Rainer: Glanz der Macht. Leseprobe - Folio Verlag
Rainer: Glanz der Macht. Leseprobe - Folio Verlag
Rainer: Glanz der Macht. Leseprobe - Folio Verlag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Abb. 7: Sogenannter<br />
„Hofbecher Philipps des Guten“.<br />
Burgundische Nie<strong>der</strong>lande,<br />
zwischen 1453 und 1467.<br />
Wien, Kunsthistorisches<br />
Museum, Kunstkammer,<br />
Inv.-Nr. KK 27.<br />
( 48 )<br />
schliffen hatte (Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 2076), ebenso Aufstellung wie seine enorme,<br />
knapp eineinhalb Meter hohe Bergkristallpyramide (Kunstkammer, Inv.-Nrn. KK 2251<br />
– KK 2254). Diese hatte bereits zu Lebzeiten des Künstlers Berühmtheit erlangt und<br />
wurde von dessen Zeitgenossen Joachim von Sandrart in seiner Teutsche[n] Academie<br />
folgen<strong>der</strong>maßen beschrieben: „Son<strong>der</strong>lich ist Weltkündig das herrliche Manns-große<br />
Geschirr / das er aus vier / in Schweitzerland gefundenen / zwey Schuh hohen / und<br />
einen halben Schuh breiten / Crystallen bereitet / indem er diese auf einan<strong>der</strong> gesetzt /<br />
sehr zierlich / in schöner Ordnung / und mit guter Proportion also ausgearbeitet / dass<br />
es billich den Vorzug vor allen an<strong>der</strong>n <strong>der</strong>gleichen Kunststucken behält.“ 11<br />
Dionysio Miseronis Smaragdgefäß (Abb. 6) hingegen wurde im zweiten Kasten verwahrt,<br />
<strong>der</strong> „die cronen und mehrere pretiosa“ enthielt. Der kaiserliche Edelsteinschnei<strong>der</strong><br />
schnitt das Kleinod, das im fertigen Zustand trotz des durch den Schliff bedingten Materialverlustes<br />
noch immer 2680 Karat wiegt, aus einem großen kolumbianischen Smaragdkristall<br />
und erhielt dafür 12.000 Gulden. Bereits <strong>der</strong> Rohstein wurde auf 100.000<br />
Gulden, das fertige Gefäß wurde auf 450.000 Gulden geschätzt12 . 1677 wird das Gefäß<br />
als „ein kleines Trinkgeschirr, wie ein Dopff, aus orientalischen Smaragd geschnitten,<br />
deßgleichen kein Herr o<strong>der</strong> Potentat haben soll“ beschrieben13 . In dem kurzen Nebensatz<br />
– dass „deßgleichen kein Herr o<strong>der</strong> Potentat haben soll“ – wird deutlich, worauf<br />
es bei <strong>der</strong> Anfertigung solcher Mirabilien ankam und wodurch sie motiviert war. Die<br />
absolute Exklusivität dieser Gegenstände sollte die kaiserliche Sammlung von an<strong>der</strong>en<br />
unterscheiden und somit auch das Kaiserhaus über an<strong>der</strong>e erheben.<br />
Stolz schreibt <strong>der</strong> Verfasser <strong>der</strong> Schatzkammerbeschreibung von 1677, dass „<strong>der</strong> Grose-<br />
Herzog von Florenz 3 Thonnen Goldes“ für das veredelte Juwel bieten wollte. Es ist nicht<br />
ganz selbstverständlich, dass man das mediceische Angebot – so es ein solches tatsächlich<br />
gegeben hat und diese Anmerkung nicht als reine Propaganda zu werten ist – nicht<br />
annahm. Das Kaiserhaus hatte immer wie<strong>der</strong> mit großen finanziellen Schwierigkeiten<br />
zu kämpfen, denen man auch durch Veräußerungen o<strong>der</strong> Verpfändungen aus dem<br />
Schatzkammerbestand entgegentrat. Kaiser Maximilian I. etwa sah sich häufig gezwungen,<br />
Tapisserien, Juwelen und kostbares Geschirr zu verpfänden, um die gewaltigen<br />
Summen, die seine Politik verschlang, aufbringen zu können. Ein Gutteil dieser Stücke<br />
stammte aus dem einst unermesslich reichen Burgun<strong>der</strong>schatz, von dem ein Teil durch<br />
die Heirat Maximilians mit <strong>der</strong> Tochter Karls des Kühnen, Maria von Burgund, an das<br />
Haus Habsburg gefallen war. Im Jahr 1489 schätzt ein Verzeichnis <strong>der</strong> burgundischen<br />
Kleinodien den Wert <strong>der</strong> von Maximilian verpfändeten Stücke auf 801.000 Gulden14 .<br />
Nur wenige Stücke gelangten später wie<strong>der</strong> in den Habsburgerschatz zurück, wie etwa<br />
das Ainkhürn-Schwert (Schatzkammer, Inv.-Nr. WS XIV 3) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Burgundische Hofbecher<br />
(Abb. 7a und b). Letzteren hatte Erzherzog Ferdinand II. zusammen mit <strong>der</strong> Saliera<br />
des Benvenuto Cellini (Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 881), dem sogenannten Michaelsbecher<br />
(Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 1120) und <strong>der</strong> sogenannten Onyxkanne (Kunstkammer,<br />
Inv.-Nr. KK 1096) von König Karl IX. von Frankreich als Dank für die Vertretung bei des-