Vorgeschichte und Zustandekommen der Pariser Verträge

Vorgeschichte und Zustande4ommen der Pariser Verträge 455
und der durch sie hergestellten wenigstens vorläufigen Ordnung wird am
besten möglich sein, wenn man sich den langen und mühsamen historischen
Prozeß vergegenwärtigt, der aus dem Chaos von 1945 bis zum 5./6. Mai 1955
geführt hat.
VORGESCHICHTE DER PARISER VERTRAGE30)
L Die Frage der Sicherheit
Die in den Pariser Verträgen im Vordergrund stehende Regelung der
Sicherheitsfrage unter Teilnahme Deutschlands hat sich seit 1945 in einer
folgerichtigen, wenn auch erst seit 1930 geraden Entwiddungslinie angebahnt.
Das Jahr 1950, besonders die Korea-Krise, bildet in dieser Entwick-
lung eine Zäsur, nach der das zielbewußte Bemühen der Siegerrnäc[ite um die
Wiedernuubarmachung deutscher Kräfte für die Verteidigung der Freien
Welt einsetzt.
1. Mehr noch als nach früheren Kriegen stand nach der deutschen Kapitulation
von 1945 die Frage der Vorbeugung einer erneuten kriegerischen Aus-
einander'setzung im Mittelpunkt der politischen Bestrebungen. Die Garantie
derSicherheit,dienachdemErstenWeltkriegtrotzallerBemuhungennidit
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gelungen war, sollte nunmehr mit den gleichen und mit, zusätzlichen Mitteln
erreicht werden. Als an die Zeit von 1919 bis 1939 anknüpfende gleiche
Mittel kann man jedenfalls die Versuche bezeichnen, auf dem Wege des Wiederaufbaus
bzw. Ausbaus der internationalen Organisation, insbesondere der
Wiederbelebung des Völkerbundes in der Organisation der Vereinten Natio-
nen so-wie der Umformung des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in
den Internationalen Gerichtshof, die friedliche Erledigung politischer und
rechtlicher Streitigkeiten zu ermöglichen. Weit stärker noch als nach dem
Ersten Weltkrieg stellte sich jedoch 1945 dieses System als ein System der
Abwehr gegen einen bestimmten vermuteten Angreifer, nämlich Deutsch-
land, dar. Dieser Abwehrcharakter erklärt sich aus der Tatsache, daß der
internationale Zusammenschluß nach dem Zweiten Weltkrieg seine histori-
schen Wurzeln bereits in den alliierten Konferenzbeschlüssen der letzten
Kriegsjahre hat, aus dem psychischen Erlebnis des nationalsozialistischen
30) Angesichts der ungeheuren Menge wissenschaftlicher und politischer Darstellungen
.der Entwicklung wird im folgenden auf die Zitierung von Literatur weitgehend verzichtet.
Hingewiesen sei nur auf die aus der authentischen Feder des langjährigen Rechtsberaters des
Britischen Hohen Kommissars M. E. B a t h u r s t stammende, in Zusammenarbeit mit
j. L. S i. m p s o n veröffentlichte neue Zusammenfassung: Germany and the North Atlantic
Commu4ity, London 1956.
30 Z. ausl. öff. R. u. VR., Bd. 17/3-4
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