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PDF-Datei - St. Otger

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12Schwerpunkt-Themazum christlichen Glauben gefunden hatte,war von der Menschlichkeit ihrer neuenNachbarn zutiefst beeindruckt. Sie hat damalserfahren, dass gelebte Nächstenliebe kein Privilegder Christenheit ist. Menschlichkeit gedeihtauch anderswo.Das ist eine wichtige Erkenntnis, die den Christennicht verloren gehen sollte. Denn sie bewahrtdie Gläubigen vor dem Hochmut, in dereigenen Religion und in dem eigenen caritativenEngagement etwas Besonderes und Außerordentlicheszu sehen. Und sie erinnert dieChristen daran, dass es auch bei den Anhängernanderer Weltanschauungen gute Menschenund in den Lehren aller Weltreligionenden Aufruf zu einem barmherzigen Verhaltengibt. Eine moralische Überlegenheit des Christentumsexistiert in dieser Hinsicht nicht.Das Neue Testament weiß im Übrigen um dietiefe Verwurzelung auch der eigenen Ethik imJudentum. Jesus bestätigt und bekräftigt das,als man ihn nach dem wichtigsten Gebot befragt.Das Doppelgebot der Gottes- und derNächstenliebe findet sich bereits im Alten Testament:„Du sollst den Herrn, deinen Gott, liebenaus deinem ganzen Herzen und in deinerganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand.Dies ist das erste und größte Gebot.Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinenNächsten lieben wie dich selbst. An diesenbeiden Geboten hängen das ganze Gesetzund die Propheten.“ (vgl. Mk 12, 28-31 parr,vgl. Lev 19, 18)In dem berühmten Gleichnis vom barmherzigenSamariter (Lk 10, 29-37) ist es denn auchausgerechnet dieser Fremde, der einem verfeindetenVolk Zugehörige, der dem unter dieRäuber Gefallenen Rettung bringt, währendein Priester und ein Levit achtlos an dem Verletztenvorbeigehen. Der Nächste und derjenige,der sich als Nächster erweist, so lehrtuns dieses Gleichnis Jesu, muss nicht unbedingtder Angehörige des eigenen Volkes oderder eigenen Religionsgemeinschaft sein.Gottesliebe und Glaube stärken der Nächstenliebeden RückenAus christlicher Perspektive lassen sich Gottesliebeund Nächstenliebe weder gegen -einander ausspielen noch voneinandertrennen. Echte Gottesliebe verträgt sichdaher nicht mit einem menschenverachtendenFanatismus: „Wer sagt, er sei im Licht,aber seinen Bruder, seine Schwester hasst, istnoch in der Finsternis.“ (1 Joh 2, 9) Man kannnicht Gott lieben und zugleich Menschen hassenund gewalttätig behandeln. Ebensowenig lassen sich echte Gottesliebe undGleichgültigkeit gegenüber den Notleidendenmiteinander vereinbaren, wie das Gleichnisvom barmherzigen Samariter unterstreicht.Untrennbar ist dieser Zusammenhang vonGottesliebe und Nächstenliebe, weil Gott inJesus Christus Mensch geworden ist und sichdamit für immer auf die Seite des Menschengestellt hat. In der großen Gerichtsrede desMatthäusevangeliums unterstreicht Jesus,dass er sich selbst vor allem mit den Bedürftigen,mit den Geringsten unter den Menschenidentifiziert (vgl. Matth. 25, 31-46). Für einenChristen ist daher die gelebte Nächstenliebenichts anderes als eine Form des Gottesdienstes.Wer den Geringsten unter seinenSchwestern und Brüdern Liebe erweist undihre Not lindert, der dient damit Christusselbst. Aus der Weltgerichtsrede Jesu wirddeutlich, dass es vor Gott am Ende auf dasTun, auf das tatsächliche Verhalten gegenüberden Mitmenschen ankommen wird.

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