Der Jugend auf den Zahn gefühlt - Rieder Kommunikation
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verschlingen bei Tisch die Süssspeisen,<br />
legen die Beine übereinander und<br />
tyrannisieren ihre Lehrer.» Da kann es<br />
doch nur um die heutige <strong>Jugend</strong> gehen.<br />
Fehlanzeige! Diese Aussage soll<br />
Sokrates bereits etwa 400 vor Christus<br />
gemacht haben. Mehr als 2400 Jahre<br />
später ist es in Liestal und Region Zeit<br />
für <strong>den</strong> Ausgang.<br />
Es ist Freitagabend. Eine Gruppe<br />
<strong>Jugend</strong>licher hat es sich <strong>auf</strong> dem Pausenhof<br />
des KV in Liestal gemütlich gemacht.<br />
Man spricht über das Sex-Tape<br />
von Hugh Hefners Ex-Freundin, Bonitätsdatenbanken<br />
und ein gemeinsames<br />
Abendessen. Vor ihnen kokelt die<br />
Kartonverpackung eines Zehnerpacks<br />
Bier vor sich hin, fast wie ein winziges<br />
Lagerfeuer. Kaum ist das Feuerchen<br />
aus, kommen <strong>den</strong> <strong>Jugend</strong>lichen ein paar<br />
Taschenlampen entgegen: die Polizei.<br />
Jemand habe angerufen und einen Brand<br />
gemeldet. Die <strong>Jugend</strong>lichen fin<strong>den</strong> das<br />
Ganze übertrieben, versuchen zu diskutieren.<br />
Es hilft nichts: Die Ausweise wer<strong>den</strong><br />
verlangt, es wird gefunkt, einer der vier<br />
Uniformierten sucht ein Weilchen nach<br />
Cannabis. «In Basel gab es doch Saubannerzüge»,<br />
sagt einer der <strong>Jugend</strong>lichen<br />
zu seinen Freun<strong>den</strong>. «Wisst ihr, wie viele<br />
sie gefasst haben? Keinen. Und wisst<br />
ihr wieso? Die Polizei konnte nicht<br />
Den <strong>Jugend</strong>lichen ist egal, was in unserer<br />
Welt passiert. Politik oder Umweltschutz,<br />
das kann ihnen gestohlen bleiben.<br />
Florian: Leider ist das eine Tatsache. Das ist schade,<br />
weil man sich gut darüber unterhalten und diskutieren<br />
könnte. Man könnte die News ganz einfach im Internet<br />
fin<strong>den</strong>.<br />
Karola: Ich <strong>den</strong>ke wenns, darum geht, was in der Welt<br />
passiert, interessiert sie das schon, aber bei der Politik<br />
eher nicht so. Aber wenn sie dann selber abstimmen<br />
können, weckt das Interesse zumindest ein wenig.<br />
Ein «Lagerfeuer» <strong>auf</strong><br />
dem Pausenplatz rief<br />
die Polizei <strong>auf</strong> <strong>den</strong><br />
Plan.<br />
Cem, Sileya (v. links)<br />
und Freunde beim<br />
Basketballspielen in<br />
Lausen.<br />
kommen, weil ein paar <strong>Jugend</strong>liche eine<br />
Kartonverpackung angezündet haben.»<br />
Die Gruppe lacht, die Stimmung ist<br />
trotzdem im Keller. Kaum sind die<br />
Polizisten weg, packen die acht Freunde<br />
ihre sieben Sachen und ziehen weiter.<br />
«Ältere Menschen verlangen<br />
von uns, was sie uns nicht<br />
bieten»<br />
Mit der Polizei haben auch die Zwillinge<br />
Nicola und Tobias Horny, 15, aus Lausen,<br />
ihre Erfahrungen gemacht. Die bei<strong>den</strong><br />
zieht es am Samstagnachmittag ins Freie.<br />
Die <strong>Jugend</strong>lichen können <strong>den</strong> Hals nicht<br />
vollkriegen. Sie brauchen immer das neuste<br />
Handy, <strong>den</strong> neusten Computer, <strong>den</strong> neusten<br />
Musikplayer. Dafür arbeiten wür<strong>den</strong> sie<br />
aber nicht, die Eltern sollen<br />
es ihnen k<strong>auf</strong>en.<br />
Florian: Es ist für viele wichtig, dass sie immer das<br />
haben, was Mode ist. Nicht nur in Sachen Multimedia,<br />
auch bei Schuhen, Kleidern und Schmuck. Und wenn<br />
sie arbeiten, bleibt ja keine Zeit mehr für Spass (lacht).<br />
Karola: Das stimmt nicht, es ist ihnen manchmal<br />
wich tiger, dass es einfach funktioniert. Und ja, ich<br />
<strong>den</strong>ke, die «heutige <strong>Jugend</strong>» verlangt viel von ihren<br />
Eltern.<br />
JUGEND<br />
Auf dem Postplatz unterhalten sie sich<br />
mit ihren Freun<strong>den</strong> Goia Känzig, 15, und<br />
Alexander Mäder, 13. «Die übertreiben<br />
es», ist Nicolas Meinung zu <strong>den</strong> vermehrten<br />
Polizeikontrollen. Denn eine<br />
Hilfe seien die Polizisten nicht, sie seien<br />
bloss da, um <strong>den</strong> <strong>Jugend</strong>lichen <strong>den</strong> Spass<br />
zu verderben. Wenn wirklich etwas los<br />
sei, dann wür<strong>den</strong> sie nicht eingreifen.<br />
«Die machen erst etwas, wenn man<br />
verletzt wird, wenn überhaupt», sagt<br />
Tobias. Dass <strong>Jugend</strong> liche immer nur<br />
schlecht dargestellt wer<strong>den</strong>, findet die<br />
Vierergruppe nicht okay. «Es gibt schon<br />
<strong>Jugend</strong>liche verbringen viel zu viel Zeit vor<br />
dem Fernseher. Da ist die Verblödung doch<br />
vorprogrammiert.<br />
Florian: TV und Internet bieten viel Attraktives, zum<br />
Beispiel soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter und so.<br />
Und es gibt Spielkonsolen wie etwa die Xbox. Das führt<br />
halt auch zu mehr Zeit vor dem Fernseher oder dem PC.<br />
Leider gibt es dort aber auch viel Mist.<br />
Karola: Das stimmt, aber das heisst noch lange nicht,<br />
dass sie dadurch verblö<strong>den</strong>.<br />
LiMa Juli–August 2010 – 11 –