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Hoher Besuch in Dahlhausen - IFAK e.V.

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ÜbernTellerRand<br />

Die „Gastarbeiter“ haben ihren Beitrag geleistet<br />

Zum 50. Jubiläum des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei<br />

Das erste Auto <strong>in</strong> Deutschland Foto: privat<br />

Im Herbst 1961 schlossen die<br />

Bundesrepublik Deutschland<br />

und die Türkische Republik<br />

e<strong>in</strong> Abkommen zur Anwerbung<br />

von Arbeitskräften ab. In<br />

der Türkei gab es Armut und <strong>in</strong><br />

Deutschland brauchte man Arbeitskräfte.<br />

So wurden Türken<br />

nach Deutschland berufen.<br />

Aber es war nicht so leicht,<br />

nach Deutschland zu kommen.<br />

Um sich zu bewerben sollte<br />

man nicht älter als 33 Jahre<br />

se<strong>in</strong>, nicht mehr als 3 K<strong>in</strong>der<br />

haben und vor allem kerngesund<br />

se<strong>in</strong>. Wie Ali Karamizrak<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Biografie erzählte:<br />

„Deutsche Ärzte haben uns drei<br />

Tage lang von Kopf bis Fuß untersucht.<br />

Bluttests, Ur<strong>in</strong>proben<br />

und Röntgenaufnahmen wurden<br />

gemacht. Sogar e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es<br />

Loch im Zahn war Grund<br />

genug, nicht nach Deutschland<br />

ausreisen zu dürfen.“<br />

Nachdem man die Erlaubnis<br />

endlich bekommen hatte, wurde<br />

man erst nach Hause gefahren,<br />

um sich von der ganzen Familie,<br />

der Verwandtschaft, den<br />

Freunden und Bekannten zu<br />

verabschieden. Dann wurden<br />

die nötigen Sachen, die Andenken<br />

von Nahestehenden, Frau/<br />

Mann oder K<strong>in</strong>dern und der<br />

Familie sowie auch deren Hoffnungen<br />

und deren Träume <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Koffer gepackt. Mit dem<br />

Koffer <strong>in</strong> der Hand, die eigenen<br />

Träume und Ängste im Herzen,<br />

wurde nach Deutschland, <strong>in</strong>s<br />

Unbekannte, gefahren. Viele<br />

hatten bis dah<strong>in</strong> noch niemals<br />

e<strong>in</strong>e Großstadt <strong>in</strong> der Türkei<br />

gesehen. Sie mussten ab jetzt<br />

<strong>in</strong> der Fremde leben, arbeiten,<br />

sparen, um all diese Träume<br />

wahr werden zu lassen.<br />

Sie wurden als „Gastarbeiter“<br />

bezeichnet, weil sie für deutsche<br />

Firmen arbeiten und Geld<br />

verdienen, dann wieder <strong>in</strong> die<br />

Türkei zurückkehren sollten.<br />

So dachten auch sie selbst.<br />

Es war aber alles nicht so leicht.<br />

Der Lohn war nicht so hoch,<br />

damit sie problemlos sparen,<br />

Geld zur Familie schicken und<br />

eigene Bedürfnisse und Träume<br />

verwirklichen konnten. Sie haben<br />

trotzdem gespart. Gespart<br />

<strong>in</strong> all den vielen Jahren und auf<br />

welche Kosten …<br />

Sie haben hart gearbeitet und<br />

auf Sparflamme gelebt. Sie haben<br />

versucht, sich zu modernisieren.<br />

Sie haben z.B. <strong>in</strong> der<br />

Türkei nach deutscher Architektur<br />

Häuser gebaut, mit e<strong>in</strong>em<br />

hohen Dach und Dachgeschoss.<br />

Die türkischen Frauen<br />

aus Deutschland waren <strong>in</strong> ihren<br />

Dörfer die ersten Frauen, die<br />

Kostüm und Hose angezogen<br />

haben, wenn manche die Hose<br />

auch unter dem Rock getragen<br />

haben.<br />

In Deutschland haben sie sogar<br />

eigene Geschäfte gegründet<br />

(derzeit ca. 40.000 Geschäfte).<br />

Laut der Studie „Erfolgsrezepte<br />

türkischstämmiger Unternehmer<br />

- Modell für Deutschland?“<br />

der Wirtschaftsprüfungs- und<br />

Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse<br />

Coopers (2009): Obwohl<br />

drei von vier Befragten <strong>in</strong><br />

der Türkei geboren wurden und<br />

bei 95 Prozent m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong><br />

Elternteil türkisch ist, s<strong>in</strong>d die<br />

B<strong>in</strong>dungen an die neue Heimat<br />

weitaus enger als an die Türkei.<br />

Für 73 Prozent ist Deutschland<br />

Lebensmittelpunkt und 72 Prozent<br />

bezeichnen sich als „deut-<br />

Gabelstaplerführersche<strong>in</strong><br />

sche Unternehmer türkischer<br />

Herkunft“<br />

Heute möchten die ehemaligen<br />

„Gastarbeiter“ <strong>in</strong> Deutschland<br />

nicht als Ausländer und <strong>in</strong> der<br />

Türkei nicht als „Deutschländer“<br />

diskrim<strong>in</strong>iert werden. Sie<br />

haben ihren Beitrag für die Weiterentwicklung<br />

der deutschen<br />

und der türkischen Wirtschaft<br />

geleistet und haben damit wenigstens<br />

diese Anerkennung<br />

verdient.<br />

Hafize Cakar<br />

Türkische Frauen bei Dr. C. Otto Foto: privat

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