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schen Hintergrund sagen: „Nicht mein<br />
Glaube ist das Wichtige, sondern das<br />
zum-Glauben-Kommen der anderen!“<br />
Wunderschön. Bei einem Besuch in<br />
Indien Anfang des Jahres habe ich<br />
auch etwas Wunderbares erlebt. Bei<br />
einem missionarischen Treffen, zu<br />
dem über 2.000 vor allem junge Leute<br />
zus<strong>am</strong>menk<strong>am</strong>en, haben wir auf beeindruckende<br />
Weise erlebt, wie <strong>Menschen</strong><br />
sich für das Evangelium aufschlossen.<br />
An einem anderen Ort war<br />
ich auf einer Konferenz. Da waren für<br />
eine Woche 100.000 <strong>Menschen</strong> zus<strong>am</strong>mengeströmt.<br />
Sie wohnten in Zelten<br />
oder c<strong>am</strong>pierten auf der Erde oder unter<br />
Bäumen. Sie k<strong>am</strong>en zus<strong>am</strong>men, um<br />
sich für ihr Lebenszeugnis im Alltag<br />
ermutigen zu lassen. Solche mutmachenden<br />
Erfahrungen kann man in der<br />
ökumenischen Welt erleben. Und dort<br />
in Indien geschieht das Christenzeugnis<br />
nicht ohne Risiko. Wir selbst leben<br />
in einem Land, in dem glücklicherweise<br />
keine Fanatiker mit verbrecherischer<br />
Gewalt auf das christliche<br />
Lebenszeugnis reagieren. Hier machen<br />
wir uns eher gegenseitig das Leben<br />
schwer durch Abgrenzung und Rechthaberei,<br />
durch konfessionalistische<br />
Engführung, durch inquisitorische<br />
Vernebelung oder durch plakative Not-<br />
Synoden. Wir brauchen Gelassenheit<br />
im Eifer um die Sache Jesu. Es wird<br />
sich schon herausstellen, was vom<br />
Geiste <strong>Gottes</strong> ist und was nicht.<br />
Manfred Kock, Düsseldorf<br />
14<br />
Von der<br />
Konsultation<br />
zum Kongreß<br />
Einführende Worte<br />
Wenn ich das kulturelle Progr<strong>am</strong>m der<br />
Kirchen betrachte und die kulturelle<br />
Ausgestaltung ihrer <strong>Gottes</strong>dienste,<br />
dann fällt auf, jetzt mal mit der Radiolandschaft<br />
in NRW verglichen, daß wir<br />
im Wesentlichen WDR 3-Hörer ansprechen.<br />
Das ist bei uns die Klassik-<br />
Welle. Nominell sind aber die meisten<br />
Mitglieder der Landeskirchen WDR 4-<br />
Hörer (Das ist die Schlagerwelle).<br />
Dann kommen die Einslive-Hörer (aus<br />
dieser Gruppe kommen die meisten<br />
Kirchenaustritte) und dann noch die<br />
von WDR 2 für meine Generation:<br />
Info und Rock- und Popmusik, ein<br />
paar Oldies dabei, d<strong>am</strong>it man sich als<br />
etwas reiferer Jugendlicher an seine alten<br />
Tage erinnern kann. Als Jugendpfarrer<br />
wird man sich schnell bewußt,<br />
wie alt man schon ist.<br />
Als ich einmal für Andachten bei<br />
WDR 2 angefragt wurde, sagte ich:<br />
Ich würde lieber Einslive machen. Da<br />
hören diejenigen zu, die ins Weigle-<br />
Haus kommen. Aber dann sagten mir<br />
die Verantwortlichen: Für Einslive sind<br />
Sie schon zu alt. Das war vor zwei<br />
Jahren. Jetzt bin ich noch älter. Aber<br />
daran sieht man: Die Radiomacher<br />
nehmen ihren Kontext und ihre Zielgruppe<br />
ernst, wenn auch manchmal etwas<br />
formal.<br />
Bei der Evangelisation sprechen wir<br />
über dieselben Zielgruppen. Und nach<br />
unserem Selbstverständnis haben wir<br />
den <strong>Menschen</strong> das Wichtigste zu sagen,<br />
das wir kennen: Das Evangelium.<br />
1989 gab es einen Kongreß für Weltevangelisation<br />
in Manila auf den Philippinen.<br />
Der Pluralismus in der weltweiten<br />
evangelikalen Bewegung war<br />
überwältigend, wenn man ihn denn<br />
sehen wollte. Vor allem aber wurde<br />
deutlich, wie sehr Kirchen und freie<br />
Werke weltweit mit ihrer Verkündigung<br />
auf ihren jeweiligen Kontext eingehen.<br />
Im Manila-Manifest wurde die<br />
Einheit von sozialem Handeln und<br />
Evangelisation in verschiedenen Konkretionen<br />
beschrieben, bis hin zum<br />
Schuldenerlaß für die ärmsten Länder<br />
(schon 1989!). Dabei wurde sowohl<br />
betont, daß das Evangelium den Armen<br />
in besonderer Weise gepredigt<br />
werden müsse, nicht nur in der Zweidrittelwelt,<br />
sondern auch im Westen,<br />
als auch bekräftigt, daß die Hauptverantwortlichkeit<br />
für die Evangelisation<br />
bei der Ortsgemeinde liegt.<br />
Gleichzeitig wurde auch deutlich, daß<br />
das Evangelium von Jesus Christus gerade<br />
in der postmodernen Gesellschaft<br />
angenommen wird und sie durch einen<br />
alternativen Lebensstil der Gemeinden<br />
durchdringen kann.<br />
Für viele war es deshalb enttäuschend,<br />
daß von der missionarischen Bewegung<br />
in Deutschland nur wenig aus der<br />
Arbeit in Manila aufgenommen wurde.<br />
Als einzige große Aktion im Gefolge<br />
des Evangelisationskongresses wurde<br />
Pro Christ, die Satellitenevangelisation<br />
mit Billy Grah<strong>am</strong>, entwickelt. Sie ist<br />
zwar heute durch einen deutschen Prediger<br />
etwas kontextualisiert, aber sicher<br />
noch immer nicht alles, was man<br />
sich als Anstoß aus Manila hätte erhoffen<br />
können. Eine relativ kleine Gruppe<br />
von Theologen begann d<strong>am</strong>als einen<br />
Studienprozeß mit Tagungen in Köttingen,<br />
Celle und Wuppertal. Wir beschäftigten<br />
uns mit unserem Kontext,<br />
versuchten Gesellschaftsanalysen,<br />
stellten die Gemeinde als Subjekt der<br />
Evangelisation in den Mittelpunkt,<br />
setzten uns mit Fragen der Hermeneutik<br />
bei der Kontextualisierung auseinander<br />
und diskutierten einzelne Projekte.<br />
Wir rekl<strong>am</strong>ierten den Begriff<br />
Kontextuelle Evangelisation für uns,<br />
um einerseits deutlich zu machen, daß<br />
es uns weiterhin um Evangelisation<br />
geht und andererseits zu zeigen, daß<br />
wir nicht über eine bestimmte Veranstaltungsform<br />
reden wollen.<br />
Durch unsere Tagungen ist unser Kreis<br />
gewachsen, besonders auch über unseren<br />
begrenzten rheinischen Horizont<br />
hinaus. Wir haben aufgrund des bisherigen<br />
Diskussionsprozesses nach vie-<br />
len redaktionellen Durchläufen (wie<br />
deutsche Theologen das so machen),<br />
eine gemeins<strong>am</strong>e Plattform formuliert:<br />
Kontextuelle Evangelisation im gesellschaftlichen<br />
Wandel – Herausforderung<br />
zur Erneuerung von Kirche und<br />
Gemeinde. Dieses Papier kann auf<br />
dieser Tagung unterschrieben werden,<br />
um d<strong>am</strong>it zu dokumentieren, daß das<br />
Engagement für die angesprochenen<br />
Inhalte über den Kreis der Initiatoren<br />
dieser Tagung hinaus geht.<br />
Parallel zu unserem Prozeß lief unaufhalts<strong>am</strong><br />
ein anderer Prozeß in den<br />
Landeskirchen: Der Prozeß der Fiskalisierung<br />
beinahe aller theologischen<br />
Diskussionen und insbesondere der<br />
Diskussion um die Zukunft der Kirche.<br />
Das wollen wir auf dieser Tagung<br />
aber nicht beklagen, sondern positiv<br />
dagegensetzen, daß gerade ein finanziell<br />
in die Krise geratenes Unternehmen<br />
seine Marketingstrategien überdenken<br />
muß. Allerdings geht es uns dabei<br />
zunächst um die Inhalte kontextueller<br />
Verkündigung, um dann zur Überlegung<br />
zu kommen, welche Formen und<br />
Methoden dem in unserer Umwelt entsprechen.<br />
So unterscheiden wir uns<br />
dann auch von einer Unternehmensberatung<br />
in Sachen Kirche, wie sie heute<br />
in vielen Bereichen geschieht.<br />
Vielleicht kann diese Tagung so auch<br />
die Diskussion auf der EKD-Synode in<br />
Leipzig zum Thema Mission und<br />
Evangelisation befruchten. Zumindest<br />
aber freuen wir uns auf einen weiteren<br />
Schritt in unserem Prozeß hin zu einer<br />
kontextuellen Evangelisation in<br />
Deutschland.<br />
Rolf Zwick, Essen<br />
Kontextuelle<br />
Evangelisation<br />
im gesellschaftlichen<br />
Wandel<br />
Ein Rundgespräch über die<br />
Herausforderungen zur<br />
Erneuerung von Kirche und<br />
Gemeinde<br />
Nach der Eröffnung des Kongresses<br />
fand auf dem Podium ein Rundgespräch<br />
mit dem Ratsvorsitzenden der<br />
EKD Präses Manfred Kock, der Lüdenscheider<br />
Gemeindepfarrerin Monika<br />
Deitenbeck-Goseberg, dem Rotenburger<br />
Superintendenten Dr. Burghard<br />
Krause und dem Evangelisten aus dem<br />
Amt für missionarische Dienste der<br />
Hannoverschen Kirche Pfarrer Eckard<br />
H. Krause statt. – Moderiert wurde<br />
das Rundgespräch von dem Journalisten<br />
Jörg Marksteiner.<br />
Moderator: Wenn ich mit Kollegen<br />
über Evangelisation rede, klingt dieses<br />
Wort für sie nach Großveranstaltung,<br />
nach charismatischen Predigern, nach<br />
einer hoch emotionalen Atmosphäre<br />
und nach frommen Liedern. Darum<br />
meine erste Frage an den reisenden<br />
Evangelisten Eckard Krause: Ist dieses<br />
Bild überhaupt gerechtfertigt,<br />
das ich so von Kollegen vermittelt<br />
bekomme? Ist Evangelisation ein<br />
gigantisches Happening?<br />
Eckard Krause: Ja klar, es gibt<br />
durchaus die Evangelisation als eine<br />
bestimmte kirchliche Veranstaltung.<br />
Ich selbst bin Vertreter dieser Form neben<br />
anderen Formen. Es sind übrigens<br />
fast die bestbesuchtesten Veranstaltungen<br />
im kirchlichen Milieu. Aber natürlich<br />
ist die Evangelisation wesentlich<br />
mehr als ein Happening. Evangelisation<br />
ist nicht eingeengt und beschränkt<br />
auf eine bestimmte Veranstaltungsform.<br />
Und schon gar nicht auf eine<br />
Großveranstaltung.<br />
Moderator: Ich weiß von Ortsgemeinden,<br />
die darüber klagen, daß es sehr<br />
schwer sei, Werbung zu machen, um<br />
Außenstehende für eine Evangelisation<br />
zu erreichen. Es heißt dann: Da kommen<br />
ja nur ohnehin fromme Leute, die<br />
schon Christen sind. Aber den Mann<br />
oder die Frau von der Straße einzuladen,<br />
das ist sehr schwer. Darum meine<br />
Frage an die Vertreterin der Ortsgemeinde:<br />
Worin liegt das eigentlich? Ist<br />
es der Inhalt oder ist es die Verpackung?<br />
Monika Deitenbeck-Goseberg: Das<br />
finde ich sehr schwer zu beantworten.<br />
Letztlich weiß ich nicht, woran das<br />
liegt. Ich lebe in einem Stadtteil von<br />
Lüdenscheid, der relativ ungeprägt ist.<br />
Als ich dorthin k<strong>am</strong>, gab es dort wenig<br />
Aversion gegen Formen von Evangelisation.<br />
Viele Leute können sich bei uns<br />
unter Evangelisation gar nicht viel vorstellen.<br />
Ich habe den Eindruck, daß es<br />
unheimlich schwer ist, Leute über Plakate,<br />
über Handzettel einzuladen, also<br />
über eine relativ anonyme Werbung.<br />
Nichts geht da über persönliche Kontakte.<br />
Moderator: Das würde ein bißchen<br />
mit dem korrespondieren, was Präses<br />
Kock vorhin in seinem Grußwort sagte.<br />
Sie sagten: Wir brauchen eigentlich<br />
kein besseres Marketing. Was die Aufgabe<br />
der Verkündigung so schwer mache,<br />
sei vor allem auch diese sperrige<br />
Botschaft. Ist das so oder sind Gemeinden<br />
nicht auch sehr unkreativ,<br />
wenn es darum geht, neue Wege der<br />
Evangelisation zu finden?<br />
Manfred Kock: Also es ist beides.<br />
Ich sage nur: Zunächst müssen wir<br />
uns nicht wundern, wenn die Leute<br />
mit der Botschaft nichts <strong>am</strong> Hut haben<br />
wollen. Es gibt so viel andere Zerstreuung<br />
und d<strong>am</strong>it tun wir uns<br />
schwer zu konkurrieren. Wir sind ja<br />
nicht alle wie Rudi Carrell oder wie<br />
sie sonst alle heißen, die die Leute vor<br />
den Fernsehschirm bannen. Natürlich<br />
können wir gar nicht kreativ genug<br />
sein. Wichtig ist aber, daß diejenigen,<br />
die die Botschaft ausrichten – Pfarrerinnen<br />
oder Pfarrer, Ehren<strong>am</strong>tliche<br />
oder ganz normale Christenmenschen<br />
– der Botschaft des Evangeliums für<br />
sich selbst etwas zutrauen. Ich meine<br />
nicht: Trauen wir unseren eigenen<br />
Kräften, sondern trauen wir der Botschaft,<br />
daß sie bei uns selbst etwas<br />
passieren läßt? In dem Moment, wo<br />
uns das klar wird, fängt es an, spannend<br />
zu werden.<br />
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