Hoher Besuch in Dahlhausen - IFAK e.V.
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2 Kontrovers<br />
L I E B E L E S E R I N N E N U N D L E S E R ,<br />
E<strong>in</strong>ig s<strong>in</strong>d sich alle Parteien<br />
und Wissenschaftler: unsere<br />
Gesellschaft wird immer älter<br />
und bunter. Verantwortlich<br />
hierfür s<strong>in</strong>d die stetig s<strong>in</strong>kende<br />
Geburtenrate und die steigende<br />
Zahl der über 60-jährigen, der<br />
geburtenstarken Jahrgänge.<br />
Migrantenfamilien sorgten <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren entscheidend<br />
mit für unseren Bevölkerungszuwachs:<br />
so haben aktuell<br />
<strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen 40<br />
Prozent der K<strong>in</strong>der unter zehn<br />
Jahren e<strong>in</strong>en Migrationsh<strong>in</strong>tergrund.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs ist auch bei<br />
dieser Bevölkerungsgruppe die<br />
Großfamilie e<strong>in</strong> Auslaufmodell.<br />
Doch dieser bundesweite Trend<br />
stellt sich nicht überraschend<br />
e<strong>in</strong>, sondern gilt als unangefochtene<br />
Entwicklung, die seit<br />
m<strong>in</strong>destens 25 Jahren von Wissenschaftlern<br />
prognostiziert<br />
wurde.<br />
Trotzdem fehlt es noch immer<br />
an politisch gewollten und ge-<br />
Vor wenigen Wochen schauten<br />
wir angstvoll auf die zerstörten<br />
Atomreaktoren <strong>in</strong> Fukushima.<br />
Die Kernschmelze<br />
hat stattgefunden. Verzweifelte<br />
Menschen haben Heimat,<br />
Habe und Lebensgrundlage<br />
verloren. E<strong>in</strong>e ganze Region<br />
ist verseucht und unbewohnbar.<br />
Der Reaktorunfall machte<br />
klar, daß auch im dichtbesiedelten<br />
Mitteleuropa die<br />
gleiche Gefahr droht.<br />
Die schwarz-gelbe Regierung,<br />
die noch vor wenigen Monaten<br />
der Atom<strong>in</strong>dustrie weitere<br />
Milliardengew<strong>in</strong>ne aus ihren<br />
Atommeilern ermöglichte,<br />
macht e<strong>in</strong>e atemberaubende<br />
Rolle rückwärts: Plötzlich sollen<br />
alle Meiler bis 2022 vom<br />
Netz gehen. Und das ist gut so!<br />
Bestürzend ist allerd<strong>in</strong>gs, daß<br />
erst e<strong>in</strong>e Katastrophe e<strong>in</strong>treten<br />
mußte, damit auch ignorante<br />
Politiker lang bekannte Gefah-<br />
sellschaftlich etablierten Lösungsvorschlägen,<br />
die den Herausforderungen<br />
e<strong>in</strong>er alternden<br />
Gesellschaft mit ihren sozialen<br />
Generationen pofitieren vone<strong>in</strong>ander Foto: Wolfgang Grubert<br />
ren erkennen.<br />
Von welchen Interessen wird<br />
das neue Ausstiegsgesetz aber<br />
getragen? Wie verb<strong>in</strong>dlich ist<br />
es? Immerh<strong>in</strong> hatten wir bereits<br />
e<strong>in</strong>en Atomkonsens mit<br />
e<strong>in</strong>em gesetzlich festgelegten<br />
Ausstiegszeitpunkt. Dieser rotgrüne<br />
Ausstieg hatte zudem den<br />
Vorteil der Zustimmung der vier<br />
Reaktorbetreiber. Damit waren<br />
Schadensersatzforderungen der<br />
Atom<strong>in</strong>dustrie vom Tisch! Das<br />
könnte jetzt anders aussehen:<br />
Herr Großmann (RWE) hat bereits<br />
Klage angekündigt. Steht<br />
Frau Merkel auch dann noch<br />
zum Atomausstieg?<br />
Auffällig ist auch die Weigerung<br />
der Bundesregierung, den<br />
Atomausstieg im Grundgesetz<br />
zu verankern. Aufgrund der<br />
dann notwendigen 2/3-Mehrheit<br />
wäre der Ausstieg unumkehrbar.<br />
Der jetzige Atomausstieg<br />
ist also ke<strong>in</strong>eswegs alle<strong>in</strong><br />
von der Erkenntnis durchdrun-<br />
Problemlagen gerecht werden.<br />
Manch e<strong>in</strong>er spricht vom „Krieg<br />
der Generationen“ und vergisst<br />
dabei, dass Schwarzmalerei und<br />
Fukushima und (k)e<strong>in</strong> Ende <strong>in</strong> Deutschland?<br />
gen, daß von dieser Technologie<br />
unabsehbare Gefahren<br />
ausgehen. Den Ausschlag dürfte<br />
vielmehr der freie Fall von<br />
CDU und FDP bei Umfragen<br />
gegeben haben. Und damit für<br />
jeden Abgeordneten die Gefahr<br />
des Verlusts von Mandat, E<strong>in</strong>fluß<br />
und Diäten !<br />
Das Ausstiegsjahr 2022 macht<br />
diese strategischen Überlegungen<br />
deutlich. Dann f<strong>in</strong>den Bundestagswahlen<br />
statt. Da macht<br />
sich der H<strong>in</strong>weis auf die „konsequente“<br />
Anti-Atom-Politik<br />
gut. Der tatsächliche Gang der<br />
Ereignisse ist dann vielleicht<br />
weitgehend vergessen.<br />
Bleiben wir also wachsam. Die<br />
Anti-AKW-Bewegung wird<br />
noch gebraucht: Um den Investitionsdruck<br />
zugunsten unweltfreundlicherTechnologien<br />
aufrechtzuerhalten, bis alle<br />
AKW abgeschaltet s<strong>in</strong>d und<br />
der Atommüll möglichst sicher<br />
endgelagert ist!<br />
Pauschalisierungen schlechte<br />
Ratgeber s<strong>in</strong>d. Vor allem aber<br />
entspricht es nicht der Realität.<br />
Bilder vom „Alter“ und von „der<br />
Jugend“ müssen korrigiert werden,<br />
denn pauschal beschreiben<br />
lassen sich die Generationen<br />
schon lange nicht mehr.<br />
Bedarfe und Wünsche älterer<br />
Menschen s<strong>in</strong>d so vielschichtig<br />
wie auch die Vielfalt von Lebensstilen<br />
der Jüngeren. Und<br />
vor allem zeigt sich immer häufiger:<br />
Alt und Jung stehen sich<br />
<strong>in</strong> vielen Lebensbereichen und<br />
Interessen näher als vermutet.<br />
Daher liegt es nahe, auch geme<strong>in</strong>sam<br />
aktiv zu se<strong>in</strong>.<br />
Zahlreiche gute Konzepte, Projekte<br />
und privates Engagement<br />
machen es deutlich: die Bürgergesellschaft<br />
hat sich schon<br />
auf den Weg gemacht und ganz<br />
praktische Antworten auf den<br />
gesellschaftlichen Wandel hervorgebracht.<br />
Lesen Sie mehr<br />
dazu <strong>in</strong> dieser Ausgabe.<br />
Ihre Friederike Müller<br />
Wir können noch mehr tun:<br />
Die Stadt Bochum ist Anteilseigner<br />
von RWE. Dieser E<strong>in</strong>fluß<br />
ist zu nutzen: Die Kommunalpolitik<br />
kann den Stadtwerken<br />
den Ausstieg aus Atombeteiligungen<br />
vorgeben. Städtische<br />
Gebäude sollten standardmäßig<br />
mit umweltfreundlicher Energie<br />
versorgt werden.<br />
Und nicht zuletzt:<br />
Wir entscheiden, ob wir mit<br />
dem Auto zum Bäcker fahren,<br />
ob jedes Jahr e<strong>in</strong> neues Handy<br />
nötig ist, dessen Produktion<br />
auch Energie verbraucht. Muß<br />
der Computer 24 Stunden onl<strong>in</strong>e<br />
se<strong>in</strong>, wenn wir ihn nur zwei<br />
Stunden brauchen? Ist es nicht<br />
geiler als Geiz, e<strong>in</strong> paar Euro<br />
mehr für regenerative Energie<br />
anzulegen, als „billigen“ Atomstrom<br />
von Yello zu kaufen?<br />
Wir können entscheiden!<br />
Thomas L<strong>in</strong>gnau- Kon<strong>in</strong>cks