unterwe s g - St.Johannes Gilching
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Versuch über<br />
Mendelssohn<br />
Die Mendelssohn-<br />
Matinee<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy 1809-1847<br />
Was hat es auf sich mit einem Jubilar,<br />
dessen Bekanntheitsgrad und Akzeptanz<br />
in internationalen Konzertsälen<br />
und Kirchen unterschiedlicher nicht sein<br />
könnte, dessen Oeuvre eine stark politisch<br />
belastete Rezeptionsgeschichte<br />
aufweist? Ist der vor 200 Jahren geborene<br />
Komponist Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy „der schöne Zwischenfall in<br />
der Musik“ (Nietzsche) oder einer, dessen<br />
Musik niemals die Tragik eines Beethoven<br />
oder die Universalität eines Mozart<br />
erreichen kann (wie dies sinngemäß<br />
Richard Wagner behauptete)? War sein<br />
Leben vielleicht zu bürgerlich, glücklich,<br />
erfolgreich, um als Genie in die Musikgeschichte<br />
eingehen zu können? Welche<br />
(Vor-)Urteile verstellen auch heute noch<br />
den Blick auf ein umfangreiches, aber zu<br />
einem nicht unerheblichen Teil noch unbekanntes<br />
Schaffen?<br />
Solche und ähnliche Fragen bildeten<br />
den Hintergrund für ein musikalisch–<br />
schriftstellerisches Porträt des Komponisten,<br />
das im Konzert der Evangelischen<br />
Kantorei am 10. Mai in der <strong>St</strong>.-<strong>Johannes</strong>-<br />
Kirche entstand.<br />
8<br />
Viele Freunde klassischer Chormusik<br />
kennen Motetten wie „Denn er hat<br />
seinen Engeln befohlen“ oder „Warum<br />
toben die Heiden“, unbekannter<br />
sind da schon die früheren Werke, wie<br />
z.B. die sehr von Bachs <strong>St</strong>il beeinflusste<br />
Choralvertonung „Aus tiefer Not<br />
schrei ich zu dir“ (op.23) oder die in<br />
Rom entstandenen lateinischen Frauenchöre<br />
mit Orgel (op. 32). In gewohnter<br />
Klangqualität und mit viel<br />
Freude musizierte die Kantorei unter<br />
der Leitung von Mirjam Siegel diese<br />
und noch andere Werke, wie z.B.<br />
die Hymne „Hör mein Bitten“ (Sopran:<br />
Franziska <strong>St</strong>ürz, Orgel: Christian<br />
Schramm), in der die dramatische Gestaltung<br />
den Komponisten des „Elias“<br />
erkennen lässt.<br />
Pfr. Dr. Marcel Nieden beleuchtete<br />
in Lesungen aus Briefen von<br />
Mendelssohn selbst und von Zeitgenossen<br />
verschiedene Aspekte eines<br />
vielschichtigen, beglückten, hochbegabten,<br />
aber von Tragik nicht freien<br />
Künstlerlebens: Jude und/oder protestantischer<br />
Christ, Frau und Musik<br />
(seine Schwester war eine ebenfalls<br />
hochbegabte Pianistin und Komponistin),<br />
Ästhetik und Empfindung in der<br />
Musik, das (zu) frühe Ende.<br />
Die Mitwirkenden konnten so im<br />
Lauf einer gut besuchten Matinee<br />
Intellekt und Emotionen der Zuhörer<br />
erreichen, welche es ihnen mit andauerndem<br />
Applaus dankten.<br />
Mirjam Siegel