Waffeln essen - in der Sonne sitzen - Kochkurse -Schlemmen
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Wo die Nordsee beg<strong>in</strong>nt, heißt<br />
es umsteigen. Vom Alltag <strong>in</strong><br />
den Urlaub. Wer sich dabei<br />
den W<strong>in</strong>d um die Nase wehen lassen<br />
möchte, sollte e<strong>in</strong>e Fährfahrt machen.<br />
Wer die ganze Dimension des Weltnaturerbes<br />
Wattenmeer erleben möchte,<br />
sollte das Flugzeug nehmen. Das<br />
Fährschiff braucht 90 M<strong>in</strong>uten, das<br />
Flugzeug etwa 420 Sekunden. Und<br />
dann ist da Juist. Jenes Eiland, auf<br />
dem Zeit so ganz an<strong>der</strong>s verstreicht<br />
als auf dem Festland. Jene Insel, <strong>der</strong><br />
die E<strong>in</strong>heimischen e<strong>in</strong>en gewissen<br />
Zauber attestieren und sie deshalb<br />
„Töwerland“ nennen und „schönste“<br />
o<strong>der</strong> „längste Sandbank <strong>der</strong> Welt“.<br />
Vore<strong>in</strong>genommen s<strong>in</strong>d sie nicht,<br />
die Juister. Im Gegenteil. Dass sie<br />
dort leben, wo an<strong>der</strong>e am liebsten<br />
Urlaub machen, hat sich im vergangenen<br />
Jahr gleich mehrfach bestätigt.<br />
Als sich <strong>der</strong> Norddeutsche Rundfunk<br />
anschickte, sich nach <strong>der</strong> schönsten<br />
norddeutschen Insel umzuhören, bekam<br />
Juist die Favoritenrolle. Als e<strong>in</strong>e<br />
deutsche Brauerei die „e<strong>in</strong>zig wahre<br />
Urlauber<strong>in</strong>sel“ suchte, kam ebenfalls<br />
Juist zum Zug. Und schließlich entschied<br />
sich auch noch <strong>der</strong> allenthal-<br />
ben beliebteste Himmelskörper, Juist<br />
nach besten Kräften zu verwöhnen<br />
und bedachte die Insel mit den meisten<br />
<strong>Sonne</strong>nstunden <strong>der</strong> Republik.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus gibt es noch viele<br />
Gründe, Juist zu mögen. Dazu<br />
gehören beispielsweise Argumente<br />
wie: „Die Tideabhängigkeit kommt<br />
<strong>der</strong> Beschaulichkeit entgegen“, „Die<br />
Brandung ist überall zu hören, weil<br />
das Eiland so schön schmal ist“, „Der<br />
Meeressaum ist so lang, dass es selbst<br />
den Möwen nicht langweilig wird“<br />
o<strong>der</strong> „Die Pferde haben ihre eigene<br />
Geschw<strong>in</strong>digkeit und die kennt ke<strong>in</strong>e<br />
Eile.“ Dass <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> Insel<br />
auf den plattdeutschen Begriff „güst“<br />
zurückgeführt wird, was so viel heißt<br />
wie „wüst“ und „unfruchtbar“, ist<br />
nurmehr e<strong>in</strong> historischer Befund,<br />
von dem die Insulaner deshalb gerne<br />
erzählen, weil er Geschichte ist. E<strong>in</strong>er,<br />
<strong>der</strong> Juist <strong>in</strong> jenen Tagen aus <strong>der</strong><br />
Ruhe iSt Glück,<br />
Wenn Sie e<strong>in</strong> auSRuhen iSt.<br />
(ludWiG BöRne)<br />
Ansichten<br />
Tristesse befreien wollte, war Pastor<br />
Gerhard Otto Christoph Janus (1741–<br />
1805). Er hatte gleich <strong>in</strong> zweifacher<br />
H<strong>in</strong>sicht Mut bewiesen: zum e<strong>in</strong>en<br />
dachte er für se<strong>in</strong>e Zeit fortschrittlich<br />
und geradezu kühn über die Insel und<br />
das angrenzende Wattenmeer h<strong>in</strong>aus,<br />
zum an<strong>der</strong>en glaubte er, Gäste zur<br />
„wahren Wohlfahrt“ auf das Eiland<br />
holen zu können. Dass e<strong>in</strong>e Reise zu<br />
den Nordsee<strong>in</strong>seln se<strong>in</strong>erzeit e<strong>in</strong>er<br />
Expedition glich, spricht ebenfalls für<br />
den Pioniergeist jenes Seelsorgers,<br />
<strong>der</strong> se<strong>in</strong> Ans<strong>in</strong>nen an ke<strong>in</strong>en Ger<strong>in</strong>geren<br />
als an Friedrich den Großen adressiert<br />
hatte.<br />
Wer sich heutzutage aufmacht, um<br />
auf Juist e<strong>in</strong>e Auszeit zu nehmen,<br />
muss nicht mehr fürchten, dass er<br />
se<strong>in</strong>e Schaluppe <strong>in</strong> Norddeich verpasst<br />
o<strong>der</strong> dass er beim Umsteigen<br />
vom Dampfer statt <strong>in</strong> die von Pferden<br />
gezogene Hotelkutsche <strong>in</strong> die<br />
zumeist recht frischen Fluten gerät.<br />
Der forschende Charakter e<strong>in</strong>er Juist-<br />
Reise ist allerd<strong>in</strong>gs damals wie heute<br />
gegeben. Darum, nur zu! Auf Juist<br />
ersche<strong>in</strong>t vieles an<strong>der</strong>s, denn das Eiland<br />
ist vor allem e<strong>in</strong>e Insel. Und e<strong>in</strong>e<br />
Welt für sich.<br />
Oben: Pferde gehören zu Juist wie Möwen <strong>in</strong> den Hafen; im H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Leuchtturm Memmertfeuer. L<strong>in</strong>ks: Diese<br />
be<strong>in</strong>ahe mystische Impression zeigt die Westspitze Juists; deutlich zu erkennen ist <strong>der</strong> Hammersee im Inneren <strong>der</strong> Insel.<br />
Ostfriesland Magaz<strong>in</strong> JuistSaiSon | 9