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Visionäre, Vorreiter und Vordenker: 1 Luis Seabre, Önologe bei<br />
Niepoort; 2 Jorge Roquette, Besitzer der Quinta do Crasto, 3 João<br />
Afonso, früher Tänzer jetzt Weinjournalist 4 die Familie Olazabal von<br />
der Quinta do Vale Meão 5 Pedro Burmester, Portugals begnadetster<br />
Pianist 6 Ursula Böcking, „A Padroa“ in Chanceleiros 7 João Miguel<br />
Carvalho, Künstler aus Porto mit internationaler Zukunft 8 Dirk<br />
Niepoort, Mastermind der jungen portugiesischen Weinszene 9 Käseherstellung<br />
bei „Monte Pedro da Legua“ und 10 Pedro Abrunhosa,<br />
Portugals berühmtester Popstar. / Visionaries, pioneers and progressive<br />
thinkers: 1 Luis Seabre, Niepoort’s oenologist; 2 Jorge Roquette, the Quinta do<br />
Crasto’s owner; 3 João Afonso, former dancer and now a wine journalist; 4 the<br />
Olazabal family from the Quinta do Vale Meão; 5 Pedro Burmester, Portugal’s<br />
most gifted pianist; 6 Ursula Böcking, “A Padroa” in Chanceleiros; 7 João<br />
Miguel Carvalho, Porto artist with an international future; 8 Dirk Niepoort,<br />
mastermind of a new approach to wine; 9 cheese production at Monte Pedro<br />
da Legua; and 10 Pedro Abrunhosa, Portugal most famous pop star.<br />
„Portugal ist eine spröde Schönheit. Sie will langsam entdeckt<br />
und dann erobert werden.“ Die Augen der Österreicherin<br />
Dorli Muhr bekommen bei dieser Aussage jenen<br />
sehnsuchtsvoll verklärten Glanz, den jeder Portugiese auf<br />
Knopfdruck aus seinem Mimik-Repertoire abrufen kann.<br />
Während Dorli Muhr jedoch in den letzten Jahren daran<br />
ging, das Land für sich zu erobern, versinken die Portugiesen<br />
melancholisch in der Vergangenheit, als die mutigen<br />
Entdecker von Portugal aus in die Welt zogen, als man noch<br />
Größe und Bedeutung hatte. Verblichen sind Glanz und<br />
Glorie von einst und es scheint, als wäre stellenweise im<br />
Land am Rande Europas die Zeit vor ein paar hundert Jahren<br />
stehen geblieben. Nicht im Süden natürlich, wo Touristen<br />
rund um Faro jeder Komfort geboten wird und sich die<br />
Algarve unvergessen in Erinnerungen einschmeichelt.<br />
Wer jedoch östlich und nördlich von Lissabon im Hinterland<br />
auf Entdeckungsreise geht, wird bedächtig hineingezogen<br />
in eine Welt mit Pferdekutschen oder Schafhirten,<br />
die weder lesen noch schreiben können, dafür aber jedes<br />
ihrer hundert Schafe beim Namen kennen. Mit Zügen, die<br />
sich mit 40 km/h gemächlich durch eine komplett unberührte<br />
Landschaft schlängeln und in kleinen Orten anhalten,<br />
die man ungeschaut als Film-Kulisse für das vorvorige<br />
Jahrhundert nehmen kann. In eine Welt, in der Tradition<br />
viel zählt und man allem Neuen mit Misstrauen, oder sagen<br />
wir: mit Vorsicht, begegnet. Denn trotz des vordergründig<br />
beschaulichen Eindruckes versucht man auch im hintersten<br />
Winkel des Alentejo und des Douro mit der EU und deren<br />
Geldern den Anschluss an die moderne Zeit zu finden. Mit<br />
unterschiedlichem Erfolg allerdings.<br />
Mancherorts wird recht brutal in Richtung Zukunft<br />
getrimmt, wird jeglicher landschaftliche oder traditionelle<br />
Charme zubetoniert. In Castelo Branco zum Beispiel, wo<br />
man in Blickweite der spanischen Grenze den Ort mit<br />
Plattenbausiedlungen erstickt und mit unzähligen parallel<br />
laufenden Straßen den Besucher verwirrt und die Gegend<br />
ruiniert. „Think global, act local“, ist denn auch das Lieblingsmotto<br />
von João Afonso, der den Bauwahnsinn heftig<br />
kritisiert. Der ehemalige Tänzer und jetzige Weinjournalist<br />
PORTUGAL<br />
ist vor ein paar Jahren mit seiner Familie aus Lissabon hierher<br />
gezogen und setzt sich sehr für regionale Spezialitäten ein.<br />
Er kennt den besten Schafkäse der Gegend – „Monte Pedra<br />
da Legua“, wie vor 180 Jahren werden täglich nur 80 Stück<br />
produziert –, das beste Olivenöl – „Rodoliv“, von einer<br />
Kooperative aus Ròdao und ausschließlich aus Galega-Oliven<br />
gepresst –, die besten Weine – „sehr viele, besonders aus<br />
dem Alentejo und dem Douro!“ – und die idyllischten Plätze<br />
– die wilde Natur des Rio Tejo-Nationalparks, wo es u. a.<br />
noch die seltenen schwarzen Störche gibt.<br />
Etwas südlicher, in Évora und in Estremoz, hat man sich<br />
behutsamer der neuen Zeit genähert. In ersterer wurde der<br />
alte Stadtkern mit den gepflasterten Straßen und den baulichen<br />
Zeugen sämtlicher Epochen – der Römerzeit, der<br />
maurischen Affäre, des kurzen Streiflichtes manuelinischen<br />
Überschwangs sowie der Anklänge an Renaissance und<br />
Barock – wie ein Kunstwerk renoviert und deshalb von der<br />
UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Estremoz wiederum<br />
teilt sich in eine Unter- und Oberstadt. Die modernere<br />
Unterstadt ist ein unspektakulärer Marktflecken, der von<br />
einer monumentalen Burganlage überwacht wird. Der<br />
einstige Lieblingssitz portugiesischer Könige diente als<br />
Bollwerk gegen die Spanier und ist samt den angesiedelten<br />
Häusern nahezu unversehrt vorhanden. Selbst Straßenszenen<br />
mit wirklichen Menschen wirken wie direkt aus<br />
dem Mittelalter ins 21. Jahrhundert gebeamt.<br />
Ebenfalls etwas unrealistisch mit einem Hauch ins Surreale<br />
thront das Schlosshotel Bussaco in einer vor Jahrhunderten<br />
mit exotischen Pflanzen angelegten Garten- und<br />
Waldlandschaft nördlich der Universitätsstadt Coimbra. Wie<br />
im Märchen wandelt man durch das einst königliche Jagdschloss<br />
mit seinen antiken Möbeln, den Wandgemälden und<br />
den Kachelbildern. Bis einem des nächtens eine metallene<br />
Ritterrüstung mit beleuchteten Augen als würdiger Ururahne<br />
von C-3PO den Weg weist und die Atmosphäre mit<br />
Weltraum-Romantik bereichert.<br />
Eindeutig im Hier und Jetzt verankert und mit einer kräftigen<br />
Portion Visionen ausgestattet ist die künstlerische und<br />
intellektuelle Elite, die von Porto aus für frische Impulse<br />
sorgt. Die stolze Hafenstadt im Norden war durch den<br />
Handel mit den Briten immer schon weltoffen und ein<br />
fruchtbarer Boden für Vordenker. Seit Porto 2001 als Kulturhauptstadt<br />
reüssierte, befindet sich das kulturelle Leben<br />
stark im Aufwind. Im Sog der damaligen Aktivitäten wurde<br />
auch der Grundstein für den modernsten Prestigebau des<br />
Landes, die Casa da Música, gelegt, die heuer im April eröffnet<br />
wurde. Der Initiator, Pianist Pedro Burmester, erinnert<br />
sich mit leichtem Schauer an die gemeinsamen Kämpfe mit<br />
Star-Architekt Rem Koolhaas gegen Bürokratie und sonstige<br />
Hindernisse. Auch die Akzeptanz in der Bevölkerung�<br />
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