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Beschluss - Verwaltungsgericht Bremen

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<strong>Verwaltungsgericht</strong><br />

der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong><br />

Az: 6 V 1440/03<br />

H<br />

<strong>Beschluss</strong><br />

In der Verwaltungsrechtssache<br />

Freie<br />

Hansestadt<br />

<strong>Bremen</strong><br />

hat das <strong>Verwaltungsgericht</strong> der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong> - 6. Kammer - durch Richter<br />

Hülle, Richterin Feldhusen-Salomon und Richter Dr. Külpmann am 4.11.2003 beschlossen:<br />

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die<br />

Verfügung des Senators für Finanzen vom 31.07.2003 wird<br />

insoweit wieder hergestellt als der Antragstellerin aufgegeben<br />

worden ist, sich zur amtsärztlichen Überprüfung ihrer<br />

Dienstfähigkeit beim Gesundheitsamt <strong>Bremen</strong> einzufinden.<br />

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.<br />

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin und<br />

die Antragsgegnerin je zur Hälfte.<br />

Der Streitwert wird zum Zwecke der Kostenberechnung auf<br />

2.000,00 Euro festgesetzt.<br />

...


- 2 -<br />

Gründe<br />

I.<br />

Die Antragstellerin steht als Verwaltungssekretärin im Dienst der Antragsgegnerin. Sie ist seit<br />

April 1998 Beamtin auf Lebenszeit. Mit der Ernennung wurde sie in eine Planstelle der Bes.-Gr.<br />

A 6 eingewiesen und ihr wurde ein Amt bei der früheren S. für das P. , Referat<br />

(jetzt: Senator für F. , Referat 3 ) übertragen (Bl. 62 Personalakte).<br />

In der Zeit von April 1998 bis 09.03.2001 war die Antragstellerin nacheinander 5 unterschiedli-<br />

chen Dienstposten - jeweils mit dem Ziel einer dauerhaften Versetzung - „zugewiesen“. Aus<br />

Sicht der jeweiligen Dienststellen gab es jeweils Probleme mit der Arbeitsmotivation, der Ko-<br />

operationsbereitschaft und dem Umgang der Antragstellerin mit ihren Kollegen. Die „Zuwei-<br />

sungen“ wurden aufgrund dieser Probleme jeweils beendet.<br />

Eine unter dem 12.06.2001 durchgeführte amtsärztliche Untersuchung der Antragstellerin<br />

durch das Gesundheitsamt <strong>Bremen</strong> führte zu dem Ergebnis, dass bei ihr eine gesundheitsbe-<br />

dingte Leistungseinschränkung nicht bestehe.<br />

Nachdem weitere „Arbeitsversuche“ beim Senator für F. und beim Statistischen Landes-<br />

amt abgebrochen worden waren, teilte der Senator für F. der Antragstellerin unter dem<br />

07.01.2002 mit, dass er keine Möglichkeit mehr sehe, sie in einer anderen Dienststelle einzu-<br />

setzen und er wegen des von der Antragstellerin gezeigten Verhaltens in ihren Beschäfti-<br />

gungsdienststellen disziplinarische Vorermittlungen (§ 25 BremDO) veranlassen werde. Unter<br />

dem 18.10.2002 leitete der Senator für F. gegen die Antragstellerin ein förmliches Diszipli-<br />

narverfahren mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst ein. Die Antragstellerin sei in den<br />

vergangenen Jahren entweder durch eine ausgesprochen nachlässige oder lustlose Arbeits-<br />

weise aufgefallen oder durch reine Arbeitsverweigerung. Zugleich wurde die Antragstellerin<br />

unter Einbehaltung von 10 % ihrer Bezüge vom Dienst suspendiert. Diese vorläufigen Maß-<br />

nahmen nach §§ 83, 84 BremDO wurden ausweislich der beigezogenen Akte der Disziplinar-<br />

kammer beim VG <strong>Bremen</strong> (DV 2760/02, Bl. 94) im April 2003 aufgehoben. Das Disziplinarver-<br />

fahren ist noch nicht abgeschlossen.<br />

Am 22. und 27.05.2003 fanden Behördengespräche über den weiteren dienstlichen Einsatz<br />

der Antragstellerin statt, an denen auch die Antragstellerin teilnahm. Die Behörden kamen<br />

überein, die Antragstellerin nach einer „Hospitanz“ ab 12.06.2003 beim G. <strong>Bremen</strong><br />

einzusetzen. Für den Fall „beidseitig erfolgreicher Bewertung der Zusammenarbeit“ stellte der<br />

...


- 3 -<br />

Senator für F. der Antragstellerin in Aussicht, sie nach einem halben Jahr Bewährung in<br />

ihrer Tätigkeit beim G. <strong>Bremen</strong> nach dorthin zu versetzen.<br />

Unter dem 11.06.2003 führte der Leiter des Gesundheitsamtes <strong>Bremen</strong> aus, er halte die An-<br />

tragstellerin für seelisch krank und dienstunfähig. Er empfehle eine Begutachtung durch die<br />

Chefärzte für Psychiatrie im Zentralkrankenhaus <strong>Bremen</strong>-Ost. Zu dieser Einschätzung sei er<br />

auf dem Hintergrund seiner Qualifikation als Sozialmediziner und Psychiater aufgrund des von<br />

der Antragstellerin in drei Gesprächen gezeigten Verhaltens gekommen.<br />

Mit Verfügung vom 31.07.2003 ordnete der Senator für F. die amtsärztliche Untersuchung<br />

der Antragstellerin durch das G. <strong>Bremen</strong> an. Aus dem Verlauf ihrer Vorstellung und<br />

Hospitanz beim G. <strong>Bremen</strong> ergäben sich erneut Zweifel an der Dienstfähigkeit der An-<br />

tragstellerin.<br />

Die Antragstellerin legte gegen diese Verfügung Widerspruch ein und beantragte vorläufigen<br />

Rechtsschutz beim <strong>Verwaltungsgericht</strong> <strong>Bremen</strong>. Die Stellungnahme des Leiters des Gesund-<br />

heitsamtes <strong>Bremen</strong> stelle einen unqualifizierten Versuch dar, die Antragstellerin als psychisch<br />

krank zu stigmatisieren. Ihre dem Konflikt mit dem Dienstherrn zugrundeliegende Erwartung,<br />

dauerhaft einen Arbeitsplatz zugewiesen zu bekommen, sei berechtigt.<br />

Die Antragstellerin beantragt,<br />

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 04.08.2003<br />

wieder herzustellen.<br />

Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen.<br />

II.<br />

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen<br />

Umfang Erfolg.<br />

Wie die bremischen <strong>Verwaltungsgericht</strong>e wiederholt entschieden haben, richtet sich vorläufi-<br />

ger Rechtsschutz gegen eine auf § 43 Abs. 1 Satz 3 BremBG gestützte Anordnung nach § 80<br />

Abs. 5 VwGO (vgl. OVG <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 20.01.1993, 2 B 152/92; VG <strong>Bremen</strong>, Be-<br />

schluss vom 15.09.1997, 6 KV 1740/97; offen gelassen: BVerwG, Urteil vom 10.02.2000, 2 A<br />

3.99 in: Juris). Das vorliegende Verfahren gibt keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung ab-<br />

zuweichen.<br />

...


- 4 -<br />

Die Kammer entscheidet über den Eilantrag - zumal die Anordnung der sofortige Vollziehung<br />

dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO entspricht - gemäß § 80 Abs. 5 VwGO<br />

aufgrund eigenen Ermessens. Dabei ist das Suspensivinteresse der Antragstellerin mit dem<br />

Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin abzuwägen. In die Abwägung sind die Erfolgsaussich-<br />

ten im Hauptsacheverfahren einzubeziehen. Diese Abwägung führt nach summarischer Prü-<br />

fung zu dem aus dem Tenor ersichtlichen Ergebnis. Danach bleibt es bei der sofort vollziehba-<br />

ren Verpflichtung der Antragstellerin, an einer (amts-)ärztlichen Untersuchung ihrer Dienstfä-<br />

higkeit mitzuwirken (1.). Die Antragstellerin kann aber verlangen, dass diese Untersuchung, an<br />

der sie mitwirken muss, nicht vom G. <strong>Bremen</strong> durchgeführt wird (2.).<br />

1. Nach § 43 Abs. 1 Satz 3 BremBG bieten „Zweifel über die Dienstunfähigkeit“ Anlass für die<br />

Anordnung einer ärztlichen Untersuchung des Beamten. Die Vorschrift konkretisiert die be-<br />

amtenrechtliche Treue-, Hingabe- und Gehorsamspflichten (vgl. §§ 44, 56 BremBG) für den<br />

Fall von Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten im Sinne einer umfassenden Mitwir-<br />

kungspflicht des Beamten an den erforderlichen ärztlichen Untersuchungen und ist deshalb<br />

auf alle Fälle anwendbar, in denen aus dienstlichen Gründen berechtigter Anlass zur Prü-<br />

fung besteht, ob der Beamte den Anforderungen seines Amtes in gesundheitlicher Hinsicht<br />

noch (voll) gerecht wird (vgl. OVG <strong>Bremen</strong>, <strong>Beschluss</strong> vom 20.01.1993, 2 B 152/92). Der<br />

Anlass ist berechtigt, wenn Tatsachen vorliegen, die einen dienstlichen Klärungsbedarf be-<br />

züglich des Gesundheitszustandes des Beamten auslösen (vgl. Fürst, GKÖD BBG § 42<br />

Rdn. 22 ff.).<br />

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die ärztliche Untersuchung der Antragstellerin hinrei-<br />

chend durch Tatsachen veranlasst.<br />

Das folgt allerdings nicht schon aus der Tatsache, dass die Antragstellerin sich dagegen<br />

wehrt, seit Jahren - wenn überhaupt - jeweils nur unter dem Vorbehalt der „Bewährung“<br />

bzw. eines „erfolgreichen Arbeitsversuches“ oder der „Zustimmung des potentiellen Dienst-<br />

vorgesetzten“ einen Dienstposten übertragen bzw. in Aussicht gestellt bekommen zu ha-<br />

ben. Denn sie hat aufgrund ihrer Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit (sog. „Anstellung“,<br />

vgl. § 7 Abs. 1 BremLV) auch dann einen uneingeschränkten Anspruch auf amtsangemes-<br />

sene Beschäftigung, wenn die Realisierung dieses Anspruchs konfliktträchtig sein mag (vgl.<br />

Zusammenstellung der insoweit einhelligen Rspr. bei Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl,<br />

BayBG Kommentar Art. 86 Erl. 26). Dieser Anspruch darf nicht im Wege behördlicher Ver-<br />

einbarungen verändert werden unter anderen Voraussetzungen oder in anderen Formen als<br />

...


- 5 -<br />

denen, die in den Beamtengesetzen bestimmt oder zugelassen sind (vgl. § 59 BRRG). Das<br />

schließt für Lebenszeitbeamte Vorbehalte oder Einschränkungen aus, die dem Beamten<br />

außergesetzlich ein Risiko amtsangemessener Beschäftigung auferlegen (vgl. VG <strong>Bremen</strong>,<br />

<strong>Beschluss</strong> vom 11.06.2002, 6 V 45/02). Eine solche außergesetzliche Beschränkung liegt<br />

aber vor, wenn der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung über Jahre hinweg da-<br />

von abhängig gemacht wird, dass die Antragstellerin sich nach Einschätzung ihrer jeweili-<br />

gen Beschäftigungsstelle in „Arbeitsversuchen“ „bewährt“. Eine Bewährung bzw. Erprobung<br />

sieht das Gesetz nur für Beamte vor, die sich entweder noch in der laufbahnrechtlichen<br />

Probezeit befinden (vgl. § BremBG) oder denen ein höherwertiger Dienstposten übertragen<br />

werden soll (§ 8 BremBG). Läßt sich der Anspruch der Antragstellerin auf amtsangemes-<br />

sene Beschäftigung nicht im Konsenswege im Rahmen des geltenden Beamtenrechts<br />

verwirklichen, ist es Sache der obersten Dienstbehörde, erforderlichenfalls diejenigen An-<br />

ordnungen zu treffen, die nötig sind, um den Anspruch der Antragstellerin auf amtsange-<br />

messene Beschäftigung zu gewährleisten.<br />

Ein hinreichender Anlass für die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung ergibt sich<br />

aber aus Folgendem: Seit Jahren ist es in allen Dienststellen, in denen die Antragstellerin<br />

eingesetzt wurde oder eingesetzt werden sollte, zu erheblichen Konflikten nicht nur wegen<br />

der „Zuweisungsmodalitäten“, sondern auch in Bezug auf die Arbeitshaltung und Kooperati-<br />

onsfähigkeit bzw. -bereitschaft der Antragstellerin gekommen. Das gegen die Antragstellerin<br />

eingeleitete Disziplinarverfahren basiert auf dem Verdacht mangelnder Arbeitswilligkeit. Der<br />

sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes <strong>Bremen</strong> hatte in der amtsärztlichen<br />

Stellungnahme vom 12.06.2001 eine Begleitung der Antragstellerin bei der Einarbeitung an<br />

einem neuen Arbeitsplatz durch den PSF (psychosozialen Fachdienst) vorgeschlagen. Eine<br />

solche Begleitung wurde von der Antragstellerin nach Aktenlage zunächst abgelehnt, später<br />

akzeptiert. Nachdem die Antragstellerin aufgrund der disziplinarrechtlichen Suspendierung<br />

über einen längeren Zeitraum (faktisch seit Oktober 2002 bis jetzt) gar nicht beschäftigt<br />

worden ist, spricht der psychosoziale Fachdienst in seinem Bericht vom 23.06.2003 davon,<br />

dass die Antragstellerin, eine „ausgeprägte Opferhaltung“ angenommen habe; sie habe kei-<br />

ne eigenen Konfliktanteile benennen können. Dass eine solche Haltung der Antragstellerin<br />

und ihr bisheriges Arbeitsverhalten die Anforderungen ihres Amtes berühren, liegt auf der<br />

Hand. Die schwierige Frage, ob ihre Haltung und ihr bisheriges Arbeitsverhalten jedenfalls<br />

auch durch gesundheitliche Gründe in der Person der Antragstellerin zu erklären sind oder<br />

ob dies auszuschließen ist, kann nur mit Hilfe ärztlichen Sachververstandes geklärt werden.<br />

Auf diese Klärung ist der Dienstherr angewiesen, um in dem in der Vergangenheit durch er-<br />

hebliche Konflikte gekennzeichneten Beamtenverhältnis mit der Antragstellerin angemes-<br />

...


- 6 -<br />

sen sowohl im Disziplinarverfahren als auch darüber entscheiden zu können, ob und ggf. in<br />

welcher Weise die Antragstellerin künftig dienstlich eingesetzt werden soll. Die ärztliche<br />

Untersuchung der Antragstellerin ist daher durch dienstliche Gründe gerechtfertigt. Sie ist<br />

unter diesen Umständen auch der Antragstellerin zuzumuten und ihr gegenüber nicht etwa<br />

diskriminierend (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.02.2000 - 2 A 3.99 - Juris).<br />

2. Bestehen berechtigte Zweifel am Fortbestehen der vollen Dienstfähigkeit, so liegt es nach §<br />

43 Abs. 1 Satz 3 BremBG im Ermessen der Behörde, welchen Arzt oder welche ärztlich-<br />

sachverständige Behörde sie mit der Untersuchung betraut. Es erscheint im Ansatz durch-<br />

aus sachgerecht, dass der Senator für F. eine amtsärztliche Untersuchung der Antrag-<br />

stellerin angeordnet hat. Immerhin kommt den Einschätzungen der Amtsärzte wegen ihrer<br />

besonderen Stellung (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 11, 23 ÖGDG - SaBremR 2120-f-1) und ihrer be-<br />

sonderen Kenntnis von den Anforderungen des jeweiligen Amtes bei der Feststellung der<br />

Dienstfähigkeit/Dienstunfähigkeit eine besondere Rolle zu (vgl. BVerwG, <strong>Beschluss</strong> vom<br />

08.03.2001, NJW 2002, 99). Ebenso erscheint es rechtlich unbedenklich, dass der Senator<br />

für F. es in Übereinstimmung mit Nr. 4.1. der einschlägigen Dienstvereinbarung (Bre-<br />

mAmtsbl. 1999, S. 635) dem Amtsarzt überläßt, die Entscheidung über die Einholung et-<br />

waiger ergänzender fachärztlicher Gutachten zu treffen.<br />

Allerdings können bei der Auswahl einer sachverständigen Fachbehörde nach § 43 Abs. 1<br />

Satz 3 BremBG im Einzelfall der Zweck der Untersuchung und/oder die zu beachtenden<br />

Verfahrensgrundsätze dazu führen, dass die Auswahl einer bestimmten sachverständigen<br />

Fachbehörde ausscheidet. Die ärztliche Untersuchung hat den Zweck, es dem Dienstherrn<br />

zu ermöglichen, die Frage der Dienstfähigkeit eines Beamten in gesundheitlicher Hinsicht<br />

mit besonderer Sorgfalt zu beurteilen (Nr. 1.1. Satz 2 der Dienstvereinbarung). Dazu bedarf<br />

es des medizinischen Sachverstandes, der die für und gegen eine Dienstfähigkeit spre-<br />

chenden Anhaltspunkte objektiv, ergebnisoffen und ausschließlich nach fachlichen Ge-<br />

sichtspunkten beurteilt. An Verfahrensgrundsätzen sind u.a. zu beachten der rechtsstaatli-<br />

che Grundsatz der fairen Verfahrensgestaltung, der nicht auf gerichtliche Verfahren be-<br />

schränkt ist (st. Rspr. des BVerfG und des BVerwG, vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom<br />

05.12.1986, NVwZ 1987, 578/582) und der Grundsatz einer möglichst effektiven Verfah-<br />

rensgestaltung.<br />

Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird die Auswahl des Gesundheitsamtes<br />

<strong>Bremen</strong> als sachverständige Fachbehörde wegen besonderer Umstände des Einzelfalles<br />

nicht hinreichend gerecht. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass die Antragstellerin<br />

...


- 7 -<br />

dem G. <strong>Bremen</strong> zur Dienstleistung zugewiesen ist. Auch die vom Leiter des Ge-<br />

sundheitsamtes außerhalb des Verfahrens nach der Vereinbarung über die amtsärztliche<br />

Untersuchung (BremAmtsbl. S. 1999, S. 365) getroffene, auf medizinischen Sachverstand<br />

gestützte Feststellung, die Antragstellerin sei seelisch krank, dürfte die Auswahl des G.<br />

als sachverständige Fachbehörde wohl nicht bereits im Hinblick auf die Regelungen über<br />

den individuellen Ausschluss von Amtswaltern im Verwaltungsverfahren nach §§ 20, 21<br />

VwVfG wegen fachlicher Vorfestlegung als rechtsfehlerhaft erscheinen lassen. Hier kommt<br />

jedoch hinzu, dass der Amtsleiter, der zuständige Abteilungsleiter für den amtsärztlichen<br />

Dienst und die Verwaltungsleiterin des G. <strong>Bremen</strong> bereits erklärt haben, sie<br />

schlössen eine Zusammenarbeit mit der Antragstellerin aus. Davon ist nach dem Bericht<br />

des psychosozialen Fachdienstes vom 23.06.2003 auszugehen. Bei dieser Sachlage wäre<br />

jeder Arzt und jede Ärztin des amtsärztlichen Dienstes des G. <strong>Bremen</strong>, der die<br />

Antragstellerin zu untersuchen und zu begutachten hätte, nicht nur mit der fachlichen Vor-<br />

festlegung des Amtsleiters konfrontiert, sondern auch einem besonderen Zielkonflikt ausge-<br />

setzt: Einerseits sind die eingangs genannten Anforderungen an die fachliche Begutachtung<br />

zu erfüllen, andererseits kommt in der Ablehnung der Zusammenarbeit mit der Antragstelle-<br />

rin ein ungewöhnliches „nichtfachliches Eigeninteresse“ des G. <strong>Bremen</strong> am Aus-<br />

gang der Begutachtung zum Ausdruck. Unter diesen Umständen ergeben sich nach An-<br />

sicht der Kammer aus der Sicht der Antragstellerin durch objektive Umstände hinreichend<br />

begründete Bedenken gegen die Auswahl des G. <strong>Bremen</strong> unter dem Gesichts-<br />

punkt des Grundsatzes einer fairen Verfahrensgestaltung. Zudem erscheint es auch im In-<br />

teresse an der gebotenen alsbaldigen Klärung der im Fall der Antragstellerin anstehenden<br />

dienstrechtlichen Fragen wenig sachgerecht und verfahrensförderlich, gerade eine Fachbe-<br />

hörde zur Untersuchung und Begutachtung auszuwählen, deren sachlich-fachliche Arbeit<br />

mit einer fachlichen Vorfestlegung und einem erkennbar gewordenen nichtfachlichen Ei-<br />

geninteresse am Ausgang des Begutachtungsergebnisses belastet wäre. Diese Nachteile<br />

sind vermeidbar, weil auch andere Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes in <strong>Bremen</strong><br />

(vgl. § 23 ÖGDG) oder außerhalb <strong>Bremen</strong>s vergleichbare Dienstleistungen anbieten. Dem<br />

steht nicht entgegen, dass die einschlägige Dienstvereinbarung eine Untersuchung durch<br />

das zuständige G. vorsieht. Denn diese Regelung betrifft nur den Regelfall, der hier<br />

gerade nicht gegeben ist.<br />

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.<br />

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG (vgl. OVG <strong>Bremen</strong>,<br />

<strong>Beschluss</strong> vom 20.01.1993, 2 B 152/02).<br />

...


- 8 -<br />

Rechtsmittelbelehrung<br />

Gegen diesen <strong>Beschluss</strong> ist - abgesehen von der Streitwertfestsetzung - die Beschwerde an<br />

das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong> statthaft. Die Beschwerde ist innerhalb<br />

von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieses <strong>Beschluss</strong>es bei dem<br />

<strong>Verwaltungsgericht</strong> der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong>, Altenwall 6, 28195 <strong>Bremen</strong>,<br />

einzulegen und innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des <strong>Beschluss</strong>es zu begründen.<br />

Die Beschwerde muss von einem Rechtsanwalt oder einem sonst nach § 67 Abs. 1 VwGO<br />

zur Vertretung berechtigten Bevollmächtigten eingelegt werden.<br />

Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem<br />

Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong> einzureichen. Die Beschwerde muss<br />

einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern<br />

oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.<br />

Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht der Freien<br />

Hansestadt <strong>Bremen</strong> statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 50,00 Euro<br />

übersteigt. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung<br />

in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat oder das Verfahren sich anderweitig erledigt<br />

hat, bei dem<br />

<strong>Verwaltungsgericht</strong> der Freien Hansestadt <strong>Bremen</strong>, Altenwall 6, 28195 <strong>Bremen</strong>,<br />

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.<br />

gez. Hülle gez. Feldhusen-Salomon gez. Dr. Külpmann

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