Mittelalterliche Eliten und Kulturtransfer östlich der Elbe - OApen.
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Wikinger o<strong>der</strong> Slawen? Interpretationsgeschichte<br />
hand einzelner ‚typischer‘ Merkmale weitreichende Schlussfolgerungen gezogen, so<br />
etwa im Fall <strong>der</strong> Lanzenspitze skandinavischen Typs vom F<strong>und</strong>ort Łubowo. In<br />
diesem Fall wird die mutmaßliche Herkunft eines einzigen Teils des Beigabeninventars<br />
zur Definition <strong>der</strong> Ethnizität des Bestatteten genutzt, ohne dass die weiteren<br />
Beigaben – die meist als nicht-skandinavischer Herkunft beschrieben werden –<br />
berücksichtigt würden. 43 In <strong>der</strong> neueren Forschung wird immerhin versucht, die<br />
Interpretationsbasis breiter zu gestalten, indem statt einer einzigen Beigabe das<br />
‚Grabritual‘ herangezogen wird, meist definiert als die Gesamtheit <strong>der</strong> Beigaben<br />
inklusive <strong>der</strong> Gestaltung von Grab <strong>und</strong> Bestattung.<br />
Eine <strong>der</strong>artige Herangehensweise findet man beispielsweise bei Michał Kara,<br />
<strong>der</strong> sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit den frühpiastischen Bestattungen<br />
mit Waffenbeigabe vor allem in Großpolen beschäftigt hat. Er bemüht sich als<br />
Vertreter <strong>der</strong> neueren Forschung um eine zeitgemäße Begründung, indem er sich<br />
auf das Grabritual beruft, das sich bei den ‚skandinavischen Reiterkriegern‘ deutlich<br />
von den übrigen Bestattungen unterscheide. 44 Problematisch erscheint jedoch<br />
in Bezug auf Łubowo, das Kara zu diesen Bestattungen rechnet, die sehr schlechte<br />
Quellenlage des F<strong>und</strong>ortes. Bei <strong>der</strong> <strong>und</strong>okumentierten, zufälligen Entdeckung im<br />
Zuge von Straßenarbeiten ist wie erwähnt noch nicht einmal sicher festzustellen,<br />
ob alle F<strong>und</strong>stücke aus ein <strong>und</strong> <strong>der</strong>selben Bestattung stammen, geschweige denn,<br />
wie genau das Grab angelegt war.<br />
Außerdem werden nicht alle Bestattungen in <strong>der</strong>selben Art behandelt: Końskie<br />
weist Kriterien wie Steinsetzungen um Bestattungen, Sporen <strong>und</strong> Schwerter als<br />
Beigaben auf, ebenso mindestens eine Streitaxt wohl skandinavischer Herkunft.<br />
Die Gesamterscheinung <strong>der</strong> betreffenden Gräber in Końskie wäre also durchaus<br />
dem Kreis <strong>der</strong> ‚skandinavischen Reiterkrieger‘ zuzurechnen, die Beigaben lassen<br />
allerdings eher auf lokale Produktion schließen. Würde die Herkunft <strong>der</strong> einzelnen<br />
Objekte außer Acht gelassen, entsprächen <strong>der</strong> Grabbau sowie die auffälligen Militaria<br />
genau den Kriterien, die bei an<strong>der</strong>en F<strong>und</strong>orten zur Interpretation als ‚skandinavische<br />
(Reiter-)Krieger‘ führen. Dieser Ausschluss von Końskie <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en<br />
masowischen Gräberfel<strong>der</strong>n wird lei<strong>der</strong> in <strong>der</strong> betreffenden Literatur ebenfalls<br />
nicht weiter begründet; als Erklärung könnte die unterschiedliche Datierung –<br />
Końskie wird etwas später als Lutomiersk <strong>und</strong> Łubowo angesetzt – o<strong>der</strong> die etwas<br />
entferntere Lage vom piastischen Zentrum um Posen <strong>und</strong> Gnesen dienen.<br />
Końskie lag aber ebenso wie die beiden an<strong>der</strong>en F<strong>und</strong>orte im piastischen Einflussbereich,<br />
<strong>der</strong> für diese frühe Zeit nur schwer genau einzugrenzen ist. Eine weitere<br />
43 Z.B. zum Sporn, eventuell böhmisch o<strong>der</strong> ostpreußisch: Kostrzewski, Cmentarzysko... (wie Anm.<br />
2), 146; ebenso La Baume, Wikinger... (wie Anm. 10), S. 95; als westmitteleuropäisch bezeichnet ihn<br />
Kara, Z badań... (wie Anm. 2), S. 105; zur Streitaxt: für eine ungarische o<strong>der</strong> russische Produktion<br />
sprach sich Jankuhn, Wikingerf<strong>und</strong>... (wie Anm. 2), S. 312-313 aus; für eine russische Kostrzewski,<br />
Cmentarzysko... (wie Anm. 2), 145; Żak, „Importy“ (wie Anm. 13), S. 300 <strong>und</strong> Kara, Z badań... (wie<br />
Anm. 2), S. 105.<br />
44 Michał Kara, Siły zbrojne Mieszka I. Z badań nad składem etnicznym, organizacją i dyslokacją<br />
drużyny pierwszych Piastów, in: Kronika Wielkopolski, 3 (62), 1992, S. 33-47; Kara, The Graves...<br />
(wie Anm. 8).<br />
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