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20 Minuten, 23. Mai 2006 «Züri-Slängikon ... - Domenico Blass.

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NZZ am Sonntag, 4. August <strong>20</strong>02GesellschaftDer Slang der Jungen als NachschlagewerkEin «Festnetztelefonierer» ist eine rückständige Person, dienicht weiss, was ein «Peino» ist, geschweige denn ein«Schnäbichätscher». Wer nichts dergleichen sein mag, dersollte die Anschaffung des neuen «Wörterbuchs der SchweizerJugendsprache» des Zuger Klett-Verlags in Betracht ziehen,eines Sammelwerks, an dem im Rahmen eines WettbewerbsSchülerinnen und Schüler aus der ganzen Schweiz mitgearbeitethaben.In Zeiten, da brutale Schülergewalt an den Erziehungsstättendie Medien beherrscht, hat die neuste Jugendslang-Sammlungetwas Beruhigendes. Es kommen Prägungen vor wie das«Lungebrötli» für eine Zigarette, der «Siech» für einenRausch oder «förig» für Überflüssiges - harmlose Begriffe,die schon Generationen von Männern in der RS gelernt haben.Neben plump eingedeutschten Slang-Ausdrücken wie «foode» fürNahrungsaufnahme oder «disse» für die respektlose(disrespectful) Rede über jemanden, nehmen sich die meistenBegriffe geradezu «Old School» -mässig aus. Über weiteStrecken liest sich das Wörterbuch, als hätte jemand demhiesigen Jugendlichkeits-Darsteller aus der Sitcom«Mannezimmer» den anbiedernden Wortschatz abgelauscht. DieserPseudodialekt aber ist ungeeignet, Eltern zu erschrecken -was ja eigentlich erster Zweck der Jugendsprache wäre.Vermutlich ist es also naiv, zu glauben, dass diese Sammlungden Alltag in freier Sprachwildbahn widerspiegelt. Wer sichauf der Strasse umhört, bekommt zumindest in Zürich Härtereszu Ohren. Das fängt bei der beliebig potenzierbaren«Schlampe» an und hört bei ekligen Umschreibungen fürGeschlechtsorgane, kombiniert mit fremdenfeindlichenHerkunftsbezeichnungen, längst nicht auf. Da in derEinleitung zum Slang-Büchlein festgehalten wird, dass dieRedaktion «keine Zensur» vorgenommen habe, muss davonausgegangen werden, dass die Anwender des echt grobenWortschatzes keinen Wert auf die ausgeschriebenen Preiselegten: Kein Wunder, zu gewinnen gab's Geld für dieKlassenkasse und nicht etwa für ein Stellmesser.Züri-Slängikon Pressespiegel www.dblass.ch 2


Dass ein auf Wettbewerbsbasis entstandenes Wörterbuch sich anTiefe nicht messen kann mit dem 1862 begonnenen«Schweizerdeutschen Idiotikon», ist klar. Dieses umfasstmittlerweile auf 15 000 Seiten 130 000 Stichwörter.Allerdings wird das Projekt frühestens in zwanzig Jahrenfertig sein. Der Freund des Jugend-Slangs stützt sich alsobesser auf Momentaufnahmen wie eben das «Wörterbuch derJugendsprache» oder ähnliche Projekte, in denen zeit- undortsgebundene Ausdrücke aufgelistet werden, die imlängerfristig ausgerichteten «Idiotikon» unter den Tischfallen.Dass es einen Bedarf für solche Momentaufnahmen gibt, stehtausser Zweifel: Das Zürcher «Slängikon», verfasst von Autor<strong>Domenico</strong> <strong>Blass</strong>, kommt seit der Lancierung 1990 auf 30 000verkaufte Exemplare. Das «Slängikon» ist seit letzter Wocheim Internet zu finden, was für Freunde einer «gemüsche»(gemütlichen) Umgangssprache «supi» sein dürfte. Wer sichaber in lebensfeindlichen Umfeldern wie der ZürcherLangstrasse mit im «Slängikon» aufgeführten Beschimpfungenwie «Hey Brötler, heb emol d'Fritte» profilieren will, dersollte wohl erst noch ein paar Jahre zur Schule gehen. HansGeorg HildebrandtWörterbuch der Schweizer Jugendsprache <strong>20</strong>02, Verlag Klett undBalmer, Zug; kostenlose Bestellung oder Download im PDF-Format auf www.klett.ch. Neue Wörter können auf www.pons.devorgeschlagen werden. Die konkurrierende deutsche Website desDuden-Verlags ist unter www.szenesprachen.de zu finden. DasSchweizerdeutsche Idiotikon ist in der ZürcherZentralbibliothek zugänglich. Slängikon im Internet:www.dblass.chZüri-Slängikon Pressespiegel www.dblass.ch 3

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