VG: Beschluss mit Dialogtext VG/FG - Verwaltungsgericht Bremen
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<strong>Verwaltungsgericht</strong><br />
der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong><br />
- Fachkammer für Personalvertretungssachen -<br />
verkündet am<br />
16.12.2010<br />
gez. Schelske<br />
als Urkundsbeamtin<br />
der Geschäftsstelle<br />
Az: P K 690/10.PVL<br />
Sch<br />
<strong>Beschluss</strong><br />
In der Personalvertretungssache<br />
Freie<br />
Hansestadt<br />
<strong>Bremen</strong><br />
des Gesamtpersonalrats für das Land und die Stadtgemeinde <strong>Bremen</strong>, vertreten durch<br />
die Vorsitzende Doris Hülsmeier, Knochenhauerstraße 20 - 25, 28195 <strong>Bremen</strong>,<br />
Prozessbevollmächtigter:<br />
Rechtsanwälte,<br />
b e t e i l i g t :<br />
Antragstellers,<br />
Präsident der Bremischen Bürgerschaft, Herr Christian Weber, Haus der Bürgerschaft,<br />
Am Markt 20, 28195 <strong>Bremen</strong>,<br />
hat das <strong>Verwaltungsgericht</strong> der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong> - Fachkammer für Personalvertre-<br />
tungssachen - durch Richter Kramer und die ehrenamtlichen Richter Beamtin Gerken-Wolf,<br />
Arbeitnehmer Roßberg, Beamter Wendel und Beamtin Wierk am 16.12.2010 beschlossen:<br />
Es wird festgestellt, dass die den Wechsel des früheren Staatsanwalts Dr. B. von<br />
der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürgerschaft betreffende Angelegenheit<br />
der Mitbestimmung des Gesamtpersonalrats unterlag und dessen Mitbestimmungsrecht<br />
nach § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> in diesem Zusammenhang verletzt<br />
worden ist.<br />
Es wird weiter festgestellt, dass die Ersetzung der Zustimmung des Personalrats<br />
der Bürgerschaftskanzlei zur Versetzung des Staatsanwalts Dr. B. von der<br />
Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürgerschaft – Bürgerschaftskanzlei<br />
durch Spruch der Einigungsstelle vom 31.05.2010 rechtswidrig ist und dadurch<br />
das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 Brem-<br />
Pers<strong>VG</strong> verletzt worden ist.
I.<br />
2<br />
G r ü n d e<br />
Der Antragsteller begehrt die Feststellungen, dass sein Mitbestimmungsrecht im Zusammen-<br />
hang <strong>mit</strong> dem Wechsel des früheren Staatsanwalts Dr. B. von der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong><br />
zur Bremischen Bürgerschaft – Bürgerschaftskanzlei – sowie durch einen in dieser Angele-<br />
genheit ergangenen Einigungsstellenspruch vom 31.05.2010 verletzt worden ist.<br />
Der damalige Staatsanwalt Dr. B. wurde durch den Senator für Justiz und Verfassung <strong>mit</strong><br />
Schreiben vom 24.11.2007 für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2011 an die Bremische Bür-<br />
gerschaft abgeordnet.<br />
Der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft stimmte <strong>mit</strong> <strong>Beschluss</strong> vom 02.03.2010 einer Ver-<br />
setzung von Herrn Dr. B. zur Bremischen Bürgerschaft zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu.<br />
Daraufhin beantragte Herr Dr. B. <strong>mit</strong> Schreiben vom 04.03.2010 seine Versetzung zur Bremi-<br />
schen Bürgerschaft.<br />
Der Leitende Oberstaatsanwalt betrieb das Versetzungsverfahren zunächst nicht, sondern<br />
vermerkte in den Personalakten (Blatt 213) unter dem 16.03.2010: „Eine Zustimmung zur Ver-<br />
setzung kommt wegen mehrerer bevorstehender Abgänge nicht in Betracht“.<br />
Der von dem Direktor der Bremischen Bürgerschaft bereits <strong>mit</strong> Schreiben vom 24.02.2010 um<br />
Zustimmung zur Versetzung von Herrn Dr. B. ersuchte Personalrat der Bremischen Bürger-<br />
schaft teilte ihm <strong>mit</strong> Schreiben vom 05.03.2010 <strong>mit</strong>, dass der Versetzung nicht zugestimmt<br />
wird. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Abordnung noch bis zum 31.12.2011 laufe<br />
und keine zwingende Notwendigkeit bestehe, bereits jetzt über eine endgültige Versetzung zu<br />
entscheiden. Außerdem befinde sich die Bürgerschaftskanzlei am Beginn einer tief greifenden<br />
Umstrukturierungsphase, die erst vor kurzem eingeleitet worden sei. Im Zuge dieser Umorga-<br />
nisation würden sich zahlreiche Veränderungen ergeben, die zum jetzigen Zeitpunkt in ihren<br />
konkreten Auswirkungen noch nicht absehbar seien, sodass es auch unter diesem Gesichts-<br />
punkt verfrüht sei, über die Versetzung von Herrn Dr. B. bereits zu diesem Zeitpunkt zu ent-<br />
scheiden.<br />
Der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft stellte am 07.04.2010 die Nichteinigung fest. Mit<br />
Schreiben des Direktors der Bremischen Bürgerschaft vom 16.04.2010 wurde die Einigungs-<br />
stelle angerufen. Der Antragsteller benannte hierfür Beisitzer. Da über die Person des Vorsit-<br />
...
3<br />
zenden keine Einigung erzielt werden konnte, wurde er vom Präsidenten der Bremischen Bür-<br />
gerschaft bestellt.<br />
Der Antragsteller wandte sich <strong>mit</strong> Schreiben vom 26.05.2010 an den Beteiligten und machte<br />
seine eigene Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> geltend. Nachdem der örtliche Per-<br />
sonalrat der Bremischen Bürgerschaft die Zustimmung zu der Versetzung versagt habe, sei<br />
die Zuständigkeit auf den Gesamtpersonalrat übergegangen. Das Einigungsstellenverfahren<br />
zur Versetzung des Dr. B. sei gegenstandslos und daher einzustellen.<br />
Gleichwohl tagte die Einigungsstelle am 31.05.2010 und beschloss mehrheitlich, die Zustim-<br />
mung des Personalrats der Bürgerschaftskanzlei zur Versetzung des Staatsanwaltes Dr. B.<br />
von der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürgerschaft - Bürgerschaftskanzlei - zu<br />
ersetzen. Die Einigungsstelle sei zuständig, weil sich die Frage der Zuständigkeit nach § 50<br />
BremPers<strong>VG</strong> erst stellen könne, wen die Zustimmung endgültig nicht erteilt worden sei. Die<br />
Ersetzung stehe einer Zustimmung gleich.<br />
Am 02.06.2010 machte der Antragsteller daraufhin sowohl ein Eilverfahren (PV 691/10.PVL)<br />
als auch ein personalvertretungsrechtliches Hauptsacheverfahren (PK 690/10.PVL) beim <strong>VG</strong><br />
<strong>Bremen</strong> anhängig, um die von ihm geltend gemachte Mitbestimmungszuständigkeit feststellen<br />
zu lassen.<br />
Während der Anhängigkeit der gerichtlichen Verfahren wandte sich der Senator für Justiz und<br />
Verfassung <strong>mit</strong> Schreiben vom 09.06.2010 an den Leitenden Oberstaatsanwalt. Die Bremi-<br />
sche Bürgerschaft beabsichtige, Herrn Dr. B. <strong>mit</strong> Wirkung vom 01.07.2010 ein Amt nach der<br />
Besoldungsgruppe A 15 zu übertragen. Es werde um Zustimmung unter Beteiligung der Mit-<br />
bestimmungsorgane gebeten. Mit Schreiben vom 15.06.2010 ersuchte der Leitende Ober-<br />
staatsanwalt den Personalrat der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> daraufhin, der „beabsichtigten<br />
Übertragung eines Amtes nach der Besoldungsgruppe A 15 – <strong>mit</strong> der Wirkung einer Verset-<br />
zung an die Bremische Bürgerschaft – an Herrn Dr. Sebastian B.“ zuzustimmen. Diesem An-<br />
trag stimmte der Personalrat der Staatsanwaltschaft am 21.06.2010 zu (Personalakten<br />
Bl. 218).<br />
Eine Versetzungsverfügung seitens des Senators für Justiz und Verfassung gegenüber Herrn<br />
Dr. B. erfolgte nicht. Der Vorstand der Bürgerschaft ernannte Herrn Dr. B. am 29.06.2010 <strong>mit</strong><br />
Wirkung vom 01.07.2010 zum Regierungsdirektor (Personalakten Bl. 297).<br />
...
4<br />
Das personalvertretungsrechtliche Eilverfahren wurde daraufhin von dem Beteiligten und dem<br />
Antragsteller für erledigt erklärt und <strong>mit</strong> <strong>Beschluss</strong> des <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong> vom 15.07.2010 (PV<br />
691/10.PVL) eingestellt.<br />
Der Antragsteller sieht für das Hauptsacheverfahren weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Die<br />
im Zusammenhang <strong>mit</strong> der Ernennung von Herrn Dr. B. aufgeworfenen rechtlichen Fragen<br />
hinsichtlich der ordnungsgemäßen und erforderlichen Beteiligung des Antragstellers bestün-<br />
den weiter. Dieses betreffe auch den Spruch der Einigungsstelle, der die Zuständigkeit des<br />
Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> verneint und da<strong>mit</strong> dessen Mitbestimmungs-<br />
recht verletzt habe. Der Wortlaut dieser Vorschrift sei eindeutig. Zwar sei bei Versetzungen<br />
die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats nur subsidiär. Er werde aber zuständig, wenn es<br />
zu der Versagung der Zustimmung durch einen der beteiligten Personalräte komme. Zur Ver-<br />
meidung weiterer Verletzungen des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers sei es geboten,<br />
auch die Rechtswidrigkeit des Spruchs der Einigungsstelle feststellen zu lassen. Nur so könn-<br />
ten Streitigkeiten für die Zukunft in vergleichbaren Fallkonstellationen vermieden werden. So-<br />
lange die Rechtswidrigkeit des Spruchs der Einigungsstelle nicht festgestellt worden sei,<br />
könnte der Beteiligte hieraus Rechte herleiten.<br />
Der Antragsteller beantragt:<br />
Es wird festgestellt, dass die den Wechsel des früheren Staatsanwalts Dr. B. von der<br />
Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürgerschaft betreffende Angelegenheit<br />
der Mitbestimmung des Gesamtpersonalrats unterlag und dessen Mitbestimmungsrecht<br />
nach § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> in diesem Zusammenhang verletzt worden ist.<br />
Es wird festgestellt, dass die Ersetzung der Zustimmung des Personalrats der Bürgerschaftskanzlei<br />
zur „Versetzung des Staatsanwalts Dr. B. von der Staatsanwaltschaft<br />
<strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürgerschaft – Bürgerschaftskanzlei“ durch Spruch der Einigungsstelle<br />
vom 31.05.2010 rechtswidrig ist und dadurch das Mitbestimmungsrecht<br />
des Antragstellers gemäß § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> verletzt worden ist.<br />
Der Beteiligte beantragt,<br />
die Anträge abzuweisen.<br />
Es erscheine rechtsmissbräuchlich, wenn der Antragsteller, der in das Einigungsverfahren<br />
umfassend eingebunden worden sei, zunächst aktiv hieran <strong>mit</strong>wirke und erst kurz vor dem Sit-<br />
zungstermin die Zuständigkeit der Einigungsstelle sowie die Verletzung eigener Rechte rüge.<br />
Das Begehren des Antragstellers sei auch unbegründet. Die subsidiäre Zuständigkeit des Ge-<br />
samtpersonalrats ergebe sich erst, wenn ein Personalrat seine Zustimmung versage. Der<br />
Wortlaut schließe offenkundig die Durchführung eines Einigungsverfahrens <strong>mit</strong> dem örtlichen<br />
...
5<br />
Personalrat nicht aus. Nach der Systematik des Personalvertretungsrechts stehe die Erset-<br />
zung einer Zustimmung der Zustimmung gleich. Die Vorgehensweise der Bürgerschaftskanz-<br />
lei werde insbesondere dem die Mitbestimmung prägenden Partnerschaftsprinzip und ihren<br />
Schutzzwecken <strong>mit</strong> dem Vorrang der Mitbestimmung auf der Ebene der Dienststelle/örtliche<br />
Personalvertretung gerecht. Diese Auslegung des § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> sei auch von Ver-<br />
fassungs wegen geboten. Das demokratische Prinzip verlange, dass die oberste Dienstbehör-<br />
de in den Fällen eines ihr zustehenden Letztentscheidungsrechts in der Lage sein müsse, von<br />
ihrer Kompetenz auch zeitnah Gebrauch zu machen. Müsste das Mitbestimmungsverfahren<br />
aber sowohl beim örtlichen Personalrat als auch anschließend gesondert beim Gesamtperso-<br />
nalrat durchgeführt werden, würde die oberste Dienstbehörde hierzu jedoch nicht mehr in der<br />
Lage sein.<br />
Wegen des Vortrages des Antragstellers und des Beteiligten im Einzelnen wird auf die Schrift-<br />
sätze in der Gerichtsakte verwiesen. Die einschlägigen Behördenvorgänge und die Personal-<br />
akten von Herrn Dr. B. (Bände 2 und 3) sind beigezogen worden.<br />
II.<br />
1.<br />
Die Feststellungsanträge sind zulässig. Ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers ist zu<br />
bejahen.<br />
Über den konkreten Anlass hinaus, der zu dem anhängigen <strong>Beschluss</strong>verfahren geführt hat,<br />
ist aus Sicht des Antragstellers zu klären, unter welchen Voraussetzungen er bei einem<br />
Wechsel von bremischen Bediensteten zur Bürgerschaftskanzlei - der Verwaltung der Bremi-<br />
schen Bürgerschaft - <strong>mit</strong>bestimmungsberechtigt ist.<br />
Liegt ein Streit zwischen einer Dienststellenleitung und einer Personalvertretung über die Mit-<br />
bestimmungsrelevanz bestimmter Vorgänge vor und ist dieser Dissens auch im Hinblick auf<br />
zukünftige Maßnahmen klärungsbedürftig, ist ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen (O<strong>VG</strong><br />
<strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 27.11.1990 – PV B 3/90, <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 05.06.1990<br />
– PV 299/88, <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 04.01.2007 – PK 783/06.PVL, <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, Be-<br />
schluss vom 31.01.2008 – PK 283/07.PVL; <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 20.08.2009 – PK<br />
141/09.PVL). Da auch künftig Wechsel von bremischen Bediensteten zur Bürgerschaftskanz-<br />
lei zu erwarten sind, besteht weiterhin ein Feststellungsinteresse.<br />
Hinsichtlich des bereits vollzogenen Dienststellenwechsels von Herrn Dr. B. gilt Folgendes:<br />
...
6<br />
Ist eine <strong>mit</strong>bestimmungspflichtige Maßnahme ohne ordnungsgemäße Durchführung des Mit-<br />
bestimmungsverfahrens ergangen, kann dieses nachgeholt werden. Zwar ist die Maßnahme<br />
selbst kein möglicher Verfahrensgegenstand in einem personalvertretungsrechtlichen Be-<br />
schlussverfahren, weil dieses in Verfahren wie hier der Sicherung der Beteiligungsrechte des<br />
Personalrats dient. Daher kann die Aufhebung der strittigen Maßnahme durch gerichtliche<br />
Entscheidung in personalvertretungsrechtlichen Verfahren grundsätzlich nicht erfolgen. We-<br />
gen der aus Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Bindung an Gesetz und Recht ist der Dienststelle<br />
aber verwehrt, eine für sie verbindliche rechtskräftige Gerichtsentscheidung zu missachten.<br />
Daher ist davon auszugehen, dass der Beteiligte im Falle der Rechtskraft der von der Fach-<br />
kammer für Personalvertretungssachen getroffenen Entscheidung seiner Verpflichtung zur<br />
Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens gegenüber dem Antragsteller entsprechen und<br />
dieses Verfahren nachholen wird (vgl. <strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, Beschlüsse vom 10.11.2005 - PK<br />
1027/03.PVL, vom 22.12.2005 - PK 692/04.PVL, vom 13.04.2006 – PK 715/05.PVL, vom<br />
17.08.2006 – PK 272/06.PVL, vom 26.04.2007 – PK 1354/06.PVB, vom 16.08.2007 – PK<br />
3019/06.PVL, vom 10.07.2008 – PK 139/07.PVL, und vom 20.08.2009 – PK 141/09.PVL).<br />
Es besteht kein Grund für die Annahme, dass der Beteiligte einer rechtskräftig festgestellten<br />
Verpflichtung nicht nachkommen wird (vgl. BVerwG, <strong>Beschluss</strong> vom 15.03.1995 - 6 P 31/93 in<br />
BVerwGE 98, 77).<br />
Die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens stellt auch keinen Rechtsmissbrauch seitens<br />
des Antragstellers dar. Zwar hatte er sich widersprüchlich verhalten, wenn er einerseits Beisit-<br />
zer für die Einigungsstelle benannte und einen Vorschlag für deren Vorsitzenden unterbreite-<br />
te, sich aber andererseits darauf berief, dass die Einigungsstelle wegen der Zuständigkeit des<br />
Gesamtpersonalrats gar nicht entscheiden dürfe. Die Vorsitzende des Antragstellers hatte bei<br />
der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Verhandlung vom 16.12.2010 dazu ausge-<br />
führt, der Gesamtpersonalrat habe durch seine Mitwirkung erreichen wollen, dass die Eini-<br />
gungsstelle sich für nicht zuständig erklärt. Die Vorgehensweise des Antragstellers mag in<br />
diesem Zusammenhang inkonsequent erscheinen, rechtsmissbräuchlich ist die Anrufung des<br />
<strong>Verwaltungsgericht</strong>s deshalb nicht. Der Antragsteller hatte seine Auffassung zur Mitbestim-<br />
mung des Gesamtpersonalrats vor der Sitzung der Einigungsstelle klar zum Ausdruck ge-<br />
bracht, ohne auf Zustimmung des Beteiligten und der Mehrheit der Einigungsstelle zu stoßen.<br />
Angesichts des Dissenses in dieser Rechtsfrage und der Vorgehensweise des Beteiligten war<br />
die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen <strong>Beschluss</strong>verfahrens folgerichtig.<br />
...
7<br />
Im Übrigen hat auch der Beteiligte in seinem Schriftsatz vom 18.06.2010 ausdrücklich eine<br />
gerichtliche Klärung der strittigen Zuständigkeitsfrage begrüßt, was ebenfalls gegen eine<br />
missbräuchliche Befassung des Gerichts <strong>mit</strong> dem Streit spricht.<br />
2.<br />
Die Anträge sind auch begründet.<br />
In der den Wechsel des damaligen Staatsanwalts Dr. B. von der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong><br />
zur Bremischen Bürgerschaft betreffenden Angelegenheit wurde das Mitbestimmungsrecht<br />
des Antragstellers nach § 50 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> verletzt.<br />
2.1<br />
So wie schließlich der Wechsel vollzogen wurde, bedurfte er der Zustimmung des Gesamtper-<br />
sonalrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong>.<br />
Dieses betraf allerdings nicht die statusrechtliche Entscheidung der Ernennung von Herrn<br />
Dr. B. zum Regierungsdirektor. Diese oblag nach § 106 Abs. 1 BremBG allein dem Vorstand<br />
der Bremischen Bürgerschaft. Die statusrechtliche Entscheidung stellte keine Angelegenheit<br />
mehrerer Dienststellen im Sinne des § 50 Abs. 1 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong> dar.<br />
Dieser Ernennung ging aber der auf Dauer angelegte Dienststellenwechsel voraus.<br />
Ein solcher Wechsel wird beamtenrechtlich durch eine Versetzung vorgenommen. Eine Ver-<br />
setzung ist die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen<br />
Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienstherrn. Diese Definition findet sich in<br />
§ 28 Abs. 1 BBG. Für Landesbeamte gilt hinsichtlich des Begriffs der Versetzung aber nichts<br />
anderes. Ein Versetzungsverfahren war hier zwar ursprünglich eingeleitet worden, wurde aber<br />
nicht gesetzmäßig abgeschlossen. Eine Versetzung erfolgt durch Verfügung gegenüber dem<br />
zu versetzenden Beamten. Die Versetzungsverfügung ist ein Verwaltungsakt der abgebenden<br />
Dienststelle, die gegenüber dem Beamten zu ergehen hat, weil dessen beamtenrechtliches<br />
Grundverhältnis berührt wird (Reich, Komm. z. BeamtenstatusG, zu § 15, Rdnr. 12).<br />
Die Auffassung des Direktors der Bremischen Bürgerschaft bei der Erörterung der Sach- und<br />
Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2010, eine Versetzung könne statt ge-<br />
genüber dem Beamten auch gegenüber der aufnehmenden Dienststelle ausgesprochen wer-<br />
den, findet im Beamtenrecht keine Grundlage. Zwar ist die Zustimmung der aufnehmenden<br />
Verwaltung bei einem Wechsel des Verwaltungszweigs für eine Versetzung unverzichtbar, die<br />
...
8<br />
Versetzungsverfügung selber kann aber wegen des Eingriffs in das beamtenrechtliche Grund-<br />
verhältnis als Verwaltungsakt nur gegenüber dem zu versetzenden Beamten ergehen.<br />
Die abgebende Dienststelle hatte hier im Ergebnis die gemäß § 29 BremBG vorgesehene<br />
Versetzung nicht vorgenommen. Zuständig für die Versetzung von Staatsanwälten ist nach<br />
Art. 2 Abs. 6 i.V.m. Art. 1 Nr. 4 der Anordnung des Senats zur Übertragung von dienstrechtli-<br />
chen Befugnissen (SaBremR 2040-c-1) der Senator für Justiz und Verfassung. Dieser hatte<br />
nach seiner vom Gericht eingeholten Stellungnahme vom 11.10.2010 von einer Versetzungs-<br />
verfügung gegenüber Herrn Dr. B. abgesehen, weil nach seiner Auffassung eine solche Ver-<br />
setzung unter Umständen zu dem Missverständnis hätte führen können, dass Herr Dr. B. das<br />
bisherige Amt eines Staatsanwalts bei der Bremischen Bürgerschaft weiterführen könnte. Die-<br />
se Überlegung ist nicht überzeugend und rechtfertigt keine Abweichung von den gesetzlichen<br />
Regelungen über eine Versetzung bei einem Dienststellenwechsel. Mit der Versetzungsverfü-<br />
gung wäre organisationsrechtlich dem Staatsanwalt Dr. B. das Amt eines Regierungsdirektors<br />
bei der Bremischen Bürgerschaft im abstrakt-funktionellen Sinne verliehen worden, wenn das<br />
Einverständnis der zuständigen Stelle der aufnehmenden Verwaltung vorlag (Battis, Komm. z.<br />
BBG, zu § 28, Rdnrn. 2, 17). Das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne unterscheidet sich vom<br />
Statusamt (dazu Baßlsperger, Einführung in das neue Beamtenrecht, 1. Aufl. 2009, 3. Der Be-<br />
griff des „Amtes“, Rdnrn. 26 bis 34). Eine Diskrepanz zwischen dem bei einer Versetzung<br />
übertragenen abstrakt-funktionellen Amt des Regierungsdirektors bei der Bürgerschaft einer-<br />
seits und dem entsprechenden Statusamt andererseits hätte es nur geben können, wenn an-<br />
schließend keine statusrechtliche Ernennung durch den Vorstand der Bürgerschaft erfolgt<br />
wäre. Das war aber auszuschließen, wenn nach Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens<br />
eine Zustimmung des Vorstandes der Bürgerschaft zur Versetzung vorlag.<br />
Vor diesem Hintergrund gab es hier keine sachlich überzeugende Rechtfertigung für ein Ab-<br />
weichen vom gesetzlichen Versetzungsprogramm. Allerdings führte die zwischen dem Sena-<br />
tor für Justiz und Verfassung und dem Beteiligten letztlich abgestimmte Vorgehensweise einer<br />
ausschließlichen Ernennung von Herrn Dr. B. zum Regierungsdirektor, die versetzende Wir-<br />
kung haben sollte, zu Konsequenzen bei der Mitbestimmung. Während bei Versetzungen der<br />
Gesamtpersonalrat nach § 50 Abs. 1 Satz 3 BremPers<strong>VG</strong> nur subsidiär zuständig ist, besteht<br />
in allen anderen Angelegenheiten mehrerer Dienststellen, die über einen senatorischen Be-<br />
reich hinausgehen, die originäre Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats nach § 50 Abs. 1<br />
Satz 1 BremPers<strong>VG</strong>. Da die Regelung über die subsidiäre Zuständigkeit bei Versetzungen<br />
nach § 50 Abs. 1 Satz 3 BremPers<strong>VG</strong> die originäre Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats<br />
nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong> einschränkt, darf sie als Ausnahmeregelung nicht ex-<br />
...
9<br />
tensiv ausgelegt werden. Liegt bei einem Dienststellenwechsel weder eine Versetzung noch<br />
eine Abordnung vor, findet daher § 50 Abs. 1 Satz 3 BremPers<strong>VG</strong> keine Anwendung.<br />
Da ein Dienststellenwechsel über den Bereich einer senatorischen Behörde hinaus eine An-<br />
gelegenheit darstellt, von der mehrere Dienststellen betroffen sind, war der Gesamtpersonal-<br />
rat spätestens von dem Zeitpunkt an zu beteiligen, als die Entscheidung getroffen wurde, kei-<br />
ne Versetzung von Herrn Dr. B. von der Staatsanwaltschaft <strong>Bremen</strong> zur Bremischen Bürger-<br />
schaft zu verfügen. Die Befassung des Gesamtpersonalrats <strong>mit</strong> einem solchen Wechsel der<br />
Dienststelle war hier umso mehr geboten, als dieser Wechsel außerhalb der gesetzlichen Re-<br />
gelungen über die Versetzung erfolgen sollte. Da weder der Senator für Justiz und Verfas-<br />
sung noch der Beteiligte, der <strong>mit</strong> der Aushändigung der statusrechtlichen Urkunde über die<br />
Ernennung von Herrn Dr. B. zum Regierungsdirektor letztlich vollendete Rechtstatsachen ge-<br />
schaffen hatte, die Zustimmung des Gesamtpersonalrats zum Dienststellenwechsel ohne Ver-<br />
setzungsverfügung beantragt hatten, war hierdurch das Mitbestimmungsrecht des Antragstel-<br />
lers nach § 50 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 BremPers<strong>VG</strong> verletzt worden.<br />
2.2<br />
Das Mitbestimmungsrecht des Gesamtpersonalrats wurde allerdings auch schon zu einem<br />
früheren Zeitpunkt verletzt.<br />
Da vom Beteiligten zunächst die Versetzung von Herrn Dr. B. betrieben wurde, war der Ge-<br />
samtpersonalrat von dem Zeitpunkt an für diese Angelegenheit zuständig, als der Personalrat<br />
der Bürgerschaft am 05.03.2010 die Zustimmung zur Versetzung unter Angabe von Gründen<br />
schriftlich verweigerte (§ 58 Abs. 1 Satz 4 BremPers<strong>VG</strong>). Dieses ergibt sich aus § 50 Abs. 1<br />
Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 BremPers<strong>VG</strong>. Nach diesen Bestimmungen wird abweichend von<br />
seiner originären Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong> bei Angelegenheiten,<br />
die mehrere Dienststellen betreffen, der Gesamtpersonalrat bei beabsichtigten Versetzungen<br />
erst zuständig, wenn ein Personalrat seine Zustimmung zu der beantragten Maßnahme ver-<br />
sagt. Dieser Fall trat am 05.03.2010 ein. Nach der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung<br />
und Literatur zum Bremischen Personalvertretungsgesetz (<strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom<br />
20.08.1999 – PK 976/99.PVL; Großmann/Mönch/Rohr, Komm. z. BremPers<strong>VG</strong>, zu § 50, Rd-<br />
nrn. 17, 22), der die Mitbestimmungspraxis in <strong>Bremen</strong> entsprach, geht die Zuständigkeit <strong>mit</strong><br />
der Ablehnung durch einen Personalrat auf den Antragsteller über <strong>mit</strong> der Folge, dass die Zu-<br />
stimmung des Gesamtpersonalrats zu beantragen und die Anrufung der Schlichtungs- bzw.<br />
Einigungsstelle wegen der Ablehnung eines der Personalräte unzulässig ist. Sämtliche sonst<br />
zu beteiligenden örtlichen Personalräte verlieren dann ebenfalls ihre Mitbestimmungszustän-<br />
digkeit (<strong>VG</strong> <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 20.08.1999 – PK 976/99.PVL).<br />
...
10<br />
Nur dieses Ergebnis entspricht Wortlaut und Zweck der Vorschrift des § 50 Abs. 1 Brem-<br />
Pers<strong>VG</strong>. Der Gesamtpersonalrat als Personalvertretung aller Bediensteten des Landes und<br />
der Stadtgemeinde <strong>Bremen</strong> hat sich der Aufgabe zu stellen, unterschiedliche Interessen bei<br />
mehreren betroffenen Dienststellen zu berücksichtigen. Wenn sich die Personalräte bei einer<br />
notwendigen einheitlichen Regelung einer mehrere Dienststellen betreffenden Angelegenheit<br />
unterschiedlich verhalten, bedarf es einer Lösung des Interessengegensatzes auf der Perso-<br />
nalvertretungsseite, die nur durch den Gesamtpersonalrat als Vertreter aller Bediensteten er-<br />
folgen kann (Großmann/Mönch/Rohr, a.a.O., zu § 48, Rdnr. 1). Schlichtungs- und Einigungs-<br />
stellen sind keine Interessenvertretungen der Bediensteten. Sie können erst angerufen wer-<br />
den, wenn eine Zustimmung der letztlich zuständigen Personalvertretung zur beabsichtigten<br />
Maßnahme nicht erfolgt ist. Deswegen wäre es auch systemwidrig, an die Stelle der Befas-<br />
sung des Gesamtpersonalrats als Interessenvertretung aller Bediensteten in solchen Konflikt-<br />
fällen zunächst einen Einigungsstellenbeschluss im Hinblick auf eine ablehnende Personal-<br />
ratsentscheidung herbeizuführen. Hätte der Gesetzgeber dieses vor Begründung der Zustän-<br />
digkeit des Gesamtpersonalrats trotz der Systemwidrigkeit gleichwohl für notwendig angese-<br />
hen, wäre hierzu eine ausdrückliche gesetzliche Regelung zu erwarten gewesen. Diese gibt<br />
es aber nicht.<br />
Wenn es in § 50 Abs. 1 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong> heißt „Der Gesamtpersonalrat hat im Rahmen<br />
der Bestimmungen des fünften Kapitels zu beraten und zu beschließen“, hat dieses die Be-<br />
deutung, dass der Antragsteller im Rahmen seiner Zuständigkeit die gleichen sachlichen Be-<br />
fugnisse wie die örtlichen Personalräte hat, an deren Stelle er tritt (Großmann/Mönch/Rohr,<br />
a.a.O., zu § 50; Rdnr. 4). Die Ausgestaltung der Mitbestimmung des Personalrats ist im We-<br />
sentlichen in den §§ 52 bis 67 des fünften Kapitels des Bremischen Personalvertretungsge-<br />
setzes geregelt. Stimmt der Gesamtpersonalrat einer beabsichtigten Maßnahme nicht zu, ist<br />
das im Falle der Nichteinigung vorgeschriebene Verfahren <strong>mit</strong> der Maßgabe durchzuführen,<br />
dass es hier keiner Anrufung der Schlichtungsstelle bedarf. Das folgt aus § 59 Abs. 7 Sätze 2<br />
und 3 BremPers<strong>VG</strong>.<br />
Keineswegs ist der Hinweis auf die Bestimmungen des fünften Kapitels in § 50 Abs. 1 Satz 1<br />
BremPers<strong>VG</strong> so zu verstehen, dass bei Angelegenheiten im Sinne des § 50 Abs. 1 Brem-<br />
Pers<strong>VG</strong> vor Begründung der Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats bei Nichtzustimmung<br />
durch einen oder mehrere örtliche Personalräte erst <strong>mit</strong> diesen Personalvertretungen Schlich-<br />
tungs- bzw. Einigungsstellenverfahren durchzuführen wären.<br />
...
11<br />
Eine solche Auffassung, wie sie von dem Beteiligten vertreten wird, findet im Gesetzeswort-<br />
laut keinen Anhaltspunkt. Sie würde auch dazu führen, dass sich je nach Ausgang die<br />
Schlichtungs- bzw. Einigungsstellenverfahren in derselben Angelegenheit verdoppeln bzw.<br />
vervielfachen können. Denn wenn das nach der Meinung des Beteiligten zunächst durchzu-<br />
führende Einigungsverfahren nicht zur Ersetzung der fehlenden Zustimmung des örtlichen<br />
Personalrats führen würde, dann erst der Gesamtpersonalrat zuständig würde und dieser<br />
ebenfalls die Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme versagt, käme es erneut zu einem<br />
Einigungsstellenverfahren. Noch bizarrer wäre es – die Richtigkeit der Auffassung des Betei-<br />
ligten unterstellt –, wenn nicht nur eine örtliche Personalvertretung, sondern mehrere Perso-<br />
nalräte die Zustimmung verweigern. Dann müssten – der Rechtsauffassung des Beteiligten<br />
folgend – zunächst parallel oder nacheinander mehrere Schlichtungs- bzw. Einigungsstellen-<br />
verfahren <strong>mit</strong> den örtlichen Personalräten durchgeführt werden, die zu unterschiedlichen Er-<br />
gebnissen und da<strong>mit</strong> auch wieder zur Befassung des Gesamtpersonalrats führen könnten.<br />
Gerade wenn der Beteiligte betont, dass die oberste Dienstbehörde in den Fällen eines ihr zu-<br />
stehenden Letztentscheidungsrechts in der Lage sein müsse, von ihrer Kompetenz zeitnah<br />
Gebrauch zu machen, wäre die von dem Beteiligten erstrebte Ausgestaltung des Mitbestim-<br />
mungsverfahrens kontraproduktiv, denn sie würde in der Regel - statt sie zu beschleunigen -<br />
die Mitbestimmungsverfahren bei Angelegenheiten verlängern, die mehrere Dienststellen be-<br />
treffen.<br />
Das Demokratieprinzip bleibt bei personellen Angelegenheiten der Beamten und bei organisa-<br />
torischen Maßnahmen schon deshalb gewahrt, weil das Letztentscheidungsrecht beim Vor-<br />
stand der Bremischen Bürgerschaft bzw. dem Senat verbleibt (§ 61 Abs. 4 Satz 3 Brem-<br />
Pers<strong>VG</strong>).<br />
Hierzu hat die Kammer im Übrigen bereits im <strong>Beschluss</strong> vom 10.11.2005 (PK 1027/03.PVL)<br />
grundsätzlich ausgeführt:<br />
„Mit der Feststellung, dass der … der Mitbestimmung unterliegt, wird keine Entscheidung<br />
über das dann einzuhaltende Verfahren getroffen.<br />
Die Kammer hat aber auch keinen Zweifel, dass das im Bremischen Personalvertretungsgesetz<br />
im Einzelnen geregelte Mitbestimmungsverfahren verfassungskonform ist.<br />
Hier ist insbesondere von Bedeutung, dass in organisatorischen Angelegenheiten gemäß<br />
§ 61 Abs. 4 Satz 3 BremPers<strong>VG</strong> das Recht des Senats unberührt bleibt, eine<br />
endgültige Entscheidung zu treffen. Der Senat braucht also eine Entscheidung der Einigungsstelle<br />
in organisatorischen Angelegenheiten nach § 61 Abs. 3 BremPers<strong>VG</strong> im<br />
Ergebnis nicht zu beachten. Für eine abweichende Sachentscheidung besteht grundsätzlich<br />
auch keine Frist. Lediglich dann, wenn ein am Verfahren beteiligter Personalrat<br />
- oder Richterrat - einen ausdrücklichen Antrag stellt, hat der Senat gem. § 61<br />
Abs. 4 Satz 4 BremPers<strong>VG</strong> binnen zwei Monaten nach Zugang des <strong>Beschluss</strong>es der<br />
...
12<br />
Einigungsstelle endgültig zu entscheiden. Diese Frist ist ausreichend und setzt den Senat<br />
nicht unter unangemessenen zeitlichen Zugzwang.<br />
Der <strong>Beschluss</strong> des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.1995 (2 BvF 1/92 in BVerf-<br />
GE 93, 37) zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz, auf den sich der Beteiligte<br />
zu 2. berufen hat, betraf eine in verschiedener Hinsicht <strong>mit</strong> dem Bremischen<br />
Personalvertretungsgesetz nicht vergleichbare Landesregelung. Konkret moniert hatte<br />
das Bundesverfassungsgericht unter anderem eine Bestimmung im damaligen § 55<br />
schleswig-holsteinisches Mitbestimmungsgesetz, wonach die zuständige Dienststelle<br />
Beschlüsse der Einigungsstelle, die wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen<br />
die Regierungsverantwortung wesentlich berühren, spätestens innerhalb einer Frist<br />
von zwanzig Arbeitstagen nach Übersendung ganz oder teilweise aufheben oder endgültig<br />
entscheiden kann. Diese Regelung ist <strong>mit</strong> § 61 Abs. 4 BremPers<strong>VG</strong> nicht konkordant,<br />
da der Senat bei Fehlen eines Antrags nach § 61 Abs. 4 Satz 4 BremPers<strong>VG</strong><br />
ohne jegliche zeitliche Einschränkung eine von der Einigungsstelle abweichende endgültige<br />
Entscheidung in organisatorischen Angelegenheiten treffen kann und er bei einem<br />
Antrag des Personalrats immerhin eine zweimonatige Entscheidungsfrist hat. Im<br />
Übrigen stellt § 59 Abs. 5 Satz 1 BremPers<strong>VG</strong> klar, dass in personellen Angelegenheiten<br />
der Beamten und in organisatorischen Angelegenheiten die Einigung vor der<br />
Schlichtungsstelle nur als Empfehlung für den Senat gilt. Da<strong>mit</strong> ist den rahmenrechtlichen<br />
Vorgaben des § 104 Satz 3 BPers<strong>VG</strong> hinreichend Rechnung getragen.<br />
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum schleswig-holsteinischen Mitbestimmungsgesetz<br />
(<strong>Beschluss</strong> vom 24.05.1995 a. a. O.) ist auch deswegen nicht in<br />
jeder Beziehung auf das Bremische Personalvertretungsgesetz anwendbar, weil in<br />
<strong>Bremen</strong> eine andere landesverfassungsrechtliche Lage als in Schleswig-Holstein besteht.<br />
Während in Schleswig-Holstein die Mitbestimmung nicht in der Landesverfassung<br />
geregelt ist, garantiert Artikel 47 Landesverfassung der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong><br />
(BremLVerf) ausdrücklich die Mitbestimmung auch bei den Behörden. Die landesverfassungsrechtlich<br />
verankerte Mitbestimmung im öffentlichen Dienst gehört zu den<br />
identitätsbildenden Elementen der Eigenstaatlichkeit, die als Ausdruck der föderalen<br />
Vielfalt (Art. 79 Abs. 3 GG) auch bundesverfassungsrechtlich zu respektieren sind<br />
(Rinken, „Perspektiven der Mitbestimmung im öffentlichen Dienst“ in Der Personalrat<br />
1999, S. 523, 526). Mitbestimmung ist dort, wo sie landesverfassungsrechtlich garantiert<br />
ist, nicht lediglich eine Staatszielbestimmung oder eine Institutsgarantie, sondern<br />
wird als Grundrecht gewährt (Verfassungsgerichtshof des Freistaats Sachsen, Urteil<br />
vom 22.02.2001 - Vf 51-II-99 in Der Personalrat 2001, S. 367; Thüringer Verfassungsgerichtshof,<br />
Urteil vom 20.04.2004 - VerfGH 14/02 in Der Personalrat 2005, S. 32).<br />
Das Demokratieprinzip schließt Mitbestimmung nicht aus. Vielmehr ist der Gesetzgeber<br />
gehalten, die Beteiligung der Personalvertretungen in dem durch das Demokratieprinzip<br />
vorgegebenen und begrenzten Rahmen möglichst weitgehend zur Geltung zu<br />
bringen (Verfassungsgerichtshof des Freistaats Sachsen, Urteil vom 22.02.2001<br />
a. a. O.; siehe auch Rinken „Das Grundrecht auf Mitbestimmung im öffentlichen<br />
Dienst“ in Der Personalrat 2001, S. 355, Rinken „Das Grundrecht auf Mitbestimmung<br />
in der Verfassung des Freistaats Thüringen“ in Der Personalrat 2005, S. 17).<br />
Diesen landesverfassungsrechtlichen Auftrag hat der bremische Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes<br />
unter Beachtung der Erfordernisse des Demokratieprinzips<br />
ausgeführt, indem er die personellen Angelegenheiten der Beamten und die organisatorischen<br />
Angelegenheiten der Letztentscheidung des parlamentarisch verantwortlichen<br />
Senats nicht entzogen, gleichzeitig aber durch die Ausgestaltung des Mit-bestimmungsverfahrens<br />
das landesverfassungsrechtliche Grundrecht auf Mitbestimmung<br />
wirksam zur Geltung gebracht hat.“<br />
...
Daran ist festzuhalten.<br />
13<br />
Der Hinweis des Beteiligten auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum<br />
Letztentscheidungsrecht (BVerwG, <strong>Beschluss</strong> vom 19.08.2009 – 6 PB 20/09 in PersR 2009,<br />
407) führt zu keiner anderen Bewertung des hier anhängigen Streites. Sie befasst sich <strong>mit</strong> der<br />
Frage, ob und wann von dem Letztentscheidungsrecht Gebrauch gemacht werden kann,<br />
wenn das Einigungsstellenverfahren ohne wirksamen <strong>Beschluss</strong> beendet worden ist. Darum<br />
geht es hier nicht. Der Beschleunigung des Mitbestimmungsverfahrens bei beabsichtigten<br />
Versetzungen trägt die vom bremischen Gesetzgeber geregelte Alleinzuständigkeit des Ge-<br />
samtpersonalrats bei Nichtzustimmung auch nur eines Personalrats Rechnung, wie vorste-<br />
hend schon ausgeführt wurde.<br />
Im Übrigen heißt es in dem angeführten <strong>Beschluss</strong> des Bundesverwaltungsgerichts vom<br />
19.08.2009 (6 PB 20/09 a.a.O.) :<br />
„Vielmehr setzt die Ausübung des Letztentscheidungsrechts durch die oberste Dienstbehörde<br />
die ordnungsgemäße Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens voraus.<br />
Die Personalvertretungen können daher auch in den Fällen eingeschränkter Mitbestimmung<br />
verlangen, dass sie vollständig unterrichtet und die gesetzlich vorgesehenen<br />
Stationen des Mitbestimmungsverfahrens durchlaufen werden.“<br />
Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Hier ist das Mitbestimmungsverfahren <strong>mit</strong> der Folge<br />
der Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Gesamtpersonalrats nicht ordnungsgemäß<br />
durchgeführt worden.<br />
2.3<br />
Aus dem Vorstehenden folgt ohne weiteres, dass der Spruch der Einigungsstelle vom<br />
31.05.2010 über die Ersetzung der fehlenden Zustimmung des Personalrats der Bürger-<br />
schaftskanzlei rechtswidrig war. Die Anrufung der Einigungsstelle war wegen der inzwischen<br />
begründeten Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats unzulässig (Großmann/Mönch/Rohr,<br />
a.a.O, zu § 50, Rdnr. 17).<br />
Die Einigungsstelle durfte daher mangels Wegfalls der Zuständigkeit des Personalrats der<br />
Bürgerschaft im Hinblick auf die beabsichtigte Versetzung von Herrn Dr. B. weder tätig wer-<br />
den noch einen <strong>Beschluss</strong> in dieser Angelegenheit fassen. Der gleichwohl getroffene Erset-<br />
zungsbeschluss verletzte das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 50 Abs. 1<br />
BremPers<strong>VG</strong>, weil er die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats missachtete.<br />
...
3.<br />
14<br />
Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen <strong>Beschluss</strong>verfahren kein<br />
Raum (ständige Rechtsprechung der bremischen <strong>Verwaltungsgericht</strong>e, ausführlich zuletzt <strong>VG</strong><br />
<strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 13.04.2006 - PK 715/05.PVL).<br />
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g<br />
Gegen diesen <strong>Beschluss</strong> ist die Beschwerde statthaft. Sie ist innerhalb von einem Monat nach<br />
Zustellung dieses <strong>Beschluss</strong>es bei dem<br />
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong>, Am Wall 198, 28195 <strong>Bremen</strong>,<br />
(Tag-/Nachtbriefkasten Justizzentrum Am Wall im Eingangsbereich)<br />
einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11<br />
Abs. 2 Satz 2, Nr. 4 und 5 ArbGG zur Vertretung berechtigten Person unterzeichnet sein. Sie<br />
muss den <strong>Beschluss</strong> bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist, und die Erklärung<br />
enthalten, dass gegen diesen <strong>Beschluss</strong> die Beschwerde eingelegt wird. Die Beschwerde ist<br />
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des <strong>Beschluss</strong>es zu begründen. Die Beschwerdebegründung<br />
muss von einem Rechtsanwalt oder einer nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 und 5 ArbGG<br />
zur Vertretung berechtigten Person unterzeichnet sein. Sie muss angeben, auf welche im Einzelnen<br />
anzuführenden Beschwerdegründe sowie auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde<br />
gestützt wird.<br />
gez. Kramer<br />
Für die Ausfertigung:<br />
Kohlmeyer<br />
Verwaltungsangestellte<br />
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle<br />
des <strong>Verwaltungsgericht</strong>s<br />
...