Valeo mittendrin Juni 2007
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Valeo mittendrin Juni 2007
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EVK Lippstadt eröffnet<br />
eine „Schreiambulanz“<br />
Lippstadt • Die geburtshilfliche und neonatologische Abtei-<br />
lung des EVK Lippstadt ist seit Oktober 2006 QM-zertifiziert.<br />
Als weitere Ergänzung des perineonatologischen / paediatrischen<br />
Bereichs ist zur Qualitätsverbesserung der Aufbau einer<br />
„Schreiambulanz“ geplant.<br />
Das Ziel dieser Ambulanz, die unter dem Namen „Babysprechzeit“ er-<br />
öffnet wird, ist, Eltern mit schwierigen Babys, die nach Entlassung aus<br />
der Entbindungsklinik in den ersten Lebensmonaten sehr viel schreien,<br />
schlecht schlafen oder schlecht trinken/essen zu helfen und die<br />
Versorgungslage durch die Etablierung eines diagnostischen und<br />
therapeutischen Angebots für Familien, die von Verhaltensstörungen<br />
des Säuglings und Kleinkindesalters betroffen sind, zu verbessern<br />
und so zur Prävention früher Gefährdungen und Störungen der<br />
Eltern-Kind-Beziehung und der sozial-emotionalen Entwicklung des<br />
Kindes beizutragen.<br />
Mit einem umfassenden diagnostischen Interview über prae-, periund<br />
postnatale Belastungen durch organische, wie auch psychosoziale<br />
Risikofaktoren beginnt unser diagnostisches Setting, welches<br />
durch einen Paediater durchgeführt wird. Mit Hilfe dieses klinischen<br />
Interviews werden auch Informationen über das aktuelle psychische<br />
Befinden der Eltern, die Familienbeziehungen und die soziale Unterstützung<br />
systematisch erfragt.<br />
Medizinische Untersuchungen dienen zur entwicklungsneurologischen<br />
und paediatrischen Diagnostik und ergänzen Befunde aus<br />
dem Anamnesegespräch über die Entwicklungsgeschichte des Kindes.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt der Diagnostik ist die videogestützte<br />
Verhaltensbeobachtung zur Beurteilung der Selbstregulationsfä-<br />
VALEO -Nachrichten<br />
higkeit des Kindes und der Funktionalität der Eltern-Kind-Interaktion<br />
in bis zu neun jeweils störungsrelevanten Alltagskontexten (schlafen<br />
legen, wickeln, füttern, beruhigen, Zwiegespräche, gemeinsames<br />
Spiel, Grenzen setzen, Abgrenzung und Trennung). Die Videoaufzeichnungen<br />
erlauben eine detaillierte Analyse des Repertoires der<br />
elterlichen intuitiven Kompetenzen, ihrer Ausprägung und Ihres Grades<br />
der Abstimmung auf die kindlichen Signale der Interaktionsbereitschaft<br />
(Papoušek, 1996) sowie eine Beurteilung der selbstregulatorischen<br />
Fähigkeiten des Kindes. Diese videogestützten Verhaltensbeobachtungen<br />
werden ergänzt durch Tagebuchaufzeichnungen<br />
der Eltern in der häuslichen Umgebung. Besonders das Ausmaß von<br />
Schrei- und Unruheepisoden spiegelt die selbstregulatorischen Fähigkeiten<br />
des Säuglings wieder. Zur Erfassung der Dauer und zirkadianen<br />
Verteilung von Schrei- und Unruheepisoden, sowie von Schlaf-,<br />
Wach- und Fütterzeiten des Säuglings und Kleinkindes wird ein standardisiertes<br />
vorstrukturiertes 24-Std.-Protokoll eingesetzt, dass die<br />
Eltern über fünf aufeinanderfolgende Tage führen. Die Befunderhebung<br />
wird ergänzt durch eine Batterie von standardisierten Fragebögen,<br />
u.a. zur elterlichen Wahrnehmung des Temperaments des Kindes,<br />
zur Schwangerschaftsdepression und zu den Einstellungen der<br />
Mutter bzw. des Vaters zu ihrem Kind.<br />
Das therapeutische Konzept beruht auf einer psychischen und physischen<br />
Entlastung der Eltern, einer Entwicklungsberatung, einer Kommunikationstherapie<br />
und ggf. eine psychotherapeutische Intervention.<br />
Dr. Hildegunde Kaiser, Fachärztin f. Kinderheilkunde<br />
Kinderklinik am Ev. Krankenhaus Lippstadt<br />
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