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123517. 4 Ohren Modell. Skript

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Das Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong>nach FriedemannSchulz von ThunVier <strong>Ohren</strong> hörenmehr als zweiDas Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong> von Friedemann Schulz von Thun ist eine wichtigeOrientierungshilfe im Kommunikationsalltag. Es ist in den 70er Jahren inDeutschland entstanden und wird heute weltweit verwendet.Friedemann Schulz von Thun istam 6. August 1944 geboren undheute Professor der Psycholgiean der Universität Hamburg.2007 hat er das Schulz von ThunInstitut für Kommunikation gegründet.Das Kommunikationsquadrat,das die vier Aspekteeiner Äusserung zum Themamacht, hat er 1970 entwickeltund 1977 zum ersten Mal publiziert.Schulz von Thun hatte sichzuvor als Wissenschafter intensivmit Alfred Adlers Individualpsychologieund Ruth Cohns ThemenzentrierterInteraktion auseinandergesetzt.Seine Büchergelten heute als Standardwerkein der Kommunikationsaus- und-weiterbildung.Der Kern des Kommunikationsmodellsvon Schulz von Thun: JedeAussage hat vier verschiedeneSeiten, vier Aspekte. Und: Oftmalsentstehen Missverständnisse, weilder Empfänger einer Botschaftden Inhalt über ein anderes Ohrhört als der Sender das wollte.Die Sach-BotschaftIn jeder Konversation, mit jederAussage soll zunächst einmal eineSachinformation übermittelt werden.Vielleicht sagt die Mutter amFrühstückstisch zu ihrer Tochter:«Es hat nur 15 Grad draussen.» –Das sind klare Fakten, möglicherweisehat die Mutter die Temperaturam Thermometer abgelesen.Der Sachaspekt ist meist nichtproblematisch, ausser die Aussageist so kompliziert, dass sie vomEmpfänger inhaltlich gar nicht verstandenwerden kann. Die Problematikist häufig viel eher, dass wireine Aussage ausschliesslich aufder Sachebene wahrnehmen.Die SelbstoffenbarungDer zweite Aspekt ist der Aspektder Selbstoffenbarung. Schulz vonThuns These lautet: Mit jeder Aussage,die wir machen, sagen wirletztlich auch etwas über unsselbst aus. Manchmal sogar mehrals uns bewusst ist. Der Geschäftsmann,der sich beklagt:«Das Essen im Hotel Z ist so teuergeworden» beklagt sich zwar vordergründigüber die Preise in diesemFünfsterne-Hotel. – Gleichzeitigsagt er aber auch: «Ich steige inFünfsterne-Hotels ab, und im HotelZ war ich früher schon.» UnsereFortsetzung auf Seite 2


Mutter sagt indirekt über sich selbst: «Ich habe mich heutemorgen schon informiert und bin früh aufgestanden.»Gerade der Selbstoffenbarungsaspekt ist ein wichtiger Aspekt.Einige Menschen sind sich dessen sehr bewusst und sprechenauf der Ebene der Selbstoffenbarung sehr viele indirekte Botschaftenaus. «Der Anrufer, der sich mit Professor Doktor Meier»meldet, macht damit schon im ersten Satz klar, dass ihmsein Status ausserordentlich wichtig ist. Der Professor Doktorhingegen, der sich nur mit «Meier» meldet, macht ebenso sehreine Aussage über sich selbst. Nämlich die, dass ihm sein Titelnichts bedeutet.Kommunikationsforscher Schulz von Thun unterscheidet dreiverschiedene Techniken, mit denen Personen auf der Ebeneder Selbstoffenbarung Eindruck machen wollen: Die Imponiertechnikhaben Sie eben im Beispiel kennengelernt. Eine andereAusdrucksform der Imponiertechnik ist die Beiläufigkeit. «Ich bingenau Ihrer Ansicht, obwohl mein alter Freund Bill Clinton immerdas Gegenteil behauptet.» Auch der Einsatz von Fremdwörternwird zur Imponiertechnik gerechnet: Ein Mensch spricht in einerhochtrabenden Sprache, wohlwissend, dass ihn sein Gegenübernicht versteht. Die versteckte Botschaft lautet hier: Ich binein gebildeter Mensch!Eine weitere, häufig eingesetzte Technik, ist die Fassadentechnik.Sie wird von Menschen verwendet, die keine Schwächezeigen wollen. Das klassische Beispiel ist Ihre Kollegin, die mitverheulten Augen vor Ihnen steht, weil sie sich eben von ihremFreund getrennt hat. Dennoch sagt sie: «Es geht mir gut.» DieSelbstoffenbarung darin besagt: «Ich möchte nicht als schwachoder leidend angesehen werden.» – Die Fassade muss aufrechterhalten bleiben.Schliesslich erwähnt Schulz-von-Thun die Verkleinerungstechnikals weiteres Beispiel, die Menschen auf der Selbstoffenbarungsebenekommunizieren. «Fishing for compliments» wirddas häufig auch genannt. Eine Person setzt keinen eigenenStatus so massiv herab, dass allen klar wird, dass eigentlich dasGegenteil gemeint sein muss.Der BeziehungsaspektNebst dem Sach- und dem Selbstoffenbarungsaspekt siehtSchulz von Thun in jeder Kommunikation auch einenBeziehungsaspekt. Der Sender einer Botschaft gibt mit dieserBotschaft auch eine Aussage zu dem Verhältnis zwischen ihmund dem Empfänger der Botschaft. Der Professor aus demvorherigen Beispiel macht mit seiner Vorstellung als «ProfessorDoktor» auch noch die Aussage: Ich bin gebildeter als Sie – fallsSie selbst nicht auch über die Professoren- und Doktorenwürdeverfügen. Falls Sie das tun, so sagt unser Professor: «Ich kannmit Ihnen mithalten.» – So oder so aber macht er eine Aussagezur Beziehung zwischen ihm und dem Empfänger. Im Beispielder Mutter, welche ihre Tochter auf die kalte TemperaturDas Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong> nach Friedemann Schulz von Thun 2


Fortsetzung von Seite 2Aktiv zuhörenDas Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong> von FriedemannSchulz von Thun dient als gute Basis fürdas aktive Zuhören. Das <strong>Modell</strong> bieteteine Struktur, nach der sich mit etwasÜbung schnell weitere Fragen erschliessen,um eine Kommunikationssituationrasch zu erfassen und klären – Und dasist in vielen Situationen wichtig. Im Callcenter,wenn Kundinnen und Kundenihre Anliegen vielleicht nicht präzise formulierenoder es erst einmal darum geht,sich die Frustration über ein schlechtesEinkaufserlebnis von der Seele zuschreiben.Wenn Sie also aufgrund des Gesprächseinstiegsden Eindruck erhalten, einePerson signalisiere auf der Appell-Ebene«Ich will endlich ernst genommen werden»,dann ist es meist sehr zielführend,konkret diesen Aspekt der Kommunikationanzusprechen. Etwa mit einem Satzwie: «Verstehe ich Sie richtig, Sie wollen,dass man Ihr Problem endlich ernstnimmt?»In diesem Sinne sind die vier Aspekte derKommunikation nach Schulz von Thunfür etliche andere Kommunikationstechnikennützlich. Das Verhandeln nach demHarvard-Prinzip beispielsweise gebietetes ja, hinter den formulierten Forderungendie wahren Interessen zu erkennen.Das Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong> liefert genau hierzueinen Ausgangspunkt.aufmerksam macht, könnteauf der Beziehungsebenemitschwingen: «Immer mussich mich um Dich kümmern,weil Du Dich sonst wiedernicht warum genug anziehst.»Vereinfacht kann man sagen,dass der Beziehungsaspektimmer im Spiel ist, wenn eineAussage auch auf das «Du»bezogen ist.Der Beziehungsaspekt in derKommunikation ist ein sehrheikler Aspekt, denn häufigspiegelt sich hierBevormundung, Wert- oderGeringschätzung desGegenübers. Gerade beiBeziehungskonflikten geht esoft gar nicht um denSachaspekt, sondern vielmehrum den Beziehungsaspekt.Dieser wird aber hintereiner ,Sachaussage‘versteckt. Der Anrufer, der imCallcenter verlangt, er möchtegerne mit dem Chefsprechen, signalisiert damitauf der Beziehungsebene:«Du bist mir zu wenig» undbringt damit Geringschätzungzum Ausdruck.Der Appell-AspektDer vierte und letzte Aspektnach Schulz von ThunsKommunikationsmodell istderjenige des Appells. SeineThese lautet: Mit jederKommunikation will derSender auch ein bestimmtesVerhalten vom Empfänger, erwill eine Wirkung auslösen.Dieser Appell kann sehr offenund klar sein. «Verbinden Siemich bitte mit dem Chef» istein Appell, der in einer klarenAufforderung ausgedrückt ist.Der Appell unserer Mutter istweniger explizit: Mit ihrerAussage, es sei draussen nur15 Grad warm, will sie vonihrer Tochter aber etwasanderes erreichen. Nämlichdass diese statt dembauchfreien Top einenPullover anzieht für die Schule.Manchmal ist ein Appell auchgar nicht in Worte gefasst:Eine Person beginnt zuWeinen – vielleicht ein Appellan das Gegenüber, diesenMenschen jetzt in den Arm zunehmen?Und jetzt?Das <strong>Modell</strong> von Schulz vonThun soll einerseits helfen,Kommunikation besser zuverstehen. Häufig entstehenKonflikte, weil die Menschennur auf einem «Ohr» hörenund die drei anderen Aspektevernachlässigen. SensiblenKommunikatoren gelingt eshingegen, zu merken, welcherder vier Aspekte dem Gegenüberbesonders wichtig ist.Entsprechend kann dieAntwort dann darauf Bezugnehmen – vielleicht in Formeiner Klärungsfrage, umabzusichern, dass man mitder eigenen Wahrnehmungrichtig liegt. Wichtig ist, sichdie vier <strong>Ohren</strong> gleichermassenoffen zu halten. Wer nur nochmit dem Appell-Ohr hört, wirdschon bei der Frage «Gibt eshier eine Kaffeemaschine»gleich zum Automaten rennenund einen Kaffee herauslassen– obwohl das gar nichtgemeint war. Wer nur nochauf dem Beziehungsohr hört,wird alles nur noch auf sichselbst beziehen – mitbisweilen krankhaften Zügen.Das Vier-<strong>Ohren</strong>-<strong>Modell</strong> nach Friedemann Schulz von Thun 3

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