedsschwelle, 30 definiertals den min<strong>im</strong>alen Reizzuwachs ∆R zu einem Reiz der Stärke R,so dass die Reizstärken R und R + ∆R als verschieden empfundenwerden. Weber bemerkte 1834 <strong>im</strong> Zusammenhang mit der Wahrnehmbarkeit<strong>von</strong> Gewichtsunterschieden, dass ∆R keinen absolutenSchranken genügt, sondern proportional zu R − R 0 ist, was sichmathematisch ausdrücken lässt als:∆RR − R 0= konstant (Weber-Quotient) (2.2)Da diese Beziehung <strong>im</strong> Anschluss für viele Reizarten — zumindestfür mittlere Reizstärken — bestätigt 31 wurde, spricht man heute<strong>von</strong> dem Weber-Gesetz und benennt auch den darin enthaltenQuotienten nach seinem Entdecker.Fechner benutzte die Unterschiedsschwelle und den Weber-Quotienten zur Definition einer psychophysikalischen Skala derEmpfindungsstärke E = E(R). Dazu nahm er an, dass die Unterschiedsschwelleeiner festen Erhöhung ∆E der EmpfindungsstärkeE entspricht, was ihn zusammen mit (2.2) zur Relation∆E =∆RR − R 0= c, c ∈ R + (2.3)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren44sehen und wahrnehmen30 just noticable dicerence31 <strong>im</strong> Allgemeinen hat der Weber-Quotient einen Wert zwischen 7–12 %28


führte. Die Ersetzung <strong>von</strong> ∆E und ∆R durch die Differentialquotientend E bzw. d R überführt (2.3) in eine integrierbare Differentialgleichung.Mit deren Lösung erhalten wir das Weber-Fechner-Gesetz:E(R) =∫d E =∫d RR − R 0= a + b · ln(R − R 0 ), a, b ∈ REs besagt, dass die Empfindungsstärke E zum Logarithmus der zuGrunde liegenden Reizstärke R proportional ist.Im 20. Jahrhundert wurden Anstrengungen unternommen, dieEmpfindungsstärke unmittelbar zu beobachten. In der <strong>von</strong> S. S. Stevensgegründeten direkten Psychophysik, siehe [10], versucht manAnsätze wie ≪ist doppelt so stark wie ≫ oder ≪ist so verschieden wie ≫exper<strong>im</strong>entell zugänglich zu machen. Ein Resultat dieser Bemühungenist die Stevenssche Potenzfunktion:(2.4) E = c · (R − R 0 ) n , c, n ∈ R +Hier ist n ein reizspezifischer Exponent, siehe Folie 43. Da typischerweise0.3 < n < 1gilt, ersetzt (2.4) den Logarithmus des Weber-Fechner-Gesetzesdurch eine <strong>im</strong> Allgemeinen recht ähnliche Wurzelfunktion.Sowohl das Weber-Fechner-Gesetz als auch die Stevenssche Potenzfunktionrepräsentieren erfolgreiche Konzepte zur Modellierungder Empfindungsstärke. Je nach Anwendung ist der eine oderder andere Ansatz vorzuziehen. Der erste betont die Unterscheidbarkeit<strong>von</strong> Empfindungen, der zweite ihre subjektive Einschätzung.Im Visuellen sind die Unterschiede in der Interpretation ehergering. Die technischen Standards der Farbmetrik basieren grösstenteilsauf dem Konzept <strong>von</strong> Stevens.2.5.2 HelligkeitsempfindungWeber-Quotient der Hellempfindung-3 -2 -1 0 1 2 3 4Abszisse: Log Leuchtdichte (lx)Ordinate: %Weber-QuotientTaglichtverhältnisse60 %50 %40 %30 %20 %10 %klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenPogsonsche Helligkeitskala bei Sternen✧ Helligkeitsklassen bei Sternen<strong>von</strong>➙ 1: hellste Sterne (Venus)bis➙ 6: gerade noch erkennbar✧ logarithmische Skala➙ Basis 2.512➙ Stufe 1 ≈ 100 × Stufe 645sehen und wahrnehmenDie Hellempfindung ist ein klassischer Gegenstand der Physiologie.Beginnend mit der Arbeit <strong>von</strong> A. König und E. Brodhunklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren46sehen und wahrnehmen29


0 ≤ K def= H − DH + D ≤ 1Kontrast K✧ D min<strong>im</strong>ale Bildhelligkeit✧ H max<strong>im</strong>ale Bildhelligkeit✧ Qualitätsbeurteilung <strong>von</strong> optischen Abbildungen➙ mittlere Kontrastveränderung<strong>von</strong> Original zur Reproduktion✧ typisch: sinusförmige Linienmuster✧ Übertragungsfunktion (MTF)➙ Kontrastveränderung in Prozent➙ als Funktion der Periode✧ Nulldurchgang ⇒ Auflösungsgrenzeklaus s<strong>im</strong>onKontrastsensitivitätsfunktion10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110Abszisse: räuml. Freq. (Perioden/mm)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ Erweiterung der Übertragungsfunktion für Netzhautbilder✧ Definition➙ best<strong>im</strong>me für jede Periode des sinusförmigen Testmusters✛ den min<strong>im</strong>alen Kontrast (Kontrastschwelle)✛ bei dem das Testmuster noch wahrgenommen wird➙ Kontrastsensitivität = Kehrwert der Kontrastschwelle✧ Kontrastsensitivitätsfunktion CFS➙ Auflösungsgrenze bei CFS:✛ physiologischer Grenzwinkel:(Helligkeit)60 Perioden pro Winkelgradca. 1 ′ Bogenminute✛ schlechtere Auflösungsgrenzen für Farbkontrasteklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenAusgabekontrast (in % Eingabe)100%90%80%70%60%50%40%30%20%10%47sehen und wahrnehmen48sehen und wahrnehmen[1] wurde der Weber-Quotient oftmals best<strong>im</strong>mt. 32 Dazu vergleichtman die Leuchtdichteunterschiede zwischen einem kleinen Objektund einer grösseren enthaltenden Umgebung. Bei mittleren Leuchtdichten<strong>von</strong> etwa 10–100’000 lx (Tageslichtverhältnisse) beträgt derWeber-Quotient etwa 1–2 %, siehe Folie 45. 33 Interpretiert man dieDaten <strong>im</strong> Sinne <strong>von</strong> Stevens, so erhält man einen Exponenten <strong>von</strong>n = 0.33 für die Stevenssche Potenzfunktion. Auf diesen Exponentenwerden wir anlässlich der Definition verschiedener Farbräume,wie z.B. CIELAB, zurückkommen.Relevant für die Farbwiedergabe ist zunächst einmal die Erkenntnisaus Abschnitt 2.5.1, dass die Hellempfindung, wie Empfindungsstärken<strong>im</strong> Allgemeinen, relativen Schranken unterliegt und keinenabsoluten. Dieser Tatbestand ist als das allmorgendliche Verschwindendes Sternenh<strong>im</strong>mels durchaus Teil unserer Alltagserfahrung,erfährt aber wohl eher selten die entsprechende Interpretation.Die Relativität der Hellempfindung macht aber eine Bildreproduktionauf Papier überhaupt erst sinnvoll. Die Grösse des Weber-Quotienten <strong>von</strong> 1–2 % begrenzt die Anzahl der gleichzeitig in einerSzene zwischen dem tiefsten Schwarz und dem hellsten Weissunterscheidbaren Helligkeitsstufen auf 50–100. Diese Anzahl best<strong>im</strong>mtdie Min<strong>im</strong>alanforderung an die Helligkeitsauflösung einesReproduktionssystems. Die üblichen 256 Stufen eines 8-Bit-RGB-Kanals sind also aus physiologischer Sicht mehr als ausreichend.Die vorangegangenen Aussagen werden durch einen seit Jahrhundertenmit grosser Akribie betriebenen Grossversuch bestätigt,nämlich die Einteilung des Sternenh<strong>im</strong>mels in Helligkeitsklassen.Gemäss der Pogsonschen Helligkeitsskala 34 unterscheidet man dieGrössenklassen 1 bis 6. Dabei wird eine gleichmässige Helligkeits-32 siehe etwa H. R. Blackwell [2, Kap. 4]33 In ihrem berühmten Standardwerk Color Science empfehlen Günther Wyszeckiund W. S. Stiles [9, Kap. 7.10.1] einen Wert <strong>von</strong> 1 %. Dass in einigenMessungen wie in Folie 45 für hohe Leuchtdichten der Weber-Quotient wiederleicht ansteigt, erklären sie mit einer vermutlich unvollständigen Helladaptationder Probanden.34 nach Norman Robert Pogson (1829–91)30


•••abstufung angestrebt, wobei die 6. Grössenklasse die mit blossemAuge gerade noch erkennbaren Sterne repräsentieren soll. Technischentspricht einem Grössenklassenzuwachs <strong>von</strong> 1 eine 2.512-fach kleinere Leuchtdichte. Folglich leuchten die hellsten Sterne amFirmament etwa 100-mal 35 heller als die gerade noch erkennbaren.Die resultierende logarithmische Abstufung der Hellempfindlichkeitsskalagenügt dem Weber-Fechner-Gesetz.2.5.3 Räumliches AuflösevermögenDas räumliche Auflösevermögen des menschlichen Sehsystems istein weiterer zentraler Parameter der Bildreproduktion. Wir stellenzwei verschiedene Konzepte zur Best<strong>im</strong>mung dieser Kenngrössevor. Das erste stellt eine Adaption der Gütemessung optischer Linsenan die Verhältnisse des menschlichen Auges dar. Das zweite istdie Sehschärfenbest<strong>im</strong>mung aus der Augenoptik. Beide Verfahrenführen zu dem gleichen Resultat.Um die Abbildungsqualität eines Linsensystems zu best<strong>im</strong>men, 36analysiert man häufig die Kontrastveränderung, die ein Eingabebildbei der Transformation zum Ausgabebild erfährt. Der KontrastK, 0 ≤ K ≤ 1, ist definiert alsK = H − DH + D ,wobei D und H für die min<strong>im</strong>ale bzw. max<strong>im</strong>ale Bildhelligkeit stehen.Im Zusammenhang mit Kontrastveränderungen betrachtet mantypischerweise sinusförmige Linienmuster als Testbilder. 37 Die Helligkeitseigenschaftendes Sinusmusters sind durch den Kontrast gegebenund seine Feinheit wird in Perioden pro mm (Linsen) oder35 100 ≈ 2.512 536 wir folgen [9, Kap. 5]37 Man beachte, dass gemäss Fourieranalysis jedes Bild in solche Muster zerlegtwerden kann.31räumliche Kontrastsensitivität-0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5Abszisse: Log 10 Kontrastsensitivitätklaus s<strong>im</strong>onOrdinate: Log10 räuml. Frequenz (Perioden/Grad)2.52.01.51.00.5— Rot-Grün— Blau-Gelb— Hell-Dunkelfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenSehschärfe (in der Augenoptik, DIN 58220)✧ Schwellwert des Detailauflösevermögens✧ standardisierte Best<strong>im</strong>mung durch Landolt-Ringe➙ min<strong>im</strong>aler Sehwinkel ωbei dem die Lage der Lücke(oben, links, unten, rechts)zu mehr als 75 % erkannt wird➙ Normwert 1 ′ Bogenminute✧ Sehschärfe (Visus) = 1 ′ /ω5 d 3 d d ωSehschärfeklaus s<strong>im</strong>onBewertung≥ 2.0 aussergewöhnlich1.6 sehr gut1.0 normal0.8 ausreichend≤ 0.4 schwachsichtigfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren49sehen und wahrnehmen50sehen und wahrnehmen


Dies ist bei etwa 60 Perioden pro Grad der Fall, was gerade einer Periodepro Bogenminute des Sehwinkels entspricht. Bei deutlich kleinerenSehwinkeln ist das menschliche Auge normalerweise nichtmehr in der Lage zwischen entsprechend feinen Linienpaaren zuunterscheiden. Den Sehwinkel <strong>von</strong> 1 Bogenminute bezeichnet mandeshalb auch alsp h y s i o l o g i s c h e n G r e n z w i n k e l .Ein alternativer Zugang zum Detailauflösevermögen des menschlichenSehsystems stellt die Sehschärfe dar. Dieser Begriff stammtaus der Augenheilkunde und beschreibt dort das Verhältnis des physiologischenGrenzwinkels zum min<strong>im</strong>alen Sehwinkel unter demein Probant die Lage der Lücke in einem Landolt-Ring, siehe Folie50, identifizieren kann. Normalsichtigkeit ist bei einer Sehschärfe<strong>von</strong> 1 gegeben. Dies bestätigt die aus der CSF abgeleiteten Aussagen,hat aber als massenhaft ausgeführter Grossversuch eine wesentlichbessere statistische Absicherung.Die hier angesprochenen Auflösungsgrenzen gelten für gute bissehr gute Sehbedingungen, insbesondere setzen sie Tageslicht voraus.Sind diese Verhältnisse nicht gegeben, dann sind die entsprechendenGrenzwerte wesentlich schlechter. Gute Sehbedingungenmeint auch, dass das Testmuster direkt anvisiert werden kann, unddas Netzhautbild in der Makula erfasst wird. Da in den Aussenbereichender Netzhaut die Rezeptordichte stark reduziert ist, n<strong>im</strong>mtdort eben auch die Sehschärfe stark ab, siehe Folie 51.Unser letzter Punkt in diesem Abschnitt ist ein überraschendesPhänomen, das vielleicht entwicklungsbiologisch erklärt werdenkann. Das Auflösungsvermögen des Auges, ermittelt durch eineCSF, ist nämlich vom Winkel abhängig, den das Linienmuster mitder Verbindungsgerade der beiden Augen bildet, siehe Folie 52. Esist für 0 0 und 90 0 am grössten und für eine Rotation um 45 0 amkleinsten, d.h. dass horizontal oder vertikal orientierte Details besserwahrgenommen werden als andere. Dieser sogenannte Oblique-Effekt hat in der Drucktechnik eine praktische Bedeutung, auf diewir <strong>im</strong> Zusammenhang mit Rastertechnik zurückkommen werden.zeitliches Auflösevermögen✧ begrenzte Wahrnehmung <strong>von</strong> Veränderungen des Netzhautbildes✧ Analyse mit periodischen Fl<strong>im</strong>mermuster✧ Fl<strong>im</strong>merfusionsgrenze ca. 60 Hz➙ bei opt. Bed. ≥ 1000 lx➙ Hell-Dunkel-Muster✧ bei 10 Hz höchste Sensitivität✧ jenseits d. Fl<strong>im</strong>merfusionsgrenze➙ Vermischung der Lichtreize➙ Maxwellscher Farbkreisel 0.5klaus s<strong>im</strong>onFl<strong>im</strong>mermusterklaus s<strong>im</strong>on-0.5 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5Abszisse: Log 10 KontrastsensitivitätFarbkontrastfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenHellkontrastOrdinate: Log 10 zeitliche Frequenz (Hz)2.52.01.51.053sehen und wahrnehmen54sehen und wahrnehmen33


2.5.4 Zeitliches AuflösevermögenDie Vorgänge in der Netzhaut stellen letztlich elektro-chemischeProzesse dar, die als solche mit einer l<strong>im</strong>itierten Geschwindigkeitablaufen. In Folge dessen ist natürlich auch die Wahrnehmung <strong>von</strong>Veränderungen des aktuellen Netzhautbildes zeitlich begrenzt. Umdas zeitliche Auflösevermögen zu untersuchen, 39 betrachtet manzeitlich periodische Bildfolgen mit einer variablen Wiederholfrequenz.Ein einfaches Beispiel ist eine drehbare Fl<strong>im</strong>merschreibe.Die Wiederholfrequenz wird dann so weit erhöht, bis der zeitlicheAblauf einer Periode nicht mehr erkannt und nur noch ein einheitlichesMischbild wahrgenommen wird. Diese Grenzfrequenz ist bekanntals Fl<strong>im</strong>merfusionsfrequenz. 40 Sie beträgt für Hell-Dunkel-Muster bei opt<strong>im</strong>alen Bedingungen 41 etwa 60 Hz.Erweiterte Informationen über das zeitliche Auflösevermögenkönnen analog zum vorangegangenen Abschnitt aus einer Kontrastsensitivitätsfunktionabgeleitet werden. Ein sinusförmiges Fl<strong>im</strong>mermustermit gegebenen Kontrast wird zeitlich variabel wiederholt.Für eine gegebene Periode wird dann wieder die Kontrastschwelleermittelt.Es zeigt sich, dass Fl<strong>im</strong>merfrequenzen <strong>von</strong> etwa 10 Hz am bestenerkannt werden. Führt man diese Versuche mit farbigen Fl<strong>im</strong>mermusterdurch, so liegen analog zum räumlichen Auflösevermögendie entsprechenden Grenzfrequenzen niedriger. 42Das zeitliche Auflösevermögen ist speziell für Bildschirmdarstellungen<strong>von</strong> Bedeutung sowie bei Filmen und Videos. Historisch gesehen,basiert die Funktionsweise des Maxwellschen Farbkreisesauf diesen Effekten.39 als wissenschafliche Referenz zum Thema dieses Abschnittes sei auf D. H.Kelly [2, Kap. 11: Flicker] verwiesen40 critical flicker frequence (CFF)41 Leuchtdichten über 1000 lx42 siehe [9, Kap. 7]2.6 Literaturverzeichnis[1] A. König and E. Brodhun. Exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungenüber die psycho-physische Fundamentalformel in Bezug aufden Gesichtssinn. Zweite Mittlg. S. B. Preuss. Akad. Wiss., pages641–660, 1889.[2] D. Jameson and L. M. Hurvich, editors. Visual Psychophysics.Springer, 1972.[3] E. H. Weber. De Pulsu, Resorptione, Auditu et Tactu: AnnotationesAnatomicae et Physiologicae. Köhler, Leipzig, 1834.[4] M. Fairchild. Color Appearance Models. Addison-Wesley, 1998.[5] G. T. Fechner. Elemente der Psychophysik. 2 Bde. Leipzig,1860,1889.[6] E. Hecht. Optik. Oldenbourg, München, 2001.[7] E. Hering. Grundzüge zur Lehre vom Lichtsinn. In Gräfe-Sämisch, editor, Handbuch der Augenheilkunde, Leipzig, 1905.Engelmann.[8] R. Schmidt, F. Lang, and G. Thews. Pysiologie des Menschen.Springer, 29 edition, 2005.[9] R. Sekuler and R. Blake. Perception. McGraw-Hill, 4 edition,2002.[10] S. S. Stevens. Psychophysics. Wiley, New York, 1975.[11] H. v. Helmholtz. Über die Zusammensetzung <strong>von</strong> Spektralfarben.Poggendorrfs Ann. Physik, 94:1–28, 1855.[12] J. v. Kries. Die Gesichtsempfindungen. In Handbuch der Physiologiedes Menschen, volume 3, Braunschweig, 1920.[13] G. Wyszecki and W. Stiles. Color Science. Wiley-Interscience,1982.[14] Th. Young. On the theory of light and colours. Philos. Trans.Roy Soc. London, 92:210–271, 1802.34


K a p i t e l3Zielsetzung der niederen FarbmetrikFarbmetrikDurch das Weber-Fechner-Gesetz bzw. die Stevenssche Potenzfunktionwurde in Abschnitt 2.5.1 die Relation ≪Reizstärke-Empfindungsstärke≫ für die Helligkeit weitgehend charakterisiert. Auf entsprechendeFarbrelationen sind wir jedoch noch nicht eingegangen. ImGegensatz zur Helligkeit lässt sich das Phänomen <strong>Farbe</strong> nicht inallgemeine Konzepte der Physiologie einbetten. Um auch hier zu einer≪Reizstärke-Empfindungsstärke ≫ - Relation zu gelangen ist einhöherer konzeptioneller Aufwand nötig. Der hier gewählte Aufbauorientiert sich <strong>im</strong> Wesentlichen an der historischen Entwicklung derFarbmetrik.Zunächst charakterisieren wir in Abschnitt 3.2 die farblicheGleichheit innerhalb der Menge der Lichtreize R. Technisch gesehen,leiten wir für R ∈ R eine Funktion F(R) her, die sogenannteFarbvalenz, die zwei Lichtreizen den approx<strong>im</strong>ativ gleichen Funktionswertzuordnet, wenn die zugehörigen <strong>Farbe</strong>mpfindungen nichtunterschieden werden können. Exper<strong>im</strong>entell wird die Ununterscheidbarkeit,notiert alsF(R 1 ) ≈ F(R 2 ), R 1 , R 2 ∈ R,durch einen standardisierten Vergleichstest überprüft, welcher dieSehbedingungen so festlegt, dass die Versuche reproduzierbar werden.Die mathematischen Eigenschaften der Farbvalenzen resultierenaus der Verbindung des Unterscheidbarkeitstests mit der additivenFarbmischung. Die sich ergebende Struktur ist ein dreid<strong>im</strong>ensionalerVektorraum. 1✧ technische Charakterisierung einer <strong>Farbe</strong>mpfindung➙ durch den Begriff der Farbvalenz✧ Methode➙ visueller Vergleich <strong>von</strong> Lichtreizen✛ Welche Lichtreize werden gleich empfunden?➙ Festlegung des Sehumfelds✛ durch den Normalbeobachter✛ Persistenzsatz➙ Gesetze der additiven Farbmischung✛ Farbvalenzen bilden einen 3-D-Vektorraum➙ Zuordnung Lichtreiz-Farbvalenz durch Normvalenzsystemklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierengleiche Kameraeinstellung <strong>im</strong> Laufe eines Tages1farbmetrik1 Dieses auf Hermann Günther Grassmann zurückgehende Result <strong>von</strong> 1853markiert sowohl den eigentlichen Beginn der modernen Farbforschung alsauch die Grundlegung der Vektorrechnung. Man beachte, dass Erwin Schrödingerletztere in der Farbforschung kennenlernte, bevor er sie in der Quantenmechanikpopulär machte.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren2farbmetrik35


Die Auswahl spezieller Basisvektoren und die Normierung derFarbvalenzen monochromatischer Lichtreize bezüglich dieser Basisvektorenführt dann zur technischen Spezifikation <strong>von</strong> Farbvalenzenbeliebiger, durch ihre Spektren gegebene, Lichtreize. DiesesKonzept ist bekannt als Normvalenzsystem. Es repäsentiert diedurchschnittliche Fähigkeit des Menschen <strong>Farbe</strong>n unterscheiden zukönnen und stellt — trotz allen bekannten Schwächen — das Fundamentder industriellen Farbwiedergabe dar.Die eigentlich gesuchte BeziehungVersuchsanordnung für Farbvergleiche✧ Farbmuster➙ in einem zweiteiligen Infeld➙ Sehwinkel 2 ◦➙ strukturlos, nebeneinander➙ helladaptierter, normalsichtiger Beobachter➙ einäugige Beobachtung✧ wichtig zur Interpretation: Persistenzsatz➙ allfällige Farbumst<strong>im</strong>mungen (Lichtquelle)➙ beeinflussen das Urteil über Farbgleichheit nichtklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren3farbmetrik36R e i z s t ä r k e - E m p fi n d u n g s s t ä r k ewird dann <strong>im</strong> Anschluss 2 als eine Funktion zwischen Farbvalenzeneingeführt.3.1 FarbvergleicheFür jede messtechnisch zu erfassende Grösse ist die Feststellungder Gleichheit bzw. der Ungleichheit die Elementaroperation. Bezüglichder <strong>Farbe</strong>mpfindung ist sie jedoch alles andere als trivial. InKapitel 2.2 haben wir dargelegt, dass derselbe Lichtreiz in verschiedenenSituationen sehr unterschiedlich empfunden werden kann.Um reproduzierbare Farbvergleiche durchführen zu können, ist esdeshalb notwendig die Beobachtungsbedingungen festzulegen. 3Es ist mehr oder weniger unmöglich, zwei <strong>Farbe</strong>n zu vergleichen,die man nicht gleichzeitig sieht. Zwei zu vergleichende Farbmustersollten deshalb gleichzeitig, unmittelbar nebeneinander 4 und in einemneutralen Umfeld (mittleres Grau) gesehen werden. Die Farbmustersollten zudem strukturlos sein. Da die Farbwahrnehmungnur durch die Zapfen erfolgt und um den verfälschenden Einfluss2 siehe Abschnitt 3.3.43 etwa nach DIN 5053 Farbmessung Teil 14 was durch den S<strong>im</strong>ultankontrast Farbdicerenzen verstärkt, siehe Abschnitt2.3.6


der Stäbchen auszuschliessen, ist es notwendig den Sehwinkel derFarbmuster auf etwa 2 ◦ zu beschränken. 5 Diese Forderung vermeidetzusätzlich Probleme mit der Gelbpigmentierung der Makula.Die Beobachtung sollte bei hellem Tageslicht durchgeführt werden. 6Weitgehend selbstverständlich ist, dass der Beobachter unter keinerFarbfehlsichtigkeit leiden sollte. 7Sind zwei Farbmuster unter den genannten Versuchsbedingungennicht zu unterscheiden, dann haben sie per Definition die gleicheFarbvalenz. Der Begriff Farbvalenz bezieht sich <strong>im</strong> Prinzip <strong>im</strong>merauf den dargelegten Vergleichstest, auch wenn wir <strong>im</strong> Folgendendie Farbvalenz als eine Funktion des Lichtreizes beschreibenwerden, in welcher die Farbvalenz schlussendlich die mathematischeForm eines Vektors ann<strong>im</strong>mt. Gleiche Farbvalenzen schliessenjedoch keinesfalls aus, dass die zu Grunde liegenden Farbmusterunter anderen Betrachtungsbedingungen farblich unterscheidbarsein können. 8 Die Relevanz des Begriffes ergibt sich jedoch daraus,dass Farbmuster mit gleicher Farbvalenz auch bei einem (moderaten)Wechsel der Lichtquelle 9 <strong>im</strong>mer noch als gleiche <strong>Farbe</strong>nwahrgenommen werden. Dieser für die Farbmetrik grundlegendeSachverhalt wurde 1878 durch <strong>von</strong> Kries 10 [32] formuliert:additive Farbmischung✧ Newton: Prismen zerlegen weisses Licht in Regenbogenfarben➙ <strong>Farbe</strong> ist eine Funktion der Lichtspektren (Wellenlänge)➙ Licht einer einzigen Wellenlänge (Laser) hat eine spezifische <strong>Farbe</strong>➙ weitere <strong>Farbe</strong>n entstehen durch Mischung✛ gemeinsame Wahrnehmung der entsprechenden Lichtreize✧ zentrales wissenschaftliches Interesse an additiver Farbmischung➙ optische Mischung <strong>von</strong> Lichtquellen (Spektren)➙ durch Variation ihrer Helligkeitals Grundlage technischer Farbsysteme➙ Farbmonitore, Projektoren (Beamer),➙ TV, Maxwellsche Kreisel4klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikadditive Farbmischung (schematisches Beispiel)Persistenzsatz. Das Urteil über die Gleichheit oder Ungleichheitzweier <strong>Farbe</strong>n ist (weitgehend) unabhängigvom chromatischen Adaptationszustand (Umst<strong>im</strong>mung)des Auges.5 Der Einfluss der Stäbchen bei der Betrachtung <strong>von</strong> Grossflächen wird durchein später vorgestelltes 10 ◦ -Szenario explizit abgedeckt.6 auch dies um das Stäbchensehen zu vermeiden7 Etwa 8 % der männlichen und 0.4 % der weiblichen Bevölkerung leiden an dereinen oder anderen Form einer Fehlsichtigkeit.8 z.B. <strong>im</strong> 10 ◦ -Normvalenzsystem9 etwa <strong>von</strong> Tageslicht zu Glühlampenlicht10 eine lesenswerte Diskussion dieser Problematik findet man in [3]klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren5farbmetrik37


3.2 Farbvalenzensubtraktive Farbmischung✧ ist nicht die Negation der ≪additiven Farbmischung ≫✧ sondern eine wellenlängenspezifische Reduktion des Spektrums➙ typischerweise durch einen Farbfilterder in best<strong>im</strong>mten Wellenlängenbereichen stark absorbiertd.h. Licht subtrahiert✧ kann mathematisch als Faltung beschrieben werden➙ Lichtspektrum ◦ Transmissionsspektrum✧ alternative Bezeichnung: multiplikative Farbmischung✧ Beispiele:➙ Malfarben, fotomechanische Bilder, Farbfilter, CYMKklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren6farbmetrikDie Basis der industriellen Farbwiedergabe ist die mathematischeCharakterisierung der Aussage: Die Farbmuster haben die gleicheFarbvalenz. Dabei verstehen wir die Farbvalenz als eine Funktionder zugehörigen Spektren. Der konstruktive Existenzbeweis dieserFunktion ist die zentrale Leistung der Farbforschung <strong>im</strong> 19. Jahrhundert.Wie in Abschnitt 2.1.1 bereits vereinbart, verstehen wirunter einem Lichtreiz R ein diskretes, relatives Spektrum S(λ i ) <strong>im</strong>sichtbaren Wellenlängenbereich 380 nm ≤ λ i ≤ 780 nm. Ein Lichtreizist folglich als hochd<strong>im</strong>ensionaler Vektorraum aufzufassen. DieMenge der so verstandenen Lichtreize sei mit R bezeichnet. Gesuchtist eine Funktion F(R), R ∈ R, so dass• F(R 1 ) ≈ F(R 2 ) für <strong>im</strong> Farbvergleich ununterscheidbare LichtreizeR 1 ∈ R und R 2 ∈ R sowie• F(R 1 ) ≉ F(R 2 ) für verschiedenfarbige Lichtreize R 1 und R 2 .Da wir F als eine stetige Funktion auf R ansehen, nehmen die Unterschiedsschwellendes Farbsehens endliche Zahlenwerte der ArtF(R ′ ) − F(R ′′ ) an. Wir benutzen deshalb ≈ anstelle <strong>von</strong> =, um eineDifferenz ≪kleiner als eine Unterschiedsschwelle ≫ auszudrücken.Die Bildmenge <strong>von</strong> F repräsentiert dann die Menge der Farbvalenzen.Die <strong>im</strong> Folgenden vorgestellte Konstruktionsmethode für F orientiertsich an der historischen Entwicklung. Den eigentlichen Beginnder modernen Farbforschung markiert die Analyse dera d d i t i v e n Fa r b m i s c h u n gdurch Günter Grassmann <strong>im</strong> Jahr 1853 [11]. Aus Sicht der Mathematiksteht der Begriff additive Farbmischung zunächst einmalfür die Definition der Addition auf der Menge der Farbvalenzen. In38


moderner Algebranotation handelt es sich um einen Homomorphismus11 :a F(R 1 ) + b F(R 2 ) def = F(a R 1 + b R 2 ), a, b ∈ R, R 1 , R 2 ∈ R (3.1)In anderen Worten, die mathematische Operation der Farbvalenzaddition(linke Seite) wird als die Farbvalenz der physikalischenVektoraddition der zu Grunde liegenden Reizspektren (rechte Seite)verstanden. Die Multiplikation mit Skalaren hat die Interpretationeiner Intensitätsänderung der beteiligten Lichtreize.Die Wortwahl ≪ Farbmischung ≫ anstelle <strong>von</strong> ≪ Farbaddition ≫weist auf den zu modellierenden physikalischen Prozess, illustriertin Folie 11, hin. Die Lichtreize R i entsprechen hier den verschiedenenProjektorfarben, etwa durch vorgeschaltete Farbfilter erzeugt.12 Die Projektoren sollen über eine einstellbare Helligkeitsregulierungverfügen. Durch Übereinanderblendung der Projektorenkann man <strong>Farbe</strong>n mischen. In Folie 11 ist diese Farbmischungin ein Vergleichstestszenario gemäss Abschnitt 3.1 eingebettet, wasdem hier angesprochenen historisch wissenschaftlichen Kontextentspricht.Bemerkung. In der Farbreproduktion betrachtet manausser der additiven auch eine subtraktive bzw. multiplikativeFarbmischung. Die letzten beschreiben wellenlängenspezifischeVeränderungen <strong>von</strong> Spektren. Eintypisches Beispiel ist ein Farbfilter. Der Filter n<strong>im</strong>mtin best<strong>im</strong>mten Wellenlängenbereichen Licht weg, woraufdas Wort ≪subtraktiv ≫ zurückgeht. Als wellenlängenabhängigeOperation hat die Filterung die mathematischeForm einer Faltung, was die Bezeichnung ≪ multiplikativ≫ erklärt. Man beachte, dass eine negative additiveFarbmischung keine subtraktive ist.Farbvalenz F(S)✧ Lichtspektren S =[S λi ], S i =1, . . . , n, 380 nm≤λ i ≤730 nm✧ gesucht: Funktion F mit F(S 1 ) = F(S 2 )➙ falls S 1 und S 2 farblich ununterscheidbar✧ additive Farbmischung als Addition <strong>von</strong> Farbvalenzena · F(S 1 ) + b · F(S 2 ) = F((a ◦ S 1 ) ⊕ (b ◦ S 2 ))➙ a, b Projektorhelligkeit➙ “⊕” komponentenweise Addition bezüglich den Spektren➙ “◦” skalare Multiplikation (Spektren)✧ exper<strong>im</strong>enteller Befund, 1853 GrassmannFarbvalenzen bilden 3D-Vektorraumklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren7farbmetrik11 eine strukturerhaltende Abbildung12 wobei es sich hier auch um Maxwellsche Kreisel, Monochromatoren, oderLaser handeln könnte39


Hermann Günther Grassmann (1809 – 1877)✧ Mathematiker und Sprachwissenschaftler✧ Begründer d. Vektor- u. Tensorrechnung✧ 1827–31 Studium der Philosophie✧ 1840 Theorie <strong>von</strong> Ebbe und Flut➙ erste Anwendung d. Vektorrechnung✧ 1844 Die Ausdehnungslehre➙ Vektorrechnung als math. Grundlage✧ 1853 Grassmannsche Farbgesetze✧ ≥ 1855 Erfolge als Sprachwissenschaftler✧ späte Anerkennung als Mathematiker✧ 1853 Hamilton “Lextures on Quaternions”✧ 1871 “korresondierendes Mitglied” derGöttinger Gesellschaft der Wissenschaftenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenGrassmannsche Gesetze1. vier gegebene Farbvalenzen sind linear abhängig2. Lichtreize R 1 ̸= R 2 mit F(R 1 ) ≈ F(R 2 )➙ sind als Operanden in Farbmischungen➙ nicht unterscheidbar3. stetige Veränderungen eines Mischungsoperanden➙ bewirken stetige Veränderungen der Farbmischungklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren8farbmetrik9farbmetrikDas wissenschaftliche Interesse an der Farbmischung gemäss (3.1)ist wohl durch Newtons Prismaversuche [20] geweckt worden.Die Zerlegung des Sonnenlichtes durch ein Prisma demonstriert,dass Licht einer speziellen Wellenlänge λ eine spezielle <strong>Farbe</strong> hat.Die Farbvalenzen dieser Spektralfarben 13 bezeichnen wir mit F(λ).Newtons Exper<strong>im</strong>ente mit Farbmischungen der Arta F(λ 1 ) + b F(λ 2 )ergaben einerseits <strong>Farbe</strong>n, die keine Spektralfarben waren, andererseitsliesen sich manche Spektralfarben approx<strong>im</strong>ativ aus anderenzusammensetzen. Die Systematik dieses Phänomens blieb Newtonjedoch weitgehend verborgen.Neben der wissenschaftlichen Motivation gab und gibt es bis heuteein unmittelbares industriell-technisches Interesse an der additivenFarbmischung. Aus Sicht der Reproduktionstechnik ist es wesentlicheinfacher die Helligkeit eines gegebenen Lichtreizes zu manipulieren,sprich die Konstanten in der Gleichung (3.1) technischzu kontrollieren, als das Spektrum eines vorgegebenen Reizes physikalischnachzubilden. In Folge dessen versuchen konventionelleFarbreproduktionsprozesse mit einer min<strong>im</strong>alen Anzahl <strong>von</strong> physikalischfixierten Grundfarben auszukommen und alle weiteren <strong>Farbe</strong>ndurch Mischung aus ihnen zu gewinnen.Vor dem Hintergrund dieser Interessenlage wurden in der erstenHälfte des 19. Jahrhunderts viele Exper<strong>im</strong>ente zur additiven Farbmischungdurchgeführt. Ihre Prinzipien wurden 1853 <strong>von</strong> HermannGünter Grassmann in einer wegweisenden Arbeit [11] aufgeklärt.In mathematischer Formulierung 14 lauten die Grassmannsche Gesetzeder additiven Farbmischung wie folgt:13 Da die Spektralfarben <strong>von</strong> einem Regenbogen bekannt sind, ist auch derName Regenbogenfarben geläufig14 Grassmann war Mathematiker, der zeitlebens <strong>im</strong>mer wieder Ausflüge in andereWissensgebiete unternahm. Leider wurde die Fundamentalität seiner Arbeitenin ihrer Zeit nicht erkannt. Heute sollte man in den GrassmannschenGesetzen der additiven Farbmischung auch die Grundlegung der Vektorrechnungsehen.40


1. Eine Menge <strong>von</strong> 4 gegebenen Farbvalenzen ist linearabhängig.2. Zwei spektral verschiedene Lichtreize R 1 und R 2mit F(R 1 ) = F(R 2 ) sind als Operanden in Farbmischungennicht unterscheidbar.3. Eine stetige Veränderung eines Mischungsoperandenbewirkt eine stetige Veränderung der Farbmischung.Das erste Gesetz besagt, dass Farbvalenzen eine dreid<strong>im</strong>ensionaleStruktur darstellen. Aus heutiger Sicht ist dies auf Grund derphysiologischen Erkenntnisse nicht sonderlich überraschend. Manbeachte jedoch, dass Grassmann weder der strukturelle Aufbau derNetzhaut bekannt war, noch dass er auf die Hilfsmittel der modernenVektoralgebra zurückgreifen konnte.Das zweite Prinzip stellt fest, dass bezüglich der algebraischenBehandlung <strong>von</strong> Farbvalenzen die spektrale Zusammensetzung derzu Grunde liegenden Lichtreize ignoriert werden kann. Die Gültigkeitdieses Prinzips macht die Definition (3.1) überhaupt erstsinnvoll, denn es bestätigt die Konsistenz des Gleichheitszeichensmit der Ununterscheidbarkeit <strong>im</strong> Vergleichstest. In anderen Worten,das zweite Grassmannsche Gesetz besagt, dass die Ununterscheidbarkeit<strong>von</strong> <strong>Farbe</strong>n mathematisch eine Äquivalenzrelationist.Grassmanns dritte Feststellung ist die Stetigkeit der Farbvalenzenals mathematische Funktion. Aus ihr lassen sich die algebraischenGrundoperationen für Farbvalenzgleichungen ableiten.So bleiben etwa bei der Addition <strong>von</strong> Konstanten oder der Multiplikationmit Skalaren Identitäten als solche erhalten.Gesamthaft besagen die drei Grassmannschen Gesetze, dassdie Menge der Farbvalenzen F als dreid<strong>im</strong>ensionaler Vektorrauminnere und äussere Farbmischung✧ gegeben: R ∈ R und beliebige Basis F(R 1 ), F(R 2 ), F(R 3 )✧ Grassmann: es gibt positive Koeffizienten c 1 , c 2 , c 3 , so dass(1) F(R) = c 1 F(R 1 ) + c 2 F(R 2 ) + c 3 F(R 3 ) innere Mischung oder(2) F(R) + c i F(R i ) = c i −1 F(R i −1 ) + c i +1 F(R i +1 ) äussere Mischung✧ die Gleichungen (1) und (2)➙ repräsentieren verschiedene Versuchsanordnungen➙ sind mathematisch äquivalent➙ negative Vektorkomponenten physikalich nicht erzeugbar✧ jedes System vom Basisvektoren➙ beschreibt mathematisch jede Farbvalenz➙ die physikaliche Realisierbarkeit ist aber beschränktklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenFarbmischversuche mit Projektoreninnere Farbmischungäussere FarbmischungF(L) = F(R) + F(G) + F(B)F(L) = F(R) + F(G) − F(B)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren10farbmetrik11farbmetrik41


etrachtet werden kann, einschliesslich der heute mit diesem Begriffverbundenen algebraischen Rechenregeln.Mathematisch lässt sich damit jede Farbvalenz F(R), R ∈ R, inder FormF(R) = c 1 F(R 1 ) + c 2 F(R 2 ) + c 3 F(R 3 ) (3.2)Basisvektoren CIE-RBG✧ 1920-30 intensive Überprüfung des Farbvalenzkonzepts✧ 1931 CIE-Standardisierung der Basisvektoren➙ Spektralfarben R 1 = 700 nm, R 2 = 546.1 nm, R 3 = 435 nm➙ Pr<strong>im</strong>ärvalenzen✛ R def= 72.1 · F(R 1 ), G def= 1.4 · F(R 2 ), B def= 1 · F(R 3 )➙ Intensitäten nur relativ zueinander best<strong>im</strong>mt➙ Farbvalenz enthält keine absolute Helligkeitsinformation➙ Summe R + G + B ergibt Unbunt U✧ Konzept seit 1931 mehrfach verfeinert und ausgebautklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren12farbmetrikdarstellen, wobei F(R 1 ), F(R 2 ), F(R 3 ) für eine beliebige Basis in Fsteht. Die physikalische Realisierbarkeit <strong>von</strong> F(R) aus R 1 , R 2 undR 3 folgt jedoch noch nicht aus der Gültigkeit <strong>von</strong> (3.2). Der Grunddafür liegt in den Koeffizienten c 1 , c 2 und c 3 . Der Lichtreiz R i beschreibtnach Definition eine Strahlungsenergie, d.h. alle Komponentenseines Spektrums sind positiv. Das Produkt c i R i repräsentiertalso nur dann eine physikalisch realisierbare Grösse, wennc i > 0 gilt. Trifft dies für alle Produkte in (3.2) zu, so sprechenwir <strong>von</strong> einer inneren Mischung anderenfalls <strong>von</strong> einer äusserenMischung. Da äussere Mischungen gemäss Definition Bestandteileenthalten, die als negative Energie zu interpretieren sind, könnensie nach heutigem Stand der Technik nicht realisiert werden.Diese Aussage bezieht sich auf die benutzte Basis R 1 , R 2 undR 3 . Ein geeigneter Wechsel der Basis kann selbstverständlich miteinem Vorzeichenwechsel der Koeffizienten c i verbunden sein undaus einer äusseren eine innere Mischung machen. Die Interpretierbarkeit<strong>von</strong> (3.2) in Farbvergleichstests ist jedoch durch negativeKoeffizienten c i nicht beeinträchtigt, da man in einem solchen Fall−c i F(R i ) auf der linken Seite der Gleichung berücksichtigen kannanstatt c i F(R i ) auf der rechten.Die innere Konsistenz und die Konsequenzen der GrassmannschenGesetze wurden <strong>im</strong> Laufe der Zeit <strong>im</strong>mer wieder überprüftund weitestgehend bestätigt. Besonders genaue Exper<strong>im</strong>ente wurden1928 <strong>von</strong> Wright [34] und 1931 <strong>von</strong> Guild [12] durchgeführt,welche die CIE 1931 [5] zur Grundlage ihres Normvalenzsystemsmachte. Unmittelbar auf den exper<strong>im</strong>entellen Daten aufbauend, best<strong>im</strong>mtedie CIE zunächst die Basisvektoren (Pr<strong>im</strong>ärvalenzen) ihresRG B-Farbvalenzsystems, welche als die folgenden Spektralfarben42


vereinbart wurden:R def = 72.1 F(700nm), G def = 1.4 F(546.1nm), B def = F(435nm)Die relativen Gewichte sind so best<strong>im</strong>mt, dass die Summe der Pr<strong>im</strong>ärfarbenWeiss oder, genauer 15 , Unbunt U, die Farbvalenz desenergiegleichen Spektrums, ergibt. Zu beachten ist, dass diese Festlegungkeine Aussage über die absoluten Längen der Basisvektorenenthält. Da die Vektorlängen grundsätzlich die Helligkeit (Strahlungsenergie)der Lichtreize repräsentieren, enthalten also wederdie Pr<strong>im</strong>ärvalenzen noch die daraus abgeleiteten Farbvalenzen eineInformation über die absolute Helligkeit der betrachteten Lichtreizesondern drücken ausschliesslich Grössenverhältnisse aus. DiesesVorgehen mag <strong>im</strong> ersten Augenblick irritieren, entspricht aberexakt den Erkenntnissen aus dem Abschnitt 2.3.2 bzw. 2.5.2. AufGrund der Helladaptation ist die absolute Helligkeit nicht wahrnehmbarund kann deshalb auch nicht Bestandteil der Beschreibungeiner wahrnehmbaren <strong>Farbe</strong> sein.3.2.1 SpektralwertkurvenIm Prinzip sind durch Nachmischversuche die CIE-RG B-Koordinatenjedes Lichtreizes R best<strong>im</strong>mbar. Derartige Versuche sind rechtaufwendig und durch die menschliche Subjektivität auch relativunsicher. Wegen des Aufwandes sollte die Durchführung solcherNachmischversuche auf eine min<strong>im</strong>al benötigte Anzahl <strong>von</strong> Lichtreizenbeschränkt bleiben und die Variation der Resultate in Folgedes menschlichen Faktors in einer Standardisierung der Ergebnisseausgeglichen werden.Da sich jeder Lichtreiz aus monochromatischen Komponenten zusammensetzt,lassen sich die min<strong>im</strong>al benötigten Lichtreize einfachals die Spektralfarben identifizieren. Wegen dem beschränkten Vermögen<strong>Farbe</strong>n zu unterscheiden, siehe Abschnitt 3.3.4, genügt es15 Unbunt in dem hier gebrauchten Sinne ist die Farbart <strong>von</strong> Weiss, siehe Abschnitt3.2.243Ordinate: GewichtungCIE-RGB Spektralwertkurven✧ Komponenten ¯r (λ), ḡ (λ), ¯b(λ) der Spektralfarbe F(λ)➙ F(λ) = ¯r (λ) R + ḡ (λ) G + ¯b(λ) B➙ Best<strong>im</strong>mung durch Mischversuche: Helmholtz, . . .➙ es gilt V(λ) = ¯r (λ) + 4.59071 ḡ (λ) + 0.06007 ¯b(λ)✧ die Farbvalenz F(L) = R R + G G + B B eines Lichtreizes Lergibt sich aus seinem Spektrum S(λ i ) gemäss∑F(L) = S(λ i ) ( ¯r (λ i ) R + ḡ (λ i ) G + ¯b(λ i ) B)i∑∑= ( S(λ i ) ¯r (λ i )) R + · · · + ( S(λ i ) ¯b(λ i )) Bi} {{ }= Rklaus s<strong>im</strong>oni} {{ }= BSpektralwertkurven ¯r (λ), ḡ (λ), ¯b(λ) (CIE 1931)415 450 485 520 555 590 625 660 6950.40Abszisse: Wellenlänge (nm)0.350.300.250.200.150.100.05-0.05-0.10klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren— ¯r (λ)— ḡ (λ)— ¯b(λ)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren13farbmetrik14farbmetrik


•••Farbdiagramme✧ Ableitung der Farbwertanteile r , g , b➙ aus den (R, G, B) Koordinaten➙ durch Vernachlässigung der Helligkeit (Vektorlänge)Rr =R + G + B , g =GR + G + B , b =BR + G + B➙ Farbort (r, g , b): Projektion des Punktes (R, G, B)✛ in die durch R, B, G aufgespannte Ebene✛ wegen r + g + b = 1 äquivalent zu b = 1 − r − g➣ Farbwertanteile einer Farbvalenz nur zweid<strong>im</strong>ensional➣ typische Darstellung des Farbortes in der r -g -Ebene-1.0 -0.5 0.0 0.5 1.0Abszisse rSpektralfarbenzugF ′435 mn B•G 546.1 nmklaus s<strong>im</strong>onCIE-RGB-FarbdiagrammF F ′′U• • •PurpurgeradeOrdinate g2.252.001.751.501.251.000.750.500.25R 700 nm-0.25klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ F Farbort✧ F U Sättigung✧ W um U: Farbton✧ F ′ farbtongleicheSpektralfarbe✧ F ′′ Komplementärfarbezu F ′✧ R → (1, 0)✧ G → (0, 1)✧ B → (0, 0)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren15farbmetrik16farbmetrik44die Farbvalenzen F(λ) in festen Abständen, etwa 5 nm, zu ermitteln.Die resultierenden Kurven ¯r(λ), ḡ(λ) und ¯b(λ), definiert durchF(λ) = ¯r(λ)R + ḡ(λ)G + ¯b(λ)B, (3.3)heissen Spektralwertkurven und wurden <strong>von</strong> der CIE als Tabellenstandardisiert und publiziert. 16Die Kenntnis der Spektralwertkurven erlaubt nun die unmittelbareBerechnung der Farbvalenz F(L) aus dem Spektrum S(λ i ) desLichtreizes L:F(L) = ∑ S(λ i ) F(λ i ) (3.4)i= ∑ S(λ i ) [ ¯r(λ i )R + ḡ(λ i )G + ¯b(λ i )B ]i[∑] [∑] [∑= S(λ i ) ¯r(λ i ) R + S(λ i ) ḡ(λ i ) G + S(λ i ) ¯b(λ]i ) B}i{{ }= R}i{{ }= G}i{{ }= BSchliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Spektralwertkurvenmit dem Hellempfindlichkeitsgrad V (λ) durchin Beziehung stehen.V (λ) = ¯r(λ) + 4.59071 ḡ(λ) + 0.060107 ¯b(λ)3.2.2 FarbdiagrammeSeit Newtons Zeiten ist es üblich Farbräume in zweid<strong>im</strong>ensionalenDiagrammen zu visualisieren. Die dazu benötigte Projektion derdreid<strong>im</strong>ensionalen Farbvalenzen in eine Ebene erhält man durchdie Vernachlässigung der Helligkeitsinformation, d.h. der Vektorlänge.<strong>Farbe</strong>n, die sich nur in ihrer Helligkeitskomponente unterscheiden,nennt man <strong>Farbe</strong>n gleicher Farbart. Um die Farbart einer16 Historisch gehen die ersten diesbezüglichen Exper<strong>im</strong>ente auf Helmholtz [30]und Maxwell [18] zurück. Mit aufwendigeren Verfahren wurden sie später <strong>von</strong>König und Dieterici [1], Wright [34], Stiles [27] und Speranskaja [26] wiederholt.


Farbvalenz F = (R,G,B) zu erhalten, berechnet man zunächst dieFarbwertanteile r, g und b gemässr =RR +G + B , g = GR +G + B , b = BR +G + B . (3.5)Der Vektor (r, g, b) heisst der Farbort <strong>von</strong> F und ist die Zentralprojektion<strong>von</strong> (R,G,B) in die durch R, G und B aufgespannte Ebene.Per Definition giltr + g + b = 1,was äquivalent ist zub = 1 − r − g.Dies zeigt, dass der Farbort (r, g, b) bereits durch den zweid<strong>im</strong>ensionalenVektor (r, g) vollständig best<strong>im</strong>mt ist. In Folie 16 ist eindem entsprechendes rg-Diagramm des CIE-RG B-Farbraums abgebildet.Die Menge aller Farborte F ist gelb eingezeichnet. Die Farborteder Spektralfarben, der Spektralfarbenzug, bildet einen Teildes Randes <strong>von</strong> F. Oder genauer, da jede Farbvalenz eine Linearkombinationder Spektralfarben darstellt, ist F die konvexe Hülledes Spektralfarbenzugs. Man beachte, dass Spektralfarben zwischen380 – 410 nm bzw. 690 – 780 nm identische Farborte haben,d.h. das Auge kann monochromatisches Licht in diesen Wellenlängenbereichennicht unterscheiden.Da das kurz- und das langwellige Ende des Spektrums offensichtlichverschieden sind, ist der Spektralfarbenzug nicht geschlossen.Die Gerade, die durch diese beiden Endpunkte aufgespannt wird,heisst Purpurgerade. Die Purpurtöne sind Farbmischungen aus Violettund Rot. Gemäss Definition enthält der Spektralfarbenzug dieFarborte der drei Pr<strong>im</strong>ärvalenzen (1,0), (0,1) und (0,0), verläuftaber auch ausserhalb des durch sie aufgespannten Farbdreiecks,was auf die negativen Anteile in vielen F(λ) zurückgeht.Zwei Randpunkte p ′ und p ′′ <strong>von</strong> F heissen komplementär zu einanderbezüglich eines gegebenen Referenzpunktes R, z.B. UnbuntU, wenn ihre Verbindungsgerade den Farbort R enthält. Liegt einFarbort O einer Farbart A auf der Verbindungsstrecke <strong>von</strong> UnbuntU zu dem Randpunkt R, dann haben A und R denselben Farbton.Spektralfarbenzug✧ Kurve der Farborte <strong>von</strong> F(λ), 380 nm ≤ λ ≤ 780 nm✧ Menge aller Farborte F➙ gleich der konvexen Hülle des Spektralfarbenzuges✧ identische Farborte der Spektralfarben F(λ)➙ 380-410 nm bzw. 690-780 nm✧ Purpurgerade: nichtspektrale Randpunkte <strong>von</strong> F➙ Farborte der Mischung aus Violett und Rot✧ Randpunkte p ′ und p ′′ <strong>von</strong> F heissen komplementär➙ bezüglich eines Referenzpunktes R✛ z.B. Unbunt U (Farbort des energiegleichen Spektrums)➙ wenn ihre Verbindungsgerade R enthältklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenCIE-X YZ Normvalenzsystem✧ rechentechnisch opt<strong>im</strong>ierte Alternative zu CIE-RGB✧ Kennzeichnung durch “Norm”: Normspektralwertkurve, ...✧ repräsentiert durchschnittliche Unterscheidbarkeit <strong>von</strong> <strong>Farbe</strong>n➙ Normalbeobachter 2 ◦ (bis etwa 4 ◦ Sehwinkel geeignet)✛ reines Zapfensehen (Fovea), mit Gelbpigment der Makula✧ Definition durch die Wahl der X YZ-Basis, CIE 1931➙ Basisvektoren sind virtuell (physikalich nicht realisierbar)➙ Normspektralwertkurve ȳ(λ) mit V(λ) identisch➙ alle Zahlenwerte ¯x(λ), ȳ(λ) und ¯z(λ) positiv➙ energiegleiches Spektrum (Unbunt U): x = y = zklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17farbmetrik18farbmetrik45


•••••YX YZ: Koordinatentransformationen aus RGBX def= ( 2.365 R − 0.515 G + 0.005 B)/5.6508Y def= (−0.897 R + 1.426 G − 0.014 B)/5.6508Z def= (−0.468 R + 0.089 G + 1.009 B)/5.6508⎛ ⎞ ⎛⎞⎛⎞¯x(λ)0.490 0.310 0.200 ¯r (λ)⎜ ⎟ ⎜⎟⎜⎟⎝ ȳ(λ) ⎠ = 5.6508 ⎝ 0.177 0.812 0.011 ⎠⎝ḡ (λ) ⎠¯z(λ)0.000 0.010 0.990 ¯b(λ)⎛ ⎞ ⎛⎞⎛⎞¯r (λ)⎜ ⎟ 1 2.365 −0.897 −0.468 ¯x(λ)⎜⎟⎜⎟⎝ ḡ (λ) ⎠ = ⎝ −0.515 1.426 0.089 ⎠⎝ȳ(λ) ⎠¯b(λ) 5.6508 0.005 −0.014 1.009 ¯z(λ)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenX YZ-Basisvektoren <strong>im</strong> CIE-RGB-Farbdiagramm-1.5 -1.0 -0.5 0.0 0.5 1.02.52.019farbmetrikDas Verhältnis der Strecken U A zu UR wird als Sättigung bezeichnet.<strong>Farbe</strong>n mit hoher Sättigung liegen also in der Nähe des Spektralfarbenzuges.Die Wellenlänge λ der zu R gehörenden SpektralfarbeF(λ) nennt man die zu A farbtongleiche Wellenlänge.3.2.3 Das NormvalenzsystemIm Prinzip könnte man die gesamte Farbmetrik aus dem RG B-Farbraum aufbauen. Die CIE hat sich bezüglich der Festlegung einestechnischen Standardfarbraumes jedoch für die Basis X Y Zentschieden, die gegenüber RG B einige rechentechnische Vereinfachungenenthält. Dieser Farbraum ist bekannt als das Normvalenzsystem.Entsprechend benutzt man die Vorsilbe ≪Norm ≫ wie inNormspektralwert oder Normfarbtafel, um den Bezug zum Normvalenzsystemauszudrücken. Der farbmetrische 2 ◦ -Normalbeobachterrepräsentiert die durchschnittliche menschliche Fähigkeit, <strong>Farbe</strong>nzu unterscheiden. Die Wahl der Basis X Y Z verfolgte unter anderemdie Ziele:• Die Normspektralkurve ȳ(λ) ist mit der V (λ)-Funktion identisch.• Alle Zahlenwerte ¯x(λ), ȳ(λ), ¯z(λ) sind positiv 17 für jedes λ, sieheFolie 21.Ordinate gZAbszisse rB•G1.51.00.5U • R0.0X20klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrik• Es gilt ¯z(λ) = 0 für λ ≥ 650 nm.• Für Wellenlängen um 505 nm gilt ¯x(λ) ≈ 0.• Die Werte <strong>von</strong> ¯x(λ) bzw. ȳ(λ) werden klein am kurzwelligen Endedes Spektrums.• Das energiegleiche Spektrum ist durch X = Y = Z charakterisiert.17 was z.B. <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Design <strong>von</strong> Farbfiltern eine signifikanteEigenschaft ist46


••••••••••••••••••••••••••••••••••In CIE-RG B haben X , Y und Z die Koordinaten:X =Y =Z =1 [ ]2.365R − 0.515G + 0.005B5.65081 [ ]− 0.897R + 1.426G − 0.014B5.65081 [ ]− 0.468R + 0.089G + 1.009B5.6508(3.6)Weil keine dieser Farbvalenzen physikalisch realisierbar ist, werdensie auch virtuelle Pr<strong>im</strong>ärvalenzen genannt. Mit den Gleichungen(3.6) sind gemäss Vektoralgebra auch beliebige Koordinatentransformationenzwischen RG B und X Y Z festgelegt, insbesonderegilt für die Spektralwertkurven:⎛⎝¯x(λ)ȳ(λ)¯z(λ)⎞⎛⎠ = 5.6508⎝0.490 0.310 0.2000.177 0.812 0.0110.000 0.010 0.990⎞⎛⎠⎝¯r(λ)ḡ(λ)¯b(λ)⎞⎠ (3.7)Ordinate: Gewichtung2 ◦ -Normspektralwertkurven (CIE 1931)415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm) 2.252.01.751.51.251.00.750.50.25klaus s<strong>im</strong>on— ¯x(λ)— ȳ(λ)— ¯z(λ)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren21farbmetrikund⎛⎝¯r(λ)ḡ(λ)¯b(λ)⎞ ⎛⎠ 1= ⎝5.65082.365 −0.897 −0.468−0.515 1.426 0.0890.005 −0.014 1.009⎞⎛⎠⎝¯x(λ)ȳ(λ)¯z(λ)⎞⎠ (3.8)2 ◦ -Normfarbtafel0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.80.810080550 nm 600 nmDie Normalspektralwertkurven ¯x(λ), ȳ(λ) und ¯z(λ) stellen das eigentlicheFundament der modernen Farbmetrik dar. Analog zu (3.4)erlauben sie die Berechnung der Farbvalenzen für gegebene spektraleFarbreize. Eine räumliche Darstellung des Spektralfarbenzugsist in Folie ?? zu sehen. Die Begriffe Farbdiagramme, Farborte usw.werden für CIE-X Y Z analog zu CIE-RG B verwendet.3.2.4 Absolute und relative FarbmetrikBereits anlässlich der Definition des CIE-RG B-Farbraums wurdedaraufhingewiesen, dass die Basisvektoren R, G , B ausschliesslichfarbmetrisch ( R = 72.1 · F(700nm)) vereinbart wurden und500 nm450 nmSpektralfarbenzugSättigungFarbtonwinkel•Unbunt UPurpurgeradeAbszisse x• • •••Ordinate y0.70.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>on604020010.50.50 0x-y-Y-Darstellungidentische Farbortezwischen✧ 380–410 nmbzw.✧ 690–780 nmfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren122farbmetrik47


absolute und relative Farbmetrik✧ Basisvektoren R, G, B ( <strong>im</strong>plizit auch X , Y, Z )➙ nur farbmetrisch definiert ( R = 72.1 · F(700 nm), . . . )➙ keine Festlegung einer Strahlungsenergie➙ Vektorlängen repräsentieren Grössenverhältnisse➙ Normvalenzen enthalten freie Skalierungskonstante✧ absolute Farbmetrik: strahlungsphysikalische Normierung➙ photometrische Skalierung gemäss✧ relative Farbmetrik: max<strong>im</strong>ales Y = 100ȳ(λ) = V(λ)➙ typisch für Bildanwendungen (z.B. 256-RGB-Stufen)➙ keine absolute Helligkeitswahrnehmung (Helladaptation)klaus s<strong>im</strong>onGrossfeld-Normvalenzsystem✧ CIE 1964: 10 ◦ -Beobachter (für Sehwinkel > 4 ◦ )farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren➙ nach Messungen <strong>von</strong> Stiles 1955 u. Speranskaja 1959➙ Berücksichtigung des Stäbchensehens✧ Kennzeichnung: Vorsilbe “Grossfeld-”, “10 ◦ -” oder Index “10”✧ Definition✧ SpektralwertkurvenR 10def= 645.2 nm, G 10def= 526.3 nm, B 10def= 444.4 nm¯x 10 = 0.341 · ¯r 10 + 0.189 · ḡ 10 + 0.388 · ¯b 10ȳ 10 = 0.139 · ¯r 10 + 0.837 · ḡ 10 + 0.073 · ¯b 10¯z 10 = 0.000 · ¯r 10 + 0.040 · ḡ 10 + 2.026 · ¯b 10klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren23farbmetrik24farbmetrikkeine Festlegung einer Strahlungsenergie enthalten. Es wird lediglich<strong>von</strong> Tageslichtverhältnissen ≥ 500 lx ausgegangen. Die Vektorlängender Normvalenzen drücken deshalb nur Grössenverhältnisseaus, haben aber keine unmittelbare physikalische Interpretation.Zwar ist offensichtlich, dass die Vektorlängen proportional zursichtbaren Strahlungsenergie sind, 18 aber die entsprechende Skalierungskonstanteist nicht ein originärer Bestandteil des Normvalenzsystems.Die Festlegung ȳ(λ)=V (λ) erlaubt aber eine nachträgliche photometrischeNormierung der Y -Komponente <strong>im</strong> Sinne <strong>von</strong> Abschnitt2.1.2 und somit auch der restlichen. Diese strahlungsphysikalischeNormierung wird als absolute Farbmetrik bezeichnet.Im Gegensatz dazu benutzt man <strong>im</strong> Zusammenhang mit Bildernnormalerweise die relative Farbmetrik. Hier werden die Farbvalenzender Bildpixel so normiert, dass der hellste Pixel oder ein angenommenesReferenzweiss den Wert Y = 100, seltener Y = 1, erhält.Dieses Vorgehen ist durch die Helladaptation motiviert, siehe Abschnitt2.3.2, welche eine absolute Helligkeitswahrnehmung verhindert.Der Wert 100 ist zwar einerseits eine willkürliche Konstante,harmoniert andererseits jedoch gut mit den Auflösungsgrenzen derrelativen Helligkeitswahrnehmung aus Abschnitt 2.5.2.3.2.5 Grossfeld-NormvalenzsystemBei der Definition der Versuchsanordnung zur Gleichfarbigkeit wurdegefordert, dass der Sehwinkel bei 2 ◦ liegen sollte. Dies um sicherzustellen,dass der Farbreiz in der Fovea und damit ausschliesslichdurch Zapfen wahrgenommen wird. Für einen visuellen Farbvergleichgrösserer Flächen (Sehwinkel > 5 ◦ ) ist es jedoch nötig, auchden Einfluss der Stäbchen zu berücksichtigen. Ferner reduziert sichbei grösseren Sehwinkel der Einfluss des Gelbpigmentes der Makulaauf die <strong>Farbe</strong>mpfindung.Aus diesen Gründen hat die CIE 1964 einen zweiten Normalbeobachterdefiniert, den farbmetrischen 10 ◦ -Beobachter <strong>im</strong> Grossfeld-18 grundsätzlich könnte man anstatt relativer Spektren auch absolute benutzen48


••••••••••••Normvalenzsystem. Zur Unterscheidung setzt man bei den Begriffendie Vorsilbe ≪Grossfeld- ≫ oder ≪10 ◦ ≫ voran bzw. ergänzt eine entsprechendeVariable um den Index ≪ 10 ≫. Die Differenzen <strong>von</strong> 2 ◦ -zum 10 ◦ -Normalvalenzsystem sind rein empirisch und nicht durcheine Transformation beschreibbar. Die zu Grunde liegenden Messungenwurden durch Stiles [27] und Speranskaja [26] durchgeführt.Die Grossfeldpr<strong>im</strong>ärvalenzen sind wie folgt definiert:500nmDifferenzen 2 ◦ zu 10 ◦ -Normfarbtafel0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.80.8Ordinate y0.70.6R 10def= 45.2nm, G 10def= 526.3nm, und B 10def= 444.4nm0.5Die entsprechenden Spektralwertkurven sind durch¯x 10 (λ) = 0.341 ¯r 10 (λ) + 0.189 ḡ 10 (λ) + 0.388 ¯b 10 (λ) (3.9)ȳ 10 (λ) = 0.139 ¯r 10 (λ) + 0.837 ḡ 10 (λ) + 0.073 ¯b 10 (λ) (3.10)550 nm 600 nm50 nm 600 nm500 nm0.40.30.2— 2 ◦ -Beobachter— 10 ◦ -Beobachter¯z 10 (λ) = 0.000 ¯r 10 (λ) + 0.040 ḡ 10 (λ) + 2.026 ¯b 10 (λ) (3.11)mit einander verbunden.450 nm450 nmAbszisse x0.1klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren25farbmetrik3.3 Gleichabständige FarbräumeDer Begriff der Farbvalenz F(R) erlaubt es die Gleichheit <strong>von</strong><strong>Farbe</strong>mpfindungen mathematisch zu erfassen. Mit ein wenig Gewöhnungist es sogar möglich ein intuitives Farbverständnis füreine gegebene xy-Spezifikation zu entwickeln. Aber ein kurzerBlick auf das xy-Diagramm 19 zeigt, dass wir unser eigentlichesZiel, die mathematische Beschreibung der Beziehung Reizstärke-Empfindungsstärke, noch nicht erreicht haben. Betrachtet man dasNormfarbdiagramm einfach als ein buntes Bild, dann sind die verschiedenenGrundfarben flächenmässig sehr ungleich vertreten,d.h. es dominiert Grün wohingegen Blau stark unterrepräsentiertist. Dies ergibt einen ersten Hinweis darauf, dass der mathematischeAbstand zweier Farbvalenzen <strong>im</strong> Normfarbdiagramm nicht mitden empfundenen Farbabständen übereinst<strong>im</strong>men kann.19 soweit es in der verfügbaren Drucktechnik darstellbar istOrdinate: GewichtungDifferenzen 2 ◦ zu 10 ◦ -Normspektralwertkurven415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm) 2.252.01.751.51.251.00.750.50.25klaus s<strong>im</strong>on— ¯x 2 (λ)— ȳ 2 (λ)— ¯z 2 (λ)- - - ¯x 10 (λ)- - - ȳ 10 (λ)- - - ¯z 10 (λ)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren26farbmetrik49


Farbabstände✧ Farbvalenz F(R) spezifiziert die Farbgleichheit✧ empfundene Farbabstände➙ entsprechen nicht |F(R 1 ) − F(R 2 )|➙ mathematische Charakterisierung aus industrieller Notwendigkeit✛ Vereinbarung <strong>von</strong> Toleranzen➣ Signalleuchten, Corperate Identity, ebay, Werbung✛ Basis für gleichabständige Farbräume➣ Voraussetzung für algorithmische Anwendungen✛ bis heute Teil der Grundlagenforschungklaus s<strong>im</strong>onKonzepte für Farbabständefarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ theor.-math. Annahme: <strong>Farbe</strong>mpfindung genügt Riemann-Metrik➙ Helmholtz, Schrödinger, Stiles➙ keine befriedigende Übereinst<strong>im</strong>mung mit exper<strong>im</strong>entellen Daten✧ Unterschiedsschwellen für Spektralfarben➙ Farbart jedoch nicht analog zur Helligkeit charakterisierbar✧ lokale JND-Best<strong>im</strong>mung mit Nachmischversuchen➙ verteilt über alle Farbarten➙ interpretiert als Mass für lokale Farbabstände➙ Basis für die Definition <strong>von</strong> CIELUV und CIELAB✧ Farbmustersammlungen (insbesondere Munsell)➙ prinzipielle Probleme mit der Interpretierbarkeit➙ teilweise in CIE-Farbräume übernommenklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren27farbmetrik28farbmetrikDie Frage der mathematischen Erfassung <strong>von</strong> empfundenenFarbabständen ist andererseits ein wichtiges Ziel der technischenFarbreproduktion. Insbesondere die Farbstoff- und die Textilindustriewaren <strong>von</strong> jeher an verifizierbaren Fertigungstoleranzen einervereinbarten Produktfarbe interessiert. Aber diese Problematikstellt sich auch bei Signalleuchten oder <strong>im</strong> Zusammenhang mit CorperateIdentities, gewinnt mit ebay an Bedeutung und ist die Basiseines ≪Gut-zum-Druck ≫.Aus Sicht des <strong>Publizieren</strong>s ist man aber nicht nur an einerFarbabstandsformel interessiert. Für eine algorithmische Behandlung<strong>von</strong> <strong>Farbe</strong>, z.B. <strong>im</strong> Gamut Mapping, benötigt man eine Farbabstandsformel,die mit dem euklidischen Abstand eines Farbraumsübereinst<strong>im</strong>mt, d.h. einen gleichabständigen Farbraum. Aus wissenschaftlicherSicht ist weder die Frage des Farbabstandes nochdiejenige des gleichabständigen Farbraumes als abgeschlossen zubetrachten. Die <strong>im</strong> Folgenden vorgestellten Farbräume, insbesondereCIELAB, sind trotz aller bekannten Schwächen in der industriellenFarbreproduktion weit verbreitet. Nicht zuletzt leitet sich dieaktuelle Messtechnik aus CIELAB ab.3.3.1 Konzepte für FarbabständeEiner der Beiträge mit denen Hermann <strong>von</strong> Helmholtz [31] dieFarbforschung inspiriert hat, war sein theoretisch-mathematischerAnsatz zur Herleitung eines gleichabständigen Farbraums. In Anbetrachtdes Weber-Fechnerschen Gesetzes bzw. Fechners Annahme,dass Unterschiedsschwellen gleich empfundenen Abständenentsprechen, versuchte er den drei durch die verschiedenenZapfenarten gegebenen Rezeptionsprozessen eigene Unterschiedsschwellen,genannt Linienelemente, zuzuordnen und aus derenKombination den Weberquotienten herzuleiten. Dazu musste er eineReihe <strong>von</strong> Annahmen treffen, insbesondere, dass die Farbabständeeiner Riemannschen Metrik genügen und, dass die Koordinatenunabhängig sind. 2020 was einen Euklidischen dreid<strong>im</strong>ensionalen Farbraum induziert50


Helmholtz versuchte seinen Ansatz an den seinerzeit verfügbarenempirischen Daten zu verifizieren. Obwohl dies nur teilweisegelang, oder vielleicht gerade deswegen, wurde <strong>im</strong> 20. Jahrhundertintensiv nach überzeugenderen Linienelementen geforscht.Speziell zu erwähnen sind Erwin Schrödinger [8], der nachwies,dass Helmholtzs Resultate nicht mit dem Kurvenverlauf <strong>von</strong> V (λ)zu vereinbaren sind, und Stiles [28, 29], der die Fundamentalannahmeder Koordinatenunabhängigkeit widerlegte. Aus heutigerSicht lässt sich feststellen, dass das Interesse an einer theoretischmathematischenBegründung <strong>von</strong> gleichabständigen Farbräumenstark abgenommen hat.Aber auch pragmatische Konzepte basieren auf der exper<strong>im</strong>entellenAnalyse der Unterschiedsschwellen des Farbsehens. Ein klassischerVersuch dieser Art wurde 1884 <strong>von</strong> König und Dieterici[1] durchgeführt. Der Gegenstand war die Unterscheidbarkeit <strong>von</strong>Spektralfarben F(λ) hinsichtlich der Wellenlänge λ. Das Diagrammin Folie 29 zeigt die Wellenlängendifferenz ∆λ der Unterschiedsschwellezu F(λ) bei konstanter Leuchtdichte. Obwohl der exakteKurvenverlauf <strong>von</strong> der Leuchtdichte, dem Umfeld, dem Sehwinkelder Farbmuster usw. abhängt, ist der abgebildete Kurvenverlaufauch für spätere Studien repräsentativ.Die Folie 30 zeigt ebenfalls Unterschiedsschwellen für die SpektralfarbeF(λ), dieses Mal jedoch bezüglich der Mischung mit weissemLicht W. In ihrer Arbeit [33] betrachten Wright und Pitt Farbmischungender Art 21 :F = (1 − α) F(λ) + αW, 0 ≤ α ≤ 1Angegeben ist log(1/α) für den kleinsten Wert α, so dass F und F(λ)unterscheidbar sind. Auch hier schwankt die JND beträchtlich mitder Wellenlänge. Ein nicht völlig symmetrisches aber doch sehr ähnlichesVerhalten kann beobachtet werden, siehe Priest [13] bzw.Kaiser [21], wenn man dieselbe JND <strong>von</strong> Weiss in Richtung F(λ)analysiert.Ordinate ∆λUnterschiedsschwellen bei Spektralfarben nach ∆ λ470 490 510 530 550 570 590 610 630Abszisse: Wellenlänge (nm)4.54.03.53.02.52.01.51.00.5klaus s<strong>im</strong>onKönig undDieterici, 1884farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenUnterschiedsschwellen “Spektralfarbe + Unbunt”490 510 530 550 570 590 610 630Abszisse: Wellenlänge (nm)0.750.500.250.00-0.25Ordinate log(1/α)Wright andPitt, 193729farbmetrik21 α wird gelegentlich relativer Spektralwertanteil genannt oder <strong>im</strong> Englischenauch Purityklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren30farbmetrik51


••••••500 nmMacAdam-Ellipsen und Unterschiedsschwellen✧ MacAdam: Nachmischversuche für feste Farbvalenz F➙ bei konstanter Leuchtdichte➙ aus sich bezüglich F gegenüberliegenden <strong>Farbe</strong>n A und B➙ A und B vielfach variiert aus der Umgebung <strong>von</strong> F✧ Standardabweichungen formen eine Ellipse um F✧ eine Standardabweichung entspricht etwa 1 JND 3✧ MacAdam-Ellipsen <strong>im</strong> Normfarbdiagramm➙ stellen gleiche Farbabstände dar (Fechner)✧ gleichabständige Farbräume entstehen➙ durch Transformation <strong>von</strong> X , Y und Z, so dass➙ MacAdam-Ellipsen gleichgrosse Kreise werden31MacAdam-Ellipsen0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8450 nm550 nm 600 nmAbszisse xklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikOrdinate y0.82 ◦ -Normfarbtafel0.70.60.50.40.3Ellipsendarstellung0.210fach vergrössert0.132klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikObwohl die Unterschiedsschwellen in Folie 29 bzw. 30 nicht dieeinfache Struktur des Weberquotienten für die Helligkeit aufweisen,ist es doch naheliegend aus ihnen eine Farbabstandsmetrik abzuleiten.Bereits 1935 schlug D. Judd [7] eine demgemässe Transformationdes Normfarbdiagramms in ein gleichabständiges Farbdiagramm(engl. Uniform Chromaticity Scale Diagram UCS) vor.Judds Transformation wurde relativ schnell vereinfacht bzw. verbessert.Das Konzept des UCS blieb aber — in modifizierter Form— bis heute eines der Fundamente der höheren Farbmetrik.Die Schwächen <strong>von</strong> Helmholtzs theoretischen Betrachtungenals auch diejenigen <strong>von</strong> Judds Arbeiten deuten daraufhin, dass dieUnterschiedsschwellen des Farbsehens <strong>von</strong> Farbort zu Farbort verschiedensind und deshalb jeder globale Ansatz prinzipiellen Beschränkungenunterliegt. Als pragmatischer Ausweg aus diesemProblem bot sich an, die lokalen Unterschiedsschwellen in Nachmischversuchenzu ermitteln und anschliessend gänzlich empirischnach einer mathematischen Transformation zu suchen, welche dielokal verschiedenen JNDs gleich gross abbildet.Die auch heute noch populärsten Exper<strong>im</strong>ente dieser Art wurden1942 <strong>von</strong> L. D. MacAdam [17] durchgeführt. MacAdam betrachteteeine feste Menge <strong>von</strong> 25 Farbvalenzen konstanter Helligkeit. Jededer gewählten Farbvalenzen F wurde vielfach nachgemischt. Dazuwurden jeweils zwei zu F benachbarte, sich relativ zu F gegenüberliegende<strong>Farbe</strong>n A und B ausgewählt. Der Proband musste dann ineinem Farbvergleichstest einen Wert α so best<strong>im</strong>men, dass die visuelleBeurteilungF = (1 − α) A + αBergab. Die exper<strong>im</strong>entelle Best<strong>im</strong>mung <strong>von</strong> α und damit auch <strong>von</strong>F unterlagen naturgemäss einer gewissen Unsicherheit. MacAdaminteressierte sich nun speziell für die Standardabweichung vomSollwert F. Die Menge der Standardabweichungen für veschiedeneA und B formten eine Ellipse 22 um F, heute bekannt als MacAdam-Ellipsen. In Folie 32 sind sie zur besseren Lesbarkeit 10fach vergrössertdargestellt. Der Zusammenhang zu der hier diskutierten Pro-22 was einer zweid<strong>im</strong>ensionalen Normalverteilung entspricht52


lematik ergibt sich aus MacAdams Beobachtung, dass eine Standardabweichungseiner Nachmischversuche etwa einem Drittel einerUnterschiedsschwelle entspricht, siehe Wyszecki [9, S. 529].Folglich ist eine MacAdam-Ellipse ein Mass für die lokalen Unterschiedsschwellenum die Farbvalenz F. Der gesuchte gleichabständigeFarbraum ist also dann gefunden, wenn in ihm die MacAdam-Ellipsen gleich grosse Kreise bilden.MacAdam-Ellipsen haben sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundertszu einem zentralen Werkzeug der Farbforschung entwickelt.Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass sie als Analysewerkzeugweder in Genauigkeit noch in Wiederholbarkeit mit dem Normvalenzsystemverglichen werden können [10]. Der daraus resultierendeapprox<strong>im</strong>ative Charakter findet sich entsprechend in den ausMacAdam-Ellipsen abgeleiteten Farbräumen wieder, insbesonderebei CIELAB und CIELUV.Abschliessend sei hier noch auf Farbordnungssysteme hingewiesen.23 Es handet sich dabei um systematische Farbmustersammlungen.Die jeweils benutzte Systematik kann in manchen Fällendurchaus als direkte empirische Definition eines gleichständigenFarbraums verstanden werden. Dies gilt insbesondere für dasMunsell-System und den Farbraum nach DIN 6164. Die benutztenOrdnungskriterien können aber meist nur unzulänglich in technischeFarbräume übertragen werden, so dass sie nicht als eigentlicheLösung des hier betrachteten Problems verstanden werden können.Da die populären Farbordnungssysteme jedoch mit grossemexper<strong>im</strong>entellem Aufwand gewonnen wurden, haben sie Referenzcharakterund werden zur Verifikation konzeptioneller Schlussfolgerungenverwendet. Eine spezielle Bedeutung hat die Helligkeitsfunktiondes Munsell-Systems, die in approx<strong>im</strong>ativer Form in dieentsprechenden CIE-Farbräume übernommen wurde, insbesonderein die Formel (3.12).psychometrische Helligkeit L ∗✧ sei (X 0 , Y 0 , Z 0 ) die Normvalenz des Referenzweiss➙ z.B. max<strong>im</strong>ale Helligkeit, Papierweiss, Lichtquelle➙ so dass gilt 0 ≤ Y/Y 0 ≤ 1 für Y beliebig✧ DefinitionL ∗def=⎧Y116 ⎪⎨3 − 16 für 0.008856 ≤ Y ≤ 1Y 0 Y 0⎪⎩ 903.29 Y für 0 ≤ Y ≤ 0.008856Y 0 Y 0✧ approx<strong>im</strong>iert V-Komponente des Munsell-Systemsklaus s<strong>im</strong>onL ∗ -Diagramm und Graukeil0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8psychometrische Helligkeit L ∗9080706050403020— L ∗farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren— Munsell 10 · V-Wert— 10·(10-DIN-Dunkelstufe)61.723 log 10 (40.7 Y Y 0+ 1)33farbmetrikAbszisse: relative Helligkeit 0≤Y/Y 0 ≤ 110∆L ∗ = 1023 eine detaillierte Beschreibung folgt <strong>im</strong> Kapitel Farbordnungssystemeklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren34farbmetrik53


••••••••••••••••••••••••CIE 1976-L ∗ u ∗ v ∗ -Farbraum (CIELUV)✧ einer <strong>von</strong> zwei Vorschlägen der CIE zur Gleichabständigkeit✧ rechtwinklige Koordinaten L ∗ , u ∗ , v ∗ , Referenz-Weiss (X 0 , Y 0 , Z 0 )mitu ∗u ′def= 13 L ∗ (u ′ − u ′ 0 ), v ∗ def= 13 L ∗ (v ′ − v ′ 0 )def=4 XX + 15 Y + 3 Z , v ′ def=9 YX + 15 Y + 3 Z✧ Polarkoordinaten: C ∗ uv Buntheit, h uv FarbtonwinkelC ∗ uvdef= u ∗2 + v ∗2 def v∗, h uv = arctanu ∗✧ Geraden werden als Geraden abgebildet (lineare Transformation)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren35farbmetrik3.3.2 CIELUVBei der Definition ihrer empfindungsmässig gleichabständigen HelligkeitsfunktionL ∗ , in der CIE-Notation als psychometrische Helligkeitbezeichnet, orientiert sich die CIE, wie vorgängig bereits erwähnt,an dem V -Wert des Munsell-Systems, einer der exper<strong>im</strong>entellam besten abgesicherten Skalen dieser Art. Sie ist vom Typder Stevensschen Potenzfunktion. Zusätzlich wurde noch eine Normierungauf ein Referenzweiss eingeführt, wobei es sich um denhellsten Pixel in einem Bild, das Papierweiss oder die verwendeteLichtquelle handeln kann. Sei (X 0 ,Y 0 , Z 0 ) die Normvalenz des Referenzweiss,so sollte für eine beliebige sonstige Valenz (X,Y , Z) gelten:0 ≤ Y /Y 0 ≤ 1. Der Kurvenverlauf <strong>von</strong>⎧ √Y⎪⎨ 116 3 − 16 für 0.008856 ≤ Y ≤ 1L ∗ = L ∗ (Y ) def Y 0 Y 0=(3.12)⎪⎩ 903.29 Y für 0 ≤ Y ≤ 0.008856.Y 0 Y 0500nm• • •480 nmOrdinate v ′CIE-UCS-Diagramm mit MacAdam-Ellipsen0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6550 nm450 nm600 nmAbszisse u ′700 nm• • • • • •• •0.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>onU = (0.211, 0.474)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren36farbmetrikist in Folie 34 illustriert. Graukeile in 10∆E-Schritten bilden dieL ∗ -Achsen in den Folien 43 und 44.Das CIE-UCS-Diagramm, siehe Folie 36, ergibt sich aus der Überführungder Koordinaten x und y aus dem Normdiagramm in dieebenfalls rechtwinkligen Koordinaten u ′ und v ′ gemäss der Transformation:undu ′ =v ′ =4 x−2 x + 12 y + 3 =9 y−2 x + 12 y + 3 =4 XX + 15Y + 3 Z9YX + 15Y + 3 Z(3.13)(3.14)Da es sich um eine projektive Transformation handelt, werden Geradenin der Normfarbtafel als Geraden <strong>im</strong> CIE-UCS-Diagramm abgebildet.Durch die Verknüpfung <strong>von</strong> der psychometrischen HelligkeitsskalaL ∗ mit der CIE-UCS-Farbtafel erhält man den CIE-L ∗ u ∗ v ∗ -Farbraum, CIELUV abgekürzt. Er wurde 1976 eingeführt [4] und54


•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••wird z.B. <strong>im</strong> Kontext <strong>von</strong> TV-Anwendungen genutzt. Die Koordinatenu ∗ und v ∗ sind wie folgt vereinbart:u ∗ = 13 L ∗ (u ′ − u ′ 0 ) und v∗ = 13 L ∗ (v ′ − v ′ 0 )Die Werte u ′ 0 und v′ 0beziehen sich wieder auf das Referenzweiss.Aus u ∗ und v ∗ lassen sich durch den Übergang zu Polarkoordinateneinige alternative Parameter gewinnen:√C ∗ uv = u ∗2 + v ∗2 (3.15)( v∗ )( v ′ − v ′ )0h uv = arctanu ∗ = arctanu ′ − u ′ (3.16)0√s uv = 13 u ′2 + v ′2 = C∗ uvL ∗ (3.17)Die psychometrische Buntheit C ∗ uv gibt den Abstand der <strong>Farbe</strong> <strong>von</strong>der Unbuntachse an. Der Farbton lässt sich in CIELUV durch h uvspezifizieren. Schliesslich ist s uv als psychometrische Sättigung bekannt.3.3.3 CIELABAlternativ zu CIELUV hat die Internationale Beleuchtungskommissionein zweites näherungsweise gleichabständiges System definiert,CIELAB mit den Koordinaten L ∗ , a ∗ und b ∗ . Trotz aller bekanntenSchwächen 24 ist CIELAB der heute meistgebrauchte psychometrischeFarbraum, sowohl in der Forschung als auch in derIndustrie. 25 Die Basisdefinitionen sinda ∗ = 500[f( XX 0)− f( YY 0)][ (b ∗ Y) ( Z)]= 200 f − fY 0 Z 0(3.18)(3.19)Ordinate v ′CIE-UCS-Diagramm mit äquidistanter Farbtonteilung0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6Abszisse u ′0.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>onCIE 1976-L ∗ a ∗ b ∗ -Farbraum (CIELAB)✧ heute meistgenutzter gleichabständiger Farbraum0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.836 SegmenteAbszisse xfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ rechtwinklige Koordinaten L ∗ , a ∗ (Rot-Grün), b ∗ (Blau-Gelb)a ∗ def⎛ ⎞⎛ ⎞X Y= 500⎝ 3 − 3 ⎠, b ∗ def Y Z= 200⎝ 3 − 3 ⎠X 0 Y 0 Y 0 Z 0für X/X 0 , Y/Y 0 , Z/Z 0 ≥ 0.008856✧ Polarkoordinaten: C ∗ ab Buntheit, h ab FarbtonwinkelC ∗ abdef= a ∗2 + b ∗2 def b∗, h ab = arctana ∗Ordinate y0.80.70.60.50.40.30.20.137farbmetrik24 Die CIE bezeichnet CIELUV bzw. CIELAB auch nur als ≪angenähert empfindungsgemässgleichabständig ≫.25 Weiterentwicklungen wie CIECAM02 oder DIN99 werden relativ zu CIELABdefiniert.55✧ Geraden werden nicht auf Geraden abgebildet✧ a ∗ und b ∗ -Koordinate <strong>von</strong> L ∗ abhängigklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren38farbmetrik


••••••••••••••••••••••••••••••Spektralfarbenzug in CIELAB-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80Ordinate b ∗500 nm550 nmOrdinate b ∗•400 nm600 nm650 nmAbszisse a ∗•450 nm6040200-20-40-60-80klaus s<strong>im</strong>on100806040200−5000−200 500−100Transformationaus Folie 22Normfarbtafel in CIELAB (L ∗ = 10, 20, 30, 40, 50)-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200550 nm• • • • •Abszisse a ∗480 nm600 nm 700 nmL ∗ = 20L ∗ = 40460 nm 500 n m150100500-50-100-150-200-250klaus s<strong>im</strong>on0100farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren20039farbmetrik40farbmetrik56undf (w) =√C ∗ ab= (a ∗2 + b ∗2 ) (3.20)( b∗ )h ab = arctana ∗ , (3.21){ 3 w für w > 0.0088567.787 w + 16116sonst(3.22)Das Referenzweiss ist wieder durch die Normvalenz (X 0 ,Y 0 , Z 0 )repräsentiert. Die Koordinaten a ∗ bzw. b ∗ kennzeichnen die Rot-Grün bzw. die Blau-Gelb-Achse. Das CIELAB-System besitzt keineFarbtafel, da die Koordinaten a ∗ und b ∗ <strong>von</strong> der Helligkeit abhängigsind. Man beachte, dass Geraden der Normfarbtafel in CIELAB keineGeraden darstellen. Die Buntheit bzw. der Farbton werden analogzu CIELUV durch C ∗ ab und h ab beschrieben. Der Farbton wirddurch den Winkel h ab beschrieben.3.3.4 FarbdifferenzformelnEin Farbabstand wird üblicherweise in ∆E ausgedrückt. Will mandie der Differenz ∆E zu Grunde liegende Differenzformel speziellkennzeichnen, so schreibt man ∆E ab (CIELAB), ∆E uv (CIELUV),∆E 94 (CIE 1994) usw. Ohne spezielle Kennzeichnung versteht manunter ∆E den Euklidischen Abstand in CIELAB:√√∆E = ∆L ∗2 + ∆a ∗2 + ∆b ∗2 = ∆L ∗2 + ∆C ∗ 2ab + ∆h∗ 2ab(3.23)Die visuelle Bewertung orientiert sich an der folgenden Tabelle∆Evisuelle Einschätzung0–0.5 vernachlässigbar0.5–1.5 unbedeutend1.5–3.0 wahrnehmbar3.0–5.0 merklich≥ 5.0 gross


•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••Es ist zu beachten, dass ∆E-Werte <strong>im</strong> engeren Sinne nur für kleineAbstände sinnvoll anwendbar sind, etwa ∆E ≤ 5, d.h. in der Näheder Unterschiedsschwelle.Sowohl CIELUV als auch CIELAB wurden unter verschiedenenAlternativen speziell wegen ihrer einfachen Ableitbarkeit aus demNormvalenzsystem ausgewählt. Obwohl beide Farbräume Schwächenbezüglich der Gleichabständigkeit aufweisen, 26 entsprechensie doch industriellen Notwendigkeiten. Besonders CIELAB hat inder aktuellen Messtechnik eine hohe Bedeutung.Aufbauend auf ∆E ab hat die CIE verschiedene Versuche unternommen,die empfohlenen Farbabstandsformeln zu verbessern, insbesondere∆E 94 und ∆E 00 , siehe unten. Diese Formeln haben denNachteil einer wesentlich komplexeren Anwendung und sind zudemnicht mehr als Euklidische Distanz in einem entsprechendenFarbraum interpretierbar. Der letzte Punkt ist jedoch eine zentraleVoraussetzung für algorithmische Anwendungen wie das GamutMapping. Im Allgemeinen sind die Farbabstände in ∆E 94 oder ∆E 00kleiner als in ∆E.Schon bald nach der Einführung der (3.23)-Formel wurde erkannt,dass der Farbabstand bei gesättigten <strong>Farbe</strong>n <strong>im</strong> Verhältniszu Neutraltönen zu hoch bewertet wird. So ist etwa der visuelle Unterschiedzwischen zwei Gelbfeldern mit 50 % bzw. 55 % Flächenbedeckungkaum erkennbar, für Schwarz dagegen deutlich wahrnehmbar.Die Berechnung der entsprechenden ∆E-Werte liefert jedoch fürGelb einen grösseren Wert als für Schwarz. Die CIE hat auf Grundsolcher Probleme 1994 einen neuen Standard [6] verabschiedetmit∆E 94def=( )√ ∆L ∗ 2 ( ) ∆C∗ 2 ( )ab ∆H∗ 2ab++(3.24)K L · S L K C · S C K H · S HS L = 1, S C = 1 + 0.045C ∗ abund S H = 1 + 0.015C ∗ ab . (3.25)26 Im Allgemeinen sind die ∆E-Werte <strong>im</strong> gesättigten Bereich zu hoch.Ordinate b ∗MacAdam-Ellipsen in CIELAB (L ∗ = 50)-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200150550 nm460 nm 500 n mAbszisse a ∗480 nm600 nm 700 nm100500-50-100-150-200-25041klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrika ∗ -b ∗ -Diagramm mit äquidistanter Farbtonteilung-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350Ordinate b ∗Abszisse a ∗0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8100500-50-100Abszisse xOrdinate y0.80.70.60.50.40.30.20.1-150-200-250-300 L ∗ = 5042klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrik57


<strong>EMPA</strong>-CIELAB Testchart Max color gamut Version 1.7 D65 110998 Hk<strong>EMPA</strong>-CIELAB Testchart Max color gamut Version 1.7 D65 110998 HkLightness L*ab ---->0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100Lightness L*ab ---->0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1008070Hue hab = 270 degr60 50 40 30klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenLightness L*ab ---->0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10043farbmetrikLightness L*ab ---->0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 10044farbmetrik58Die K-Werte erlauben die Anpassung <strong>von</strong> (3.24) an gegebene Abmusterungsbedingungen.Die Default-FestlegungK L = K C = K H = 1bezieht sich konkret auf die Normumgebungsbedingungen aus Folie??.Die CIE94-Formel ist auf Grund <strong>von</strong> (3.25) nicht symmetrisch,d.h. eines der beiden Farbmuster wird <strong>im</strong>plizit zum Standard erklärt.Obwohl dieser Einfluss gering ist, sieht die CIE, falls gewünscht,eine explizite Korrekturmöglichkeit vor:√√S C = 1 + 0.045 C1 ∗ · C∗ 2und S H = 1 + 0.015 C1 ∗ · C∗ 2∆E 94 wurde <strong>von</strong> Anfang an als eine Übergangslösung verstanden.Um zusätzlich Color Appearance Modelle zu berücksichtigen wurde1998 das Technical Committee TC1-47 eingesetzt. Das Ergebnisdieser Arbeiten wurde 2001 <strong>von</strong> M. Luo, G. Cui and B. Rigg in [15]präsentiert, die Farbabstandsformel ∆E 00 :( √ ∆L ′ ) 2 ( )∆C′ 2 ( )∆H′ 2 ( )( )∆C′ ∆H′∆E 00 = + + +R TK L S L K C S C K H S H K C S C K H S HDie K-Werte wurden aus ∆E 94 übernommen. Die Parameter L ′ , ...leiten sich aus den CIELAB-Grössen L ∗ , a ∗ , b ∗ und C ∗ ab:sowiemitL ′ = L ∗ , a ′ = (1 +G) a ∗ , b ′ = b ∗C ′ =√a ′2 + b ′2 , h ′ = tan −1( b ′ )a ′ ,(G = 0.5 1 − √ ¯C ∗ 7 )ab¯C ∗ 7ab + 257


Dabei steht ¯C ∗ ab für den arithmetischen Mittelwert der C∗ -Wertedes Probenpaares. In analoger Weise sind ¯L ′ , ¯C′ und ¯h ′ definiert.Bezüglich des Winkels ¯h ′ ist zu beachten, dass <strong>im</strong> Falle einer absolutenDifferenz grösser als 180 ◦ vor der Mittelwertbildung 360 ◦vom grösseren Winkel zu subtrahieren ist, d.h. für die Winkel 90 ◦und 300 ◦ ergibt sich ein arithmetisches Mittel <strong>von</strong>:90 ◦ + (300 ◦ − 360 ◦ )2= 90◦ − 60 ◦2= 30◦2 = 15◦Die Berechnung <strong>von</strong> ∆L ′ , ∆C ′ und ∆H ′ — zwischen den zwei Farbproben,indiziert mit 1 bzw. 2 — erfolgt durch:√∆L ′ = L ′ 1 − L′ 2 , ∆C′ = C 1 ′ − C′ 2 , ∆H′ = 2 C1 ′ C′ 2 sin( h ′ 1 − h′ )22Farbdifferenzformel ∆E✧ euklidischer Abstand in CIELAB (∆E = ∆E ab )∆E def= ∆L ∗2 + ∆a ∗2 + ∆b ∗2 = ∆L ∗2 + ∆C ∗ 2ab + ∆h∗ 2ab✧ meistgenutzte Farbabstandsformel (Messtechnik, Toleranzen)✧ Gleichabständigkeit nur approx<strong>im</strong>ativ➙ ∆E nur für kleinere Werte (≤ 5) sinnvoll➙ bei gesättigten <strong>Farbe</strong>n zu hohe ∆E-Werte✧ visuelle Bewertung <strong>von</strong> ∆E-Werten (bei Druckfarben)➙ vernachlässigbar 0–0.5, unbedeutend 0.5–1.5,➙ wahrnehmbar 1.5–3.0, merklich 3.0–5.0, gross ≥ 5Schliesslich führtklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren45farbmetrikzu den S-ParameternT = 1 − 0.17cos( ¯h ′ − 30 ◦ ) + 0.24cos(2 ¯h ′ )+0.32cos(3 ¯h ′ + 6 ◦ ) − 0.20cos(4 ¯h ′ − 63 ◦ ),S L = 1 + 0.015( ¯L ′ − 50) 2√20 + ( ¯L ′ − 50) 2 , S C = 1 + 0.045 ¯C ′ , S H = 1 + 0.015 ¯C ′ Tund die R-Werte sind definiert alsmit√R c = 2¯C′7¯C ′7 + 25 7 ,(∆θ = 30exp −R T = −sin(2∆θ) R c( ¯h′ − 275 ◦25) 2).Differenzformeln ∆E 94 und ∆E 00 ausgehend <strong>von</strong> ∆E ab∆E 94def=default: K L = K C = K H = 1, S L = 1,oder ∆L ∗ abK L · S L 2+ ∆C ∗ abK C · S C 2+ ∆H ∗ abK H · S H 2S C = 1 + 0.045 C ∗ abS C = 1 + 0.045C∗1 · C∗ 2undS H = 1 + 0.015 C ∗ abund S H = 1 + 0.015C∗1 · C∗ 2mit komplexeren Parametern: L ′ = f (L ∗ ), K L , S L , . . .def∆E 00 = ∆L′K L S L 2+ ∆C′K C S C 2+ ∆H′ 2 ∆C′ ∆H′+R TK H S H K C S C K H S Hklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren46farbmetrik59


Beispiele für ∆E-Werteklaus s<strong>im</strong>onLichtmodifikation in Materiewellenlängenspezifische Absorptionerweiterter Raytracer Scatter3D0.9 | 1.6 | 2.4 | 3.60.8 | 2.6 | 3.6 | 3.60.5 | 3.6 | 4.6 | 5.50.2 | 1.7 | 1.8 | 2.60.4 | 1.5 | 2.5 | 3.10.7 | 1.5 | 2.7 | 3.6farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenkomplexe Interaktion mit Gesamtszenenur durch Szenens<strong>im</strong>ulation erfassbarkontextabh. Lichtreizklaus s<strong>im</strong>onkontextabh.WahrnehmungRemissionReflexionInterferenzMaterialstrukturFluoreszenzfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren47farbmetrik48farbmetrik3.4 KörperfarbenBisher haben wir einen Lichtreiz als gegeben betrachtet, vergleichbarzu einer Lichtquelle, deren Strahlung unmittelbar ins Auge gelangt.Zur Entwicklung der Farbmetrik war diese Vorstellung ausreichend.Im Allgemeinen gilt unserer Interesse jedoch den <strong>Farbe</strong>nunserer Umwelt. Die <strong>Farbe</strong>n <strong>von</strong> nichtselbstleuchtenden Objektenheissen Körperfarben. Ihre speziellen Eigenschaften sind insbesonderefür die Farbmessung und die Farbreproduktion relevant.3.4.1 Lichtmodifikation durch MaterieGrundsätzlich geht Strahlung <strong>von</strong> einer Lichtquelle aus, dringt ineine beleuchtete Oberfläche ein, wird wieder remittiert und gelangtschliesslich ins Auge des Empfängers. Mit dem Materiekontakt sinddurch Absorption, Streuung, Fluoreszenz und Reflexion Veränderungenin der Wellenlängenzusammensetzung des Lichtreizes verbunden,die wir dann als <strong>Farbe</strong> der Oberfläche wahrnehmen. Dergleiche Modifikationsprozess liegt prinzipiell auch bei einem Farbfiltervor. Anstatt <strong>von</strong> Remission sprechen wir dann <strong>von</strong> Transmission.Eine physikalisch korrekte Beschreibung der Vorgänge ist sehr aufwendigund liegt jenseits des Anspruchniveaus dieser Abhandlung.Die folgende Darstellung ist als konzeptionelle Vereinfachung aufzufassen,die <strong>im</strong> Wesentlichen aus einer Separierung <strong>von</strong> Lichtquelleund Materialeinfluss besteht. Dieser Ansatz ist motiviert durchdie Alltagserfahrung, die einer Oberfläche weitgehend unabhängig<strong>von</strong> der sie beleuchtenden Lichtquelle eine <strong>Farbe</strong> zuordnet. Nichtzuletzt basiert auf diesem Verständnis <strong>von</strong> Körperfarben die aktuelleFarbmesstechnik.Gehen wir zunächst auf die Reflexion, die direkte Rückstrahlungdes ankommenden Lichtes an der Körperoberfläche, genauer ein. InAbhängigkeit der Rauheit der Oberfläche unterscheiden wir zweiReflexionsarten.Dicuse Reflexion an matten (rauen) Oberflächen wie Pappe. Daseintreffende Licht wird unabhängig <strong>von</strong> der Beleuchtungsrich-60


tung gleichmässig in alle Richtungen reflektiert. Eine mattweiseFläche, die vollkommen diffuse reflektiert heisst LambertscheFläche. 27 Lambertsche Flächen werden beispielsweise inder Farbmessung als ideales Eichnormal benutzt.Gerichtete Reflexion oder auch Spiegelung. Sie ist typisch für glatteOberflächen und tritt dann als Glanz in Erscheinung. Daseinfallende Licht wird nach dem Reflexionsgesetz gerichtet reflektiert.Der reflektierte und der einfallende Strahl bilden mitder Normalen zur Grenzfläche <strong>im</strong> Einfallspunkt gleiche Winkelθ 1 = θ 2 ,siehe Folie 50. Diese Reflexionsart ist charakteristisch für glatteMetallflächen oder polierte Edelsteine. Zwischen diesen beidenExtremen gibt es einen stetigen Übergang aus mehr oderweniger glatten Oberflächen. Für eine vollständige Beschreibungmuss für jeden Einfallswinkel angegeben werden, welcherAnteil der Strahlung in welchem Ausfallswinkel reflektiertwird. Solche bidirectional reflectance distribution functions(BRDF) sind jedoch nur in komplizierten goniometrischen Messungenzu ermitteln.Beide Reflexionsarten, die <strong>im</strong> Allgemeinen je nach Rauheit derOberfläche gemischt vorliegen, stellen in der Farbmessung und derReproduktion ein Problem dar. Diffuse Reflexionsanteile an einerKörperfarbe wirken sich farbmetrisch wie die Mischung mit Weiss(Unbunt) aus, reduzieren also die Sättigung der Körperfarbe. 28Um diesem Effekt entgegen zu wirken, überzieht man hochwertigeDruckprodukte mit einer Glanzschicht, woher auch der QualitätsbegriffHochglanzmagazin seinen Ursprung hat. Die diffuse Reflexionist physikalisch schwierig <strong>von</strong> der (reinen) Remission zu unterscheiden.In der Farbmesstechnik wird deshalb <strong>im</strong> Normfall darauf27 nach dem elsässischen Universalgelehrten Johann Heinrich Lambert (1728–1777), dem Begründer der Photometrie28 Ein sauberes Auto hat eine intensivere <strong>Farbe</strong>.Reflexion✧ Lichtrückstrahlung an der Körperoberfläche✧ gerichtete Reflexion (Spiegelung)➙ Einfalls- = Ausfallswinkel ⇒ Glanz an glatten Oberflächen✧ diffuse Reflexion (Lambertscher Strahler)➙ Rückstrahlung in alle Richtungen (rauhe Oberflächen)➙ entspricht Mischung mit Weiss (Unbunt) ⇒ matte <strong>Farbe</strong>n✧ allgemein: sowohl gerichtete als auch diffuse Reflexion➙ winkel- und materialabhängig (Goniometrie)✧ Oberflächenfarben (winkelabhängig)➙ geringer Reflexionsanteil an der Remission (4 % − 10 %)➙ allgemein: Vermeidung <strong>von</strong> Reflexionserfassung (Glanz)NormaleReflexionsarten ✒ ❅❅ ❅ ❅❅ ❅ ❅❅ ❅ ❅❘ Grenzschichteinfallender Strahlreflektierter Strahlklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenθ 1 θ 2Einfallspunkt❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ✄ ✄✄✗ ❈❖❈❇❇▼ ❆ ❆ ❆ ❈ ❆ ❆ ❆ ❆❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❆✻❇✄❈ ✁ ✁✕ ❇❇▼ ✁ ✁✁✕❇ ✁ ✓✼❍❨❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆ ❆❍ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯ ❆❯❍ ✄ ✄ ❇ ❅❅■❇ ✟❅✟✯ ❈ ❅❅■❈ ✁❅✁ ✓ ✓✼ ✁ ✁ ❇❇ ✓ ✓ ✟••• • •✟✯•gerichtete Reflexion (Spiegelung)klaus s<strong>im</strong>ondiffuse Reflexionfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren49farbmetrik50farbmetrik61


Modellierung <strong>von</strong> Körperfarben✧ Lichtquelle S Q (λ) Materiekontakt Lichtreiz S R (λ)Remissionsgrad β(λ)Transmissionsgrad τ(λ)✧ spektrale Wirkung (bei Farbmessung, Reproduktion)S R (λ) = β(λ) S Q (λ) bzw. S R (λ) = τ(λ) S Q (λ)✧ starke Vereinfachung➙ S Q (λ) hat <strong>im</strong> Allgemeinen eine komplexe, rekursive Struktur✛ raytracing, radiosity➙ Vernachlässigung <strong>von</strong> Fluoreszenz und Glanzklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren51farbmetrikverzichtet. Der Anteil der diffusen Reflexion ist aber in der industriellenFarbwiedergabe eher vernachlässigbar.Einen Leser stört die gerichtete Reflexion in Form <strong>von</strong> Glanz nurdann, wenn er ungeschickterweise gerade in den entsprechendenAusfallwinkel blickt. Dann hat er das gleiche Problem wie bei derdiffusen Reflexion, aber in konzentrierter blendender Form. Aberdem Leser eines Hochglanzmagazin mag zuzumuten sein, dass erdurch eine kleine Änderung seiner Kopfhaltung den kritischen Betrachtungswinkelvermeidet. In der Farbmessung, wo der Glanz ausdem gleichen Grunde stört, verhält man sich ähnlich wie der Leser,der seinen Kopf bewegt. Die Erfassung <strong>von</strong> Glanz wird durch diesystematische Kontrolle der Positionen <strong>von</strong> Lichtquelle und Empfänger,die sogenannte Messgeometrie, weitgehend verhindert. Wirwerden in Abschnitt 3.4.2 darauf zurückkommen. Bezüglich derCharakterisierung <strong>von</strong> Körperfarben gehen wir da<strong>von</strong> aus, dass dieseMassnahmen erfolgreich sind und wir <strong>im</strong> Folgenden den Glanzaspektignorieren können.Licht, das nicht reflektiert wird, typischerweise mehr als 95 %,dringt durch die Oberfläche in die Materie ein. Dort wird das Lichtzum einen gestreut und zum zweiten absorbiert. Die Streuung bewirkt,dass ein Photon nach der Absolvierung einer Irrfahrt wiederzur Oberfläche zurückfindet, <strong>von</strong> wo es schliesslich remittiert wird.Die eigentliche Körperfarbe ist das Resultat der Absorption, dennsie ist in den einzelnen Wellenlängenbereichen sehr unterschiedlichwirksam. Die spektrale Wirkung der Absorption lässt sich als Verhältnisβ(λ) der Spektren S out (λ) und S in (λ) des remittierten bzw.einfallenden Lichtes ausdrücken,oder äquivalent dazuβ(λ) = S out(λ)S in (λ) , (3.26)S out (λ) = β(λ) S in (λ). (3.27)Die Änderungsfunktion β(λ) bezeichnen wir als Remissionsgrad,was gewohnheitsmässig einschliesst, dass S out (λ) keine gerichtete62


Reflexion enthalten soll. In Abwesenheit <strong>von</strong> Fluoreszenz, 29 was inder Natur als Normalfall aufgefasst werden darf, ist der Remissionsgradunabhängig <strong>von</strong> Qualität und Zusammensetzung des einfallendenLichtes, ist also eine konstante Materialeigenschaft desentsprechenden Körpers. Der Remissionsgrad β(λ) repräsentiert <strong>im</strong>eigentlichen Sinne die Körperfarbe. Dieses Verständnis liegt spezielldem Messen <strong>von</strong> gedruckten Farbmuster (Aufsichtsfarben) zuGrunde.Im Zusammenhang mit Farbfilter oder Farbfolien (Durchsichtsfarben)sind die Vorstellungen <strong>im</strong> Prinzip übertragbar. Die Durchsichtigkeitentspricht einer vernachlässigbaren Streuung. Anstelledes Remissionsgrades tritt in (3.27) der spektrale Transmissionsgradτ(λ). Ansonsten gelten Aussagen für Aufsichtsfarben sinngemässauch für Durchsichtsfarben.Wichtig für die korrekte Benutzung <strong>von</strong> (3.26) bzw. (3.27) ist diegenaue Kenntnis des einfallenden Lichtes S in (λ). In den typischenAnwendungen der graphischen Industrie identifiziert man S in (λ)mit dem Spektrum der Lichtquelle. Dies ist aber nicht selbstverständlich,was beispielsweise an dem sorgfältigen Arrangement deräusseren Umstände erkennbar ist, das in der Farbmessung oder ineiner Abmusterung — Gut-zum-Druck — üblich ist. In komplexenSituationen des Alltags ist es indessen fahrlässig die Lichtquellemit S in (λ) gleichzusetzen. Das Spektrum S in (λ) enthält <strong>im</strong> Allgemeinenneben der Lichtquelle auch grössere Anteile des remittiertenLichtes aus der Umgebung. Die mathematische Beschreibung<strong>von</strong> S in (λ) hat dann eine komplexe rekursive Struktur, die man inder Computergraphik mit Begriffen wie Raytracing oder Radiosityverbindet. 30Der letzte Beitrag zum Zustandekommen <strong>von</strong> Körperfarben lei-29 worauf wir später in diesem Abschnitt eingehen werden30 Die hier angesprochende Problematik ist streng <strong>von</strong> dem farbmetrischen Einbezugdes Sehumfeldes zu unterscheiden. Die Viewing Conditions der ColorAppearance beziehen sich auf eine Modifikation der <strong>Farbe</strong>mpfindung und solltennicht mit Aspekten der mathematisch-physikalischen Szenenbeschreibungverwechselt werden.Messen <strong>von</strong> Körperfarben✧ Materialeigenschaft manifestiert sich <strong>im</strong> Remissionsgradβ(λ) = S R(λ)S Q (λ)✧ allgemeine Abhängigkeit <strong>von</strong> Einfalls- und Ausfallswinkel➙ Standardisierung der Erfassungssituation (Messgeometrie)✛ Strahlverlauf <strong>von</strong> Lichtquelle zum Empfänger✧ 45/0-Messgeometrie: Normalfall bei Farbmessung➙ Probenbeleuchtung unter 45 ◦ , Messung bei 0 ◦➙ weitgehende Vermeidung <strong>von</strong> Glanzerfassung✧ 0/d-, d/0-, d/8-Messgeometrien: bei diffuser Strahlung➙ Messkugel mit separaten Zugängen für Quelle / Empfängerklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren52farbmetrik63


Lichtquelle45 oMessgeometrie 45/0bei Messgeräten auch inKombination mit RingspiegelEmpfängerMessprobestet die Fluoreszenz. In der Natur ist sie ein eher seltenes Phänomen,in der Technik der Farbreproduktion ist sie jedoch zunehmendanzutreffen. Eine repräsentative Anwendung sind etwa die üblichenBüropapiere (Kopierer), wo optische Aufheller <strong>im</strong> Blaubereich dennatürlichen Gelbton <strong>von</strong> Papier kompensieren.Fluoreszenz meint den physikalischen Effekt, dass Atome Photonender Wellenlänge λ ′ absorbieren und die so gewonnene Energiezeitverzögert als Licht der Wellenlänge λ ′′ wieder abgeben. Ist λ ′ausserhalb des sichtbaren Spektrums, z.B. <strong>im</strong> Ultravioletten, undλ ′′ ist sichtbar, häufig blau, dann hat die Fluoreszenz die Wirkungeiner zusätzlichen Lichtquelle. Die naive messtechnische Anwendung<strong>von</strong> (3.26) führt bei fluoreszierenden Materialien folglich zuFehlinterpretationen der Artβ(λ) > 1, (3.28)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenMessgeometrien d/0, 0/d und 8/dEmpfängerd/0 0/dLichtquelle53farbmetrikd.h. die farbmetrischen Materialeigenschaften sind nicht mehr unabhängig<strong>von</strong> der Lichtquelle beschreibbar. Im Kontext des vorliegendenBuches, das <strong>im</strong> Wesentlichen an der Normvalenz <strong>von</strong> Körperfarbeninteressiert ist, stellt (3.28) zwar ein interpretatorischesaber kein berechnungstechnisches Problem dar. Im Folgenden werdenwir deshalb auf den Aspekt der Fluoreszenz nicht weiter eingehen.313.4.2 MessgeometrienMessprobe8/dGlanzfalleUlbrichtsche Kugelklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren54farbmetrikDas traditionelle Verständnis der Farbforschung ist stark auf dieBedürfnisse der technischen Farbmessung ausgerichtet. Dies verlangt,dass die Messmethodik <strong>im</strong> Rahmen der benötigten Genauigkeitmöglichst einfach und allgemein verbindlich, sprich standardisiert,sein soll. In Bezug auf die Messung <strong>von</strong> Köperfarben, derenReflexions- bzw. Remissionsverhalten stark <strong>von</strong> den Winkeln zwischenLichtquelle, Probe und Empfänger abhängig ist, empfiehlt die31 den interessierten Leser verweisen wir auf [10, Kap.3]64


CIE eine Beschränkung auf eine festgelegte Anzahl <strong>von</strong> Winkelkombinationen,bekannt als Messgeometrien. Die benutzte Messgeometrieist als Bestandteil des Messresultates aufzufassen.Ein Standardmessgerät wie das EyeOne <strong>von</strong> Gretag Macbethhat eine 45/0-Messgeometrie, d.h. die Probe wird durch die geräteeigeneLichtquelle unter 45 ◦ beleuchtet und die Messung erfolgt bei0 ◦ aus der Normalen, also senkrecht zur Probe. Die Anordnung vermeidetgrösstenteils die Erfassung <strong>von</strong> Glanzanteilen.Die 0/d-Messgeometrie steht für Beleuchtung <strong>von</strong> 0 ◦ und eineMessung der diffus — symbolisiert durch das d — in alle Richtungenreflektierten bzw. remittierten Strahlung. Zur Kontrolle desUmgebungslichtes benutzt man als Messinstrument die UlbrichtscheKugel, eine Hohlkugel, deren Inneres mattweiss beschichtet ist.Die Beleuchtung erfolgt durch eine Öffnung senkrecht auf die Probe.Der Empfänger befindet sich in einer weiteren Öffnung, so angeordnet,dass kein Lichtstrahl direkt <strong>von</strong> der Probe zum Empfängergelangen kann. Das gesamte gemessene Licht stammt folglich ausdiffuser Reflexion / Remission.Bei der 8/d-Messgeometrie wird die Probe <strong>im</strong> Gegensatz zu 0/d-Geometrie unter 8 ◦ beleuchtet. Dadurch wird der als Glanz reflektierteLichtstrom nicht in die Beleuchtungsrichtung zurückgeworfenund kann entweder bewusst mitgemessen werden oder durcheine Glanzfalle 32 ausgeblendet werden.Die d/0 bzw. d/8-Messgeometrien entstehen aus den vorgängigenAnordnungen durch Vertauschung <strong>von</strong> Beleuchtungs- undMesswinkel. Dabei wird eine diffuse Beleuchtung realisiert, indemman den Beleuchtungsstrahl nicht auf die Probe richtet, sondernauf die weisse Kugelwand. Eine diffuse Beleuchtung wird häufigzur S<strong>im</strong>ulation der Lichtverhältnisse unter freiem, aber bedecktemH<strong>im</strong>mel benutzt.32 eine in Richtung des Glanzwinkel angebrachte schwarze Blende oder Kugelöcnung65Lichtquellen✧ Wärmestrahler: Sonne, Glühlampe➙ Ideal: Schwarzer Strahler mit StrahlungsdichteL e (λ, t) = c 1 1 1λ 5 exp ( c 2λ t ) − 1 sr π , c 1, c 2 ∈ R +➙ Farbtemperatur: Farbwert bei Temperatur t✛ definiert den Planckschen <strong>Farbe</strong>nzug✛ allgemein benutzt zur Charakterisierung <strong>von</strong> Lichtquellen✧ Lumineszenzstrahler (kaltes Licht)➙ Energie aus inneratomaren Vorgängen➙ Spektren nicht kontinuierlichklaus s<strong>im</strong>onIsothermen des schwarzen Strahlers300 600 900 1200 1500 1800 2100 2400 2700Abszisse: Wellenlänge (nm) 1.1Ordinate: Gewichtung1.00.90.80.70.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren— T = 6000 K— T = 5000 K— T = 4000 K— T = 3000 Kfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren55farbmetrik56farbmetrik


••••••••••••••••••Sonnenspektrum460 940 1420 1900 2380 2860 3340 3820Abszisse: Wellenlänge (nm)Ordinate: W / (m 2 nm)2.252.001.751.501.25 ASTM G-173Sonnenlichtstandard1.00 — terrestrischesSonnenspektrum0.75— extraterrestrisches0.50 Sonnenspektrum— schwarzer Strahler0.25 bei 6000 Kklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenNormfarbtafel mit Planckschem <strong>Farbe</strong>nzug0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.80.857farbmetrik3.4.3 LichtquellenAuch bei einer als konstant betrachteten Materialcharakteristik inForm eines bekannten Remissionsgrades β(λ) bleibt die Körperfarbegemäss (3.27)β(λ) S in (λ) (3.29)eine Funktion der Lichtquelle S in (λ). Eine Änderung <strong>von</strong> S in (λ) ändertauch die entsprechende Körperfarbe. Dies hat z.B. Konsequenzenfür die Spezifikation eines Druckbildes. Ausser den Normvalenzender einzelnen Pixel benötigt man für eine vollständige Spezifikationauch die Daten der zugehörigen Lichtquelle. Diese Lichtquellesollte dann auch in der Reproduktion benutzt werden.Um den technischen Aufwand <strong>im</strong> Umgang mit Lichtquellen zu begrenzen,beschränkt man sich auf wenige Standardlichtquellen. Sobenutzt man in der graphischen Industrie generell eine als D 50 bekannteLichtart. Im Folgenden werden wir diese und einige weiteretechnische Lichtarten vorstellen.Wärmestrahlung500 nm450 nmSpektralfarbenzug550 nm 600 nmT =∞PurpurgeradeUnbunt UT = 6000 KPlanckscher <strong>Farbe</strong>nzugAbszisse xOrdinate y0.70.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren58farbmetrikHeisse Körper wie glühendes Eisen senden Licht aus und zwar jeheisser desto heller. Bei dieser Strahlungsart stammt die Energieaus dem Wärmehaushalt des Körpers, wir sprechen deshalb <strong>von</strong>Temperatur- oder Wärmestrahlung. Der Idealfall eines Temperaturstrahlersist der schwarze Strahler. Er absorbiert die gesamte aufihn einfallende Strahlung über alle Wellenlängen. Infolgedessen istdie durch ihn ausgesandte elektromagnetische Strahlung in ihrerIntensität und spektralen Energieverteilung ausschliesslich durchdie Temperatur best<strong>im</strong>mt. Das Plancksche Strahlungsgesetz 33 beschreibtdie spektrale Strahldichte L(λ, t) des schwarzen Strahlers33 <strong>von</strong> Max Planck <strong>im</strong> Jahre 1900 abgeleitet mit fundamentaler Bedeutung inder Physik66


in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Temperatur t und der Wellenlänge λ:L(λ, t) = c 1λ 5 1exp( c 2λ t ) − 1 1srπ(3.30)mit c 1 = 3.741832 · 10 −16 W m 2 und c 2 = 1.438786 · 10 −2 m K. VieleWärmestrahler lassen sich durch den schwarzen Strahler annähern,z.B. Glühbirnen. Von besonderer Bedeutung ist in unseremKontext die Sonne, da das Sehvermögen des Menschen daran angepasstist. So st<strong>im</strong>mt der sichtbare Wellenlängenbereich mit demStrahlenmax<strong>im</strong>a eines schwarzen Strahlers der Temperatur 6000 ◦K recht gut überein. 34 Ferner definiert das Spektrum eines solchenStrahlers unser Weissempfinden.Der einfache Zusammenhang zwischen der Temperatur und demSpektrum eines schwarzen Strahlers erlaubt es einem Temperaturwerteine <strong>Farbe</strong> zuzuordnen, bekannt als Farbtemperatur. Die Kurveder zugehörigen Farbarten in der Normfarbtafel heisst Planckscher<strong>Farbe</strong>nzug. In Analogie zum schwarzen Strahler kann manauch Spektren anderer Lichtquellen eine Farbtemperatur zuordnen,was dann bedeutet, dass sie dieselbe Farbart haben. Bei grösserenAbweichungen kann man <strong>im</strong>merhin noch die beste Näherung an eineFarbtemperatur best<strong>im</strong>men und spricht dann <strong>von</strong> der ähnlichstenFarbtemperatur.NormlichtartenDie CIE hat für farbmetrische Anwendungen eine Anzahl <strong>von</strong>Normlichtarten empfohlen, deren Strahlungsfunktionen vorgegebenund tabelliert sind.Normlichtart A. Sie entspricht der Strahlung eines schwarzenStrahlers bei der Temperatur 2865 K und wird <strong>im</strong> sichtbarenBereich des Spektrums hinreichend gut durch eine Wolfram-Glühlampe der Temperatur 2856 K approx<strong>im</strong>iert.34 <strong>von</strong> speziellen Absorptionen in der Lufthülle abgesehenOrdinate: GewichtungNormlichtquellen✧ zur Vereinfachung <strong>von</strong> Farbmessung und Reproduktion✧ Definition durch Festlegung der Spektren (als Tabellen)✧ Tageslichtarten D➙ abstrakt definiert (physikalisch nur approx. realisierbar)➙ meist verwendet✛ D 65 : TV-Anwendungen (Farbtemperatur 6504 K)✛ D 50 : graphische Industrie (Farbtemperatur 5003 K)✧ andere Tageslichtarten➙ A: Wolfram-Glühlampe bei 2856 K➙ C: aus A durch Davis-Gibson-Filter (6800 K)➙ B: Sonnenlichtklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenDiagramme Normlichtarten415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)1.251.00.75- - - D 65 (λ)0.5- - - D 50 (λ)- - - C(λ)0.25 - - - B(λ)- - - A(λ)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren59farbmetrik60farbmetrik67


Cyan-Magenta-Yellow-blacK✧ Körperfarben➙ konstante Helligkeit (als Funktion der Lichtquelle)➙ geringe Sättigung (wegen breitem Remissionsspektrum)✧ erfordert Opt<strong>im</strong>ierung des Druckfarbenraums CMYK➙ Approx<strong>im</strong>ation der abstrakten Opt<strong>im</strong>alfarben➙ Übereinanderdruck <strong>von</strong> Dots (Farbfilter)➙ Sekundärfarben: subtraktive Mischung der Grundfarben✛ nicht in der konvexen Hülle der Pr<strong>im</strong>ärfarben✧ Transformation X YZ → CMYK nicht funktional best<strong>im</strong>mt➙ Farbspezifikation in Flächenbedeckungen c, m, y, kklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren61farbmetrikNormlichtart D 65 . Die CIE hat 1963 eine Serie <strong>von</strong> Tageslichtartendefiniert, die alle mit D beginnen. Die technisch wichtigsteist D 65 mit einer ähnlichsten Farbtemperatur <strong>von</strong> 6504 K. IhreStrahlungsfunktion ist nicht an einer technischen Strahlungsquelleorientiert, sondern wurde rein abstrakt definiert. AusserD 65 ist besonders in der graphischen Industrie auch D 50 (ähnlichsteFarbtemperatur 5003 K) verbreitet.Normlichtart C. Modifiziert man die Normlichtart A durch einenspeziellen Filter, den Davis-Gibson-Filter, so erhält man die TageslichtartC (ähnlichste Farbtemperatur 6800 K), die vor derEinführung <strong>von</strong> D 65 sehr populär war.Normlichtarten F. Eine Serie <strong>von</strong> 12 fluoreszierenden Lichtquellen.F 8 stellt einen fluoreszierenden D 50 -S<strong>im</strong>ulator mit ähnlichsterFarbtemperatur 4000 K dar.3.5 Der C M Y K -FarbraumRGB-BildGrafikRaster Image Processor (RIP)TextICC-CMSPsychophysikGamut MappingFarbkonvertierungMassenmarktS<strong>im</strong>ulation der Pixelhelligkeit in einer Rasterzellemit Durchmesser < der optischen AuflösungsgrenzeRIPWahrnehmungRasterbild (Halftoning)RasterzelleFarbmischung inNetzhautrezeptorenDruckformnicht regelbarDruckbildGerechtfertigt durch die üblichen Betrachtungsbedingungen desLesens werden Druckfarben als Körperfarben aufgefasst, die sichdurch die Gleichung (3.27) beschreiben lassen, d.h. ihr Spektrumist das Resultat der Faltung der Lichtquelle mit ihrem Remissionsgrad.Dies hat zwei grundlegende Konsequenzen für die Auswahl derDruckfarben. Zum einen besitzen Körperfarben eine konstante Helligkeit35 und zum zweiten sind ihre Spektren häufig über den ganzensichtbaren Wellenlängenbereich verteilt, was tendenziell zu einergeringen Sättigung führt. 36 Die technische Antwort auf dienicht natürlicherweise vorhandene Helligkeitsmodulation ist dieRastertechnik (Halftoning). Da die Rastertechnik eher <strong>von</strong> algorithmischenund weniger <strong>von</strong> farbmetrischen Fragen geprägt ist, behandelnwir sie in einem eigenen Kapitel.spezifizierte Rasterzelleklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren62farbmetrik35 als Folge einer zeitlich konstanten Lichtquelle36 Man beachte, dass die Mischung aller Spektralfarben Unbunt U ergibt.68


Hier genügt es, sich auf die Farbvalenz eines einzelnen Druckpunktes(Dot) zu konzentrieren, siehe Folie 62. Der Gegenstand diesesAbschnittes ist die Grösse des Druckfarbenraums als Funktionder ausgewählten Prozessfarben, Grund- oder Pr<strong>im</strong>ärfarbengenannt. In Hinsicht auf die Sättigung der Grundfarben handeltes sich um ein Opt<strong>im</strong>ierungsproblem. Dabei kommt den aus demÜbereinanderdruck zweier Pr<strong>im</strong>ärfarben resultierenden Sekundärfarbeneine entscheidende Bedeutung zu. Der Übereinanderdruckwirkt sich wie das Übereinanderblenden <strong>von</strong> Farbfiltern aus, istalso als subtraktive Farbmischung zu verstehen. Die SekundärfarbenRot, Grün und Blau liegen deshalb nicht in der konvexen Hülleder Pr<strong>im</strong>ärfarben Cyan, Magenta und Yellow und haben zumindesttheoretisch den grösseren Einfluss auf den Umfang des Druckfarbenraums.3.5.1 Opt<strong>im</strong>alfarben und der ideale MehrfarbendruckEine Opt<strong>im</strong>alfarbe ist die <strong>Farbe</strong> eines Körpers, dessen Remissionskurveeine rechteckige Gestalt hat, wobei nur die Werte β(λ) = 0oder β(λ) = 1 und höchstens zwei Sprungstellen vorkommen. Dievier möglichen Formen Mittelfarbe, Mittelfehlfarbe, Langendfarbeund Kurzendfarbe sind in Folie 64 dargestellt. Die uns hier interessierendenEigenschaften der Opt<strong>im</strong>alfarben wurden zuerst 37 <strong>von</strong>Erwin Schrödinger analysiert [9]:• Zu jeder Farbart gibt es genau eine Opt<strong>im</strong>alfarbe, nämlich diehellstmögliche Körperfarbe dieser Farbart.Opt<strong>im</strong>alfarben✧ Körperfarben mit rechteckigem Remissionsgrad➙ nur zwei Werte: β(λ) = 1 oder β(λ) = 0✧ analysiert <strong>von</strong> Erwin Schrödinger 1920✧ jede Farbart besitzt genau eine Opt<strong>im</strong>alfarbe➙ die hellstmögliche Körperfarbe dieser Farbart✧ für feste Helligkeit und Farbart➙ hat die Opt<strong>im</strong>alfarbe die höchste Sättigung✧ vier verschiedene Formen➙ Mittelfarbe➙ Mittelfehlfarbe➙ Langendfarbe➙ Kurzendfarbe63klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikFormen <strong>von</strong> Opt<strong>im</strong>alfarben (Ordinate: β(λ), Abszisse: λ )MittelfarbeMittelfehlfarbe400 500 600 700400 500 600 7001.251.251.001.000.750.750.500.500.250.25• Unter allen Körperfarben mit einer festen Helligkeit und gegebenemFarbton ist diejenige mit der höchsten Sättigung eineOpt<strong>im</strong>alfarbe.Kurzendfarbe400 500 600 7001.25Langendfarbe400 500 600 7001.25Die zweite Aussage identifiziert die Opt<strong>im</strong>alfarben als ideale Kandidatenfür die gesuchten Pr<strong>im</strong>ärfarben des Mehrfarbendrucks. Damitsich be<strong>im</strong> Übereinanderdruck die gewünschte Wirkung einstellt,müssen die verschiedenen Pr<strong>im</strong>ärfarben noch zusätzlich über1.000.750.500.251.000.750.500.256437 später hat R. Luther [22] die Theorie der Opt<strong>im</strong>alfarben erweitertklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenfarbmetrik69


•Höhenzüge der Opt<strong>im</strong>alfarben0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.80.8Ordinate y0.70.60.50.40.30.2 10–90 % <strong>von</strong> Y-UnbuntLichtart E0.1Abszisse x65klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikDruckfarben✧ ideale Pr<strong>im</strong>ärfarben nach Neugebauer 1937➙ Opt<strong>im</strong>alfarben mit gemeinsamen Sprungstellen✛ bei 489 bzw. 574 nm (heute eher: 495 u. 575 nm)✛ Cyan: Kurzendfarbe, Magenta: Mittelfehlfarbe✛ Yellow: Langendfarbe➙ Sekundärfarben: Rot, Grün, Blau✛ als subtraktive Mischfarben erster Ordnung✛ <strong>im</strong> Druck gleichsignifikant wie Pr<strong>im</strong>ärfarben➙ reale Grundfarben des Mehrfarbendrucks✛ starke Abweichungen <strong>von</strong> den Idealspektren➣ grosse Unterschiede <strong>von</strong> Über- zu Nebeneinanderdruck➣ nur empirischer Zusammenhang zu X YZ66klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikidentische Sprungstellen A und B verfügen, welche den bläulichvom grünlichen bzw. den grünlichen vom rötlichen Bereich des sichtbarenSpektrums trennen. Der Wert <strong>von</strong> A sollte um 490 nm liegen,bzw. B bei etwa 580 nm. Als Grundfarben ergeben sich daraus• Cyan als Kurzendfarbe, β(λ) = 1 für λ ≤ B,• Magenta als Mittelfehlfarbe, β(λ) = 1 für λ ≤ A ∨ B ≤ λ, und• Yellow als Langendfarbe, β(λ) = 1 für A ≤ λ.Die genaue Wahl der Sprungstellen A und B hängt <strong>von</strong> dem Remissionsverhaltender Sekundärfarben ab, welches in ähnlicher Artund Weise idealisiert werden kann wie die Opt<strong>im</strong>alfarben. Eine aufPapier gedruckte Farbschicht der Pr<strong>im</strong>ärfarbe H fassen wir dazu alseinen in gewissen Wellenlängenbereichen transparenten Farbfiltermit Transmissionsgrad τ H (λ) ∈ {1,0} auf. Als Lichtquelle setzen wir<strong>im</strong> Folgenden das energiegleiche Spektrum S(λ) = 1 voraus.Das Papier selbst wird als Lambertsche Fläche mit Remissionsgradβ P (λ) = 1, λ beliebig, modelliert. Ferner nehmen wir an, dassein Photon, das an der Oberfläche der Farbschicht remittiert wird,zunächst durch die Farbschicht zum Papier durchdringt, dort remittiertwird und die Farbschicht erneut durchdringt. Der Remissionsgradβ H (λ) hat somit die Interpretationβ H (λ) = τ H (λ) 2 · β P (λ). (3.31)Man beachte, dass das Photon die Farbschicht zwe<strong>im</strong>al passiert undτ H (λ) deshalb quadriert vorkommt, was aber wegen τ H (λ) 2 = τ H (λ)als Folge <strong>von</strong> τ H (λ) = 1 oder τ H (λ) = 0 keine praktischen Auswirkungenhat. Der Übereinanderdruck zweier Grundfarben, z.B.Cyan (C) und Yellow (Y ), lässt sich gemäss dieser Modellvorstellungals die Hintereinanderschaltung des Cyan- und des Yellow-Farbfilter verstehen. Auf der rechten Seite <strong>von</strong> (3.31) muss lediglichder Faktor τ H (λ) 2 durch τ C (λ) 2 · τ Y (λ) 2 ersetzt werden, da das Photonnun beide Farbschichten durchläuft. Berücksichtigen wir nochβ p (λ) = 1 = β p (λ) 2 , so erhalten wir für den Remissionsgrad β C∗Y (λ)70


des Übereinanderdrucks <strong>von</strong> Cyan und Yellow:β C∗Y (λ) = τ C (λ) 2 · τ Y (λ) 2 · β P (λ) (3.32)= τ C (λ) 2 · β P (λ)·τ } {{ } Y (λ) 2 · β P (λ)} {{ }(3.31)= β C (λ)(3.31)= β Y (λ)= β C (λ) · β Y (λ)Für den Übereinanderdruck mit Magenta M bzw. <strong>von</strong> Yellow undMagenta gilt sinngemäss das Gleiche. Zusammenfassend könnenwir also festhalten, dass der Remissionsgrad der SekundärfarbenRot R, Grün G und Blau B mit dem Produkt der Remissionsgradeder beteiligten Pr<strong>im</strong>ärfarben identisch ist.Aus der so gewonnenen spektralen Beschreibung des Übereinanderdrucksergibt sich nun auch zwanglos eine valenzmetrische Charakterisierungder multiplikativen Mischung der Pr<strong>im</strong>ärfarben:Y ∗ M = ∗ = = R (3.33)C ∗ Y = ∗ = = G (3.34)C ∗ M = ∗ = = B (3.35)Für die entsprechenden additiven Mischungen erhalten wirY + M = (G + R) + (B + R) = U + R (3.36)C + Y = (B +G) + (G + R) = U +G (3.37)C + M = (B +G) + (B + R) = U + B, (3.38)wobei U für Unbunt steht. Diese Gleichungen repräsentieren diekonzeptionellen Eigenschaften des idealen Mehrfarbendrucks, sieheFolie 68:1. Additive und subtraktive Farbmischungen <strong>von</strong> C, M und Y habenden gleichen Farbton.2. Der ideale Druckfarbenraum ist mit der konvexen Hülle der SekundärfarbenSubtraktive Mischung der CMYK-Grundfarben✧ Annahme: β C∗Y (λ) = β C (λ) · β Y (λ)✧ R=F(574 nm


eale Druckfarben✧ reale Druckfarben C, M, Y, nicht ideal ( ca. 10 ∆E Differenz)✧ Ergänzung durch Schwarz K konzeptionell redudant➙ reduziert Farbauftrag (Kosten, beschränkte Farbannahme)➙ Bildopt<strong>im</strong>ierung in dunklen Bereichen✧ Pixelspezifikation in Flächenbedeckungen c, m, y, k➙ der jeweils mit C, M, Y, K zu bedruckende Flächenanteil➙ jede Pr<strong>im</strong>ärfarbe und Schwarz (K) hat ein eigenes Raster✧ Schwarzgenerierung: Ersetzung des grauen CMY-Anteils➙ Unbuntaufbau = Grey Component Replacement (GCR)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren69farbmetrik• Rot R = Y ∗ M, β R (λ) = 1 für λ ≥ B,• Grün G = C ∗ Y , β G (λ) = 1 für A ≤ λ ≤ B, und• Blau B = C ∗ M, β B (λ) = 1 für λ ≤ A,identisch.3. Die additive Mischung aller Pr<strong>im</strong>ärfarben ergibt Unbunt U, genauwie die Mischung einer Sekundärfarbe und der gegenüberliegendenPr<strong>im</strong>ärfarbe.Die exakte Wahl der Sprungstellen A und B n<strong>im</strong>mt gemäss Punkt 2die Form eines einfachen Flächenopt<strong>im</strong>ierungsproblems an, d.h. dieFläche des <strong>von</strong> den Sekundärfarben in der Normfarbtafel aufgespanntenDreiecks ist zu max<strong>im</strong>ieren. Diese Aufgabe wurde 1937<strong>von</strong> Hans Neugebauer [19] gelöst, wobei er die Werte A = 489 nmund B = 574 nm ermittelte. Neuere Untersuchungen der Ugra [24]legen A = 495 nm und B = 575 nm nahe.80 %60 %40 %20 %reale Remissionsgrade gemäss ISO 2846400 450 500 550 600 650 700 400 450 500 550 600 650 70080 %60 %40 %20 %Abszisse: Wellenlänge (nm)Sprungstelle ASprungstelle BSprungstelle ASprungstelle BcyanOrdinate: Remissionsgrad80 %60 %40 %20 %Abszisse: Wellenlänge (nm)Sprungstelle ASprungstelle Bmagenta400 450 500 550 600 650 700 400 450 500 550 600 650 700Abszisse: Wellenlänge (nm)yellowOrdinate: Remissionsgrad80 %60 %40 %20 %Abszisse: Wellenlänge in nmSprungstelle ASprungstelle BblackOrdinate: RemissionsgradOrdinate: Remissionsgrad70klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrik3.5.2 Die realen Grundfarben des MehrfarbendrucksDie Spektralverläufe des idealen Mehrfarbendrucks lassen sichtechnisch leider nur annäherungsweise realisieren. Typische Spektralverläufefür reale Grundfarben sind in Folie 69 zu sehen. Die Abweichungenvom idealen Kurvenverlauf reduzieren sowohl die potentielleGrösse des Druckfarbenraums, siehe Folie 69, als auch dieGraubedingung, d.h. die jeweiligen Anteile bei additiven Mischungen<strong>von</strong> Grau sind nur noch approx<strong>im</strong>ativ gültig. Die Unterschiedezwischen Über- und Nebeneinanderdruck sind <strong>im</strong> realen Mehrfarbendruckgrösser, bis etwa 10∆E, und zudem nicht nur mehr aufdie Sättigung beschränkt.Im realen Mehrfarbendruck ergänzt man die <strong>Farbe</strong>n C, M undY durch Schwarz K und schreibt dann C M Y K . 38 Im Druck ent-38 Gemäss einer populären Interpretation steht der Buchstabe K für den letztenin black. Der erste ist nicht möglich, weil er bereits an blue vergeben ist.Alternativ kann man K als Key Color interpretieren.72


spricht einem Pixel aus einer Bildschirmdarstellung ein Rasterpunkt.39 Die Spezifikation eines Rasterpunktes geschieht <strong>im</strong> Vierfarbendruckdurch die Angabe der Flächenbedeckungen c, m, y undk. Der Wert <strong>von</strong> c legt fest, wieviel Prozent der Rasterpunktflächemit Cyan bedruckt werden soll. Eine analoge Interpretation habenm, y und k. Da jede <strong>Farbe</strong> separat gedruckt wird, gilt für dem max<strong>im</strong>almöglichen Farbauftrag:c + m + y + k ≤ 400%Vergleich: Offsetdruck — idealer Mehrfarbendruck0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.60.6YGR0.5MC0.4Konzeptionell ist Schwarz K redundant, d.h. entspricht dem Übereinanderdruck<strong>von</strong> C, M und Y . In der Praxis ist K aus verschiedenenGründen jedoch unverzichtbar.Zunächst einmal ist die Farbaufnahmefähigkeit einer Papierartbeschränkt, d.h. der theoretisch mögliche max<strong>im</strong>ale Farbauftrag<strong>von</strong> 400 % ist technisch nicht realisierbar. Hohe Farbaufträge führenbeispielsweise zu Trocknungs- und Abriebsproblemen. Auf Zeitungspapiersind ca. 250 %, auf Kunstdruckpapieren etwa 340 %Farbauftrag realisierbar. Aber die Ersetzung des zu Grau äquivalentenCMY -Anteils durch einen entsprechenden K-Wert reduziertnicht nur den Gesamtfarbauftrag, sondern senkt durch den vermindertenFarbverbrauch auch die Betriebskosten. 40Die Substitution durch K nennt man <strong>im</strong> Deutschen einen Unbuntaufbauoder <strong>im</strong> Englischen Grey Component Replacement (GCR).In welchem Umfang der Grauanteil in CMY ersetzt wird, ist konzeptionellnicht best<strong>im</strong>mt. Eine übliche Strategie verzichtet z.B. fürFlächenbedeckungen unter 50 % gänzlich auf den Unbuntaufbau.Wird die CMY -Graukomponente vollständig ersetzt, dann sprichtman <strong>von</strong> Under Color Removal (UCR). Als Default-Einstellung fürGerätefarbräume in PostScript bzw. PDF hat diese Variante heute einegrosse Bedeutung. Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt,dass es auch negative GCRs (Buntaufbau) gibt, nämlich das zusätzlicheÜberdrucken eines hohen K-Wertes mit CMY zur Erzielung39 siehe Kapitel Halftoning40 traditionell ist K die billigste <strong>Farbe</strong>Ordinate v ′Ordinate v ′B0.30.20.1Abszisse u ′klaus s<strong>im</strong>onDruckfarbräume <strong>im</strong> Vergleich0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.60.60.50.40.30.20.1Abszisse u ′klaus s<strong>im</strong>on— ideale Grundfarben(Opt<strong>im</strong>alfarben, D 50 )— reale Grundfarbenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren— idealer Mehrfarbendruck— Offsetdruck— Tiefdruck— Siebdruck— Zeitungsdruckfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren71farbmetrik72farbmetrik73


Vergleich: Offsetdruck — 7-<strong>Farbe</strong>n-Druck0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.60.6eines sogenannten gesättigten oder brillanten Schwarzes. Schliesslichsei darauf hingewiesen, dass der Unbuntaufbau einen Beitragzur Kantenschärfe bzw. Detailgenauigkeit in der Bildreproduktionleisten kann.Ordinate v ′0.50.40.30.20.1Abszisse u ′klaus s<strong>im</strong>on— idealer Mehrfarbendruck— Offsetdruck— 7-<strong>Farbe</strong>ndruck➙ Cyan➙ Magenta➙ Gelb➙ Grün➙ Orange➙ Violett73farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikTransformation X YZ nach CMYK✧ Separation: finde c, m, y, k für gegebenen X YZ-Wert✧ komplexe Abhängigkeiten➙ Tonwertzunahme (rechts) und Lichtfang (dot gain)➙ additive + subtraktive Farbmischung (Übereinanderdruck)➙ verwendete Rastertechnik (AM / FM)➙ sich verändernde Druckbedingungen (Luftfeuchtigkeit, . . . )✧ verschiedene Separationskonzepte➙ idealisierte Gerätetransformation ( cyan = 1- rot , . . . )➙ Prozessmodelle, z.B. Neugebauer➙ ICC-Color Management✛ empirische Gerätecharakterisierung74klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrik3.5.3 Tansformation X Y Z nach C M Y KDie Best<strong>im</strong>mung der Flächenbedeckungen c, m, y und k für einegegebene X Y Z -Farbvalenz ist bekannt als Separation. Die technischeKomplexität der involvierten Einflussgrössen kontrastiertstark mit dem Effizienzbedarf einer Zentralroutine des <strong>Publizieren</strong>s.Entsprechend weitgestreut sind die üblichen Lösungsansätze.Im Folgenden stellen wir zunächst ein einfaches, aus dem idealenMehrfarbendruck abgeleitetes Konzept vor. Im Rest des Abschnittsbeschäftigen wir uns dann mit dem klassischen Neugebauer-Ansatz als Beispiel für ein modellbasiertes Vorgehen. Auf die Stateof-the-Art-Technologie,das ICC-Color Management, gehen wir hier<strong>im</strong> Kontext der Farbmetrik nicht ein, sondern verweisen den Leserauf das Kapitel 8.Zu den zentralen Schwierigkeiten der Farbseparation zählt dieTonwertzunahme. Sie beschreibt die Differenz zwischen spezifizierterund realisierter Flächenbedeckung. Der Name verweist auf dieallgemeine Erfahrung steigender Flächenbedeckungen, wobei derEffekt in mittleren Bereichen relativ am grössten ist, siehe Folie 74.Sie beruht sowohl auf mechanischen Effekten (Diffusion der <strong>Farbe</strong>ins Papier, Mechanical Dot Gain), als auch auf optischen Phänomenen(komplexer Lichtstreuung <strong>im</strong> Papier, Optical Dot Gain). BeideUrsachen sind Gegenstand der aktuellen Forschung und könnenzum jetzigen Zeitpunkt nicht abschliessend gewürdigt werden.Das zweite grosse Problem ist das Zusammenspiel <strong>von</strong> additiverund subtraktiver Farbmischung infolge des Übereinanderdrucksder einzelnen Farbraster. Zwar lässt sich konzeptionell die substraktiveFarbmischung auf eine Menge <strong>von</strong> additiven Mischungen zurückführen,siehe Seite 77, aber die resultierenden Modellparametersind auf Grund ihrer Abhängigkeit <strong>von</strong> dem benutzten Halftoning,dem eingesetzten Papier, der aktuellen Luftfeuchtigkeit, der74


Umgebungstemperatur usw. in der Praxis nur grob approx<strong>im</strong>ierbar.In Anbetracht dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, dass bisanhin eine farbmetrische Regelung einer Druckmaschine eine wissenschaftlicheHerausforderung ist und nach wie vor die menschlicheErfahrung <strong>im</strong> professionellen Druck unverzichtbar ist.Auf Grund der angesprochenen Schwierigkeiten, haben Konzeptezur Farbseparation überwiegend einen empirischen Charakter,streng auf pragmatische Nützlichkeit hin ausgerichtet. In letzteremSinne ist unsere erste Separationslösung zu sehen. Sie basiertauf dem idealen Mehrfarbendruck und ignoriert die konkreteProduktionssituation gänzlich. Den farbmetrischen Nachteilen desVerfahrens steht seine universelle Anwendbarkeit gegenüber. DieRelevanz des letztgenannten Aspektes kann man daran ersehen,dass Adobe diese Transformation als Default-Separation in Post-Script bzw. PDF benutzt, siehe [2, chapter 6.2.3: Conversion fromDeviceRGB to DeviceCMYK]. Adobe unterscheidet CIE-basierteFarbräume <strong>von</strong> ≪Device ≫-Farbräumen, 41 weswegen wir <strong>im</strong> Folgenden<strong>von</strong> der d2d-Separation bzw. d2d-Transformation sprechen werden.42Seien wie in Abschnitt 3.5.1 C, M, Y , R, G und B die Pr<strong>im</strong>ärbzw.die Sekundärfarben des idealen Mehrfarbendrucks. Unmittelbaraus ihren Definitionen ergibt sich unsere GrundgleichungR +G + B = U, (3.39)wobei U wieder für Unbunt, dem Weiss des energiegleichen Spektrumssteht. Setzen wir nun die IdentitätenC = B +G, M = B + R und Y = G + Rin die Gleichung (3.39) ein, so erhalten wir:C = U − R (3.40)M = U −G (3.41)Y = U − B (3.42)Farbseparation: Original links, M-Auszug rechtsklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenFarbseparation: C-Auszug links, MYK-Auszug rechts75farbmetrik41 DeviceRGB steht für das ≪dem Gerät eigene RGB ≫42 ≪ d2d ≫ für ≪device-to-devive ≫klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren76farbmetrik75


Tonwertzunahme10 20 30 40 50 60 70 80 90Abszisse: %-FlächenbedeckungOrdinate: %-Tonwertzunahme3025201510- - - gestrichenes Papier— ungestrichenes PapierDer nächste Schritt besteht in einer formalen Uminterpretation dervorangegangenen Gleichungen. Auf den linken Seiten ersetzen wirdie Pr<strong>im</strong>ärfarben durch die Flächenbedeckungen c, m und y. Rechtsidentifizieren wir die Sekundärfarben des Drucks mit den Pr<strong>im</strong>ärfarbeneines Monitorbildes, d.h. R, G und B werden durch die gleichnamigenKomponenten r, g und b eines RGB-Eingabewertes substituiert.Ferner nehmen wir an, dass alle vorkommenden Farbvalenzen,insbesondere U, auf 1 normalisiert sind. Die Gleichungen (3.40)– (3.42) verändern sich dadurch zu:c = 1 − r (3.43)m = 1 − g (3.44)y = 1 − b (3.45)5klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren77farbmetrikBeispielsweise wird der RGB-Vektor (0.2,0.7,0.4) mit dem CMY -Vekor (0.8,0.3,0.6) identifiziert. Im Einklang mit den Prinzipien desidealen Mehrfarbendrucks erfolgt die Schwarzgenerierung durch:PostScript: DeviceRGB nach DeviceCMYKfür die CMYK-Grundfarben giltB } P {{ + G } P +R P = U P=C Pmit R P = R M und U P = W M folgtC P= W M − R MSubstitution C P = c, W M = 1, R M = rc = 1.0 − redm = 1.0 − greeny = 1.0 − bluec = 1 − rk = min(c, m, y)✧ BG(k) black generation✧ UCR(k) undercolor removal✧ Geräte abhängig gesetzt➙ <strong>im</strong> graphic state✧ Transferfunktion➙ Gradationsanpassungcyan = min(1.0, max(0.0, c − UCR(k)))magenta = min(1.0, max(0.0, m − UCR(k)))yellow = min(1.0, max(0.0, y − UCR(k)))black = min(1.0, max(0.0, k − BG(k)))klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren78farbmetrikk = min(c, m, y)Die gesuchten Flächenbedeckungen c ′ , m ′ , y ′ und k ′ der d2d-Separation genügen dann:c ′ = c − k (3.46)m ′ = m − k (3.47)y ′ = y − k (3.48)k ′ = k (3.49)Bemerkung. Adobe sieht statt dem Wert k in den Gleichungen (3.46)bis (3.48) eine Funktion UCR(k) bzw. B(k) in (3.49) vor, die es z.B. einemHersteller <strong>von</strong> Laserdruckern erlaubt, die d2d-Transformation denindividuellen Bedürfnissen anzupassen.Die d2d-Separation ist farbmetrisch recht abenteuerlich motiviertund liefert entsprechend bei normalen Bildern auch nicht diebesten visuellen Resultate. Sie hat allerdings ausser der universellenAnwendbarkeit noch weitere Vorteile. Die Abbildung RGB →76


CMY ist bijektiv und verzerrungsfrei. Der Druckfarbraum wirdvollständig genutzt. Bei Motiven mit grossen Bildgamuts wird das<strong>im</strong> Color Management weitverbreite Clipping extremer <strong>Farbe</strong>n vermieden,was auch visuell durchaus vorteilhaft sein kann.Das Neugebauer-ModellSind die Ansprüche an die Genauigkeit nicht allzu hoch, so lässt sichdie Farbvalenz einer cmyk-Spezifikation mit einem einfachen probabilistischenVerfahren schätzen. Dieses auf Hans Neugebauer[19] zurückgehende Konzept liefert eine <strong>im</strong> Normalfall brauchbareApprox<strong>im</strong>ation und war vor der Digitalisierung der Medienwelt, etwa50 Jahre lang, der Standardansatz zur Separation. Im Gegensatzzu den Interpolationstechniken des Color Managements gewährt eszudem einen Einblick in die funktionellen Zusammenhänge.Die zentrale Schwierigkeit bei der farbmetrischen Modellierungder Separation ist der Einbezug der 16 möglichen Kombinationendes Übereinanderdrucks <strong>von</strong> 4 Grundfarben, siehe Folie 79. Der ersteSchritt in Neugebauers Konzept ist die Messung der FarbvalenzenF i , 1 ≤ i ≤ 16, aller Kombinationen des Übereinanderdrucks.Diese Werte sind prozessspezifisch und offline ermittelbar. Um nundie Farbvalenz F eines fixierten Rasterpunktes als additive Farbmischungdarstellen zu können, benötigt man noch die relativen Flächenanteilef i in dem F i vorliegt:F = f 1 F 1 + ··· + f 16 F 16 (3.50)Die Gleichung (3.50) beschreibt die Situation nach dem Druckvorgang,anwenden möchten wir sie aber vor dem Drucken. Da zu diesemZeitpunkt die Werte f i noch nicht existieren, müssen wir ihrespäteren Werte schätzen. Eine modellbasierte Schätzung wäre sehranspruchsvoll, da die f i -Koeffizienten <strong>von</strong>einander, <strong>von</strong> den c, m, y,k Werten, <strong>von</strong> dem verwendeten Rasterverfahren und <strong>von</strong> zufälligenProduktionsschwankungen abhängen. Neugebauer schlug deshalbeine probabilistische Interpretation des Vierfarbendrucks vor,in dem der Koeffizient f i der Wahrscheinlichkeit entspricht, dassdie Druckkombination i realisiert wird:Zurückführung auf additive Farbmischung✧ Übereinanderdruck <strong>von</strong> 4 Raster:➙ 16 elementare Kombinationsfarben✛ mit messbarer Normvalenz F i✛ und relativem Flächenanteil f i✧ Farbvalenz F eines Rasterpunktes:F = F(c, m, y, k) = f 1 F 1 + · · · + f 16 F 16✧ f 1 , . . . , f 16 Funktionen <strong>von</strong>➙ c, m, y, k (pr<strong>im</strong>är)➙ des Rasterverfahrens➙ ProduktionsschwankungenF 1 F(0, 0, 0, 0) Papierweiss (W)F 2 F(1, 0, 0, 0) Cyan (C)F 3 F(0, 1, 0, 0) Magenta (M)F 4 F(0, 0, 1, 0) Gelb (Y)F 5 F(0, 0, 1, 0) Schwarz (K)F 6 F(1, 0, 1, 0) C * YF 7 F(1, 1, 0, 0) C * MF 8 F(0, 1, 1, 0) M * YF 9 F(1, 0, 0, 1) C * KF 10 F(0, 1, 0, 1) M * KF 11 F(0, 0, 1, 1) Y * KF 12 F(1, 1, 1, 0) C * M * YF 13 F(1, 1, 0, 1) C * M * KF 14 F(1, 0, 1, 1) C * Y * KF 15 F(0, 1, 1, 1) M * Y * KF 16 F(1, 1, 1, 1) C * M * Y * Kklaus s<strong>im</strong>on1. Ansatz zur Schätzung der f i✧ Annahme (Murray-Davis):➙ Flächenbedeckungen entsprechen Konstanten αfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenin der linearen Mischung der Farbvektoren A und B:α A + (1 − α) B, 0 ≤ α ≤ 1➙ die D<strong>im</strong>ensionen C, M, Y und K sind separierbar✧ dann gilt:F(c, m, y, k) = (1 − c) F(0, m, y, k) + c F(1, m, y, k)} {{ }= (1 − m) F(0, 0, y, k) + m F(0, 1, y, k)} {{ }= (1 − y) F(0,}0,{{0, k)}+ y F(0, 0, 1, k)= (1 − k) F(0,} {{0, 0, 0)}+ k F(0,} {{0, 0, 1)}= W= Kklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren79farbmetrik80farbmetrik77


2. Ansatz: Schätzung der c i nach Neugebauer✧ jedes Raster ist ein unabhängiges Wahrscheinlichkeitsereignis✧ Flächenbedeckung c, m, y, k: Prob( ≪Zelle erhält entspr. <strong>Farbe</strong> ≫ )✧ Flächenanteilskoeffizienten f i als Eintrittswahrscheinlichkeitder jeweiligen Ereigniskombinationf 1 = Prob( ≪Zelle bleibt weiss ≫ ) = (1 − c) (1 − m) (1 − y) (1 − k)f 2 = Prob( ≪Zelle wird cyan ≫ ) = c (1 − m) (1 − y) (1 − k).✧ F als gewichteter Erwartungswert der Verteilung (f 1 , . . . , f 16 )✧ gegebenF = F(c, m, y, k) = f 1 F 1 + · · · + f 16 F 16} {{ }Erwartungswertklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenBest<strong>im</strong>mung der Flächenbedeckungen c, m, y und kF(c, m, y, k) =} {{ }def= u∑0≤i,j,t,s≤4✧ gesucht ist u 0 ∈ X YZ für v ∈ X YZ mita}{{} i j t s c i m j y t k s (Polynom in c, m, y, k)∈X YZF(u 0 ) = v ⇐⇒ F(u 0 ) − v = 081farbmetrik• Die Cyan, Magenta, Yellow und Black entsprechenden separatenDruckvorgänge werden jeweils als ein unabhängigesZufallsexper<strong>im</strong>ent verstanden, genauer, als gewichteterMünzwurf (Bernoulli-Versuch).• Die Flächenbedeckungen der einzelnen Grundfarben c, m, yund k repräsentieren jeweils die Wahrscheinlichkeit, dass derRasterpunkt mit der entsprechenden <strong>Farbe</strong> überdruckt wird:undc = Prob ( ≪Rasterpunkt mit Cyan überdruckt ≫ )1 − c = Prob ( ≪Rasterpunkt nicht mit Cyan überdruckt ≫ )• Die Wahrscheinlichkeit der kombinierten Ereignisse ist aufGrund der Unabhängigkeit der einzelnen Druckvorgänge identischmit dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeit, also giltbeispielsweise:f 1 = Prob ( ≪Rasterpunkt bleibt weiss ≫ )= (1 − c)(1 − m)(1 − y)(1 − k)In diesem Modell n<strong>im</strong>mt die Gleichung (3.50) die Form eines ErwartungswertesanF = F(c, m, y, k) = ∑ if i F i = ∑ iF i Prob ( “F i ” ), (3.51)was ein polynomiales Nullstellenproblem ist✧ klassische Lösungen: Regula Falsi, Newton Verfahren➙ 2 bis 3 Iterationen <strong>im</strong> Allgemeinen ausreichend✧ jedoch: Lösung <strong>im</strong> Allgemeinen mehrdeutig (k-Redudanz)➙ Auswahl <strong>von</strong> k nach GCR-Strategie➙ insgesamt beschränkte Genauigkeit (4–5%)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren82farbmetrikd.h. zu einer gegebenen Pixelspezifikation in Form <strong>von</strong> Flächenbedeckungenc, m, y und k beschreibt (3.51) den Erwartungswert derzugehörigen Farbvalenz. Damit haben wir zwar unser ursprünglichesProblem, nämlich die Überführung eines gegebenen X Y Z -Wertes in eine cmyk-Spezifikation, noch nicht unmittelbar gelöst.Die noch fehlende Invertierung <strong>von</strong> (3.51) kann jedoch mit mathematischenStandardmethoden routinemässig vorgenommen werden.78


Bemerkung. Die probabilistische Interpretation des NeugebauerModells hat sicher seine pädagogische Berechtigung. Prosaischerkann man den Ansatz aber auch als lineare Interpolation in einem4-d<strong>im</strong>ensionalen Einheitswürfel — mit Basisvektoren C, M, Y undK — verstehen, wobei die 16 Ecken des Einheitswürfels farbmetrischvermessen und die D<strong>im</strong>ensionen als separierbar 43 betrachtetwerden.3.6 RG B-FarbräumeDie letzten Jahre haben die Medientechnik in vielfacher Hinsichtverändert. Einer der dominanten Trends ist die wachsende Bedeutung<strong>von</strong> RG B-Farbräumen. Dies liegt daran, dass gegenwärtigsowohl die zentralen Eingabesysteme wie Digitalkameras oderScanner als auch die entsprechenden Ausgabesysteme als dreikanalige44 Farbsysteme konzipiert sind. Die übliche vorzeichenlose8-Bit-Kodierung unterstützt unmittelbar die Arbeit der AD / DA-Wandler 45 und sichert der Hardware die bestmögliche Performance.Wenn aber sowohl die Eingabe als auch die Ausgabe RG B-basiertist, warum sollte man dann zur Datenhaltung oder zur Bildverarbeitungetwas anderes benutzen? Der durchschnittliche Anwenderder <strong>digitalen</strong> Medienwelt versteht sich selbst in überwiegenderMehrheit als Konsument und als solcher hat er die Beantwortungder obigen Frage dem Markt überlassen. Microsoft und Hewlett-Packard haben in Form <strong>von</strong> sRGB geantwortet, dem Standard-RG B der aktuellen Medientechnik.Aus Sicht der professionellen Bildverarbeitung ist dieses Formataber nicht unproblematisch. So hat Adobe sRGB als Default-RGB-Arbeitsraum <strong>im</strong> Photoshop wieder durch eine eigene Lösung ersetzt.Um jedoch tiefer in die Probleme der RGB-Formate eindringen43 <strong>im</strong> Sinne der Interpolationsmathematik44 In der aktuellen Forschung werden weitere Farbkanäle diskutiert.45 DA-Wandler sind spezielle Prozessoren, die computerinterne digitale (D) Zahlendarstellungenin externabgreifbare analoge (A) Strom- oder Spannungsgrössentransferieren. AD-Wandler realisieren die entgegengesetzte Richtung.79RGB-Farbräume✧ motiviert durch Gerätetechnologie➙ sowohl in der Eingabe: Scanner, Digitalkameras➙ als auch in der Ausgabe: Bildschirme, TV, Photodrucker✧ min<strong>im</strong>ale Kodierung (8-Bit, positiv)➙ unmittelbare Hardware-Unterstützung➙ höchste Performance (DA/AD-Wandlung)➙ beschränkter Farbraum✧ als Softwarestandard (insbesondere sRGB)➙ allgemeine Verbreitung in der Farbreproduktion✛ Computer, TV, Video, Web, Laserprinter, . . .➙ <strong>im</strong>plizite Anwendung durch Nichtspezialisten<strong>von</strong> x yY nach XYZy =x =1 − x − y = z =YX + Y + ZXX + Y + ZZX + Y + Z⇒⇒⇒klaus s<strong>im</strong>onklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenX + Y + Z = Y yX = Y · xyZ = Y · 1 − x − yyfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren83farbmetrik84farbmetrik


XYZ-Werte der Basisvektoren✧ gegeben: x w , y w , x r , y r , x g , . . . und Y w = 1✧ Berechnung X w und Z w aus x w , y w , Y w gemäss Folie 84✧ Y r , Y g und Y b sind best<strong>im</strong>mt durchwas äquivalent ist zu⎛ ⎞ ⎛X w⎜⎝ Y w⎟⎠ = Y r · ⎜⎝Z wX wY wZ wx ry r11−x r −z ry r⎞= X r + X g + X b= Y r + Y g + Y b= Z r + Z g + Z b⎛⎟⎠ + Y g · ⎜⎝x gy g11−x g −z gy g✧ X r , Z r , . . . folgen gemäss Folie 84 aus x r , y r , Y rklaus s<strong>im</strong>onlineare Koordinaten R ′ G ′ B ′✧ gegeben seien die Basisvektoren⎞⎛⎟⎠ + Y b · ⎜⎝x by b11−x b −z by bfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenR = (X r , Y r , Z r ), G = (X g , Y g , Z g ), B = (X b , Y b , Z b )✧ für beliebige Normvalenz (X, Y, Z) gilt⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞X X r X g X b R ′⎜ ⎟⎝ Y ⎠= R ′ ⎜ ⎟ · ⎝ Y r ⎠+ G ′ ⎜ ⎟ · ⎝ Y g ⎠+ B ′ ⎜ ⎟ ⎜· ⎝ Y b ⎠= M · ⎝ G ′ ⎟⎠Z Z r Z g Z b B ′✧ Transfermatrix M −1 best<strong>im</strong>mt lineare RGB-Koordinaten⎛ ⎞⎛ ⎞R ′X⎜⎝ G ′ ⎟⎠ = (M −1 ⎜ ⎟) × ⎝ Y ⎠B ′ Zklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren⎞⎟⎠85farbmetrik86farbmetrikzu können, benötigen wir zunächst eine entsprechende technischeGrundlage.3.6.1 Ableitung aus X Y ZAuf Grund der vorherrschenden Anwendungen versteht man unterRG B-Koordinaten <strong>im</strong> eigentlichen Sinne die nichtlineare Kodierungder RG B-Farbvalenzen, die wir <strong>im</strong> Folgenden für gegebeneX Y Z -Valenzen herleiten werden.Ein RG B-Farbraum wird typischerweise durch die Normfarbwertanteileseiner Basisvektorenbzw. diejenigen des Weisspunktesx r , y r , x g ,..., y b (3.52)x w , y w (3.53)charakterisiert. Zusammen mit der Normierung 46Y w = 1 (3.54)sind damit die Normvalenzen der Basisvektoren⎛R = ⎝X rY rZ r⎞⎠,⎛G = ⎝X gY gZ g⎞⎠,⎛B = ⎝X bY bZ b⎞⎠ (3.55)best<strong>im</strong>mt, was man wie folgt nachvollziehen kann. Per DefinitiongiltR + G + B = W, (3.56)was äquivalent ist zu:46 oder Y = 100X r + X g + X b = X w (3.57)Y r + Y g + Y b = Y wZ r + X g + Z b = Z w80


Zusammen mit Y w = 1 ergibt sich daraus für die FarbwertanteileGammakorrekturbzw.sowie1 − x w − y wy w(3.5)y w =x w (3.58)=y w= z wy w=Y wX w + Y w + Z w=Andererseits folgt unmittelbar ausX w1X w + 1 + Z w(X w + 1 + Z w )Z w1X w + 1 + Z w(X w + 1 + Z w )1X w + 1 + Z w(3.58)= X w (3.59)= Z w . (3.60)✧ bei Kathodenstrahlbildschirmen➙ nichtlinearer Zusammenhang✛ Beschleunigungsspannung✛ resultierende LeuchtdichteI = A (k 1 P − k 0 ) γ✛ A: max<strong>im</strong>ale Leuchtedichte✛ P: Pixel-Spannungswert✛ k 0 : Ausgangsspannung✛ k 1 : SystemverstärkungsfaktorLeuchtdichtek 0k 1Spannung(3.5)x r =X rX r + Y r + Z rklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren87farbmetrikdie IdentitätX r = c r x r (3.61)mit der Konstante c r = X r + Y r + Z r . Für G und B gilt (3.61) mitKonstanten c g und c b in entsprechender Weise. Damit können wir<strong>im</strong> Gleichungsystem (3.57) die Variablen der linken Seite durch dieIdentitäten (3.61) ersetzen, bzw. diejenigen der rechten Seite durch(3.58) – (3.60), und erhalten:x r c r + x g c g + x b c b = x wy wy r c r + y g c g + y b c b = 1z r c r + z g c g + z b c b = 1 − x w − z wy wDurch Auflösung dieses Gleichungssystems nach c r , c g , c b und derenEinsetzung in (3.61) sind die Normvalenzen der BasisvektorenR, G und B gemäss (3.55) best<strong>im</strong>mt.nichtlineare Koordinaten R ′′ , G ′′ , B ′′✧ typische Parameter bei RGB-Kodierungen➙ “Kontrast” k 1 = 1➙ “Helligkeit” k 0 = 0➙ Gammawert γ = 2.2✧ durch Invertierung der GammakurveR ′′ = (R ′ ) 1 γ, G ′′ = (G ′ ) 1 γ, B ′′ = (B ′ ) 1 γ✧ 8-Bit-Kodierung durchR ′′′ = ⌊255 R ′′ ⌋, G ′′′ = ⌊255 G ′′ ⌋, B ′′′ = ⌊255 B ′′ ⌋klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren88farbmetrik81


Die Normvalenz (X,Y , Z) eines beliebigen RG B-Vektors(R ′ ,G ′ ,B ′ ) hat nun in Vektorschreibweise die Form⎛R ′ R +G ′ G + B ′ B = R ′ ⎝X rY rZ r⎞ ⎛⎠+G ′ ⎝X gY gZ g⎞ ⎛⎠+ B ′ ⎝X bY bZ b⎞⎛⎠ = ⎝XYZ⎞⎠Monitorspektren419.5 459 498.5 538 577.5 617 656.5 696 735.5Abszisse: Wellenlänge (nm)1.35bzw. in Matrixnotation:⎛⎝XYZ⎞⎠ =⎛⎞⎛X r X g X b⎝ Y r Y g Y b⎠⎝Z r Z g Z b} {{ }def= MR ′ ⎞G ′ ⎠B ′Ordinate Gewichtung1.201.050.900.750.600.450.300.15— Rot— Grün— BlauDie Multiplikation beider Seiten mit der Invertierung M −1 <strong>von</strong> Mführt zur Identität:⎛⎝R ′ ⎞G ′ ⎠ = (M −1 )B ′⎛⎝XYZ⎞⎠ (3.62)Um diese Vektordarstellung bezüglich der Basis R,G ,B <strong>von</strong> dennachfolgenden Darstellungen abzugrenzen, bezeichnet man sie alslineare RG B-Koordinaten. Die Matrizen M bzw. M −1 sind alsTransfermatrizen bekannt.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren89farbmetrikGammakorrektur und nichtlineare RG B-KoordinatenDer Ursprung liegt in der Funktionsweise <strong>von</strong> Kathodenstrahlbildschirmen,deren Lichterzeugung durch den Beschuss einer Phosphorschichtmittels eines Elektronenstrahls erfolgt. Die Lichterzeugungwächst dabei mit der Geschwindigkeit der auftreffenden Elektronen,welche durch die Beschleunigungsspannung der Kathodenstrahlröhrereguliert wird. Die resultierende Leuchtdichte I ist innichtlinearer Weise <strong>von</strong> der angelegten BeschleunigungsspannungP abhängig, siehe Folie 87. Lichtemissionen können erst ab einer82


••••••min<strong>im</strong>alen Spannung, der Ausgangsspannung k 0 , beobachtet werden.Beschleunigungspannungen über k 0 führen zu einem Wachstumder Art:I = I(P) = A (k 1 P − k 0 ) γ (3.63)Die Konstante A steht für den max<strong>im</strong>al erzeugbaren Helligkeitswert,k 1 für einen vom Benutzer einstellbaren Verstärkungsfaktor,P für den die Pixelhelligkeit repräsentierenden Spannungswert undk 0 für die Ausgangsspannung. Der typische γ-Wert liegt bei γ = 2.2.Man beachte, dass <strong>im</strong> TV-Kontext die Konstanten k 1 ≪Kontrast ≫ 47bzw. k 0≪ Helligkeit ≫ 48 genannt werden, was sich <strong>von</strong> der hier benutztenNotation unterscheidet.Da die Farbkoordinaten eines RG B-Farbraumes direkt zur Regelungder Beschleunigungsspannung dienen, sollte der nichtlineareZusammenhang zwischen Beschleunigungsspannung und Leuchtdichtegemäss (3.63) durch eine geeignete Kodierung der Koordinatenwertekorrigiert werden. Diese Linearisierung ist bekannt alsGammakorrektur.Zur Vereinfachung der Gammakorrektur n<strong>im</strong>mt man in der InformatiküblicherweiseA = 1, k 1 = 1 und k 0 = 0an. Der typische Gammawert ist etwa γ = 2.2. Durch Invertierungder Gleichung (3.63) erhalten wir dann aus den linearen KoordinatenR ′ , G ′ und B ′ die nichtlinearen Koordinaten:verschiedene RGB-FarbräumeName x w y w x r y r x g y g x b y b γsRGB .3127 .3290 .6400 .3300 .3000 .6000 .1500 .0600 2.20PAL-SECAM .3127 .3290 .6400 .3300 .2900 .6000 .1500 .0600 2.20NTSC-53 .3101 .3162 .6700 .3300 .2100 .7100 .1400 .0800 2.20NTSC-new .3127 .3290 .6300 .3400 .3100 .5950 .1550 .0700 2.20HDTV .3127 .3290 .6400 .3300 .3000 .6000 .1500 .0600 2.20CIE-RGB .3333 .3333 .7350 .2650 .2740 .7170 .1670 .0090 1.00Adobe-98 .3127 .3290 .6400 .3300 .2100 .7100 .1500 .0600 2.20Adobe-RGB .3127 .3290 .6250 .3400 .2800 .5950 .1550 .0700 1.80Kodak-DC .3457 .3585 .6492 .3314 .3219 .5997 .1548 .0646 2.20ColorMatch .3457 .3585 .6300 .3400 .2950 .6050 .1500 .0750 1.80ECI-RGB .3457 .3585 .6700 .3300 .2100 .7100 .1400 .0800 1.80WideGamut .3457 .3585 .7347 .2653 .1152 .8264 .1566 .0177 2.20 90klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrikVergleich: RGB-Farbräume in der Normfarbtafel0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.80.8Ordinate y0.70.6500 nmR ′′ = (R ′ ) 1 γ, G ′′ = (G ′ ) 1 γ, und B ′′ = (B ′ ) 1 γ(3.64)0.5Schliesslich gewinnt man durch Multiplikation mit 255 und nachfolgenderRundung die Werte der gesuchten 8-Bit-Kodierung:R ′′′ = ⌊255 R ′′ ⌋, G ′′′ = ⌊255G ′′ ⌋ und B ′′′ = ⌊255B ′′ ⌋ (3.65)47 hier als Verkürzung <strong>von</strong> max<strong>im</strong>alem Kontrast zu verstehen48 Die Ursache ist hier ein Übersetzungsproblem. Die in der englischen Literaturgeläufige Unterscheidung <strong>von</strong> Brightness und Illuminance existiert <strong>im</strong>Deutschen nicht.450 nm550 nm 600 nmAbszisse x0.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>on— sRGB = HDTV— NTSC-neu— PAL-SECAM— ECI-RGB = NTSC-53— Adobe-9891farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren farbmetrik83


sRGB✧ populärster RGB-Raum (de facto standard)✧ lineare sRBG-Koordinaten⎛ ⎞ ⎛⎞⎛⎞R ′13.2406 −1.5372 −0.4986⎜ G ′⎟⎝ ⎠ = X 100 ⎜ −0.9689 1.8758 0.0415 ⎟1⎝⎠⎜Y100 ⎟B ′ ⎝10.0557 −0.2040 1.0570 Z ⎠100✧ nichtlinearen sRGB-KoordinatenR ′′ =✧ “1.055” + “2.4” ⇒ γ ≈ 2.2 12.92 · R′für R ′ ≤ 0.00313081.055 · R ′ 12.4 − 0.055 sonstklaus s<strong>im</strong>onNichtlinearität der sRBG-Koordinaten0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8Ordinate: nichtlin. Koord. R ′′Abszisse: lineare sRGB-Koordinaten R ′0.90.80.70.60.50.40.30.20.1klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren— sRGB— γ = 1/2.2— γ = 1/3.0— γ = 1/1.8farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren92farbmetrik93farbmetrik3.6.2 sRGBIn den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich derPC zur dominanten Computerplattform. Die RG B-Spezifikationfür Computerdisplays dieser Plattform erhielt den Namen sRGB,wobei s für Standard steht. Im Schatten des Windows-Erfolges wurdesRGB zum Basisfarbraum der mult<strong>im</strong>edialen Welt. Die benutztenBasisvektoren orientieren sich an älteren TV-Normen und sindauch heute noch grundsätzlich mit handelsüblichen Displaytechnologienkompatibel. Verschiedene Standardisierungskommittes habensich mit sRGB beschäftigt, z.B. die International ElectrotechnicalCommission unter IEC 61966-2-1.Genauer, die sRGB-Basisvektoren beziehen sich auf einen Satz<strong>von</strong> Phosphorvarianten aus dem ITU-R BT.709-Standard. AlsDisplay-Weisspunkt wird D 65 mitx w = 0.3127 und y w = 0.3290angenommen. Eine gegebene Normvalenz (X,Y , Z) wird durch⎛⎝R ′ ⎞G ′ ⎠ =B ′⎛⎝3.2406 −1.5372 −0.4986−0.9689 1.8758 0.04150.0557 −0.2040 1.0570⎛⎞⎠⎜⎝1100 X⎞1100 Y1100 Z⎟⎠ (3.66)in die linearen sRGB-Werte (R ′ ,G ′ ,B ′ ) übergeführt, wobei Wertegrösser 1.0 oder kleiner 0.0 durch 1.0 bzw. 0.0 ersetzt werden. Fürkleinere Werte R ′ ≤ 0.0031308 ergeben sich die nichtlinearen sRGB-Grössen R ′′ gemässsonst durchR ′′ = 12.92 R ′ , (3.67)R ′′ = 1.055(R ′ ) 12.4 − 0.055. (3.68)Die Werte G ′′ und B ′′ sind analog festgelegt. Die Kodierung entsprichtdem allgemeinen Fall nach (3.65). Die Umkehrung dieser84


Koordinatentransformationen geschieht durch⎧R ′′⎪⎨für R ′′ ≤ 0.04045R ′ 12.92= ( R ⎪⎩′′ )+ 0.055 2.4sonst1.055bzw.⎛⎝XYZ⎞⎛⎠ = 100 · ⎝0.4124 0.3576 0.18050.2126 0.7152 0.07220.0193 0.1192 0.9505⎞⎛⎠⎝(3.69)R ′ ⎞G ′ ⎠. (3.70)B ′Erklärungsbedürftig ist der Gammawert γ = 2.4. Berücksichtigtman die Offset-Konstante <strong>von</strong> 1.055, so ist der effektive Unterschiedzu γ = 2.2 ohne Offset-Konstante vernachlässigbar gering.Die Definition <strong>von</strong> sRGB ist stark <strong>von</strong> der Kompabilität zu TV-Normen geprägt. Man sollte auf seinem PC auch TV oder Videosansehen können. Aus den einschlägigen TV-Normen wurden auchSpezifikationen über Betrachtungsbedingungen, z.B. das Sehen inabgedunkelten Räumen, übernommen. Diese als Viewing Conditionsbekannten Empfehlungen sind <strong>im</strong>mer wieder Grund für Irritationen,siehe etwa Sabine Süsstrunk et al. [23].Wie bereits mehrfach erwähnt, hat das Umfeld einen signifikantenEinfluss auf das <strong>Farbe</strong>mpfinden. Diesen Einfluss versucht manin der Farbforschung <strong>im</strong> Teilgebiet der Color Appearance zu charakterisieren.Das Format sRGB versteht sich selbst indessen alsCIE-kompatibler Farbraum und nicht als Color Appearance Model,siehe [16]. Insbesondere existiert keine Spezifikation auf welche Artund Weise die Viewing Conditions farbmetrisch zu berücksichtigensind. Folglich beziehen sich die Viewing Conditions nicht auf denFarbraum sRGB sondern auf die Displays, auf denen sRGB-Datendargestellt werden. Die Viewing Conditions sollten deshalb als Bestandteilder sRGB-Farbraumdefinition ignoriert werden, in Übereinst<strong>im</strong>mungmit anderen RG B-Standards wie Adobe RGB-98 oderECI-RGB, die gänzlich auf eine Spezifikation <strong>von</strong> Viewing Conditionsverzichten.Ordinate v ′Ordinate v ′sRGB unter D 650.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.60.6GR0.5W0.40.3— sRGB0.2W WeissR RotBG Grün0.1B BlauAbszisse u ′klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenGrösse des sRGB-Farbraumes <strong>im</strong> Vergleich unter D 500.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.60.60.50.40.30.2— sRGB0.1— Offset— eci-RGBAbszisse u ′klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren94farbmetrik95farbmetrik85


••Ordinate: L ∗ der sRGB-Koordinate (i , i , i )sRGB-Grauachse in CIELAB25 50 75 100 125 150 175 200 225Identität f (x) = xAbszisse: i = 0, 1, . . . , 255908070605040302010klaus s<strong>im</strong>onGleichabständigkeit <strong>von</strong> sRGB-125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125125Abszisse a ∗Ordinate b ∗1007550250-25-50-75-100-125klaus s<strong>im</strong>onL ∗ (k · (R + G + B))k = 0, 1, 2, . . . , 255farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierena ∗ b ∗ -Projektionder Vektorenk R, k G, k Bk = 0.0, 0.2, . . . , 1.0undVerbindungsgeradenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren96farbmetrik97farbmetrikDie Anwendung eines geeigneten Color Appearance Model zur opt<strong>im</strong>iertenPräsentation <strong>von</strong> sRGB-Daten ist da<strong>von</strong> jedoch völlig unabhängigzu sehen. In einem solchen Fall ist aber die Bezugnahmeauf das tatsächlich vorhandene Sehumfeld empfehlenswert, dadie sRGB-Spezifikation nicht mehr vollumfänglich dem Stand derTechnik entspricht.3.6.3 RG B als ArbeitsraumDa RG B-Farbräume nun mal die natürliche Sprache der aktuellenComputerdisplays darstellen und man eben diese Displays benötigtum digitale Bilder zu bearbeiten, ist es naheliegend, die beabsichtigtenManipulationen direkt in dem entsprechenden Display-Farbraum vorzunehmen. Folglich sind die Default-Einstellungenpopulärer Bildverarbeitungsprogramme wie Photoshop oder GIMPmit den dominanten RG B-Spezifikationen identisch. Die Anforderungender professionellen Bildverarbeitung werden allerdingsnicht automatisch durch ein beliebiges RG B-Format erfüllt, wasman z.B. daran erkennen kann, dass in Photoshop mit den Versionsnummern4, 5 und 6 der Default-Arbeitsraum <strong>von</strong> Apple RGBüber sRGB zu Adobe RGB-98 wechselte.Problematisch ist zunächst die Grösse des Farbraums, induziertdurch die jeweils benutzten Pr<strong>im</strong>ärvalenzen. Da insbesonderesRGB relativ klein ist und die durch Digitalkameras oder Scannererzeugbaren Farbräume <strong>im</strong> Wachsen begriffen sind, zeichnet sichhier ein Problem für den Standard ab. Der zweite problematischePunkt ist die übliche 8-Bit-Kodierung. Für die physikalische Darstellungeiner Farbvalenz ist dies eine ausreichende Genauigkeit.Da aber keine negativen Werte kodiert werden, ist ein Grossteil derexistierenden <strong>Farbe</strong>n nicht einmal mathematisch beschreibbar undnicht nur physikalisch unproduzierbar. Ferner können sich bei komplexenBerechnungen auf Grund der geringen Bitanzahl Rundungsfehlerzu sichtbaren Störungen summieren.Entsprechend gibt es verschiedene Bemühungen RG B-Farbräumemit einer erweiterten Kodierung zu etablieren. Schliesslich86


enötigen einige signifikante Operationen der Bildverarbeitung, wiez.B. das Gamut Mapping, die Gleichförmigkeit des zu Grunde liegendenArbeitsraumes, was für RG B-Räume nur sehr grob zutrifft.Dass sie hinsichtlich der Gleichabständigkeit nicht gänzlichunbrauchbar sind, ist ein positiver Nebeneffekt der Gammakorrektur.Man beachte, dass der typische Gammawert 2.2 sich nicht allzusehr <strong>von</strong> dem Stevensschen Exponenten 1/3 aus der L ∗ -Definitionunterscheidet. In Folge dessen ist die Grauachse näherungsweisegleichabständig.3.6.4 AnmerkungensRGBAdobe98RGB-Bilder mit gespiegelter SättigungColorMatchWideGamutDie aktuelle RG B-Technologie ist <strong>von</strong> einer inneren Widersprüchlichkeitgeprägt. So basiert beispielsweise der Erfolg <strong>von</strong> sRGB aufder direkten Unterstützung der verfügbaren Displaytechnik. Die geforderteSystemperformance verlangt nach einer gerade eben ausreichendenMin<strong>im</strong>alkodierung. Andererseits sollte sRGB als Softwarestandardmin<strong>im</strong>al jede beliebige CIE-Farbvalenz darstellenkönnen. Aus Sicht der Bildverarbeitung ist zudem eine möglichsthohe Darstellungsgenauigkeit wünschenswert.In Anbetracht dieser gegensätzlichen Anforderungen ist es verständlich,dass in den letzten 15 Jahren — ungeachtet der Popularität<strong>von</strong> sRGB — eine unüberschaubare Menge <strong>von</strong> RG B-Definitionen publiziert wurden. Eine kleine Auswahl findet sich inder Folie 90. Als Konsument <strong>von</strong> extern erzeugten RG B-Daten, z.B.in der Druckvorstufe der graphischen Industrie, hat man in Folgedessen zunehmend das Problem, dass das zu Grunde liegendeRG B-Format nicht mehr feststellbar ist. In der Folie 98 sind verschiedeneRGB-Interpretationen zu sehen.Bemerkung. Um die relativen Unterschiede <strong>im</strong> Druck darstellen zukönnen — was auf Grund der häufig <strong>im</strong> Color Management benutztenClipping-Verfahren nicht selbstverständlich ist — wurden dieselben Datenfarbmetrisch in die jeweiligen RGB-Räume übertragen und dann — ohneColor Management — als Geräte-RGB wiedergegeben. Die so realisierted2d-Transformation ist für jedes RGB-Format injektiv und erhält damitklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenRGB als Arbeitsraum✧ naheliegend, da sowohl Eingabe als auch Ausgabe in RGB✧ Bildbearbeitung mit Photoshop, G<strong>im</strong>p usw.➙ benutztes RGB-Format häufig unklar✛ speziell bei Rohdaten aus Digitalkameras➙ Default-RGB bei Photoshop: Adobe RGB 98 (̸= sRGB)➙ 8-Bit-Kodierung kritisch (Quantisierungsfehler)✛ 16-Bit-Kodierung in Vorbereitung➙ beschränkter Farbraum (speziell sRGB)➙ grobe Approx<strong>im</strong>ation der Gleichabständigkeit✛ psychometrische Helligkeit L ∗ hat γ = 3klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren98farbmetrik99farbmetrik87


die Unterschiede. Man beachte, dass bei diesem Vorgehen die <strong>Farbe</strong>n <strong>im</strong>Druck umso gesättigter sind, je kleiner der betrachtete RGB-Raum ist.Derartige Fehlinterpretationen <strong>von</strong> RGB-Files sind nicht ungewöhnlich,da viele Anwender mangelndes Fachwissen durch ein allzugrosses Vertrauen in die Default-Einstellungen ihrer Tools kompensieren.49Probleme✧ widersprüchliche Anforderungen➙ Hardwareunterstützung ⇒ pr<strong>im</strong>itive Kodierung➙ Softwarestandard ⇒ CIE-Kompatibilität✧ viele unterschiedliche Formate➙ teilweise gerätespezifisch (verlangt Zusatzinformationen)➙ in Dateiformaten (z.B. TIFF) nicht unterstützt➙ geringer Kenntnisstand der Anwender✛ Vertrauen auf Default-Einstellungen der Tools➙ Color Management✛ Weisspunktkonvertierung erforderlich (D 65 nach D 50 )✛ Trend zur Mehrkanaltechnik (≥ 5)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren100farbmetrik3.7 Literaturverzeichnis[1] A. König and C. Dieterici. Die Grundempfindungen in normalenund anomalen <strong>Farbe</strong>nsystemen und ihre Intensitätsverteilung<strong>im</strong> Spektrum. Z. Psychol. u. Physiol. d. Sinnesorgane,4:241–347, 1892.[2] Adobe. PDF Reference (Version 1.6), ISBN 0-321-30474-8. AdobePress (published by Peachpit Press), Berkely, 2005.[3] C. J. Bartleson. On Chromatic Adaptation and Persistence. Colorresearch and application, 6:153–160, 1981.[4] CIE. Recommendations on Uniform Color Spaces, Color-Difference Equations, Psychmetric Color Terms, SupplementNo. 2 of CIE Publ. No. 15 (E-1.3.1). Bureau Central de la CIE,Paris, 1978.[5] CIE (Comité d’Etudes sur la Color<strong>im</strong>étrie). CIE Proceedings1931. Cambridge University Press, Cambridge, 1932.[6] CIE (Comité d’Etudes sur la Color<strong>im</strong>étrie). Technical Report:Industrial Colour Difference Evaluation. Central Bureau of theCIE, Vienna, Austria, 1995.[7] D. Judd. A Maxwell triangle yielding uniform chromaticity scales.J. Opt. Soc. Am., 25:24–85, 1935.8849 Ratschläge <strong>im</strong> Umgang mit unbekannten RG B’s findet man z.B. <strong>im</strong> IFRA-Bericht [14].


[8] E. Schrödinger. Grundlinien einer Theorie der <strong>Farbe</strong>nmetrik<strong>im</strong> Tagessehen. Ann. Physik (IV), 63:397–456,489–520, 1920.[9] E. Schrödinger. Theorie der Pigmente <strong>von</strong> grösster Leuchtkraft.Annalen der Physik, 63:603–622, 1920.[10] G. Wyszecki and G. Fielder. New color-matching ellipses. J.Opt. Soc. Am., 61:1135–1152, 1971.[11] H. Grassmann. Zur Theorie der <strong>Farbe</strong>nmischung. PoggendorrfsAnn. Physik, 89:69–84, 1853.[12] J. Guild. The color<strong>im</strong>etric properties of the spectrum. Phil.Trans. Roy Soc. London, A 230:149–187, 1931.[13] I. Priest, K. Gibson, and H. McNicholas. The perceptible color<strong>im</strong>etricpurity as function of dominant wavelength. J. Opt. Soc.Am., 28:133f, 1938.[14] IFRA. RGB in der Zeitungsvorstufe. IFRA Special Report,2.38:1–34, 2005.[15] M. Luo, G. Cui, and B. Rigg. The development of the CIE 2000colour difference formula. CIEDE2000. Col. Res. App., 26:340–350, 2001.[16] M. Stokes, M. Anderson, S. Chandrasekar, and R.Motta. A Standard Default Color Space for the Internet— sRGB. International Color Consortium,www.w3.org/Graphics/Color/sRGB.html, 1996.[17] D. L. MacAdam. Visual sensitivities to color differences in daylight.J. Opt. Soc. Amer., 32:247–274, 1942.[18] J. C. Maxwell. Exper<strong>im</strong>ents on color, as perceived by the eye,with remarks on color blindness. Trans. Roy. Soc. Edinburgh,21:275–297, 1855/57.[19] H. E. J. Neugebauer. Eine in gewissen Fällen vorteilhafte additiveDarstellung der subtraktiven Mischung <strong>von</strong> <strong>Farbe</strong>n. Z.wiss. Photogr., 36:171–182, 1937.[20] I. Newton, editor. Optics, or a treatise of the reflections, refractions,inflections & colours of light. Dover, New York, 4 edition,1704/1952.[21] P. Kaiser, J. Comerford, and D. Bodinger. Saturation of spectrallights. J. Opt. Soc. Am., 66:818–826, 1976.[22] R. Luther. Aus dem Gebiet der Farbreiz-Metrik. Z. techn. Physik,8:540–558, 1927.[23] S. Süsstrunk, R. Buckley, and S. Sven. Standard RGB ColorSpaces. In Proceedings of IS&T/SID’s 7th Color Imaging Conference,pages 127–134, 1999.[24] K. Schläpfer. Farbmetrik in der Preproduktionstechnik und <strong>im</strong>Mehrfarbendruck. UGRA, 1993.[25] G. Sharma. Digital Color Imaging. CRC Press, Boca Raton,2003.[26] N. I. Speranskaja. Determination of spektrum color coordinatesfor twenty-seven normal observers. Optics and Spectroscopy,7:424–428, 1959.[27] W. S. Stiles. The basic data of colour-matching. Phys. Soc. LondonYearbook, pages 44–65, 1955.[28] W. S. Stiles. Mechanism concept in colour theory (newton lecture).J. of the Colour Group (Great Britain), 11:106–123, 1967.[29] W. S. Stiles. The line element in colour theory: A historicalreview. In Color Metrics (Proc. AIC Sympos. Driebergen), pages1–25, Soesterberg: Inst. for Perception, 1972.[30] H. v. Helmholtz. Über die Zusammensetzung <strong>von</strong> Spektralfarben.Poggendorrfs Ann. Physik, 94:1–28, 1855.89


[31] H. v. Helmholtz. Handbuch der physiologischen Optik. Voss, 2.Auflage, Hamburg/Leipzig, 1896.[32] J. v. Kries. Theoretische Studien zur Umst<strong>im</strong>mung des Sehorgans.Festschrift Univ. Freiburg, pages 144–158, 1902.[33] W. D. Wright and F. Pitt. The saturation-discr<strong>im</strong>ination of twotrichromats. Proc. Phys. Soc. (London), 49:93, 1937.[34] W. D. Wright. A re-determination of the trichromatic coefficientsof the spectral colours. Trans. Opt. Soc. London, 30:144–164, 1928–29.[35] G. Wyszecki and W. Stiles. Color Science. Wiley-Interscience,1982.90


K a p i t e l4FarbordnungssystemeFarbordnungssystemeDie <strong>im</strong> letzten Kapitel entwickelte Farbmetrik bildet dieGrundlage für den technischen oder wissenschaftlichen Umgangmit <strong>Farbe</strong>. In diesem Sinne ist sie das Werkzeug eines technischenSpezialisten. Es kann jedoch nicht erwartet werden,dass ein Aussenstehender seine Farbwünsche in der Spracheder Farbmetrik formuliert, auch wenn dies vom technischenStandpunkt aus wünschenswert wäre. Andererseits sind aberAbbildung 4.1z.B. Architekten oder Designer daraufangewiesen, mit ihren Kunden verbindlichFarbvereinbarungen zu treffen.Sie lösen ihr Problem, indemsie ihren Kunden grosse Sammlungen<strong>von</strong> Farbmuster vorlegen, aus denendiese dann auswählen können. DieseFarbatlanten oder genauer die zuGrunde liegenden Farbordnungssystemesind der Gegenstand dieses Kapitels.Da die populären Farbordnungssystemeexper<strong>im</strong>entell gut überprüftsind, haben sie für die Farbmetrik Referenzcharakter.In den letzten Jahrhunderten wurdeneinige Farbordnungssysteme vorgeschlagen. Ein Grossteil dieserSysteme verstand sich als praxisnah, d.h. war <strong>im</strong>plizit aucheine Rezeptur zur physikalischen Herstellung der entsprechenden<strong>Farbe</strong>n. So resultiert der Lambertsche Farbatlas 1 [2], siehe Abbildung4.1 aus der ganzzahligen abgestuften Mischung <strong>von</strong> farbigenWachsen.1 nach Johann Heinrich Lambert91✧ Farbmetrik: Werkzeug für Spezialisten✧ Farbatlanten: systematische Farbanordnungen➙ in physikalisch vorliegende Mustersammlungen➙ zur Farbspezifikation <strong>im</strong> Kundenkontakt✛ Mode, Architektur, Lacke, Pigmente, . . .✧ (historisch) vielfältige Ordnungskriterien➙ physikalische Mischung <strong>von</strong> Farbstoffen (subtraktiv)➙ Anschauung: Farbton (Farbnamen), Sättigung, Helligkeit➙ Wahrnehmungspsychologie: Gegenfarben✧ Referenzcharakter: Messzwecke, Testtarget➙ Verifikation <strong>von</strong> farbmetrischen Theorien➙ oft gute exper<strong>im</strong>entelle Überprüfungklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenheutige Anforderungen an ein Farbordnungssystem✧ <strong>Farbe</strong>n müssen als materielle Muster vorhanden sein➙ eindeutige Kennzeichnung für jede <strong>Farbe</strong>➙ möglichst grosse Anzahl✛ mindestens 20 bis 40 Farbtöne✛ in je etwa 5 bis 10 Helligkeits- und Sättigungsstufen➣ Gesamtzahl zwischen 500 und 4000✧ kleine Fertigungstoleranz für Farbmuster✧ Muster sollen farbmetrisch vermessen sein➙ Normvalenzen bei spezifizierter Beleuchtung✧ systematischer und empfindungsmässiger Aufbau➙ z.B. nach Farbton, Sättigung und Helligkeit✧ möglichst visuell gleichabständigklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren1ordnungssysteme2ordnungssysteme


Munsell-System✧ am weitesten verbreitet in den angelsächsischen Länder✧ nach A.H. Munsell, 1905✧ 1943 durch Optical Society of Amerika überarbeitet➙ Verbesserung der Gleichabständigkeit✧ Munsell Book of Color, 1929➙ enthält 1450 glänzende und 1277 matte Muster✛ jeweils auf 40 Farbtöne aufgeteilt➙ bezieht sich auf die Lichtart C➙ Pflege durch Munsell-Color-Science-Laboratory✛ www.cis.rit.edu/mcsl✛ Tabellen mit x yY-Koordinaten der Farbmuster➣ www.cis.rit.edu/mcsl/online/munsell.phpklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenSeite des M u n s e l l B o o k o f C o l o rNEUTRALRED5R9/8//2 /4 /6 /8 /10 /128/3ordnungssystemeMit der Weiterentwicklung der Farbmetrik wurden jedoch auchFarbordnungssysteme populär, die gemäss ihren Prinzipien konstruiertwaren. Grundsätzlich kann man deshalb drei Gruppen <strong>von</strong>Farbordnungssystemen unterscheiden, siehe Wyszecki [8]:1. Systeme, die auf der physikalischen Mischung <strong>von</strong> Farbstoffenbasieren und weitgehend als subtraktive Farbmischungen zuverstehen sind.2. Systeme, die sich aus der additiven Farbmischung herleiten.Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Ostwald-System [6].3. Systeme, die auf Farbwahrnehmung oder auf ColorAppearance-Modelle zurückgehen.Ein heutiges Farbordnungssystem sollte sich an den folgenden Kriterienorientieren:• Die <strong>Farbe</strong>n sollten als materiell ausgeführte Muster vorhandensein. Jede <strong>Farbe</strong> muss eine eindeutige Kennzeichnung haben.Ihre Anzahl sollte möglichst gross sein: Es sollten mindestens20 bis 40 Farbtöne in je etwa 5 bis 10 Helligkeits- und Sättigungsstufenunterschieden werden, was zu einer Gesamtzahlzwischen 500 und 4000 Farbmuster führt.VALUE7/6/5/4/7/6/5/4/• Die Farbmuster sollten mit einer sehr kleinen Toleranz zu fertigensein und dürfen nur einer geringen Alterung unterliegen.• Die Muster sollten farbmetrisch erfasst sein, d.h. ihre Normvalenzensollten bei spezifizierter Beleuchtung bekannt sein.3/3/2/1/2//2 /4 /6 /8 /10 /12CHROMAklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren4ordnungssysteme4.1 Das Munsell-SystemDas Munsell-System ist das in den USA am weitesten verbreiteteFarbordnungssystem. Es ist nach dem amerikanischen Maler A.92


H. Munsell [3] benannt, der es anfangs des 20. Jahrhunderts entwickelte.Es wurde 1943 <strong>von</strong> einer Arbeitsgruppe der Optical Societyof America überarbeitet, wobei insbesondere die Gleichabständigkeitverbessert 2 wurde, siehe Newhall [5]. Das Munsell Book of Color[4] enthält 1450 glänzende und 1277 matte Muster, jeweils auf 40Farbtöne aufgeteilt, siehe Folie 4. Die Gleichabständigkeit des Munsellsystemsbezieht sich auf die Lichtart C. Die Pflege und die Weiterführungdieses Farbordnungssystems obliegt heute dem Munsell-Color-Science-Laboratory. 3 Dort sind auch Tabellen beziehbar 4 , welchedie Munsell-Farbmuster in xyY -Koordinaten ausdrücken.Das Munsellsystem unterscheidet die Parameter Value V (Helligkeit),Hue H (Buntton) und Chroma C (Buntheit). Die Anordnungder <strong>Farbe</strong>n erfolgt auf einem Zylinder, siehe Folie 6. Die Zylinderachserepräsentiert die Helligkeitsskala, welche elffach unterteiltist, <strong>von</strong> 0 für Schwarz bis 10 für Weiss. Die relative Helligkeit Yeiner Graustufe hängt mit ihrem V -Wert gemässY = 1.2219V − 0.23111V 2 + 0.23951V 3 − 0.021009V 4 + 0.0008404V 5zusammen. Diese Beziehung wurde empirisch ermittelt. Sie warhistorisch gesehen das Vorbild bei der Definition der psychometrischenHelligkeit L ∗ . Es überrascht deshalb wenig, dass L ∗ eine sehrgute Approx<strong>im</strong>ation <strong>von</strong> V darstellt.Auf dem Zylindermantel des Munsell-Farbkörpers sind die Farbtönedargestellt. Dazu ist der Zylindermantel in 10 parallel zur Zylinderachseangeordnete Hue-Segmente unterteilt. Diese Segmenteentsprechen den <strong>Farbe</strong>n Rot R, Gelbrot Y R, Gelb Y , Gelbgrün GY ,Grün G, Blaugrün BG, Blau B, Purpurblau PB, Purpur P, PurpurrotPR. Jedes Segment ist selbst wieder in 10 Teile aufgeteilt. ZurKennzeichnung des entsprechenden Farbtons setzt man diese Segmentnummerdem Farbtonnamen voran, siehe Gleichung (4.1). DerRadius des Zylinders repräsentiert den Chroma-Wert C. Die Sättigungsskalabesteht aus max<strong>im</strong>al 14-Stufen, wobei Chroma 0 einem2 zur Abgrenzung bezeichnet man diese verbesserten Werte Munsell-Neuwerte(Neuwerte)3 siehe http://www.cis.rit.edu/mcsl4 siehe http://www.cis.rit.edu/mcsl/online/munsell.phpzylinderförmige Koordinaten✧ Hue H: Zylindermantel, 10 Segmente (je 10fach unterteilt)✧ Chroma C: Radius in 14 Stufen (0 Grauachse, 14 Mantel)✧ Value V: Helligkeit, 11 Stufen (<strong>von</strong> 0 Schwarz bis 10 Weiss)Y = 1.222 V − 0.2311 V 2 + 0.2395 V 3 − 0.02101 V 4 + 0.00084 V 5✧ Musterkennzeichnung5P[ 5 R 8 / 2 ]H = 5 R, V = 8, C = 2mittleres Rotrelativ hellschwach gesättigt5B0.2 0.4 0.6 0.8— L ∗— Munsell 10 · V-Wert80604020chromavaluehue— 10 · (10-DIN-Dunkelstufe)5klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren ordnungssystemeFarbkreiseinteilung des Munsell-Systems5R10R5G5YR10YR5Y10PB10Y5PB10P10B5RP10RP10BG5BG/4/6/810G/1010GY5GY✧ Rot R✧ Gelbrot YR✧ Gelb Y✧ Gelbgrün GY✧ Grün G✧ Blaugrün BG✧ Blau B✧ Purpurblau PB✧ Purpur P✧ Purpurrot PR6klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren ordnungssysteme93


Natural Color System (NCS)✧ schwedische Norm SS019100 (Hård und Sivik, 1981)✧ basiert auf der Gegenfarbentheorie nach Hering✧ Ziel: leichte, intuitive Beschreib- und Handhabbarkeit➙ Gleichabständigkeit eher vernachlässigt✧ zunehmende Popularität (ausserhalb des engl. Sprachraums)✧ enthält 40 verschiedene Farbtöne➙ in Helligkeit und Sättigung jeweils zehnfach unterteilt✧ wegen drucktechnischen Beschränkungen➙ jedoch nur etwa 1500 Muster ausgeführt✧ für Tageslicht ≥ 500 lx7klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren ordnungssystemeNCS-FarbkarteNatural Color SystemGrauwert auf der Zylinderachse entspricht und Chroma 14 eine max<strong>im</strong>aleSättigung auf dem Zylindermantel darstellt. Eine <strong>Farbe</strong> mitChroma ≤ 4 bezeichnet man als schwach gesättigt bzw. stark gesättigtfür Chroma ≥ 10. Die Musterkennzeichnung5 R 8/2 (4.1)steht also für ein mittleres Rot (H = 5 R), das relativ hell (V = 8) undschwach gesättigt (C = 2) ist.4.2 Das NCS-FarbsystemDas Kürzel NCS steht für Natural Color System. Dieses Systemwurde 1981 <strong>von</strong> Hård und Sivik [1] entwickelt und ist in Schwedenzur Norm (SS019100) erklärt worden. Es orientiert sich an der Gegenfarbentheorienach Hering. Der Farbatlas enthält 40 verschiedeneFarbtöne, die in Helligkeit und Sättigung jeweils zehnfach unterteiltsind. Wegen drucktechnischen Beschränkungen sind jedochnur etwa 1500 Muster ausgeführt. Der NCS-Atlas sollte unter Tageslichtbedingungenmit ausreichender Helligkeit (≥ 500 lx) gesehenwerden.Das NCS-System definiert einen Farbkreis analog zum CIELAB-System, siehe Folie 10. Durch die Blau / Gelb- und Rot / Grün-Achsewird der Farbkreis in Quadranten gegliedert, welche ihrerseits in10 Segmente unterteilt ist. Ein Farbton, der nicht exakt eine derUrfarben Rot R, Gelb Y , Grün G oder Blau B darstellt, liegt zwischenzwei Urfarben und wird durch die jeweiligen Urfarbenanteilebeschrieben. Die AngabeR 30B steht für 70 % Rot + 30 % Blau, (4.2)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren8ordnungssystemed.h. die Zahl zwischen den beiden Urfarben wird als Prozentsatz derrechten Urfarbe interpretiert.94


Zusätzlich zum Farbton, der wie in (4.2) angegeben wird, spezifiziertman den Weissanteil w den Schwarzanteil s und den Buntanteilc, jeweils wieder als %-Wert der Flächenbedeckung. Dabei wirdw + s + c = 100angenommen, so dass effektiv nur w und s angegeben werden. DasNotationsschema besteht folglich inspezifiziert:w s Farbton, d.h. die Kennzeichnung 3040Y 25 R• 30 % Weissanteil• 40 % Schwarzanteil• 30 % Buntanteil, bestehend aus 75 % Gelb und 25 % RotObwohl das NCS relativ jung ist, hat es doch bereits einen grossenBekanntheitsgrad gewonnen.4.3 Das DIN-FarbsystemNCR-Kennzeichnung✧ Rot R, Gelb Y, Grün G und Blau B unterteilen den Farbkreis➙ in 4 Quadranten mit je 100 Segmenten➙ Farbton B 70 R steht für 30% Blau +70% Rot✧ zusätzlich: w Weissanteil, s Schwarzanteil und b Buntanteilw + s + b = 100✧ Notationsschema: Weissanteil + Schwarzanteil + Farbton30 40 Y 25 Rsteht für➙ 30 % Weissanteil➙ 40 % Schwarzanteil➙ 30 % Buntanteil, bestehend aus 75 % Gelb und 25 % Rotklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenFarbkreiseinteilung des NCS-SystemsYY40R9ordnungssystemeDieses Farbsystem wurde <strong>von</strong> Manfred Richter [7] nach demzweiten Weltkrieg entwickelt und als DIN-Norm 6164 publiziert.Die Farbmuster sind in der Grösse 20 × 25 mm ausgeführt, sowohlals Mattfarben als auch als Glanzfarben. Sie sind durch die dreiParameter Bunttonzahl T, Dunkelstufe D und Sättigungsstufe S gekennzeichnet.Der Bunttonkreis ist in 24 gleichabständige Bunttöneeingeteilt. Linien gleichen Fabtons bilden in der x-y-Farbtafel Geraden,die <strong>von</strong> Unbunt U ausgehen. Die Linien gleicher Sättigung bildenHöhenlinien um U. Die Dunkelstufe hat den Max<strong>im</strong>alwert 10und die max<strong>im</strong>ale Sättigungswerte liegt zwischen 7 und 16.GBRY 40 Rsteht für60% Gelb + 40% Rot10klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren ordnungssysteme95


DIN-Farbsystem✧ DIN-Norm 6164 (Manfred Richter, 1952)✧ unmittelbar aus dem Normvalenzsystem abgeleitet✧ Parameter➙ Buntton T (24 Stufen)➙ Dunkelstufe (Helligkeit) D (10 Stufen)➙ Sättigungsstufe S (bis zu 16 Stufen)✧ gleichabständige Unterteilung des X YZ-Farbraums➙ empirische Abstufung <strong>von</strong> Sättigung und Farbton➙ Helligkeit relativ zur entsprechenden Opt<strong>im</strong>alfarbe➙ Transformation über Stützwerte und Interpolation✧ als Farbraum eine Alternative zu CIELABDIN-<strong>Farbe</strong>nkarteklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren11ordnungssysteme4.4 Literaturverzeichnis[1] A. Hård and L. Sivik. NCS-Natural Color System: A SwedishStandard for Color Notation. Color Res. and Appl., 6:129–138,1981.[2] J. H. Lambert. Beschreibung einer mit dem Calanschen Wachseausgemahlten <strong>Farbe</strong>npyramide: Wo die jeder <strong>Farbe</strong>n aus weißund drey Grundfraben angeordnet, dargelegt und derselben Berechnungund vielfacher Gebrauch gewiesen wird. Haude & Spener,Berlin, 1772.[3] A. H. Munsell. A Color Notation. Boston, 1905.[4] A. H. Munsell. Book of Colors. A revision and extension of theAtlas of Munsell Color System. Balt<strong>im</strong>ore, 1929.[5] D. Nickerson Newhall, S. M. D. and D. B. Judd. Final report ofthe O.S.A. subcommittee on the spacing of Munsell colors. J. opt.Soc. Amer., 33:385–418, 1943.[6] W. Ostwald. Farbnormen-Atlas. Unesma, Leipzig, 1923–24.[7] M. Richter and K. Witt. The story of the DIN color system. ColorRes. Appl., 11:138–145, 1986.[8] G. Wyszecki. Color appearance. In Handbook of Perception andHuman Performance, New York, 1986. John Wiley & Sons.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren12ordnungssysteme96


K a p i t e l5Stand früher das Drucken <strong>im</strong> Mittelpunkt des Geschehens, soliegt heute der Schwerpunkt auf dem <strong>digitalen</strong> Workflow <strong>von</strong> der<strong>digitalen</strong> Erfassung bzw. der Generierung der Daten, über deren Integrationund Weiterverarbeitung, bis hin zu ihrer Reproduktion aufPapier, als CD-ROM oder <strong>im</strong> Web. Dieses neue Erscheinungsbild derMedienbranche, oder genauer, die damit verbundene Technologieveränderte in Folge massiv die Art und Weise wie technische <strong>Farbe</strong>rfassungnachgefragt wird. Zwar basiert die Input-Technologie <strong>von</strong>Scanner und Digitalkameras auf den gleichen Prinzipien wie dieklassische Farbmessung. Im Gegensatz zur traditionellen Einzelmessungist sie auf einen effizienten Massendurchsatz ausgerichtet.Als indirekte Rückwirkung des Gesamtphänomens PublishingWorkflow verändert gegenwärtig ebenfalls die Farbmessung <strong>im</strong> eigentlichenSinne ihr Erscheinungsbild. Da auch eine Produktionskettenur so stark ist wie ihr schwächstes Glied, ist es für eineüberzeugende Farbwiedergabe notwendig, dass alle beteiligten Gerätewie Scanner, Displays oder Drucker permanent kalibriert, überdigitale<strong>Farbe</strong>rfassung<strong>Farbe</strong>rfassungDie technische Best<strong>im</strong>mung einer Farbvalenz beruht unmittelbarauf dem Normvalenzsystem, was nicht überrascht, denn dieseswurde ja nicht zuletzt zu diesem Zweck entwickelt. Im vor<strong>digitalen</strong>Zeitalter war sie exklusiv mit der Farbmessung verbunden.Zur Farbmessung benötigte man teure Geräte, die <strong>von</strong> Expertenbedient wurden, typischerweise <strong>im</strong> Kontext <strong>von</strong> Produkttoleranzenoder Schadensfällen. Erst die Digitaltechnik hat die Farbmessungfür weitere Kreise in Industrie und Forschung benutz- und bezahlbargemacht. Dieselbe Digitalisierung veränderte aber auch die Arbeitsabläufeder Medienbranche und damit auch die Bedeutung, dieder technischen <strong>Farbe</strong>rfassung zukommt.✧ technische Best<strong>im</strong>mung der Farbvalenz eines Lichtreizes✧ <strong>im</strong> Workflow des <strong>digitalen</strong> <strong>Publizieren</strong>s➙ Farbmessung✛ Kalibration <strong>von</strong> Kameras, Scannern, Monitoren, Druckern➣ speziell Gamutbest<strong>im</strong>mung➣ Teil des Color Managements✛ konzeptionelle Unterschiede zur klassischen Farbmessung➣ z.B. Weisspunktnormalisierung (ISO 13655)➣ Einzelproben, Toleranzwerte, Schadensfälle✛ Farbmessung wird zur Massenanwendung➙ ortsaufgelöste <strong>Farbe</strong>rfassung: Scanner + Digitalkamerasklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenFarbmessverfahren✧ Gleichheitsverfahren: visueller Unterscheidbarkeitstest➙ ungenau, aber wichtig für die Grundlagenforschung✧ Spektralverfahren: Stand der heutigen Farbmesstechnik➙ Zerlegung des Spektrums mit Prismen oder Gitter➙ Intensitätsmessung einzelner Wellenlängenbänder✛ übliche Abtastung 10 nm (Photodioden, CCDs)➙ Gewichtung mit Normspektralwertkurven✧ Dreibereichsverfahren: geringere Genauigkeit, aber billiger➙ Transformation des Lichtreizes durch 3 Farbfilter✛ Intensitätsmessung ergibt unmittelbar Normvalenz➙ in modifizierter Form auch bei Scanner + Digitalkamerasklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren1erfassung2erfassung97


SpektralverfahrenF(380 nm)F(390 nm)XYZwacht und gewartet werden, ein Prozess der als Color Managementbekannt ist. Neben der Kalibration hat hier die Farbmessung vor allemdie Aufgabe, die tatsächlichen durch ein Gerät erzeugbaren <strong>Farbe</strong>nzu best<strong>im</strong>men. Weil die Ermittlung dieser Geräte-Gamuts zumeinen sehr aufwendig und zum anderen häufig nachgefragt wird,entwickelt sich auch die eigentliche Farbmessung zu einen Massenphänomen.Dioden5.1 FarbmessverfahrenPrismaspektrale ZerlegungDreibereichsverfahrenklaus s<strong>im</strong>onF(720 nm)F(730 nm)farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren3erfassungDie Herleitung der Farbmetrik in Kapitel 3 hat uns bereits miteinem Farbmessverfahren bekanntgemacht, nämlich das Nachmischeneines Farbmusters aus gegebenen Pr<strong>im</strong>ärvalenzen. In derMesstechnik bezeichnet man dieses Vorgehen als Gleichheitsverfahren.Es ist umständlich und <strong>im</strong> Einzelfall relativ unsicher. In derGrundlagenforschung ist es andererseits, z.B. zur Ermittlung derNormspektralwertkurven, unverzichtbar. In H. Beck [3] findet maneine detaillierte technische Beschreibung einer entsprechenden wissenschaftlichenMessanordnung..FilterDioden Dioden.. . .X Y Z.klaus s<strong>im</strong>onFilterfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren4erfassungDie heute technisch vorherrschende Farbmessmethode ist daszweistufige Spektralverfahren. Zunächst wird der zu messendeLichtreiz durch ein Prisma oder ein Gitter physikalisch nach Wellenlängenaufgespalten. Die Abtastung erfolgt typischerweise in10 nm-Schritten, seltener in 5 nm-Schritten. Das so gewonneneSpektrum wird entweder direkt ausgegeben, was bei der Messung<strong>von</strong> Körperfarben zur Ermittlung des Remissionsgrades durchausüblich ist, oder die Addition des mit den Normspektralwertkurvengewichteten Spektrums liefert die entsprechende Normvalenz. Geräte,die diesem Schema folgen, heissen Spektralphotometer. Die Folie9 zeigt das Spectrolino (Gretag MacBeth), eines der bekanntestenGeräte dieses Typs, bei der Vermessung des Testcharts IT8.7-3. Spektralphotometer sind heute weitverbreitet, liegen in der Anschaffungbei einigen Kilofranken und sind über Standardschnittstellen<strong>von</strong> einem Computer leicht zugreifbar.98


Be<strong>im</strong> Dreibereichsverfahren wird kein Spektrum ermittelt. Folglichist auch keine numerische Gewichtung des Spektrums zur Best<strong>im</strong>mungder Normvalenz möglich. Stattdessen wird der Lichtreizwellenlängenneutral in drei Teile zerlegt, auf die jeweils ein speziellerFarbfilter angewendet wird. Anschliessend wird die Intensitätdes gefilterten Lichtes gemessen. 1 Die Gewichtung der fixenFiltervalenzen mit diesen Messwerten ergibt dann die Farbvalenzender jeweiligen Reizanteile und deren Addition schliesslich dieNormvalenz des Gesamtreizes. Die physikalische Filterung ersetztdabei die numerische Gewichtung des Spektrums gemäss (3.4), wobeider Transmissionsgrad des Filters als spezifische Spektralwertkurveverstanden wird. 2Der Vorteil des Dreibereichsverfahren gegenüber den Spektralverfahrenist der physikalisch deutlich geringere Aufwand, weshalbdiese Technologie in modifizierter Form auch in Scanner und Digitalkameraseingesetzt wird. Nachteilig ist dagegen die reduzierteGenauigkeit, nicht zuletzt auf Grund der Temperaturempfindlichkeitüblicher Filter. Dreibereichsphotometer müssen dementsprechendregelmässig kalibriert werden. Generell eignen sie sich besserzur Ermittlung <strong>von</strong> Farbdifferenzen als für Normvalenzen.Kontext der Farbmessung✧ Kalibration➙ wegen relativer Messung zu physikal. Bezugswert➙ Weissstandard bei Körperfarben: Lambertsche Fläche✧ Normalisierung der Farbwerte auf ein Referenzweiss R➙ relative Farbmetrik: z.B. R = Medium White➙ problematisch: Kalibration auf Medium White✛ Zentrierung auf willkürliches R (z.B. CIELAB)✛ Messung <strong>von</strong> Farbdifferenzen (Toleranzen, Schadensf.)✧ neue Anforderungen durch Color Management➙ physikalische Gerätecharakterisierung (Gamuterfassung)✛ Drucker: Vermessung <strong>von</strong> Testcharts (Massendaten)✛ Displays (Selbstleuchter): Weisspunkt + Pr<strong>im</strong>ärfarbenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenWeissstandard (links) u. Spectrolino (Gretag Macbeth)5erfassung5.2 FarbmessungEine absolute Strahlungsmessung ist ein physikalisch schwierigerVorgang und entsprechend teuer. So liegt der Anschaffungspreis desCS1000 aus der Folie 7 bei einigen 10000 Franken. Die gängigeMesspraxis begnügt sich deshalb mit Relativmessungen. Um trotzdemzu physikalisch verbindlichen Messwerten zu gelangen, müs-1 etwa durch eine Photodiode oder einen Photometer2 Wegen ¯x(λ) ≥ 0, ȳ(λ) ≥ 0 und ¯z(λ) ≥ 0 können die Normspektralwertkurvenzumindest approx<strong>im</strong>ativ in diesem Sinne als Filter realisiert werden, die unmittelbarNormvalenzen erzeugen. Bei Spektralwertkurven mit negativen Anteilensind zusätzliche Berechnungen nötig, wie der Zusammenhang RG B–X Y Zzeigt.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren6erfassung99


Spektralradiometer CS 1000 (Konica Minolta)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenMesstisch Spectroscan (Gretag Macbeth)7erfassungsen Farbmessgeräte häufig 3 kalibriert werden, d.h. die Messwertemüssen <strong>im</strong>mer wieder mit bekannten Musterproben verglichenund entsprechend korrigiert werden. Einen solchen physikalischenMessbezugspunkt nennt man in der Farbmetrik Weissstandard. DasIdeal eines Weissstandards für Körperfarben ist die vollkommenmattweisse Fläche, die aus Abschnitt 3.4 bekannte LambertscheFläche. Als Idealisierung existiert sie nur als technische Approx<strong>im</strong>ation,z.B. als Bariumsulfat BaSO 4 (in Tablettenform). In Messgerätenist sie häufig, wie links oben in Folie 6 zu sehen, als Keramikplatterealisiert, die fest in das Gerät eingebaut ist.Wie <strong>im</strong> Kapitel 3 unter dem Begriff relative Farbmetrik ausgeführtwurde, stellen Normvalenzen bezüglich der Helligkeitskomponentenur Grössenverhältnisse dar. Damit verbunden ist die Normalisierungder Y -Komponente auf Werte zwischen 0 und 100. DaFarbmessgeräte Normvalenzen liefern, müssen sie auch eine entsprechendeNormalisierung vornehmen. Häufig geschieht dies <strong>im</strong>plizit,indem sie technisch in die Kalibrierung auf einen Weissstandardintegriert wird, d.h. die Y -Komponente des Weissstandardswird auf 100 gesetzt. Im Gegensatz zu dieser eher beiläufigen Handhabungist jedoch die explizite Beachtung des Aspektes Normalisierungangemessen. Der Grund dafür sind traditionelle Gewohnheitender Farbmetrik, aus denen sich verschiedene Normalisierungsmethodenherausgebildet haben, die <strong>von</strong> dem Konzept der relativenFarbmetrik abweichen und gegebenenfalls bei der Interpretation einerMessung zu berücksichtigen sind.In der graphischen Industrie, siehe ISO 13655, 4 ist es üblich,nicht auf den Weissstandard sondern auf das Papierweiss (allgemeinMedium White) zu normalisieren. Damit erhält jedes Papierden Y -Wert 100 anstatt etwa 85. Dieses Vorgehen mag zwar pragmatischgesehen gewisse Berechnungen vereinfachen, ist konzeptionellaber ausgesprochen fragwürdig, siehe Mark Fairchild [2,S. 75–77]. Die Gleichsetzung aller Papiere ist ein Akt des Gamutklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren8erfassung3 um nicht zu sagen ständig4 ISO 13655:1996 Graphic Technology – Spectral measurement and color<strong>im</strong>etriccomputation for graphic arts <strong>im</strong>ages100


Mapping 5 und ist durch die Farbmetrik nicht begründet.Durch die Definition <strong>von</strong> CIELUV (Seite 54) bzw. CIELAB (Seite55) haben wir eine Normalisierung kennengelernt, bekanntals Mittelpunkt-Transformation oder Zentrierung (siehe ManfredRichter [7, Anhang 1]), die auch allgemein in der Farbmessungverwendet wird und nicht nur <strong>im</strong> Kontext <strong>von</strong> Farbabständen. Hierbeiwird in der einfachsten Form die Normvalenz (X,Y , Z) durch(X/X R ,Y /Y R , Z/Z R ) ersetzt, wobei (X R ,Y R , Z R ) für die Normvalenzeines Referenzweisses R steht. Die Zentrierung ist eine projektiveVerzerrung des Normvalenzsystems, basierend auf einer Neugewichtungder Pr<strong>im</strong>ärvalenzen X ,Y ,Z , so dass deren Summe nichtlänger Unbunt U ergibt, sondern (X R ,Y R , Z R ). Sie wird üblicherweisemit der farblichen Umst<strong>im</strong>mung des Auges begründet. Als Modellierungdieses Color Apperance-Phänomens ist sie indessen unzureichend,weshalb sie in der Literatur auch als Wrong <strong>von</strong> Kries Transformationbezeichnet wird, siehe etwa Mark Fairchild [2, S. 191]oder Manfred Richter [7, Anhang 2]. Die routinemässige Vermischung<strong>von</strong> Messdaten und <strong>im</strong>pliziten Farbraumtransformationenist insbesondere <strong>im</strong> Kontext des Color Management, speziell bei derMonitorkalibrierung, als höchst problematisch zu betrachten.Wie jede Technologie ist auch die Farbmessung <strong>von</strong> der Art undWeise geprägt, in welcher sie nachgefragt wird. Typisch für die traditionelleFarbmetrik war die Analyse und Bewertung <strong>von</strong> Farbdifferenzenbei Toleranzvereinbarungen oder Schadensfällen. DieseFarbmessung war das Metier <strong>von</strong> Spezialisten. Das breitere Publikumwar auf die Mustersammlungen der Farbordnungssytemeangewiesen. Dieses Verständnis der Farbmessung liegt vielen Empfehlungenund Gewohnheiten der CIE oder ISO zu Grunde.Durch die Digitalisierung der Medienbranche hat sich die Nachfrage<strong>von</strong> Farbmessung in diesem Bereich jedoch deutlich verändert,sowohl quantitativ als auch in den damit verbundenen Zielsetzungen.Der quantitative Aspekt hat zwei Seiten, nämlich, zum einenwerden heute Geräte wie Digitalkameras, Scanner, Monitore oderFarbdrucker massenhaft eingesetzt und zum zweiten müssen die-Testchart IT8.7-3klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren9erfassung5 worauf wir <strong>im</strong> Kapitel Gamut Mapping zurückkommen werden101


Tonwerte, optische Dichte und Densitometer✧ Ziel: optische Messung der Flächenbedeckung einer Rasterfläche Ffür die <strong>Farbe</strong>n C,M,Y,K auf dem Papier P relativ zur Volltonfläche Vdefdef✧ Remissionsgrade β F = I F /I P und β V = I V /I Pdefdef✧ optische Dichten D F = − log 10 β F und D V = − log 10 β V✧ Rastertonwert (Tonwert) T F nach Neugebauer definiert alsT F = 1 − 10−D F1 − 10 −D V} {{ }Densitometer⇐⇒defT F = 1 − β F⇐⇒ I1 − β } F = T F I P + {{(1 − T F ) I V}VMurray-Davis-Formel✧ Tonwertzunahme: Tonwertdifferenz Druckplatte-Druckbogen✧ Densitometermessungen nicht kompatibel zu CIE 1931➙ signifikante Differenzen zu Y oder L ∗ -Messungen➙ spektrale Erweiterung in ISO 5–3➙ Tonwertbest<strong>im</strong>mung bei <strong>Farbe</strong>n mit komplementären Farbfilternklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren10erfassungse Geräte <strong>im</strong> professionellen Einsatz mehr oder weniger permanentkalibriert und kontrolliert werden. Allein die Gamuterfassung einesFarbdruckers umfasst die Messung <strong>von</strong> etwa 1000 Messfeldern, wasauch in automatisierter Form 6 bis in die jüngste Vergangenheit etwa45 Minuten dauerte. 7 Dieses Mengenproblem widerspricht demklassischen Selbstverständnis der opt<strong>im</strong>ierten Einzelmessung. Diequalitative Zielsetzung des <strong>digitalen</strong> <strong>Publizieren</strong> ist eine über dengesamten Produktionsprozess konsistente Qualitätssicherung (ColorManagement). Dazu bedarf es einer systemweit eindeutigen geräteneutralenFarbdarstellung und -messung. Mit diesem auf dengesamten Workflow bezogenen Anforderungsprofil sind aber gewisseTraditionen der graphischen Industrie wie die oben ausgeführteNormalisierung auf Papierweiss unvereinbar.5.3 Tonwerte, optische Dichten und DensitometerAusser farbmetrischen Messungen gemäss CIE 1931 sind in dergraphischen Industrie auch densitometrische Messungen bekannt.Dieses Messkonzept ist nicht kompatibel mit den CIE-Farbräumen,sondern war unmittelbar auf die Bedürfnisse der fotomechanischenWorkflows ausgerichtet. Im Zentrum steht der Begriff der optischenDichte, die sowohl aus Transmissionsgraden bei Kopiervorlagenals auch aus Remissionsgraden bei Rasterflächen abgeleitetwerden kann. Die Bedeutung dieses Konzepts wurde zwar durchdas Desktop Publishing stark reduziert, die resultierenden Begriffedes Tonwerts bzw. Tonwertzunahme sind <strong>im</strong>mer noch populär.Das erste Ziel einer densitometrischen Messung ist die Ermittlungdes Helligkeitswertes einer Rasterfläche F <strong>im</strong> Verhältnis zumHelligkeitswert des jeweiligen Volltons V . Aus diesem Verhältniswird dann in mehreren Stufen ein optisches Äquivalent zu den Flächenbedeckungen,der Rastertonwert, für C, M, Y und K abgeleitet.Wie in Abschnitt 3.4.1 eingeführt, ist der Remissionsgrad β F gege-6 etwa mit dem Spectroscan T aus Folie 87 die neuste Generation ist jedoch etwa um den Faktor 10 schneller102


en durchβ F = I FI P, (5.1)wobei I F die Lichtintensität des <strong>von</strong> F remittierten Lichtes bezeichnetbzw. I P dasjenige des leeres Papiers (Substrates). Analog istβ V = I V /I P für den Vollton V festgelegt. Aus β F und β V leitet mandann durch Logarithmieren die optischen Dichte D F und D V ab:D F = −log 10 β F bzw. D V = −log 10 β V (5.2)Bemerkung. Man beachte, dass die optische Dichte in analoger Weisefür den Transmissionsgrad τ bei Filtern oder Kopiervorlagen definiertist. Diese Analogie war ein wesentlicher Aspekt des densitometrischenMesskonzeptes in der fotomechanischen Druckvorstufe.Der Rastertonwert T F der Rasterfläche F oder kurz Tonwert wurdedurch Neugebauer definiert alsDensitometer zur Dichtebest<strong>im</strong>mung auf PapierT F = 1 − β F1 − β V(5.3)Der Tonwert T F wird nun als das optische Äquivalent zur Flächenbedeckung<strong>von</strong> F betrachtet. Diesem Verständnis liegt die zu (5.3)äquivalente Murray-Davis-Formel zu Grunde:T F = 1 − β F1 − β V⇐⇒ (1 − I VI P) T F = 1 − I FI P⇐⇒ I F = T F I V + (1 − T F ) I P} {{ }Murray-Davis-FormelSie zeigt, dass der Tonwert T F als Interpolationsfaktor zwischen derPapierhelligkeit und der Lichtintensität des Volltons zu verstehenist.Bemerkung. Als physikalisches Modell für den ZusammenhangFlächenbedeckung-Rastertonwert ist die Murray-Davis-Formel [6] nursehr approx<strong>im</strong>ativ geeignet. Anspruchsvollere Alternativen findet manin den Arbeiten <strong>von</strong> Yule-Nielsen [5], Clapper-Yule [1] oderKubelka-Munk [8].Eine weitere zu (5.3) äquivalente Gleichung ist:klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren11erfassungT F = 1 − 10−D F1 − 10 −D V(5.4)103


Ordinate: GewichtungSpektralgewichte der Densitometerfarben nach ISO 5–3415 450 485 520 555 590 625 660 695Abszisse: Wellenlänge (nm)35302520151050klaus s<strong>im</strong>on— Cyan— MagentaYellow— Blackfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren12erfassungSie wird zur Berechnung des Tonwerts T F benutzt, wobei die DichtenD F und D V das Messresultat eines Densitometers darstellen.Ein Densitometer führt grundsätzlich eine photometrische Intensitätsmessungdurch, d.h. der Lichtreiz wird nach dem Photoeffektin einen elektrischen Strom gewandelt. Vor der Messung wird dasGerät auf dem unbedruckten Papier geeicht. Das Messresultat derRasterfläche F wird dann als das logorithmische Verhältnis zurEichmessung zurückgegeben. Zur Dichtemessung der bunten <strong>Farbe</strong>nC, M und Y werden dem Densitometer komplementäre Farbfiltervorgesetzt, 8 welche die Remissionsstrahlung in einen Grauwertüberführen. Die Filter entsprechen den Spektralwertkurven aus Folie12.Ein Begriff der sich bis anhin grösster Popularität erfreut, istdie Tonwertzunahme. Da die traditionelle Druckvorstufe faktischauf die Druckplattenproduktion geschrumpft ist, versteht man heutenormalerweise darunter die Differenz zwischen dem Tonwert einerRasterfläche auf der Druckplatte (Input) und dem Tonwert desResultates auf der Druckbogen (Output). Bei Computer-to-Print-Systemen wie einem Laserdrucker muss man die Eingabetonwertewohl oder übel mit der spezifizierten Flächenbedeckungen identifizieren.Densitometermessungen sind keine Farbmessungen gemäss CIE1931 und Dichtewerte entsprechen weder Y - noch L ∗ -Werten. ÄltereSysteme waren ausschliesslich auf eine gute Wiederholgenauigkeitausgelegt. 9 Mehre Einflussfaktoren auf die Messung wurdensystematisch ignoriert. Das vielleicht gewichtigste Problem resultiertunmittelbar aus der Ausgangsgleichung (5.3). Wie wir bereitsin Abschnitt 3.4.1 festgestellt haben, ist der Remissionsgrad β eineFunktion der Wellenlänge λ, alsoβ = β(λ),8 d.h. für Cyan wird ein Rotfilter, für Magenta ein Grünfilter und für Yellow einBlaufilter verwendet9 In der traditionellen fotomechanischen Druckvorstufe mit geschlossenenCMYK-Arbeitsabläufen war dies ausreichend.104


was bei älteren Densitometer nicht berücksichtigt wurde. Um dasspektrale Verhalten <strong>von</strong> Densitometer zu definieren wurden in derISO-Norm 5–3 Spektralwertkurven für C, M, Y und K festgelegt. Siedienen zur komponetenweisen Gewichtung <strong>von</strong> wellenlängenspezifischenMessungen gemäss (5.3). Wie in Folie 12 zu sehen, s<strong>im</strong>ulierendiese Gewichtsfunktionen das spektrale Verhalten der oben angesprochenenkomplementären Farbfilter. Mit ihnen können beliebigespektrale Intensitätsmessungen in Dichtewerte umgerechnetwerden.Mikrospektralphotometer (Leica) und Tango-Trommelscanner5.4 ScannerTechnisch nahe verwandt mit Farbmessgeräten sind Scanner undDigitalkameras, wobei letztere als eine Art <strong>von</strong> ortsauflösendenDreibereichsphotometer verstanden werden können. Speziell dieKontrolle über die benutzte Lichtquelle sowie die Erfassungsgeometrieentsprechen bei Scannern dem Vorgehen zur Messung <strong>von</strong>Körperfarben. Einzig die angestrebte hohe Ortsauflösung erzwingtKompromisse hinsichtlich der Erfassungsgenauigkeit.Die industrielle Rastertechnik, 10 der historisch erste Schritt aufdem Weg zum <strong>digitalen</strong> <strong>Publizieren</strong>, wurde bereits Ende des 19.Jahrhundert entwickelt. Nicht zuletzt dieser Basistechnologie istdas Entstehen der modernen Massenmedien zu verdanken. Aber dieErzeugung eines Rasterbildes, insbesondere das eines Farbrasterbildes,war eine teure Angelegenheit. Die Überführung einer photographischenVorlage in ein Rasterbild erforderte zeitaufwendigeund anspruchsvolle (analoge) Verarbeitungsschritte, die auch nochsehr fehleranfällig waren. Die Entwicklung digitaler Scanner Mitteder 70er Jahre zur Erfassung <strong>von</strong> Fotos, Dias, Filmen usw. stellteeine revolutionäre Vereinfachung der Arbeitsabläufe dar. Zudem eröffnetedie neue Technik die Möglichkeit, die erfassten Bilder als digitaleDateien zwischenzuspeichern und bei Bedarf auch zu bearbeiten.Seit dieser Zeit hat sich die Leistungsfähigkeit <strong>von</strong> Scanner so10 siehe Kapitel HalftoningTrommelscanner (späte 80er, <strong>EMPA</strong>)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren13erfassung14erfassung105


Scanner✧ Dreibereichsfarbmessung (ortsaufgelöst, spezielles Licht)✧ Trommelscanner➙ spiralförmige Abstastung eines rotierenden Zylinders➙ feststehender Messkopf (Photomultiplier)➙ hohe Auflösung, geringes Rauschen✛ geeignet für hochqualitative Vergrösserungen (z.B. Dias)✧ Flachbettscanner➙ Abtastung durch CCD-Zeile➙ weitgehend automatisierte Bedienung➙ flexibler in der Handhabung (z.B. Kopie <strong>von</strong> Buchseiten)➙ gute Integration in den <strong>digitalen</strong> Workflow➙ permanente QualitätsverbesserungFlachbettscannerklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren15erfassung16erfassungverbessert, dass High End-Scanner in der <strong>Farbe</strong>rfassung durchausmit Farbmessgeräten konkurrieren können. In Folge des DesktopPublishings werden Flachbettscanner heutzutage als übliche Büroausstattungbetrachtet.Der klassische Scannertyp ist der Trommelscanner. Das zu erfassendeFoto, Dia oder etwas Vergleichbares wird auf einem Zylinderbefestigt und anschliessend in einer spiralförmigen Drehung an einemfeststehenden Lesekopf vorbeigeführt. Der erfassende Sensorbesteht typischerweise aus einem Photomultiplier, was in Kombinationmit optischen Linsen eine hochgenaue, rauscharme Abtastungermöglicht. Der in Folie 13 abgebildete Tango-Scanner erreicht eineAuflösung <strong>von</strong> 11000 dpi bei einer 14-Bit-Kodierung pro Farbkanal.High End-Trommelscanner sind auf Grund der aufwendigen Mechaniksehr teuer. Sie werden speziell für anspruchsvolle Vergrösserungen,etwa bei Dias oder Filmnegativen eingesetzt. Das Aufspannendes Originals auf der Trommel l<strong>im</strong>itiert indessen die Anwendbarkeit.Das Desktop Publishing hat den zweiten Scannertyp, den Flachbettscanner,populär gemacht. Er zeichnet sich durch eine weitgehendautomatisierte Bedienung bei guter Workflow-Integration aus.Die Abtastung erfolgt über ein Spiegelsystem und eine feststehendeCCD-Zeile 11 mit mehreren tausend Sensorzellen. Die Vorlagewird entweder mehrfach abgetastet, dann jeweils mit einem anderenFarbfilter, oder die verschiedenen Farbfilter sind direkt aufden einzelnen Sensorelementen aufgebracht, so dass eine einzigeAbtastung genügt. Als Halbleiter-Technologie sind CCD-Sensorenverhältnismässig preiswert. Allerdings sind sie relativ anfällig fürthermisches Rauschen, was ihre Anwendbarheit bei niedrigen Helligkeitenbeschränkt. Bei entsprechender Kühlung gehören andererseitsCCDs zu den empfindlichsten Bildaufnehmern überhaupt.Auf Grund der üblichen Dynamik des Halbleitermarktes kann manbei Flachbettscannern weitere relevante Leistungssteigerungen erwarten.11 charge coupled devices106


5.5 DigitalfotografieDigitalfotografieDer gegenwärtig dynamischste Teil des Publishing Workflows ist dieDigitalfotografie. Ihre <strong>Farbe</strong>rfassungstechnik ist mit derjenigen <strong>von</strong>Flachbettscanner vergleichbar, obwohl sie ihren Ursprung in der Videotechnikhat. Im Gegensatz zu einer CCD-Zeile bei Scannern hatman in der Digitalfotografie eine CCD-Matrix. Die einzelnen Sensorenarbeiten wieder als Dreibereichsphotometer, wobei die Farbfilterentweder global oder lokal zugeordnet sein können.Anders als in der Farbmessung oder be<strong>im</strong> Scannen hat die Digitalfotografieaber wesentlich weniger Kontrolle über die Aufnahmesituation.Dies bezieht sich vor allem auf die Lichtquelle, bzw.die vorhandenen Lichtverhältnisse. Wie in Abschnitt 3.4 ausgeführtwurde, ist eine originalgetreue Rekonstruktion nur unter identischenLichtverhältnissen möglich. Im wirklichen Leben sind die tatsächlichenLichtverhältnisse kaum ermittelbar, was die technischenMöglichkeiten <strong>von</strong> RG B-Kameras prinzipiell beschränkt. Als Konsequenzdieser L<strong>im</strong>itierung werden Bilder <strong>von</strong> Digitalkameras <strong>im</strong>Publishing-Alltag routinemässig nachbearbeitet. So wetteifern geradeFotolabors darum, wer Kundenfotos am kompetentesten ≪verbessert≫.Aus Sicht des <strong>digitalen</strong> Workflows hat die Digitalfotografie trotzdemenorme Vorteile. Die vorgängig angedeuteten Probleme sindnämlich Probleme der Kameratechnik allgemein und nicht typischfür ihre digitale Variante. Zu vergleichen ist also die Digitalfotografiemit der konventionellen Fotografie zusammen mit dem nachfolgendenEinscannen und dann sind die Konzeptvorteile der Digitalfotografieoffensichtlich.✧ Dreibereichsmessung: Ortsauflösung mit CCD-Feld➙ Lichtquelle kaum kontrollierbar✛ Interaktion der Lichtquelle mit Umgebung bleibt unklar✛ deshalb nicht analog zur Messung <strong>von</strong> Körperfarben✧ direkter Zugang zum <strong>digitalen</strong> Workflow➙ Ursprung in der Videotechnik (Camcorder)➙ flexibler Einsatz (z.B. Erfassen <strong>von</strong> Museumsbilder)➙ Tendenz zu weiteren Farbkanälen✧ allgemein noch relativ ungenaue <strong>Farbe</strong>rfassung➙ beschränkte Datenverarbeitungskapazität✛ Nachbearbeitung der Bilder üblich (z.B. Gamut Mapping)➙ technische Dokumentation teilweise schlechtDigitalkamera Nikon D1klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17erfassung5.6 Literaturverzeichnis[1] F. Clapper and J. Yule. The effect of multiple internal reflectionson the densities of half-tone prints on paper. J. Opt. Soc. Am.,43:600–603, 1953.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren18erfassung107


[2] M. Fairchild. Color Appearance Models. Wiley, 2. Ed., 2005.[3] H. Beck and M. Richter. Neukonstruktion des Dreifarben-Messgeräts nach Guild-Bechstein. <strong>Farbe</strong>, 7:141–152, 1958.[4] R. Hunt. Measuring Colour. Fountain Press, 1996.[5] J. Yule and W. Nielsen. The penetration of light into paper andits effect on halftone reproduction. Proc. Tech. Assoc. GraphicArts, 4:65–75, 1951.[6] A. Murray. J. Franklin Inst., 221:721, 1936.[7] M. Richter. Einführung in die Farbmetrik. Walter de Gruyter,1981.[8] P. Kubelka und F. Munk. Ein Beitrag zur Optik der Farbanstriche.Z. techn. Physik, 12:593–601, 1931.[9] G. Wyszecki and W. Stiles. Color Science. Wiley-Interscience,1982.108


K a p i t e l6HalftoningHalftoningIm Gegensatz zu einem Bildschirm, der durch seine variable Pixelhelligkeitcharakterisiert ist, besitzt ein Druckpunkt auf Papiereine mehr oder weniger konstante Farbvalenz, die als Funktion derUmgebungsbeleuchtung zu verstehen ist. Diese Konstanz hindertedie Drucktechnik jahrhundertelang daran Bilder in abgestuftenGrautönen, sogenannten Halbtönen, zu produzieren. Angetriebendurch die Entwicklung der Fotografie vor 150 Jahren, wurde dannEnde des 19. Jahrhunderts die Rastertechnik entwickelt, siehe etwaFox Talbot [10], Georg Meisenbach [2] oder Louis und Max Levy[5], die konzeptionell so noch heute angewendet wird. Aus heutigerSicht war die industrielle Rastertechnik ein entscheidender Schrittauf dem Weg zur modernen Medienlandschaft und kann durchausals früher Triumph der Digitaltechnik verstanden werden.✻Pixelintensität✛auf Papier s<strong>im</strong>uliert durchFlächenbedeckung der RasterzelleProblemstellungklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren1halftoning6.1 RasterzellenDie konstante Helligkeit <strong>von</strong> Druckpunkten (Dots) auf Papier machteine physikalische Farbmischung unmöglich. Dass wir trotzdemHalbtöne auf Papier wahrnehmen können, basiert auf dem beschränktenOrtsauflösevermögen des Auges. Wie in Abschnitt 2.5.3ausgeführt wurde, beträgt der physiologische Grenzwinkel etwa eineBogenminute. Unterhalb dieser Grenze werden Details nicht mehrals solche erkannt, sondern verschmelzen mit ihrer Nachbarschaftin einem Zapfen bzw. Stäbchen zu einem Gesamtreiz. Diese ≪Farbmischung≫ auf Rezeptorebene ist die Grundlage der Rastertechnik.Produziert werden Druckpunkte die unterhalb oder wenigstens inder Nähe des physiologischen Grenzwinkels liegen. Dabei resultiertder Helligkeitseindruck eines gerade auflösbaren Flächenelements✧ konstante Helligkeit <strong>von</strong> Papier bzw. Druckpunkten➙ macht physikalische Farbmischung unmöglich✧ Helligkeitswahrnehmung bei Druckbildern➙ durch beschränktes Auflösevermögen des Auges✧ unterhalb des physiologischen Grenzwinkels (1 Bogenminute)➙ werden Einzelheiten nicht mehr separat erkannt➙ sondern ergeben mit ihrer Nachbarschaft einen Gesamtreiz✧ Wahrnehmung ausreichend kleiner Druckpunkte (Dots)➙ erfolgt zusammen mit dem umgebenden Papierweiss➙ Farbmischung in den Rezeptorzellen der Netzhautklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren2halftoning109


Aufösungsvermögen <strong>im</strong> Halftoning✧ physiologischer Grenzwinkel: 1 Bogenminute✧ ein Kreis enthält360 · 60 = 21600 Bogenminuten✧ bei Betrachtungsabstand rKreisumfang: 2 π raus dem Verhältnis des bedruckten zum unbedruckten Flächenanteil.•Der physiologische Grenzwinkel beschreibt einen Sehwinkel. Fürden Umgang mit Dotgrössen auf Papier ist das eine eher unpraktischeMasseinheit. Zur Spezifikation <strong>von</strong> Radien oder Rasterweitensind Längenangaben besser geeignet. Um den physiologischenGrenzwinkel entsprechend auszudrücken zu können, bezieht mansich auf einen Betrachtungsabstand r. Ein Kreis mit Radius r hateinen Umfang <strong>von</strong> 2π r. Derselbe Kreis enthält andererseitsLandolt-Ring✧ bei einer üblichen Lesedistanz <strong>von</strong> 40 cm➙ entspricht einer Bogenminute186 cm oder 1inch oder 0.12 mm218Rasterzelleklaus s<strong>im</strong>on✧ realisiert einen Bildpixel (Farbvalenz, Grauwert)➙ “≤ 1/86 ≈ 0.12 mm breit” bei Lesedistanz 40 cmfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ in der Digitaltechnik aus Dots (Druckpunkten) aufgebaut➙ z.B. als r ×r -Matrix mit r 2 + 1 realisierbaren Graustufen➙ Graustufe = bedruckter Flächenanteil der Rasterzelle✧ Halftoning-Algorithmen➙ zur Verteilung der Dots innerhalb der Rasterzelle➙ extreme Verfahren✛ Amplitudenmodulation: konzentriert <strong>im</strong> Zentrum✛ Frequenzmodulation: zufällig verteilt in der Zelleklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren3halftoning4halftoning360 · 60 = 21600Bogenminuten. Folglich entspricht dem Winkel 1 Bogenminute geradedie Länge:2π r21600Betrachten wir nun eine typische Lesedistanz <strong>von</strong> r = 40 cm, so erhaltenwir eine Auflösegrenze <strong>von</strong>:186 cm oder 1inch oder 0.12 mm218Um nun die Helligkeitskomponente eines Bildpixels auf Papier darzustellen,ordnet man dem Pixel zunächst einen best<strong>im</strong>mten Flächenbereichzu, genannt Rasterzelle. Gemäss den vorangegangenÜberlegungen sollte dabei der Durchmesser der Rasterzelle für denanvisierten Betrachtungsabstand den physiologischen Grenzwinkelnicht überschreiten.In der heutigen <strong>digitalen</strong> Medientechnik bestehen Rasterzellenaus einzeln adressierbaren Druckpunkten, wobei die englische BezeichungDots zumindest gleich populär ist.In der einfachsten Form kann man mit einer Rasterzelle einer×r - Matrix mit den Dots als Matrixelemente verbinden. Eine solcheZelle kann dann r 2 +1 verschiedene Graustufen darstellen, jenachdem wieviele der r 2 max<strong>im</strong>al möglichen Druckpunkte realisiert110


werden. 1 Wenn man ann<strong>im</strong>mt, dass ein Dot seine Matrixposition exaktausfüllt, dann entspricht die so spezifizierte Graustufe geradedem bedruckten Flächenanteil der Rasterzelle. Die verschiedenenRasterverfahren unterscheiden sich in der Art und Weise wie dieDots in der Rasterzelle angeordnet werden und in der Form und Anordnungder Rasterzellen, was wir <strong>im</strong> Folgenden genauer ausführenwerden.6.2 AmplitudenmodulationDie traditionelle Rastertechnik ist die Amplitudenmodulation (AM).Hier sind alle gedruckten Dots <strong>im</strong> Zentrum der Rasterzelle in einerjeweils spezifischen Rasterpunktform konzentriert. Es sind verschiedeneRasterpunktformen wie Kreise, Quadrate oder Linien gebräuchlich.Aus naheliegenden Gründen kann man z.B. <strong>im</strong> Gelddruckbesonders ungewöhnliche Formen beobachten. Die verschiedenenGraustufen variieren die Grösse der Rasterpunktform, wasdem Verfahren seinen Namen verlieh. Obwohl die Amplitudenmodulationfür eine feste Dotauflösung nicht die beste Bildqualität erzeugt,ist sie in ihren <strong>digitalen</strong> Varianten in vielen Druckbereichenauch heute noch das vorherrschende Rasterverfahren.In der Amplitudenmodulation sind die Rasterzellen auf den Gitterpunkteneines <strong>im</strong>aginären Gitters, dem Raster, platziert. DieFeinheit des Gitters ist dabei durch den Durchmesser der Rasterzelledefiniert und unterliegt bezüglich des physiologischenGrenzwinkles den gleichen Beschränkungen. Sie wird in Linien procm ( l/cm) bzw. in Linien pro inch (lpi) angegeben. In der Druckindustriesind die folgenden Feinheiten üblich:• 40–50 l/cm bei Zeitungen (Tendenz steigend)Amplitudenmodulation❆❆❑✻ ✁ ✁✕✧ Grössenvariation der Rasterpunktform➙ konventionelle Rastertechnik (bis heute weitverbreitet)✛ nach 1880 als photomechanisches Verfahren entwickelt➙ digitale S<strong>im</strong>ulation: alle Dots <strong>im</strong> Zentrum✧ Bildmagazine: 80 Linien pro cm (l/cm)➙ entspricht 200 Linien pro inch (lpi)✧ normaler Buchdruck: 60 l/cm (150 lpi)✧ Zeitungsdruck: 40–50 l/cm (120lpi)➙ erreicht nicht die AuflösungsgrenzeMoiré-Effekte✧ Interferenzmuster bei➙ Überlagerung periodischer Strukturen➙ mit gleicher oder ähnlicher Periode✧ typisch: helle und dunkle Moiré-Steifen➙ bei Verdrehung identischer Raster✛ mit Periode p um einen Winkel ϕ➙ Abstand der Moiré-SteifenS = p/(2 sin ϕ 2 )klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren5halftoning• 60 l/cm ≈ 152 lpi <strong>im</strong> normalen Buchdruck• 80–150 l/cm ≈ 203–381 lpi für den hochqualitativen Druck <strong>von</strong>Bildern, speziell bei künstlerischem Hintergrund1 die ≪ +1 ≫-te Graustufe entspricht ≪keine Dots in der Rasterzelle ≫➙ ϕ klein ⇒ Moiré-Periode gross✛ min<strong>im</strong>ale Sichtbarkeit bei ϕ ≈ 35 ◦➣ Farbrasterwinkel als Kompromissklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren6halftoning111


Beispiele Moiré-Bildungenϕ = 35 ◦Wie wir vorgängig hergeleitet haben, entspricht dem physioligischemGrenzwinkel bei einer Lesedistanz <strong>von</strong> 40 cm eine Gitterfeinheit<strong>von</strong> 86 l/cm. Unter normalen Betrachtungsbedingungen wirdaber bereits ein Wert <strong>von</strong> 60 l/cm für pragmatisch ausreichend erachtet.Im Zeitungsdruck mit 40–50 l/cm ist die Gitterstuktur jedochnoch leicht erkennbar. Hier werden deshalb gegenwärtig auch grosseAnstrengungen unternommen die Gitterfeinheit anzuheben.ϕ = 5 ◦ 6.2.1 Farbdarstellung und Moiré-Effekte 7klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren halftoningFarbdarstellung✧ separates Raster für jede Prozessfarbe (CMYK)✧ Übereinanderdruck der Farbraster➙ führt zu ungewollten Moiré-Bildungen✧ Min<strong>im</strong>ierung der Moiré-Sichtbarkeit➙ durch Drehung der Rastergitter gegeneinander✧ zusätzlich: Zuordnung der <strong>Farbe</strong>n gemäss Oblique-Effekt✧ Rasterwinkel nach DIN 16547➙ Yellow 0 ◦➙ Cyan 15 ◦➙ Magenta 75 ◦➙ Schwarz 45 ◦ 8klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren halftoningIn der Rastertechnik wird grundsätzlich für jede der benutztenProzessfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz ein eigenes Rastererstellt, die übereinander gedruckt werden. Die farbmetrischenAspekte dieses Vorgehens wurden bereits in Abschnitt C M Y K untersucht.Hier betrachten wir die prozesstechnischen Implikationendes Übereinanderdrucks, nämlich Moiré-Effekte und Strategien umsie zu vermeiden.Bei der Überlagerung periodischer Strukturen mit gleicher oderähnlicher Periode entstehen Interferenzmuster mit einer grösserenPeriode. Bei Gitterstrukturen spricht man <strong>von</strong> einem Moiré-Bildoder kurz Moiré. Repräsentativ ist die Überlagerung <strong>von</strong> parallelenLinienmuster der Periode p. Sind die beiden Muster um einenkleinen Winkel ϕ gegeneinander verdreht, so entstehen helle unddunkle Moiré-Streifen, wobei die Mitten der hellen Moiré-Streifendurch die Schnittpunkte der Mitten der dunklen Mustersteifen verlaufen.Die Periode S der Moiré-Streifen ist durchpS =2 sin ϕ 2gegeben. Entsprechend führen kleine Winkel ϕ zu einer grossenSichtbarkeit der Moiré-Effekte. Dagegen sind sie in einem Winkelbereichzwischen 30 ◦ und 45 ◦ stark reduziert. Moiré-Muster dieserArt entstehen auch unter wesentlich allgemeineren Bedingungen.112


Sie werden beispielsweise in der Messtechnik angewandt, um durchMessung <strong>von</strong> S die Periode p zu best<strong>im</strong>men.Moiré-Effekte bei FarbrasterBe<strong>im</strong> Druckvorgang treten zwei Arten <strong>von</strong> Moiré-Effekten auf.Zum einen als Überlagerung der Rasterstruktur mit periodischenTeilen des Bildinhaltes, wie z.B. einem kariertem Jackett. Dies istein allgemeines Problem der <strong>digitalen</strong> Medientechnik. Populäre Lösungsansätzemanipulieren den Bildinhalt, etwa in der Form <strong>von</strong>Weichzeichnen oder dem Einkodieren <strong>von</strong> Rauschen. Diese Technikenliegen ausserhalb unseres Themas. Wir gehen deshalb hiernicht weiter darauf ein, sondern verweisen auf die einschlägige Literatur.Die zweite Art der Moiré-Bildung resultiert aus der Überlagerungder verschiedenen Farbraster in der Amplitudenmodulation. Der exakteÜbereinanderdruck ist auf Grund unvermeidbarer Produktionsschwankungennicht realisierbar und kleine Abweichungen führenzu grossen visuellen Störungen. Der Ausweg zur Reduktion derMoiré-Bildungen besteht deshalb in einer deutlichen Verdrehungder Gitter zueinander. Da es 4 Prozessfarben in 90 ◦ einzuteilen gilt,kann eine wünschenswerte Winkeldifferenz <strong>von</strong> mehr als 35 ◦ nichtzwischen allen <strong>Farbe</strong>n eingehalten werden. Die üblichen Rasterwinkelaus DIN 165447Gelb 0 ◦ , Cyan 15 ◦ , Magenta 75 ◦ und Schwarz 45 ◦stellen jedoch einen erfahrungsgemäss guten Kompromiss dar. Inder Zuteilung der <strong>Farbe</strong>n auf die Winkel wurde zusätzlich zurMoiré-Problematik auch der Oblique-Effekt berücksichtigt, indemdie visuell unauffälligste <strong>Farbe</strong> Gelb mit dem besten auflösbarenWinkel 0 ◦ bzw. die am besten sichtbare <strong>Farbe</strong> mit dem am schlechtestenauflösbaren Rasterwinkel 45 ◦ kombiniert wurden. Die Moiré-Bildung kann auf diese Weise zwar nicht gänzlich vermieden werden,wird aber in der Häufigkeit des Auftretens und in der visuellenAuffälligkeit deutlich reduziert.klaus s<strong>im</strong>on✧ Yellow 0 ◦✧ Cyan 15 ◦✧ Magenta 75 ◦✧ Schwarz 45 ◦ 9halftoningfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenRasterzellenformen (Screening)✧ Quantisierungseffekte der quadratischen Rasterzellen➙ bei Drehung des rechtwinkligen 0 ◦ -Dotgitters➙ führen zur Verformung der Rasterzellen✧ Übereinst<strong>im</strong>mung in Zellenecken: Rational Tangent Screening➙ feste Rasterzellenform bei fester Zellengrösse (in Dots)➙ begrenzte Anzahl möglicher Winkel✧ beliebige Winkeldrehung: Irrational Tangent Screening➙ Dotanzahl und Form der Rasterzelle variiert➙ algorithmisch aufwendige Adaption der Rasterpunktform✧ Kombinationen möglich (Superzellentechnik)10klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren halftoning113


Rasterzellenformen6.2.2 Rasterzellenformen20232024irrational tangentrational tangent2024108108108Frequenzmodulierte Rasterung✧ ≪zufällige ≫ Verteilung der Dots in einer Rasterzelle➙ Helligkeit entspricht ≪Dots pro Fläche ≫➙ kein Rastergitter✧ Vorteil107➙ bessere Detailschärfe bei gleicher Dotauflösung➙ unempfindlich bei Farbregisterschwankungen✛ z.B. infolge variierender Papierqualität➙ keine Moiré-Effekte✧ Nachteil➙ verlangt fehlerfreie Doterzeugung✛ was nicht selbstverständlich ist✛ grosse Tonwertzunahme106107106107107eine Superzelle für 15 ◦ 11klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren halftoningklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren12halftoning114In der traditionellen Amplitudenmodulation wurden die Raster photomechanischerzeugt. Da dies ein analoger Prozess war, liessen sichdie benötigten Rasterwinkel 0 ◦ , 15 ◦ , 45 ◦ und 75 ◦ einfach durch einemechanische Drehung der Eingabesysteme realisieren. Im heutigen<strong>digitalen</strong> Workflow müssen die Rasterdrehungen auf einem zuGrunde liegenden rechtwinkligen Dot-Gitter s<strong>im</strong>uliert werden. DieseS<strong>im</strong>ulation, Screening 2 genannt, äussert sich <strong>im</strong> Wesentlichenin einer Verformung der ursprünglich quadratischen Zellenform alsKonsequenz der Quantisierung auf das Dot-Gitter.Die Quantisierungseffekte werden in einem gewissen Sinne min<strong>im</strong>al,wenn man sich auf Drehungen beschränkt, welche periodischbest<strong>im</strong>mte Ecken der ursprünglichen Rasterzelle exakt auf die Gitterpunktedes Dot-Gitters abbildet. Ein entsprechender Drehwinkelist dadurch charakterisiert, dass sich sein Tangens als rationalerBruch schreiben lässt, wobei Zähler und Nenner in Anzahl Dots zuzählen sind. Demgemäss spricht man <strong>von</strong> Rational Tangent Screeningoder kurz RT-Screening. Diese Methode hat den Vorteil <strong>von</strong>festen Rasterzellenformen, was die Algorithmik wesentlich vereinfacht.Da die Grösse in Dots der ursprünglichen Rasterzelle abervorgegeben ist, lassen sich <strong>im</strong> RT-Screening nur eine beschränkteAnzahl <strong>von</strong> Winkeldrehungen realisieren. Unter den üblichen Randbedingungenhat dies zur Folge, dass 18 ◦ die bestmögliche Annäherungan den Sollwert 15 ◦ darstellt.Selbstverständlich ist es mathematisch möglich eine Rasterzelleum einen beliebigen Winkel zu drehen. Darauf aufbauende Verfahrensind als Irrational Tangent Screening ( IR-Screening ) bekannt.Ihr Nachteil besteht darin, dass sich die Rasterzelle in Form undGrösse <strong>von</strong> Pixel zu Pixel verändert. Die Verwaltung dieser Variationsformenist algorithmisch relativ aufwendig. Zusätzlich ist eineAnpassung der gewählten Rasterpunktform an die aktuelle Form2 Im Deutschen ist traditionell Rasterung verbreitet, was aber hier vermiedenwerden soll, um eine Verwechselung dieses Teilschrittes mit dem Gesamtprozessauszuschliessen.


der Rasterzelle nötig. Ungeachtet des Aufwandes ist IR-Screeningweitverbreitet.Schliesslich ist es möglich RT- und IT-Screening zu kombinieren.Dies ist einfach zu erreichen, indem man mehrere Rasterzellen zueiner Superzelle zusammenfasst. Da die Superzelle entsprechendgrösser ist, stehen ihr <strong>im</strong> RT-Ansatz mehr Winkelmöglichkeiten zurVerfügung und die Annäherung an die kritischen Drehwinkel 15 ◦bzw. 75 ◦ ist entsprechend erfolgreicher. Die Aufteilung der Superzelleauf die ursprünglichen Rasterzellen führt dann zwar auch zuVariationen in Grösse und Form der Subzellen, die aber <strong>im</strong> Gegensatzzum IT-Konzept kombinatorisch beschränkt sind.6.3 Frequenzmodulierte RasterungBereits in den 70er Jahren wurden erste Konzepte zur frequenzmoduliertenRasterung (FM) vorgeschlagen. Obwohl dieses Verfahrenbei gleicher Dot-Auflösung eine wesentlich bessere Detailschärfebietet, wurde es eigentlich erst in den 90er Jahren populär, vermutlichnicht zuletzt auf Grund steigender Rechnerleistung.Die FM-Rasterung verteilt <strong>im</strong> Gegensatz zur AM-Methode dieDots mehr oder weniger zufällig in der Rasterzelle. Man spricht deshalbauch <strong>von</strong> stochastischer Rasterung. Der Tonwert einer Rasterzelleist also durch die Häufigkeit der Druckpunkte best<strong>im</strong>mt undnicht durch den Durchmesser einer Rasterpunktform. Da durch diezufällige Verteilung der Dots die Rasterzelle als solche nicht mehrerkennbar ist, verschiebt sich die Sichtbarkeitsgrenze in Richtungder Dot-Auflösung. Damit ist FM-Rasterung insbesondere für Ausgabegerätemit einer geringen Dot-Auflösung, wie z.B. Ink-Jets, interessant.Ausser der höheren Detailgenauigkeit haben FM-Raster abernoch einige weitere prinzipielle Vorteile. Dies ist zunächst dieUnempfindlichkeit gegenüber Moiré-Effekten <strong>im</strong> Mehrfarbendruck.Die zufällige Dot-Verteilung bildet <strong>im</strong> Allgemeinen keine periodischenStrukturen, die be<strong>im</strong> Übereinanderdruck der Farbrasterinterferieren könnten. Es sind deshalb auch keine speziellenVergleich AM-FM-Rasterung✧ Beispiel: Velvet (Ugra)✧ FM-Raster✧ bessere Detailauflösung✧ bei gleicher Rasterweiteklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenRasteralgorithmen✧ Grundschema: Herleitung aus Quantisierung✧ gegeben: Pixelwerte P(x, y), 0 ≤ x < X, 0 ≤ y < Y✧ zur Darstellung in r 2 + 1 Helligkeitsstufen➙ Skalierung des Originals um den Faktor r (Interpolation)✛ nicht nötig bei bereits ausreichender Auflösung✛ einfachste Form: Pixelmultiplikation (bei Dither-Verf.)➙ Rundung der resultierenden Druckpunkte I(x, y) ∈ [0, 1],✛ auf Werte 0 oder 1 mit✛ bestmöglicher visueller Approx<strong>im</strong>ation des Originals➙ Interpretation✛ 1 Dot bleibt frei✛ 0 Dot wird gedrucktklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren13halftoning14halftoning115


Dot-by-Dot-Verfahren✧ einfachster Ansatz Rundung✧ Verbesserung Noise Encoding➙ Schranke als Zufallswertif I[x][y] < randommit0 < random < 1✧ bekannt seit den 60er Jahren➙ Kodierung <strong>von</strong> Fernsehbilder(1) forall x, y do(2) if I(x, y) < 0.5(3) then(4) O(x, y) ← 0;(5) else(6) O(x, y) ← 1;(7) fi(8) odMassnahmen zur Moiré-Vermeidung, wie die Verdrehung der Farbraster,bei der AM-Rasterung nötig. Gleichfalls wirken sich Abweichungenbei der Platzierung der Farbraster, etwa als Folge <strong>von</strong> variierenderPapierqualität während des Drucks, weniger störend aus.Aber es gibt auch Nachteile. Die zentrale Voraussetzung derFM-Rasterung ist die physikalisch fehlerfreie Produzierbarkeit eineseinzelnen Druckpunktes. Dies ist z.B. bei Laserdruckern keineSelbstverständlichkeit. Im Offsetdruck kommt es bei grossen Auflagenzu einer mechanischen Abnutzung der Druckplatten. EinzelneDots sind dafür empfindlicher als Dot-Cluster. Nicht zuletzt beobachtetman für FM eine stärkere Tonwertzunahme, d.h. eine grössereAbweichung zwischen angestrebter und produzierter Flächenbedeckungals bei der AM-Rasterung.156.4 Rasteralgorithmenklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenhalftoningBeispiel: RundungUm die Algorithmik des Halftoning systematisch entwickeln zu können,wählen wir einen Zugang als Quantisierungproblem. Dies istaber nicht nur ein pädagogischer Ansatz, sondern zeigt auch, dasses uns in dieser Abhandlung auf Grund der Weitläufigkeit des ThemasQuantisierung nicht möglich sein wird, das Thema erschöpfendzu behandeln. Wir beschränken uns deshalb auf die wichtigstenGrundalgorithmen. Zudem vereinfachen wir die Situation, indemwir nur einen Farbkanal, d.h. ein Graustufenbild, mit Rasterwinkel0 ◦ betrachten. Andere Rasterwinkel für amplitudenmodulierte Rasterhaben grundsätzlich die gleiche Algorithmik, müssen aber beiRasterwinkel ungleich 0 ◦ , wie in Abschnitt 6.2.2 ausgeführt wurde,an die jeweilige Rasterzellenform angepasst werden.Gegeben sei ein rechtwinkliges Graustufenbild der D<strong>im</strong>ensionX × Yklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren16halftoningmit Pixelwerten0 ≤ P(x, y) ≤ 1.116


Zu best<strong>im</strong>men ist ein Ausgabebild O der Grösser · X × r · YBeispiel: Noise Encodingmit PixelwertenO(x, y) = 0 oder O(x, y) = 1.Die Ausgabe O repräsentiert das zu realisierende Dot-Bild mit derInterpretation:{ 1 Position (x, y) bleibt freiO(x, y) =0 an der Position (x, y) wird ein Dot gedrucktDer Parameter r steht für die Kantenlänge der Rasterzelle, die wiruns als r×r - Matrix vorstellen. Gemäss dieser Festlegung könnenalso 1+r 2 Helligkeitsstufen realisiert werden.Die Best<strong>im</strong>mung des Ausgabebildes O erfolgt in zwei Schritten.Der erste Schritt ist eine Skalierung des Bildes um den Faktor r.Das sich ergebende Bild I repräsentiert nun <strong>im</strong>plizit die Rasterzellen,bestehend aus r×r - Blöcken <strong>von</strong> interpolierten Kopien einesP-Pixels. Die Skalierung kann <strong>im</strong> einfachsten Fall in einer Pixelmultiplikationbestehen, was für Ditherverfahren durchaus angemessenist, oder kann für Error Diffusion-Ansätze durch eine hochwertigeInterpolationsmethode vorgenommen werden. Idealerweiseliegt das Originalbild bereits in der benötigten Dot-Auflösung vor,so dass der Skalierungsschritt entfallen kann.Der zweite Schritt ist dann die Rundung der Bildpunkte I(x, y)auf die Werte 0 oder 1. Dabei wird eine bestmögliche visuelle Approx<strong>im</strong>ationdes Originals angestrebt. Die verschiedenen Halftoning-Algorithmen unterscheiden sich konzeptionell erst in der Ausformungdes zweiten Schrittes.6.4.1 Dot-by-Dot-VerfahrenDer einfachste Ansatz besteht offenbar in der direkten Rundung derWerte I(x, y) auf 0 oder 1. Das Resultat ist jedoch wenig überzeugend.Da die Bildpunkte einer Rasterzelle auf Grund der Skalierungklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenDither-Verfahren✧ Random Dither➙ spezielle Implementierung <strong>von</strong> “random”➙ periodische Wiederholung der gleichen Zufallszahlen✛ sowohl in x als auch y Richtung✛ benutzte Zufallszahlen in r × r -Dithermatrix T✛ Vorteil: hochfrequentes Rauschen (blue noise)If I[x][y] < T[x % r][y % r]✧ Ordered Dither➙ systematische Wahl der Dithermatrix T für spezielle Ziele➙ Konzentration der höheren Zahlen <strong>im</strong> Zentrum <strong>von</strong> T✛ s<strong>im</strong>uliert Amplitudenmodulationklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17halftoning18halftoning117


spriral dotDithermatrixen10 9 8 711 16 15 612 13 14 51 2 3 44 8 10 111 15 14 57 16 13 93 12 6 2classical dotaus dem Originalbild mehr oder weniger den gleichen Grauwert haben,werden sie <strong>im</strong> Allgemeinen einheitlich auf 0 oder 1 gerundetund der Graustufeneindruck geht verloren.Um das Resultat zu verbessern, wäre es offenbar günstig, die einheitlicheStruktur der Werte I(x, y) zu variieren, bevor die Rundungdurchgeführt wird. Ein technisch einfacher Weg dazu ist die Additioneiner Zufallszahl zu I(x, y). Algorithmisch führt dies zur Ersetzungder AbfrageI(x,y) < 0.51 9 3 115 7 8 6aus unserem Grundalgorithmus in Tafel 15 durch13 5 15 74 12 2 1013 15 16 149 11 12 10I(x,y) < randombayer dot16 8 14 61 3 4 2line screen 19klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren halftoningwobei random für einen uniformen Zufallszahlengenerator steht,der reelle Zahlen zwischen 0 und 1 erzeugt. Dieses Vorgehen machtden Ausgabepixel O(x, y) in der Sprache der Wahrscheinlichkeitstheoriezu einer Indikatorvariablen mit ErwartungswertBeispiel: Random DitherE( O(x,y)) = I(x,y), (6.1)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren20halftoningd.h. der durchschnittliche Ausgabewert eines Bildpunktes ist mitseinem Eingabewert identisch. Die entsprechende Rasterzelle hatalso nun <strong>im</strong> Mittel den richtigen Grauwert.Die Addition <strong>von</strong> Zufallszahlen zu Pixelwerten eines Bildes wurdein den 60er Jahren für TV-Anwendungen populär. Das Einkodieren<strong>von</strong> Rauschen (Noise Encoding) erlaubte es in den frühenTV-Sendungen die Anzahl der übermittelten Helligkeitsstufen auf8–16 zu reduzieren, siehe [8]. Der Erfolg des Noise encoding <strong>im</strong> TV-Kontext führte einerseits zu einer Übernahme dieser Technik in andereBereiche, andererseits aber auch zu einem Interesse an demsystematischen Design des benutzten Rauschens, um spezielle Eigenschaftensicherzustellen.Im Halftoning zeigt Noise Encoding gemäss (6.1) eine gewisseGrobgranularität, die als Störung wahrgenommen wird. Um diesenEffekt zu verringern, sollte das Rauschen feiner strukturiertsein. Mathematisch lässt sich das gewünschte Verhalten anhand118


des Fourier-Spektrums der verwendeten Zufallszahlen ausdrückenund zwar sollte das Spektrum nur hohe Frequenzen enthalten, sogenanntenBlue noise, siehe R. Ulichney [11]. Dabei steht ≪hoch ≫ füreine Frequenz, deren Wellenlänge kleiner als das räumliche Auflösungsvermögendes Auges ist. Praktisch bedeutet dies, dass die Zufallszahlenzwar innerhalb einer Rasterzelle variieren sollten, abernicht <strong>von</strong> Rasterzelle zu Rasterzelle. Dies lässt sich <strong>im</strong>plementieren,Beispiel: Spiral Dot• indem die Zufallszahlen nur einmal generiert,• in einer r×r-Matrx T, der Dithermatrix, gespeichert und• in jeder Rasterzelle in der gleichen Art und Weise wiederverwendetwerden.Dies modifiziert die Rundung in Zeile 2 aus Tafel 15 weiter zu 3 :if I(x,y) < T[x%r][y%r]klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren21halftoningFür die Abbildung 20 wurde r = 4 und die folgende Dithermatrixverwendet:Beispiel: Classical Dot9 1 6 2116 × 3 13 0 48 11 15 54 12 7 8Anstatt die Einträge der Dithermatrix T zufällig zu generieren,spricht funktional nichts dagegen sie auch nach anderen Kriterienzu best<strong>im</strong>men. In der Tat beschäftigten sich viele Publikationenmit der systematischen Konstruktion <strong>von</strong> Dithermatrizen. DieGruppe dieser Verfahren, bekannt als Ordered Dither, zerfällt weiterin Clustered Dot- und Dispered Dot-Ansätze. Die Clustered Dot-Konzepte sind mit der Amplitudenmodulation korreliert und könnenals digitale S<strong>im</strong>ulation der traditionellen photomechanischen3 x%r steht für ≪ x modulo r ≫, dem Divisionsrest der ganzzahligen Division x/rklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren22halftoning119


Beispiel: Bayer DotAM-Rasterung verstanden werden. 4 Sie konzentrieren die Dots inder Mitte der Rasterzelle, indem beispielsweise die nach Grösse sortiertenEinträge spiralförmig um die Mitte der Dithermatrix platziertwerden. Im Gegensatz dazu verteilen Dispered Dot-Verfahrendie Bildpunkte nach speziellen Kriterien über die gesamte Rasterzelle.Typisch ist der Ansatz <strong>von</strong> B. Bayer [1], der eine min<strong>im</strong>aleSichtbarkeit des Rastergitters anstrebt.6.4.2 Error DiffusionBeispiel: Line Screenklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren23halftoningDie bisher vorgestellten Dot-by-Dot-Konzepte ignorieren bei derEntscheidung über das Auf- oder Abrunden des Bildpunktes I(x, y)die vorangegangenen Entscheidungen, insbesondere die dabei gemachtenFehler. Mit Error Diffusion bezeichnet man eine Klasse <strong>von</strong>Rasterverfahren, die gezielt versucht, die Quantisierungsfehler <strong>von</strong>Nachbarpixeln in die Rundungsentscheidung für I(x, y) mit einzubeziehen.Error Diffusion wird besonders bei frequenzmodulierterRasterung verwendet. Das Grundkonzept geht auf R. Floyd und L.Steinberg [7] aus dem Jahre 1976 zurück. 5Die Bildpunkte des skalierten Bildes werden in einem Einpass-Verfahren quantisiert, wobei die Pixel zeilenweise <strong>von</strong> oben nachunten bzw. innerhalb einer Zeile <strong>von</strong> links nach rechts abgearbeitetwerden.Durch die Rundung eines Pixels entsteht <strong>im</strong> Allgemeinen ein Fehler.Anstatt wie bei der Einkodierung <strong>von</strong> Rauschen darauf zu vertrauen,dass sich die Quantisierungsfehler in der Nachbarschaft einesPixels zufällig ausgleichen, macht Error Diffusion diesen lokalenAusgleich zum Designprinzip.4 Es sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass die Rasterzellen bei <strong>von</strong> 0 ◦klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren24halftoningverschiedenen Rasterwinkeln keine einfache quadratische Form mehr besitzen.Die hier präsentierten algorithmischen Skizzen müssen dann entsprechend andie konkreten Zellenformen angepasst werden.5 Man beachte jedoch auch die Arbeit <strong>von</strong> M. Schroeder [9], die bereits ähnlicheVorschäge enthielt.120


Wird ein Dot durch die Rundung zu dunkel, dann werden die Sollwerteder noch nicht bearbeiteten Nachbarpixel entsprechend aufgehellt.Dieses Vorgehen wird als Fehlerpropagation bezeichnet. DerAlgorithmus <strong>von</strong> Floyd und Steinberg verteilt den Rundungsfehler<strong>im</strong> Allgemeinen an 4 noch nicht bearbeitete Nachbarn, jedochmit einer empirisch gewonnenen ungleichen Gewichtung.Eine explizite Berücksichtigung der Rasterzellenstruktur findetnicht statt. Die zu druckenden Dots werden mehr oder weniger zufälligin der Rasterzelle verteilt, was die Begründung für die Unempfindlichkeitgegenüber Moiré-Effekten liefert.Obwohl der Algorithmus, relativ einfach ist, erzeugt er visuell ansprechendeResultate. Nicht zuletzt wird gegenüber AM-Verfahreneine wesentliche Verbesserung der Detailschärfe erreicht.Ausgehend <strong>von</strong> diesem Grundkonzept wurden insbesondere inden 90er Jahren viele Verbesserungen vorgeschlagen, eine empfehlenswerteÜbersicht bietet Henry Kang [4]. Ein Nachteil desFloyd-Steinberg-Algorithmuses ist das Auftreten <strong>von</strong> visuellenArtefakten. Solche Probleme können durch eine verfeinerte Fehlerpropagation,z.B. durch Einbezug einer grösseren Nachbarschaft,und /oder eine geänderte Bearbeitungsreihenfolge gemindert werden,wo eine Hilbert-Kurve als Bearbeitungsreihenfolge benutztwurde. Eine explizite Randomisierung der Rundungsschwelle verbessertdas Resultat speziell in flächigen Bildteilen. Error Diffusionkann zudem gut mit weiteren Konzepten der Bildverarbeitung, z.B.Kantenschärfung kombiniert werden, sowohl innerhalb als auchausserhalb des eigentlichen Algorithmus.6.4.3 IntensitätsmodulationBei einigen modernen Ausgabegeräten ist es möglich durch Variationder Farbschichtdicke eines Druckpunktes eine mehr oder wenigerumfangreiche Helligkeitsmodulation zu erreichen. HochqualitativeThermosubl<strong>im</strong>ationsdrucker können 8-Bit-RGB-Daten vollständigdurch Helligkeitsmodulation realisieren. Im Tiefdruck resultiertdurch Variation der Näpfchentiefe eine bedingte Intensi-Error Diffusion✧ Übertrag <strong>von</strong> Quantisierungsfehler auf Nachbarpixel➙ führt zur “zufälligen” Verteilung der Druckpunkte✧ Grundkonzept Floyd-Steinberg➙ Einpasslauf durch die Pixel➙ Bearbeitungsreihenfolge: links → rechts, oben → unten➙ Propagation des (x, y)-Quantisierungsfehlers✛ auf (x + 1, y), (x − 1, y + 1), (x, y + 1) und (x + 1, y + 1)<strong>im</strong> Verhältnis716 , 316 , 516 , 116✛ unempfindlich gegenüber Moiré-Effekten✛ bessere Bildapprox<strong>im</strong>ation bei gleicher Dot-AuflösungFloyd-Steinbergklaus s<strong>im</strong>on(1) for y = 1 .. r · Y do for x = 1 .. r · X do(2) if I[x][y] < 0.5(3) then O[x][y] ← O ;(4) else O[x][y] ← 1 ;(5) fi;(6) e ← I[x][y] − O[x][y] ;(7) I[x + 1][y] ← I[x + 1][y] + e · α ;(8) I[x − 1][y + 1] ← I[x − 1][y + 1] + e · β ;(9) I[x][y + 1] ← I[x][y + 1] + e · γ ;(10) I[x + 1][y + 1] ← I[x + 1][y + 1] + e · δ ;(11) od od ;klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren25halftoning26halftoning121


Beispiel: Floyd-Steinbergtätsmodulation. Da der Tiefdruck indessen eine hochspezialisierteTechnik für Grösstauflagen darstellt, ist diese Besonderheit eher fürSpezialisten interessant. Eine grosse Bedeutung hat die Intensitätsmodulation<strong>im</strong> Non-Impact-Druck, speziell bei Inkjets, teilweise beiLaserdruckern. Hier werden typischerweise 4 bis 10 Helligkeitsstufenrealisiert. Algorithmisch führt die Quantisierung auf l anstelle<strong>von</strong> 2 Ausgabewerten zu keiner konzeptionell neuen Problemstellung.Sowohl AM- als auch FM-Verfahren sind leicht entsprechendmodifizierbar, siehe Kang [4, Kap. 18].6.5 Bemerkungenklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenBeispiel: Error Diffusion mit Hilbert-Kurveklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren27halftoning28halftoningDa es sich be<strong>im</strong> Halftoning <strong>im</strong> Kern um ein Quantisierungsproblemhandelt, gibt es keine prinzipiellen Grenzen für die Adaption allgemeinerQuantisierungskonzepte. Entsprechend reichhaltig präsentiertsich die Literatur zum Thema. Algorithmisch besonders interessantsind Ansätze, die als kombinatorische Opt<strong>im</strong>ierungsproblemeformuliert sind. Die Verwandschaft zu dem bekannten NPvollständigenKnappsack-Problem, siehe Sasan Goran [3], zeigt,dass eine ≪beste ≫ Lösung nicht erwartet werden kann. Andererseitsist es beeindruckend, was anspruchsvolle Halftoning-Algorithmen[3, 6] vermögen. Der Nachteil dieser komplexen Strategien ist einewesentlich höhere Laufzeit gegenüber den Standardalgorithmen.Seit dem Entstehen des Desktop-Publishing in den 80er Jahrenwar die visuelle Qualität das zentrale Ziel bei der Entwicklung neuerHalftoning-Algorithmen, speziell für Inkjets und Laserdrucker.Insbesondere der Erfolg digitaler Fotodrucker ist eng mit opt<strong>im</strong>iertenHalftoning-Algorithmen verbunden. Die Dot-Auflösung der üblichenAusgabegeräte hat sich aber in den letzten Jahren stark verbessert.Die Relevanz für weitere visuelle Verbesserungen der Algorithmenist deshalb <strong>im</strong> Schwinden begriffen. Besonders deutlichwird dies <strong>im</strong> Offsetdruck, wo zum einen seit Jahrzehnten hohe dpi-Zahlen den Stand der Technik markieren und zum anderen die allgemeinerwartete generelle Ablösung der AM- durch FM-Rasterungdoch überraschend langsam erfolgt.122


Aus Autorensicht besteht trotzdem ein elementares Interesse andem benutzten Halftoning-Algorithmus. Zunächst geht es um dieKontrolle und Organisation des Workflows. Sowohl die Gerätekalibrationals auch das Color Management beziehen sich <strong>im</strong>mer aufeinen spezifischen Halftoning-Algorithmus. Dessen Auswahl undDesign hat also einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität desResultats.Zum Zweiten sind die Default-Einstellungen mancher Ausgabegerätenicht auf ein visuell opt<strong>im</strong>ales Resultat ausgelegt. So benutzenviele Laserdrucker als Standard ein Linienraster, was zwar demtechnischen Produktionsvorgang entgegen kommt, visuell aber subopt<strong>im</strong>alsein kann.6.6 Literaturverzeichnis[1] B. Bayer. An Opt<strong>im</strong>um Method for Two-Level Rendition ofContinuous-Tone Pictures. In IEEE International Conferenceon Communications, pages 26.11–26.15, 1973.[2] G. Meisenbach. Deutsches Patent DRP 22 244, 1882.[3] S. Gooran. High Quality Frequency Modulated Halftoning. PhDthesis, Linköpings Universitet, Norrköping, Sweden, 2001.Diss. No. 668.[4] H. Kang. Digital Color Halftoning. SPIE Optical EngineeringPress, Bellingham, Washington USA, 1999.[5] L. Levy and M. Levy. Screen for Photomechanical Printing.U.S. Patent 492333, 1893.[6] M. Analoui and J. Allebach. Model-based Halftoning Using DirectBinary Search. In Proc. SPIE Vol. 1666, pages 109–121,1992.[7] R. Floyd and L. Steinberg. An Adaptive Algorithm for spatialGrey Scale. In Proc. Soc. Info. Display, page 75f., 1976.komplexere Algorithmen✧ Erweiterungen des Error Diffusion-Ansatzes➙ kombinierbar mit Filteralgorithmen✛ insbesondere Kantenschärfung➙ Hilbert-Kurve als Bearbeitungsreihenfolge➙ Einbezug einer grösseren Nachbarschaft✧ allgemeiner Kontext: Quantisierungsalgorithmen➙ Reduktion auf Opt<strong>im</strong>ierungsprobleme (Knappsack)✛ iterative Suchverfahren (Direct Binary Search)➙ Modellbasierte Verfahren zur Berücksichtigung✛ <strong>von</strong> Geräteeigenschaften✛ des menschlichen Sehprozessesklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenIntensitätsmodulation <strong>im</strong> Druck✧ Helligkeitsdarstellung durch Variation der Farbschichtdicke➙ Farbschicht wirkt als halbtransparenter Filter➙ erlaubt z.B. 4 Helligkeitsstufen bei Laserdrucker✧ typisch für fotografische Drucker➙ Pictrographic: 8-Bit-RGB-Drucker✧ teilweise <strong>im</strong> Tiefdruck realisierbar (Näpfchentiefe)✧ zunehmende Bedeutung <strong>im</strong> Non-Impact-Druck➙ speziell Ink-Jet➙ teilweise Laserdruck✧ algorithmisch: Quantisierung auf mehrere Zielwerte➙ grundsätzlich sind AM und FM adaptierbarklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren29halftoning30halftoning123


[8] R. Roberts. Picture Coding Using Pseudo-Random Noise. IRETrans. Inf. Theory, IT-8:145–154, 1962.[9] M. Schroeder. Images from computer. IEEE Spectrum, 6:66–78, 1969.[10] W. Talbot. Improvements in the Art of Engraving. British PatentSpecification No. 565, 1852.[11] R. Ulichney. Digital Halftoning. MIT Press, Cambridge, Massachusetts,1987.124


K a p i t e l7Gamut MappingGamut MappingDie Gesamtheit der <strong>von</strong> einem Ausgabegerät reproduzierbaren<strong>Farbe</strong>n wird Gamut genannt. Verschiedene Ausgabegeräte bzw. Prozessewie der Zeitungsdruck besitzen <strong>im</strong> Allgemeinen verschiedeneGamuts, siehe die Folie 2 bzw. 3. Normalerweise ist der Gamutdes Ausgabegerätes der entscheidende Engpass in einem Reproduktionsprozess,weil nicht alle spezifizierten <strong>Farbe</strong>n eines Bildes<strong>im</strong> vorgesehenen Ausgabemedium dargestellt werden können.Die folgende Doppelseite zeigt ein sRGB-Bild (links-oben) <strong>im</strong> Photogamut(links-unten), <strong>im</strong> ISO-Offset-Gamut (rechts-oben) und <strong>im</strong>Ifra-Zeitungsgamut (rechts-unten), wobei die jeweils nicht <strong>im</strong> Gamutenthaltenen <strong>Farbe</strong>n frei gelassen wurden. Auf Grund dieserProblematik ist <strong>im</strong> Allgemeinen eine Anpassung der Farbspezifikationeines Bildes an den Zielgamut, genannt Gamut Mapping (GM),unvermeidbar.Das Gamut Mapping ist üblicherweise als embedded Software inder Produktionskette <strong>im</strong>plementiert und wird dem nicht sensibilisiertenBenutzer vielleicht lediglich als Diskrepanz zwischen Monitordarstellungund Druckbild gewahr. Es kann in verschiedenenTeilen des Workflows platziert sein. Als integraler Bestandteil einesColor Management Systems oder eines RIPs 1 übern<strong>im</strong>mt dasGamut Mapping <strong>im</strong>plizit die Aufgabe der klassischen Farbseparation.Auf Grund der Bedeutung für die Reproduktionstechnik ist dieSuche nach einem universell einsetzbaren GM-Algorithmus, geräteundmedienübergreifend, ein äusserst aktuelles Forschungsthema. 2✧ Farbwiedergabe beschränkt durch Produktionstechnik✧ zentral l<strong>im</strong>itierender Faktor: Geräte-Gamuts➙ Gamut: Gesamtheit der produzierbaren Gerätefarben✧ zwingend erforderlich: Gamut Mapping➙ Adaption einer Farbspezifikation an Geräte-Gamut➙ normalerweise verdeckt <strong>im</strong>plementiert (embedded software)✛ <strong>im</strong> RIP: “Druckbild ̸= Monitorbild”✛ mit Farbseparierung kombiniert✛ integriert <strong>im</strong> Color Management➙ aktuell: Standardisierung des Gamut Mappings✛ geräte- und medienübergreifend1verschiedene Gamutsklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren gamut mapping1 raster <strong>im</strong>age processor, ein Prozessor oder eine entsprechende Softwares<strong>im</strong>ulation,die eine Bildbeschreibung in Form einer Layoutsprache wie Postscriptoder PDF in Pixeldaten übersetzt2 als allgemeine Einführung zum Thema eignet sich [10, Kap. 10]klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren2gamut mapping125


Vergleich: Ifra-Zeitungsgamut zu sRGBOrginalbild in sRGB ◮7.1 Traditionelle DesignprinzipienDie algorithmischen Grundprinzipien des Gamut Mappings sind <strong>im</strong>Erfahrungswissen der graphischen Industrie verwurzelt. Entsprechendden Möglichkeiten einer noch nicht digitalisierten Reproduktionstechnikging man mehr oder weniger <strong>von</strong> einer unabhängigenAnpassung der Komponenten Farbton, Helligkeit und Sättigungaus. Die Erfahrungen der Medienbranche in den letzten Jahrzehntensind geprägt <strong>von</strong> dem Umgang mit grossen Bilddatenmengenbei begrenzten Rechnerressourcen. Den daraus resultierenden Effizienzanforderungenentsprechend sind die klassischen Lösungen algorithmischeher einfach und min<strong>im</strong>alistisch ausgerichtet. Darüberhinaus drücken sie ein empirisch orientiertes Problemverständnisaus.HP-MinDist-Bild <strong>im</strong> Ifra-Zeitungsgamut ◮klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierentraditionelle Designprinzipien✧ aus dem Erfahrungswissen der graphischen Industrie✧ typisch: elementare Ansätze➙ mit mehr oder weniger unabhängiger Behandlung➙ <strong>von</strong> Farbton, Helligkeit und Sättigung✧ Abbildung Farbraum → Gamut rein farbmetrisch➙ <strong>von</strong> Farbvalenz zu Farbvalenz✧ hohe Effizienzanforderung durch grosse Bilddaten➙ einfache Algorithmik, teils hardwareopt<strong>im</strong>iert➙ noch in den 90er Jahren zentraler Produktionsfaktor3gamut mapping7.1.1 FarbtonGrundsätzlich sollte der Farbton (Hue) durch das Gamut Mappingunverändert bleiben. Dass diese Absicht nicht ganz trivial ist, hängtmit den Konstruktionseigenschaften der meistgenutzten gleichabständigenFarbräume zusammen, insbesondere mit CIELAB, dembevorzugten Arbeitsraum für die durchzuführenden geometrischenOperationen. Da in CIELAB die Koordinaten a ∗ und b ∗ <strong>von</strong> L ∗ abhängen,stellt eine farbtonkonstante Gerade aus dem Normvalenzsystemin CIELAB eine gekrümmte Kurve dar. Manche der fortgeschrittenenAlgorithmen, z.B. CARISMA [1], benutzen deshalb eineHue-Shift genannte explizite Farbtonkorrektur. Das Problem solltejedoch durch Wahl des richtigen Arbeitsraums vermieden werdenkönnen. Aussichtsreiche Kandidaten hierfür sind etwa der DIN-Farbraum oder verbesserte CIELAB-Räume [2].7.1.2 Helligkeitklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren4gamut mappingIm Normalfall ist das Helligkeitsintervall des Zielgamuts eine echteTeilmenge des Originalgamuts. Der erste Schritt besteht deshalb in126


•••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••einer Abbildung der Intervallgrenzen, d.h. der Weiss- bzw. Schwarzpunkteaufeinander. Die Anpassung der restlichen Helligkeitswerteerfolgt relativ zu denen der Weiss- bzw. Schwarzpunkte. Die mathematischeeinfachste Lösung ist eine lineare Abbildung der Helligkeitsintervalleaufeinander, d.h. dass ein Helligkeitswert, der <strong>im</strong>Originalgamut 37% der Helligkeitsskala darstellt, auf einen Wertabgebildet wird, der 37% der Hellikeitsskala des Zielgamuts repräsentiert.Die Erfahrung der Reproduktionsfachleute zeigt jedoch,dass eine S-förmige Kurve 3 , siehe Folie 6, zu empfindungsmässigwesentlich besseren Ergebnissen führt, was in den Folien 7 bis 8 illustriertwird. Der Grund dafür liegt darin, dass diese Kurve für wesentlichmehr Bildpunkte den ursprünglichen Helligkeitskontrastbeibehält. Der Scheitelpunkt der S-Kurve sollte dabei der mittlerenBildhelligkeit entsprechen.7.1.3 SättigungAuch bei der Sättigung verfolgt man bei der Kompr<strong>im</strong>ierung dasZiel einer möglichst hohen Kontrasterhaltung. Hier muss jedochzwischen globaler und lokaler Kontrasterhaltung unterschiedenwerden. Der globale Farbkontrast, die mittlere Buntheit des Bildes,wird durch einfaches Clipping max<strong>im</strong>al erhalten, d.h. zu grosse Sättigungswertewerden einfach abgeschnitten. Dies führt jedoch zu einemKonflikt. Durch das Clipping werden in den gesättigten <strong>Farbe</strong>nviele ähnliche Farbwerte auf den gleichen Wert gerundet. Dies kannzu Detailverlusten oder zu sichtbaren Bildstörungen führen. Daähnliche Farbwerte typischerweise lokal konzentriert in einem Bildauftreten und gesättigte <strong>Farbe</strong>n oftmals mit dem zentralen Bildgegenstandkorreliert sind, werden die durch das Clipping verursachtenvisuellen Störungen zudem besonders gut wahrgenommen. Derpopuläre Lösungsansatz besteht in dem Kompromiss einer nichtlinearenSättigungskompr<strong>im</strong>ierung. Kleine Sättigungswerte bleibenmehr oder weniger unverändert, wohingegen grössere Werte zurmax<strong>im</strong>al realisierbaren Sättigung hin splineförmig interpoliert wer-3 <strong>im</strong> englischen Sprachraum sigmoidale Kurve genanntOrdinate yFarbton✧ sollte unverändert beibehalten werden➙ aber schwierig zu realisieren✛ in typischen Arbeitsräumen wie CIELAB ist derFarbton nur approx<strong>im</strong>ativ durch Koordinaten repräsentiert0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350Normfarbtafel0.80.70.60.50.40.30.20.1⇒⇒⇒Ordinate b ∗Abszisse xklaus s<strong>im</strong>onCIELAB: L ∗ = 50Abszisse a ∗farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenHelligkeitsanpassung✧ Weiss- bzw. Schwarzpunkte aufeinander abbilden➙ max<strong>im</strong>ale bzw. min<strong>im</strong>ale Helligkeitswerte auf der Grauachse✧ restlichen Helligkeitswerte➙ realtiv zu Weiss- u. Schwarzpunkt➙ wegen Kontrasterhaltung✛ S-förmige Abbildung bevorzugtAusgabe in %..100500-50-100-150-200-250-3005gamut mappingmittl. GrauwertEingabe in %6klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren gamut mapping.127


Helligkeitskompr<strong>im</strong>ierung: original — linearSättigungskompr<strong>im</strong>ierung: original — linearklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren7gamut mappingklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren9gamut mappingHelligkeitskompr<strong>im</strong>ierung: linear — sigmoidalSättigungskompr<strong>im</strong>ierung: linear — nichtlinearklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren8gamut mappingklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren10gamut mapping128


GM-SGCK: ISO Offset → Ifra ZeitungStrukturen: HP-MinDist — Original — SGCK◭ Zeitung ◮◭ ISO-Offset ◮klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren11gamut mappingklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren13gamut mappingGM-HP-MinDist u. GM-SGDA: ISO Offset → Ifra ZeitungVerläufe: HP-MinDist — Original — SGCK◭ Zeitung ◮◭ ISO-Offset ◮klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren12gamut mappingklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren14gamut mapping129


Sättigung✧ clipping zu grosser Sättigungswerte auf max<strong>im</strong>al mögliche➙ führt zu max<strong>im</strong>aler globaler Kontrasterhaltung➙ aber zu lokalen Kontrastverlusten✛ speziell bei gesättigten <strong>Farbe</strong>n✛ wo sie auffällig sind✧ populäre Strategie➙ max<strong>im</strong>ale Werte: clippen➙ kleinere Sättigungswerte✛ beibehalten➙ grössere Zwischenwerte✛ splineförmig interpolierenAusgabe in % max. real. Sättigungneutrale Reproduktion.clippinglineare Kompr<strong>im</strong>ierungEingabe in % 15klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren gamut mappingState-of-the-Art✧ Gamut Mapping (GM) als Software➙ integraler Bestandteil eines Color Managementsystems✛ Implementierung ist herstellerspezifisch➙ Gamut-Best<strong>im</strong>mung✛ <strong>im</strong>plizit durch Color Management✛ ISO-Testchart für Drucker hat ≥ 1000 Testfelder✧ gesucht: universeller Algorithmus➙ geräte- und medienunabhängig➙ CIE-Technical Report 156: 2004✛ enthält zwei Referenzalgorithmen➣ download: www.colour.org/tc8−03/pgma.htmlden, siehe Folie 15. Visuelle Beispiele sind in den Folien 9 bis 10 zusehen.7.2 State-of-the-ArtFarbdaten werden <strong>im</strong> heutigen Publishing-Workflow routinemässigüber Color Management Systeme (CMS) spezifiziert, bearbeitet,transformiert und ausgeben, worauf wir <strong>im</strong> Detail in Kapitel 8eingehen werden. Es handelt sich um einen offenen Softwarestandard,festgelegt durch die Interessengemeinschaft International ColorConsortium (ICC). 4 Der ICC-Standard definiert das Datenformat5 in dem ein Gerätegamut charakterisiert wird. Ferner ist dieSchnittstelle best<strong>im</strong>mt, in welcher Form eine auf diesen Daten basierendeFarbtransformation <strong>von</strong> bzw. zu diesem Gerät angesprochenwerden kann. Die Funktionalität der <strong>im</strong>plementierten Farbtransformation,d.h. das Gamut Mapping, ist jedoch dem Softwareherstellerüberlassen.Auf Grund dieser Sachlage verwundert es nicht, dass verschiedeneColor Mangement Systeme auch bei gleichen Eingabedaten,teilweise sehr ungleiche Resultate zeigen. Dies ist für einen Softwarestandardnicht sehr befriedigend, insbesondere da das ICC-Konsortium an einer ISO-Standardisierung ihrer Spezifikationeninteressiert ist. Der offensichtliche Königsweg aus dieser Problematikwäre die zusätzliche Standardisierung des Gamut Mappings,woraus sich unmittelbar die Frage ergibt: Existiert eine universelleLösung des Gamut Mappings, die geräte- und medienneutraleingsetzt werden kann? Zur Untersuchung dieser Frage haben ISOund CIE die gemeinsame Arbeitsgruppe TC 8-03 eingerichtet. Inihrem Technical Report 156: 2004 unterbreitet sie Vorschläge zumVergleich <strong>von</strong> Gamut Mapping-Algorithmen, welche die Grundlageder aktuellen internationalen Diskussion zum Thema darstellen.Bestandteil dieser Empfehlungen sind auch zwei Referenzalgorith-klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren16gamut mapping4 siehe www.color.org5 genannt ICC-Profile130


men, 6 <strong>im</strong> Folgenden HP-MinDist und SGCK genannt, die zwei weitverbreiteAnsätze repräsentieren, sowie das in Folie 11 zu sehendeTestbild.7.2.1 Clipping-VerfahrenDie einfachste Lösung des Gamut Mapping ist das sogenannte Clipping.<strong>Farbe</strong>n ausserhalb des Zielgamuts Z werden auf seine Oberfächeabgebildet, wohingegen <strong>Farbe</strong>n innerhalb des Zielgamuts unverändertbleiben. Die beiden Hauptvarianten 3D-MinDist und HP-MinDist unterscheiden sich durch die Behandlung des Farbtons. Inder ersten geht man nicht auf den Farbton ein, sondern sucht dreid<strong>im</strong>ensionalnach dem nächsten Oberflächenpunkt <strong>von</strong> Z. In derzweiten bleibt der Farbton unverändert, d.h. die Suche nach demnächsten Oberfächenpunkt wird auf die Ebene begrenzt, die durchden gegebenen Farbtonwinkel aufgespannt wird. Dieses Verfahrenwird in dem CIE-Referenzalgorithmus HP-MinDist benutzt.Clipping ist ein häufig verwendetes Verfahren, insbesondere auchals Subroutine in anspruchsvolleren Lösungen. Es hat die in Abschnitt7.1.3 angedeuteten Nachteile, ist aber auf Grund der einfachenAlgorithmik effizient <strong>im</strong>plementierbar.7.2.2 Grundschema komplexerer AlgorithmenAnspruchsvollere Konzepte versuchen ein unstetiges Verhalten ander Oberfläche des Zielgamuts Z zu vermeiden, aber auch den obenvorgestellten Prinzipien des Gamut-Mappings besser gerecht zuwerden. Das generelle Vorgehen ist dabei wie folgt:1. Wähle <strong>im</strong> Originalgamut O wie <strong>im</strong> Zielgamut Z ein Zentrum(Fokus) C o bzw. C z .2. Zerlege O und Z in Kurven C o A und C z B, die <strong>von</strong> einem RandpunktA ∈ O bzw. einem Randpunkt B ∈ Z zum jeweiligen Fokusverlaufen.6 download: www.colour.org/tc8-03/pgma.htmlClipping✧ einfachste, aber populäre Lösung✧ <strong>Farbe</strong>n ausserhalb des Zielgamuts Z➙ werden auf die Oberfläche <strong>von</strong> Z abgebildet✧ in-gamut-colors bleiben unverändert✧ zwei Hauptvarianten➙ 3-D-min<strong>im</strong>um-distance-clipping (3D-MinDist)✛ Abbildung auf den nächsten Oberflächenpunkt <strong>von</strong> Z➙ hue-preserving-min<strong>im</strong>um-distance-clipping (HP-MinDist)✛ wie oben, jedoch unter Beibehaltung des Farbtons✛ gehört zu den CIE-Referenzalgorithmenklaus s<strong>im</strong>onkomplexere Algorithmen✧ Einbezug auch der in-gamut-colors✧ häufig benutztes Grundschema➙ wähle <strong>im</strong> Originalgamut O wie <strong>im</strong> Zielgamut Z✛ ein Zentrum C o bzw. C zfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren➙ zerlege die Gamuts O und Z in Kurven C o A und C z B✛ für alle Randpunkte A ∈ O, B ∈ Z➙ bilde jeden Randpunkt A ∈ O✛ auf einen Randpunkt F(A) def= B ∈ Z ab➙ bilde jeden Punkt aus C o A✛ gemäss einer festen Regel (z.B. lineares Stauchen)➣ auf einen Punkt aus C z B abklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17gamut mapping18gamut mapping131


Forschungstendenzen✧ traditionelle Ansätze➙ Abbildung <strong>von</strong> Farbräumen (z.B. sRGB → CMYK)✛ geprägt <strong>von</strong> empirischem Erfahrungswissen✛ beschränkten Rechnerkapazitäten ⇒ Min<strong>im</strong>alalgorithmik✛ <strong>im</strong>plizite Annahmen über die Gestalt des Zielgamuts✧ aktuelle Probleme➙ Zielgamut wird nicht sicher erreicht➙ geometrisch unstetiges Abbildungsverhalten, z.B. Abrisse➙ schlechte Ausschöpfung des Zielgamuts➙ Kontrastverluste zwischen Nachbarpixeln➙ Sonderbehandlung spezieller <strong>Farbe</strong>n, z.B. Hauttöne3. Bilde den Randpunkt A ∈ O auf den Randpunkt F(A) = B, B ∈ Zab.4. Bilde einen Punkt aus C o A gemäss seiner relativen Lage entlangder Kurve auf die entsprechende relative Position entlangder Kurve C z B ab.Durch die Wahl der Abb. F(A) = B bzw. die Form der Kurven C o Abzw. C z B lassen sich verschiedene Algorithmen realisieren.Der zweite CIE-Referenzalgorithmus SGCK folgt dem vorgängigenSchema. Er ist eine Kombination <strong>von</strong> Morovic’s GCUSP-Algorithmus [6] und einer sigmoidalen Helligkeitskompression nachBraun und Fairchild [3]. Der Farbton soll unverändert bleiben,was durch die Wahl der farbtonkorrigierten CIELAB-Variante nachEbner und Fairchild [2] angestrebt wird. Beispiele zum SGCK-Ansatz findet man unter anderen in der Folie 11.19klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierengamut mapping7.3 Forschungstendenzengeometrische Inkonsistenzen3D-MinDistOriginalGCUSPklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren20gamut mappingDas traditionelle Gamut Mapping bildet Farbräume auf einanderab, z.B. sRGB auf CMYK. Dies hat den Vorteil, dass jedes sRGB-Bild in der gleichen Art und Weise bearbeitet werden kann. Wiebereits erwähnt, orientiert sich die aktuelle Algorithmik an den empirischenErfahrungen der Reproscanner. Im Allgemeinen beobachtenwir min<strong>im</strong>alistische Ansätze, welche die beschränkten Rechnerkapazitätenvergangener Tage widerspiegeln.Besonders hervorzuheben sind <strong>im</strong>plizite Annahmen über die Gestaltdes Zielgamuts, auf denen das geometrische Vorgehen beruht.Typischerweise werden Gamuts als eine Art Diskus in CIELAB verstanden,wobei die Hauptachse mit der L ∗ -Achse identifiziert wird.Der Diskusrand, als Cusp bezeichnet, bildet dann näherungsweiseeinen Kreis in der a-b-Ebene für L ∗ = 50. Treffen diese <strong>im</strong>plizitenAnnahmen für eine konkrete Probleminstanz nicht oder nur teilweisezu, so führt dies zu einem geometrisch unstetigen Abbildungsverhalten,z.B. zu visuellen Artefakten, Abrissen in Farbverläufen (Folie20) oder zu einer Verfehlung des Zielraums. Der erste Schritt zu132


esseren Lösungen sollte deshalb in einer systematischen Überprüfungder geometrischen Konsistenz bestehen, siehe etwa Zollikerund S<strong>im</strong>on [8], wo auch ein entsprechend konstruierter Algorithmus(SGD A) beschrieben wird.Da das klassische Gamut-Mapping Farbräume aufeinander abbildetohne Bezug auf das konkret zu bearbeitende Bild, kann die Abbildungsfunktion<strong>im</strong> Einzelfall sehr ungeschickt sein. Speziell wennder Bildgamut der Eingabe klein <strong>im</strong> Verhältnis zum enthaltendenFarbraum, z.B. sRGB, ist, wird auch der genutzte Anteil des Zielgamutsklein sein, d.h. das Bild wird unnötig stark kompr<strong>im</strong>iert.Die Berechnung einer individuellen opt<strong>im</strong>ierten Abbildung füreinen Bildgamut ist jedoch eine algorithmische Herausforderung,die erst seit kurzem wissenschaftlich untersucht wird, siehe EvaSchuberth [4]. Zunächst ist unklar, was man unter einem Bildgamutverstehen will, denn die Farbvalenzen der Bildpixel formeneine Punktwolke, die <strong>im</strong> Allgemeinen eine wesentlich komplexereStruktur als ein Farbraum aufweist. Die Konstruktion eines massgeschneidertenGamut Mappings unter Berücksichtigung geometrischerKonsistenzbedingungen führt dann zu einem komplexen Opt<strong>im</strong>ierungsproblem,siehe [5].Speziell bei kleinen Gamuts wie <strong>im</strong> Zeitungsdruck stösst eine reinfarbmetrische Lösung schnell an ihre Grenzen. Ein solcher Ansatzignoriert nämlich die Beziehungen eines Pixels zu seinen Nachbarn,indem alle Pixel derselben Farbvalenz gleich behandelt werden. Dadurchwird speziell der lokale Kontrast, die Farbdifferenzen zwischenNachbarpixeln, stark reduziert. Dies ist visuell besonders auffällig,wie wir in Abschnitt 2.3.6 gesehen haben.Es verwundert denn auch nicht, dass <strong>im</strong> Zeitungsdruck häufigBilder zu sehen sind, deren lokaler Kontrast offenbar nachträglichmittels Bildverarbeitungstechniken wieder erhöht wurde. Sinnvollerist indessen die Integration dieses Schrittes in das Gamut Mappingselbst, siehe etwa Zolliker [7]. In den Folien 22 bis 24 ist dieProblematik an zwei Beispielen illustriert.Schliesslich sei darauf hingewiesen, dass der Gesamtkomplex GamutMapping auch Teilaspekte enthält, die sich bis heute einer all-Kontrastprobleme durch Clipping◮∆E > 20 ⇒ ∆E = 0◮◮∆E < 1 ⇒ ∆E = 12◮klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenSGCK: original und kontrastopt<strong>im</strong>iertklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren21gamut mapping22gamut mapping133


HP-MinDist: original und kontrastopt<strong>im</strong>iertgemeinen algorithmischen Lösung entziehen. Ein bekanntes Beispieldiesbezüglich ist der Umgang mit speziellen Farbvalenzen wie≪Hauttönen ≫, ≪blauer H<strong>im</strong>mel ≫ oder ≪Schokolade ≫.Die <strong>Farbe</strong>rinnerung des Menschen ist sehr stark an die jeweiligeMotive gekoppelt. Stellt die Farbvalenz Blau die <strong>Farbe</strong> des H<strong>im</strong>melsdar, dann ist die Akzeptanz <strong>von</strong> Veränderungen wesentlich kleiner,als dasselbe Blau als Autofarbe. Dieser Effekt ist bei Schokoladeso ausgeprägt, dass sie bei Werbeaufnahmen üblicherweise einMake-up erhält. Ein Gamut Mapping, das selbstständig zwischenveränderbaren <strong>Farbe</strong>n und unveränderbaren <strong>Farbe</strong>n zu unterscheidenvermag, fällt aber offenbar in den Bereich der Künstlichen Intelligenz.7.4 Schlussbemerkungenklaus s<strong>im</strong>onSGDA: original und kontrastopt<strong>im</strong>iertfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren23gamut mappingGemäss den heute verfügbaren Reproduktionstechniken ist einekorrekte Farbwiedergabe <strong>im</strong> Allgemeinen nicht möglich. Eine universelle,geräte- und medienunabhängige Lösung des Gamut Mappingist zwar höchst wünschenswert, aber zumindest für die nähereZukunft nicht zu erwarten. Die etablierten farbmetrischen Ansätzezeigen speziell bei kleinen Gamuts Schwächen. Das Gamut Mappingwird gegenwärtig <strong>von</strong> der Informatik als Forschungsthema entdeckt,sowohl in der Computer Graphics als auch in der ComputationalGeometry. Das zusätzliche Know-how aus der Bildverarbeitung,der Polyedergeometrie und den effizienten Algorithmen verändertdabei das traditionelle Problemverständnis.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren24gamut mapping134


7.5 Literaturverzeichnis[1] A. Johnson. CARISMA — Report WP2-19 Colour Gamut Compression.In Colour Appearance Research for Interactive SystemManagement and Applications, www.derby.ac.uk, 1992.[2] F. Ebner and M. Fairchild. Development and Testing of a ColorSpace (IPT) with Improved Hue Uniformity. In Proceedings of6th IS&T/SID Color Imaging Conference, pages 8–13, ScottsdaleAZ, 1998.[3] G. Braun and M. Fairchild. Image lightness rescaling using sigmoidalcontrast enhancement functions. Journal of ElectronicImaging, 8:380–393, 1999.[4] J. Giesen, E. Schuberth, K. S<strong>im</strong>on, and P. Zolliker. Toward<strong>im</strong>age-dependent gamut mapping: fast and accurate gamutboundary determination. In Electronic Imaging 2005, volume5667, pages 201–210, San Jose, 2005. SPIE/IS&T.[5] J. Giesen, E. Schuberth, K. S<strong>im</strong>on, and P. Zolliker. A frameworkfor <strong>im</strong>age-dependent gamut mapping. In Electronic Imaging2006, San Jose, 2006. SPIE/IS&T.[6] J. Morovic. To Develop a Universal Gamut Mapping Algorithm.PhD thesis, University of Derby, 1998.[7] P. Zolliker and K. S<strong>im</strong>on. Adding Local Contast to Global GamutMapping Algorithms. In 3rd European Conference on Colour inGaphics, Imaging and Vision (CGIV’06), Leeds, 2006.[8] P. Zolliker and K. S<strong>im</strong>on. On the Continuity of Gamut MappingAlgorithms. Journal of Electronic Imaging, 1, 2006.[9] G. Sharma. Digital Color Imaging. CRC Press, Boca Raton,2003.Bemerkungen✧ korrekte Farbwiedergabe prinzipiell kaum möglich✧ universeller Algorithmus unwahrscheinlich✧ heutige Lösungen für kleine Gamuts unzureichend➙ speziell <strong>im</strong> Zeitungsgamut✧ Gamut Mapping wird Informatikthema➙ Computational Geometry✛ Polyedergeometrie, Punktwolken➙ Bildverarbeitung➙ komplexere Algorithmen➙ Korrektheitsanalyse anstatt ISO-Testbilderklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren25gamut mapping135


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K a p i t e l8Color Management Systeme (CMS)Color Management SystemeMit der Digitalisierung der Arbeitsabläufe in der Medienbranchewurde der Datenaustausch zu einem zentralen Anliegen. Dieszeigte sich insbesondere bei Farbdaten, die <strong>im</strong> Allgemeinen gerätespezifischinterpretiert werden. Als universelle Transformationsschnittstellefür gerätespezifische Farbdaten wurde <strong>von</strong> der InteressensgemeinschaftInternational Color Consortium (ICC) ein offenerSoftwarestandard mit der Bezeichnung Color Management System(CMS) vereinbart. Dieser Standard wird heute weitgehend unterstützt.Andererseits machte die allgemeine Anwendung des CMSaber auch konzeptionelle Schwächen und Zielkonflikte klar, denenman in der Entstehungszeit nur eine geringe Bedeutung zugestandbzw. die damals in der heutigen Form noch nicht existierten.Von der fotomechanischen Farbseparierung mit Filtern bis zu speziellenReproscannern waren die traditionellen Farbverarbeitungsprozesseder grafischen Industrie geschlossene CMYK-Arbeitsabläufe.Die Operateure dieser Prozesse konnten auf Grund ihrerErfahrung Kundenwünsche und Qualitätsanforderungen zufriedenstellen. Dabei konzentrierten sie sich auf das visuelle Endprodukt.Typisch für diese Arbeitsweise ist, dass keine Farbraumtransformationenvorkommen.Als Ende der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts der PC, dasDesktop Publishing, RGB-Flachbett Scanner, Digitalkameras undinsbesondere Bildverarbeitungsprogramme wie Photoshop in derMedienbranche Einzug hielten, veränderten sich die Arbeitsabläufehin zu einer RGB-Dominanz. Da CMYK als Eingabe für den Druckprozessnach wie vor benötigt wurde, entwickelten Firmen wie Kodak,Apple, EFI oder Adobe Softwarekomponenten für Farbraumtransformationen,speziell <strong>von</strong> RGB nach CMYK. Um einem Sys-✧ digitales <strong>Publizieren</strong> ⇒ Workflow mit offenem Datenaustausch✧ Problem: gerätespezifische Dateninterpretation➙ speziell: RGB-Daten <strong>im</strong> Druck✧ Lösung: CMS als offener Softwarestandard➙ zur Definition gerätespezifischer Farbtransformationen➙ heute weitgehend etabliert (Hype?)➙ festgelegt durch International Color Consortium (ICC)✛ Microsoft, Apple, Adobe, Sun, Fogra, . . .➙ benutzt intensiv Farbmesstechnik➙ jedoch auch: konzeptionelle Schwächen und Zielkonflikte1klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementgerätespezifische Farbdaten✧ Kameras, Monitore, Beamer, Drucker, . . .➙ empririsches Farbverhalten➙ teils grosse Abweichungen zwischen Ist- und Sollwert➙ allgemein nicht langzeitstabil✧ Einbettung in ein Computersystem verlangt➙ Konvertierung <strong>von</strong> und zu Gerätefarben✧ ICC-Profil: Datenfile zur . . .➙ Beschreibung der Gerätecharakteristiken➙ Festlegung der Farbdatentransformation2klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color management137


KameraScannerGeschichte der ICC-SpezifikationenProfil-Version Spezifikation Datum2.0.0 Version 3.0 Juni 19942.0.0 Version 3.1 Mai 19952.0.2 Version 3.2 November 19952.2.0 Version 3.3 November 19962.2.0 Version 3.4 August 19972.4.0 ICC.1:1998-09 September 19982.4.0 ICC.1A:1999-04 April 19992.4.0 ICC.1:2001-04 April 20014.0.0 ICC.1:2001-12 Dezember 20014.1.0 ICC.1:2003-09 September 20034.2.0 ICC.1:2004-04 April 20044.2.0.0 ICC.1:2004-10 Oktober 20044.2.0.0 ISO 15076 Mai 2005klaus s<strong>im</strong>onuniverselles Transformationskonzeptfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren· · · ·icc-profileprofile connectionspace (PCS)X YZ oder CIELAB8 oder 16 Bit✧ Konvertierung: Color Matching Method (CMM)➙ als Funktion des Betriebssystems (Monitor)➙ oder Bestandteil <strong>von</strong> Anwendersoftware (Photoshop)✧ pr<strong>im</strong>äres Konzept: Lookup Tables (LUT) und Interpolationklaus s<strong>im</strong>onicc-profilefarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren3color managementDruckerMonitor4color managementtemkampf vorzubeugen, schlossen sich dann 1993 Adobe, Agfa-Gevaert, Apple, Kodak, Microsoft, Silicon Graphics, Sun Microsystemsund Taligent unter Leitung der Fogra zum InternationalColor Consortium zusammen. Diese Interessengemeinschaftentwickelte, ausgehend <strong>von</strong> dem ColorSync-Format (Apple) dasKonzept der ICC-Profile, auf dem das Color Management beruht.Hinweise zur ICC und speziell zur aktuellen Spezifikation 4 desStandards findet man unter:w w w. c o l o r. o rgHeutige CMS haben eine gewisse Reife erreicht und werden omnipräsentin Publishing-Tools einbezogen. Sie sind routinemässig inBetriebssystemen vorhanden. Im Besonderen wurde in den letztenJahren die Messtechnik sowie die Profilerstellung vereinfacht. ProfessionelleMesssysteme wie das Eye-One Match <strong>von</strong> Gretag Macbethsind jedoch nach wie vor teurer als ein handelsüblicher PC.Dagegen wird die technische Funktionalität des CMS teilweise irreführendkommuniziert. So wird dem Kunden beispielsweise eine≪farbmetrische Korrektheit ≫ suggeriert, die sich funktional aber lediglichauf die Erfassung des Geräteverhaltens bezieht. Die darausabgeleitete Farbraumtransformation ist indessen <strong>im</strong> Allgemeinenein Gamut Mapping, das konzeptionell allenfalls partiell als ≪farbmetrischkorrekte ≫ Farbwiedergabe verstanden werden kann.Ebenfalls kritisch zu sehen sind die angenommenen Benutzerbedürfnisse.Speziell die unterstellte Bequemlichkeit äussert sich alsBlack-Box-Design, so dass es für den Anwender oftmals unklarbleibt, wie, wann, wo bzw. warum seine Farbtransformation zustandekommt. Der damit verbundene Kontrollverlust führt nichtselten zu Fehlanwendungen. So ist der zunehmend in Magazinen zubeobachtende Buntaufbau <strong>von</strong> Schwarzweissbildern vermutlich wenigerauf eine künstlerische Absicht zurückzuführen, als auf nichtgänzlich verstandene Konventionen <strong>im</strong> Umgang mit eingebettetenProfilen.138


8.1 Gerätespezifische FarbtransformationenIm bisherigen Verlauf der Ausführungen sind wir auf die Besonderheiten<strong>von</strong> konkreten Farbgeräten wie Digitalkameras, Monitorenoder Drucker nicht eingegangen. Dies entspricht unserem Grundverständnis<strong>von</strong> Farbspezifikationen als geräteunabhängigen Daten.Sinn und Zweck <strong>von</strong> visueller Information ist jedoch ihre Präsentation.Die abstrakten Farbdaten müssen also durch einen Bildschirmoder Drucker sichtbar gemacht werden, oder umgekehrt, eineKamera erzeugt ein Abbild der sichtbaren Welt in Form <strong>von</strong> abstraktenDaten.Die damit verbundenen Probleme werden in der Dateninterpretationkonkret. Der unangenehmste Fall ist die ausschliesslicheBenutzung <strong>von</strong> gerätespezifischen RGB- oder CMYK-Daten. Aberauch wenn farbmetrisch definierte Standards wie sRGB unterstütztwerden, ist deren Handhabung in der Regel ungenau. So liefernEingabegeräte wie Scanner oder Digitalkameras <strong>im</strong> AllgemeinenRGB-Bilder, wobei RGB überwiegend sRGB meint, aber auch vieleVarianten üblich sind. Monitore verstehen ebenfalls RGB-Daten,in der Standardklasse normalerweise sRGB, was <strong>im</strong> High-End-Bereich aber nicht mehr selbstverständlich ist. Obwohl auch spezielleRGB-Drucker existieren, haben Drucker mehrheitlich eineCMYK-Eingabe, wobei in beiden Fällen die gerätespezifische Dateninterpretationder Normalfall ist.Der zentrale Schritt zu einem CMS besteht deshalb in der Erfassungder farbmetrischen Differenz zwischen einer spezifiziertenEingabe und der resultierenden Ausgabe. Von zentraler Bedeutungist, dass das Ergebnis dieser Ist-Soll-Vergleiche in geräteneutralenFarbdaten, d.h. in X Y Z oder CIELAB, festgehalten wird. Dieteils grossen Abweichungen <strong>im</strong> Ist-Soll-Vergleich heutiger Farbgerätelassen sich meist nur empirisch beschreiben.Die Gründe für die Differenzen sind vielfältig. Sie reichen <strong>von</strong>Benutzerpräferenzen, z.B. Papierart, Tinten usw., über allzu grossenKostendruck <strong>im</strong> Low-End-Bereich, bis hin zu einem ungenügendenwissenschaftlichen Verständnis gewisser Technologieaspekrelative(CMYK, links) und perceptual (CMYK, rechts)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenoriginal (RGB, links) und absolute (CMYK, rechts)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren5color management6color management139


elative (CMYK, links) und perceptual (CMYK, rechts)7klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementoriginal (RGB, links) und sätt. opt<strong>im</strong>iert (CMYK, rechts)8klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementte. Auf Grund der mangelnden Systematik des Ist-Soll-Verhaltensstellen Interpolationstabellen, <strong>im</strong> Fachjargon Lookup Tables (LUT),das zentrale Werkzeug des ICC-Color Management dar.Sobald das konkrete Ist-Soll-Verhalten festgestellt und in einemICC-Profil, einem gerätespezifischen Datenfile, dokumentiert ist,kann durch mathematische Anpassung der Ist-Werte eine gewünschteFarbvalenz korrekt erzeugt und <strong>im</strong> gerätespezifischen Datenformatdargestellt werden. Diese Ist-Soll-Korrektur ist der Grundgedankedes ICC-Color Managements. Auf die Schwächen und Stärkendes Ansatzes werden wir <strong>im</strong> Allgemeinen in den einschlägigenAbschnitten <strong>im</strong> Detail eingehen.Doch bereits hier sei auf einen grundsätzlichen Aspekt des Konzepteshingewiesen. Bei einem Ausgabegerät können mit der Kenntnisdes Ist-Soll-Verhaltens die in-gamut-<strong>Farbe</strong>n korrekt wiedergegebenwerden, was z.B. die Bedürfnisse des Proofs abdeckt. Problematischist jedoch der Umgang mit out-of-gamut-<strong>Farbe</strong>n. Hierzeigt sich, dass der Ist-Soll-Ansatz nur einen Teilbeitrag zur Bildreproduktionleistet, oder mathematisch ausgedrückt, zwar notwendigaber nicht hinreichend ist. Weil der Anwender sicherlich keineweissen Flecken in seinen Bildern erzeugen möchte, müssen für outof-gamut-<strong>Farbe</strong>ninnerhalb des Gamuts Ersatzdarstellungen gefundenwerden. Da ein Bild aber als Einheit wahrgenommen wird, habendie Ersatzdarstellungen Rückwirkungen auf das Aussehen desGesamtbildes, so dass es <strong>im</strong> Allgemeinen nicht mehr sinnvoll ist, eineFarbvalenz korrekt wiederzugeben, sondern entsprechend adaptiert.Die ICC-Spezifikation macht keine Aussagen zu out-of-gamut-<strong>Farbe</strong>n. Folglich ist jede vollständige Lösung eine proprietäre Entscheidungdes Anbieters.Als Software begreift sich das Color Management als digitaleFortsetzung traditioneller Publishing-Workflows. Dies äussert sichdarin, dass die Ist-Soll-Korrektur nicht als solche verstanden wird,sondern als eine Konvertierung <strong>von</strong> bzw. zu einem gerätespezifischenFarbraum. Das Konvertierungsprogramm, die Color MatchingMethod (CMM), ist als Betriebssystemroutine <strong>im</strong>plementiert,auf die bei Bedarf <strong>von</strong> Applikationen wie Photoshop zugegriffen wer-140


den kann. Fasst man nun zwei solcher Konvertierungen zusammen,etwa <strong>von</strong> einer Digitalkamera zu X Y Z und <strong>von</strong> X Y Z zu einemDrucker, so fungiert X Y Z als Transferraum, in CMS-NotationProfil Connection Space (PCS) genannt. Ausser X Y Z kann fürden PCS auch CIELAB realisiert sein, wobei eine 8- oder 16-Bit-Kodierungsauflösung wählbar ist. Das Color Management begreiftsich folglich als ein universelles Transformationskonzept zwischengerätespezifischen Farbräumen.8.2 ICC-ProfileSehen wir uns nun das Konzept der ICC-Profile genauer an. Der Dateiaufbaugenügt dem allgemeinen Schema: Spezifikation des Verwendungszwecksmit zugehörigem Datenteil <strong>im</strong> Anschluss. Als ergänzendeLiteratur sei auf Edward J. Giorgianni et al. [6] bzw.Abhay Sharma [10, Kapitel 4] verwiesen.Wiedergabeziele-1✧ Farbtransformation parametrisierbar➙ Parameter: Rendering Intents➙ ursprünglich für Druckerprofile✛ ab Version 4 für alle Profile zulässig➙ explizite Speicherung <strong>im</strong> Profil (Default)➙ separate Realisierung jedes Intents✧ farbmetrisch absolut: identische Reproduktion➙ Clipping falls Zielgamut verfehlt wird➙ Hauptanwendung: Proofing (Prüfdruck)➙ aber auch bei Spezialfarben (corporate identity)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren9color management8.2.1 WiedergabezieleDa Gerätegamuts technisch beschränkt sind, enthalten sie nicht alle<strong>Farbe</strong>n eines CIE-Farbraumes. Jede Transformation in einen Gerätegamutist deshalb eine <strong>im</strong>plizite Farbraumkompression mit einermehr oder weniger willkürlichen Realisierung. Die ICC sieht inFolge dessen vier verschiedene Transformationsarten vor, die sichan typischen Anwendersituationen orientieren. Die Auswahl erfolgtüber Rendering Intents, <strong>im</strong> Deutschen vielleicht als Wiedergabezielezu bezeichnen. Eine Default-Auswahl wird bei der Profilerstellung<strong>im</strong> File-Header abgelegt. Im Normalfall wird das Wiedergabeziel jedoch<strong>von</strong> der aufrufenden Applikation interaktiv nachgefragt. Ursprünglichnur für Ausgabeprofile vorgesehen, sind Wiedergabezieleab der aktuellen Version 4 nun für alle Profilarten zulässig.Standardmässig sind für die verschiedenen Rendering Intents separateDatenhaltungen und Realisierungen vorgesehen. Das farbmetrischabsolute Wiedergabeziel bildet eine Farbvalenz auf sich✧ farbmetrisch relativ:Wiedergabeziele-2➙ Identifizierung der Weisspunkte (Zentrierung)➙ ansonsten wie farbmetrisch absolut✛ clipping <strong>von</strong> out-of-gamut-<strong>Farbe</strong>n✧ empfindungsgemässe Wiedergabe (perceptual)➙ Normalvariante, enthält Gamut Mapping➙ Implementierung herstellerabhängig✧ sättigungsopt<strong>im</strong>ierte Wiedergabe➙ für Businessgraphiken oder Ähnliches✛ enthalten oft Pr<strong>im</strong>är- und Sekundärfarben (CMYK)➣ Ziel: Vermeidung zusätzlicher Farbkomponenten➙ Implementierung herstellerabhängigklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren10color management141


ProfilklassenKennung Kategorie Beschreibungscnr input device Scanner, Digitalkamerasmntr Display CRTs, LCDs, Projektorenprtr Output Druckerlink Device Link für Gerät-Gerät-Transformationspac Colour Space sRGB, X YZ, CIELABabst Abstract zur expliziten Farbkorrekturnmel Named Colour Spezifikation durch Namen, Pantone11klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementmin<strong>im</strong>aler Inhalt eines DruckerprofilsTag Bezeichnung Beschreibungdesc profil description tag Versionsnummer des Profilswtpt media white point tag X YZ-Koordinaten des Weisspunktescprt copyright tag Copyright-Rechtechad chromatic adaptation tag Konvertierung nach D 50A2B0 AtoB0 tag Gerät-nach-PCS-LUT, perceptual intentA2B1 AtoB1 tag Gerät-nach-PCS-LUT, relative color<strong>im</strong>etric intentA2B2 AtoB2 tag Gerät-nach-PCS-LUT, saturation intentB2A0 BtoA0 tag PCS-nach-Gerät-LUT, perceptual intentB2A1 BtoA1 tag PCS-nach-Gerät-LUT, relative color<strong>im</strong>etric intentB2A2 BtoA2 tag PCS-nach-Gerät-LUT, saturation intentgamt gamut tag out-of-gamut-<strong>Farbe</strong>n (approx<strong>im</strong>ativ)12klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementselbst ab, wann <strong>im</strong>mer das möglich ist. Out-of-gamut-<strong>Farbe</strong>n werdenauf die Gamutoberflächen geclippt. Dieses Wiedergabeziel hatkeinen eigenen Datenteil sondern wird rechnerisch aus dem Intentfarbmetrisch relativ abgeleitet. Die Hauptanwendungen sind Prüfzweckeoder die exakte Realisierung <strong>von</strong> Sonderfarben, z.B. <strong>im</strong> Zusammenhangmit Corporate Identity.Der zweite Rendering Intent wird als farbmetrisch relativ bezeichnet.Im Gegensatz zur absoluten Wiedergabe werden hier vorder eigentlichen Transformation die Weisspunkte <strong>von</strong> Original- undZielgamut miteinander identifiziert, d.h. die CIELAB-Koordinatendes Zielgamuts werden auf dessen Weisspunkt zentriert. 1 Als Effektdieser Massnahme werden die sRGB-Weisspunktkoordinaten(255,255,255) als unbedrucktes Papier realisiert.Die Normalvariante der Ausgabe ist die empfindungsgemässeWiedergabe, <strong>im</strong> Englischen perceptual genannt. Hier wird <strong>im</strong> eigentlichenSinne ein Gamut Mapping realisiert, vorausgesetzt, eshandelt sich um ein Druckerprofil. Bei Scanner- oder Monitorprofilenist auch in der aktuellen Spezifikation 4 grundsätzlich keinexplizites Gamut Mapping vorgesehen, das über das Runden <strong>von</strong> zugrossen oder kleinen Zahlen hinausgeht. 2 Für eine Druckausgabekann man bei diesem Rendering Intent die visuell ansprechendsteLösung erwarten. Die Implementierung ist jedoch dem Profilherstellerüberlassen, so dass verschiedene Profile <strong>im</strong> sonst gleichen Falldurchaus zu verschiedenen Resultaten führen können.Ähnliches lässt sich auch für das letzte Wiedergabeziel, die sättigungsopt<strong>im</strong>ierteWiedergabe sagen. Auch sie ist herstellerspezifisch<strong>im</strong>plementiert. Ihr vorgesehenes Einsatzgebiet ist die bunteWelt der Businessgraphiken. Ausser an einer Erhaltung der Sättigungist man hier auch an einer Erhaltung des Farbaufbaus interessiert.Viele der verwendeten <strong>Farbe</strong>n sind nämlich die CMYK-Pr<strong>im</strong>äroder Sekundärfarben. Die Farbtransformation sollte in einem solchenFall keine zusätzlichen Farbkomponenten einführen.1 zur Problematik dieser Wrong-van-Kries-Transformation siehe Kapitel 52 was aber durchaus kontrovers diskutiert wird142


Beispiele zu den verschiedenen Renderings Intents findet manin den Folien 5 bis 8. Sie wurden <strong>im</strong> Photoshop mit dem Fogra-Standardprofil erzeugt.8.2.2 ProfilklassenDas ICC unterscheidet die in Folie 11 zusammengestellten Profilklassen.Die bereits angesprochenen Eingabe-, Display- und Ausgabeprofilesind <strong>im</strong> Profile-Header an den Kennungen senr, mntr bzw.prtr zu unterscheiden. Eine der zentralen Anwendungen des ColorManagements ist der Proof mit der typischen Transformation:CMYK 1 → PCS → CMYK 2Zur Opt<strong>im</strong>ierung solcher Anwendungen ist die Device-Link-Klasse(link) vorgesehen. Farbraumprofile (spac) als embedded profils unterstützendie eindeutige Interpretationen <strong>von</strong> Bilddaten. AbstrakteProfile (abst) eröffnen Experten den Weg für eine explizite Farbkorrektur.Das Named-Colour-Profil (nmel) stellt für durch Namen definierte<strong>Farbe</strong>n, z.B. die Pantonefarben, die entsprechenden CIE-Farbvalenzen bereit.8.2.3 ProfilstrukturDie Struktur eines ICC-Profils ist in den Spezifikationen des InternationalColor Consortiums festgelegt. Aktuell gilt die Version4, siehe www.color.org, die inzwischen auch als ISO-Standard (ISO15076: 2004) übernommen wurde, siehe [3].Der Inhalt eines Profils kann mit Profile Inspectors eingesehenwerden, zum Korrigieren benötigt man spezielle Editoren, die üblicherweiseTeil einer Profilerstellungssoftware, wie der Eye-OneMatch <strong>von</strong> Gretag Macbeth, sind. Aber man findet <strong>im</strong> Web auchfreie Varianten, z.B. auf der erwähnten Homepage der ICC.Grundsätzlich ist das Profil in einen Header und einen Tag-Teileingeteilt. Der Header ist ein Block <strong>von</strong> 128 Byte, der gänzlich festgelegtist. Hier findet man Angaben zum Erzeuger des Profils, der✧ Profil Header (128 Byte)➙ Profilcharakterisierung✛ class, PCS, CMM, . . .✧ Tag Table: 3 ArtenProfilaufbau➙ required, optional, private➙ abhängig <strong>von</strong> Profilklasse➙ Liste mit Datengruppen✛ mit Pointer auf DatenteilTagged Element Data➙ Interpolationst. u. Matrizen✛ aus Messdaten abgeleitet➙ privat: auch Messdatenklaus s<strong>im</strong>onProfile Headerprofileheadertagtabletaggedelementdata⎧⎪⎨⎪⎩⎧⎪⎨⎪⎩sig128 bytetag count (4 byte).µ · · · 12 byte · · · ¸. farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenSize: 3144 byteCMM ID: LinoVersion: 0x2100000Device Class: displayColor Space: RGBPCS: XYZDate: 1998/2/9, 6:49:0Magic: acspPlatform: MicrosoftFlags: not embedded, independentlyManufacture: IECModel: 0x73524742 / sRGBAttribute: reflective, glossy, positive, colorIntent: PerceptualIlluminant: X=0.96420, Y=1.00000, Z=0.82491Creator: HPProfile ID: 0000 0000 0000 0000klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierensize✛✛✛✛13color management14color management143


i1-SystemEinzelmessungen mit dem i1klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren15color managementgewünschten CMM, der Profilklasse, dem PCS, dem Farbraum, demDefault-Rendering-Intent, der Filegrösse, usw. Man beachte, dassdie Angaben in einer speziellen, durch das ICC festgelegten Kodierung,vorliegen, so dass für eine allgemein verständliche Interpretationdie Hilfe eines Profile Inspector benötigt wird.Im Gegensatz zum Header ist der Tag-Aufbau teilweise variabel.Das Tag-Konzept wurde aus den TIFF-Dateien, dem TaggedImage File Format, siehe [1], übernommen. Es ist auf Erweiterbarkeitausgerichtet. Die Tags stellen eine Art <strong>von</strong> Fileattributendar, die jeweils in der Tag Table durch eine Kennung, einen Pointerauf den Datenteil und die Grössenangabe des Datenteils beschriebenwerden, zusammen 12 Byte lang. Abhängig <strong>von</strong> der Profilklassesieht die ICC-Spezifikation notwendige (required), optionale (optional)und private (private) Tags vor. Die Profil-Tags können also <strong>von</strong>Hersteller zu Hersteller differieren, die einzelnen Tags sind jedochbei der ICC registriert.Im Datenteil (Tagged Element Data) enthalten die Tags vor allemMatrizen und Interpolationstabellen, auf denen die Farbtransformationenpr<strong>im</strong>är beruhen. Diese Tabellen stellen nicht die Messwertedar, sondern sind aus diesen abgeleitet. Die Messwerte selbstsind aber häufig als Zusatzinformation vorhanden (targ-Tag). Diefür das Color Management zentralen Spezifikationen findet man inden AtoBx- bzw. den BtoAx-Tags. Dabei steht AtoB für eine Transformation<strong>von</strong> einem Eingabemedium zum PCS bzw. BtoA für dieRichtung PCS zu einem Ausgaberaum. Das x spezifiziert den RenderingIntent und zwar steht0 für perceptual,1 für farbmetrisch relativ und2 für sättigungsopt<strong>im</strong>iert.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren16color managementFür den absoluten Rendering Intent ist keine separate Realisierungvorgesehen, da er über eine Zentrierung mittels des <strong>Media</strong> WhitePoint auf den farbmetrisch relativen Fall zurückgeführt wird.144


Die Interpolationstabellen der AtoBx- bzw. der BtoAx-Tags definierendie Eigenschaften der Farbraumtransformationen. Im Mittelpunktsteht eine n×m-Tabelle, die bei einem Druckerprofil dieUmwandlung nach CMYK und damit <strong>im</strong>plizit auch die Farbseparierungvorn<strong>im</strong>mt. Sowohl die Eingabe- als auch die Ausgabewerte dieserInterpolationstabelle lassen sich durch zusätzliche eind<strong>im</strong>ensionaleInterpolationstabellen (Tonwertreproduktionskurven, TRC) modifizieren.Eine Liste mit einigen häufig benutzten Tags ist in Folie 12 zusammengestellt.Auf einige wollen wir genauer eingehen. Der Weisspunktdes Mediums wird <strong>im</strong> <strong>Media</strong> White Point Tag angegeben.Da<strong>von</strong> zu unterscheiden ist der Weisspunkt des PCS, der ReferenceWhite Point. Obwohl dieser gemäss Spezifikationen als D 50 ,D 50 = (0.9642,1.0000,0.8249) in X Y Z ,definiert ist, wird er explizit <strong>im</strong> Header vermerkt. Dies geschiehtaus Kompatibilitätsgründen zu zukünftigen Spezifikationen, wo einAbrücken <strong>von</strong> D 50 nicht ausgeschlossen ist. Ist der Medium- vomPCS-Weisspunkt verschieden, so muss zwingend das Chromatic AdapationTag spezifiziert sein, das eine entsprechende Anpassungenthält. Man beachte jedoch, dass es sich dabei <strong>im</strong>mer um eine Approx<strong>im</strong>ationhandelt, da eine exakte Anpassung aus prinzipiellenGründen unmöglich ist.Bei Druckprofilen werden die Pr<strong>im</strong>ärfarben durch das ColorantTable Tag und ihre Anwendungsreihenfolge <strong>im</strong> Colorant Order Tagfestgelegt. Als letzter Schritt zu oder erster Schritt vom PCS kannauch noch eine Matrixmultiplikation eingefügt werden. Zu beachtenist, dass die einzelnen Transformationsschritte optional sind, d.h.der Profilhersteller muss nicht alle Möglichkeiten <strong>im</strong>plementieren,wo<strong>von</strong> <strong>im</strong> Normalfall auch Gebrauch gemacht wird.Prinzipiell sind LUT-Tags auf alle Profilarten anwendbar. Für Monitorprofileexistiert jedoch zusätzlich noch eine vereinfachte Varianteder Transformationsbeschreibung. Sie besteht aus der klassischenMatrixtransformation mit anschliessender Gammakorrektur.Ein nicht vorhandener Gammawert γ wird dabei als γ = 1 interpre-Transformationsbeschreibung durch . . .✧ Gleichungen (Gammakorrektur)✧ Matrizen➙ nur für PCS = X YZ✧ tone reproduction curves (TRC)➙ 1-D-Interpolation✧ Lookup tables (LUT)➙ n-D-Interpolationstabellen✧ sequentielle Abarbeitung➙ jeder Schritt optional➙ herstellerabhängigklaus s<strong>im</strong>on»PCS»3×3-Matrix· · · » · · ·»1-D-LUT · · · 1-D-LUT»»· · · » · · ·n-D-LUT· · · » · · ·»»1-D-LUT · · · 1-D-LUT» »Farbkanal-1 · · · Farbkanal-nfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren17color management145


tiert, definiert also die identische Abbildung:f (x) = x γ = x 1 = xWerden mehrere Werte angegeben, dann werden diese als Stützpunkte<strong>von</strong> f (x) verstanden und f (x) wird durch ihre Interpolationbest<strong>im</strong>mt.Color Matching Method (CMM)✧ Konvertierungsfunktion <strong>von</strong> und zum PCS✧ Aufruf durch Betriebssystem oder Anwendung➙ Source und Zielspezifikation über Aufrufparameter✧ allgemeines Konzept: Interpolation <strong>von</strong> LUTs➙ seltener Anwendung <strong>von</strong> Formeln (Monitorgamma)➙ effizient, universal, aber ungenau✧ Annahme: Lichtquelle D 50 , falls nicht erfüllt . . .➙ Approx<strong>im</strong>ation einer chromatischen Adaptation✛ z.B. lineare Bradford-Transformation (Monitor)✧ populäre CMMs: Apple (ColorSync), Windows (ICM)➙ teilweise inkompatible Implementierungen:✛ z.B. Quality Flag häufig ignoriertklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren18color management8.3 Color Matching MethodDas Kürzel CMM wird nicht nur als Color Matching Method interpretiert,sondern auch als Color Management Method oder als ColorManagement Module. Gemeint ist jedoch <strong>im</strong>mer die Software-Komponente, welche die in einem ICC-Profil spezifizierte Farbtransformationdurchführt. Die bekanntesten CMMs sind die Image ColorManagement ICM (Windows) und ColorSync (Apple). Beide sindBestandteil des jeweiligen Betriebssystems, was auch als Normalfallfür eine CMM gelten kann. Der Aufruf erfolgt entweder aus demBetriebssystem selbst oder über eine Anwendersoftware wie Photoshop,wobei die Richtung der Transformation über die Belegung derAufrufparameter festgelegt wird.Im Allgemeinen ist das Funktionskonzept der CMM ist dieInterpolation. Da die ICC-Spezifikation keine Angaben zu konkretzu <strong>im</strong>plementierenden Interpolationsverfahren enthält, unterscheidensich die verschiedenen Implementierungen bezüglich Effizienz,Konsistenz und Qualität doch signifikant. Eine kritische Hinterfragungder CMM-Funktionalität ist deshalb aus Benutzersichtdurchaus angemessen, siehe [5].Als Ergänzung der Interpolationsverfahren empfiehlt die ICC zurRealisation einer chromatischen Adaptation, falls notwendig, die lineareBradford-Transformation, bekannt aus CIECAM97, siehe [8],die sich durch eine 3×3-Matrix ausdrücken lässt.Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle CMM untereinanderkompatibel sind bzw. dass es durchaus verschiedene oder146


unvollständige Implementierungen gibt, z.B. wird das Flags Field 3häufig ignoriert.8.4 ProfilerstellungEin zentrales Charakteristikum moderner Farbgeräte ist ihre Abhängigkeit<strong>von</strong> stark variablen Systemparametern. Relevante interneFaktoren sind bei Monitoren oder Projektoren z.B. das Alter,bei Messgeräten oder Drucker etwa die Betriebstemperatur.Externe Einflussgrössen am Bildschirm oder in der Abmusterungsind beispielsweise das Umgebungslicht oder <strong>im</strong> Druckbereich dieLuftfeuchtigkeit. Dazu kommen willkürliche Entscheidungen derSystembenutzer wie die Papierauswahl oder die eingesetzte Inkjet-Tinte. Der für uns hier signifikante Aspekt ist, dass nur ein Teildieser Einflussfaktoren durch das Gerät selbst kontrolliert werdenkann. Dieser Umstand liefert einerseits die Motivation für denCMS-Ansatz bzw. definiert andererseits dessen Voraussetzungenund Möglichkeiten.So ist das Ziel des CMS ausschliesslich die farbmetrisch korrekteInterpretation des Geräteverhaltens, um damit die Gerätenutzungberechenbarer zu machen. Der CMS-Ansatz versucht aber keinesfallsdie Systemparameter zu kontrollieren oder gar zu manipulieren,was irritieren mag, da doch offenbar die mangelnde Systemkontrolledas Problem ist. Das Einzige, was das CMS bezüglich der Veränderlichkeitder Systemparameter tut, ist anzunehmen bzw. vorauszusetzen,dass keine Veränderungen stattfinden, d.h. ein CMSbezieht sich <strong>im</strong>mer nur auf einen einzigen fixierten Systemzustand.Wird z.B. die Papiersorte <strong>im</strong> Drucker gewechselt, braucht es einneues Profil. Gleiches gilt für den Wechsel <strong>von</strong> Tinten, ein neuesHalftoningverfahren usw. Die Voraussetzung eines fixierter Systemzustandeswird in der Medienbranche mit dem WortProofilerstellung allgemein✧ Farbwiedergabe mit stark veränderlichen Systemparametern➙ externe Einfüsse: Luftfeuchtigkeit, Temperatur, . . .➙ willkürliche Faktoren: Druckfarben, Tinten, Papiersorte, . . .➙ Gerätezustand: Alterung, Betriebswärme✧ nur teilweise durch das Gerät kontrollierbar➙ externe Kontrolle naheliegend (CMS)✧ Ziel: farbmetrisch korrekte Interpretation des Geräteverhaltens➙ keine Beeinflussung des physikalischen Verhaltens✧ Voraussetzung: stabiler Gerätezustand (Kalibration)✧ technisches Vorgehen: Gerätevermessung und Profilerzeugung➙ teuer, aufwendig, nicht trivial✧ Vereinfachung durch Prozess- und Standardprofile➙ Hersteller, Forschung, Standardisierungskomitteesklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren19color managementK a l i b r a t i o n3 ColorSync benutzt dieses Flag zur Festlegung der CMM-Arbeitsqualität: normal(0), draft (1) und best (2).147


Scannerprofile✧ Konzept: Ist-Soll-Vergleich mit bekanntem Testchart➙ zwischen 200-300 Patches (Testfelder)➙ möglichst gute Erfassung der Körperfarben✧ Profilerzeugung: spezialisierte Software➙ scannen des physikalischen Testcharts➙ Analyse des erzeugten RGB-Bildes➙ Ist-Daten durch Identifizierung der Patches✧ Kalibration: interner Weissabgleich➙ abschalten der Scanner-Intelligenz➙ CMS nur auf RAW-Daten anwendbar✧ Anwendung: embedded / explizit / integriert (Scannersoftware)✧ allgemein gute Qualität, da geschlossenes System➙ 2 ∆ E mittlerer Fehler erreichbar (bis 5 akzeptabel)20klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementScannerprofilierung mit dem i1 (Gretag Macbeth)verbunden, was <strong>im</strong>plizit ausdrückt, dass der fixierte Gerätezustand• sowohl gekennzeichnet als auch wiederherstellbar sein muss.In diesem Sinne setzen CMS-Konzepte kalibrierte Farbgeräte voraus.Das technische Vorgehen zur Profilerzeugung unterscheidet sichfür die verschiedenen Gerätearten. Im Detail werden wir darauf inden folgenden Abschnitten eingehen. Prinzipiell besteht jede Profilerstellungaus einer Gerätevermessung und einer nachfolgendenProfilgenerierung. Der Vorgang ist heute routinemässig durchführbar.Das Messequipment ist relativ ausgereift, wenn auch hochwertigeGeräte <strong>im</strong>mer noch recht teuer sind. Es gibt nur wenige Anbieter<strong>von</strong> entsprechender Farbmesstechnik, bei den Profilgeneratorenist die Auswahl grösser.Anstatt ein Profil selbst zu erstellen, kann man Profile für vieleGelegenheiten auch <strong>im</strong> Web finden, speziell auf den Homepages<strong>von</strong> Drucker- und Tintenproduzenten. Zudem findet man vieleProzess- und Standardprofile, z.B. für den Offsetdruck nach ISO12642 [2]. Diese kommen oftmals aus Forschungs- und/oder Standardisierungsinstitutenund haben häufig eine sehr gute Qualität.Die verfügbaren Profile werden in einem speziellen Systemordnerverwaltet, etwawindows>system32>spool>drivers>color (8.1)unter Windows oder bei Apple:system>library>colorsync>profile (8.2)Um z.B. ein solches Monitorprofil zugreifbar zu machen, muss mannach dem Drücken der rechten Mousetaste unterEigenschaften>Einstellungen>Erweitert>Farbverwaltungklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren21color managementnoch die entsprechende Systemeinstellungen vornehmen.148


Zusätzlich existiert die Möglichkeit ein Profil als Zusatzinformationin einer Bilddatei zu speichern. Man spricht dann <strong>von</strong> einem:Scanner-Messwerte: soll (links) – ist (rechts)E m b e d d e d P r o fi l eSolche eingebetteten Profile sind einfach eine andere Art der Profilspeicherung.Sie dienen dazu die Anwendung <strong>von</strong> ICC-Profilen zuautomatisieren, speziell <strong>im</strong> Batch-Betrieb. Dazu wird be<strong>im</strong> Lesender Bilddatei routinemässig das eingebettete Profil benutzt, um dieFarbdaten in den PCS zu transferieren. Dieses Vorgehen mag in vielenFällen die Handhabung <strong>von</strong> ICC-Profilen vereinfachen. Enthältdie Bilddatei jedoch CMYK-Daten, die zum Druck aufbereitet sind,dann führt ein eingebettetes Profil zu einer ungewollten Rücktransformationder Daten.Eine aus Benutzersicht geschriebene Abhandlung des ThemasProfilgenerierung findet man in Abhay Sharma [9].LGOROWLENGTH 16Measurement_mode "patch"CREATED "4/6/2006" # T<strong>im</strong>e: 17:01KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 5BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME RGB_R RGB_G RGB_BEND_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 288BEGIN_DATA1 A1 10.31 8.10 9.872 A2 26.90 61.68 156.593 A3 115.69 13.02 19.584 A4 186.80 67.88 16.705 A5 142.76 133.44 130.746 A6 82.39 75.16 72.77... ... ...283 R11 17.32 15.29 101.70284 R12 91.87 74.98 87.50285 R13 162.40 131.43 0.00286 R14 56.85 21.84 7.74287 R15 67.74 139.24 195.56288 R16 37.58 32.53 26.87END_DATALGOROWLENGTH 16Measurement_mode "patch"CREATED "4/6/2006" # T<strong>im</strong>e: 17:01INSTRUMENTATION "Eye-One iO"MEASUREMENT_SOURCE "Illumination=D50 ObserverAngle=2°WhiteBase=Absolute Filter=No"KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 8BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME XYZ_X XYZ_Y XYZ_Z LAB_L LAB_A LAB_BEND_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 288BEGIN_DATA1 A1 0.49 0.50 0.50 4.56 -0.04 -1.612 A2 7.91 7.93 27.68 33.83 2.49 -53.063 A3 12.14 6.10 1.75 29.67 53.72 23.414 A4 30.56 20.68 2.93 52.60 45.23 52.515 A5 31.97 32.84 27.54 64.03 1.10 -0.776 A6 12.28 12.73 10.46 42.35 0.06 0.13... ... ...285 R13 36.10 34.00 1.81 64.96 11.39 83.56286 R14 4.77 3.43 0.69 21.68 21.15 24.39287 R15 23.39 30.66 48.44 62.22 -25.33 -32.62288 R16 3.42 3.57 2.18 22.21 -0.44 6.28END_DATAklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren22color management8.4.1 Scanner- und KameraprofileZur Ermittlung eines Eingabeprofils erfasst man ein physikalischvorhandenes Muster, genannt Testchart, mit dem jeweiligen Gerät.Die Ausgabe ist in der Regel ein sRGB-Bild. Die eigentliche Profilgenerierungübern<strong>im</strong>mt ein Softwaretool, das zusätzlich zu dererzeugten Ausgabedatei ein zu dem benutzten Testchart gehörendesReferenzdatenfile (Soll-Daten), als Eingabe erhält. Die Softwareführt zunächst eine Bildanalyse durch, um die einzelnen Patches <strong>im</strong>sRGB-Bild zu identifizieren. Die erfolgreiche Erkennung der Testfeldererlaubt dann die Ermittlung der entsprechenden Farbwerte,unseren Ist-Daten. Damit ist der Ist-Soll-Vergleich vollständig unddie beabsichtigte Korrektur kann in Form <strong>von</strong> Interpolationstabellen<strong>im</strong> ICC-Profile abgelegt werden.Dieses Vorgehen verlangt, dass das Testchart der involviertenBildanalyse bekannt ist. Typischerweise ist das Testchart ein Teildes jeweiligen Messsystems oder ist ein internationaler Standardwie das IT 8.7/1 oder IT 8.7/2. Eingabetestcharts enthalten etwaScan ohne (links) und mit (rechts) Scannerprofilklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren23color management149


Digitalkameras✧ analog zu Scanner, aber keine Umgebungskontrolle➙ “work in progress” (keine ursprüngliche CMS-Komponente)➙ farbliche Genauigkeit kein pr<strong>im</strong>äres Entwicklungsziel✧ Testcharts: physikalische Muster mit Referenzdaten➙ Gretag Macbeth Color Checker, 24 Pat.; Color Checker DC, 237✧ Kalibration: schwierig bis unmöglich➙ “Lichtquelle” unbekannt (Relativmessung sinnvoll?)➙ best possible: Target in Fotoszene platzieren✧ Anwendung: nur auf RAW-Daten sinnvoll✧ prof. Nachbearbeitung üblich: CMS nur ein Problem unter vielen➙ allgemeine Bildverbesserung: rote Augen, Kontrast, Gegenlicht➙ RAW-Konvertierungstools als CMS-Alternative24klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementGretag Macbeth Color Checker25klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color management200–300 Patches, die auf eine möglichst gute Erfassung der Körperfarbenausgerichtet sind.Scannerprofile erreichen <strong>im</strong> Allgemeinen eine gute Qualität, mittlereFehlerraten kleiner als 2∆E sind durchaus üblich. Dies liegtdaran, dass Scanner aus Sicht der Farbmetrik geschlossene Systemesind, was die Kalibration der Geräte sehr erleichtert. Die verwendeteLichtquelle ist bekannt, es existiert ein interner Weissabgleich.Das Einzige, was der Benutzer zur Kalibration beitragenmuss, ist das Ausschalten der ≪Intelligenz ≫ des Scanners, d.h. derScanner darf keine Bildverbesserung der Ausgabe vornehmen. ColorManagement Systems verarbeiten nun einmal RAW-Daten. Diesgilt auch für die Anwendung des erstellten Profils.Wenn es nicht möglich ist, die Datenkorrektur gemäss ICC-Profilunmittelbar nach der Datenerfassung in die Treibersoftware desScanners zu integrieren, dann muss das Profil extern, z.B. in Photoshop,angewendet werden. Bildverbesserungen sollten bis zu dieserDatenkorrektur unterbleiben.Obwohl die Datenerfassung bei Digitalkameras ganz ähnlich wiebei Scanner aussieht, ist das CMS bei Kameras noch in einem Entwicklungszustand.Dafür gibt es mehrere offensichtliche Gründe.Zunächst waren Digitalkameras 1993 bei der Etablierung des ICC-Standards noch kein marktrelevanter Faktor. Dann ist die farbmetrischeKorrektheit der Ausgabe für die Kamerahersteller keinpr<strong>im</strong>äres Entwicklungsziel. Um ihren Kunden, die überwiegend <strong>im</strong>Amateurbereich zu finden sind, schöne Bilder zu liefern, bauen siemöglichst viel ≪ Intelligenz ≫ in die Kameras ein, was der CMS-Philosophie widerspricht. Schliesslich ist es <strong>im</strong> professionellen Bereichzwar durchaus üblich mit RAW-Daten zu arbeiten, aber <strong>im</strong>Rahmen der üblichen Bildnachbearbeitung ist die Farbkorrektur,neben den roten Augen, der Kontrastverstärkung, der Gegenlichtkorrekturusw. nur ein Ziel unter vielen. Die Farbmanipulationsmöglichkeiten<strong>von</strong> RAW-Konvertierungstools stellen darüber hinauseine Alternative zum CMS-Ansatz dar.Das eigentliche Problem für den CMS-Ansatz bei Digitalkamerasist aber die Kalibrierung. Der zentrale Parameter, die Lichtquelle,150


ist <strong>im</strong> Gegensatz zur Scannersituation weitgehend unbekannt undwechselt <strong>von</strong> Szene zu Szene. ICC-Kameraprofile liefern auf Grunddieser ungelösten Kalibrationsproblematik <strong>im</strong>mer nur approx<strong>im</strong>ativeResultate und können nicht <strong>von</strong> Szene zu Szene übertragen werden.Man kann zwar trotzdem versuchen die <strong>Farbe</strong>rfassung zu verbessern,indem man in jeder aufzunehmenden Szene vorgängig einTestchart aufn<strong>im</strong>mt und auswertet, d.h. für jedes individuelles Bildein eigenes Profil generiert. 4 Da die Profilgenerierung für eine Digitalkameraganz analog zu einem Scanner erfolgt, werden die Korrekturwerteaus den Abbildungen der Patches auf alle entsprechendenFarbvalenzen übertragen. Da aber diese farbmetrischen Korrektureneigentlich nur für diejenigen Pixel exakt gelten, die denPatch darstellen, ist die Übertragung der Korrektur auf andere Pixelbestenfalls <strong>im</strong> Mittel gerechtfertigt und kann <strong>im</strong> konkreten Einzelfallstark abweichen. 5 Ein einfaches Beispiel für diese Problematikist das Einbringen eines Spiegels in das Szenarium, wodurch dieLichtverhältnisse lokal beschränkt geändert werden können.8.4.2 MonitorprofileMonitorprofil✧ interaktive Prozedur zur Erfassung der Geräteparameter➙ “brightness” und “contrast” (bzw. deren Kalibaration)➙ Weisspunkt und Pr<strong>im</strong>ärvalenzen (Rot, Grün und Blau)➙ Gammakurven für Grau, Rot, Grün und Blau✧ Farbmessung als interaktive Prozedur➙ Messkopf direkt auf dem Bildschirm (Streulicht)✧ Farbtransformation➙ Trend: Verwendung <strong>von</strong> Interpolationstabellen➙ kein eigentliches Gamut Mapping (Clipping bei Bedarf)✧ Anwendung geprägt durch Prüfcharakter (Softproof)✧ Monitoralterung: regelmässiger Update nötig26Monitorprofilierungklaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementMonitorprofile sind aus Benutzersicht am einfachsten zu erstellen.Im Wesentlichen ist das Messgerät an einer Schlaufe hängend aufdem Bildschirm in Position zu bringen und die Profilsoftware zustarten. Nach einigen Nachfragen ermittelt die Software selbständigden benötigten Ist-Soll-Vergleich. Das Messresultat wird wie inFoliel 29 präsentiert. Speziell werden der Weisspunkt, die Pr<strong>im</strong>ärvalenzenund die Gammakurven für Rot, Grün und Blau ermittelt.Die vorgängige Monitorkalibration kann separat stattfinden oder indie interaktive Nachfrageprozedur integriert sein. Dabei wird die4 Das genaue Vorgehen ist etwa in T<strong>im</strong> Grey [7, Kapitel 5] beschrieben. Fernersei auf Andreas Kraushaar [4] hingewiesen.5 Man beachte, dass auf Grund der rekursiven Lichtstreuung in einem dreid<strong>im</strong>ensionalenSzenarium das ein- bzw. ausfallende Licht eine individuelle Funktiondes Ortes ist, siehe Kapitel 3.4.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren27color management151


Monitordaten (ColorSync)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenMonitormesswerte: soll (links) – ist (rechts)LGOROWLENGTH 6CREATED "7/4/2006" # T<strong>im</strong>e: 14:27KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 5BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME RGB_R RGB_G RGB_BEND_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 42BEGIN_DATA1 A1 0.00 0.00 0.002 A2 0.00 0.00 128.003 A3 0.00 0.00 255.004 A4 0.00 128.00 0.005 A5 0.00 128.00 128.006 A6 0.00 128.00 255.00... ... ...36 F6 0.00 192.00 0.0037 G1 0.00 224.00 0.0038 G2 32.00 0.00 0.0039 G3 64.00 0.00 0.0040 G4 160.00 0.00 0.0041 G5 192.00 0.00 0.0042 G6 224.00 0.00 0.00END_DATALGOROWLENGTH 6CREATED "7/4/2006" # T<strong>im</strong>e: 14:27INSTRUMENTATION "eye-one"KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 8BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME XYZ_X XYZ_Y XYZ_Z LAB_L LAB_A LAB_BEND_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 42BEGIN_DATA1 A1 -0.16 0.00 0.31 0.00 -6.50 -5.812 A2 3.39 1.25 21.18 10.94 47.66 -80.663 A3 18.36 8.60 101.99 35.20 66.98 -126.384 A4 7.35 16.11 3.05 47.12 -60.08 42.175 A5 11.44 17.86 25.15 49.32 -35.85 -21.986 A6 26.39 25.15 105.50 57.22 9.03 -90.85... ... ...36 F6 18.72 39.65 7.15 69.22 -77.83 58.4237 G1 26.92 56.40 9.82 79.84 -86.33 66.8538 G2 0.09 0.00 0.09 0.00 3.62 -1.7539 G3 1.74 0.75 0.06 6.77 32.88 10.4840 G4 16.06 8.13 0.84 34.25 58.50 43.2741 G5 24.26 12.36 1.27 41.79 66.55 49.9342 G6 34.06 17.42 1.63 48.79 74.18 57.63END_DATAklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren28color management29color managementHelligkeit <strong>von</strong> Schwarz (Brightness) und die Helligkeit <strong>von</strong> Weiss(Contrast) neu gesetzt.Während der Messprozedur ist es ratsam auf einen betriebswarmenMonitor zu achten. Um Streulichteinfall auszuschliessen, sollteder Messkopf wie in Folie 27 unmittelbar auf dem Bildschirmangebracht sein. Die gemessenen Gammakurven werden <strong>im</strong> Profilzunehmend mit Interpolationstabellen dargestellt. Zu berücksichtigenist ferner, dass für Monitorprofile nur ein triviales Gamut Mappingdurchgeführt wird. Nicht darstellbare Farbvalenzen werdenauf Min<strong>im</strong>al- bzw. Max<strong>im</strong>alwerte gerundet.Der Monitor hat <strong>im</strong> CMS den Charakter eines Prüfgerätes. DieMonitordarstellung sollte deshalb besonders korrekt sein. Diesbezüglichist zu berücksichtigen, dass das CMS die Viewing Conditionsdes Arbeitsplatzes nur rud<strong>im</strong>entär berücksichtigt. Um das Resultatder Monitorkalibrierung nicht zu gefährden, sollte das einfallendeStreulicht möglichst reduziert und dominante <strong>Farbe</strong>n <strong>im</strong>Monitorumfeld vermieden werden.Ein weiteres Problem ist der Einbezug zusätzlicher Hardware. Inerster Linie ist hier die Graphikkarte des Computers zu nennen. Dieauf dem Bildschirm darzustellenden Pixel werden in der Graphikkartegespeichert, die dann die eigentliche Ansteuerung des Monitors,digital oder analog, vorn<strong>im</strong>mt. Graphikkarten verfügen übergrosse interne Rechenkapazitäten und, was für uns sehr relevantist, sie besitzen auch eine eigene Color Lookup Table (CLUT) zur Korrektur<strong>von</strong> Eingabewerten. Damit ist die Graphikkarte dazu prädestiniert,die Aufgabe der CMM für Monitorprofile zu übernehmen.Obwohl dieser Einbezug der Graphikkarte der reinen Lehre desCMS widerspricht, hat er doch den Vorteil grosser Effizienz und Natürlichkeit.Man beachte, dass insbesondere die Monitorkalibrationdurch Schreiben der Graphikkarte realisiert wird. Apple hat demgemässein privates Tag, genannt Video Card Gamma Tag (vcgt),eingeführt, das CLUT-Korrekturen enthält. Bei jedem Aufruf einesMonitorprofils übergibt ColorSync diese Daten an die Graphikkarte.Dieses Vorprechen hat grosse Kontroversen ausgelöst, aber zumeinen gibt die zunehmende Verbreitung des vcgt-Tags Apple Recht,152


und zum zweiten wurde dadurch die Bedeutung der Graphikkartefür das CMS illustriert.Ohne den systematischen und kontrollierten Einbezug der Graphikkarteist ein Bildschirm prinzipiell nicht kalibriert und einefarbkorrekte Monitordarstellung basiert auf dem Vertrauen, dasskeine sonstige Softwareroutine die Graphikkarte in einem für dasCMS ungünstigen Sinne verändert.8.4.3 DruckerprofileDie Profilerstellung für einen Bürodrucker beginnt mit dem Ausdruckeines Testcharts, typischerweise gegeben als CMYK-TIFF-File. 6 Der Ausdruck wird mit einem Farbmesssystem vermessen.Die Resultate werden in einem Datenfile abgelegt, das zusammenmit den Referenzdaten des Testcharts die Eingabe der Generierungssoftwarebildet.Bei der Auswahl des Testcharts ist darauf zu achten, dass es mitdem Messsystem kompatibel ist. Grundsätzlich sollte es min<strong>im</strong>al etwa1000 Patches aufweisen. Der Klassiker unter den Druckerchartsist das IT 8.7/3 aus Folie 9 <strong>im</strong> Kapitel 5 mit 928 Testfeldern. Häufigverwendet wird aber auch das ECI2002-Chart aus Folie 32. Darüberhinaus kommen Testcharts zum Einsatz, die Teile des Messsystemssind, wie das i1-CMYK-Target-1.1 aus dem Eye-One. Mit seinen 323Patches ist es weniger auf eine gute Evaluation des Druckfarbraumesausgerichtet als auf einen möglichst einfachen Messvorgang.Die Kalibration bei Officedruckern beschränkt sich <strong>im</strong> Normalfallauf die Verwendung der gleichen Papiersorten bzw. Druckfarben.Zudem sollte man auch hier auf einen betriebswarmen Zustandachten. Der Ausdruck des Testcharts sollte ohne ≪Intelligenz ≫ desDruckertreibers vorgenommen werden, ganz analog zur Scannerprofilierung.Die Generierung eines Druckerprofils ist nun <strong>im</strong> Vergleich zuanderen Profilen eine aufwändige Angelegenheit. Dies ist schonäusserlich an der Filegrösse zu erkennen. Zunächst kann man die6 das Vorgehen bei RGB-Druckern ist ganz analogProbleme der Monitorkalibrierung✧ Viewing Conditions: nur rud<strong>im</strong>entär berücksichtigt➙ neutrales Umgebungslicht (roter Schreibtisch?)✧ Graphikkarte: enthält eigene Color Lookup Table (CLUT)➙ nicht einbezogen ins CMS, aber in die Kalibration➙ nur teilweise in einer Mac OS X-Erweiterung (vcgt-Tag)➙ keine exklusive Kontrolle der CLUT durch CMS möglich✧ neue Monitortechnologien <strong>im</strong> entstehen➙ zusätzliche direkte Farbmanipulation <strong>im</strong> Monitor➙ grössere Farbräume machen Gamut Mapping unvermeidbarAusgabeprofilklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren✧ Erstellung: Drucken und Vermessen eines bekannten Testcharts➙ sollte min<strong>im</strong>al etwa 1000 Testfelder haben (928, IT 8/7.3)➙ Grösse der Ergebnistabellen wählbar➙ meist auch Invertierung realisiert (z.B. fürs Proofing)✧ Gamut Mapping: <strong>im</strong>plizit in AtoBx-Interpolationstabellen➙ wählbar über Rendering Intents✧ Farbtransformation nach CMYK berücksichtigt <strong>im</strong>plizit➙ Farbseparierung und Dot Gain-Korrektur➙ Under Color Removal und Black Generation✛ wählbar in der Profilgenerierung✧ Anwendung: Desktop Printer E Druckmaschine➙ Drucken: instabile Systemparameter (“viel Handarbeit”)➙ anstatt direkter Maschinenprofile: gemittelte Prozessprofileklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren30color management31color management153


Druckerchart ECI2002V CMYKklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenDruckermesswerte: soll (links) – ist (rechts)LGOROWLENGTH 17CREATED "8/31/2006" # T<strong>im</strong>e: 08:59KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 6BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME CMYK_C CMYK_M ...END_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 323BEGIN_DATA1 A1 49.41 74.51 100.00 0.002 A2 100.00 100.00 66.67 49.413 A3 66.67 100.00 32.94 24.714 A4 66.67 100.00 0.00 49.415 A5 100.00 74.51 49.41 0.006 A6 74.51 100.00 100.00 0.00... ... ...317 S11 100.00 49.41 49.41 0.00318 S12 100.00 24.71 49.41 0.00319 S13 32.94 100.00 66.67 49.41320 S14 49.41 74.51 49.41 0.00321 S15 100.00 24.71 24.71 0.00322 S16 66.67 66.67 0.00 49.41323 S17 32.94 100.00 32.94 49.41END_DATALGOROWLENGTH 17CREATED "8/31/2006" # T<strong>im</strong>e: 08:59INSTRUMENTATION "Eye-One iO"MEASUREMENT_SOURCE "Illumination=D50 ObserverAngle=2°WhiteBase=Absolute Filter=No"KEYWORD "SampleID"KEYWORD "SAMPLE_NAME"NUMBER_OF_FIELDS 8BEGIN_DATA_FORMATSampleID SAMPLE_NAME XYZ_X XYZ_Y XYZ_Z LAB_L LAB_A LAB_BEND_DATA_FORMATNUMBER_OF_SETS 323BEGIN_DATA1 A1 14.79 13.18 2.37 43.04 13.18 40.522 A2 2.75 2.51 3.83 17.97 6.36 -13.323 A3 7.51 5.20 9.86 27.30 26.85 -23.864 A4 2.91 1.82 3.52 14.54 24.10 -17.255 A5 5.56 6.92 15.65 31.62 -12.12 -32.836 A6 6.62 4.50 1.24 25.27 26.89 21.79... ... ...319 S13 6.32 4.34 3.41 24.76 25.89 1.14320 S14 18.80 16.18 18.11 47.21 17.50 -11.67321 S15 10.97 16.23 36.52 47.28 -30.51 -43.33322 S16 4.97 4.63 8.45 25.64 6.64 -21.78323 S17 7.02 4.62 5.73 25.63 29.36 -10.42END_DATAklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren32color management33color managementFeinheit der zu berechnenden Interpolationstabelle wählen, was dieQualität des Profils stark beeinflusst.Einfluss auf die Art des zu realisierenden Gamut Mappings wirddem Benutzer jedoch nicht eingeräumt. Es werden lediglich dieverschiedenen Rendering Intents in den BtoAx-Tabellen <strong>im</strong>plementiert.Ausgabeprofile enthalten normalerweise die entgegengesetzteTransformationsrichtung. Die AtoBx-Tabellen werden fürs Proofenbenötigt, wo gerade CMYK-Files als Eingabefiles vorkommen.In den TransformationenPCS → CMYKist <strong>im</strong>plizit auch die Farbseparierung und die Dot-Gain-Korrekturenthalten. Das diesbezügliche Verhalten der erzeugten Transformationenlässt sich in der Profilgenerierung beeinflussen. Sowohlmax<strong>im</strong>al zulässige Flächenbedeckungen als auch die Schwarzdefinitionkönnen explizit festgelegt werden. Die Anwendung <strong>von</strong>Druckerprofilen erfolgt ähnlich wie bei Scannern. Hauptsächlichwerden Druckerprofile zur expliziten Farbkonvertierung nachCMYK in Programmen wie Photoshop benutzt. Man beachte jedoch,dass <strong>von</strong> Proofsituationen einmal abgesehen, es nicht sinnvollist, ein Druckerprofil einem auszudruckenden CMYK-File embeddedanzuhängen, auch wenn Photoshop dies automatisch tut. Durchdas embedded profile wird das File in der Dateninterpretation nichtmehr als Ausgabefile behandelt.Zu berücksichtigen ist ferner, dass die meisten der <strong>im</strong> professionellenAlltag eingesetzten Druckerprofile nicht auf die vorgängigbeschriebene Art und Weise erzeugt wurden. Die Handhabung derStandard- oder Prozessprofile ist völlig identisch mit derjenigen beiOfficedruckern. Dagegen ist ihr Zustandekommen und das mit ihrerAnwendung verbundene Verständnis ein anderes.In der Druckindustrie ist es nur sehr selten möglich, einem Kundenein ICC-Profil derjenigen Druckmaschine zu überlassen, aufdem sein Druckauftrag abgewickelt werden wird. Dies ergibt sicheinerseits aus der Organisationsform <strong>von</strong> Druckereien, wo die kurzfristigeDisponierbarkeit der Aufträge für die Betriebseffizienz unverzichtbarist.154


Andererseits sind Druckmaschinen bis heute nicht farbmetrischregelbar, es braucht nach wie vor viel Handarbeit und Erfahrungum ein gutes Resultat zu erreichen. Auf Grund dessen erfüllen individuelleDruckmaschinen die Voraussetzung des CMS nach stabilenSystemparametern nicht. Um die Druckindustrie trotzdem inden CMS-Ansatz zu integrieren, haben Forschungsinstitute der grafischenIndustrie wie die Fogra oder Interessengemeinschaften wiedie ECI Standardprofile erstellt, die für typische Rahmenbedingungeneines Druckverfahrens, z.B. den Offsetdruck, das durchschnittlicheVerhalten einer Druckmaschine ausdrücken. Diese Profile habenüblicherweise eine hohe Qualität und sind oftmals Bestandteil<strong>von</strong> ISO-Standards. Die mit ihrem Gebrauch verbundenen Erwartungensind jedoch nicht ganz die gleichen wie bei einem Bürodrucker.Druckerprofilerstellung mit dem Eye-One8.5 BenutzersichtDie Handhabung <strong>von</strong> CMS-Systemen hat sich in den letzten Jahrenstark vereinfacht. Das Ausmessen <strong>von</strong> Testcharts ist keine Angelegenheit<strong>von</strong> Stunden mehr, sondern kann in Minuten erledigtwerden. Die Profilgenerierung ist einfacher und komfortabler geworden.ICC-Profile werden praktisch <strong>von</strong> allen bekannten Softwaretools<strong>im</strong> Publishing-Bereich unterstützt. Be<strong>im</strong> Öffnen <strong>von</strong> Bildmaterialwird man routinemässig gefragt, ob ein eingebettetes Profilbeizubehalten bzw. welches andere Profil darauf anzuwenden sei.Trotzdem ist der praktische Umgang mit dem Color Managementnicht unkritisch. Ob eine Datentransformation sinnvoll ist, kannin einem komplexen Workflow schwierig zu beantworten sein. Einemehrfache oder falsche Profilanwendung ist ebenso ein Fehlerwie eine versäumte Profilanwendung. Ein typisches Beispiel hierfürsind unbeabsichtigte Farbtransformationen in Folge <strong>von</strong> vergessenenoder nicht bemerkten embedded Profiles. Obwohl eingebetteteProfile zur Farbraumkennzeichnung durchaus sinnvoll sein können,stellen sie bezüglich ungewollter Mehrfachanwendungen auf Grundder damit verknüpften Automatismen eine permanente Gefahr dar.klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren34color management155


Screenshot Photoshop−1Die extensive Verwendung <strong>von</strong> ICC-Profilen lenkt eher <strong>von</strong> den zuGrunde liegenden Zielsetzungen des Workflows bzw. den damit verbundenenOrganisationsfragen ab. Weitere Schwierigkeiten in derAnwendungspraxis resultieren aus nicht konsistenten Implementierungen,nicht spezifizierter Funktionalität (Rendering Intents)und proprietären Erweiterungen.8.6 Technische Problemeklaus s<strong>im</strong>onScreenshot Photoshop−2farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren35color managementDer ICC-Standard ist Anfang der 90er Jahre entwickelt worden.Trotz einigen Modifikationen entspricht die aktuelle Version 4 demKonzept <strong>von</strong> 1993. Obwohl die Spezifikation 4.2 <strong>im</strong> Mai 2005 in dieISO-Norm 15076 übernommen wurde oder gerade deswegen, stelltsich auf Grund der doch recht rasanten Entwicklung der Publishing-Technik die Frage, ob das ICC-CMS noch zeitgemäss ist.Die Aktualität dieser Frage zeigt sich beispielsweise in der Diskussionum Smart-CMMs, welche das ICC-Konzept praktisch inFrage stellt, oder in dem wachsenden Interesse an Device-Link-Profiles, die zwar die ICC-Schnittstellen beibehalten, die zentraleFunktionalität aber umgehen. Vor diesem Hintergrund sollen in diesemAbschnitt einige relevante Aspekte des PCS vertieft werden.Sehen wir zunächst das FarbtransformationskonzeptINPUT → PCS → OUTPUTklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren36color managementnoch einmal an. Der ICC-Ansatz betont die Universalität des Ansatzes,d.h. prinzipiell kann jede beliebige Farbvalenz auf jede beliebigeandere Farbvalenz abgebildet werden. Die Geräteabhängigkeit derEingabe- bzw. Ausgabedaten wird als das Problem verstanden, dases auszumerzen gilt. Das Ziel ist die farbmetrisch korrekte Farbwiedergabe.Dies entspricht einer Prüfsituation.Der Publishing-Alltag ist aber nicht <strong>von</strong> einer universellen Prüfsituationgeprägt, sondern <strong>von</strong> einer konkreten Produktionssituation.Die Eingabe besteht aus einer RGB-Variation, vielleicht sRGB156


oder seltener ECI-RGB, und der Zielraum ist CMYK, <strong>im</strong> professionellenBereich der Offset- oder Zeitungsdruck. Der RGB-Raum ist<strong>im</strong> Mittel grösser als der Zielraum. Das Problem ist eine gut aussehendeReproduktion, d.h. es geht um das Gamut Mapping und nichtum die korrekte Wiedergabe des Durchschnitts aus Quell- und Zielfarbraumes.Das Problem ist umso schwieriger, je grösser die Farbraumdifferenzensind. Das PCS-Konzept ersetzt das ursprünglicheProblem durch zwei neueRGB → CMY KRGB → X Y Z und X Y Z → CMY K.Das erste ist aus Sicht des Gamut Mappings unkritisch, da RGB inX Y Z enthalten ist. Das zweite ist jedoch der denkbar schlechtesteFall. Entsprechend bescheiden fällt oftmals das Gamut Mappingaus.Die Problematik ist seit längerem bekannt. Eine Lösung innerhalbdes PCS-Konzeptes ohne gewichtige Eingriffe ist kaum vorstellbar.Zum Zeitpunkt der Profilgenerierung kann keine möglicheAnwendung ausgeschlossen werden und somit ist der grösstemögliche Farbraum anzunehmen. Eine spätere Erkenntnis, dassauch ein kleinerer Farbraum genügt hätte, kann nicht mehr berücksichtigtwerden, da dann das Profil und damit die Transformationbereits festgelegt ist. Denkbare Lösungsansätze sind direkteRGB→CMYK-Transformationen (Device-Link-Profiles) oder dieReduktion des PCS, wobei der erste als eine Rückkehr zu geräteabhängigenFarbtransformationen zu verstehen ist und der zweiteeine Abkehr <strong>von</strong> der Universalität des PCS bedeutet.Viele Anwender benutzen das CMS deshalb ausschliesslich zumPrüfen (Proof) und realisieren das Gamut Mapping extern. EinICC-konformer Umgang mit dem Problem sind Device-Link-Profils.Auch sie vermeiden oder erweitern das PCS-Konzept, sind aber <strong>im</strong>Workflow wie ein Profil benutzbar. Innerhalb der Community diskutiertman die Erweiterung der CMM-Funktionalität, so genannteSmart-CMMs, aber diesbezüglich bleibt abzuwarten, wie sich einBenutzersicht✧ Messtechnik in den letzten Jahren vereinfacht➙ relativ hohe Kosten, wenig Anbieter✧ verbesserte Profilgenerierung➙ wachsende Anzahl <strong>von</strong> Anbieter➙ viele Parameter, deren Funktionalität teils unklar bleibt✧ einfache Anwendung in Publishing Software➙ expliziter Zugriff über Profilordner✛ windows>system32>spool>drivers>color (Windows XP)✛ system>library>ColorSync>profile (Mac OS X)➙ teils <strong>im</strong>plizit: embedded profiles✛ Anhang zu Datenfiles (TIFF, JPEG, . . .)✛ für Monitordarstellung oder RIP-Berechnungen37klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementtechnische Probleme✧ Zielkonflikt: Universalität E Funktionalität➙ PCS-Ansatz verhindert gutes Gamut Mapping✛ in Diskussion: smart CMMs, DeviceLink-Profiles✧ Anzahl der Messpunkte ausreichend?➙ mittlerer Abstand über 10 ∆ E✧ CMS technisch überholt?➙ Interpolation für geometrische Operationen ungeeignet✛ Messdaten an CMM anstatt Profile?➙ fortgeschrittenes Gamut Mapping unmöglich?✧ geringe Systemkontrolle: Monitoren, Druckertreiber (Kalibration)➙ nur bedingt mit FM-Raster kompatibel➙ prinzipielle Probleme bei Digitalkameras38klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color management157


Original (RGB, links) · absolut (CMYK, rechts)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizierenrelative (CMYK, links) · perceptual (CMYK, rechts)klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren39color management40color managementsolches Vorhaben mit der Idee der universellen Farbraumtransformationvereinbaren lässt.Ein weiterer heftig diskutierter Punkt ist der Widerspruch zwischenD 65 und D 50 . Die Lichtart D 65 ist in der Monitorhardwarebegründet, D 50 in den Reproduktionsbedingungen des Drucks bzw.in deren Messtechnik. Klar ist, dass die Präsenz <strong>von</strong> beiden <strong>im</strong> ICC-CMS ärgerlich ist. Die vorgesehene chromatische Adaption machtjedoch nur Sinn, wenn man das CMS als Prüfsystem versteht. Wennman dagegen die Farbreproduktion in den Vordergrund stellt, istdiese Anpassung der RGB-Daten eine überflüssige Zwischenstufe,denn schlussendlich geht es um eine Adaption an das Papierweiss.Also wäre es vernünftig, die CMS-internen Berechnungen auch mitD 65 durchführen zu können.Dass die Anzahl der Testfelder in den High-End-Charts <strong>im</strong> Laufeder Zeit permanent auf heute etwa 1600 erhöht wurden, illustriertein weiteres Problem, nämlich die Anzahl der Messwerte, mit denendas Geräteverhalten abgetastet wird. Im Durchschnitt liegendie Messwerte etwa 10–20 ∆E auseinander, d.h. die Abtastung istrecht grob. Die erreichbare Genauigkeit <strong>von</strong> ICC-CMS ist denn aucheine permanent diskutierte Frage. Einen aktuellen Diskussionsbeitragfindet man in Andreas Kraushaar [5]. Andererseits wächstmit der Anzahl der Messfelder natürlich der Aufwand für die Erzeugungdes Profils und die Effizienz der Anwendung sinkt. Es istsicher kein Zufall, dass die Default-Charts des Eye-One-Systemsnur etwa 200–300 Patches betragen. Die Qualitätsansprüche müssenbei dieser Wahl natürlich entsprechend reduziert werden.Durch den aktuellen Trend zur spektralen Bildreproduktion werdenfür das ICC-Color Management die Grenzen des Machbaren inFrage gestellt. In der Forschung sind 6 oder mehr Kamerakanälebereits üblich. Die Farbmessung verwendete schon <strong>im</strong>mer spektraleDaten, weil die Farbmetrik darauf aufbaut. Heute werden Farbdatentendenziell auch spektral verwaltet und weiterverarbeitet. ImDruck werden gleichfalls mehr und mehr Farbkanäle eingesetzt, sosind 7 <strong>Farbe</strong>n <strong>im</strong> Offsetdruck oder 15 Tinten bei Inkjets zwar nichtalltäglich aber auch nicht ungewöhnlich. Der Aufwand zur Verwal-158


tung der LUTs wächst <strong>im</strong> CMS aber stark nichtlinear mit der Anzahlder Farbkanäle. Es ist deshalb fraglich, ob das CMS bei einer Erweiterungauf 6, 7 oder mehr Farbkanäle noch praktikabel bleibt.Unser nächstes Thema ist die Interpolation, dem Standardtoolbei der Ausführung <strong>von</strong> ICC-Profilen. Zunächst existiert hier dasProblem, dass die Wahl der Interpolationsmethode nicht spezifiziertwurde. Dies kann dazu führen, dass Stützstellen, die in der Profilgenerierungerzeugt werden, nicht mit dem <strong>von</strong> der CMM verwendetenInterpolationsalgorithmus harmonieren und somit verschiedeneCMMs mit dem gleichen Profil durchaus zu verschiedenen Resultatenkommen können. Zudem findet man auch be<strong>im</strong> Thema Interpolationden Widerspruch Prüfung oder Produktion. Zur Definitionder Abbildung zwischen verschiedenen Farbräumen ist Interpolationgrundsätzlich gut geeignet. Ist man jedoch vor allem an GamutMapping interessiert, dann steht die Geometrie dreid<strong>im</strong>ensionalerPolyeder, mit Operationen wie ≪ x ∈ △(A,B,C)? ≫ <strong>im</strong> Vordergrundund die Interpolation als alleiniges GM-Konzept ist überlastet.Fortgeschrittene Konzepte versuchen für jedes Eingabebild, d.h.für eine individuelle Menge <strong>von</strong> zusammengehörenden Farbvalenzen,eine opt<strong>im</strong>ale Abbildungsfunktion in den Zielraum zu konstruieren.Aus Sicht des ICC-Ansatzes bedeutet dies, dass für jedes Bildein individuelles Profil erzeugt wird. Für ein solches Verfahren benötigtman eine geometrische Beschreibung des Zielgamuts, etwain Form einer Delaunay-Triangulation der Messfelder. Es ist jedochgegenwärtig nicht absehbar, ob sich das ICC-CMS einmal in dieseRichtung weiterentwickeln wird.Im Zusammenhang mit Monitorprofilen haben wir bereits daraufhingewiesen, dass die Graphikkarte nicht ins ICC-CMS einbezogenist. Damit ist konzeptionell die Kalibrationsfähigkeit eines Bildschirmsin Frage gestellt. Man kann die Kontrolle durch ein linearesvcgt-Tag wiederherstellen. Aber warum sollte man seinen PC künstlichseiner teuer bezahlten Möglichkeiten berauben? Im Gegenteil,das technische Potential der Graphikkarte sollte, wenn <strong>im</strong>mer möglich,genutzt werden. Auch wenn dies bedeutet, dass Monitore ausdem allgemeinen CMS-Ansatz herausfallen. Dies gilt umso mehr fürMonitore mit integrierten Korrekturfunktionen.Original (RGB, links) · absolut (CMYK, rechts)klaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren41color management159


elative (CMYK, links) · perceptual (CMYK, rechts)Auch der Einbezug <strong>von</strong> Digitalkameras ins CMS ist weder üblichnoch naheliegend. Wie bei der diesbezüglichen Profilgenerierungausgeführt wurde, ist auf Grund der komplex-rekursiven Strukturdes Umgebungslichtes bei einer Kameraaufnahme der Weisspunkteine individuelle Funktion eines jeden Pixels. Der Versuch, eine <strong>von</strong>der Pixelstruktur unabhängige Korrektur der Farbvalenzen zu finden,ist folglich fragwürdig. Die zunehmend populärer werdendenexpliziten RAW-Konvertierungen sind bezüglich Kameras als ernsthafteAlternativen zum CMS anzusehen. Völlig unabhängig <strong>von</strong> derInterpretation der Gerätedaten ist es in der Fine Art Fotografie üblich,Bilder individuell nachzubearbeiten, Farbkorrekturen eingeschlossen.8.7 BewertungDie Handhabung des ICC-CMS ist relativ einfach, sowohl in der Anwendungals auch in der Farbmessung und Profilgenerierung. AufGrund des Black-Box-Designs muss man nicht wirklich wissen, wasman tut, wenn man ein Color Management nach ICC-Standard betreibt.Die in einerK o n v e r t i e r u n g n a c h C M Y Kklaus s<strong>im</strong>onfarbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren42color management<strong>im</strong>plizit vorgenommene Farbseparierung entspricht durchaus denTraditionen der Druckvorstufe. Der Unterschied in der Datenaufbereitungzwischen RGB- und CMYK-Drucker reduziert sich auf dasAnklicken verschiedener Profile in Photoshop oder Acrobat.Ursprünglich auf die Druckvorstufe ausgerichtet, dringt CMSheute in alle Bereiche vor, die in Folge der Digitalisierung des <strong>Publizieren</strong>smehr und mehr die Aufgaben der Druckvorstufe übernehmen.Dies sind in erster Linie Werbeagenturen, Designer, Autorenund Fotografen. Mit dieser Ausweitung des Zielpublikums hat CMSden Charakter eines Hypes angenommen, in dem bisher untergegangenist, dass die neuen Zielgruppen sehr wohl auch neue undteilweise auch abweichende Zielsetzungen und Bedürfnisse in die160


Problematik einbringen. Zunächst haben wir den Zielkonflikt zwischeneinem RGB- und CMYK-orientierten Workflows. CMYK stehthier für ein klassisches Druckerzeugnis wie ein Buch. Die Produktionsbedingungensind mehr oder weniger bekannt, die Farbdatenwerden <strong>von</strong> Reprospezialisten der Druckvorstufe am Anfang derBearbeitungskette in den druckereieigenen CMYK-Standard überführt.Dagegen sind die Ausgabegeräte in einem medienneutralenRGB-Workflow grundsätzlich unbekannt. Ob der <strong>von</strong> einer Werbeagenturerstellte Prospekt auf CD gebrannt, <strong>im</strong> Internet abgerufen,auf einem Laserprinter oder <strong>im</strong> Offset gedruckt wird, bleibt offen.Ein auf ein spezielles Medium ausgerichtetes Datenformat ist unerwünschtund sollte vermieden werden.Der Zeitpunkt für Farbtransformationen in einem solchen Szenariumist offen und nicht <strong>im</strong>mer leicht verständlich, da er <strong>von</strong> verschiedenenBedingungen abhängig ist. In der Datenbanksprachehandelt es sich um eine Transaktion. Kennzeichen einer Transaktionist die automatische Überprüfung der zugehörigen Bedingungendurch das jeweilige Datenbanksystem bevor die Transaktionausgeführt wird. Ein CMS stellt demgemäss zwar eine Transaktion,sprich die Farbtransformation, zur Verfügung, überlässt die entsprechendeTransaktionskontrolle aber dem Anwender. Sobald dasSzenarium eine gewisse Komplexität übersteigt, sind Menschen mitder Transaktionskontrolle allerdings leicht überfordert, zumal typischeAnwendungsprogramme wie Photoshop zwar viele Aktionsmöglichkeitenaber wenig Zielorientierung bieten. Besonders verwirrendist in diesem Zusammenhang der Umgang mit embeddedProfiles bzw. deren automatische Bearbeitungskonventionen in Teilender Publishing-Software, speziell der Adobe-Welt.Das ursprüngliche Anwendungsverständnis des CMS, geprägt<strong>von</strong> der klassischen Druckvorstufe, führt in einem komplexen, medienneutralenund zunehmend datenbankorientierten Umfeld zu Problemen.Eine Ergänzung des CMS um eine Datenbankschnittstellewäre deshalb sicher hilfreich.Durch die Veränderung des Zielpublikums <strong>von</strong> Repro zu Designhat sich auch der schon mehrfach angesprochene Zielkonflikt zwi-Bewertung-1✧ CMS hat den Charakter eines Hypes➙ bietet Möglichkeiten aber keine Zielorientierung➙ ausufernde Konvertierungen (z.B. Photoshop)✧ Zielkonflikt: RGB E Funktionalität➙ Transaktion ohne Transaktionskontrolle✛ Fehlerverantwortung an User delegiert✧ Zielkonflikt: Proof E Produktion➙ korrekte <strong>Farbe</strong>n gegen schöne Bilder➙ Weckung falscher Erwartungen✧ Kultivierung <strong>von</strong> Schwächen anstatt Qualitätsverbesserung➙ Problemlösung bleibt dem Kunden überlassen43klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color management161


schen korrekter und guter Farbwiedergabe ergeben. Vielfach wirdder Eindruck vermittelt, dass eine korrekte Farbbildproduktionmöglich sei, was aus prinzipiellen Gründen eigentlich nur be<strong>im</strong>Proofen möglich und sinnvoll ist. Die Design-Kunden des CMS sindsogar mehr oder weniger ausschliesslich an einem guten GamutMapping interessiert. Das ICC-CMS sollte diese Verschiebung derInteressenschwerpunkte nicht länger ignorieren.Bewertung-2✧ Geräteadaption ist prinzipiell Herstellerpflicht➙ nicht nur kurieren der Symptome✧ Farbspezifikation: Lab-TIFF-Files besser als embedded Profiles✧ Handhabung: Black-Box-Design➙ Farbmessung und Profilerstellung operativ ausgereift➙ <strong>im</strong>plizite Farbseparierung entspricht Drucktradition➙ nicht relevant: RGB- oder CMYK-Drucker✧ Qualität schwer beurteilbar: Glätte, Abrisse, . . .➙ praktisch kann man vieles falsch machen✧ es geht auch ohne CMS (siehe TV)➙ ideale RGB-CMYK-Transformation oftmals ok44klaus s<strong>im</strong>on farbe <strong>im</strong> <strong>digitalen</strong> publizieren color managementDer vielleicht irritierenste Kritikpunkt am ICC-Ansatz ist vielleichtdie zu Grunde liegende Produktphilosophie. Die Ausgangslagebesteht darin, dass viele Farbgeräte Probleme mit der Verarbeitung<strong>von</strong> unabhängigen Farbspezifikationen haben. Damit wärensie grundsätzlich für eine medienneutrale Publishing-Welt ungeeignet.Die ICC-Produktphilosophie erklärt nun dem Kunden, dass einZusatzaufwand in Form einer Profilerstellung notwendig ist, damitdas erworbene Gerät auch korrekt funktioniert. Aus Kundensichtist aber schwer nachvollziehbar, dass die Beseitigung der Gerätemängelihm überlassen bleibt.Erschwerend kommt hinzu, dass ICC-CMS keine Lösung der Problemeofferiert, sondern lediglich einen Weg aufzeigt, wie man sichmit den Problemen arrangiert. Der Erfolg des ICC-CMS lässt indessenbefürchten, dass die Qualitätsverbesserung über dem Kurierender Symptome vergessen wird.Die Qualität <strong>von</strong> ICC-Profilen ist nicht einfach einzuschätzen.Viele professionelle Hinweise dazu findet man in dem schon erwähntenArtikel <strong>von</strong> Andreas Kraushaar [5] oder auf der Homepageder ECI, siehe:w w w. e c i . o rgSchliesslich sei darauf hingewiesen, dass der CMS-Ansatz keinesfallseine technische Notwendigkeit ist, wie beispielsweise die Farbwiedergabe<strong>im</strong> Fernsehen zeigt. Auch die in Abschnitt 3.5.3 vorgestellted2d-Transformation zeigt oftmals akzeptable Resultate.Nicht umsonst ist sie in PostScript und PDF die Default-Einstellung.162


8.8 Literaturverzeichnis[1] Norm ISO 12639. Datenaustausch in der Vorstufe TIFF/IT.Beuth-Verlag, Berlin, 2004.[2] Norm ISO 12642. Drucktechnik — Datenaustausch in derDruckvorstufe — Datensatz zur Charakterisierung des Vierfarbdrucks.Beuth-Verlag, Berlin, 2005.[3] Norm ISO 15076. Bildtechnik — ICC-Farbmanagement —Softwarearchitektur, Profilformat und Datenstruktur. Beuth-Verlag, Berlin, 2004.[4] A. Kraushaar. Technische Bedingungen für farbrichtige Digitalfotografie.Fogra-Forschungsbericht, 2004.[5] A. Kraushaar, F. Dolezalek, M. Pöller, and T. Hecht.Qualitätsbeurteilung bei Farbmanagement-Profilen. Fogra-Forschungsbericht, 2005.[6] E. Giorgianni and T. Madden. Digital Color Management.Addison-Wesley, 1998.[7] T. Grey. Farbmanagement für Fotografen. dpunkt, Heidelberg,2005.[8] M. Luo and R. Hunt. The structure of CIE 1997 color appearancemodel (CIECAM97). Color Res. Appl. 23, 138–146, 1998,23:138–146, 1998.[9] A. Sharma. Understanding Color Management. Thomson, NewYork, 2004.[10] G. Sharma. Digital Color Imaging. CRC Press, Boca Raton,2003.163

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