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Es ist ein 17 Kilometer langes Paradies aus Sand: Die schönste Insel Norddeutschlands, der sonnenreichste Ort Deutschlands, die schönste Sandbank der Welt. Das sind die positiven Seiten von Juist. Doch es gibt auch eine dunkle, eine mörderische Seite der Ostfriesischen Insel – Tatort Töwerland: da werden Pistolen gezückt, Giftcocktails gemixt und Knüppel hervorgezogen. Die Mörder sind namentlich bekannt. Sie stehen auf der Fahndungsliste und werden dennoch regelmäßig auf die Insel geladen, um Auftragsmorde zu begehen: Jan Zweyer, Gisa Klönne, Jürgen Ehlers, Barbara Saladin, Reinhard Junge. Und Sandra Lüpkes natürlich, Juists Krimiexport, die die längste Zeit ihres Lebens auf Juist gewohnt hat. Sie alle kennen Juist. Entweder als Bewohner, als Urlauber, als Gäste des Schriftstellerstipendiums „Tatort Töwerland“ oder als Teilnehmer des gleichnamigen Krimifestivals, das jährlich im September auf der Insel stattfindet. Sie alle haben der ansonsten friedlichen Insel ein wenig kriminelles Flair eingehaucht. Juist – die Krimi-Insel. 28 Die Autorin Regine Kölpin während ihres Insel-Aufenthaltes auf Juist. TaTorT TöwErland Autorin Regine Kölpin zum Mord und Totschlag nach Juist. Fotos: Bloem (2), Stromann (1), Reuter (1)
„Hier kann ich mich zwei Wochen lang ungestört mit Mord und Totschlag beschäftigen“, gesteht Regine Kölpin, ohne dabei rot zu werden, die Mitglied bei den „Mörderischen Schwestern“ ist. „Wann hat man mal die Gelegenheit?“ Bis tief in die Nacht sitzt sie vor ihrem Laptop und blickt in die menschlichen Abgründe. Zwei Wochen, in denen sie in aller Stille das perfekte Verbrechen planen kann. Erst kürzlich hat sie im einsamen Inselosten von Wangerooge im dichten Seenebel den achtjährigen Achim verschwinden lassen und Jahre später ein kindliches Skelett in die Dünen gelegt. „Otternbiss“ heißt der Fall, in dem Kommissar Rothko ermittelt. „Februar 1979 – Das Letzte, was sie in ihrem Leben sieht, ist Schnee. Sie sieht den Tanz der Flocken, der von lautem Tösen und Dröhnen des Windes begleitet wird ... Mit dem Rauschen des Windes würde sie in die Hölle fahren oder sonst wohin . . .“. Der Roman „Muschelgrab“, der in Kürze im Leeraner Leda-Verlag erscheinen wird, ist der zweite Fall für Kommissar Rothko, der zunächst auf eine Mauer des Schweigens und anschließend auf einen toten Mann stößt. Die Geschichte spielt erneut auf Wangerooge, entstand aber auf Juist. „Es ist ganz schön schwer, von Mord und Totschlag zu leben“, sagt die freischaffende Autorin, die ihren Beruf Krankenschwester für das Schreiben vor sechs Jahren an den Nagel gehängt hat. Nach dreijähriger Durst- Kultur Thomas Koch in seiner Buchhandlung auf Juist, die im vergangenen Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feierte. Zusammen mit der Autorin Sandra Lüpkes und Thomas Vodde von der Kurverwaltung organisiert er auch das Krimifestival. strecke hat sie dann in ihrem neuen beruflichen Umfeld Fuß gefasst und sich mittlerweile einen Namen auf der ostfriesischen Halbinsel gemacht – und darüber hinaus. Sogar der namhafte Friedrich-Bödecker-Kreis wurde auf sie aufmerksam und nahm sie in seinen Reihen auf. Die fünffache Mutter, die in Neustadtgödens lebt und arbeitet, schreibt Kurzgeschichten und Romane. Und: Unter ihrem Mädchennamen Regine Fiedler ist sie als Kinderbuch-Autorin bekannt. Zusammen mit der Wilhelmshavenerin Christiane Franke und Manfred C. Schmidt bildet sie das kriminelle Literaturensemble „Trio Mortabella“. Außerdem arbeitet sie als Dozentin für kreatives Schreiben an verschiedenen Schulen, leitet aber auch Schreibworkshops auf Anfrage. Sie ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS), in der Europäischen Autorenvereinigung „Die Kogge“, im „Syndikat“ und eben bei den „Mörderischen Schwestern“, ein Netzwerk von 300 krimischreibenden Frauen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Portugal. Für die betreut sie als Chefredakteurin die Internetseite und ist zweite Vizepräsidentin. „Sie ist eine der wirklich großen Begabungen . . . Wir brauchen Autoren, die mit Leidenschaft und Herzblut ihre Sache machen“, sagt der bekannte Norder Krimischreiber Klaus-Peter Wolf über seine Kollegin. Regine Kölpin, 1964 in Oberhausen geboren und im Landkreis Friesland aufgewachsen, liebt die Nordseeküste, weil sie das raue Klima, die Weite des Meeres und der Landschaft als Inspiration braucht. Das ist der Grund, warum sie sich um das Krimistipendium „Tatort Töwerland“ (plattdeutsch für „Zauberland“) beworben hat: Denn während sie auf dem Papier alle erdenklichen Verbrechen begehen, können sie im Herbst oder Winter jeweils für 14 Tage auf der Nordseeinsel Juist leben – ein perfektes Alibi! „Hier kann ich mich auf das Schreiben konzentrieren, habe den Kopf frei“, sagt Regine Kölpin und genießt die Auszeit. Freunde und Bekannte hat sie extra gebeten: „Bitte bleibt alle weg!“ Einzige Ausnahme: ihr Ehemann, der sie am Wochenende besuchen kam. Als Stipendiatin steht Regine Kölpin damit in einer langen Reihe namhafter Kollegen wie etwa Jürgen Kehrer. Der „Vater“ des Münsteraner TV-Detektivs Wilsberg hat mehr als 20 Romane geschrieben, die sich über 400 000 Mal verkauften. Er ist der Ehemann der Juister Autorin Sandra Lüpkes, die mit dem Insel-Buchhändler Thomas JuistSaiSon | 29
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