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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Weitere Aussichten: Kriege weltweit<br />

1977 kamen Folker Fröbel, Jürgen Heinrichs und Otto Kreye in ihrer Untersuchung der<br />

neuen internationalen Arbeitsteilung zu dem Schluß: »Unter diesen Umständen kann<br />

man sich kaum der Schlußfolgerung entziehen, daß nicht organisierte politische Aktion<br />

auf der Tagesordnung einer Welt steht, die vom Prozeß weltweiter Verwertung und Akkumulation<br />

des Kapitals bestimmt ist, sondern Hungerrevolten, soziales Aufbegehren<br />

und Krieg in vielen Teilen der Welt.«<br />

Was damals überzogen schien, hat sich seitdem nur zu sehr als zutreffend erwiesen.<br />

Die Bedeutung militärischer Gewalt in den innerstaatlichen wie zwischenstaatlichen Beziehungen<br />

wächst. Daran wird sich absehbar in den nächsten Jahren nichts ändern. Besonders<br />

in der Dritten Welt werden Kriege noch alltäglicher werden, als sie es heute bereits<br />

sind. Die 148 Kriege seit 1945, die Istvan Kende gezählt hat, haben in ihrer überwiegenden<br />

Mehrzahl in der Dritten Welt stattgefunden. Und bei mehr als 90 Prozent der<br />

Kriege mit Fremdbeteiligung waren entwickelte kapitalistische Länder beteiligt.<br />

1977 war <strong>das</strong> Jahr, in dem die USA begannen, ihre Aufrüstungspolitik nach dem<br />

Vietnam krieg auch innerhalb der NATO durchzusetzen. Eine jährliche reale Steigerung<br />

der Rüstungsausgaben um drei Prozent wurde beschlossen - allerdings später nie voll<br />

erreicht. Ein Jahr danach verabschiedete die NATO ihr Langfristiges Verteidigungsplanungsprogramm<br />

mit einer Perspektive über 1990 hinaus; bis dahin ein einmaliger Vorgang<br />

<strong>für</strong> die NATO. Hintergrund all dieser Schritte war nicht zuerst die Erwartung einer<br />

militärischen Auseinandersetzung in Europa, auch wenn dieses Kriegsszenario zur<br />

Rechtfertigung der Aufrüstung diente. Vielmehr lag ihnen die Erwartung von Hungerrevolten,<br />

sozialem Aufbegehren und Kriegen in vielen Teilen der Welt, besonders im Süden<br />

zugrunde. Der damalige NATO-Oberbefehlshaber und spätere amerikanische Außenminister<br />

Haig 1978 vor dem US-Kongreß: Es gehe darum, <strong>das</strong> europäische Haus militärisch<br />

in Ordnung zu bringen, um militärische Gewalt anderswo wirksam zur Geltung<br />

bringen zu können.<br />

Die Aufrüstung der USA und der NATO seit Mitte der siebziger Jahre, <strong>das</strong> läßt sich<br />

offiziellen Dokumenten entnehmen, ist auf den Nord-Süd-Konflikt ausgerichtet. Die<br />

Betonung des Ost-West-Konflikts, die Entdeckung einer »neuen sowjetischen Bedrohung«<br />

(so der Titel eines einschlägigen US-Kongreßberichts) entspringt einer ideologischen<br />

Verschiebung. Sie sucht die Ursachen <strong>für</strong> den Nord-Süd-Konflikt in den teuflischen<br />

Machenschaften der UdSSR als nationalstaatlicher Verkörperung des Kommunismus<br />

= des Bösen in der Welt; sie wird gestützt durch politisch-militärische und wirtschaftliche<br />

Interessen, deren Durchsetzung an einen neuen Kalten Krieg gebunden sind.<br />

Diesem vorherrschenden welt politischen Handlungsmuster fügt sich die Sowjetunion in<br />

ihrem Verhalten fast spiegelbildlich ein, ohne aus ihm ausbrechen zu können (und zu<br />

wollen) - jedenfalls solange die traditionellen politisch-militärischen und wirtschaftlichen<br />

Wege beschritten werden.<br />

Kern des Konflikts und treibendes Moment der Aufrüstung der USA und der NATO<br />

ist die Frage, welche Rolle der Nationalstaat USA (und ihm in antagonistischer Kooperation<br />

beigeordnet die einzelnen westeuropäischen Nationalstaaten) in den achtziger<br />

Jahren und später auf dem Weltmarkt unter den Bedingungen der sich gegenWärtig<br />

durchsetzenden neuen internationalen Arbeitsteilung spielen wird und kann. Die Militär-<br />

und Rüstungspolitik der USA innerhalb der NATO ist dabei <strong>das</strong> einzige verbliebene<br />

Instrument, mit dem die USA ihre hegemonialen Ansprüche gegenüber Westeuropa sichern<br />

können. Die angesichts der nationalstaatlichen Interessen der USA durchaus widersprüchliche<br />

Stationierung neuer amerikanischer Atomwaffen in Westeuropa hat eine<br />

ihrer Ursachen in dem amerikanischen Interesse, die Entwicklung einer eigenständigen<br />

westeuropäischen Atomstreitmacht weiter zu blockieren - und damit eine gegenüber<br />

DAS ARGU!'.1ENT 142/1983<br />

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