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Broschüre - BKK in Bayern

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1Pharmakologisches Neuro-Enhancementan HochschulenE<strong>in</strong>e Broschüre für Mitarbeiter<strong>in</strong>nen und Mitarbeiter derpsychosozialen und allgeme<strong>in</strong>en Studienberatungsstellenan bayerischen Hochschulen


InhalSeiteGenie dank Pille!? 03Pharmakologisches Neuro-Enhancementan Hochschulen2Wissenswertes 05Rund ums Hirndop<strong>in</strong>gÜbersichtstabelle Wirkstoffe 07Noch Fragen? 09E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er WissenstestFür die Praxis 10Prävention & Interventionim BeratungskontextNoch Fragen? 16E<strong>in</strong>ige Anregungen zur ReflexionQuellen und Literaturtipps 17Weitere Materialien 18Präventionsprojekt„Für die Prüfung schon gedopt!?“


Geni dan Pill !?Pharmakologisches Neuro-Enhancementan HochschulenSeit e<strong>in</strong>igen Jahren gerät es immer wieder <strong>in</strong> dieDiskussion: Das pharmakologische Neuro-Enhancement,umgangssprachlich „Hirndop<strong>in</strong>g“ genannt.„Können wir mit Medikamenten geistigeHöchstleistungen erreichen?“, „Dürfen wir alles,was wir können?“ oder auch „Was ist noch fair?“lauten damit verknüpfte Fragen.Während konzentrations- und leistungssteigerndeMittel <strong>in</strong> der Vergangenheit vor allem im militärischenKontext e<strong>in</strong>e Rolle spielten, sche<strong>in</strong>en sie<strong>in</strong>zwischen auch im (Hochschul-) Alltag angekommenzu se<strong>in</strong>.Von der nebenwirkungsfreien Pille, die e<strong>in</strong>e risikoloseLeistungssteigerung verspricht, s<strong>in</strong>d die zudiesem Zweck verwendeten Medikamente dabeijedoch noch weit entfernt. Wenn es e<strong>in</strong>e solche„Rundum-sorglos-Pille“ gäbe, würden 29 Prozentder Studierenden1 die E<strong>in</strong>nahme zur Steigerungdes Leistungsvermögens <strong>in</strong> Betracht ziehen.2Doch auch wenn lediglich herkömmliche Medikamentezur Verfügung stehen, die zur Behandlungvon Erkrankungen entwickelt wurden und Risikenund Nebenwirkungen bergen, ist die Versuchunggroß, das Studium durch derartige Substanzen zuunterstützen. Aus den USA wird berichtet, dassbis zu 25 Prozent der jungen Erwachsenen ihr Studiummit pharmazeutischer Hilfe bewältigen (Mc-Cabe et al. 2005). In Deutschland geben immerh<strong>in</strong>zehn Prozent der Studierenden an, schone<strong>in</strong>mal für das Studium zur Pille gegriffen zuhaben. Die Hälfte von ihnen konsumiert frei erhältlicheMittel wie Koffe<strong>in</strong>-Tabletten oder G<strong>in</strong>ko-Präparate, die nicht im engeren S<strong>in</strong>ne zum Hirndop<strong>in</strong>gzählen, während die andere Hälfte angibt,verschreibungspflichtige oder <strong>in</strong> Deutschlandnicht zugelassene Stoffe zu sich zu nehmen.31 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird für Bezeichnungenund Funktionen vorrangig die männlicheForm verwendet. Wir weisen an dieser Stelle jedochausdrücklich darauf h<strong>in</strong>, dass auch das weibliche Geschlechtmit geme<strong>in</strong>t ist.2 Sofern nicht anders angegeben, beziehen sich allegenannten Zahlen zur Nutzung und E<strong>in</strong>stellungen zuleistungssteigernden Mitteln auf e<strong>in</strong>e Untersuchungdes Hochschul-Informations-Systems (HIS) (Middendorff,Poskowsky & Isserstedt 2012)


Geni dan Pill !?Pharmakologisches Neuro-Enhancementan HochschulenDIE GRÜNDE4Prüfungsangst und Nervosität, aber auch Lernstressund Leistungsdruck. Dabei ist der Griff zurPille ke<strong>in</strong>esfalls unproblematisch:Problem 1E<strong>in</strong> positiver Effekt der Medikamente ist umstrittenund die Befundlage aus kontrollierten Studien widersprüchlich.Wenn e<strong>in</strong> positiver Effekt beobachtetwerden konnte, so war dieser außerdem häufigeher ger<strong>in</strong>g: Durch Dop<strong>in</strong>g wird ke<strong>in</strong> Hobbysportlerzum Weltrekordler – und ke<strong>in</strong> gestresster Studentzum Genie. Häufig profitierten außerdem nur Personenmit e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>geren IQ – wer die Schulemit Abitur abgeschlossen und e<strong>in</strong>en Studienplatzbekommen hat, zählt eher selten zu dieser Gruppe.Problem 2Auch wenn die erwünschte Wirkung nicht e<strong>in</strong>tritt,haben die e<strong>in</strong>genommenen Medikamentezahlreiche Nebenwirkungen. E<strong>in</strong>ige unerwünschteWirkungsweisen wie Schläfrigkeit oder Kopfschmerzenstehen dem erfolgreichen Lernensogar entgegen. Neben diesen Nebenwirkungenbergen die Medikamente teilweise die Gefahre<strong>in</strong>er psychischen Abhängigkeit oder von Absetzproblemen.Ganz abgesehen von möglichen Langzeitfolgen,die bei gesunden Menschen wenig bisgar nicht erforscht s<strong>in</strong>d.Problem 3Die E<strong>in</strong>nahme von Medikamenten trägt nicht zurEntwicklung von alternativen Verhaltensweisenbei. Wer z. B. e<strong>in</strong>en Wachmacher e<strong>in</strong>wirft, weiler zu spät mit der Prüfungsvorbereitung begonnenhat, sieht höchstwahrsche<strong>in</strong>lich ke<strong>in</strong>e Notwendigkeit,<strong>in</strong> Zukunft nach e<strong>in</strong>em besseren Zeitplanvorzugehen. Und wer unter großem PrüfungsstressBeruhigungsmittel nimmt, lernt nicht, wieer selbst Entspannungsmomente schaffen kann.Im Rahmen dieser Broschüre möchten wir Sie überdas Phänomen „Hirndop<strong>in</strong>g“ näher <strong>in</strong>formieren.Im ersten Teil dieser Broschüre f<strong>in</strong>den Sie Datenund Fakten rund um das Thema Neuro-Enhancement:Wer greift wann und zu welchem Anlassauf Medikamente zurück? Welche Medikamentewerden e<strong>in</strong>genommen? Und gibt es „den typischen“Hirndopenden? Antworten auf diese undweitere Fragen geben Ihnen die folgenden Seiten.Im zweiten Abschnitt f<strong>in</strong>den Sie H<strong>in</strong>weise zumUmgang mit dem Thema Hirndop<strong>in</strong>g im Beratungsalltag.Dabei werden sowohl präventiveMaßnahmen zur Aufklärung und Sensibilisierungder Studierenden thematisiert, als auch der Umgangmit potenziellen oder bereits aktiven „Hirndopenden“im E<strong>in</strong>zelberatungskontext aufgegriffen.


WissenswerteRund ums Hirndop<strong>in</strong>gWAS IST HIRNDOPING & WAS NICHT?WANN WIRD GEDOPT?5„Hirndop<strong>in</strong>g“ bezeichnet den Versuch gesunderMenschen, die Leistungsfähigkeit des Gehirnssowie die emotionale und soziale Kompetenzdurch die E<strong>in</strong>nahme verschreibungspflichtiger Medikamentezu verbessern. Geschluckt werdendie Pillen außerhalb ihrer zugelassenen Indikation.Nur wenige Konsumenten nehmen die Medikamentedauerhaft e<strong>in</strong> (1,4 Prozent). 55 Prozent derAnwender greifen im Rahmen von Prüfungsvorbereitungenzur Pille. 53 Prozent der Konsumentenbedienen sich bei generellem Stress aus demArzneischrank.WARUM WIRD GEDOPT?Wer zu Medikamenten greift, obwohl er nichtkrank ist, tut dies häufig, um e<strong>in</strong> wahrgenommenesDefizit auszugleichen. Von den Medikamenten,die im Rahmen des Neuro-Enhancementse<strong>in</strong>genommen werden, versprechen sich die Konsumentenvor allem zwei Wirkungen: Die e<strong>in</strong>enwollen länger und besser lernen, <strong>in</strong>dem sie ihreAufmerksamkeit steigern und hoffen, auch ihrGedächtnis mit e<strong>in</strong>em Medikament zu stärken.Diese geistige Leistungssteigerung gaben 35Prozent der befragten Konsumenten <strong>in</strong> der HIS-Studie als Motiv für ihre Medikamentene<strong>in</strong>nahmean. Sie greifen überwiegend zu aufputschendenMitteln.Die übrigen Konsumenten wollen genau den umgekehrtenEffekt erzielen: Sie versuchen, Nervositätund Lampenfieber zu bekämpfen. ImRahmen der Studie nannten 48 Prozent der Anwenderdiesen Beweggrund. Der Griff <strong>in</strong> denArzneischrank gilt dabei dämpfend-beruhigendenPräparaten.WER DOPT?Es gibt e<strong>in</strong>e Reihe von Bed<strong>in</strong>gungen, unter denenStudierende besonders häufig zu Hirndop<strong>in</strong>g-Mitteln greifen. Diese f<strong>in</strong>den Sie untenstehendzusammengefasst <strong>in</strong> folgenden Parametern:AlterTendenziell greifen eher ältere Studierende zuHirndop<strong>in</strong>g-Mitteln.GeschlechtWeibliche und männliche Studierende s<strong>in</strong>d gleichermaßengefährdet, Medikamente zur Leistungssteigerungzu konsumieren. Frauen greifendabei jedoch häufiger zu Beruhigungsmitteln,während sich Männer eher bei konzentrationssteigerndenMitteln bedienen.StudiengangEtwas überraschend ist vielleicht das folgendeErgebnis: Obwohl die Studiengänge im Bachelor-/Master-System<strong>in</strong> der Öffentlichkeit häufigals besonders belastend dargestellt werden, ließsich ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen diesen neuen Abschlüssenund den alten Diplom- und Magisterstudiengängenf<strong>in</strong>den. Deutlich häufiger greifenjedoch Studierende mit dem Studienabschlussziel„Staatsexamen“ (außer Lehramt) zu Pillen. E<strong>in</strong>Grund dafür ist vermutlich die hohe Prüfungsdichtezum Ende des Studiums, die mit langen und <strong>in</strong>tensivenLernphasen e<strong>in</strong>hergeht.


WissenswerteRund ums Hirndop<strong>in</strong>gPERSÖNLICHKEITSMERKMALEAnwender zeichnen sich durch das ger<strong>in</strong>g ausgeprägtePersönlichkeitsmerkmal „Gewissenhaftigkeit“aus und besitzen e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Fähigkeitdar<strong>in</strong>, planvoll und organisiert vorzugehen. DiesesErgebnis stützt die These, dass <strong>in</strong>sbesondere daswenig strukturierte und planvolle Lernverhaltenund Prokast<strong>in</strong>ation (Aufschiebeverhalten) zumGriff nach Medikamenten führt.Auch das Persönlichkeitsmerkmal „Neurotizismus“unterscheidet sich bei Konsumenten und Nicht-Konsumenten. E<strong>in</strong> erhöhtes Stressempf<strong>in</strong>den, Anspannung,Unsicherheit und Nervosität stehen imZusammenhang mit dem Griff zur Pille.Bezüglich der übrigen Persönlichkeitsmerkmale(Offenheit für Neues, Extraversion, Verträglichkeit)zeigen sich ke<strong>in</strong>e Unterschiede zwischen denKonsumenten von Hirndop<strong>in</strong>g-Medikamenten unddenjenigen Befragten, die angaben, ke<strong>in</strong>e Medikamentezu diesem Zweck e<strong>in</strong>zunehmen.Belastungserleben von Hirndopendenund Nicht-HirndopendenStofffülle zu hoch15%32%Darüber h<strong>in</strong>aus wurde festgestellt, dass e<strong>in</strong> erhöhterLeistungsdruck durch die Familie, denNebenjob oder das Studium mit e<strong>in</strong>er erhöhtenWahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>geht, Medikamente zurLeistungssteigerung e<strong>in</strong>zunehmen. Anwender vonNeuro-Enhancern haben außerdem häufiger denE<strong>in</strong>druck, dass der Leistungsdruck <strong>in</strong> den letztenJahren stark zugenommen hat. Folgende Belastungenwerden durch die Konsumenten von Hirndop<strong>in</strong>g-Mittelnaußerdem stärker wahrgenommenals von Nicht-Konsumenten.Neben den verstärkt wahrgenommenen Belastungsfaktorenzeigte sich, dass die Konsumentenhäufig ke<strong>in</strong>e oder aber zu späte Schlüsse aus demerhöhten Druck ziehen: Deutlich seltener als beiden Nicht-Konsumenten lässt sich bei ihnen e<strong>in</strong>erhöhter Zeitaufwand für das Studium feststellen,wenn der Leistungsdruck ansteigt.WAS WIRD EINGENOMMEN UND WELCHE(NEBEN-)WIRKUNGEN GIBT ES?Die gebräuchlichen Medikamente zum Hirndop<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Gruppe der Psychostimulanzien, Antidepressivaund Antidementiva e<strong>in</strong>zuordnen.6Sicherung der Studienf<strong>in</strong>anzierungEffiziente Vorbereitung auf PrüfungenFachliche Leistungsanforderungen32%36%36%48%56%61%Neben den spezifischen Nebenwirkungen der Medikamenteriskieren Konsumenten auch noch nichterforschte Langzeitwirkungen, die auftreten können,wenn gesunde Menschen die Medikamentee<strong>in</strong>nehmen.Fehlende Freiräume zum Aufarbeiten vonWissenslückenSchwierigkeiten bei der Bewältigung desStudienumfangs35%43%48%58%0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%Nicht-KonsumentenKonsumentenDie folgende Tabelle gibt Ihnen e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Übersichtüber die verbreitetsten Wirkstoffe <strong>in</strong>klusivebeispielhafter Handelsnamen sowie über ihretherapeutischen E<strong>in</strong>satzbereiche und Hirndop<strong>in</strong>g-Wirkungen bzw. Nebenwirkungen.


WissenswerteÜbersichtstabelle WirkstoffeTherapeutischerE<strong>in</strong>satzbereichHirndop<strong>in</strong>g-Wirkungbei gesunden MenschenNebenwirkungen(beispielhaft)7PSYCHOSTIMULANZIEND-Amphetam<strong>in</strong>(z. B. Adderall®,Dexedr<strong>in</strong>e®)In Deutschland nicht verschreibungsfähig.In den USA zur Behandlungvon ADHS erhältlich.starke Steigerung der Wachheit undKonzen-tration, ausgleichende Wirkung vonSchlafentzug, leicht erhöhte Leistungsfähigkeitbei bereits gut gelernten FähigkeitenAppetitlosigkeit, Schlaflosigkeit,Kopfschmerzen, MundtrockenheitMethylphenidat(z.B. Rital<strong>in</strong>®)Zugelassen für die Behandlungvon ADHS bei K<strong>in</strong>dern undJugendlichen.Steigerung der Wachheit und Konzentration,<strong>in</strong>sbesondere bei ger<strong>in</strong>ger Ausgangsleistung,kürzere Reaktionszeiten, ke<strong>in</strong>eausgleichende Wirkung bei Schlafentzug,ke<strong>in</strong>e Auswirkungen auf das Gedächtnisoder Fähigkeiten, bei gleichzeitiger Erhöhungder Impulsivität, dadurch Häufung vonvermeidbaren Fehlern; Selbstüberschätzungbezüglich der eigenen LeistungsfähigkeitSchlaflosigkeit, Nervosität, Konzentrationsmangel,Schwitzen,Kopfschmerzen, Aggressivität,Schw<strong>in</strong>del, Magenbeschwerden,Bauchschmerzen, Durchfall,Mundtrockenheit, Husten, Gefahrpsychischer AbhängigkeitModaf<strong>in</strong>il(z.B. Virgil®)In Deutschland zugelassenzur Behandlung von Narkolepsie(Schlafkrankheit). E<strong>in</strong>satzteilweise auch außerhalb derzugelassenen Indikationenwie z. B. bei ADHS oder zurSteigerung des Antriebs beiDepressionen.Steigerung von Wachheit und Aufmerksamkeit,ger<strong>in</strong>gere Müdigkeit, verkürzteReaktionszeit, ke<strong>in</strong>e Effekte auf Gedächtnisoder Stimmung, Ausgleich der negativenWirkungen von SchlafentzugKopfschmerzen, Appetitlosigkeit,Nervosität, Angst, Depressionen,Schw<strong>in</strong>del, Bauchschmerzen,Durchfall, Mundtrockenheit,Gefahr psychischer AbhängigkeitANTIDEMENTIVAu. a. Donezepil,Rivastigm<strong>in</strong>,Galantam<strong>in</strong>, Memant<strong>in</strong>(z. B. Aricept®, Exelon®,Rem<strong>in</strong>yl®, Axura®)Zugelassen für die Verzögerungdes Gedächtnisabbaus beie<strong>in</strong>er Demenzerkrankung.widersprüchliche Ergebnisse zu (wennüberhaupt) ger<strong>in</strong>gen positiven Effekten aufdie geistige LeistungsfähigkeitVerdauungsprobleme, Übelkeit,Kopfschmerzen, Schw<strong>in</strong>del,Schlaflosigkeit, KopfschmerzenANTIDEPRESSIVAu.a. Paroxet<strong>in</strong>,Citalopram,Escitalopram(z. B. Seroxat®,Cipramil®, Zoloft®)Zugelassen für die Behandlungvon Depressionen sowieZwangs- und Angsterkrankungen.ke<strong>in</strong>e Stimmungsverbesserung, ke<strong>in</strong>e bisleicht negative Effekte auf Wachheit undAufmerksamkeitsexuelle Dysfunktion, Übelkeit,Durchfall, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit,Unruhe, Schwitzen,Nervosität, Müdigkeit


WissenswerteRund ums Hirndop<strong>in</strong>gWIE KOMMEN DIE KONSUMENTENAN DIE MEDIKAMENTE?WELCHE WIRKUNG NEHMENDIE KONSUMENTEN WAHR?8E<strong>in</strong> Großteil der als Hirndop<strong>in</strong>g-Substanzen missbrauchtenMedikamente ist <strong>in</strong> Deutschland nichtfrei erhältlich. Somit ist es nicht verwunderlich,dass die Mittel mehrheitlich von Ärzten verschriebenwerden: 43 Prozent der Konsumenten gabendie Arztpraxis als Hauptbezugsquelle für ihreMittel an, dicht gefolgt von der Apotheke (42Prozent). Das Internet spielt hier e<strong>in</strong>e eher ger<strong>in</strong>geRolle (10 Prozent), als Informationsquelle dientes jedoch etwa e<strong>in</strong>em Viertel der Konsumenten.Auch mit Blick auf die Information ist die meistgenannteQuelle jedoch der Arzt.Obwohl <strong>in</strong> zahlreichen Studien belegt werdenkonnte, dass die leistungssteigernden Effekte dermeisten Medikamente bei gesunden Menschennur sehr ger<strong>in</strong>g ausfallen oder gar nicht vorhandens<strong>in</strong>d, bewerten die Konsumenten die Wirkungder Medikamentene<strong>in</strong>nahme überwiegendpositiv. 58 Prozent der Anwender gaben <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Studie an, den gewünschten Effekt erzieltzu haben, während nur sechs Prozent aussagten,ke<strong>in</strong>e Wirkung verspürt zu haben. 72 Prozent der„zufriedenen“ Konsumenten schätzten den Effekt„stark“ oder „sehr stark“ e<strong>in</strong>. Experten führen diesunter anderem auf e<strong>in</strong>e steigende Motivation zurück,die durch die stimulierenden Medikamentehervorgerufen wird. Auch e<strong>in</strong>e Selbstüberschätzung,wie sie z. B. als Nebenwirkung von Methylphenidatbeobachtet wurde, kann den E<strong>in</strong>druckhervorrufen, durch die Medikamente deutlichleistungsfähiger geworden zu se<strong>in</strong>. Ebenfalls s<strong>in</strong>dPlacebo-Effekte denkbar.E<strong>in</strong>ige Informationen zur Studie des Hochschul-Informations-SystemsIm Auftrag des Bundesm<strong>in</strong>isteriums für Gesundheit wurdenim W<strong>in</strong>tersemester 2010/2011 rund 8.000 Studierendezum Thema Leistungsdruck, Stresskompensation undleistungssteigernde Mittel befragt. Die Befragung erfolgteonl<strong>in</strong>e, rund 31 Prozent der e<strong>in</strong>geladenen Studierendennahmen an der Erhebung teil.


Noc Frage ?E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Wissenstest1. Wie viel Prozent der Studierenden ziehen <strong>in</strong>Betracht, e<strong>in</strong>mal Substanzen zur besserenBewältigung der studenbed<strong>in</strong>gten Anforderungene<strong>in</strong>zunehmen oder haben dies bereitsgetan?5 %29 %43 %2. Wie lässt sich die große Diskrepanz zwischender wissenschaftlich nachgewiesenen (ausbleibenden)Wirkung und dem erlebten Effektder Medikamente erklären?motivierender EffektSelbstüberschätzungals NebenwirkungPlacebo-Effekt3. Über welche Quelle beziehen Studierendeleistungssteigernde Mittel am häufigsten?KommilitonenInternetÄrzteApotheker4. S<strong>in</strong>d es eher jüngere oder ältere Studierende,die zu Hirndop<strong>in</strong>g-Mitteln greifen?ÄltereJüngeredas Verhältnis ist ausgewogen› Auflösung siehe S. 199


Prävention & Interventionim BeratungskontextAuf den vorangegangenen Seiten haben Sie e<strong>in</strong>enÜberblick über das Phänomen Hirndop<strong>in</strong>g sowiedie aktuelle Datenlage zum Konsum von leistungssteigerndenMitteln unter Studierenden erhalten.Sowohl der bereits praktizierte Konsum, als auchdie grundsätzliche Bereitschaft dazu werfen dieFrage auf, wie Sie mit der Thematik „Hirndop<strong>in</strong>gim Studium“ als Berater<strong>in</strong>nen und Berater angemessenumgehen können. Sei es im Rahmenprimärpräventiv ausgerichteter Information undAufklärung oder im Kontext e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terventionsorientiertenE<strong>in</strong>zelberatung von potenziellen oderbereits aktiven „Hirndopenden“.Im Folgenden f<strong>in</strong>den Sie hierzu ausgewählte Impulsefür Ihre Beratungspraxis.„Was ist denn schon beim Griff <strong>in</strong> die Pillendosedabei?“, mögen sich viele Studierende angesichtsder verheißungsvollen und oftmals reißerischenMedienberichte über Hirndop<strong>in</strong>g denken. Fokussiertauf die verme<strong>in</strong>tlich positive Wirkung, weckensolche Berichte nicht nur Interesse und Neugier,sondern sowohl falsche Hoffnungen mit Blickauf die gewünschten Effekte als auch Sorglosigkeit<strong>in</strong> Bezug auf mögliche Risiken.Bieten Sie den Studierenden Transparenz und ausgewogeneInformationen zu Hirndop<strong>in</strong>g im Studiuman, <strong>in</strong>dem Sie umfassend über Wirkungen sowiepotenzielle Risiken und Nebenwirkungen vonHirndop<strong>in</strong>g aufklären.10INFORMATION & AUFKLÄRUNG„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen SieIhren Professor… oder die Beratungsstelle“Ohne Zweifel bee<strong>in</strong>trächtigen Stress, Leistungsdruckund fehlende Rückzugsmöglichkeiten denUnialltag vieler Studierender. Die E<strong>in</strong>nahme vonMedikamenten sche<strong>in</strong>t angesichts des Anforderungs-und Belastungserlebens e<strong>in</strong>e verlockende<strong>in</strong>fache Möglichkeit zu bieten, die eigene Leistungsfähigkeitund Gefühlslage positiv zu bee<strong>in</strong>flussen.Ziel ist, die Studierenden zu befähigen, verantwortungsbewussteund reflektierte Entscheidungenim Umgang mit leistungssteigernden Mitteln zutreffen.


Prävention & Interventionim BeratungskontextTIPPS11• Nutzen Sie zur niederschwelligen Informationund Sensibilisierung die vom <strong>BKK</strong> Landesverband<strong>Bayern</strong> entwickelten Medien und Materialien,welche sich zur Auslage <strong>in</strong> Ihren Beratungsräumenoder zur Verl<strong>in</strong>kung auf IhrerInternetpräsenz eignen. (siehe auch Seite 18)• Konzipieren Sie e<strong>in</strong>e Informationsveranstaltungbzw. e<strong>in</strong>en Vortrag zum Thema „Hirndop<strong>in</strong>g“.Geben Sie den Studierenden dabei Gelegenheit,Fragen rund um „Smart-Drugs“ sowie„Happy Pills“ zu stellen und das Phänomen ausstudentischer Sicht zu diskutieren. Für die kompetenteBeantwortung mediz<strong>in</strong>ischer Fragenkönnen Sie auf Expertenwissen zurückgreifen,<strong>in</strong>dem Sie e<strong>in</strong>en Arzt oder Apotheker e<strong>in</strong>laden.• Verfolgen Sie e<strong>in</strong>en ressourcenorientiertenAnsatz und nutzen Sie e<strong>in</strong>e solche Veranstaltungauch dazu, den Studierenden alternativeKompensations- und Bewältigungsstrategienvorzustellen.• Sicherlich werden Ihrerseits bzw. von e<strong>in</strong>er anderenInstitution an der Universität kompetenzstärkendeSem<strong>in</strong>ar- und Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsangebotezur Selbstorganisation und Zeite<strong>in</strong>teilung imStudium, zum Umgang mit Prüfungs- und Redeangst,zur Entspannung und Stressbewältigungetc. vorgehalten. Verweisen Sie auf dieseAngebote als wirksame und risikofreie Alternativenzum Medikamentenmissbrauch.• Suchen Sie sich <strong>in</strong>nerhalb der universitären E<strong>in</strong>richtungen,Organisationen sowie der Fakultäten„Verbündete“ für die Prävention von Hirndop<strong>in</strong>gund formulieren Sie geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>enEthikcode zum Umgang mit leistungssteigerndenund stimulierenden Substanzen im Studium.Die Frage „Welche leistungssteigernden Mittels<strong>in</strong>d zulässig, welche nicht?“ sollte dabei e<strong>in</strong>ezentrale Rolle spielen und helfen, StudierendenOrientierung im H<strong>in</strong>blick darauf zu geben, woe<strong>in</strong>e faire und vertretbare Leistungsoptimierungaufhört und das risikobehaftete Hirndop<strong>in</strong>g anfängt.


Prävention & Interventionim BeratungskontextEINZELBERATUNG & INTERVENTION12„Pause statt Pille – Unterstützung bei studienbed<strong>in</strong>gterAnforderungsbewältigung bzw. beider Motivationsstärkung zur Konsumveränderung“Mit der E<strong>in</strong>zelberatung der Allgeme<strong>in</strong>en Studienberatungoder <strong>in</strong> der Psychosozialen Beratung anHochschulen stellen Sie e<strong>in</strong> niederschwelliges,schnell erreichbares Angebot für die Studierenden.Es ist darauf ausgerichtet, den Klienten e<strong>in</strong>ekurzfristige und <strong>in</strong>dividuelle Unterstützung beider Mobilisierung ihrer Ressourcen mit Blick aufStudienanforderungen und -erfolg zu bieten. Auchund gerade h<strong>in</strong>sichtlich Lern- und Leistungsproblemensowie fragwürdigem Konsumverhaltens<strong>in</strong>d hochschul<strong>in</strong>terne Beratungs<strong>in</strong>stitutionen dahere<strong>in</strong> erster Ansprechpartner für Ratsuchende.Gut möglich, dass e<strong>in</strong>zelne Studierende demzufolgeauch mit dem H<strong>in</strong>tergrund zu Ihnen kommen,dass sie Hirndop<strong>in</strong>g betreiben oder dass sie zum<strong>in</strong>destmit dem Gedanken spielen, aufgrund desBelastungserlebens auf leistungssteigernde Mittelzurückzugreifen.In beiden Fällen sollten Sie die Studierenden dar<strong>in</strong>unterstützen, offen über die subjektiv wahrgenommenenVor- und Nachteile des Hirndop<strong>in</strong>gs zusprechen. Der Beratungsfokus sollte zudem aufmögliche Verhaltensalternativen bzw. e<strong>in</strong>erpotenziellen Konsumveränderung liegen.Wesentliche Grundlage für die Gesprächsführungist die Offenheit des Studierenden, se<strong>in</strong> Verhaltenund den Umgang mit leistungssteigernden Substanzenzu reflektieren. Zentral ist darüber h<strong>in</strong>ausdie Bereitschaft für e<strong>in</strong>e Verhaltensänderung imH<strong>in</strong>blick auf den Konsum sowie auf alternativeZeit- und Selbstmanagementstrategien, die dasVorgehen <strong>in</strong> der Beratung bzw. die Art der Interventionprägt. Als Basis zur E<strong>in</strong>schätzung der Motivationsgrundlagebietet sich das TranstheoretischeModell der Verhaltensänderung (TTM)an, welches die unterschiedlichen Veränderungsphasen,<strong>in</strong> denen sich e<strong>in</strong> Mensch bef<strong>in</strong>den kann,beschreibt.Das Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung(TTM)Im Rahmen des TTM – <strong>in</strong> den 80er-Jahren vonProchaska und DiClemente entwickelt – wird davonausgegangen, dass e<strong>in</strong>e Veränderung ke<strong>in</strong>e<strong>in</strong>maliges oder l<strong>in</strong>eares Ereignis ist, sonderndass sie vielmehr e<strong>in</strong>em Prozess mit „Rückfallpotenzial“gleichkommt, der sich <strong>in</strong> fünf verschiedeneStufen e<strong>in</strong>teilen lässt.Das Schaubild verdeutlicht, dass je nach Phaseunterschiedliche Bewältigungsstrategien greifenbzw. wirksam s<strong>in</strong>d: Während es <strong>in</strong> den frühen Stufenverstärkt um Motivationsbildung und E<strong>in</strong>stellungsänderungengeht, s<strong>in</strong>d die späteren Stadiendurch Aktion und Aktivitäten geprägt.RÜCKFALLE<strong>in</strong>stellungs- und Verhaltensaspekte <strong>in</strong> Abhängigkeit von derStufe im TTM (<strong>in</strong> Anlehnung an Maurischat 2001)EINSTELLUNGENABSICHTSLOSIGKEIT › ABSICHTSBILDUNG › VORBEREITUNG › HANDLUNG › AUFRECHTERHALTUNGVERHALTEN


Prävention & Interventionim BeratungskontextNachfolgend f<strong>in</strong>den Sie die fünf „Stages ofChange“ nochmals mit direktem Bezug zu (potentiellen)Konsumenten von leistungssteigerndenMitteln aufgeschlüsselt.1. PHASE DER ABSICHTSLOSIGKEITKe<strong>in</strong>e Intention, das Verhalten <strong>in</strong> der nächstenZeit zu verändern.In dieser Phase zeigt der Studierende weder Problembewusstse<strong>in</strong>noch Interesse an e<strong>in</strong>er Veränderungse<strong>in</strong>er <strong>in</strong>effektiven Lern- oder Entspannungsstrategienbzw. se<strong>in</strong>es Konsumverhaltens.Evtl. ist das Belastungserleben so groß, dass sichResignation e<strong>in</strong>gestellt hat.2. PHASE DER ABSICHTSBILDUNGErwägung, das problematische Verhalten <strong>in</strong>den nächsten sechs Monaten zu ändern.Auf dieser Stufe setzt sich der Studierende zwarmit se<strong>in</strong>em <strong>in</strong>dividuellen Umgang mit Belastungenbzw. se<strong>in</strong>em Konsum leistungssteigernderMittel ause<strong>in</strong>ander, er fasst jedoch noch ke<strong>in</strong>ekonkreten Veränderungspläne, da die Ambivalenzsehr ausgeprägt ist.3. PHASE DER VORBEREITUNGErste Schritte zur Veränderung werden e<strong>in</strong>geleitet,die Verhaltensänderung wird <strong>in</strong> dennächsten 30 Tagen angestrebt.Das Stadium der Vorbereitung zeichnet sich durche<strong>in</strong>e hohe Motivation zur Verhaltensänderung aus.Erste Schritte zur Veränderung werden e<strong>in</strong>geleitet.In Bezug auf das studienbezogene Belastungserlebenbzw. Hirndop<strong>in</strong>g kann es sich dabei ganzkonkret z. B. um die Anmeldung zu e<strong>in</strong>em Sem<strong>in</strong>ar„Zeitmanagement“ oder „Prüfungsangst“handeln.4. PHASE DER HANDLUNGDas angestrebte Verhalten wird seit wenigerals sechs Monaten gezeigt.In der Aktionsphase nimmt der Studierende dieVeränderung engagiert und entschlossen <strong>in</strong> Angriff.Nichts desto trotz ist das Risiko, <strong>in</strong> alte Verhaltensmusterzurückzufallen, noch sehr hoch.5. PHASE DER AUFRECHTERHALTUNGDas angestrebte Verhalten wird seit mehr alssechs Monaten beibehalten.Zu diesem Zeitpunkt zeigt der Studierende aktiveVerhaltensweisen und wendet Maßnahmen derRückfallprophylaxe (z. B. verstärkte Selbstreflexion)an.› Phasen des TTM (<strong>in</strong> Anlehnung an Keller et al. 2001)Insbesondere für Studierende, die <strong>in</strong> die Phaseder Absichtsbildung e<strong>in</strong>geordnet werden können,bietet sich e<strong>in</strong>e „Motivierende Gesprächsführung“auf der Grundlage des Motivational Interview<strong>in</strong>gsan. Hierbei handelt es sich um e<strong>in</strong>en Beratungsansatz,der darauf abzielt, die Motivation zurVerhaltensänderung bei unentschlossenen (ambivalenten)Personen zu erhöhen und dabei die <strong>in</strong>dividuelleLebenslage zu berücksichtigen.13


Prävention & Interventionim BeratungskontextDIE METHODE DER MOTIVIERENDENGESPRÄCHSFÜHRUNGBei dem von Miller und Rollnick (1991) entwickeltenInterventionsstil der Motivierenden Gesprächsführung(Motivational Interview<strong>in</strong>g; MI)handelt es sich um e<strong>in</strong>e klientenzentrierte, abergleichzeitig auch direktive Gesprächsform,welche ihren Ursprung <strong>in</strong> der Suchthilfe hat und<strong>in</strong>sbesondere für die Kurzberatung gut geeignetist.Der Ansatz basiert auf der Annahme, dass jederMensch im Pr<strong>in</strong>zip e<strong>in</strong>e konstruktive Lebenshaltunganstrebt und daher e<strong>in</strong>er möglichen Veränderungnicht unmotiviert, sondern vielmehr ambivalentgegenübersteht. Die Motivationsarbeit istdementsprechend auf die Exploration und dieReduzierung von Ambivalenzen des Klientenausgerichtet.Grundvoraussetzung der Motivierenden Gesprächsführungist die Anerkennung der Autonomiesowie die Achtung des Klienten.Beides erfordert e<strong>in</strong>en authentischen und empathischenBeratungsstil und resultiert <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er partnerschaftlichenBeziehung im Beratungsprozess.Der Ablauf der Beratung lässt sich dabei <strong>in</strong> zweiPhasen e<strong>in</strong>teilen:1. Phase: Auflösung von Ambivalenzen undAufbau von Veränderungsbereitschaft2. Phase: Erarbeitung von verb<strong>in</strong>dlichen Zielenund Wegen zur VeränderungDie Grundhaltung der Motivierenden Gesprächsführungkann mit Blick auf die Beratungsphasennochmals anhand von fünf Kernpr<strong>in</strong>zipien verdeutlichtwerden:• Empathie zeigen• Diskrepanzen (Widersprüche) aufdecken• Beweisführung und Wortgefechte vermeiden• Widerstand <strong>in</strong>tegrieren bzw. nachgiebig daraufreagieren• Selbstwirksamkeit erhöhenIn Anlehnung an die Methodik der motivierendenGesprächsführung lassen sich für die fünf Phasender Verhaltensänderung, <strong>in</strong> denen sich e<strong>in</strong> Klientmit Blick auf das TTM bef<strong>in</strong>den kann, verschiedeneBeratungsstrategien ableiten:1. PHASE DER ABSICHTSLOSIGKEITKe<strong>in</strong>e Intention, das Verhalten <strong>in</strong> der nächstenZeit zu verändern.Mögliche Interventionen zielen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>iedarauf ab, über Wirkung und Nebenwirkung vonHirndop<strong>in</strong>g und/oder alternative Methoden zurLeistungssteigerung (auf eigene Sem<strong>in</strong>arangeboteverweisen) zu <strong>in</strong>formieren. Darüber h<strong>in</strong>aus giltes, Widersprüche zwischen Handeln und Denkenaufzuzeigen. Interesse wecken und Selbstvertrauenstärken s<strong>in</strong>d die zentralen Ziele, die <strong>in</strong>sbesonderedurch die Würdigung und Akzeptanz des Gegenüberserreicht werden sollen. Methoden desaktiven Zuhörens, offene Fragen, Feedback undZusammenfassungen bestimmten die Beratung.14


Prävention & Interventionim Beratungskontext2. PHASE DER ABSICHTSBILDUNG4. PHASE DER HANDLUNG15Erwägung, das problematische Verhalten <strong>in</strong>den nächsten sechs Monaten zu ändern.Intervenierend bietet sich an, den Studierenden zumotivieren, Vor- und Nachteile se<strong>in</strong>es Verhaltens –aber auch e<strong>in</strong>er potenziellen Verhaltensänderung –für sich zu erforschen. Dieser sogenannte ChangeTalk kann methodisch z. B. durch den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>esWichtigkeitsrat<strong>in</strong>gs, e<strong>in</strong>er 4-Felder-Entscheidungsmatrixoder von Extremfragen („Was könnteschlimmstenfalls passieren, wenn…) gefördertwerden. Im Beratungskontext sollten Ambivalenzenund Stimmungsschwankungen zugelassenwerden und erste Impulse Richtung Verhaltensänderung(Erlernen geeigneter Strategie zur Bewältigungder Studienanforderungen, Konsumstoppbzw. -verlagerung auf pflanzliche Substanzen) gegebenwerden.3. PHASE DER VORBEREITUNGErste Schritte zur Veränderung werden e<strong>in</strong>geleitet,die Verhaltensänderung wird <strong>in</strong> dennächsten 30 Tagen angestrebt.In der Beratung steht nach der Suche annehmbarerund realistischer Veränderungsziele vorrangig dasTreffen von Vere<strong>in</strong>barungen für konkrete Schrittean („Was will ich, statt leistungssteigernde Mittele<strong>in</strong>zunehmen, tun, um mit dem Druck und Lernpensumbesser klarzukommen?“). Weiterh<strong>in</strong> gehtes um die Erarbeitung eigener Kontrollmechanismen(z. B. Aufgabenlisten und Wochenpläne führen).Gegebenenfalls kann es hilfreich se<strong>in</strong>, nochmalsdie e<strong>in</strong>e oder andere Handlungsalternativeoder auch externe Unterstützungsmöglichkeitenaufzuzeigen.Das angestrebte Verhalten wird seit wenigerals sechs Monaten gezeigt.In der Aktionsphase nimmt der Studierende dieVeränderung engagiert und entschlossen <strong>in</strong> Angriff.Nichts desto trotz ist das Risiko, <strong>in</strong> alte Verhaltensmusterzurückzufallen, noch sehr hoch.Aus diesem Grund sollte es auf Interventionsebenedarum gehen, Strategien zum Umgang mitRückfällen zu erarbeiten (z. B. Rückfall <strong>in</strong> „Aufschieberitis“)sowie Barrieren bewusst zu machenund zu überw<strong>in</strong>den. Selbstwirksamkeit undSelbstvertrauen gilt es zu stärken, <strong>in</strong>dem bisherigeErfolge herausgestellt werden.5. PHASE DER AUFRECHTERHALTUNGDas angestrebte Verhalten wird seit mehr alssechs Monaten beibehalten.Zu diesem Zeitpunkt zeigt der Studierende aktiveVerhaltensweisen und wendet Maßnahmen derRückfallprophylaxe (z. B. verstärkte Selbstreflexion)an. (Intervention siehe 4. Phase der Handlung.)Zum Abschluss soll darauf h<strong>in</strong>gewiesen werden,dass es selbstverständlich gewisse körperlicheoder auch psychische Störungen gibt, die Studierendederart bee<strong>in</strong>trächtigen können, dass die E<strong>in</strong>nahmee<strong>in</strong>es derjenigen Medikamente, welcheSie auf Seite 7 als Hirndop<strong>in</strong>g-Mittel aufgeführtf<strong>in</strong>den, durchaus <strong>in</strong>diziert se<strong>in</strong> kann.


Noc Frage ?E<strong>in</strong>ige Anregungen zur Reflexion• Ist Ihnen im Beratungsalltag schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>Studierender begegnet, der e<strong>in</strong>e mögliche Medikamentene<strong>in</strong>nahmeals Lösung für se<strong>in</strong>e Studienproblemethematisierte? Wenn ja, wie habenSie darauf reagiert?• Wie stünden Sie selbst der E<strong>in</strong>nahme von nebenwirkungsfreien,pharmazeutischen „Helferle<strong>in</strong>“gegenüber? Käme die risikofreie E<strong>in</strong>nahmefür Sie <strong>in</strong> Betracht?• Die Übergänge von e<strong>in</strong>em „Problem“ zu e<strong>in</strong>erpsychischen Erkrankung s<strong>in</strong>d häufig fließend.Wo ziehen Sie bei Ihren Klienten die Grenze zwischenvorrübergehenden Lernblockaden, Überforderungserlebenoder auch Prüfungsangst aufder e<strong>in</strong>en und e<strong>in</strong>er behandlungsbedürftigenBee<strong>in</strong>trächtigung / Störung auf der anderen Seiteund somit die Grenze zwischen dem Medikamentenkonsumzur Krankheitsbehandlung unddem zur bloßen Leistungssteigerung?• Zweifellos steht das Phänomen „Hirndop<strong>in</strong>g“<strong>in</strong> engem Kontext mit dem (Erfolgs-) Druck undden Anforderungen unserer heutigen Leistungsgesellschaft.Welche verhältnispräventiven Maßnahmenkommen Ihnen auf gesellschaftspolitischerund <strong>in</strong>stitutioneller Ebene <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n, umweniger belastende Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zumLeben, Lernen und Arbeiten zu schaffen?• Wäre die Formulierung e<strong>in</strong>es Ethikcodes zumKonsum leistungssteigernder Mittel an Universitätens<strong>in</strong>nvoll? Wenn ja, welche Aspekte sollteer umfassen?16


Quelle un iteraturtippQUELLEN17Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (2011): Listeder Medikamente. Onl<strong>in</strong>e verfügbar unter: http://www.dhs.de/fileadm<strong>in</strong>/user_upload/pdf/Broschueren/Hirndop<strong>in</strong>g_-_Internet.pdf(Stand: 14.11.2012).Keller, S., Kaluza, G., Basler, H.D. (2001): Motivierungzur Verhaltensänderung - ProzessorientiertePatientenedukation nach dem TranstheoretischenModell der Verhaltensänderung. Psychomed, 13/2,101.Rote Liste Service GmbH (2012): Rote Liste 2012– Arzneimittelverzeichnis für Deutschland.Schleim, S. (2012): Der Mythos vom Gehirndop<strong>in</strong>g.In: Psychologie heute 11/2012. Beltz Verlag.We<strong>in</strong>heim.WEITERE HILFREICHE LITERATURTIPPS UNDLINKSLieb, K. (2010): Hirndop<strong>in</strong>g. Warum wir nicht allesschlucken sollten. Patmos Verlag. Mannheim.McCabe, S., Knight, J., Teter C.J. (2005): Nonmedicaluse of perscription stimulants among UScollege students: Precalence and correlates from anational survey. Addiction 2005; 99:96-106.Middendorff, E., Poskowsky, J. & Isserstedt, W.(2012): Formen der Stresskompensation undLeistungssteigerung bei Studierenden. HISBUS-Befragung zur Verbreitung und zu Mustern vonHirndop<strong>in</strong>g und Medikamentenmissbrauch. Onl<strong>in</strong>everfügbar unter: http://www.his.de/pdf/pub_fh/fh-201201.pdf (Stand: 14.11.2012).Kerr, J., Weitkunat, R.& Bengoa, R. (2006): ABCder Verhaltensänderung: Der Leitfaden für erfolgreichePrävention und Gesundheitsförderung.München: Urban & Fischer.Miller, W.R. & Rollnick, S. (2009): MotivierendeGesprächsführung. (3. Auflage). Freiburg: Lambertus-Verlag.Suchtberatungsstellen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>: http://www.kbsbayern.de/e<strong>in</strong>richtungen/datenbank/explorer/


Weiter MaterialiePräventionsprojekt „Für die Prüfung schon gedopt?!“Mit der Initiative „Für die Prüfung schon gedopt?“möchte der <strong>BKK</strong> Landesverband <strong>Bayern</strong> Studierendean bayerischen Universitäten und Hochschulenfür die Risiken e<strong>in</strong>er nicht <strong>in</strong>dizierten Medikamentene<strong>in</strong>nahmesensibilisieren und Alternativverhaltenzum Hirndop<strong>in</strong>g aufzeigen.MATERIALIENPer QR-Code oder Direktl<strong>in</strong>k auf den Postkartengelangen <strong>in</strong>teressierte Studierende zu den folgendenMaterialien, die onl<strong>in</strong>e bereitgestellt werden:18POSTKARTEN„Ich dope, na und?“, diese provokante Frage stellte<strong>in</strong>e Postkartenserie, die zu Jahresanfang 2013an Bayerischen Hochschulen und <strong>in</strong> deren Umfeldverteilt wird. Studierende sollen so für das Themasensibilisiert und zu den Risiken und Alternativen<strong>in</strong>formiert werden.PostkartenDigitale Broschüren


LÖSUNGEN ZUM WISSENSTESTAUF SEITE 91. Es s<strong>in</strong>d 29 Prozent der Studierenden, die denKonsum von leistungssteigernden Substanzen<strong>in</strong> Betracht ziehen oder bereits zur Pille gegriffenhaben.2. Die Diskrepanz lässt sich auf alle drei Faktorenbzw. Effekte zurückführen.3. Zu 43 Prozent werden Hirndop<strong>in</strong>g-Mittel überMediz<strong>in</strong>er bezogen.4. Ältere Studierende greifen häufiger zu Hirndop<strong>in</strong>g-Mitteln.IMPRESSUMHerausgeber<strong>BKK</strong> Landesverband <strong>Bayern</strong>Züricher Str. 2581476 Münchenwww.bkk-bayern.deRedaktionTeam Gesundheit GmbHRell<strong>in</strong>ghauser Str. 9345128 EssenStand: Januar 201319

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