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gewünscht Fuß fassen. Der Zivilschutz<br />
wurde immer wieder mit den abzuwehrenden<br />
Gefahren, die bei einem Krieg<br />
entstehen, in Verbindung gebracht. Er<br />
war mit dem militärischen Bereich verbunden<br />
und erweckte bei vielen Assoziationen<br />
an den früheren Luftschutz.<br />
Dies führte bei der älteren Generation<br />
und zweifellos auch bei vielen Jüngeren<br />
zu Ablehnung. Angesichts der atomaren<br />
Hochrüstung in Ost und West wurde<br />
auch bei uns das Gefühl immer stärker,<br />
dass es ein Überleben einer solchen weltweiten<br />
Auseinandersetzung nicht geben<br />
kann, dass man einen solchen „modernen“<br />
Krieg nicht überstehen wird.<br />
Das Gros der Bevölkerung stand daher<br />
dem Zivilschutz, von dem sie keinen unmittelbaren<br />
Nutzen erwarteten, zu dem<br />
sie nichts beitragen konnten und den sie<br />
somit in den alleinigen Verantwortungsbereich<br />
„der da oben“ abschoben, desinteressiert<br />
gegenüber.<br />
1985 veranstaltete daher das Bundesministerium<br />
für Inneres eine Zivilschutz-Enquete,<br />
bei der ein neues Leitbild<br />
für den österreichischen Zivilschutz<br />
diskutiert wurde. Der Zivilschutz sollte<br />
nach den neuen Vorstellungen über<br />
die nur auf Landesverteidigung gerichteten<br />
Maßnahmen hinausgehen und sich<br />
als umfassender Katastrophenschutz darstellen.<br />
Als solcher sollte er – wenn auch<br />
nicht mehr vorrangig und ausschließlich<br />
– auch Vorsorge für die schlimmste aller<br />
Katastrophen, die bewaffnete Auseinandersetzung,<br />
treffen. Die Ergebnisse dieser<br />
Enquete fanden letztlich aber keinen<br />
Eingang in den Landesverteidigungsplan,<br />
zu dessen Überarbeitung es auch nicht<br />
mehr, wie vorgesehen, kam.<br />
Nach der Reaktorkatastrophe von<br />
Tschernobyl 1986, mit dem Fall des Eisernen<br />
Vorhanges und dem Ende des<br />
Kalten Krieges 1989 wurde schließlich<br />
auch der Zivilschutz „zivil“, dem Zivilschutz<br />
alter Prägung wurde sukzessive<br />
die Grundlage entzogen. Ab nun stand<br />
der Schutz vor Natur- und technischen<br />
Katastrophen ganz oben auf der Prioritätenliste.<br />
Der Kernkraftwerksunfall<br />
von Tschernobyl hat schließlich bis über<br />
die Jahrtausendwende hinweg die Zivilschutzbemühungen<br />
Österreichs und<br />
der Nachbarländer geprägt. Abzuwarten<br />
bleibt, welche Konsequenzen die aktuelle<br />
Atom-Katastrophe in Japan auslöst.<br />
Es dauerte aber bis in das Jahr 2001,<br />
in welchem eine neue Sicherheits- und<br />
Verteidigungsdoktrin vom Nationalrat<br />
verabschiedet wurde, in der festgehalten<br />
ist, dass ein militärischer Angriff auf<br />
Österreich auf absehbare Zeit nicht mehr<br />
Grundlage des Sicherheitskonzepts Österreichs<br />
und somit auch nicht des Zivilschutzes<br />
zu sein hat.<br />
Anfang des neuen Jahrtausends wurde<br />
mit den Terroranschlägen in den USA,<br />
in Madrid und London klar, dass auch<br />
Terror in diesem Ausmaß nicht nur eine<br />
rein polizeiliche Angelegenheit darstellt.<br />
Schließlich haben Hochwasser- und<br />
Sturmkatastrophen in ganz Europa die<br />
Einsatzkräfte im Hinblick auf die enormen<br />
räumlichen Ausdehnungen dieser<br />
Katastrophen vor völlig neue Aufgaben<br />
gestellt. Neben dem Schutz der eigenen<br />
Bevölkerung wurde auch die grenzüberschreitende<br />
Hilfeleistung als Notwendigkeit<br />
erkannt. Der Zivilschutz wurde „international“.<br />
ZIVILSchUtZ oder<br />
kataStroPhenSchUtZ?<br />
Der Begriff des Zivilschutzes ist einer<br />
der ältesten Begriffe im Zusammenhang<br />
mit dem Bevölkerungsschutz. In<br />
den meisten europäischen Staaten ist dieser<br />
Begriff („civil protection“) in Ge-<br />
maGaZIn<br />
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