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70. § 3 VOB/A - Arten der Vergabe - Oeffentliche Auftraege

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Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010<strong>70.</strong> <strong>§</strong> 3 <strong>VOB</strong>/A - <strong>Arten</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong><strong>Arten</strong> <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong>1. (1) Bei Öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahrennach öffentlicher Auffor<strong>der</strong>ung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmern zurEinreichung von Angeboten vergeben.(2) Bei Beschränkter Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenenVerfahren nach Auffor<strong>der</strong>ung einer beschränkten Zahl von Unternehmern zur Einreichungvon Angeboten vergeben, gegebenenfalls nach öffentlicher Auffor<strong>der</strong>ung,Teilnahmeanträge zu stellen (Beschränkte Ausschreibung nach ÖffentlichemTeilnahmewettbewerb).(3) Bei Freihändiger <strong>Vergabe</strong> werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahrenvergeben.2. Öffentliche Ausschreibung muss stattfinden, wenn nicht die Eigenart <strong>der</strong> Leistung o<strong>der</strong>beson<strong>der</strong>e Umstände eine Abweichung rechtfertigen.3. (1) Beschränkte Ausschreibung ist zulässig,a) wenn die Öffentliche Ausschreibung für den Auftraggeber o<strong>der</strong> die Bewerber einenAufwand verursachen würde, <strong>der</strong> zu dem erreichbaren Vorteil o<strong>der</strong> dem Wert <strong>der</strong>Leistung im Missverhältnis stehen würde,b) wenn eine Öffentliche Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis gehabt hat,c) wenn die Öffentliche Ausschreibung aus an<strong>der</strong>en Gründen (z.B. Dringlichkeit,Geheimhaltung) unzweckmäßig ist.(2) Beschränkte Ausschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb ist zulässig,a) wenn die Leistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis vonUnternehmern in geeigneter Weise ausgeführt werden kann, beson<strong>der</strong>s wennaußergewöhnliche Zuverlässigkeit o<strong>der</strong> Leistungsfähigkeit (z.B. Erfahrung, technischeEinrichtungen o<strong>der</strong> fachkundige Arbeitskräfte) erfor<strong>der</strong>lich ist,b) wenn die Bearbeitung des Angebots wegen <strong>der</strong> Eigenart <strong>der</strong> Leistung einenaußergewöhnlich hohen Aufwand erfor<strong>der</strong>t.4. Freihändige <strong>Vergabe</strong> ist zulässig, wenn die Öffentliche Ausschreibung o<strong>der</strong> BeschränkteAusschreibung unzweckmäßig ist, beson<strong>der</strong>sa) weil für die Leistung aus beson<strong>der</strong>en Gründen (z.B. Patentschutz, beson<strong>der</strong>e Erfahrungo<strong>der</strong> Geräte) nur ein bestimmter Unternehmer in Betracht kommt,b) weil die Leistung nach Art und Umfang vor <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong> nicht eindeutig un<strong>der</strong>schöpfend festgelegt werden kann,c) weil sich eine kleine Leistung von einer vergebenen größeren Leistung nicht ohneNachteil trennen lässt,d) weil die Leistung beson<strong>der</strong>s dringlich ist,e) weil nach Aufhebung einer Öffentlichen Ausschreibung o<strong>der</strong> BeschränktenAusschreibung eine erneute Ausschreibung kein annehmbares Ergebnis verspricht,f) weil die auszuführende Leistung Geheimhaltungsvorschriften unterworfen ist.


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010<strong>70.</strong>1 Vergleichbare Regelungen3602Der Vorschrift des <strong>§</strong> 3 <strong>VOB</strong>/A vergleichbar sind im Bereich des GWB <strong>§</strong> 101, im Bereich<strong>der</strong> <strong>VOB</strong> <strong>§</strong><strong>§</strong> 3a, 3 b <strong>VOB</strong>/A und im Bereich <strong>der</strong> VOL <strong>§</strong><strong>§</strong> 3, 3 a, 3 b VOL/A. DieKommentierungen zu diesen Vorschriften können daher ergänzend zu <strong>der</strong> Kommentierungdes <strong>§</strong> 3 herangezogen werden.<strong>70.</strong>2 Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A 20063603In <strong>§</strong> 3 <strong>VOB</strong>/A 2006 erfolgten keine Än<strong>der</strong>ungen.<strong>70.</strong>3 Bieterschützende Vorschrift360436053606Die Vorschriften über die Auswahl <strong>der</strong> richtigen Verfahrensart nach <strong>§</strong> 101 GWB, <strong>§</strong><strong>§</strong> 3, 3a, 3 b <strong>VOB</strong>/A und VOL/A sind bieterschützend und begründen damit subjektive Rechte imSinn von <strong>§</strong> 97 Abs. 7 GWB. Die Hierarchie <strong>der</strong> Verfahrensarten soll ein möglichst hohes Maßan Objektivität und einen möglichst breiten Wettbewerb gewährleisten (VK Brandenburg, B.v. 23.11.2004 - Az.: VK 58/04).Ein Antragsteller hat also nach <strong>§</strong> 97 Abs. 7 GWB einen Anspruch darauf, dass die<strong>Vergabe</strong>stelle die Leistungen im Wege eines transparenten <strong>Vergabe</strong>verfahrens im Sinne des <strong>§</strong>97 Abs. 1 beschafft. Dabei muss nach <strong>§</strong> 3 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A eine Öffentliche Ausschreibungstattfinden, soweit nicht die Natur des Geschäfts o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Umstände eineAusnahme rechtfertigen (VK Magdeburg, B. v. 6.6.2002 - Az.: 33-32571/07 VK 05/02MD).Der in <strong>§</strong> 101 Abs. 5 Satz 1 GWB in Verbindung mit <strong>§</strong> 3 <strong>VOB</strong>/A geregelte Vorrang desoffenen Verfahrens bzw. <strong>der</strong> öffentlichen Ausschreibung ist also eine bieterschützendeBestimmung (1. VK Bund, B. v. 20.07.2004 - Az.: VK 1 - 75/04 – für den Bereich <strong>der</strong>VOL/A).<strong>70.</strong>4 Vorschriftenkongruenz und Übertragung <strong>der</strong>Rechtsprechung3607<strong>§</strong> 3 deckt sich von seinem Inhalt her in wesentlichen Punkten mit <strong>§</strong> 101 GWB und <strong>§</strong> 3a<strong>VOB</strong>/A. Insoweit kann die Kommentierung zu diesen Vorschriften auch für <strong>§</strong> 3 <strong>VOB</strong>/Aherangezogen werden.<strong>70.</strong>5 Öffentliche Ausschreibung (<strong>§</strong> 3 Nr. 1 Abs. 1)3608Bei öffentlicher Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nachöffentlicher Auffor<strong>der</strong>ung einer unbeschränkten Zahl von Unternehmen zur Einreichung von


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010Angeboten vergeben. Die Vorschrift deckt sich im Wesentlichen mit <strong>der</strong> Regelung des <strong>§</strong>101 Abs. 2 GWB.<strong>70.</strong>6 Beschränkte Ausschreibung (<strong>§</strong> 3 Nr. 1 Abs. 2)3609Bei Beschränkter Ausschreibung werden Bauleistungen im vorgeschriebenen Verfahren nachAuffor<strong>der</strong>ung einer beschränkten Zahl von Unternehmern zur Einreichung von Angebotenvergeben, ggf. nach öffentlicher Auffor<strong>der</strong>ung, Teilnahmeanträge zu stellen (BeschränkteAusschreibung nach Öffentlichem Teilnahmewettbewerb).<strong>70.</strong>6.1 Wesentlicher Unterschied zum Nichtoffenen Verfahren des <strong>§</strong>101 Abs. 3 GWB3610Die Vorschrift über die Beschränkte Ausschreibung unterscheidet sich von <strong>der</strong>Regelung des <strong>§</strong> 101 Abs. 3 GWB über das Nichtoffene Verfahren dadurch, dass <strong>der</strong>Öffentliche Teilnahmewettbewerb bei <strong>der</strong> Beschränkten Ausschreibung fakultativ, beimNichtoffenen Verfahren jedoch zwingen<strong>der</strong> Bestandteil des <strong>Vergabe</strong>verfahrens ist.<strong>70.</strong>6.2 Öffentlicher Teilnahmewettbewerb3611Vgl. insoweit die Kommentierung zu <strong>§</strong> 101 GWB RZ 1360.<strong>70.</strong>6.3 Richtlinie des VHB 20083612Ein Öffentlicher Teilnahmewettbewerb vor einer Beschränkten Ausschreibung kann eine ansich gebotene Öffentliche Ausschreibung nicht ersetzen (Richtlinien zu 111 –<strong>Vergabe</strong>vermerk: Wahl <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong>art - Ziffer 1.1.2).<strong>70.</strong>7 Freihändige <strong>Vergabe</strong> (<strong>§</strong> 3 Nr. 1 Abs. 3)3613Bei Freihändiger <strong>Vergabe</strong> werden Bauleistungen ohne ein förmliches Verfahren vergeben. <strong>§</strong> 3Nr. 1 Abs. 3 deckt sich von seinem Inhalt her im Wesentlichen mit <strong>der</strong> Regelung des <strong>§</strong> 101Abs. 4 GWB über das Verhandlungsverfahren.<strong>70.</strong>8 Vorrang <strong>der</strong> Öffentlichen Ausschreibung (<strong>§</strong> 3 Nr. 2)3614Auch für <strong>Vergabe</strong>n, die nicht europaweit nach Abschnitt 2, son<strong>der</strong>n nur national nach denBasisparagraphen des 1. Abschnitts <strong>der</strong> <strong>VOB</strong>/A erfolgen, gilt gemäß <strong>§</strong> 3 Nr. 2 <strong>VOB</strong>/A <strong>der</strong>Vorrang <strong>der</strong> öffentlichen Ausschreibung, um so einen möglichst freien Wettbewerb zugewährleisten. Der Vorrang <strong>der</strong> öffentlichen Ausschreibung ergibt sich für öffentlicheAuftraggeber außerdem aus haushaltsrechtlichen Restriktionen. Die <strong>§</strong> 30Haushaltsgrundsätzegesetz, <strong>§</strong> 55 Abs. 1 <strong>der</strong> Bundes- und Landeshaushaltsordnungen sowiedie Regelungen <strong>der</strong> Gemeindehaushaltsverordnungen bestimmen, dass dem Abschluss von


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010<strong>der</strong> Ausschreibung genannten Wirtschaftlichkeitskriterien, nicht annehmbar waren. Hierfürist <strong>der</strong> Auftraggeber grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig. Der bloße Hinweis, dassdie finanziellen Mittel nicht ausreichen, vermag diese Darlegungs- und Beweispflicht nicht zubegründen (VK Südbayern, B. v. 21.8.2003 - Az.: 32-07/03).3618Der <strong>Vergabe</strong>stelle ist aber <strong>der</strong> Zugang zu <strong>der</strong> "nachrangigen" BeschränktenAusschreibung nur dann ohne weiteres eröffnet, wenn ihr nicht das Scheitern desvorangegangenen - und an sich vorrangigen - Verfahrens zuzurechnen ist, weil die von ihrzu verantwortenden Ausschreibungsbedingungen die Erfüllung des ausgeschriebenenAuftrags bis an die Grenze <strong>der</strong> Unmöglichkeit erschwerten und deshalb keine o<strong>der</strong> keinewirtschaftlichen Angebote eingegangen sind (OLG Dresden, B. v. 16.10.2001 - Az.: WVerg0007/01).<strong>70.</strong>10 Zulässigkeit einer Beschränkten Ausschreibung nachTeilnahmewettbewerb (<strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 2)<strong>70.</strong>10.1 Außergewöhnliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit o<strong>der</strong>Zuverlässigkeit (<strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 2 Buchstabe a))<strong>70.</strong>10.1.1 Grundsatz3619Gemäß <strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 2 a <strong>VOB</strong>/A ist eine Beschränkte Ausschreibung zulässig, wenn dieLeistung nach ihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen ingeeigneter Weise ausgeführt werden kann, beson<strong>der</strong>s, wenn außergewöhnliche Fachkunde,Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit erfor<strong>der</strong>lich ist. <strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 2 a <strong>VOB</strong>/A betrifftnur ganz spezielle Leistungen, die objektiv aus <strong>der</strong> Sicht eines neutralen Dritten nur voneinem o<strong>der</strong> zumindest sehr wenigen spezialisierten Unternehmen erbracht werdenkönnen. Anknüpfungspunkt für diese Son<strong>der</strong>beschaffung muss dabei eine Eigenart <strong>der</strong> zubeschaffenden Leistung sein, die eine sachgerechte Ausführung nur von einem auf dieseEigenart spezialisierten, beson<strong>der</strong>s geeigneten Unternehmen möglich erscheinen lässt. Dierein subjektive Einschätzung des Auftraggebers spielt insoweit keine entscheidendeRolle. Aufgrund seines Ausnahmecharakters ist <strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 2 a <strong>VOB</strong>/A eng auszulegen(OLG Naumburg, B. v. 10.11.2003 - Az.: 1 Verg 14/03).<strong>70.</strong>10.1.2 Komplexe PPP-Ausschreibungen3620Vom offenen Verfahren kann unter an<strong>der</strong>em abgewichen werden, wenn die Leistung nachihrer Eigenart nur von einem beschränkten Kreis von Unternehmen in geeigneter Weiseausgeführt werden kann, beson<strong>der</strong>s, wenn außergewöhnliche Fachkunde o<strong>der</strong>Leistungsfähigkeit o<strong>der</strong> Zuverlässigkeit erfor<strong>der</strong>lich ist. Dies ist bei einem komplexenKooperationsvertrag im Rahmen einer Public Private Partnership (PPP) zumindestregelmäßig <strong>der</strong> Fall. Dabei dürfte für solche Kooperationsmodelle nicht nur ein nichtoffenesVerfahren, son<strong>der</strong>n häufig sogar das Verhandlungsverfahren nach vorheriger<strong>Vergabe</strong>bekanntmachung gerechtfertigt sein. Dies gilt erst recht, wenn es sich z.B. um einen


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010anspruchsvollen und sensiblen Dienstleistungsbereich wie den Betrieb einesKrankenhauses handelt (VK Lüneburg, B. v. 05.11.2004 - Az.: 203-VgK-48/2004).3621Mit einer ähnlichen Begründung bejaht das OLG München die Zulässigkeit eines VOF-Verfahrens (OLG München, B. v. 28.04.2006 - Az.: Verg 6/06).<strong>70.</strong>10.1.3 Richtlinie des VHB 200836223622/1Ob eine Beschränkte Ausschreibung gerechtfertigt sit, kann nur nach den Verhältnissen desEinzelfalls beurteilt werden. Bei Aufträgen bis 50.000 € kann insbeson<strong>der</strong>e aus Gründen <strong>der</strong>Verhältnismäßigkeit eine Beschränkte Ausschreibung in Frage kommen (<strong>§</strong> 3 Nr. 3 Abs. 1<strong>VOB</strong>/A). In AAbhängigkeit des Gewerkes, des Umfanges <strong>der</strong> Leistungsbeschreibung, <strong>der</strong>gefor<strong>der</strong>ten Bieterangaben (Produkte) und <strong>der</strong> Konjunktur ist die <strong>Vergabe</strong>stelle verpflichtet,im Einzelfall zu prüfen, ob bei Unterschreitung des v.g. Orientierungswertes eine ÖffentlicheAusschreibung geboten ist.Dringlichkeit kann eine Beschränkte Ausschreibung nur begründen, wenn die Ursache <strong>der</strong>Dringlichkeit nicht dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers zuzurechnen ist(Richtlinien zu 111 – <strong>Vergabe</strong>vermerk: Wahl <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong>art - Ziffer 1.1.2).<strong>70.</strong>11 Zulässigkeit einer Freihändigen <strong>Vergabe</strong> (<strong>§</strong> 3 Nr. 4)<strong>70.</strong>11.1 Richtlinie des VHB 20083623Auch bei einer zulässigen Freihändigen <strong>Vergabe</strong> sind grundsätzlich mehrere Unternehmen zurAngebotsabgabe aufzufor<strong>der</strong>n (Richtlinien zu 111 – <strong>Vergabe</strong>vermerk: Wahl <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong>art -Ziffer 1.1.3).<strong>70.</strong>11.2 Durchführung nur von einem bestimmten Unternehmen (<strong>§</strong> 3Nr. 4 Buchstabe a))36243625Diese Ausnahmevorschrift umfasst abschließend die Fälle, in denen bereits vor <strong>der</strong>Auftragsvergabe die Person des Auftragnehmers feststeht, so dass ein Wettbewerb um denAuftrag von vornherein ausscheidet. Die Ausnahmevorschrift ist eng auszulegen. DieBeweis dafür, dass die erfor<strong>der</strong>lichen außergewöhnlichen Umstände vorliegen, ist vondemjenigen zu erbringen, <strong>der</strong> sich auf sie beruft, das heißt in <strong>der</strong> Regel vom Auftraggeber.Der Auftraggeber kommt dieser Beweislast nicht bereits dadurch nach, indem er beweist, dassein bestimmter Anbieter den Auftrag am besten ausführen kann, son<strong>der</strong>n er muss beweisen,dass alleine dieser Anbieter für die Ausführung des Auftrages in Betracht kommt(EuGH, Urteil v. 15.10.2009 - Az.: C-275/08; Urteil vom 02.06.2005 - Az.: C-394/02; VKBrandenburg, B. v. 22.05.2008 - Az.: VK 11/08; 1. VK Bund, B. v. 20.5.2003 - Az.: VK 1 -35/03).Die Anwendung dieser Bestimmung erfor<strong>der</strong>t nach <strong>der</strong> Rechtsprechung zweiVoraussetzungen, die kumulativ zu erfüllen sind: Zum einen müssen die Arbeiten, dieGegenstand des Auftrags sind, eine technische Beson<strong>der</strong>heit aufweisen, und zum an<strong>der</strong>en


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010muss es aufgrund dieser technischen Beson<strong>der</strong>heit unbedingt erfor<strong>der</strong>lich sein, denAuftrag an ein bestimmtes Unternehmen zu vergeben (Europäischer Gerichtshof, Urteilvom 02.06.2005 - Az.: C-394/02).3625/13626Dass ausschließlich nur ein Unternehmen zur Auftragsdurchführung in <strong>der</strong> Lage ist, muss <strong>der</strong>Auftraggeber vorab mittels einer sorgfältigen Markterforschung feststellen). DerAuftraggeber ist insbeson<strong>der</strong>e verpflichtet, sich eine europaweite Marktübersicht zuverschaffen. Die Markterforschung muss zu dem Ergebnis kommen, dass ein Unternehmengleichsam Monopolist für die Erbringung <strong>der</strong> nachgefragten Leistung ist. Nicht ausreichendist, wenn <strong>der</strong> Auftraggeber lediglich subjektiv zu <strong>der</strong> Auffassung gelangt, dass nur einbestimmtes Unternehmen die wirtschaftlichste Leistungserbringung erwarten lässt (EuGH,Urteil v. 15.10.2009 - Az.: C-275/08; VK Hessen, B. v. 27.04.2007 - Az.: 69 d VK – 11/2007;VK Brandenburg, B. v. 22.05.2008 - Az.: VK 11/08).Beruft sich ein Auftraggeber darauf, dass ein Auftrag aufgrund des Schutzes einesAusschließlichkeitsrechts (Patentrecht) nur von einem bestimmten Unternehmen durchgeführtwerden kann, müssen die Patentvoraussetzungen erfüllt sein und im konkreten Fall von<strong>der</strong> technischen Lehre des Patents Gebrauch gemacht werden (OLG Düsseldorf, B. v.28.5.2003 - Az.: Verg 10/03).<strong>70.</strong>11.3 Eilbedürftigkeit (<strong>§</strong> 3 Nr. 4 Buchstabe d))<strong>70.</strong>11.3.1 Objektive Eilbedürftigkeit3627362836293630Die Vorschrift setzt voraus, dass für den Auftraggeber ein unvorhergesehenes Ereignisvorliegt, dass dringende und zwingende Gründe gegeben sind, welche die Einhaltung <strong>der</strong>vorgeschriebenen Fristen nicht zulassen und dass zwischen dem unvorhergesehenenEreignis und den sich daraus ergebenden dringlichen, zwingenden Gründen einKausalzusammenhang besteht. Gründe, die dem Verantwortungsbereich desAuftraggebers zuzurechnen sind, scheiden als Rechtfertigung aus (OLG Düsseldorf, B. v.25.09.2008 - Az.: VII-Verg 57/08; 1. VK Bund, B. v. 20.5.2003 - Az.: VK 1 - 35/03).Das Erfor<strong>der</strong>nis einer beson<strong>der</strong>en Dringlichkeit ist nur dann erfüllt, wenn akuteGefahrensituationen o<strong>der</strong> unvorhergesehene Katastrophenfälle abzuwenden sind.Gleiches gilt für einen drohenden vertraglosen Zustand in Fällen <strong>der</strong> Daseinsvorsorge(OLG Düsseldorf, B. v. 19.11.2003 - Az.: VII - Verg 59/03).Einen unbefristeten Vertrag aus einer punktuellen Engpasslage im Verhandlungsverfahrenohne vorherige Bekanntmachung an zumeist lokale Anbieter zu vergeben, sprengt denAusnahmetatbestand des <strong>§</strong> 3 Nr. 4 d <strong>VOB</strong>/A (1. VK Sachsen, B. v. 07.04.2004 - Az.:1/SVK/023-04).Hat ein Auftraggeber seit geraumer Zeit auf eine entsprechende Auftragsvergabehingearbeitet, war er aber aus internen Gründen (Finanznot, Vorrang <strong>der</strong> Suche nach einemprivaten Investor) an einer früheren Bekanntmachung des Wettbewerbes gehin<strong>der</strong>t,rechtfertigen solche internen Gründe es nicht, dann später den Wettbewerb für dieBieter einzuschränken (VK Düsseldorf, B. v. 30.9.2002 - Az.: VK - 26/2002 - L).


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010<strong>70.</strong>11.3.2 Vergleich <strong>der</strong> Fristen3631Außerdem sind die jeweiligen Fristen für die unterschiedlichen Verfahren miteinan<strong>der</strong> zuvergleichen, ob überhaupt ein Zeitgewinn zu erzielen ist (2. VK Bund, B. v. 31.5.2002 - Az.:VK 2 - 20/02).<strong>70.</strong>11.3.3 Abrufbarkeit von För<strong>der</strong>mitteln3632Auch kann die Abrufbarkeit von För<strong>der</strong>mitteln bis zu einem bestimmten Termin nichtals Enddatum einer Projektplanung die Wahl <strong>der</strong> <strong>Vergabe</strong>art bestimmen. DieGewährung von För<strong>der</strong>mitteln ist ein innerhalb <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung ablaufen<strong>der</strong>,steuerbarer Vorgang. Er kann, ebenso wenig wie etwa ein von einer vorgesetzten Behördegesetzter Termin o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ablauf des Haushaltsjahres, nicht die objektive Dringlichkeit einerBeschaffungsmaßnahme und damit die Begrenzung des Wettbewerbs begründen.An<strong>der</strong>enfalls hätten es die öffentlichen Auftraggeber in <strong>der</strong> Hand, selbst eine Dringlichkeit zuerzeugen, etwa durch den Zeitpunkt <strong>der</strong> Beantragung von För<strong>der</strong>mitteln o<strong>der</strong> <strong>der</strong>enBegründung. Diese Dringlichkeit kann sich nur aus dem Bedarf und/o<strong>der</strong> demangestrebten Zweck selbst ergeben (VK Düsseldorf, B. v. 31.3.2000 - Az.: VK - 3/2000 -B).<strong>70.</strong>11.3.4 Hochwasserbedingte Beschaffungen3633Nach <strong>§</strong> 3 Nr. 4 Buchstabe f) VOL/A und <strong>§</strong> 3 Nr. 4 Buchstabe d) <strong>VOB</strong>/A können Leistungenfreihändig vergeben werden, wenn die Leistung beson<strong>der</strong>s dringlich ist. Eine solcheDringlichkeit ist gegeben, wenn sich aus einer nicht vorher erkennbaren Lage heraus dieNotwendigkeit <strong>der</strong> unverzüglichen Leistungserbringung ergibt, um aufgrund einesunvorhersehbaren Ereignisses entstandene Schäden zu beseitigen o<strong>der</strong> weitergehendeSchäden zu verhin<strong>der</strong>n. Hierbei muss die Leistung so dringlich sein, dass selbst eineBeschränkte Ausschreibung nicht durchgeführt werden kann. Mit dem Hochwasserereignisliegt ein vom öffentlichen Auftraggeber nicht verursachtes und nicht voraussehbaresEreignis vor. Leistungen, die im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Hochwasserkatastropheerfor<strong>der</strong>lich sind, um nicht vorhersehbare Schäden o<strong>der</strong> Gefahren zu verhin<strong>der</strong>n,können im Wege <strong>der</strong> Freihändigen <strong>Vergabe</strong> beauftragt werden (Bundesministerium fürVerkehr, Bau und Stadtentwicklung, Erlass vom 20.8.2002 - Az.: BS 11 - 0 1082 - 103/5).<strong>70.</strong>11.3.5 Beschaffungen zur Bekämpfung <strong>der</strong> Finanzkrise3633/1Nach Auffassung <strong>der</strong> EU-Kommission (Pressemitteilung IP/08/2040 vom 19.12.2008) istnormalerweise für das nicht offene Verfahren eine Frist von mindestens 37 Tagen ab demZeitpunkt vorgesehen, zu dem die <strong>Vergabe</strong>bekanntmachung übermittelt wird, damit dieTeilnahme beantragt werden kann, und ferner eine Frist von weiteren 40 Tagen für dieausgewählten Bewerber, innerhalb <strong>der</strong>er diese ihr Angebot einreichen können. Nach <strong>der</strong>Zuschlagsentscheidung gilt die genannte „Stillhaltefrist“ von 14 Tagen, bevor <strong>der</strong> Vertragunterzeichnet werden kann. Nach dem beschleunigten nicht offenen Verfahren, das dieKommission in Anbetracht <strong>der</strong> Finanzkrise für gerechtfertigt hält, können dieöffentlichen Auftraggeber die Frist für Teilnahmeanträge von 37 auf 10 Tage verkürzen,wenn die <strong>Vergabe</strong>bekanntmachung elektronisch übermittelt wurde, und die


Weyand, Praxiskommentar <strong>Vergabe</strong>recht, 2. Auflage 2007 – Letzte Än<strong>der</strong>ung: 21.03.2010nachfolgende Frist für die ausgewählten Bewerber, innerhalb <strong>der</strong>er diese ihr Angeboteinreichen können, von 40 auf 10 Tage herabsetzen.3633/23633/3Eine solche generelle Fristverkürzung für das Teilnahmeverfahren ist sicherlich dannvertretbar, wenn keine umfangreichen Bewerbungsunterlagen gefor<strong>der</strong>t werden. Einegenerelle Fristverkürzung für die Angebotsabgabe ist sowohl praktisch als auchrechtlich sehr problematisch, da die Ausarbeitung eines qualifizierten Angebots für einBauvorhaben oberhalb <strong>der</strong> Schwellenwerte innerhalb von 10 Taagen in aller Regel we<strong>der</strong>zumutbar noch möglich ist. Hier muss im Einzelfall entschieden werden.Die Überlegungen gelten im Grundsatz auch für die Frage nach <strong>der</strong> Zulässigkeit einerBeschränkten Ausschreibung, ob mit o<strong>der</strong> ohne Teilnahemwettbewerb.<strong>70.</strong>11.3.6 Auftragsvergabe im Insolvenzfall36343635Kündigt ein Auftraggeber einen Bauvertrag nach <strong>§</strong> 8 Nr. 2 Abs. 1 <strong>VOB</strong>/A z. B. wegenBeantragung eines Insolvenzverfahrens, macht oftmals schon die Tatsache des laufendenBauvorhabens o<strong>der</strong> die zeitliche und logistische Verknüpfung mehrerer Fach- bzw. Teilloseeine öffentliche Ausschreibung <strong>der</strong> gekündigten Leistungen unmöglich. In aller Regelwird bei diesen Konstellationen nur eine freihändige <strong>Vergabe</strong> in Betracht kommen (3. VKBund, B. v. 29.06.2005 - Az.: VK 3 - 52/05).Es gibt zwar keine Vorschrift, die es dem Auftraggeber bei einer freihändigen <strong>Vergabe</strong>auferlegt, mit einer bestimmten Mindestanzahl von Bietern zu verhandeln. Auch bei <strong>der</strong>freihändigen <strong>Vergabe</strong> gilt jedoch <strong>der</strong> allgemeine Wettbewerbs- und <strong>der</strong>Gleichbehandlungsgrundsatz. Diese allgemeinen Grundsätze gebieten es, die Tatsache zuberücksichtigen, dass <strong>der</strong> freihändigen <strong>Vergabe</strong> eine öffentliche Ausschreibungvorangegangen war, aus dem interessierte und für das Bauvorhaben geeignete Bieter bekanntwaren. Im Ergebnis stellt sich die Situation dann so dar, als hätte <strong>der</strong> Auftraggeber diebeabsichtigte <strong>Vergabe</strong> öffentlich bekannt gemacht. Vor diesem Hintergrund ist es unterBerücksichtigung <strong>der</strong> genannten Grundsätze geboten, die für das Verhandlungsverfahrenmit vorangegangener <strong>Vergabe</strong>bekanntmachung geltende Vorschrift des <strong>§</strong> 8a Nr. 3<strong>VOB</strong>/A analog anzuwenden; <strong>der</strong> Auftraggeber ist also verpflichtet, mindestens dreiBewerber, darunter auch die in <strong>der</strong> öffentlichen Ausschreibung zweit- unddrittplatzierten Bieter, in die freihändige <strong>Vergabe</strong> mit einzubeziehen (3. VK Bund, B. v.29.06.2005 - Az.: VK 3 - 52/05).<strong>70.</strong>12 Literatur3635/0• Thormann, Martin, <strong>Vergabe</strong>recht: in <strong>der</strong> Krise suspendiert? - Zur Erhöhung <strong>der</strong>Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibungen und Freihändige <strong>Vergabe</strong>n im Rahmendes Konjunkturpakets II, NZBau 2010, 14

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