Im Licht der FrauSpieglein, Spiegleinan der Wand …Katharina Grabner-HaydenEs war einmal …Es war einmal eine Frau die zog mitMann und Kindern aufs Land. Manbeäugte die Fremdlinge anfangs misstrauisch,sie waren anders, redeten anders,lebten anders. Ihr kleines idyllisches Glückpasste nicht in das Dorfleben. Die jungeFrau spürte den Neid und begann dieMenschen einzuladen. Sie kochte und dieTische bogen sich vor Essen und gutenAbsichten. Sie war glücklich mit sich undihrer Familie und wollte andere daranteilhaben lassen.Gerne übernahm sie Tätigkeiten in derKirche und in der Gemeinde, engagiertesich bei Alt und Jung und kümmerte sichum die Kleinen aus dem Dorf. Allzeitbeliebt und geschätzt. Aber nur scheinbar.Denn, was die Kleinen aus ihrem Haus erzählten,passte den Dorfleuten ganz und gar nicht.Da durfte gelacht und geschrieen werden. Mankonnte seine Probleme erzählen, ohne Konsequenzenzu befürchten. Es durfte gebastelt undgemalt, mit Lehm ganze Häuser gebaut, Städteerrichtet werden, in denen man träumenkonnte. Mit Leidenschaft kamen die Kindergerannt und hatten einen Ort, an dem sie sichwohl fühlten. Zu Hause aber hinterfragten sie,warum die Fröhlichkeit und Offenheit nicht auchbei ihnen sein konnte.Es fing in den Alten zu gären an. Sie ärgertensich über den Fremdling immer mehr, sie warnicht nur in ihr Dorf, sondern auch in dieHerzen der Kinder eingedrungen. Doch damitDie Spiegel sollen mich ermahnen, <strong>mir</strong> treu zu bleiben.nicht genug, sogar die jungen Frauen im Dorfbegehrten auf, sie wollten sich nicht mehr vonihren schweigsamen Stiefmüttern und betrunkenenMännern missbrauchen lassen.Unruhe machte sich breit, zuerst nur in denGedanken, und dann sprach man offen an denWirtshaustischen und nach der Kirche über die„erschreckenden Zustände“ in dem Haus derFremdlinge. Die Großmutter zur Tochter, derVater zum Sohn, der Nachbar zum Nachbarn,man stieß sich an dem anderen Leben, dasirritierte und störte.Dies blieb auch der jungen Frau nicht verborgen,immer häufiger kamen ihre Kinder zer-12 Licht 5/2008
schunden oder verprügelt nach Hause. Manhatte sie als Tschuschen oder Saujuden beschimpft,bis eines Tages auch ein gehässigerSpruch an der Hausmauer mahnend die Wutder Dorfbewohner öffentlich machte. Sie wuschihn nicht ab, jeder sollte sehen, was man ihrund ihrer Familie angetan hatte. Die Mutter undFreunde, die ihr geblieben waren, meinten esIch warteauf dichgut und forderten sie zu einem Nachdenkenauf, sie solle endlich vernünftig werden undihre Art zu leben doch etwas anpassen. Und sieversuchte es wirklich.Lebensweihe bei derGemeinschaft des heiligen<strong>Franz</strong> von <strong>Sales</strong>Von nun an hing keine Wäsche mehr sonntagsan der Leine, das Auto war immer geputzt, siebesuchte auch wieder regelmäßig die Messe,um sich zu zeigen. Wenn es aber um Missständeund um Ungerechtigkeiten ging, schwieg siewieder nicht. Sogar der Pfarrer wurde gesandt.Er schuldete einem Großbauern noch einenGefallen, wegen der Renovierung der Dorfkapelle.Und weil es üblich ist, dass eine Hand dieandere wäscht , sprach auch der Pfarrer bei ihrvor.Das erste Mal betrat er ihr Haus, alles war hellund freundlich, so wie ihre Gastfreundschaft. Erfühlte sich bei ihr sofort geborgen und wohl.Ohne noch etwas von seinem Anliegen vorgebrachtzu haben, verstand sie seinen schwierigenAuftrag.„Ich kann wohl Äußerlichkeiten ändern, nichtjedoch meine innere Ausrichtung und die Treuezu meinen Prinzipien. Glauben Sie <strong>mir</strong>: Es istnicht leicht. Deshalb gibt es in meinem Hausdiese Spiegel, sie sollen mich jeden Tag ermahnen,<strong>mir</strong> selbst treu zu bleiben und danach zuleben, auch wenn es nicht ganz leicht ist.Vielleicht ist das auch der Grund meiner Leichtigkeitund meiner Fröhlichkeit. Ich liebe meinLeben, meine Kinder, meinen Partner, das istdas ganze Geheimnis.“„Sie befinden sich dabei aber auf einem ganzschmalen Grat.“„Das macht nichts, aber ich kann dafür immerin den Spiegel schauen.“Licht 5/2008Am 24. Mai 2008 sprach Frau Monika Schaumberger(2. v.li) nach zweijähriger Anleitung ihreLebensweihe in der Gemeinschaft des hl.<strong>Franz</strong> von <strong>Sales</strong>. Der festliche Gottesdienstfand in der Benediktinerabtei Seckau in derSteiermark mit dem Spiritual der Gruppe P.Leo Liedermann OSB (rechts) statt. Zu demFest gekommen waren die Familie, die Regionalleiterinfür Österreich, Frau Maria Ortner(mitte), und Mitglieder der Gruppe Österreich-Ost.Seit der Gründung der Gruppe Österreich-Ostim Jahre 2002 ist dies bereits dievierte Lebensweihe. ■Der Pfarrer hatte Recht. Er schwieg weiter,auch als der Großbauer das Haus kaufte, weildie Fremdlinge wegzogen.Einen Spiegel ließ sie aber zurück, demBauern schauderte es bei seinem Anblick. Erhob ihn aus seiner Verankerung und schmiss ihnauf einen Haufen restlicherGegenstände, wo erzerbrach.■KatharinaGrabner-Hayden istUnternehmensberaterin. Sieist verheiratetund hat vier Söhne.13