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BKK Gesundheitsreport 2010 - Deutsches Netzwerk für betriebliche ...

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2ImpressumImpressumDer <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> <strong>2010</strong> und die damit verbundenen Auswertungen wurden im Auftrag des <strong>BKK</strong>Bundesverbandes durch die spectrum|K GmbH (Abteilung Versorgungsanalyse) erstellt.Redaktion:Mitarbeit:Spezial-Beiträge:Erika ZoikeDenise DrewsJanett LießmannCornelia MohrDr. Thomas Bär, Dr. Tina Wessels und Dipl. Psych. Timo HarfstDagmar JohannesJanett LießmannInka Matschey und Carsten GräfCornelia MohrDr. Dagmar Siebecke und Kurt-Georg CiesingerDr. Hans H. Th. SendlerDr. Hans-Peter UngerJürgen WoltersWeitere Angaben zu den Autorinnen und Autoren finden sich am Ende des AnhangsEDV-Programme:Karin Kliner- Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet -Berlin im November <strong>2010</strong>Herausgeber: <strong>BKK</strong> Bundesverband, Kronprinzenstraße 6, 45128 EssenAnfragen:Email:Gestaltung, Satz:Druck:Bildnachweis:info@bkk-bv.deTypografischer Betrieb Lehmann GmbH, Essenwww.typolehmann.deSchröers-Druck GmbH, Essenwww.fotolia.comISSN 1434-1603


Inhaltsverzeichnis3SeiteVorwort41. Fehlzeiten und stationäre Behandlungen im Überblick 71.1 Die Entwicklung des Krankenstands 101.2 Die wichtigsten Krankheitsgruppen bei Arbeitsunfähigkeit 141.3 Bestimmungsfaktoren für die Höhe des Krankenstandes –Diagnosen und Falldauern 161.4 Entwicklung der stationären Behandlungen 182. Alter, Geschlecht und soziale Lage 232.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Geschlecht 25Aktiv bleiben in der zweiten Lebenshälfte 29Überleitungsmanagement in den aktiven Ruhestand 322.2 Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht 37Psychische Störungen und deren Behandlung im Alter 502.3 Stationäre Behandlungen nach Alter und Geschlecht 532.4 Berufliche und soziale Lage 563. Arbeitswelt 653.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen 67Ausgebrannt – auch junge Branchen altern 72Praktische Fragen des Demografischen Wandels im <strong>betriebliche</strong>nGesundheitsmanagement – Chancen durch individuelle Förderungund „Motivierende Gesundheitsgespräche“ 79Die Wahrnehmung von Altersunterschieden in Teams –Erste Ergebnisse des iga Barometers <strong>2010</strong> 833.2 Nach Alter und Geschlecht standardisierte Arbeitsunfähigkeit 953.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen Merkmalen 99Psychische Erkrankungen in der Erwerbsbevölkerung 107Arbeitsleben, psychische Erkrankungen undpsychotherapeutische Versorgung 1164. Fehlzeiten und stationäre Behandlungen nach Regionen 1194.1 Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern 1224.2 Stationäre Behandlung in den Bundesländern 1305. Einzeldiagnosen und Diagnosegruppen 1355.1 Die häufigsten Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit 1375.2 Die häufigsten Diagnosen bei stationären Behandlungen 145Stationäre Versorgung in einer alternden Gesellschaft 152Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen 159AnhangA Verzeichnis der Diagnosegruppen nach dem ICD-10-Schlüssel A 2B Tabellenteil A 7C Verzeichnis der Tabellen A 135D Autorenverzeichnis A 136


5Der vorliegende <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong>ist bereits der 34. Jahresband dieserReihe. Die Krankenstände steigen nunbereits im vierten Jahr leicht, aber kontinuierlich.Im „Krisenjahr“ 2009 zeigt derAnstieg der Fehltage, dass die Krankenstandsentwicklungin fast allen Bereichennicht den Konjunkturbewegungen folgt.Dies gilt auch für die Gruppen der HöherundHochqualifizierten. Bei Führungsundqualifizierten Fachkräften, etwa beiBankangestellten oder im Unternehmens-und technischem Management,nahmen in 2009 die Krankheitszeiten zu,besonders auch im Zusammenhang mitpsychischen Krankheitsursachen.Steigende Leistungsanforderungen undeinschneidende Restrukturierungsmaßnahmenverstärken die psychischen Leistungsanforderungen.Dies hat Einflussauf die gesundheitlichen Ressourcender Beschäftigten, insbesondere vordem Hintergrund einer längeren Lebensarbeitszeit.Mit diesem Thema undden Konsequenzen für die <strong>betriebliche</strong>Gesundheitsförderung befassen sichverschiedene Spezialbeiträge in diesemReport (Kapitel 2 und 3).Ein weiteres Schlaglicht wirft dieser Berichtauf die Entwicklungen der ambulantenund stationären Versorgung derunterschiedlichen Altersgruppen. Hierbeiist die Zunahme der sogenanntenZivilisations krankheiten (Hypertonien,Fettstoffwechselstörungen, Adipositas)bereits in jüngeren und mittlerenAltersgruppen ebenso bedeutsam fürdie Zukunft einer älter werdenden Gesellschaftwie das Anwachsen derpsychischen Verhaltensstörungen alsKrankheits ursache für ambulante odergar stationäre Behandlungen. Denbesonderen Herausforderungen desKrankenhaus bereichs bei steigendemDurchschnittsalter der PatientInnen, aberauch bei älter werdenden KrankenhausärztInnenund Pflegekräften widmet sichdiesmal ein ausführlicher Spezialbeitragam Ende des <strong>Gesundheitsreport</strong>s (Kapitel5). Insgesamt wächst die Bedeutungder medizinischen Versorgung wie auchder Präventionsangebote für ältere Versicherteund Patienten, dazu werden wegweisendeBeispiele in einem weiterenSpezial (Kapitel 2) dargestellt.Wir hoffen, dass wir Sie mit den aktuellenGesundheitsdaten, Analysen und Hintergrundinformationenbei Ihrer Arbeitunterstützen können. Der <strong>Gesundheitsreport</strong>zeigt, dass gerade für eine älterwerdende Belegschaft Maßnahmen derPrävention und die <strong>betriebliche</strong> Gesundheitsförderungals Standortfaktor fürUnternehmen immer wichtiger werden.Heinz KaltenbachGeschäftsführer<strong>BKK</strong> Bundesverband


81. Fehlzeiten und stationäre Behandlungen im ÜberblickDieses Kapitel gibt einen Überblick überdie allgemeine Entwicklung der Arbeitsunfähigkeitund der Krankenhausbehandlungen.Einzelbetrachtungen zuunterschiedlichen Versichertengruppen,tätigkeitsbezogene und regionale Analysensowie die spezielle Betrachtungeinzelner Diagnosegruppen erfolgen inden nächsten Kapiteln. Der diesjährigeReport betrachtet die Krankheitsentwicklungender verschiedenen VersichertenundErwerbsgruppen unter besondererBerücksichtigung der demografischenAlterung unserer Gesellschaft, womitsich auch die zahlreichen Spezialbeiträgevertiefend beschäftigen. Die demografischeEntwicklung wird zusätzlich begleitetund geprägt von dem weiterhinfortschreitenden wirtschaftlichen Wandel,zunehmenden Restrukturierungenin vielen Branchen und Unternehmen,und einer häufig hiermit einhergehendenVerdichtung und Entgrenzung derberuflichen Arbeit. Hierbei sind die gesundheitlichenFolgen – insbesonderedie psychomentalen Belastungen undKrankheitsfolgen – gerade auch mit Blickauf die Alterung der Erwerbsbevölkerungvon Bedeutung. Auch dieser Apekt wirdin unseren Themenbeiträgen vertiefendaufgegriffen (siehe insbesondereSpe ziale S. 72 ff von Siebecke/Ciesingerund S. 116 ff von Unger).Bei der Beschreibung der Arbeitsunfähigkeitstehen die beschäftigten <strong>BKK</strong>Pflichtmitglieder (5,09 Mio. Beschäftigte)bzw. die Pflichtmitglieder insgesamt(5,28 Mio. einschließlich der ALG-1-Empfänger)1 im Vordergrund. Die freiwilligVersicherten, die eine erheblich niedrigereMorbidität als die Gruppen derPflichtversicherten aufweisen und derenAnzahl z. B. durch Kassenwechseljahresweise stärkeren Schwankungenunterliegen kann, werden in die längerfristigeTrendbeobachtung der Arbeitsunfähigkeitnicht eingeschlossen, wohlaber in Kapitel 2 gesondert betrachtet.Die Berichtsteile zu den Krankenhausbehandlungenumfassen dagegen alle Versichertengruppen(2009: knapp 12 Mio.<strong>BKK</strong> Versicherte, s. u.) 2 . DifferenzierteErgebnisse nach allen Mitglieder- bzw.Versichertengruppen enthält das Kapitel2 für beide Leistungsbereiche.Mit einer durchschnittlichen Krankenquotevon 3,94 % war 2009 wie im Vorjahrwieder ein Anstieg der krankheitsbedingtenFehlzeiten zu verzeichnen, nachdembis 2006 ein bereits seit 1990 durchgän-gig rückläufiger Trend vorherrschte. 2009war mit durchschnittlich 14,4 AU-Tagenje pflichtversicherten Beschäftigten gegenüberden Vorjahren (13,4 AU-Tage,2007: 12,8 AU-Tage) erstmals wiedereine deutlichere Zunahme der Fehlzeitender <strong>BKK</strong> Mitglieder zu melden. Dennochwerden trotz der Zunahmen seit 2006frühere Spitzenwerte bei weitem nochnicht erreicht.Die höchsten Krankenquoten der <strong>BKK</strong>Versicherten wurden 1980 mit gut 7 %(26 AU-Tage je Pflichtmitglied) und 1990mit 6,8 % (25 AU-Tagen je Pflichtmitglied)erreicht. Demgegenüber hattensich die Krankheitszeiten bis 2006 etwahalbiert, steigen aber inzwischen wiederan. Diese Entwicklung hängt u. a. mitsoziodemografischen Veränderungen,aber auch mit gewandelten Anforderungenin der Arbeitswelt zusammen.Ebenso hat sich das Krankheitsspektrumunter den veränderten Rahmenbedingungenverschoben – während z. B.Herz- und Kreislauferkrankungen als AU-Diagnosen eine immer geringere Rollespielen, nehmen die durch psychischeStörungen verursachten Krankheitstagebereits seit Jahren regelmäßig zu (vgl.Kapitel 1.2).1 ALG-II-Empfänger bleiben unberücksichtigt, da sie keinen Anspruch auf Krankengeld besitzen und somit kassenseitig i. d. R. keine diesbezüglichenLeistungsfälle (AU-Fälle) angelegt werden.2 Unterjährig unvollständige Lieferungen der Leistungsfälle (z. B. bei Fusionen) führten bei einigen Kassen zu einer entsprechenden Verringerung derVersichertenzeiten– vgl. auch Fußnote 4


1 Fehlzeiten und stationäre Behandlungen im Überblick9Bei den Krankenhausbehandlungen istgegenüber dem Vorjahr erneut eine Zunahmeder Fälle und Tage bei jedochleicht gesunkenen Verweildauern zubeobachten. Mit 181 Krankenhausfällenje 1.000 Versicherte erhöhte sichdie Fallzahl nach den Anstiegen derVorjahre noch einmal leicht um gut dreiProzent. Insbesondere bei den Männernstieg die Anzahl der Krankenhaustage(+ 43 je 1.000), was sich auch in demGesamtanstieg um 27 Tage je 1.000 Versicherteniederschlug. Die stationärenAufenthalte dauerten 2009 im Mittel 9,3Tage je Fall (-0,1).Damit bewegen sich die Falldauern aufweiterhin sehr niedrigem Niveau. Dieschon seit längerem mit Einführung derersten Fallpauschalen und Sonderentgeltenzu beobachtende Verringerungder Verweildauern erhielt 2003 mitEinführung der DRGs weitere Schubkraft.In 2008 – dem letzten Jahr derKonvergenzphase zum fallbasierten Abrechnungssystem– wurden die Fallpauschalendurch die weitere Anpassungder kranken hausindividuellen Fallkostenan die landesweiten Basisfallwerte nochstärker finanzwirksam als bisher.In der längeren Betrachtung der letzten20 Jahre hat sich zwar die Zahl der Krankenhausfälleum fast 9 % erhöht, gleichzeitigsanken aber die mittleren Verweildauernseit 1989 um fast 40 % und damitauch die Anzahl der Krankenhaustagetrotz Zunahme der Fälle um 34 %.Weitere Neuerungen des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes(KHRG,2009) werden in den kommenden Jahrendas Verhältnis von Fallzahlen, Verweildauernund der Krankenhaustageerneut beeinflussen. Insbesondere istauf die Einführung des pauschalierendenEntgeltsystems für die psychiatrischenund psychosomatischen Einrichtungenin 2013 hinzuweisen, einem Bereich, dertraditionell durch längere Verweildauerngeprägt ist.Der <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> basiert aufden Versicherten- und Leistungsdatenbei Arbeitsunfähigkeit, Arbeitsunfällenund Krankenhausbehandlungen. 2009waren dies 6,29 Mio. Arbeitsunfähigkeitsfällevon 6,11 Mio. Mitgliedern ohneRentner 3 (i. w. sozialversicherungspflichtigBeschäftigte und ALG-I-Empfängersowie andere kleinere Gruppen) sowie2,16 Mio. Krankenhausfälle von insgesamt11,95 Mio. <strong>BKK</strong> Versicherten (Mitglieder,Rentner und Familienangehörige)4 . Die Zahl der beschäftigten <strong>BKK</strong>Mitglieder insgesamt (einschl. der freiwilligVersicherten) betrug 2009 5,65 Mio.,was einem Anteil von 20,6 % an allensozialversicherungspflichtig Beschäftigen(27,38 Mio. zum 30. Juni 2009) entspricht.Ihre Aufteilung nach Branchenist in der Anhangtabelle 4a dokumentiert.3 Bei den AU-Analysen der Mitglieder ohne Rentner bleiben neben den ALG-II-Empfängern die Wehr- und Zivildienstleistenden, Studenten und sonstigeGruppen unberücksichtigt4 In die Erhebung für das Berichtsjahr 2009 konnten nach den im Rahmen der Reporterstellung üblichen Vollständigkeits- und Plausibilitätsprüfungender Datenlieferungen 88,4 % der <strong>BKK</strong> Versicherten einbezogen werden. Im Vergleich zu den Vorjahren gab es in einigen Fällen fusionsbedingt unvollständigeDatenlieferungen.


101.1 Die Entwicklung des Krankenstands2009 sind die Fehlzeiten nach einer überJahre rückläufigen Entwicklung bis 2006zum dritten Mal in Folge wieder leichtangestiegen. Mit 3,9 % Krankenstandwurde der Jahresdurchschnitt von 2008um 0,2 % überschritten. Dies ist insofernbemerkenswert, als 2009 ein Krisenjahrwar, womit gemeinhin sinkendeoder zumindest niedrige Krankenständeerwartet wurden. Der allgemeine, auchkassenartenübergreifende Trend zeigt indes,dass die Krankenstandsentwicklungdurchaus nicht nur einer oftmals vereinfachtgedachten Konjunkturabhängigkeitfolgt.Der niedrigste Wert in der über 30-jährigenZeitreihe der <strong>BKK</strong> wurde 2006 mitnur 3,4 % verzeichnet. Mit durchschnittlich14,4 Arbeitsunfähigkeitstagen (AU-Tage = Kalendertage) je beschäftigtesPflichtmitglied liegen die Fehlzeiten inzwischenspürbar über den sehr niedrigenWerten der letzten Jahre. So wurdenim Jahr 2006 nur 12,4 Krankheitstagegemeldet, in 2007 waren es 12,8 und in2008 bereits 13,4 Tage. Zuletzt lag dieZahl der AU-Tage in 2002 mit 14,3 Tagenähnlich hoch wie in diesem Berichtsjahr.In der langfristigen Betrachtung hattensich bis 2006 die durchschnittlichenKrankheitszeiten bei den <strong>BKK</strong> Mitgliedernseit Anfang der Neunzigerjahrenahezu halbiert, sie liegen auch derzeitnoch erheblich (- 45 %) unter den in dieserZeitreihe erfassten Höchstständenvon 25 bis 26 Arbeitsunfähigkeitstagenje <strong>BKK</strong> Pflichtmitglied.Schaubild 1.1 – FälleArbeitsunfähigkeit seit 1976 (Fälle je beschäftigtes Mitglied)1,71,61,51,41,31,21,11,01,31,41,61,376 80 84 88 91 94 97 00 02 04 06 08Fälle insgesamt Fälle Frauen Fälle Männerbis 1995: Pflichtmitglieder – Bundesgebietab 1996: beschäftigte Pflichtmitglieder – BundesgebietAuch wenn nicht allein die Arbeitsmarktsituationdie Krankenstandsentwicklungbestimmt, hängen doch dieniedrigen Fehlzeiten der letzten Dekadenicht unwesentlich mit dem Beschäftigungsrückgangin dieser Zeit und denhiermit einhergehenden Selektionsprozessenzu jüngeren und auch gesünderenBelegschaften zusammen.Mit der demografisch zu erwartendenSchrumpfung und Alterung der1,21,01,1 1,109Bevölkerung insgesamt wie auch derErwerbsbevölkerung werden sich dieRahmenbedingungen notwendiger Weiseändern. Jedoch ist die Frage, ob mitder aktuell zu beobachtenden Beschäftigungszunahmeund der Alterung derErwerbsbevölkerung die Krankenständeanhaltend steigen werden, keineswegseindeutig zu beantworten. Denn demografiebedingtstieg schon seit 1991 dasDurchschnittsalter der Beschäftigten um


1.1 Die Entwicklung des Krankenstands11Schaubild 1.2 – TageArbeitsunfähigkeit seit 1976 (Tage je beschäftigtes Mitglied)302520151022,526,121,924,776 80 84 88 91 94 97 00 02 04 06 08 09drei Jahre 5 , ohne dass diese Entwicklungmit zunehmenden Krankheitszeiteneinherging. Im Gegenteil sank derKrankenstand unter dem Einfluss andererFaktoren, wie z. B. des verändertenSpektrums beruflicher Tätigkeiten. Sonahm insbesondere die Beschäftigungin den Informations- und Wissensdienstleistungen– mit branchentypisch eherniedrigen Krankenständen – zu, währendsich die Zahl der Arbeitsplätze in denTage insgesamt Tage Frauen Tage Männerbis 1995: Pflichtmitglieder – Bundesgebietab 1996: beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet14,812,414,413,4industriellen Fertigungen kontinuierlichverringerte. Prognosen für zukünftigeEntwicklungen lassen sich jedenfallsnicht alleine aus den jetzt bekanntendemografischen oder wirtschaftlichenRahmendaten herleiten. Der zukünftigeGesundheitszustand der (Erwerbs-)Bevölkerung wird entscheidend vonden qualitativen Bedingungen zukünftigerArbeits- und Lebensverhältnissegeprägt werden.Schon im letzten Report 6 wurde übererkennbare Veränderungen gerade inSektoren mit strukturell eher niedrigenKrankenständen berichtet. Hattezunächst das Anwachsen der Dienstleistungsbranchenden Krankenstandinsgesamt sinken lassen, machen sichmittlerweile die wachsenden Belastungendurch ständig steigende Leistungsanforderungenund –verdichtungen beiunsicheren Arbeitsverhältnissen auchin technischen, wissenschaftlichenoder anderweitig spezialisierten Berufsgruppenbemerkbar. Zugleich steigt dasDurchschnittsalter wie in allen Beschäftigtengruppen– denn auch bisher noch„junge“ Branchen (werden) altern (vgl.Kapitel 3.1 und Spezial S. 72 ff).Ebenso beeinflusst der wachsendeFrauenanteil an der Erwerbstätigkeit denallgemeinen Trend. 2009 fielen für einmännliches <strong>BKK</strong> Pflichtmitglied durchschnittlich14,6 Krankheitstage an, beiden pflichtversicherten Frauen waren es– bedingt durch andere Beschäftigungsstrukturen– lediglich 14,2 Tage. Fast dieHälfte (45,1 %) der beschäftigten Frauenunter den <strong>BKK</strong> Mitgliedern sind als Angestelltein Dienstleistungsbranchen mitbranchentypisch eher niedrigen Krankenständentätig, während dies nur für einViertel der Männer gilt. Die männlichenbeschäftigten <strong>BKK</strong> Mitglieder arbeitendagegen immer noch verbreitet in der industriellenProduktion (46,9 %), währendnur 11,9 % der Frauen als Arbeiterinnenausgewiesen werden. Auf der anderen5 vgl. Statistisches Bundesamt: Durchschnittsalter der Erwerbstätigen, Ergebnisse des Mikrozensus 20096 vgl. <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2009, Gesundheit in Zeiten der Krise, S. 78


12 1.1 Die Entwicklung des KrankenstandsSeite bilden Männer in der Gruppe dereinkommensstarken freiwillig Versichertenmit 83,6 % eine starke Mehrheit - mitäußerst niedrigen Krankenquoten. Jedersiebte männliche Erwerbstätige ist beiden <strong>BKK</strong>n freiwillig versichert, aber nureine von 27 erwerbstätigen Frauen. Nähereszu den Morbiditätsunterschiedennach Versichertengruppen findet sich inKapitel 2.4.Auch die Unternehmensgrößen wirkensich auf den Krankenstand aus. So falleninsbesondere in kleineren und Kleinstbetriebendeutlich niedrigere krankheitsbedingteAusfälle an als in den größerenUnternehmen mit 200 und mehr Beschäftigten(Schaubild 2).Bei den <strong>BKK</strong> Mitgliedern fielen wie schonin den Vorjahren auch 2009 im Ostenwieder deutlich mehr AU-Tage an als imWesten (16,5 Tage im Osten, 14,1 Tageim Westen). Hiermit nahmen die Krankheitstageim Osten um zwei Tage undim Westen um etwa einen Tag zu. DieGründe liegen v. a. in den bei den <strong>BKK</strong>nungünstigeren Versichertenstrukturenin den neuen Bundesländern, die sichauch in erheblich längeren Falldauernvon durchschnittlich 13,7 Tagen (12,4im Westen) niederschlagen. Die durchschnittlicheFalldauer fiel 2009 auch bundesweitmit 12,5 Tagen höher aus als inden Vorjahren (12,2 Tage in 2008 und12,1 Tage in 2007).Regionale Einflüsse prägen das Krankenstandsniveauebenfalls in gewissemUmfang, allerdings weniger ausgeprägtals berufliche und soziale Faktoren. Extremeregionale Unterschiede, über diein den Neunzigerjahren noch regelmäßigberichtet wurde, haben sich in denSchaubild 2Arbeitsunfähigkeit nach Betriebsgrößen1 - 9 Beschäftigte10 - 19 Beschäftigte20 - 49 Beschäftigte50 - 99 Beschäftigte100 - 199 Beschäftigte200 - 499 Beschäftigte500 - 999 Beschäftigte1.000 - 1.999 Beschäftigte2.000 - 4.999 Beschäftigte5.000 - 9.999 Beschäftigte> 10.000 BeschäftigtePflichtvers. Beschäftigte1.0151.2531.2331.3771.4031.4211.5261.4301.5161.4471.5671.5141.6071.5521.5811.5301.5941.5471.5251.4651.3311.3831.4161.4580 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400 1.600 1.800Frauen MännerAU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009letzten Jahren deutlich reduziert. In 2009wurden für die beschäftigten Pflichtmitgliederdie meisten Krankheitstage - mitdeutlichen Zunahmen um etwa zweiTage - in Brandenburg (17,1 AU-Tage jeMitglied) sowie in Mecklenburg-Vorpommernund Sachsen-Anhalt (jeweils 16,8Tage je Mitglied) gemeldet. Im Westenstehen erneut Berlin (16,7 AU-Tage jebeschäftigtes Pflichtmitglied) und dasSaarland (16,5 Tage je Mitglied) an denersten Plätzen, hier mit leicht steigenderTendenz um etwa einen halben Tag.Die wenigsten, wenn auch gleichfallsansteigenden Krankheitstage verzeichnetenwie gewohnt Baden-Württembergmit 12,7 (+1,0) und Bayern mit 12,9 AU-Tagen (+0,5). Die Zunahmen in Baden-Württemberg sind für dieses Bundeslanddurchaus bemerkenswert und beschreibeneine hier unübliche Entwicklung. Inden Vorjahren konnte stets das dort sehrniedrige Fehlzeitenniveau im wesentlichengehalten werden. Nähere Informationenzu den regionalen Verteilungenfinden sich in Kapitel 4.


1.1 Die Entwicklung des Krankenstands13Entwicklung im Jahr <strong>2010</strong>Schaubild 3 zeigt die aktuelle Krankenstandsentwicklungfür einen Teil dererwerbstätigen <strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder.Diese Daten werden von spectrum|Kin einer Teilerhebung zur Ermittlung dermonatsdurchschnittlichen Krankenständeausgewertet. Derzeit werden rd. 3,6Mio. erwerbstätige <strong>BKK</strong> Mitglieder einbezogen(bei freiwilliger Teilnahme derbeteiligten Kassen), auch dies sind immerhin13,5 % aller sozialversicherungspflichtigBeschäftigten in Deutschland.Während die amtlichen Krankenstandsstatistikender GKV Stichtagsergebnissedarstellen (jeweils bezogen auf denMonatsersten, auf den häufig Wochenend-und Feiertage fallen), spiegelt die<strong>BKK</strong> Statistik das AU-Geschehen desgesamten Monats wider. Die ungleicheVerteilung der Krankmeldungen über dieWochentage - und die damit verbundenemögliche Fehlerwahrscheinlichkeit beiStichtagserhebungen - ist aus Schaubild4 erkennbar. Die Jahresdurchschnitteaus der amtlichen Statistik führen somitin der Regel zu einer Unterschätzungdes tatsächlichen Krankenstandes. Außerdemumfasst die amtliche Statistikauch die Krankmeldungen der Arbeitslosen,während in der <strong>BKK</strong> Statistik nur dieArbeitsunfähigkeitszeiten der Erwerbstätigenenthalten sind.Die <strong>BKK</strong>-Krankenstände ergeben in derersten Jahreshälfte <strong>2010</strong> im Schnitt keinegrößeren Veränderungen gegenüberdem Vorjahr.* Im Januar lagen die Ausfallzeitensogar niedriger, während sie inden Frühjahrsmonaten <strong>2010</strong> auf Grundder kühlen Witterung besonders im Aprilund Mai etwas höher ausfielen. Allerdingsgab es in keiner Weise den noch zuJahresanfang in Zusammenhang mit der„Schweinegrippe“ befürchteten Anstieggrippaler Infekte. Dagegen nahmen ineinigen Bundesländern jedoch die Verletzungenvermutlich infolge der anhaltendenSchneeglätte zu. Auch die Anteileder psychischen Krankheitsur sachensteigen in <strong>2010</strong> weiter an. Ins gesamtblieb der mittlere Krankenstand im erstenHalbjahr <strong>2010</strong> in der <strong>BKK</strong> Statistikmit 4,1 % jedoch nahezu unverändert aufdem Niveau des ersten Halbjahres 2009.Die amtlichen Stichtagsergebnisseder GKV weisen zwar für das ersteHalbjahr <strong>2010</strong> eine steigende Tendenzauf, was allerdings kaum verwundert,da in 2009 noch fünf der sechs Erhebungstagezum Monatsersten aufSonn- und Feiertage fielen, an denenüblicherweise weniger Krankmeldungenals im Wochendurchschnitt vorliegen.Im ersten Halbjahr <strong>2010</strong> fielen hingegennur zwei der sechs Erhebungstage aufSchaubild 3<strong>BKK</strong> Krankenstand 2009 – <strong>2010</strong>Krankenstand in Prozent6,05,04,03,02,01,00,04,1Januar5,04,7 4,9Februar4,44,3 3,9März3,6April3,8 3,8 3,73,6Monatsdurchschnitte der beschäftigten Pflichtmitglieder – BundesgebietMaiJuniSchaubild 4Arbeitsunfähigkeit nach WochentagenMontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag1,41,210,112,211,714,03,5 3,515,016,515,615,315,715,9Juli19,83,53,3August4,03,8SeptemberOktober4,24,7November<strong>2010</strong>20093,9Dezember0,0 5,0 10,0 15,0 20,0 25,0 30,0 35,0 40,0AU-Beginnarbeitsfreie Tage. Dies verdeutlicht diegeringe Aussagefähigkeit der amtlichenStatistik. Mit dieser methodisch problematischenErhebung lag der GKVKrankenstand im ersten Halbjahr <strong>2010</strong>bei 3,6 %, während er 2009 noch bei3,2 % lag.AU-TageAnteile bei den beschäftigten Pflichtmitgliedern – Bundesgebiet 2009* Die Ergebniss aus dem 3. Quartal wurden hier aus redaktionellen Gründen nicht berücktsichtigt,weisen aber auf einen steigenden Trend für die zweite Jahreshälfte <strong>2010</strong> hin.35,8


141.2 Die wichtigsten Krankheitsgruppen bei ArbeitsunfähigkeitSechs Krankheitsgruppen verursachenüber drei Viertel (77 %) aller Arbeitsunfähigkeitstageder erwerbstätigen Pflichtmitglieder(vgl. Schaubild 4). 2009 entfielenauf:■ Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems25,4 % (-0,9 gegenüber demVorjahr)■ Krankheiten des Atmungssystems17,2 % (+1,5 )■ Verletzungen und Vergiftungen 13,5 %(-0,6)■ Psychische Störungen 10,7 % (+0,7)■ Krankheiten des Verdauungssystems6,1 % (-0,5)■ Krankheiten des Kreislaufsystems4,4 % (-0,1).Gegenüber dem Vorjahr gab es 2009zum Teil beachtliche Verschiebungen,wobei insbesondere die Zunahme derAtemwegserkrankungen in diesem Jahrauffällt. Atemwegserkrankungen bildenzwar fast ein Drittel der AU-Fälle (32 %),stehen aber mit „nur“ 17,2 % der Tageerst an zweiter Stelle hinter den deutlichlänger dauernden Bewegungserkrankungen.Auf Grund stärker auftretender„Grippewellen“ – besonders zuJahresanfang, also vor der sogenannten„Schweinegrippe“ – hatte diese Krankheitsgruppejedoch in 2009 einen deutlicherenAnteil an dem insgesamt gestiegenenKrankenstand. In den MonatenJanuar, Februar und November hattendie Atemwegserkrankungen einen ungewöhnlichhohen Anteil am Krankenstand(28 bzw. 26 und 22 %). Damit lag ihr Anteilan allen Krankheitstagen im Januarund November immerhin 6,6 % über denWerten des Vorjahres. 7Die Anteile der Muskel- und Skeletterkrankungenwie auch die von Verletzungenund Verdauungserkrankungen sankenhingegen im letzten Jahr deutlich,während die psychischen Erkrankungenauch in diesem Berichtsjahr wiedermit bedenklicher Konstanz zunehmen.Ihr Anteil erhöhte sich wie im Vorjahrerneut um 0,7 %. Die längerfristigenEntwicklungen bei den einzelnen Krankheitsgruppensind in Schaubild 6 für allePflichtmitglieder (inkl. Arbeitslose) zuverfolgen, hier wird auch die stetig zunehmendeProblematik der psychischenKrankheitsursachen deutlich.Auch andere auffällige Veränderungenwerden in der langjährigen Betrachtungdes Krankheitsspektrums sichtbar: Während1976 durchschnittlich weniger alsvier AU-Tage auf Muskel- und Skeletterkrankungenentfielen, erreichte dieseDiagnosegruppe 1990 fast acht AU-Tageund nahm damit einen dominierendenAnteil von über 30 % am Krankheitsgeschehenein. In der letzten Dekadeverringerte sich zwar der Anteil dieserKrankheitsursachen mit dem Wandel derBeschäftigungsstrukturen, dennoch bildendie Muskel- und Skelettleiden – hierunterüberwiegend Rückenerkrankungen– mit über einem Viertel der Krankheitstageweiterhin die gewichtigste Krankheitsgruppebei Arbeitsunfähigkeit. DieZahl der hierdurch verursachten AU-Tagehat sich jedoch deutlich reduziert, 2009waren es je <strong>BKK</strong> Pflichtmitglied (inkl. Arbeitslose)3,8 Tage.Schaubild 5Die häufigsten KrankheitsartenAtmungssystem17,2 %247210Infektionen4,0 %Kreislaufsystem4,4 %54 5863 60Psych. Störungen10,7 %153 134Verletzungen13,5 %188194Die Atemwegserkrankungen bilden diezweitwichtigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit,wobei ihre jeweiligen Anteile anden AU-Tagen von Jahr zu Jahr schwankenund stark durch die jahresspezifischenAusprägungen der „Wintereffekte“bestimmt werden. Hier lag 2009 mit2,4 Krankheitstagen je Pflichtmitglied derhöchste Wert seit dem Jahr 2000 vor.Besonders erwähnenswert ist die seitBeginn der Statistik 1976 stark rückläufigeBedeutung der Verdauungserkrankungen,deren Anteil in diesem Zeitraum ummehr als die Hälfte geschrumpft ist (1976:13,1 %; 2009: 6,1 %). Bei den Herz- undKreislaufleiden war der Rückgang sogarnoch stärker, ihr Anteil an den Krankheitstagenhat sich um fast zwei Drittelreduziert (1976: 12,4 %; 2009: 4,4 %). DieErkrankungen des Verdauungssystemsverursachten 1976 bis 1980 rund dreiAU-Tage je Pflichtmitglied, heute sind esnur noch 0,9 AU-Tage. Deutlicher nochsind die Krankheitstage durch Herz- undKreislauferkrankungen von 2,8 auf 0,7Tage zurückgegangen.268252Sonstige18,6 %8888351366AU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009Muskeln/Skelett25,4 %Verdauungssystem6,1 %7 Die Werte sind dem monatlichen Krankenstandsverfahren der Betriebskrankenkassen entnommen.


1.2 Die wichtigsten Krankheitsgruppen bei Arbeitsunfähigkeit15Schaubild 6Arbeitsunfähigkeit und Krankheitsarten – Trends seit 1976AU-Tage je Pflichtmitglied (gesamt)30,025,020,022,526,121,923,724,720,417,9AU-Tage je Pflichtmitglied (nach Krankheitsarten)12,0AU-Tage je MitgliedPsychische StörungenHerz/KreislaufAtmungssystem 10,0Muskeln/SkelettVerdauungssystemVerletzungen8,015,014,814,012,9 12,813,814,76,010,04,05,02,0076 80 84 88 91 94 97 00 02 04 0608090Pflichtmitglieder inkl. ArbeitsloseWährend die bis Anfang der Neunzigerjahredominierenden Krankheitsgruppen– Muskel-/Skelett-, Atemwegs-, Herz-/Kreislauf- und Verdauungserkrankungen– in den letzten Jahren immer wenigerFehltage verursachten, wächst die Bedeutungder psychischen Störungenkontinuierlich. Psychische Erkrankungensind die einzige Krankheitsgruppeüberhaupt, die seither im AU-Geschehenzugenommen hat. Die hierdurch ausgelöstenKrankheitstage hatten sich beiden <strong>BKK</strong> Pflichtmitgliedern insgesamt(einschl. Arbeitslose) von 1976 bis 1990bereits verdoppelt und sind seit 1991(erstes Jahr mit Daten auch aus denneuen Bundesländern) um weitere 80 %auf aktuell 1,7 AU-Tage je Pflichtmitgliedangestiegen. Ihr Anteil an den Krankheitszeitender beschäftigten Pflichtmitglieder(2009: 10,7 %) hat sich seit 1976(zu Beginn dieser Statistik 2 %) mehr alsverfünffacht, seit der ersten gesamtdeutschenDatenerhebung 1991 (3,8 %) nochverdreifacht.Heute bilden die psychischen Erkrankungendie viert wichtigste Krankheitsgruppe,während sie Anfang der Neunzigerjahrenur den siebten Rang einnahmenund vorher nahezu bedeutungslos waren.Bei den Frauen steht diese Krankheitsursachemit 13,9 % sogar an dritter Stelle– bei Männern mit 7,9 % mittlerweile aufdem vierten Platz. Die Bedeutung dereinzelnen Krankheitsgruppen differiertim Geschlechtervergleich, worauf in Kapitel2 ausführlicher eingegangen wird.Zusammenfassend wirken vier Hauptkomponentenbei den bisher beschriebenenVeränderungen im Krankheitsspektrumbei Arbeitsunfähigkeit mit:■ veränderte Beschäftigungsstrukturendurch Verlagerung hin zu Dienstleistungstätigkeiten■ zunehmende Frauenerwerbstätigkeit■ wachsender Leistungsdruck bei zunehmenderArbeitsplatzunsicherheit■ Selektionseffekte am Arbeitsmarktbei hoher Arbeitslosigkeit.Die versorgungspolitisch bedeutsamsteEntwicklung betrifft zweifellos das ungebrocheneAnwachsen der psychischenStörungen als Krankheitsursache. Obwohldiese Krankheiten heutzutage inder ärztlichen Praxis erkennbar häufigerals früher diagnostiziert und behandeltwerden, bestehen dennoch weiterhinVersorgungsdefizite, wie bei u. U. längeren,erfolglosen Behandlungen in Fällenmit körperlichen Symptomatiken bei einemunerkannten, aber wesentlich verursachendenpsychischen Hintergrund.Auch werden psychische Störungen inder psychiatrischen Versorgung nachwie vor nicht selten vor allem als biochemischeStörungen bestimmter Gehirnregionengesehen und behandelt. DasVerstehen der biografischen, sozialen,familiären und / oder arbeitsweltbezogenenHintergründe bleibt dabei nachrangigund in der Therapie nicht hinreichendberücksichtigt. Dabei nehmen geradeunter den heutigen Arbeitsverhältnissendie psychischen Stressoren bei zunehmendenLeistungsanforderungen,einer ständigen Arbeitsverdichtung und-entgrenzung, häufig noch verbunden mitder Sorge um den Arbeitsplatz, zu. Demgerecht zu werden, stellt sich nicht nurals Aufgabe für die Krankenkassen, sondernnotwendiger Weise auch für andereAkteure im Gesundheitswesen – besondersin der ärztlichen Versorgung.


161.3 Bestimmungsfakoren für die Höhe des Krankenstandes –Diagnosen und FalldauernSchaubild 7Krankengeldtage nach KrankheitsgruppenNeubildungen 7,9 %Symptome 3,5 %Symptome 2,8 %Infektionen 1,2 %Kreislaufsystem6 %Psych.Störungen18 %Atmungssystem 3,3 %Sonstige10 %Muskeln/Skelett31,3 %Neubildungen 5 %Infektionen 0,8 %Kreislaufsystem5,3 %Psych.Störungen31,2 %Atmungssystem 2,7 %Sonstige9,3 %Muskeln/Skelett31,5 %Verletzungen15,5 %Verdauungssystem3,3 %Verletzungen8,3 %Verdauungssystem3,1 %beschäftigte PflichtmitgliederArbeitslose (ALG-I-Empfänger)Für Krankenstandsanalysen ist die Betrachtungder Erkrankungsdauern undihrer Anteile am Arbeitsunfähigkeitsgeschehenaufschlussreich. Die durchschnittlichenFalldauern einer Arbeitsunfähigkeitvariieren naturgemäß nachKrankheitsarten.Während Infektionen, Atemwegs- undVerdauungserkrankungen nur eine durchschnittlicheAU-Dauer von etwa einerWoche zuzurechnen ist, dauern Fällemit Herz- und Kreislauferkrankungen (21Tage), Muskel- und Skeletterkrankungensowie Verletzungen mit 20 Krankheitstagenje Fall im Mittel deutlich länger.Wesentlich längere Krankheitszeitenverursachen die Neubildungen (Tumorerkrankungen)mit einer durchschnittlichenDauer von 37 Tagen und die psychischenStörungen mit fast 35 Krankheitstagenje Fall. Diese Werte beziehen sich aufdie beschäftigten Pflichtmitglieder, fürArbeitslosengeldempfänger fallen geradebei chronischen Erkrankungen nochdeutlich längere Krankheitsdauern an(vgl. Tabelle 2 im Anhang).Die mit längeren AU-Dauern einhergehendenDiagnosegruppen dominierenerwartungsgemäß auch die Krankheitsbilderbei Krankengeldleistungen (Schaubild7). So wurden bei den beschäftigtenPflichtmitgliedern die meisten Krankengeldtagedurch Muskel- und Skeletterkrankungenverursacht (31,3 %, -0,2),gefolgt von den psychischen Erkrankungen(18 %, +1,1) und den Verletzungen(15,5 %, -1,2). Mit einigem Abstand aufGrund der geringeren Fallhäufigkeitenfolgten Neubildungen (7,9 %, +0,4) sowieHerz- und Kreislauferkrankungen(6,0 %, -0,1). Alleine durch diese fünfKrankheitsgruppen wurden 78,7 % allerKrankengeldtage aus gelöst.Insgesamt haben die Krankengeldleistungen2009 deutlich zugenommen, wassich auch in den erhöhten Leistungsausgabenniederschlägt. Die Aufwendungenhierfür sind GKV-weit um etwa 10 % gestiegen,bei den <strong>BKK</strong>n haben sich dieKrankengeldausgaben von rd. 138 auffast 154 Euro je Mitglied (ohne Rentner)erhöht, der zweithöchste Betragim Vergleich der Kassenarten. Für mehrals jeden vierten Arbeitsunfähigkeitstag(27 %, 3,9 AU-Tage) der beschäftigten<strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder fielen 2009 Krankengeldleistungenan. Im Vorjahr lag derAnteil mit nur 3,2 Tagen bei gut 24 % derAU-Tage insgesamt.Bei Arbeitslosen fallen auf Grund derhöheren Morbidität sowohl mehr AUwieauch mehr Krankengeldtage an. ImVergleich zu allen Beschäftigten fielenbei den ALG-I-Empfängern mit insgesamtfast 21 Krankheitstagen 55 % bzw.im Vergleich nur zu den beschäftigtenPflichtmitgliedern noch 46 % mehr Arbeitsunfähigkeitstagean (vgl. Kapitel2.2.). Davon waren 8,6 Tage mit Krankengeldzahlungenverbunden – mehr alsdoppelt soviele wie bei den Beschäftigten.Der Anteil der Krankengeldtage beiArbeitsunfähigkeit betrug bei Arbeitslosensomit 41 %, bei den Beschäftigtenwaren es gut ein Viertel (s. o.). Beachtenswertist zudem, dass fast ein Drittelder Krankengeldtage (31,2 %) von ALG-I-Empfängern durch psychische Störungenverursacht wurde. Nachdem sich dieKrankengeldfälle und -tage über einenlängeren Zeitraum bis 2005 rückläufigentwickelt hatten, sind bereits seit 2006wieder Zunahmen der Leistungstage –dies besonders deutlich im aktuellenBerichtsjahr – zu verzeichnen.In den Diskussionen zum <strong>betriebliche</strong>nKrankenstand werden häufig die kürzerenArbeitsunfähigkeitsfälle thematisiert,weil sie vordergründig einen hohen Anteilder Fälle ausmachen. Der Anteil der gemeldetenArbeitsunfähigkeitsfälle bis zueiner dreitägigen Dauer erreichte 2009mit 34,5 % einen etwas niedrigerenStand als im Vorjahr (-1,0 %). Auch unterBerücksichtigung einer Untererfassung– nicht alle Kurzzeitfälle werden denKrankenkassen gemeldet – ist dennochder Einfluss dieser Fälle auf den Krankenstandinsgesamt auf Grund der nurkurzen Dauern moderat: Trotz des hohenAnteils dieser Fälle von über einemDrittel, begründeten sie nur 5,6 % dergemeldeten Fehlzeiten (vgl. Schaubild 88 Hier sind nur die ALG-I-Empfänger zu betrachten, da nur diese krankengeldberechtigt sind und in der AU-Statistik geführt werden.


1.3 Bestimmungsfaktoren für die Höhe des Krankenstandes17und Tabelle 8 im Anhang). Nach der Häufigkeitdominieren zwar kürzere Krankheitsepisoden,zwei Drittel aller Fällewaren spätestens nach einer Wochebeendet, aber sie umfassten wenigerals ein Fünftel der krankheitsbedingtenFehltage (18,1 %).Die Höhe des Krankenstandes insgesamtwird dagegen maßgeblich durchdie Langzeitfälle bestimmt. So machtendie Fälle mit über sechswöchiger Arbeitsunfähigkeit2009 zwar weniger als4 % aller Fälle aus, verursachten jedochrund 44 % der Arbeitsunfähigkeitstage.Die Bedeutung der Langzeit-Erkrankungenfür den Krankenstand zeigt sichauch in den versichertenbezogenenKrankheitstagen (vgl. Schaubild 9): Soverursachte 2009 das obere Zehntelder Beschäftigten mit den meistenAusfalltagen alleine 65 % aller Arbeitsunfähigkeitstage,auf 20 % der erwerbstätigenPflichtmitglieder konzentriertensich bereits rd. 80 % aller Arbeitsunfähigkeitstage.Knapp 42 % der beschäftigten Pflichtmitgliederhatten 2009 gar keine AU-Bescheinigung vorgelegt, bei unter 29 %blieb es bei einem Fall im Jahr. Jedersiebte Beschäftigte (14 %) legte indesmindestens dreimal ein gelbes Attestvor.Fast zwei Drittel (65 %) der beschäftigtenPflichtmitglieder verzeichneten gar keineoder nur geringfügige Krankheitsausfällebis zu maximal sieben AU-Tagen im gesamtenJahr. Entsprechend blieben umgekehrt35 % mehr als eine Woche imJahresverlauf krankheitsbedingt der Arbeitfern. Von diesen war allerdings jederFünfte (7 % von allen) gleich länger alssechs Wochen krankgeschrieben – waswiederum eine deutliche Zunahme umrd. einen halben Prozentpunkt gegenüberdem zuletzt berichteten Anteil (6,4 % in2007) bedeutet. Der Personenkreis mitsolchen längeren Krankheitszeiten hattesich in den Jahren zuvor kontinuierlichverringert. So verzeichneten 2005nur 6,2 % und 2003 6,7 %, 2001 aberimmerhin 8 % der beschäftigten PflichtmitgliederKrankheitsausfälle von mehrals sechs Wochen im Jahr.In Zeiten generell niedriger Krankenständesind die „Blaumacher“-Diskussionenspürbar abgeebbt. Auch der „blaue Montag“ist seit geraumer Zeit kein Themamehr, und dies zu Recht: denn die Verteilungdes AU-Beginns nach Wochentagenbelegt nach wie vor, dass zu Wochenbeginnärztliche AU-BescheinigungenSchaubild 8Arbeitsunfähigkeit nach Dauer1 - 3 T4 - 7 T>1 - 2 W>2 - 4 W>4 - 6 W>6 W34,59,13,03,9Fälle in Prozentkeineswegs häufiger eingeholt werden.Im Gegenteil ist der Montag, an dem jaauch die bereits am Wochenende einsetzendenFälle in der ärztlichen Versorgung(in ohnehin überfüllten Arztpraxen) auftauchen,gemessen an den Inzidenzenüber drei Tage eher unterdurchschnittlichbelegt (s. auch Schaubild 4 in Kap. 1.1).60 40 20 0 20 40 605,631,2 12,518,4 15,18,414,3Tage in ProzentAnteile bei den beschäftigten Pflichtmitgliedern – Bundesgebiet 2009 (T = Tage, W = Wochen)Schaubild 9Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage 2009 auf Personen (Lorenz-Kurve).Kumulierter Anteil der AU-Tage100806040200044,110 20 30 40 50 60 70 80 90 100Anteil der beschäftigten Pflichtmitglieder in ProzentAnteil der beschäftigten Pflichtmitglieder in Prozent


181.4 Entwicklung der stationären BehandlungenDie Krankenhausdaten bieten im Unterschiedzu den Arbeitsunfähigkeitsdatendie Möglichkeit, die (stationäre 9 ) Morbiditätaller Versichertengruppen abzubilden,also auch die der Rentner undFamilienangehörigen, darunter Kinderund Jugendliche. Krankenhausdatenerlauben allerdings auch nur begrenzteAussagen zur Morbidität, da sielediglich ein Morbiditätsspektrum mitvorwiegend pflege- oder therapieintensivemBehandlungsbedarf abbilden. Mitdem demografischen Wandel steigt dasDurchschnittsalter der Patient(innen). Dasich das Risiko eines Krankenhausaufenthaltesim Alter deutlich erhöht, wächstder Anteil der über 65-Jährigen in derstationären Versorgung konti nuierlich (s.Spezial: Stationäre Versorgung in eineralternden Gesellschaft, S. 152 ff). Diealtersspezifische Morbidität wird in Kapitel2.1 näher betrachtet.2009 wurden 11,95 Mio. <strong>BKK</strong> Versichertein die Statistik einbezogen. Insgesamt2,16 Mio. voll- oder teilstationäre Krankenhausfälle(ohne Entbindungsfälle undohne ambulante Operationen) bilden dieDatenbasis dieses Reports. Da bei einerVerlegung in ein anderes Krankenhausebenso wie bei einem Wechsel der Krankenkasseaus administrativen Gründenjeweils ein neuer Krankenhausfall angelegtwird, spiegeln die Fallzahlen undVerweildauern nur bedingt die Krankheitsepisodenwider. Die tatsächlichenVerweildauern werden tendenziell unterschätzt,die Fallhäufigkeiten überschätzt.Anderseits begründen Wiederaufnahmeninnerhalb der Grenzverweildauer inder Regel keinen neuen Krankenhausfall.Schaubild 10 veranschaulicht die Entwicklungder Fallzahl und Verweildauerje 100 Versicherte seit 1987. Die mittlereVerweildauer bewegt sich leicht unterdem Niveau des Vorjahres. Seit 1987 hatsie sich jedoch deutlich von durchschnittlich16,8 Tagen auf zuletzt 9,3 Tage jeFall verringert. Auch auf Bundesebeneist die durchschnittliche Verweildauerstark rückläufig. Seit 1991 hat sich dieVerweildauer im Bundesdurchschnitt um42 % von 14 auf 8,1 Tage verringert. 10Die Bemühungen um kürzere Liegezeitenhaben lange vor Einführung derSchaubild 10Entwicklung der Krankenhausbehandlungen seit 198730025020015010016,815,416,715,416,815,018,413,918,612,017,710,816,49,615,99,715,49,415,89,217,017,69,5 9,418,19,320181614121086500258 257 252 254 223 191 158 154 145 146 160 166 1681987 1989 1991 1994 1997 2000 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009TageFälleTage je Fall420je 100 Versicherte – Bundesgebiet9 Der Begriff „stationär“ wird im Rahmen dieser Gesundheitsberichterstattung synonym für die voll- und teilstationäre Behandlung benutzt. Die zunehmendenambulanten Versorgungsformen der Krankenhäuser sind hierin nicht eingeschlossen.10 vgl. STATISTISCHES BUNDESAMT (2009): Fachserie 12 Reihe 6.2.1 – Gesundheit. Diagnosedaten der Patienten und Patientinnen in Krankenhäusern(einschl. Sterbe- und Stundenfälle), Wiesbaden.


1.4 Entwicklung der stationären Behandlungen19DRGs eingesetzt, erhielten aber mit demneuen Entgeltsystem eine zusätzlicheDynamik, da die Behandlungskosten imAllgemeinen bereits mit den DRG abgegoltensind. Nach den Einführungsjahren2003 und 2004, in denen ein krankenhausindividuellerBasisfallwert Finanzierungsrisikender Krankenhäuser abfedernsollte, wurden ab 2005 bis 2008 alleKrankenhäuser, die unter das Krankenhausentgelt-Gesetz(KHEntgG) fallen, anden landesweiten Basisfallwert herangeführt.Vom DRG-System ausgenommensind Krankenhäuser, die unter die Bundespflegesatzverordnung(BPflV) fallen.Dies sind psychiatrische Einrichtungensowie Einrichtungen für Psychosomatikund Psychotherapeutische Medizin. DieVergütung erfolgt dort zurzeit noch aufBasis tagesgleicher Pflegesätze, wenngleichder Gesetzgeber durch das Krankenhausfinanzierungs-Reformgesetz(KHRG) die Einführung eines eigenständigenpauschalierten Vergütungssystemsab dem Jahr 2013 vorschreibt.Trotz der Fallpauschalierung zeigt sichauf der Vergütungs- und Verhandlungsebeneim DRG - Bereich folgendesBild: Neben den inhaltlich festgelegtenund bewerteten DRG Fallpauschalengibt es einige DRG Fallpauschalen,die sich einer Kalkulation von Relativgewichtenentzogen haben. Beispielhaftsind dies Leistungen aus dem Spektrumder Krankheiten und Störungen des Nervensystems,oder, im teilstationären Bereich,Leistungen zur Behandlung vonKrankheiten und Störungen der Harnorganeund der Behandlung geriatrischerPatienten. Für diese Leistungen könnenentweder tages- oder fallbezogene Vergütungenin Betracht kommen.Während Verweildauern eher die Veränderungender Versorgungsprozesseabbilden, weisen Fallhäufigkeiten stärkerauf Entwicklungen des Krankheitsgeschehenshin, sofern sie nicht in einerveränderten Versichertenstrukturbegründet sind. Auch könnte die Fall-Schaubild 11.1Krankenhausfälle nach KrankheitsartenInfektionenNeubildungenStoffwechselPsych. StörungenNervenHerz/KreislaufAtmungssystemVerdauungssystemMuskeln/SkelettUrogenitalSymptomeVerletzungenSchaubild 11.2Krankenhaustage nach KrankheitsartenInfektionenNeubildungenStoffwechselPsych. StörungenNervenHerz/KreislaufAtmungssystemVerdauungssystemMuskeln/SkelettUrogenitalSymptomeVerletzungen0 5 10 15 20 25 30Frauen Männer4044193209464348415,25,45,64,257642067769861131391461771381501312672903370 50 100 150 200 250 300 350Frauen MännerKH-Tage je 1.000 Versicherte – Bundesgebiet 200912,413,520,521,26,88,621,99,58,88,0KH-Fälle je 1.000 Versicherte – Bundesgebiet 200911,211,914,416,118,220,218,917,117,729,2


20 1.4 Entwicklung der stationären BehandlungenSchaubild 12Krankenhausbehandlung nach Dauer1 - 3 T4 - 7 T>1 - 2 W30,931,821,97,617,924,1-0,2). Dies liegt im Wesentlichen an demhohen Anteil älterer Frauen und den hohenVerweildauern gerade der älterenVersicherten – sowie an häufig fehlendenhäuslichen Pflegemöglichkeiten geradefür hochbetagte Frauen. Insgesamt dauerteein Krankenhausaufenthalt bei Rentnernetwa zweieinhalb Tage länger alsbei den AKV-Versicherten (vgl. Tabelle10 im Anhang).>2 - 4 W>4 - 6 W>6 W10,32,540 30 20 10 0 10 20 30 40Fälle in ProzentAnteile der Versicherten – Bundesgebiet 2009zahlentwicklung systemisch durch dieUmstellung des Vergütungssystems undveränderter Anreizstrukturen beeinflusstsein. Durch verschiedene Methoden derFallzusammenführung wird versucht,einem “künstlichen“ Fallsplitting (Entlassungund Wiederaufnahme) vorzubeugen.Es ist bisher jedoch nicht absehbar,ob sich die Fallzahl auf Grund vonNischen in den Regeln zum Fallsplittingerhöhen oder auf Grund dessen sogarverringern wird, da es bei der Abrechnungnach tagesgleichen Pflegesätzenkeine Fallzusammenführung gab.Die meisten stationären Behandlungenfallen naturgemäß bei den Rentnernund ihren Angehörigen an. Mit einemAnteil von 19 % (+0,3 %) an allen <strong>BKK</strong>-Versicherten verursachten sie 42,2 %(-1,2 % zum Vorjahr!) der Krankenhausfälleund 48,6 % aller Krankenhaustage9,22,7 19,6Tage in Prozent21,5(T = Tage, W = Wochen)(-1,7 %). Insgesamt zeigen sich also indieser anwachsenden Gruppe der älterenVersicherten rückläufige Kennwerte derKrankenhausbehandlungen, interessanterWeise auch gegenläufig zur Gesamtentwicklung(vgl. Kapitel 1). Dies könnteu. U. ein Hinweis auf die Berechtigungder Kompressionsthese 11 sein, also derAnnahme einer im Vergleich zum Anstiegder Lebenserwartung überproportionalenZunahme gesunder Lebensjahre.Allerdings müssen hierbei die Altersschichtengenauer untersucht werden(s. Kapitel 2.3).Die Hospitalisierungsrate der Frauen fälltwie im Vorjahr etwas niedriger aus alsdie der Männer, allerdings dauerte einKrankenhausaufenthalt bei rentenversichertenFrauen mit 10,9 Tagen (-0,3) imDurchschnitt wiederum länger als beiMännern in dieser Gruppe (10,5 Tage,Am häufigsten führten auch im Jahr2009 Erkrankungen des Kreislaufsystems(I00-I99) zu einem Krankenhausaufenthalt,14,1 % aller Fälle wurden aufGrund dieser Erkrankungen aus der stationärenBehandlung entlassen, gefolgtvon Neubildungen (C00-D48) mit 11,5 %und Krankheiten des Verdauungssystems(K00-J93) mit 10,6 %.Die meisten Krankenhaustage entfielenallerdings auf Psychische und Verhaltensstörungen(F00-F99), die mit 314 (+13)Tagen je 1.000 Versicherte und einemAnteil von nunmehr 18,6 % (+0,4 %) erneutden ersten Rang einnahmen (vgl.Tabelle 10 im Anhang). Dies resultierteaus der langen mittleren Verweildauervon 24,2 Tagen bei psychischen Erkrankungen,die mehr als das Zweieinhalbfacheder mittleren Liegezeit umfasst. AufKrankheiten des Kreislaufsystems entfielenunverändert 236 Tage je 1.000 Versicherte,was einem Anteil von 14 % anallen Tagen entsprach. Die Schaubilder11.1 und 11.2 veranschaulichen die häufigstenKrankheitsarten nach Fällen undTagen getrennt für Männer und Frauen.Während Frauen weniger häufig wegeneiner Herz-/Kreislauferkrankung stationärbehandelt wurden als männliche Versicherte,war das Verhältnis bei Urogenital-und Muskel-/Skeletterkrankungenumgekeht.Die kurzen Behandlungsfälle haben weiterzugenommen: So wurden 62,7 %11 vgl. u.a. FRIES, James F. (2005): “The Compression of Morbidity”, in: THE MILBANK QUARTERLY, Volume 83, S.801-823.


1.4 Entwicklung der stationären Behandlungen21(+1,1 ) aller stationären Fälle innerhalbeiner Woche abgeschlossen, 30,9 %(+0,9) sogar innerhalb von 3 Tagen. Unverändertwaren auf der anderen Seite2,7 % der Fälle mit mehr als 6-wöchigenLiegezeiten verbunden (vgl. Schaubild12). Die Hauptursachen für eineüberdurchschnittlich lange Verweildauerwaren vor allem psychische und Verhaltensstörungen.Schaubild 13 zeigt die Entwicklung derFallhäufigkeiten der in der stationären Behandlungwichtigsten Diagnosegruppenseit 1987. Während sich die Behandlungsfälleauf Grund von Herz- und Kreislauferkrankungengegenüber den Neunzigerjahrenum etwa ein Drittel verringerthaben, nehmen wie beschrieben vor allemdie psychischen Krankheitsursachenkontinuierlich zu und haben inzwischendie 2,4-fache Fallhäufigkeit im Vergleichzum Ausgangsjahr 1987 erreicht. Auchdie Krankheiten des Muskel-/Skelettsystemsnehmen weiterhin zu, woran unteranderem die Arthroseleiden in höheremLebensalter nicht unwesentliche beteiligtsind (vgl. Kapitel 5.2). Die Einweisungenwegen Neubildungen bewegten sich inden letzten Jahren auf einem im wesentlichenkonstanten Niveau, nachdem sieEnde der Neunzigerjahre noch häufigerUrsache für stationäre Einweisungenwaren. Ähnliches gilt auch für die Urogenitalerkrankungen.Ähnlich wie im ambulanten Versorgungsgeschehenliegt somit der auffälligsteBefund auch in der stationären Versorgungin der Zunahme der psychischenStörungen als Behandlungsgrund. DieserBefund deckt sich mit der Entwicklungenin der Arbeitsunfähigkeit und derInanspruchnahme von Arzneimitteln.Die wachsende Bedeutung der psychischenStörungen für das Versorgungsgeschehenwird hier erneut sichtbar.Die Ursachen für psychische Fehlbelastungensind vielfältiger Art und umfassensowohl endogene Dispositionenwie äußere, von der Lebenslage bestimmteFaktoren. Als äußere Stressorenkönnen berufliche Fehlbelastungen,soziale Unsicherheit, Arbeitslosigkeitund Armut wie auch Vereinsamungoder familiäre Belastungen eine Rollespielen. 12 Der genetische und biochemischeEinfluss auf Depressionenund Angsterkrankungen wird in derForschung mittlerweile ebenfalls zunehmendvor dem Hintergrund sozialerAspekte betrachtet. 13Schaubild 13Krankenhausbehandlung nach Krankheitsarten – Trends seit 1987KH-Fälle nach Krankheitsarten4,03,53,016,7 16,82,5 15,418,4 18,617,7KH-Fälle je 100Psychische StörungenHerz/KreislaufMuskeln/SkelettVerletzungenNeubildungenUrogentital17,016,415,8KH-Fälle insgesamt25,020,018,117,615,02,01,510,01,00,55,001987 1989 1991 1994 1997 2000 2003 20062007200820090KH-Fälle je 100 Versicherte12 Ausführliche Kommentierungen und Hintergründe zur Entwicklung der psychischen Krankheiten sind im <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2008 „SeelischeKrankheiten prägen das Krankheitsgeschehen“ enthalten.13 CASPI, A. [u.a.] (2003): “Influence of life stress on depression: moderation by a polymorphism in the 5-HTT gene”, in: Science, 18. Juli 2003.


242. Alter, Geschlecht und soziale LageDie Gesundheits- und Sozialberichterstattungsteht unter dem Zeichen älterwerdender Gesellschaften, nicht nur inder Bundesrepublik Deutschland, sondernin fast allen europäischen und auchanderen Ländern weltweit. Der Anteilälterer Menschen an der Gesamtbevölkerungsteigt einerseits durch die zunehmendeLebenserwartung, andererseitsverstärken sinkende bzw. anhaltend niedrigeGeburtenraten die demografischenVeränderungen.Für den Bereich der Krankenversicherungwerden die Folgen des demografischenWandels insbesondere mit Blickauf die Ausgabenentwicklung kontroversdiskutiert. Der „Medikalisierungsthese“,wonach eine mit dem Alter steigendeMorbidität und Zunahme chronischer Erkrankungenmit steigenden Gesundheitskostenim Zuge der Alterung der Bevölkerungeinhergehen 1 , stehen gegenteiligeAnnahmen gegenüber, wonach sich miteiner steigenden Lebenserwartung einZugewinn an relativ gesunden Lebensjahrenverbindet und die Lebensphasemit den höchsten Gesundheitsausgabenin ein höheres Alter verschiebt (Kompressionstheorie)2 . Zugleich wird in diesemAnsatz von einer relativen Absenkungder i. d. R. hohen Versorgungsausgabenim Sterbejahr durch ein im Mittel späteresSterbealter ausgegangen.Auf jeden Fall nimmt die Bedeutung dermedizinischen Versorgung wie auch derPräventionsangebote an ältere Versicherteund Patienten stetig zu (zur ambulantärztlichenBehandlung s. Kapitel 2.2).Den, wie in allen Altersgruppen, auch imAlter zunehmenden psychischen Störungenund ihrer Behandlung widmet sichdas Spezial auf S. 50. Gute Beispielefür generelle Präventionsangebote anSenior(inne)n und ältere Mitbürger bietetder Themenbeitrag „Aktiv bleiben in derzweiten Lebenshälfte“ (s. Spezial, S. 29)Auch für das Wirtschaftsleben bleibt dieAltersentwicklung nicht ohne Folgen.Wie in fast allen Industrieländern kann essich auch die Wirtschaft in Deutschlandnicht leisten, auf die Älteren im Arbeitsmarktzu verzichten. Bereits seit 1999stieg laut Mikrozensus der Anteil der über50-jährigen Erwerbstätigen von 22,6 %auf 28,1 %, während der Anteil der unter40-Jährigen im gleichen Zeitraum von51,5 % auf 42,0 % sank. Allein von 2002bis 2009 ist die Beschäftigungsquote derüber 55-Jährigen um über ein Drittel von38,9 % auf 56,2 % gestiegen (Eurostat<strong>2010</strong>). Schon 2007 wurde in Deutschlanddas für <strong>2010</strong> gesetzte Lissabon-Ziel derEuropäischen Union – eine Beschäftigungsquotevon mindestens der Hälftedieser Altersgruppe zu erreichen – mit51,5 % überschritten. Gleichzeitig beschleunigtsich der wirtschaftliche Wandel– die Veränderungen der beruflichenTätigkeiten haben in den letzten Jahrenzugenommen. Der Übergang von der Industrie-zur Wissensgesellschaft führtzu mehr Dienstleistungsaufgaben undzu veränderten Arbeitsinhalten und -formen.3 Lebenslanges Lernen und Weiterbildenwerden zu einer persönlichen,<strong>betriebliche</strong>n und bildungspolitischenHerausforderung.Gleichzeitig beinhalten alle demografischenPrognosen 4 einen Rückgang derBevölkerung und hierbei insbesonderedie kontinuierliche Schrumpfung derErwerbsbevölkerung. So werden in absehbarerZeit die Belegschaften in denBetrieben nicht nur altern, sondern eswerden auch angesichts rückläufiger Geburtenratendie Nachwuchskräfte allgemeinund besonders Fachkräfte in vielenQualifikationsbereichen rarer. Vor diesemHintergrund gewinnt die Schaffung gesundheitlicherVoraussetzungen für eineerfolgreiche berufliche Tätigkeit jenseitsdes 60. Lebensjahres für Wirtschaft undPolitik einen wachsenden Stellenwert.Die sich hieraus ergebenden Handlungsbedarfewerden z. B. in dem Spezial vonSendler„Überleitungsmanagement inden aktiven Ruhestand“ (s. S. 32) thematisiert.Der demografische Wandelstellt somit nicht nur an das Gesundheitswesen,sondern auch an das Gesundheitsmanagementin der Arbeitswelterhebliche Anforderungen. VertiefendeAnalysen der durch das Lebensalter geprägtenMorbiditätsunterschiede unterEinbeziehung sozialer und beruflicherEinflussgrößen bilden hierbei wichtigeVoraussetzungen für die Entwicklunggeeigneter Handlungsinstrumente.Im vorliegenden Kapitel werden in denersten drei Teilen alters- und geschlechtsspezifischeGrundmuster der Arbeitsunfähigkeit,der ambulanten ärztlichenBehandlungen sowie der Krankenhausbehandlungenaufgezeigt. Im vierten Teilsteht das Erkrankungsgeschehen nachsozialen und beruflichen Statusmerkmalenim Vordergrund. Zwischen Arbeiternund Angestellten, freiwillig Versichertenund Arbeitslosen lassen sich sowohl hinsichtlichder Erkrankungshäufigkeitenund -dauern wie auch hinsichtlich derMorbiditätsstrukturen deutliche Differenzenbeobachten, die auf besonderegesundheitliche Belastungen im beruflichenund sozialen Umfeld dieser Gruppenhinweisen.1 vgl. BESKE, Fritz [u. a.] (2009): Morbiditätsprognose 2050. Ausgewählte Krankheiten für Deutschland, Brandenburg und Schleswig-Holstein, Kiel.2 vgl. SCHNEIDER, Nils u. SCHWARTZ, Friedrich Wilhelm: Auswirkungen der soziodemographischen Entwicklung auf das Krankheitsgeschehen, in<strong>BKK</strong> 11/2006, S. 532; vgl. RÜRUP, Bert (2007): „Was kostet Gesundheit 2030“, in: G+G Gesundheit und Gesellschaft, Heft 3-2007, S. 22 ff, wo derAutor die Finanzierungsprobleme der GKV i. W. auf die Einnahmeproblematiken (Beitragsentwicklungen, Lastenverschiebungen) zurückführt3 Der Strukturwandel wurde ausführlich thematisiert in: ZOIKE, Erika [u. a.] (2004): <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2004. Gesundheit und sozialer Wandel,Essen sowie in: ZOIKE, Erika [u. a.] (2006): <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2006. Demografischer und wirtschaftlicher Wandel – gesundheitliche Folgen,Essen.4 reichhaltiges Material bietet z. B. das Max-Planck-Institut für Demografische Forschung in Rostock, u. a. Präsentation von Dr. Mirko Sporket zur4. Tagung des DNBGF zum Thema Demographic Literacy als organisatorische Schlüsselkompetenz der Zukunft, im Internet unter: www.dnbgf.de/fileadmin/texte/Downloads/uploads/dokumente/DNBGF<strong>2010</strong>/Sporket.pdf


252.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und GeschlechtIn die folgenden Betrachtungen werdenanders als in den Kapiteln 1 und 3 alleversicherungspflichtigen Erwerbspersonen– Beschäftigte und ALG-I-Empfänger– eingeschlossen. Dieses Vorgehenerlaubt, auch für die Gruppe der Arbeitslosen(ohne ALG-II-Empfänger) 5 , detaillierteAussagen zu gesundheitlichen Belastungenzu treffen, die insbesonderemit Blick auf mögliche gesundheitlicheHinderungsgründe für die Wiedereingliederungin die Erwerbstätigkeit Erkenntnisseliefern können. Die gesundheitlichenBelastungen der Arbeitslosenkönnen sowohl Ursache als auch Folgeder Arbeitslosigkeit sein.Die Altersverteilung der Arbeitsunfähigkeitist zunächst durch hohe Erkrankungshäufigkeitender unter 25-Jährigengekennzeichnet. In der Phase desberuf lichen Einstiegs ist die Anzahl derArbeitsunfähigkeitsfälle dabei am höchsten.Ein unter 20-jähriges <strong>BKK</strong> Pflichtmitgliedfehlte im Jahre 2009 durchschnittlichzweimal, ein 20- bis 24-jährigesPflichtmitglied im Durchschnitt 1,4-malwegen Krankheit (vgl. Tabelle 7 im Anhang).Auch die Erkrankungshäufigkeitder 50- bis unter 60-Jährigen lag mit 1,2bis 1,3 AU-Fällen über dem Durchschnitt.In den übrigen Altersklassen wurdendurchschnittlich je Mitglied nur 0,9 bis1,1 Fälle gemeldet. Im Vergleich zu 2008waren in allen Altersgruppen etwas höhereFallhäufigkeiten zu beobachten. DerAnstieg war dabei bei den unter 20-Jährigenmit 0,3 Fällen am größten.Die Zahl der Krankheitstage nimmt erwartungsgemäßmit dem Alter zu (vgl.Schaubild 14), was auf die Schwere derErkrankungen und den hiermit verbundenenlängeren Krankheitsdauern zurückzuführenist. Eine durchschnittliche Erkrankungdauert bei unter 25-Jährigen etwaeine Woche, bei den über 40-Jährigenbetrugen die durchschnittlichen Krankheitsdauern2009 annähernd zwei, undbei den über 55-Jährigen bereits fast dreiWochen je Fall (Tabelle 7 im Anhang). Inden älteren Gruppen konzentrieren sichdementsprechend auch die Langzeitfällevon über sechs Wochen; etwa 7 % allerAU-Fälle der über 55-Jährigen dauertenlänger als sechs Wochen, während derAnteil im Durchschnitt aller Pflichtmitgliedermit rund 4 % erheblich niedrigerausfiel. Dieser allgemeine Trend differenziertsich allerdings deutlich nach derberuflichen bzw. sozialen Lage (s. u.).Die Krankheitstage der Männer überstiegendie der Frauen erst ab einem Altervon 35 Jahren. Die 25- bis unter 30-jährigenmännlichen Pflichtversicherten warendurchschnittlich einen Tag wenigerkrank gemeldet als die Frauen gleichenAlters. Die höheren Krankheitszeiten derMänner ab dem mittleren Alter hängenwie bereits im Eingangskapitel angesprochenmit anderen Gesundheitsrisikenzusammen, wobei u. a. die stärkereAusübung insbesondere gewerblicherTätigkeiten eine Rolle spielt.Schaubild 14Arbeitsunfähigkeit nach Alter und GeschlechtAU-Tage3.0002.5002.142 2.1562.6302.5682.7142.602AU-Fälle2502002.0001.737 1.7241501.5001.0001.030 998973 946877791967 9601.1551.2181.4521.421100500500< 20 20–24 25–29 30–34 35–39 40–44 45–49 50–54 55–59 60–64n Tage Frauen Fälle Frauen n Tage Männer Fälle Männer0je 100 Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 20095 Für arbeitslose ALG-II-Empfänger liegen auf Grund der fehlenden Krankengeldansprüche keine AU-Daten vor.


26 2.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und GeschlechtArbeitsunfähigkeitälterer Arbeitnehmer undArbeitnehmerinnen nachTätigkeitWie in fast allen Industrieländern reichtauch in Deutschland die Geburtenratenicht aus, um die Bevölkerungszahl zuhalten. Es verbreitet sich, auch angesichtserkennbar wachsenden Fachkräftemangels,die Erkenntnis, dass auf dieÄlteren im Arbeitsmarkt nicht verzichtetwerden kann. In Deutschland verändertsich die Altersstruktur schon alleinedurch die Alterung der geburtenstärkerenJahrgänge, womit auch die Erwerbstätigkeitder über 55-Jährigen spürbaransteigt – in den letzten zehn Jahren hatsie um 49 % zugenommen. 6 Auch beiden <strong>BKK</strong> Mitgliedern lassen sich innerhalbder Berufsgruppen teilweise deutlichedemografische Verschiebungenerkennen. So stieg der Anteil der über55-Jährigen in den Berufen des Nachrichtenverkehrsseit 2005 um 7,4 %, inSchaubild 15Arbeitsunfähigkeit nach Alter in ausgewählten Berufen4035302520151050ReinigungsberufeBerufe des LandverkehrsMaurer, BetonbauerSozialpflegerische BerufeAU-Tage je beschäftigtes Mitglied – Bundesgebiet 2009den Verkehrsberufen um 6,3 %, denhauswirtschaftlichen Berufen um 6,1 %und bei den Straßen- und Tiefbauern um6,0 %. In den Reinigungsberufen waren5,2 % mehr Ältere tätig, Rechnungskaufleuteund DV-Fachleute verzeichnetenimmerhin noch 3,2 %, Ingenieure 2,7 %Zunahmen bei den über 55-Jährigen.Den größten Zuwachs verzeichneten dieIngenieure allerdings mit 7,4 % in derGruppe der 25 bis unter 35 Jährigen, womitdiese jüngere Altersgruppe hier mitüber einem Drittel (34 %) ungewöhnlichstark besetzt ist.Wie ausgeprägt die gesundheitlichenBelastungen der älteren Erwerbstätigendurch die berufliche Lage beeinflusstsind, lässt sich exemplarisch imVergleich einiger Berufsgruppen zeigen.Vertiefende Darstellungen der Morbiditätsunterschiedenach der beruflichenTätigkeit finden sich nachfolgend detailliertin Kapitel 3. Auswertungen der <strong>BKK</strong>-Daten nach Alters- und BerufsgruppenSchlosserBürofach-, BürohilfskräfteIngenieureRechnungskaufleute, DV-Fachleute6 vgl. Eurostat (<strong>2010</strong>): Erwerbstätigenquote älterer Erwerbstätiger nach Geschlecht.(vgl. Schaubild 15) verdeutlichen die beieiner angestrebten Verlängerung der Lebensarbeitszeittätigkeitsspezifisch unterschiedlichengesundheitlichen Situationender Beschäftigten. In Be rufen mithohen körperlichen Belastungen – beiz. T. geringer Qualifikation – liegen fürdie über 55-Jährigen durchschnittlicheKrankheitszeiten von vier und mehrWochen vor. Dies betrifft bei den MännernBau- und verwandte Tätigkeiten,Verkehrsberufe, Montierer und Metallberufe,Hilfsarbeiter und Lagerarbeiter(vgl. Einzelergebnisse in Tabelle 7a imAnhang).Bei den älteren weiblichen Beschäftigtentreten ebenfalls die Montiererinnen mitlangen Krankheitszeiten in Erscheinung.Auch die über 55-jährigen Hilfsarbeiterinnen,Warenprüferinnen, Speisenbereiterinnenund Reinigungskräfte sowiedie älteren Frauen in den Verkehrsberufenfehlten krankheitsbedingt durchschnittlichvier Wochen und mehr am Arbeitsplatz.Hauswirtschaftliche Betreuerinnenund Sozialpflegerinnen in dieser Altersgruppewiesen durchschnittlich noch 26bis 27 AU-Tage im Jahr 2009 auf. Außerdemverzeichneten die weiblichenBeschäftigten im Allgemeinen – auch inden höher qualifizierten Tätigkeitsfeldern(s. unten) – jeweils mehr Ausfalltage alsdie Männer in derselben Alters- und Berufsgruppe.Bei beiden Geschlechtern gehörtendie Bau- und Metallberufe, Hilfsarbeiterund Reinigungskräfte wie auch dieVerkehrsberufe zu den Gruppen mitden höchsten Ausfallzeiten bei denüber 55-Jährigen (durchschnittlich vierund mehr Krankheitswochen). Dagegenfehlten Führungskräfte im Management,Lehrer, Techniker oder Ingenieure durchschnittlichzwar nur zwei bis zweieinhalbWochen im Jahr, allerdings verzeichnetendiese Gruppen infolge wachsenderStressbelastungen in einer sich anbahnendenKrisensituation ebenfalls im Vergleichzu den Vorjahren zum Teil deutlichhöhere Krankheitsausfälle (vgl. Spezial„Auch junge Branchen altern“, S. 72 ff).Besonders eklatant betrifft dies im Berichtsjahrz. B. trotz der vergleichsweisenoch sehr jungen Altersstruktur die Ingenieure,deren Krankheitsausfälle sich nahezuverdoppelt haben, aber auch anderequalifizierte Dienstleistungsberufe (s. u.).


2.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Geschlecht27Bessere Gesundheit der Älterenbei höherer QualifikationVon besonderer Bedeutung für die gesundheitlicheLage älterer Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer sind dieFaktoren Qualifikation und Bildung. Diesspiegelt sich auch in der Arbeitsunfähigkeitwider. Gut qualifizierte, in ihrer Arbeitweitgehend selbstbestimmte Berufsgruppenweisen in der Regel wesentlichgeringere altersbezogene Zunahmen derKrankheitstage auf, als im Durchschnittzu erwarten wären.Bei den Ingenieuren hat sich dieser allgemeineBefund aus den Vorjahren in 2009erstmals nicht bestätigt, was durchauseine mögliche Trendwende der gesundheitlichenLage auch in den Wissensberufenandeuten könnte. Derzeit ist jederachte männliche Ingenieur über 55 Jahrealt und erkrankte 2009 im Schnitt rund18 Tage im Jahr. Dies bedeutet auch hiergegenüber dem Vorjahr fast eine Verdoppelungder Krankheitstage und könntemit gesundheitlichen Belastungen durchständig wachsende Leistungsanforderungenbei gleichzeitig zunehmender Arbeitsplatzunsicherheitin wirtschaftlichenUmbruchzeiten und Restrukturierungender Unternehmen zusammenhängen. Indem o. g. Spezial (s. S. 72 ff) werden dieseEntwicklungen ausführlich dargelegt.Spezialisten wie Rechnungskaufleuteoder DV-Fachleute verzeichneten inder ältesten Gruppe der über 55-Jährigenmit 19,4 Arbeitsunfähigkeitstagenebenfalls einen Anstieg von immerhinetwa vier Tagen gegenüber dem Vorjahr,wobei ähnlich wie bei Ingenieurenauch hier die zunehmend belastendenArbeitsbe dingungen in den entsprechendenBranchen und Tätigkeitsfeldern eineRolle spielen dürften. Die älteste Gruppeder Männer lag hierbei, trotz des starkenAnstiegs um durchschnittlich eineWoche, mit 17,6 AU-Tagen aber nochimmer deutlich unter den Krankheitszeitender weiblichen Beschäftigten indieser Alters- und Tätigkeitsgruppe mitdurchschnittlich 20,5 Krankheitstagen.Die Befunde einer höheren Morbiditätder älteren Arbeitnehmerinnen auch inhöher qualifizierten Berufen dürften ausmehreren Faktoren resultieren. Nebenbiologischen Unterschieden – z. B. inZusammenhang mit Wechseljahresbeschwerden– können sich hier auch kumulierendeEffekte aus beruflichen undfamiliären Mehrfachbelastungen in derBiografie der Frauen niederschlagen.Nachwirkende Überlastungen aus vorhergehendenLebensphasen (Kindererziehung)verbinden sich dabei u. U. mitneuen Anforderungen, etwa durch diePflege älterer oder kranker Angehöriger.Diese Aspekte wären bei Maßnahmeneiner zielgruppen-, gender- und altersgerechten<strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsförderungzu berücksichtigen.AU-Diagnosen bei Männern undFrauenDas Krankheitsgeschehen unterscheidetsich nicht nur nach Alter, sondernauch deutlich nach Geschlecht. DieAusprägung der Krankheitsursachenvon Männern und Frauen zeigt typischeUnterschiede (vgl. Schaubild 16). So wiesenMänner wie auch in den vorjährigenErgebnissen gegenüber Frauen fast doppeltso viele Erkrankungstage auf Grundvon Verletzungen auf und auch die Zahlder AU-Tage durch Muskel- und Skeletterkrankungenlag um ca. ein Drittelhöher als der Vergleichswert für Frauen.Dies ist zum einen den an anderer Stelleschon angesprochenen Beschäftigungsstrukturenund typischen Beschäftigungsfeldernvon Männern geschuldet,die – trotz des sektoralen Strukturwandels– nach wie vor verbreitet in der industriellenProduktion und in körperlichbeanspruchenden Berufen tätig sind(vgl. Kapitel 2.4). Zum anderen spiegelnsich hierin unterschiedliche VerhaltensundLebensmuster wider (”soziales”Geschlecht), die sich z. B. auf die Risikobereitschaftoder den Umgang mitSchwächen beziehen. Zu Muskel- undSkeletterkrankungen ist zu ergänzen,Die 25- bis 35-jährigen Ingenieure bildetenmit durchschnittlich rund drei AU-Tagen die „gesündeste” Altersgruppe.Auch die jüngeren Ingenieurinnen nahmenmit rund fünf AU-Tagen nur selteneine krankheitsbedingte Auszeit. DieKrankheitszeiten der weiblichen Ingenieurinnenunterschritten anders als inden Vorjahren im mittleren Alter die ihrermännlichen Kollegen z. T. deutlich. Solagen die Ausfallzeiten der 45 bis unter55-jährigen Frauen dieser Berufsgruppe(13,8 Tage) rund fünf Tage unter denender Männer (18,7 Tage). Bei den über55-Jährigen dreht sich dieses Verhältnisum (Frauen: 21,8 Tage, Männer: 18,3Tage).Schaubild 16Arbeitsunfähigkeit nach Geschlecht und Krankheitsarten (Tage)InfektionenNeubildungenPsych. StörungenNervenHerz/KreislaufAtmungssystemVerdauungssystemHautMuskeln/SkelettUrogenitalVerletzungen42403258577312721547 81259232829515 2432540151332474230 50 100 150 200 250 300 350 400 450Frauen MännerAU-Tage je 100 Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009


28 2.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Geschlechtdass sie bei Frauen zwar weniger häufigals bei Männern auftreten und infolgedesseninsgesamt weniger Krankheitstageverursachen, aber dennoch mithöheren durchschnittlichen Falldauerneinhergehen. So dauerten Erkrankungendes Bewegungsapparates bei pflichtversichertenFrauen im Schnitt 21,5 Tagegegenüber 20,2 Tagen bei Männern.Neben den zuvor genannten zählen auchHerz- und Kreislauferkrankungen sowiedie Verdauungserkrankungen zu denKrankheitsgruppen, bei denen Männermehr AU-Tage aufweisen als Frauen. FürAtemwegserkrankungen fallen hingegenin der Regel etwas mehr Krankheitstagebei Frauen als bei Männern an.Kleinere Krankheitsgruppen mit typischerweiseebenfalls höheren Arbeits-unfähigkeitszeiten der Frauen sind Neubildungenund Urogenitalerkrankungen.Die Krankheitszeiten durch Neubildungenlagen 2009 bei Frauen um rund dreiViertel höher, und Urogenitalerkrankungen verursachten bei ihnen fast dreimalso viele Krankheitstage wie bei Männern.Auch die Erkrankungen des Nervensystemssind bei Frauen häufiger Gründe fürFehlzeiten als bei Männern.Quantitativ bedeutsamer sind die Unterschiedebei psychischen Störungen, wodie Krankheitstage der Frauen die derMänner regelmäßig mit großem Abstandübersteigen – 2009 um mehr als zweiDrittel. Dies weist zum einen auf eine höherepsychische Vulnerabilität der Frauenhin, hängt aber auf der anderen Seiteauch mit ärztlichen Diagnosegewohnheitenzusammen, wonach Männer eher organbezogeneKrankheitsdiagnosen undFrauen häufiger psychische Störungenattestiert bekommen.Während psychische Erkrankungengemessen an den Krankheitstagen beiMännern auch 2009 an vierter Stellestanden, bildeten sie bei Frauen diedrittwichtigste Diagnosegruppe. MehrKrankheitstage wurden bei Frauen nurdurch Muskel- und Skeletterkrankungensowie Erkrankungen des Atmungssystemshervorgerufen. Bei Männernverursachten ebenfalls Muskel- undSkeletterkrankung en, vor allem aberauch Verletzungen sowie nachfolgendAtemwegserkrankungen mehr Krankheitstage.Die Bedeutung der psychischen Erkrankungenhat über drei Jahrzehnte der<strong>BKK</strong>-Statistik erheblich zugenommen.Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage beipsychischen Diagnosen betrug 1976 zuBeginn dieser Statistik gerade einmal 46Tage bei allen und bei Frauen 61 Tageje 100 Pflichtmitglieder, 1980 waren es64 (Frauen 82) und 1990 bereits 93, beiFrauen sogar 135(!) AU-Tage. Hiermithatten sich bereits zu diesem Zeitpunktdie psychisch verursachten Krankheitstagebei Frauen mehr als verdoppelt undbei Männern um immerhin 83 % zugenommen.Im Jahr 2000 wurden in den alten Bundesländernschon 104 Arbeitsunfähigkeitstageinsgesamt und bei den Frauen127 Arbeitsunfähigkeitstage gemeldet,in Gesamtdeutschland lagen in diesemJahr auf Grund der niedrigeren ostdeutschenWerte 101 Tage bei allen Pflichtmitgliedernund 124 Tage bei Frauenvor. Seither stiegen die Krankheitszeitendurch psychische Störungen in Gesamtdeutschlandbis 2009 um weitere 65 %auf 168 Tage bei allen und um 72 % beiFrauen auf 215 Tage je 100 weiblichePflichtmitglieder.Im Vergleich zu 1980 haben sich demnachdie psychisch bedingten Fehltageder <strong>BKK</strong> Mitglieder – auch auf Grundeines wachsenden Frauenanteils – ummehr als das Zweieinhalbfache erhöht.Bei den Frauen allein betrug die Zunahmeimmerhin 162 %, bei den Männern119 %. Nähere Ausführungen zu den psychischenDiagnosen im Einzelnen findensich in Kapitel 5. Der langfristige Anstiegist vor dem Hintergrund tief greifendersozialer Veränderungen – sowohl im Arbeitslebenwie im privaten oder familiärenUmfeld – zu sehen.Außer Acht gelassen darf hierbei allerdingsnicht, dass die Zunahme der psychischenStörungen vermutlich auchaus einer verstärkten Diagnostik undDokumentation seitens der behandelndenÄrzte resultiert. 7 Der Anteil derhiermit begründeten AU-Tage an allengemeldeten Fehltagen der Pflichtmitgliederbetrug 11,4 %, im Vorjahr hatteer bei 10,9 % gelegen. Die Bedeutungist in den vergangenen Jahren um einVielfaches gewachsen, so lagen die Anteileder psychisch verursachten Krankheitstage1980 bei nur 2,5 %, 1990 bei3,7 % und 2000 bereits bei 6,9 %. DieseEntwicklung stellt auch die psychotherapeutischeVersorgung vor wachsendeAnforderungen. Diese sind in Teilen nurinterdisziplinär und kooperativ zu erfüllen,wie im Spezial an Ende des 3. Kapitels(s. 116 ff) ausführlich dargelegt wird.7 Bemerkenswert ist auch die kontinuierliche Zunahme der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie: nach Angaben der Bundesärztekammerwaren Ende 2009 über 9.200 Ärzte dieser Fachrichtung registriert, während es 1999 auf gleicher Zählbasis nur rund 4.500 waren.


29Aktiv bleiben in der zweiten LebenshälfteDagmar Johannes,<strong>BKK</strong> Bundesverband, Abteilung GesundheitsförderungImmer wieder werden wir darauf gestoßen,dass wir in einer alternde Gesellschaftleben, in der der Anteil der Bevölkerungsgruppeab 50 Jahren stetigwächst und die Lebenserwartung weitersteigt. Schon heute macht der Anteil derüber 60-Jährigen bereits ein Viertel derGesamtbevölkerung aus. Zahlreiche Veränderungenin der zweiten Lebenshälftestellen enorme Herausforderung an dieGesundheit und bieten damit wichtigeAnsatzpunkte für die Gesundheitsförderung.Dazu zählen v. a. Veränderungen imkörperlichen Bereich, der sozialen Rollenund im Beruf. So gehen nach Abschlussder Erwerbstätigkeitsphase viele identitätsstiftendeund gesundheitsstärkendeFaktoren verloren und hinterlassen ofteine Lücke. Zusätzlich nimmt das Risikofür Diabetes, Herzerkrankungen, Bluthochdruckoder Verschleißerkrankungenerheblich zu.Alle wollen alt werden, keiner will altsein. Aber wie können Gesundheit, Lebenszufriedenheitund Selbstständigkeitbis ins hohe Alter erhalten bleiben? Diehäufig defizit-orientierte Sichtweise,führt dazu, dass es bisher nur wenigrein präventive Angebote für Ältere gibt.Im Rahmen der <strong>BKK</strong> Initiative „MehrGesundheit für alle“ engagiert sich der<strong>BKK</strong> Bundesverband für bessere Gesundheitschancenvon Menschen mitbesonderem Bedarf. Eine der wichtigstenZielgruppen dieser Initiative sindMenschen ab 50. Damit diese bis inshohe Alter körperlich, geistig-seelischund sozial aktiv bleiben und an der Gesellschaftteilhaben können, sind regionaleMöglichkeiten und bedarfsgerechteAngebote erforderlich.Viele Projekte dieser Initiative gehen überdie Gesundheitsförderung im engen Sinnehinaus und beziehen auch strukturelleVerbesserungen in den verschiedenenLebenswelten mit ein. Die im folgendenvorgestellten Projekte konzentrieren sichauf verschiedene Altersgruppen in derzweiten Lebenshälfte. Für die jüngereGruppe der über 50-Jährigen wurdensowohl das Online-Angebot „AktivBleiber.de“als auch der Präventionskurs fürNeu- und Wiedereinsteiger konzipiert.Junge und noch aktive Rentner in derGruppe 60plus sollen mit Hilfe vorhandenerStrukturen in ihrem Wohnumfeldzu altersgerechter Bewegung aktiviertwerden. An Ältere, die bereits stärker inihrer Mobilität eingeschränkt sind, richtetsich das Angebot der aufsuchenden Gesundheitsberatung,die über eine reineSturzprophylaxe hinausgeht.AktivBleiber.de:online gehen - aktiv bleibenEin internetgestütztesProgramm für die Zielgruppe50plus.Wer über 50 ist, wird von der jüngerenGeneration insbesondere in Bezugauf die Benutzung moderner Kommunikationsmedienoft als zum „altenEisen“ gehörend gerechnet - zuUnrecht, wie Studien zeigen. Derzeitnutzen ca. 43,5 Millionen Menschen inDeutschland das Internet, davon entfallenmehr als 50 % auf Menschen inder zweiten Lebenshälfte. Im Alter von50-59 Jahren nutzen zwei Drittel derDeutschen das Internet. Dabei gehtes den Internetnutzern hauptsächlichum drei Ziele: Sie nutzen das Netz alsWegweiser für den Alltag, zur direktenKommunikation oder suchen gezieltnach Informationen. Diese Interessenbündelt das neue Internetangebot derBetriebskrankenkassen.Auf www.AktivBleiber.de findet die Generation50plus eine Community rundum das Thema „Aktiv bleiben und sichwohl fühlen“. Das Angebot richtet sichan Frauen und Männer in der zweitenLebenshälfte. Neben klaren Hilfestellungenzum Aktivbleiben, die beispielsweisehelfen die richtige Sportart zu finden,wird bei den „AktivBleibern“ mit einemverstärkten Einsatz von multimedialenElementen wie Videos und Animationengearbeitet.Zentraler Baustein des neuen Internetportalsist die AktivBleiber-Community.Wer sich hier registriert, dem eröffnetsich die komplette Bandbreite modernerKommunikation: jedes angemeldete Mitgliedkann sich ein Profil anlegen, virtuelleFreundschaften knüpfen und die Profileanderer AktivBleiber ansehen. Das Portalbedient sich bekannter und bewährterMechanismen anderer sozialer <strong>Netzwerk</strong>efür die Zielgruppe, der an aktiver undgesundheitsorientierter Lebensführunginteressierten über 50-Jährigen.Verschiedene Gesundheitsmodule gebenwertvolle Tipps und Hinweise zurpraktischen Umsetzung der guten Vorsätzezum Aktivbleiben. So errechnet derHerzfrequenzmesser beispielsweise dieideale Herzfrequenz für das Training. Zueiner intakten Rückenmuskulatur verhilftder interaktive Rückentrainer: Über einenRücken-Lotsen können die Stellen amRücken bestimmt werden, die trainiertwerden sollen – jeweils mit Text undVideo.Das auf die Interessen und Bedürfnisseder Zielgruppe 50plus zugeschnittenePortal ist damit ein zeitgemäßes Instrumentzur Prävention und Kommunikation.Aktiv bleiben durch BewegungPräventionskurs „Aktiv bleibendurch Bewegung“ für Neu- undWiedereinsteigerKörperliche Aktivität ist ein wichtigerFaktor, der das Älterwerden bereichertund ihm mehr „Leben“ gibt. Es gilt, dieFreude an der Bewegung zu finden bzw.sie sich zu erhalten.Nach einer Untersuchung des RobertKoch-Instituts (2005) bewegt sich dieHälfte aller Frauen und Männer im mittlerenErwachsenenalter (45-60 Jahre)nicht ausreichend und die Inaktivitätsteigt dabei mit zunehmendem Alter.Diese Handlungsnotwendigkeiten hatder <strong>BKK</strong> Bundesverband erkannt und


30durch die Team Gesundheit GmbH einenPräventionskurs für über 50-Jährige NeuundWiedereinsteiger konzipieren lassen.Im Gegensatz zu klassischen Angebotenfür Ältere wie „Sturzprophylaxe“oder „Seniorengymnastik“, in deneneher voranschreitenden Defiziten desÄlterwerdens entgegengewirkt werdensoll, zielt der Präventionskurs „Aktivbleiben durch Bewegung“ auf dieStärkung der vorhandenen Ressourcenund Bewältigungskompetenzen ab. Erverfolgt einen ganzheitlichen Ansatzmit Elementen aus Bewegung, Entspannungund Körperwahrnehmung.Dabei werden die individuellen Voraussetzungenjedes einzelnen Teilnehmersberücksichtigt und diese mittelsmotivationaler Elemente nach und nach(wieder) an einen aktiveren Lebensstilherangeführt – für mehr Lebensqualitätund Gesundheit bis ins hohe Alter.Im Mittelpunkt stehen die Förderungsozialer Kontakte ebenso wie die Vermittlungvon Freude und Spaß an der(gemeinsamen) Bewegung.Das Kurskonzept wurde in der „easy!-Präventionskursdatenbank“ der Betriebskrankenkassenund ihrer Partnernach den Qualitätskriterien des Leitfadensder Spitzenverbände der Krankenkassenzur Umsetzung nach § 20 Abs.1 SGB V geprüft und zertifiziert, soferndie Kursleitung eine dem Handlungsleitfadenentsprechende Berufsausbildungsowie eine Zusatzqualifikation im Präventionskurs„Aktiv bleiben in Bewegung“vorweisen kann.Aktiv bleiben im WohnumfeldGesundheitsförderungin Kooperation mitWohnungsträgernEin weiteres Modellprojekt befasst sichmit dem „Wohnumfeld“. Maßnahmenzur Gesundheitsförderung in diesem Settingsind bisher kaum erprobt. Dabei istdas Wohnumfeld der ideale Zugangsweggerade auch zu älteren Menschen, dienoch im eigenen Haushalt leben, sichselbst versorgen, aber sonst für Präventionsangeboteüblicherweise nur schwerzu erreichen sind.Der <strong>BKK</strong> Bundesverband hat das Ziel gesetzt,jüngere Rentner der Altersgruppe60plus mit Hilfe vorhandener Strukturenim Wohnumfeld zu altersgerechter Bewegungzu aktivieren. Hier sollen v. a.niedrigschwellige Bewegungsangeboteim Wohnumfeld bzw. bereits bestehendegeeignete Angebote dazu dienen, um diejungen Rentner in Bewegung zu halten,ihre Sozialteilhabe zu fördern und die Gesundheitskompetenzenzu erweitern. DieUmsetzung erfolgt über eine Betriebskrankenkasse,die einen Standortbezugzu einer Siedlung sowie Kontakt zu derentsprechenden Wohnungsgesellschaftbzw. -genossenschaft hat.Mit dem Projekt „Aktiv bleiben im Wohnumfeld“setzt die <strong>BKK</strong> auf die Vernetzungengagierter, lokaler Akteure, wie Wohnungsgesellschaftenund Sportvereine,und bezieht sie mit ihren Ideen, Erfahrungenund Zugangswegen als Partner ein.Eigenverantwortung und Engagementder Zielgruppe sollen dabei mit im Blickbleiben.Von besonderer Bedeutung sind dieAkteure vor Ort, die dazu beitragen können,Autonomie zu sichern, Isolation zuverhindern und nachhaltige Angebotespeziell für die Bedarfe und BedürfnisseÄlterer zu entwickeln.Regelmäßige körperliche Bewegungund soziale Unterstützung sind wichtigeGesundheitsressourcen und Motivationsfaktorenfür die Verhaltensänderung– gerade für Ältere. Für Akteure der Gesundheitsförderungsind Menschen ambesten „vor Ort“ zu erreichen, wo sieihren Alltag gestalten und die Schwellenniedrig sind: ein Lebensraum „Wohnumfeld“.Das Konzept setzt auf Partizipation, indemdie Älteren im Wohnumfeld starkbei der Weiterentwicklung einbezogenwerden sollen. Ein differenziertes Altersbild,eine zielgruppengerechte Anspracheund Angebote stellen die Basis dar.Ein wesentliches Ziel ist die Einbindungder vorhandenen Strukturen vor Ort, umdie Nachhaltigkeit zu sichern. Die Bewegungsangebotesind darauf ausgerichtet,mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren.Aktiv bleiben im häuslichenUmfeldPräventiveGesundheitsberatungAls Pilotprojekt startete die <strong>BKK</strong> Hoeschin Kooperation mit einem Wohlfahrtsverband- dem Sozialdienst kath. FrauenDortmund-Hoerde e. V. – im April <strong>2010</strong>das Angebot der aufsuchenden Gesundheitsberatung.Die Besonderheit dieses Modells istdie Kooperation zwischen einem Wohlfahrtsverbandund einer Betriebskrankenkasse.Beide bringen eine Vielzahlvon Angeboten, Arbeitsfeldern undErfahrungen mit, die durch eine sinnvolleKombination, langfristig zu einerStabilisierung der Lebenssituation ältererMenschen und somit auch zu einerKostenverringerung durch Vermeidungvon Krankenhausaufenthalten/Heimunterbringungführen kann. Unterstützt undbegleitet wird das Modell durch den <strong>BKK</strong>Bundesverband und dem <strong>BKK</strong> LandesverbandNORDWEST.Im ersten Schritt werden alle <strong>BKK</strong>-Versicherten,die im erweiterten StadtbezirkDortmund-Hörde wohnen, zu Beginndes Projektes zwischen 70 und 85 Jahrenalt sind und (noch) keine Pflegestufe


31haben, von der Krankenkasse schriftlichinformiert. Adressaten sind weniger dieaktiven, noch reiselustigen und sportlichenälteren Herrschaften, vielmehr dieweniger mobilen, denen es vielleichtnicht mehr vergönnt ist, ihre Wohnungzu verlassen. Im Durchschnitt nimmt vonden angeschriebenen Versicherten jederachte das Angebot in Anspruch.Mit der aufsuchenden Gesundheitsberatungwird u. a. das Ziel verfolgt, Gesundheitund Selbstständigkeit im Alterso weit wie möglich zu erhalten. AufWunsch erhalten die älteren Menschenin ihrer häuslichen Umgebung Informationenzu Themen der Gesundheitsförderungund -prävention als wesentlicheGrundlage einer selbstständigen Lebensführung,um damit einen längerenAufenthalt in der häuslichen Umgebungzu erreichen.Drei geschulte GesundheitsberaterInnenbesuchen die interessierten Versichertenzu Hause. Sie erfassen die persönliche,gesundheitliche und soziale Situationdes älteren Menschen, beraten zur richtigenTrinkmenge, zur altersangemessenenErnährung und zu Angeboten inder Nähe, die wieder soziale Kontakteermöglichen. Sie informieren aber auchüber die Bedeutung der Pflegeversicherung,Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.Sie erkundigen sich u. a., obHaushaltshilfen benötigt werden und unterziehen– mit Hilfe eines Apothekers– das tägliche Tabletten-Quantum desSeniors einer gründlichen Analyse aufmögliche Wechselwirkungen. Sie informierenz.B. über die Möglichkeit einesSchwerbehindertenausweises, einesHausnotrufgerätes und vermitteln andie entsprechenden Fachstellen.Im häuslichen Umfeld selbst erfolgtggf. eine Beratung zur Sturzprophylaxeund erste Informationen zur altersangemessenenUmgestaltung desBadezimmers.Die Inhalte der Hausbesuche sindvorgegeben. Mithilfe eines standardisiertenFragebogens (strukturierteDatenerfassung zur Dokumentationvon Beobachtungen, Befragung zu Gesundheits-und Lebenssituation mittelseines Kriterienkatalogs) wird versucht,eine Einschätzung der Lebenssituationvorzunehmen, um darauf eine nachfolgendeindividuelle Beratung vornehmenzu können. Die BeraterInnen nutzen denFragebogen als Grundlage für die zwischenzeitlicheErarbeitung eines individuellenHilfeplans.In einem zweitem Besuch werden denVersicherten Hilfs- und Informationsmaterial(Broschüren, Flyer, Kontaktadressenetc.) übermittelt. Für detaillierteFragen und Beratung (Schwerbehindertenausweis,Wohngeldantrag, Hilfein besonderen Lebenslagen etc.) stehtggf. ein(e) SozialarbeiterIn zur Verfügung.Die BeraterInnen stehen den TeilnehmerInnenauch telefonisch zur Verfügung.Ein weiterer Besuch erfolgt nachca. einem halben Jahr, um die Nachhaltigkeitder Beratung zu überprüfenbzw. eine ergänzende Beratung vornehmenzu können.Erste Erfahrungen zeigen, dass dieteilnehmenden Versicherten dankbardie umfassenden Informationen in derhäuslichen Umgebung annehmen. ImTelefonat zwecks Terminvereinbarungzu einem Hausbesuch wird seitens derGesundheitsberaterInnen abgefragt, obes bereits konkrete Informations- und Beratungswünschegibt, so dass ergänzendzum Erstkontakt bereits entsprechendeMaterialien weitergeleitet werden können.Im Fokus stehen insbesondere Anfragenzu Freizeit- und Kontaktangeboten in derNähe der häuslichen Umgebung. D. h.Allein-Sein, fehlende Ansprechpartnerund soziale Isolation bestimmen vielfachden Alltag der SeniorInnen. VieleVersicherte wünschen darüber hinausUnterstützung bei der Beantragung vonSchwerbehindertenausweisen, Wohngeld-und anderen Anträgen. Nachgefragtwerden darüber hinaus vielfachambulante Dienste (Hausnotruf, Haushaltshilfenetc.), die das Wohnen im Alterzu Hause unterstützen. Erstaunlich vieleVersicherte sind bereits mit Hilfsmitteln(Rollator, Wannenlift etc.) ausgestattet,die vielfach z. B. vom verstorbenen Partnerübernommen werden.Einige Versicherte halten regelmäßigKontakt zu den GesundheitsberaterInnenund sind erleichtert, nun zu wissen,wer ggf. als Ansprechpartner für Fragenrund um das Älter werden zur Verfügungstehen kann.AusblickDie oben beschriebenen Programmesind darauf ausgerichtet, die Teilnehmeran einen aktiveren Lebensstil heranführen,mit dem Ziel mehr Lebensqualitätund Gesundheit auch im hohen Alter zuerreichen.Das Thema „Gesund alt werden“ spielt<strong>2010</strong> auch bei der Verleihung des <strong>BKK</strong>Preises für „vorbildliche Praxis in der Gesundheitsförderung“eine Rolle. Er wirdin diesem Jahr unter Praxis modellenausgelobt, die sich dem Schwerpunkt„Selbst bestimmt wohnen – aktiv bleiben“widmen. Mit dieser Preisverleihungkönnen nachahmenswertePraxisbeispiele hervorgehoben werdenund beispielgebend für andere Akteurewirken.


32Überleitungsmanagement in den aktiven Ruhestand– aus der Sicht der GesundheitsförderungDr. rer. pol. Hans H. Th. Sendler, EUSENDOR, BerlinEinleitungDas Management zur Überleitung inden Ruhestand ist wesentlich auch eineFunktion der <strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsförderung,womit zudem zukünftige <strong>betriebliche</strong>Anforderungen und Aufgabenentscheidend unterstützt werden können.Der Fachkräftebedarf der Zukunfterfordert unverzügliche konzertierteund systematische Anstrengungen, umdas für unsere Gesellschaft wichtige Erfahrungswissenauch über die Rentengrenzehinaus besser und umfassenderdurch erwerbsbezogene Beschäftigungzu sichern. Auch die freiwillige Tätigkeitbenötigt entsprechende Impulse. Letztlichliegt die Initiative im Einzelfall bei denBeschäftigten und den Unternehmen. Anden Unternehmen, Sozialpartnern, Bundund Ländern ist es, zu Modellprojektenund Pilotverfahren die Initiative zu ergreifen.Denn wir stehen vor einer Zeit derWeichenstellungen in eine chancenreicheZukunft, deren Linien hier nur überschlägigskizziert werden können.Ausgangslage - Worum geht es?Der in den nächsten Jahren wachsendeArbeitskräftemangel in unterschiedlichenBereichen und Qualifikationen (z. B.Facharbeiter und Fachkräfte im Dienstleistungsbereich,technische Spezialistenund solche mit wissenschaftlicher Ausbildung,also vor allem im qualifiziertenBereich) legt nach den Erkenntnissen undEmpfehlungen der Alterswissenschaftenund der Wirtschaftspsychologie eineBeschäftigung auch im Rentenalterals einen – bisher aus unterschiedlichenGründen in der Praxis noch immer weitgehendvernachlässigten – Ansatz 1 undentsprechende Initiativen auch der Politiknahe.Während z. B. einige nordische undbal tische Länder und Malta längst dieArbeitskraft und Berufserfahrung imRentenalter als Lösungsfaktor – zumTeil gefördert durch Ermutigungstrategienwie potenziell höhere Renten – einsetzen,scheuen in Deutschland Politikund Wirtschaft noch davor zurück. DerTertialisierungstrend der Wirtschaftführt zu einem größeren Bedarf an höheroder spezifisch qualifiziertem Personal.Alterswissenschaften und Wirtschaftspsychologieweisen auf Chancendes Erfahrungswissens reifer Menschenund ungenutzte Potenziale undReserven bei den älteren – nicht schonunter 50plus fallenden – bisherigen Erwerbspersonenhin, auch wenn sie sichbereits im Ruhestand befinden. 2Mithin können gerade die anerkanntenbesonderen Stärken älterer Arbeitnehmer,auf die die Gesellschaftnicht verzichten darf, den allgemeinenBedarfstrends am Arbeitsmarkt direktentsprechen. Von adäquaten Strukturen,Denk- und Handlungsstandardssind wir in Deutschland jedoch weitentfernt. Unter Arbeit im Alter wird inder Praxis der Arbeitswissenschaften,der Sozialpartner, der Unternehmenund der Politik fast ausschließlich nochimmer 50plus verstanden, auch wennin Programmen und Zielformulierungeneine offenere Wortwahl zunimmt, dieBeschäftigung im Rentenalter mit einbeziehenkönnte. Erforderlich sind aberein systematischer – operationaler– alterswissenschaftlicher Theorie-/Praxistransfer für 60/65plus und diepilot- und modellweise Erschließung weitergehenderPraxis mit entsprechendenZielen, Methoden und Handlungsformen,die über Best Practice-Austauschder einschlägigen <strong>Netzwerk</strong>e (z. B. DasDemographie-<strong>Netzwerk</strong> ddn, BundesnetzwerkBürgerschaftliches EngagementBBE, <strong>Deutsches</strong> <strong>Netzwerk</strong> für BetrieblicheGesundheitsförderung DNBGF,econsense usw.) in die breitere Praxisgebracht werden.Umsetzungsschritte parallelerforderlichSoll der erforderliche Panoramawandeleingeleitet werden, um dieses Potenzialzu nutzen, sind für eine die Bevölkerungwie die Unternehmen überzeugendeUmsetzung – neben Anderem –mehrere Schritte modulartig paralleleinzuleiten. Erforderliche – mit einanderverbundene Schritte sind 1. die rechtzeitigeVorbereitung im Rahmen der Personalentwicklungund Gesundheitsförderungauf die in jedem Einzelfall mit demRuhestand verbundenen tiefgreifendenVeränderungen, 2. die Einführung vonUnterstützungsstrukturen für die anweiterer Erwerbsarbeit Interessiertenebenso wie für die nachfragenden –vor allem die mittelstän dischen – Unternehmen,3. die Einführung geeigneter,Institutionen übergreifender Prozeduren1 Die wissenschaftliche Erschließung ist auch im deutschsprachigen Raum weiter vorangeschritten, als gemeinhin bewußt ist. Mit dem Bericht derEnquete-Kommission „Demographischer Wandel“ 2002, den Altenberichten der Bundesregierung 1993-2005, den Berichten der Expertenkommission„Ziele der Altenpolitik“ 2001-2007, dem Bericht der Expertenkommission „Finanzierung Lebenslangen Lernens“ 2001-2004 sowie zuletzt denEmpfehlungen „Gewonnene Jahre“ der Akademiengruppe „Altern in Deutschland“ (2009) mit 8 Materialbänden sind wichtige Grundlagen für dieweitere Entwicklung bekannt. Mit dem Weltaltenplan und dem EU-Projekt SHARE stehen weitere Rahmenprogramme, empirische Quellen undDokumentationen zur Verfügung (weitere Literatur beim Autor).2 Z. B. Börsch-Supan, Axel, Länger arbeiten – oder absacken, Berliner Republik 5/2008 S. 26 ff; Kruse, Andreas, Potenziale des Alterns, Berliner Republik5/2008 S. 40 ff


33für eine freiwillige Beschäftigung mitden erprobten Methoden des Personalmanagementszur Steuerung, Pflegeund Begleitung, wenn freiwillige Tätigkeit3 bevorzugt wird. Diese Schrittemarkieren quasi das magische Dreieckdes Überleitungsmanagements in denRuhestand.1. Auf den RuhestandvorbereitenUnbestritten ist die zumeist schon deutlichvor dem Ruhestand einsetzendeBerentungserwartung, verbunden mitfalschen Vorstellungen über die Auswirkungendes Ruhestandes, ein schweresHindernis für weitere Leistungsbereitschaftund Spannkraft, also die Voraussetzungenlängerer Aktivität vor allem inErwerbstätigkeit, aber auch freiwilligerBeschäftigung. Sie mündet vielfach inverlangsamten Sinkflug, statt ein aktivesAltern zu beflügeln. Die Gefahr, dannin ein unerwartetes „Loch“ zu fallen,ist groß und bedroht den dringend individuellund gesellschaftlich benötigtenNutzen der Aktivität im Alter.Dem ist ein schlüssiges Konzept zurrechtzeitigen Vorbereitung auf denRuhestand (Gleitflug statt Sinkflug)entgegenzusetzen und in die Praxis zuimplementieren. Ansatzpunkte sind deraktuelle Arbeitsplatz und die Initiativedes Unternehmens. Dabei ist an die –in möglichst jungen Jahren einsetzende– <strong>betriebliche</strong> Gesundheitsförderunganzuknüpfen.Auf Anstoß des Unternehmens/desArbeitgebers/der Verwaltung solltendie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einigeJahre vor dem Ruhestand (z. B. mitdem 55. Lebensjahr) die organisierteGelegenheit erhalten, sich mit möglichenPlänen für die Zeit nach demEintritt in den Ruhestand aktiv, imGespräch mit Gleichaltrigen in ähnlicherSituation unter qualifizierter Begleitungdurch externe Experten auseinanderzusetzen.Dabei geht es letztlich nicht umRuhe, sondern um Aktivität.Dies kann unter Einsatz des währenddes Berufslebens gewonnenen Erfahrungswissensunter anderen, altersgerechtenBedingungen münden in Erwerbsarbeitoder freiwillige Tätigkeit(oder sonstige private Betätigung). Fürentsprechende Investitionen als Teil des<strong>betriebliche</strong>n lebenszyklusorientiertenPersonalmanagements mit vorzugsweiseproaktiver, altersgerechterPersonalpolitik 4 einschließlich der Gesundheitsförderungkönnte das Unternehmensich beteiligen und dafür u. U.nach den Leitlinien zu § 20a SGB V miteinem Zuschuss rechnen. Doch solltensich Eigenverantwortung und -interesseder Mitarbeiterschaft besondersfür den späteren persönlichen Lebenszuschnittauch in ihrer individuellen finanziellenBeteiligung niederschlagen.2. Erwerbsarbeit aus demRuhestand fördernAuf der Angebots- und Nachfrageseitesind dann korrespondierende Rahmenbedingungenund Prozeduren zur Begleitungdes Eintritts in den Ruhestand erforderlich,um das kostbare Gut motivierterAktivität am Arbeitsmarkt zu erhalten.Die zur Erwerbsarbeit Bereiten sindmit möglichen Beschäftigungsgebernzu altersgerechten Konditionen zusammenzuführen.Neue lösungsorientierteSichtweisen und Verfahren sind anhandeiner Vielzahl von Einzelfällen zu entwickeln,Lösungen für den Einzelfall sokünftig dem Zufall zu entziehen. Förderlicherechtliche Grundlagen sind sicherzustellen.Dies ausführlicher zu erläuternwürde hier den Rahmen sprengen.Dieser Themenkreis ist jedoch mit derÜberleitung in den Ruhestand untrennbarverbunden.3. Personalmanagement fürFreiwilligeFür die Freiwilligen sind die noch deutlicherkennbaren Lücken eines zukünftigenspezifischen Personalmanagementszu schließen. Das alles wird weitgehendnur betriebs- und institutionenübergreifenderfolgreich sein können. DieserBaustein ist wohlfahrtsstaatlich (z. B.Pflege) und allgemein gesellschaftlich(viele weitere Einsatzgebiete) schon beiInitiativen zu 1. im Auge zu behalten unddurch zurzeit vorbereitete strukturelleRahmenverfahren gezielt zu begleiten.Eine detaillierte Darstellung würde denhier gegebenen Rahmen sprengen. Nurso viel: es geht um die Begleitung, Pflegeund – wo erforderlich – Steuerungfreiwilligen Engagements bei bis zu ca.50 % der Angehörigen der jeweiligenAltersklassen – bei Wahrung der individuellenDispositionsfreiheit und Entscheidung.3 Freiwillige Tätigkeit ist dabei die nicht erwerbswirtschaftliche (Erwerbsarbeit auch nicht kostengünstig substituierende und von dieser nach Gegenstand,Durchführung und Handlungsbedingungen deutlich nachvollziehbar abgegrenzte) Einordnung in Handlungsabläufe, etwa nach demenglischen Begriff „volunteer“, in Deutschland als Teil des bürgerschaftlichen Engagements (neben dem eher formal geregelte Funktionenbetreffenden „Ehrenamt“). Die Begriffe werden allerdings im allgemeinen Sprachgebrauch noch nicht einheitlich verwendet. Zur Empirie undden dadurch aufgeworfenen Fragen z. B. die Ergebnisse der Freiwilligensurveys, www.bmfsfj.de/BMFSFJ/engagementpolitik,did=121872.html;Sendler, Hans, Beweggründe zivilgesellschaftlichen Engagements, Sozialwirtschaft 3/<strong>2010</strong> S. 36 f; die Ergebnisse der vom Bundesnetzwerk BürgerschaftlichesEngagement (BBE) moderierten Dialogforen (z. B. zur Weiterentwicklung der freiwilligen Dienste und zur Bildung) zur Vorbereitungder am 6.10.10 gestartet erwarteten Meinungsbildung des Bundeskabinetts zur Weiterentwicklung der Engagementpolitik, www.b-b-e.de/index.php?id=14560


34Gründe für die Unternehmenund VerwaltungenDas Eigeninteresse der Unternehmen zurEinführung hat zumindest vier verschiedeneBezugspunkte■ das Interesse des Personalmanagements,den vor dem Ruhestandoftmals einsetzenden Sinkflug 5 derMotivation und die damit verbundenenErfolgsverluste, verbunden zumTeil mit vermeidbaren Krankheitszeiten,möglichst zu verhindern und dieSpannkraft der erfahrenen Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter bis zur Rente zuerhalten 4■ über solchen Mitarbeiterbezug dieChancen des Unternehmens zumErfolg 6 zu verbessern,■ die Bereitschaft der älteren Belegschaftzur Mitarbeit, d. h. zum Einsatzdes während des Berufslebensgewonnen Erfahrungswissens, überden Berentungszeitpunkt hinaus zuerhalten, auf die im Bedarfsfall des zuerwartenden Arbeitskräftemangelsunabhängig von den Engpässen desallgemeinen Arbeitsmarktes zurückgegriffenwerden kann■ einen Beitrag zur Lösung allgemeinergesellschaftlicher Probleme aus demdemografischen Wandel nach denRegeln und im Klima der CorporateSocial Responsibility und der CorporateCitizenship zu leistenund hier gegebenenfalls schlummerndeEffektivierungs- und Rationalisierungsmöglichkeitenzu erhalten.Vorteile außerhalb desArbeitsmarktsDurch die erwähnten notwendigenSchritte in eine aktivere Altersgesellschaftmit Vorteilen für alle – die Einzelnen,die Unternehmen und Verwaltungenund die Gesellschaft – sind auch außerhalbdes Arbeitsmarkts hocherwünschteWirkungen zu erwarten, wie■ sinnvolle Betätigung in jedem Einzelfallund Bedeutung für Andere imAlter bei einem wachsenden Bevölkerungsanteil■ Impulse für die „Silver Economy“■ gesellschaftlich erwünschte Qualifizierungsschübe■ Steuereinnahmen■ durch persönliche Erfüllung einerVielzahl älterer Menschen eine glücklicheresLeben mit positiven Wirkungenauf die Existenzgrundlage und den gesundheitlichenZustand des Einzelnen■ zugleich – besonders durch freiwilligeTätigkeit – Zugewinn an Menschlichkeitund Optionen zur Problemlösungin der Gesellschaft■ Kohäsion und Integration zwischenden Altersgruppen bis in den Migrationsbereich■ Minderung des Wohlfahrtsbedarfsin den Bereichen Gesundheit und Existenzsicherungund damit graduelleEntlastung der öffentlichen Kassen.Was ist zu tun ?Es gibt für die einzelnen Module jeweilssehr konkrete Konzepte.Zum Teil fehlt jedoch noch die integrierteSicht der beteiligten Sektoren. Alledrei in den Umsetzungsschritten (s. o.)beschriebenen Ansätze werden isoliert– ohne Verzahnung der Impulse,Verfahrenswege und Zuständigkeiten– nicht erfolgreich sein. Denn jederSchritt braucht, um die Adressaten zuüberzeugen, die anderen. Und der Willeder Entscheider der Praxis zur Umsetzungmuss gestärkt werden. Bisher„gibt es“ in der Kurzzeitperspek tiveimmer noch „dringendere“ und damit„vorrangige“ Themen. Das Momentummuss deshalb aus der gesamtverantwortendenPolitik kommen. Doch liegtes im Eigeninteresse der Unternehmen,die ihnen möglichen Schritte aus ökonomischemKalkül unverzüglich selbst zugehen. Mit ihrer Initiative im Rahmen vonPersonalentwicklung und -managementeinschließlich der Gesundheitsförderungfängt es an. Im Dominoeffekt werdenweitere Präventionswirkungen (auch impsychischen Bereich) und gesellschaftlicherMehrwert ausgelöst.4 Mit weiteren Nachweisen z. B. Flüter-Hoffmann, Christiane, Prinzip Lebenszyklus, Wirtschaft und Unterricht, Informationen aus dem Institut derdeutschen Wirtschaft Köln für Pädagogen, Nr. 7/2009; Kruse, Andreas, Arbeitsmodelle der Zukunft, Lebenszyklusorientierung und veränderte Personalaltersstrukturen,RHI Position Nr. 6, München 20095 Siehe die konzeptionellen Ansätze von Stieger, Leopold, weitere Nachweise unter www.seniors4success.at6 Jeweils mit weiteren Nachweisen z.B. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Psychonomics AG, Great Place to Work Institute in Kooperationmit Universität Köln, Unternehmenskultur, Arbeitsqualität und Mitarbeiterengagement in den Unternehmen in Deutschland, www.inqa.de/Inqa/Navigation/Gute-Praxis/kampagnen-wettbewerbe,did=229632.html., mit weiteren Nachweisen; Badura, Bernhard/Greiner, Wolfgang/Rixens, Petra/Ueberle, Max/Behr, Martina, Sozialkapital, Berlin/Heidelberg 2008; Ilmarinen, Juhani/Tempel, Jürgen, Arbeitsfähigkeit <strong>2010</strong>, Hamburg 2002; Netta,Franz, Eine Führungsvision wird zum wegweisenden Ergebnis- und Gesundheitstreiber, Schweizer Jahrbuch Human Resource Management <strong>2010</strong>;schließlich sprechen auch die Ergebnisse des iw-Zukunftspanels 2008 mit 20% positiven Antworten der Unternehmen zur Gesundheitsvorsorge((Stettes, Oliver, Effiziente Personalpolitik bei alternden Belegschaften, Köln <strong>2010</strong> S. 37) und die Resonanz des Deutschen <strong>Netzwerk</strong>s für <strong>betriebliche</strong>Gesundheitsförderung mit einigen hundert Mitgliedsunternehmen ( siehe auch DNBGF-Broschüre „Wirtschaftlich erfolgreich durch gute Arbeit“)inzwischen für die Überzeugungskraft der Praxiserfahrungen, www.dnbgf.de


2.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Geschlecht35AU-Diagnosen nach AlterNeben geschlechtsspezifischen Unterschiedenin der Morbidität zeigen sichnaturgemäß auch altersspezifische Besonderheiten,die in den Schaubildern17.1 und 17.2 wiedergegeben sind. Injüngeren Altersgruppen stellen Krankheitendes Atmungssystems, des Verdauungssystemssowie Verletzungen gemessenan den Fallzahlen die häufigstenKrankheitsursachen dar. Trotz steigenderFalldauern verringerten sich die mitdiesen Diagnosegruppen verbundenenFallhäufigkeiten und Fehltage bei denVersicherten zwischen 25 und 35 Jahren.Herz- und Kreislauferkrankungen sowiein weit höherem Umfang Muskel- undSkeletterkrankungen gehören zu denKrankheitsgruppen, die mit zunehmendemAlter nicht nur häufiger auftreten,sondern bedingt durch die Krankheitsschwerezunehmend länger dauerndeArbeitsunfähigkeiten auslösen. Die durchMuskel- und Skeletterkrankungen verursachtenAU-Tage liegen bei den über60-Jährigen etwa achtmal so hoch wiebei den jungen Versicherten unter 25Jahren.Die psychischen Störungen nehmen inzwischenbereits in den jüngeren Altersgruppenunter 30 Jahren zu, bei Frauenstärker ausgeprägt als bei Männern. Diehöchsten Erkrankungshäufigkeiten undAusfallzeiten treten jedoch sowohl beiMännern als auch bei Frauen über 55Jahren auf, bei denen hierdurch etwadoppelt so lange Fehlzeiten entstehenwie bei den unter 40-Jährigen. Die Falldauernerreichen bei den über 55-Jährigenetwa sieben Wochen. Bei den40 bis 55-jährigen Männern liegen dieFalldauern mit fünf bis sechs Wochenimmer etwas höher als bei den Frauen,was häufig mit Alkoholerkrankungen inVerbindung steht, worauf in Kapitel 5näher eingegangen wird.Schaubild 17.1Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Krankheitsarten (Fälle)je 100 Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009Schaubild 17.2Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Krankheitsarten (Tage)10009008007006005004003002001000je 100 Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009


36 2.1 Arbeitsunfähigkeit nach Alter und GeschlechtDie altersbezogenen Morbiditätsstrukturenzeigen darüber hinaus in weiterenDiagnosegruppen zum Teil erheblicheUnterschiede zwischen den Geschlechtern(vgl. Tabelle 7 im Anhang). So steigtdie Krebsmorbidität bei Frauen bereits abdem Alter von 35 Jahren deutlich stärkeran als bei Männern. In der Altersgruppeder 40- bis 44-jährigen Frauen lagen2009 – ähnlich wie in den Vorjahren –fünfeinhalb Mal mehr AU-Tage auf Grundvon Neubildungen vor als bei den unter30-Jährigen. Bei Männern ließ sich imVergleich dieser beiden Altersgruppenwie schon im Vorjahr eine Erhöhungum etwa das Dreifache feststellen.Zwischen den Geschlechtern vergrößertensich dennoch in der Gruppe der45- bis 49-Jährigen die Differenzen: diefür Frauen gemeldeten AU-Tage durchNeubildungen überstiegen 2009 den Vergleichswertfür Männer um das Zweieinhalbfache(2,7!). Mit zunehmendem Alterreduziert sich dieser Abstand auf Grundder stärkeren Zunahme der Krebsmorbiditätbei Männern, allerdings weisenFrauen auch in den höheren Altersgruppendurchgängig eine, gemessen anden AU-Tagen, höhere Morbidität durchNeubildungen auf. Bei Männern spielendagegen Herz-/Kreislauferkrankungenab einem Alter von 40 Jahren eine wesentlichstärkere Rolle als bei Frauen. Indieser Krankheitsgruppe verzeichnen sieihrerseits doppelt so viele Krankheitstagewie Frauen.


372.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtErgänzend zu den bisherigen Betrachtungen nach Alter und Geschlecht werdenim diesjährigen Report erstmalsauch die in der ambulanten ärztlichenBehandlung dokumentierten Diagnosenaltersbezogen mit in den Blick genommen.Die Daten beziehen sich auf dieambulanten Diagnosen von über sechsMio. <strong>BKK</strong> Versicherten aus den Jahren2009 sowie zu Vergleichszwecken aus2005. Erst seit 2004 liegen den Krankenkassenversichertenbezogene ambulant-ärztlicheVersorgungsdaten vor. Inunserem Zusammenhang geht es nichtum die Darstellung des Abrechnungsgeschehensin Gänze (Fallzahlen, Arztgruppen,Ausgaben usw.), sondern um die inder ambulanten Versorgung erkennbarenVerteilungen der Krankheitslasten untersoziodemografischen Gesichtspunkten.Im Jahre 2009 waren 89,3 % der <strong>BKK</strong>Versicherten in ärztlicher Behandlung.Die Inanspruchnahme ist in Deutschlandtrotz der Einführung der Praxisgebühr in2004 im internationalen Vergleich relativhoch, die Jahresprävalenz lag aber 2009nicht wesentlich höher als vier Jahre zuvor(2005: 88,6 %). Während 92,8 % derweiblichen <strong>BKK</strong> Versicherten 2009 ambulantärztlich behandelt wurden, warenes bei den Männern „nur“ 85,9 %. Fürüber die Hälfte der Versicherten (54 %)waren in den ärztlichen Abrechnungsdatenmehr als vier Diagnosehauptgruppenangegeben.Die Inanspruchnahme ambulanter Versorgungvariiert erwartungsgemäß nachAlter und Geschlecht, wenn auch innerhalbeines nicht allzu breiten Spektrums.Während Kinder relativ häufig einem Arztoder einer Ärztin vorgestellt werden (in2009: 96,5 % der unter 5-Jährigen und92,2 % der 5 bis unter 15-Jährigen) waren„nur“ 85,4 % der Jugendlichen undjungen Erwachsene zwischen 15 und 25Jahren mindestens einmal 2009 in einerArztpraxis, wobei diese geringere Quotevor allem auf seltenere Arztkontakte derjüngeren Männer (79,6 %) zurückzuführenist. Hiernach steigt die Inanspruchnahmemit dem Alter kontinuierlich an,wobei die Frauen jeweils häufigere Arztkontakteaufweisen (vgl. Schaubild 18).Schaubild 18Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009100959096,4596,6292,192,2991,292,68 92,0294,4893,1396,6296,168585,138079,7979,675< 5 J. 5 - < 15 J. 15 - < 25 J. 25 - < 40 J. 40 - < 65 J. 65 - < 80 J. 80 J. + >FrauenMännerPrävalenz über alle Diagnosen je Versicherten – Bundesgebiet 2009


38 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtDie häufigsten Diagnosen beiärztlicher BehandlungÜber alle Altersgruppen hinweg bildenneben den – präventiv und damit auchgesundheitspolitisch gewollten – allgemeinenund speziellen (Krebs-)Vorsorgeuntersuchungeneinige Krankheitsursachenbzw. Diagnosen besondershäufige Anlässe für einen Arztbesuch(vgl. Tabelle 1.1 und 1.2). Hierbei sindinsbesondere Rückenschmerzen (M54;Frauen: 25,1 %, Männer: 20,4 %), essentielleHypertonie (I10; Männer: 21,5 %,Frauen: 21,4 %), akute Infektionen deroberen Atemwege (J06; Frauen: 19,0 %,Männer: 18,1 %), Akkomodationsstörungendes Auges, also Kurz- und Weitsichtigkeit(H52; Frauen: 20,6 %, Männer:16,1 %) sowie Lipidämien – Fettstoffwechselstörungen,vorrangig Hypercholesterinämien– (E78; Männer: 16,7 %,Frauen: 15,3 %) stark verbreitet. BeiFrauen sind zudem – neben gynäkologischenund hormonellen Beschwerden(s. Tabelle 1.1) – auch psychische Ursachen,wie depressive Episoden (F32)und somatoforme Störungen (F45), bei10,8 bzw. 10,6 % der weiblichen Versichertenhäufige Behandlungsanlässe(vgl. Schaubild 21).Eine zunehmend verbreitete Diagnosebildet auch die Adipositas (E66),die inzwischen bei 9,1 % der Frauenund 6,5 % der Männer ambulant behandeltwird und hiermit im Schnittseit 2005 um 0,8 Punkte, relativ alsoum etwa elf Prozent, angestiegen ist.Bemerkenswerterweise haben dieseDiagnosen im Kindesalter jedoch nichtzugenommen. Besondere Zunahmenverzeichneten hingegen Patientinnenab 25 Jahren sowie männliche Patientenzwischen 30 und 45 Jahren. Ammeisten fallen jedoch die erheblichenAnstiege der Adipositas bei den über75-jährigen Frauen und Männern insAuge (vgl. Schaubild 19). Hier zeigtsich ein deutlicher präventiver Bedarf– nicht nur durch Ärzte sondern auchauf Seiten der Krankenkassen (s. auchSpezial auf S. 29 ff).Im Vergleich zu 2005 haben auch andere„Zivilisationskrankheiten“, wie dieessentiellen Hypertonien mit rd. vierProzentpunkten sowie die Fettstoffwechselstörungenmit rd. zwei Prozentpunktenspürbar zugelegt. Auch diedepressiven Episoden (F32) werden umrd. einen Prozentpunkt häufiger als vorvier Jahren als Behandlungsdiagnosendokumentiert, während Erkrankungender Atemwege vergleichsweise seltenerzu ärztlichen Konsultationen führen.So sind beispielsweise die Anteile derVersicherten mit der ambulanten DiagnoseAkute Bronchitis (J20) von 10,6 % in2005 auf 8,6 % in 2009 gesunken. DieseRückgänge dürften mit der reduziertenVerschreibungsfähigkeit von Medikamentengegen Erkältungskrankheiteneinerseits gepaart mit der Praxisgebührandererseits zusammenhängen. Im Folgendenwerden die unterschiedlichenBehandlungsschwerpunkte nach Alterund Geschlecht im Jugendlichen- undErwachsenenalter betrachtet.Tabelle 1.1Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Frauen – alle AltersklassenHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 2.306.677 37,97 33,22Z30 Kontrazeptive Maßnahmen 1.893.192 31,17 29,77M54 Rückenschmerzen 1.524.139 25,09 24,27N89 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der Vagina 1.430.320 23,55 23,01I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1.296.850 21,35 17,82H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 1.248.526 20,55 19,95J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 1.152.559 18,97 18,21E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 930.310 15,32 13,53Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 897.335 14,77 11,29Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 871.679 14,35 12,33R10 Bauch- und Beckenschmerzen 823.718 13,56 14,5N95 Klimakterische Störungen 731.749 12,05 11,4F32 Depressive Episode 653.853 10,76 9,39F45 Somatoforme Störungen 642.253 10,57 10,58E04 Sonstige nichttoxische Struma 610.958 10,06 10,36N94 Schmerz u. and. Zustd. im Zusammenhang mit d. weibl. Genitalorganen u. d. Menstr.zykl. 594.953 9,79 10,93M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 563.211 9,27 9,53E66 Adipositas 555.058 9,14 8,41N76 Sonstige entzündliche Krankheit der Vagina und Vulva 539.331 8,88 13,54J20 Akute Bronchitis 524.032 8,63 10,82


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht39Ambulante Diagnosen nachAlter und GeschlechtSchaubild 19Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 – Adipositas (E66)Unter dem Aspekt der demografischenHerausforderungen sind die Gesundheitsdatenaller Altersklassen vonBedeutung: die der Älteren, um dieMorbiditätslasten dieser zahlenmäßigwachsenden Gruppe auch in der zeitlichenEntwicklung abbilden zu können,wie auch die der jüngeren Gruppen, dielängere Lebensarbeitszeiten unter teilweiseschwierigeren Bedingungen nurin einer entsprechend guten gesundheitlichenVerfassung bewältigen können.Zunächst interessieren die Morbiditätsschwerpunktein der ältesten Gruppeder über 80 Jährigen und die Frage, obin der hier zu beobachtenden Zeitspanneseit 2005 Verschiebungen – etwa inZusammenhang mit der Einführung desmorbiditätsbasierten Finanzausgleichsin 2009 – zu beobachten sind.201510010 - < 15 J.15 - < 20 J.20 - < 25 J.25 - < 30 J.30 - < 35 J.35 - < 40 J.40 - < 45 J.45 - < 50 J.50 - < 55 J.Prävalenz je Versicherten – Bundesgebiet 200955 - < 60 J.Frauen 2009Männer 2009Frauen 2005Männer 200560 - < 65 J.65 - < 70 J.70 - < 75 J.75 - < 80 J.80 - < 85 J.85 - < 90 J.Tabelle 1.2Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Männer – alle AltersklassenHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 1.282.079 21,52 17,39M54 Rückenschmerzen 1.215.145 20,39 19,71J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 1.076.851 18,07 17,15E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 996.109 16,72 14,55H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 959.415 16,1 15,35Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 803.989 13,49 10,03Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 726.459 12,19 10,24J20 Akute Bronchitis 507.837 8,52 10,49N40 Prostatahyperplasie 439.929 7,38 6,14J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 430.497 7,22 6,99J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 414.277 6,95 8K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 401.070 6,73 6,31T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 389.062 6,53 7,4E66 Adipositas 384.933 6,46 5,69E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 382.903 6,43 5,39M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 380.310 6,38 5,77Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 373.933 6,28 3,46L30 Sonstige Dermatitis 371.352 6,23 6,66Z26 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Infektionskrankh. 368.597 6,19 5,4M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 364.109 6,11 6,19


40 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtHochbetagte(80 Jahre und älter)kerung mit etwa vier Mio. Menschen beifünf Prozent.In den ambulanten Abrechnungsdatenwaren in 2009 für 96,5 % der ältestenVersichertengruppe Arztkontakte dokumentiert,demnach waren 96,2 % derMänner und 96,6 % der Frauen in ärztlicherBehandlung. Hierbei waren fürüber Dreiviertel der Versicherten in derältesten Gruppe Krankheiten in mehrals fünf Diagnosehauptgruppen doku-Auch wenn schon heute Menschenüber 80 Jahre noch recht rüstig seinkönnen und in Deutschland 2050 nachSchätzung en immerhin etwa 10 Mio.Personen diesen Alters leben werden,werden hier aus Übersichtsgründen fürunsere Betrachtungen jeweils größereAltersgruppen zusammengefasst, wobei– wie letztlich in jeder Altersgruppe– eine gewisse Heterogenität in Kaufgenommen wird. Derzeit liegt der Anteilder über 80-Jährigen an der Wohnbevölmentiert,wobei allerdings die präventive(Krebs-) Vorsorge, Allgemeinuntersuchungenund Impfen als gewünschteMaßnahmen, wie auch beispielsweisedie Versorgung von Implantaten o. ä. ausdem eigenen Diagnosekapitel für solchebesonderen Untersuchungsanlässe (Z-Diagnosen) mit eingeschlossen sind.Die häufigsten ambulanten Diagnosensind der Tabelle 2.1 und 2.2 zu entnehmen.Bei etwa drei von vier der über80-jährigen Frauen (75,7 %) wie Män-Tabelle 2.1Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Frauen – 80 Jahre und älterHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 208.207 75,71 68,29E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 113.256 41,18 35,04Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 104.367 37,95 35,59H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 95.767 34,82 33,26M54 Rückenschmerzen 87.713 31,89 29,94I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 79.518 28,91 34,22I50 Herzinsuffizienz 74.343 27,03 31,76E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 72.518 26,37 25,27M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 71.883 26,14 23,36M81 Osteoporose ohne pathologische Fraktur 69.379 25,23 22,94Z96 Vorhandensein von anderen funktionellen Implantaten 67.581 24,57 20,94I83 Varizen der unteren Extremitäten 59.598 21,67 20,64H26 Sonstige Kataraktformen 58.620 21,32 21,22H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut 56.911 20,69 21,63F32 Depressive Episode 55.772 20,28 18,92M47 Spondylose 47.304 17,2 13,32H25 Cataracta senilis 45.848 16,67 18,21R32 Nicht näher bezeichnete Harninkontinenz 44.089 16,03 14,89E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus 43.014 15,64 16,64M16 Koxarthrose [Arthrose des Hüftgelenkes] 42.626 15,5 14,9F03 Nicht näher bezeichnete Demenz 42.181 15,34 16,29H36 Affektionen der Netzhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten 9.891 3,6 5,09


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht41ner (71,6 %) wurden 2009 essentielleHypertonien als Behandlungsdiagnoseaufgeführt, was eine erhebliche Ausweitungdieser Diagnosestellung gegenüber2005 – also vor der Einführungdes morbiditätsbasierten Risikostrukturausgleichs– bedeutet, als für dieweiblichen Versicherten die Prävalenznoch bei 68,3 % und für die Männer bei61,5 % lag. Die altersbezogene Entwicklungdieser Krankheitsart ist dem Schaubild20 „Hypertonien“ zu entnehmen.Auch bei dieser Krankheitsart fällt – wieschon bei der Adipositas – der starkeAnstieg in den letzten Jahren besondersbei älteren Patienten und Patientinnenab 70 Jahre auf.Eine ebenfalls deutliche Differenz ergibtsich auch in der Diagnosestellungder zweithäufigsten Krankheit dieser Altersgruppe,den Lipidämien (E78, Fettstoffwechselstörungen),die von einerdurchschnittlichen Prävalenz von 34 %(2005) auf 41 % (2009) zugenommenhaben.Während für die älteren Männer nachfolgenddie ischämischen Herzkrankheiten(I25; 39,2 %) und Prostatahyperplasien(N40; 39,0 %) im Vordergrund standen,waren bei den Frauen zu 34,8 % dieals Akkomodationsstörungen des Auges(H52) diagnostizierten Fehlsichtigkeitenund ebenfalls zu etwa einem DrittelRückenschmerzen (M54; 31,9 %) be-Tabelle 2.2Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Männer – 80 Jahre und älterHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 105.998 71,57 61,48E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 59.873 40,43 32,87I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 58.068 39,21 40,82Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 57.831 39,05 36,68N40 Prostatahyperplasie 57.756 39 36,28H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 54.726 36,95 34,11M54 Rückenschmerzen 42.852 28,93 26,83E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 39.675 26,79 23,69I50 Herzinsuffizienz 33.524 22,64 25,91Z96 Vorhandensein von anderen funktionellen Implantaten 32.406 21,88 17,96H26 Sonstige Kataraktformen 31.977 21,59 20,52H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut 29.903 20,19 20,87M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 28.905 19,52 16,77E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoffwechsels 27.470 18,55 18,06H25 Cataracta senilis 27.024 18,25 18,73I49 Sonstige kardiale Arrhythmien 26.623 17,98 18,23I48 Vorhofflattern und Vorhofflimmern 25.145 16,98 12,97E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus 24.293 16,4 15,8M47 Spondylose 23.142 15,63 11,77J44 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit 22.744 15,36 13,99F03 Nicht näher bezeichnete Demenz 15.329 10,35 11,12H36 Affektionen der Netzhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten 5.406 3,65 4,62


42 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlechtdeutsamer. Erst hiernach folgten beiihnen die chronischen ischämischenHerzkrankheiten und Herzinsuffizienz(28,9 bzw. 27,0 % vgl. Tabelle 2.1 und2.2). An achter Stelle steht bei beidenGeschlechtern dieses Alters die ebenfallsRSA-relevante Diagnose Diabetesmellitus-Typ 2 (E11) mit etwa gleichhoher Prävalenz bei Männern (26,8 %)und bei Frauen (26,4 %). Bei dieser undanderer eindeutig definierter Diagnosensind vergleichsweise geringere Zunahmengegenüber 2005 zu verzeichnenals bei den oben erwähnten (s. Tabelle2.1 und 2.2).Unter Gonarthrose (M17) litten gut 26 %der Frauen in diesem Alter, auch Osteoporose(M81) wurde bei jeder Viertendieser Gruppe diagnostiziert mit zweibis drei Prozentpunkten mehr als 2005– beide Diagnosen sind im Morbi-RSAausgleichsrelevant. Varizen (I83, Krampfadern)mussten bei mehr als jederFünften (21,7 %) behandelt werden, inähnlichem Umfang auch verschiedenenAugenerkrankungen (H25: Katarakt undH36: Affektionen der Netzhaut). Schließlichwaren über 20 % der ältesten Frauenvon Depressionen (F32, vgl. Schaubild21) betroffen, von Demenz (F03) über15 %. Mit der Zunahme der psychischenStörungen auch im Alter beschäftigt sichausführlicher das nachfolgende Spezial(S. 50).Schaubild 20Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 –Essentielle Hypertonie (I10)807060504030<strong>2010</strong>040 - < 45 J.45 - < 50 J.50 - < 55 J.55 - < 60 J.60 - < 65 J.Prävalenz je Versicherten – Bundesgebiet 200965 - < 70 J.70 - < 75 J.Frauen 2009Männer 2009Frauen 2005Männer 2005Schaubild 21Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 –Depressive Episoden (F32)252015Frauen 2009Männer 2009Frauen 2005Männer 200575 - < 80 J.80 - < 85 J.85 - < 90 J.> 90 J.105015 - < 20 J.20 - < 25 J.25 - < 30 J.30 - < 35 J.35 - < 40 J.40 - < 45 J.45 - < 50 J.50 - < 55 J.55 - < 60 J.60 - < 65 J.65 - < 70 J.70 - < 75 J.75 - < 80 J.80 - < 85 J.85 - < 90 J.> 90 J.Prävalenz je Versicherten – Bundesgebiet 2009


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht43Jüngeres Rentenalter(65- bis unter 80-Jährige)Bei den 65- bis 80-Jährigen werdenetwas weniger Krankheiten ambulantversorgt, aber 2009 begaben sich auchhier fast 94 % in ärztliche Behandlung.Für gut 70 % von ihnen wurden dabeimehr als fünf Krankheitshauptgruppendiagnostiziert (inkl. Z-Diagnosen, s. o.).Bereits im jüngeren Rentenalter stehenwie bei den Hochaltrigen wiederum dieessentiellen Hypertonien (Schaubild20) und Fettstoffwechselstörungen alshäufigste ambulante Behandlungsdiagnosenweit vorne, wobei die Prävalenzdes krankhaften Bluthochdrucks beiMännern in 2009 gegenüber 2005 umrd. fünf Prozent auf 64 % gestiegen ist,während bei den Frauen die Zunahmevon 62,5 % auf 65,7 % etwas moderaterausfiel (s. Tabelle 3.1 und 3.2 undSchaubild 20). Die Fettstoffwechselstörungenhaben im gleichen Zeitraum um2,5 auf 46,7 % im Mittelwert beider Geschlechterzugenommen, und sind somitin dieser Altersgruppe deutlich stärkerverbreitet als bei den über 80-Jährigen.Tabelle 3.1Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Frauen – 65 Jahre bis unter 80 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 464.465 65,74 62,1E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 334.729 47,38 45,17H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 287.371 40,67 38,36M54 Rückenschmerzen 274.449 38,85 38,71Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 256.653 36,33 27,49Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 244.572 34,62 33,01N95 Klimakterische Störungen 215.319 30,48 27,89M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 154.564 21,88 20,97E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 144.608 20,47 19,9I83 Varizen der unteren Extremitäten 141.230 19,99 20,13M47 Spondylose 138.860 19,65 16,21E04 Sonstige nichttoxische Struma 129.162 18,28 17,71H26 Sonstige Kataraktformen 123.191 17,44 15,92F32 Depressive Episode 122.192 17,29 16,91E66 Adipositas 120.304 17,03 16,83M81 Osteoporose ohne pathologische Fraktur 120.166 17,01 17,98Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 119.536 16,92 12,48H25 Cataracta senilis 119.290 16,88 16,63M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 110.482 15,64 16,52H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut 104.188 14,75 17,64


44 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtBei beiden Geschlechtern bilden hiernachdie Fehlsichtigkeit, Rückenschmerzensowie Impfungen häufige Anlässefür Arztkontakte. Ein Drittel der Männerleidet unter Prostatahyperplasien, bei fastjedem Vierten werden Typ-2-Diabetesund chronische ischämische Herzkrankheitendiagnostiziert. Während die Typ-2-Diabetes seit 2005 vor allem bei denMännern dieser Altersgruppe zugelegthat (s. auch die eingangs beschriebeneEntwicklung der Adipositas bei Älteren),waren die ischämischen Herzkrankheitendagegen vor vier Jahren sogar umetwa vier Prozentpunkte stärker verbreitet.Hier bestätigt sich der auch an andererStelle (vgl. Kapitel 5.2 und SpezialS. 150 ff) beobachte Rückgang dieserKrankheitsart.Bei Frauen dieser Altersgruppe fällt jedochdie Häufigkeit der für über 30 %genannten klimakterische Störungen auf,welche teilweise die – als gesundheitlichäußerst problematisch zu betrachtende –Verordnung von Hormonersatztherapien(HRT) noch bis in diese Altersgruppe hineinbegründen dürften (s. Kasten). Trotzder inzwischen bekannten Risiken derHRT 8 hat die Häufigkeit dieser Diagnosebei Frauen über 65 Jahren sogar nochzugenommen (+ 2,6 %), während derTrend bei den 50- bis 60-jährigen Frauendeutlich rückläufig ist. Der Altersverlaufdieser Diagnosen in der ambulanten Versorgungist nebenstehendem Schaubild22 zu entnehmen.Tabelle 3.2Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Männer – 65 Jahre bis unter 80 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteil in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 444.295 64,02 58,9E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 319.938 46,1 43,21H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 248.771 35,85 33,79Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 237.357 34,2 32,88N40 Prostatahyperplasie 226.130 32,58 31,21M54 Rückenschmerzen 214.304 30,88 31,03E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 171.796 24,75 22,93I25 Chronische ischämische Herzkrankheit 171.371 24,69 28,94Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 130.110 18,75 12,73E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoffwechsels 121.869 17,56 19,01Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 120.342 17,34 12,86E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus 109.826 15,83 16,06M17 Gonarthrose [Arthrose des Kniegelenkes] 105.281 15,17 14,15M47 Spondylose 104.731 15,09 12,42H26 Sonstige Kataraktformen 100.461 14,48 13,86H25 Cataracta senilis 100.044 14,42 12,88E66 Adipositas 89.801 12,94 12,01H35 Sonstige Affektionen der Netzhaut 89.787 12,94 15,19K76 Sonstige Krankheiten der Leber 89.824 12,94 15,15M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 79.307 11,43 12,098 Umfangreiche Materialien hierzu wurden beispielsweise 2005 von der Koordinationsstelle Frauen und Gesundheit NRW auf der Konferenz‚Wechseljahre und Hormontherapie – Umdenken erforderlich bereitgestellt,link: http://www.frauengesundheit-nrw.de/ges_them/wechsel/wechselj.htm


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht45Schaubild 22Klimakterische Störungen (N95) bei Frauen ab 40 Jahren504540Frauen 2009Frauen 20053530252015105040 - < 45 J.45 - < 50 J.50 - < 55 J.55 - < 60 J.60 - < 65 J.65 - < 70 J.70 - < 75 J.75 - < 80 J.80 - < 85 J.85 - < 90 J.> 90 J.Prävalenz je weiblichen Versicherten - Bundesgebiet 2009Die Verordnungsdaten der <strong>BKK</strong> Versichertenbelegen, dass die Zahl derArzneimittelpatientinnen mit Hormontherapiebesonders in den älterenGruppen noch überproportional hochist. So beträgt ihr Anteil in der Gruppeder 60- bis unter 65-jährigen Frauen21 %, während er bei den um zehnJahre jüngeren Frauen im eigentlichen„Menopausen“-Alter zwischen 50 und54 Jahren bei nur 17,8 % liegt. Damitblieb diese Gruppe 2009 sogar unterdem Anteil der 65- bis 70-Jährigen, diezu 18,3 % Hormone einnahmen. Diehöchste In anspruchnahme verzeichneten2009 die 55- bis 59-jährigenFrauen mit 21,7 %, allerdings gab es indieser Gruppe zugleich mit -5,2 % denhöchsten Rückgang gegenüber 2005.Auch bei den 50- bis 54-Jährigen sowieden 60- bis 64-Jährigen waren es imVergleich zu 2005 jeweils vier Prozentweniger Patientinnen mit Hormonverordnungen,während sich die erstaunlichhohen Quoten der über 70-Jährigenin diesem Zeitraum mit je nach Alteretwa 10 bis beinahe 15 % kaum veränderthaben.Etwa jede fünfte Frau im „Senorinnen“-Alter leidet zudem unter Gonarthrosen(M17, Kniegelenk), Typ 2-Diabetes sowieKrampfadern an den Beinen (Varizen -I83) und Spondylose (M47, degenerativeVeränderungen an der Wirbelsäule). Gonarthroseund Spondylose sind bei denMännern dieses Alters ebenfalls verbreitet,wenn auch mit 15 % in geringeremMaße als bei den Frauen.


46 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtMittleres Erwachsenenalter(40- bis unter 65-Jährige)92 % der Frauen, aber nur gut 85 % derMänner dieser Altersgruppe hatten sich2009 in ärztliche Behandlung begeben,wobei der Unterschied vor allem aus denhäufigeren Vorsorgeuntersuchungen derFrauen resultiert.Bei Frauen mittleren Alters ist die – präventivmedizinischhier besonders wichtige– Krebsvorsorge der häufigste Anlasseines Arztbesuches (51 %, 2005: 44 %),für ein Drittel sind Rückenschmerzen(M54) ein weiterer häufiger Anlass (s. Tabelle4.1). Nach Kontrazeptiven Maßnahmen(Z30) und Krankheiten der Vagina(N89) werden in diesem Alter bereits fürüber ein Viertel der Frauen, mit einer Zunahmeum 1,5 Prozentpunkte gegenüber2005 essentielle Hypertonien diagnostiziert.Klimakterische Störungen (N95)folgen mit einer Prävalenz von gut 22 %in 2009, was gegenüber 2005 einenRückgang um immerhin rd. drei Prozentpunktebedeutet. Hiermit war zugleichein Rückgang der Hormonersatztherapiefür Frauen in dieser Altersgruppe verbunden(s. Kasten S. 45).Fettstoffwechselstörungen waren ebenfallsin dieser Gruppe bedeutsam undfür 19 % ambulant behandlungsbedürftig.Weitere häufige Befunde beiFrauen dieses Alters waren außerdemTabelle 4.1Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Frauen - 40 Jahre bis unter 65 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 1.120.033 51,04 44,01M54 Rückenschmerzen 741.553 33,79 34,09Z30 Kontrazeptive Maßnahmen 596.161 27,17 21,71N89 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der Vagina 576.695 26,28 24,63I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 555.765 25,33 23,83N95 Klimakterische Störungen 485.969 22,15 25,03H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 459.729 20,95 21,37E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 416.446 18,98 18,6Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 344.278 15,69 11,63E04 Sonstige nichttoxische Struma 333.417 15,19 16,31F32 Depressive Episode 326.215 14,87 13,52J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 304.287 13,87 12,08F45 Somatoforme Störungen 303.540 13,83 14,09R10 Bauch- und Beckenschmerzen 295.990 13,49 14,27Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 295.788 13,48 13,72M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 287.833 13,12 14,21M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 252.411 11,5 10,77E66 Adipositas 250.947 11,44 11,17M47 Spondylose 222.881 10,16 8,62N76 Sonstige entzündliche Krankheit der Vagina und Vulva 217.195 9,9 14,77


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht47Schilddrüsenbeschwerden (E04) wieauch depressive Episoden (F32) mit einerPrävalenz von immerhin 15 %. Depressionenwaren zwar bei Männernin dieser Altersgruppe mit gut 7 % einweniger häufiger Behandlungsanlassals bei Frauen, dennoch wurden dieseDiagnosen auch bei ihnen – wie beiden Frauen – um 1,5 % häufiger gestelltals noch in 2005 (s. Tabelle 4.2 undSchaubild 21).Mit 28,6 % am häufigsten wurden beiMännern wiederum die essentiellenHypertonien diagnostiziert (+2,6 % gegenüber2005), dicht gefolgt von Rückenschmerzen(28,4 %, leicht rückläufig). Lipidämien(Fettstoffwechselstörungen)waren für fast jeden Vierten ein weitererhäufiger Befund, der somit bei denmännlichen Patienten dieser Altersgruppeauch deutlich stärker verbreitet istals bei den Frauen. Bandscheiben- undWirbelsäulenprobleme führten jeweilsknapp 9 % der männlichen Versichertenin diesem Alter zum Arzt, auch die Adipositaswar mit 8,6 % fast genauso häufigerUntersuchungsanlass. Letztere spielteallerdings in dieser Altersgruppe bei denFrauen mit 11,4 % eine noch größere Rolle(s. Tabelle 4 und Schaubild 19).Tabelle 4.2Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Männer - 40 Jahre bis unter 65 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 638.346 28,62 28,49M54 Rückenschmerzen 633.169 28,38 23,64E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 543.446 24,36 16,27H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 346.867 15,55 9,79Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 298.125 13,36 11,09J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 285.885 12,82 11,17Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 251.582 11,28 5,8Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 204.435 9,16 8,68M51 Sonstige Bandscheibenschäden 194.127 8,7 9,27M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 193.024 8,65 8,14E66 Adipositas 191.720 8,59 7,58M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 185.419 8,31 6,99M47 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 184.834 8,29 9,64K76 Sonstige Krankheiten der Leber 176.088 7,89 8,81E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoffwechsels 162.187 7,27 7,21E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 161.640 7,25 5,69F32 Depressive Episode 156.958 7,04 7,16N40 Prostatahyperplasie 154.016 6,9 7,88J20 Akute Bronchitis 151.915 6,81 5,62J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 146.601 6,57


48 2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und GeschlechtJüngere Erwachsene(25 bis unter 45 Jahre)Während nur vier von fünf männ lichenVersicherten dieser Altersgruppe (79,6 %)in 2009 einen Arzt aufsuchten, waren esbei Frauen – schon auf Grund häufigergynäkologischer Untersuchun g en undBehandlungen – 92,7 %.In der Gruppe jüngerer erwachsenerMänner stehen Rückenschmerzen mitgut 19 % und akute Infektionen derAtemwege mit gut 18 % deutlich ander Spitze. Hiernach folgen mit Abstandweitere Diagnosen aus den Bereichender Erkältungskrankheiten sowie der Verdauungserkrankungen.Gut fünf Prozentleiden jedoch auch unter chronischen Erkrankungenwie Asthma bronchiale (J45)und Fettstoffwechselstörungen.Bei etwa der Hälfte der Frauen stehenerwartungsgemäß kontrazeptiveMaßnahmen und die Krebsvorsorgeim Vordergrund, sowie andere gynäkologischeBefunde (s. Tabelle 5.1). Rückenschmerzenbilden bei 23,4 % derjüngeren Frauen einen Anlass für eineärztliche Untersuchung. Auch depressiveEpisoden kommen bei ihnen mit neunProzent zunehmend häufiger vor (+1,0 %gegenüber 2005).Jugendliche undjunge Erwachsene(15 bis unter 25 Jahre)In der jüngsten Erwachsenengruppehaben ebenfalls nur knapp vier von fünfmännlichen Versicherten einen Arzt odereine Ärztin aufgesucht. Bei den weiblichenVersicherten lag die Inanspruchnahmeaus den schon genannten Gründenbei gut 91 %. Zu über 60 % suchtendie jungen weiblichen Versicherteneine Arztpraxis wegen kontrazeptiverMaßnahmen auf, gefolgt von gynäkologischenVorsorgeuntersuchungenoder Befunden. Atemwegserkrankungen(25 %) und Akne (L70, 14,4 %) sind weiterehäufige Diagnosen bei jungen Frauen.Fehlsichtigkeit führte 2009 bei 13,6 %dieser Gruppe zu einem Arztbesuch undRückenschmerzen bei 13,4 %.Bei den jungen Männern standen wiederumdie akuten Infektionen der Atemwegemit 22 % weit an der Spitze, jederzehnte kam mit einer nichtinfektiöse Gastroenteritisund Kolitis (K52) oder wiederummit Rückenschmerzen in die Arztpraxis.Wegen Akne ließen sich 8,5 %der jungen Männer ärztlich behandeln,7,3 % kamen mit nicht näher bezeichnetenVerletzungen (T14) in die Arztpraxis.Adipositas wurde bei 2,8 % der jungenMänner und sogar bei 4,9 % der jungenFrauen – jeweils mit zunehmender Tendenz– diagnostiziert. Diese Krankheitsgruppewie auch die relativ verbreitetenTabelle 5.1Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Frauen - 25 Jahre bis unter 40 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“Z30 Kontrazeptive Maßnahmen 846.567 63,87 57,5Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 719.495 54,28 49,42N89 Sonstige nichtentzündliche Krankheiten der Vagina 532.733 40,19 37,7M54 Rückenschmerzen 309.906 23,38 23,68J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 269.110 20,3 17,01R10 Bauch- und Beckenschmerzen 234.907 17,72 17,8N94 Schmerz u. and. Zustd. im Zusammenhang mit d. weibl. Genitalorganen u. d. Menstr.zykl. 220.327 16,62 17,25N92 Zu starke, zu häufige oder unregelmäßige Menstruation 194.601 14,68 14,55N76 Sonstige entzündliche Krankheit der Vagina und Vulva 182.631 13,78 20,9F45 Somatoforme Störungen 152.855 11,53 12,25N86 Erosion und Ektropium der Cervix uteri 146.710 11,07 11,41H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 143.621 10,84 11,98D22 Melanozytennävus 137.734 10,39 8,32J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 134.039 10,11 9,68Z01 Sonst. spez. Untersuchungen u. Abklärungen bei Pers. ohne Beschw. o. angegb. Diagnose 126.284 9,53 7,05M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 124.979 9,43 8,85N91 Ausgebliebene, zu schwache oder zu seltene Menstruation 122.773 9,26 9,29F32 Depressive Episode 119.872 9,04 8,05Z34 Überwachung einer normalen Schwangerschaft 118.509 8,94 8,27J20 Akute Bronchitis 106.107 8,01 9,26


2.2. Ambulante ärztliche Versorgung nach Alter und Geschlecht49Rückenbeschwerden bilden die bedenklichstenBefunde in dieser noch jungenAltersgruppe.Fazit/ZusammenfassungDie ambulanten Diagnosen aus den ärztlichenAbrechnungsdaten spiegeln – ähnlichwie die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen– nur zum Teil die Verteilungen der„echten“ Morbidität in der Bevölkerungwieder. Veränderte gesundheitspolitischeRahmenbedingungen wie die Einführungdes morbiditätsbasierten Risikostrukturausgleichsoder Veränderungender ärztlichen Vergütungsregelungenschlagen sich – neben der Morbidität –in den jeweiligen empirischen Verteilungennieder. Die Frage, wie gesund oderkrank die verschiedenen Altersgruppenwirklich sind, ist aus diesen Daten alleinesicher nicht zu beantworten.Dennoch sind durch ergänzende Analysendieser „neuen“ Gesundheitsdatendurchaus reale Krankheitsentwicklungenund problematische Veränderungen derGesundheitssituation in der Bevölkerung,wie z. B. die Zunahme der sogenannten„Zivilisationskrankheiten“, besondersStoffwechselerkrankungen, Adipositasund andere Herz-/Kreislaufrisiken, zuerkennen. Auch wenn bei diesen Diagnosenteilweise durch ihre Finanzwirksamkeitim Morbi-RSA eine erhöhteDokumentationsfrequenz unterstelltwerden kann, ist dennoch das Ausmaßdes Anstiegs gesundheitspolitisch alsWarnsignal ernst zu nehmen. Gleichesgilt für die Zunahme der psychischenStörungen in allen Altersgruppen, denensich auch verschiedene Spezialbeiträgein diesem Report widmen – so auch dasnachfolgende Spezial zu psychischenStörungen im Alter.Auch sind die direkten Krankheitskostendurch psychische Verhaltensstörungenauf bereits 28 Mrd. € in 2008gewachsen. 9 Demenzielle und depressiveErkrankungen verursachen hierbeialleine Ausgaben in Höhe von 9,4 bzw.5,2 Mrd. €. Krankheitsentwicklungen,ebenso wie hieraus resultierende Anforderungenoder mögliche Fehlentwicklungenim Versorgungssystem sorgfältigund datengestützt zu beobachten unddies als Basis für gesundheitspolitischeSteuerungen aktiv zu nutzen, muss geradein einer älter werdenden Gesellschaft,mit einem hier besonders hohen Stellenwertgesundheitsbezogener Fragen,eine deutlich höhere Priorität als bishererhalten.Tabelle 5.2Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009Männer - 25 Jahre bis unter 40 JahreHäufigste Diagnosen (alle Altersgruppen) 2009 2005„Anzahl derICD ICD Bezeichnung Versicherten Anteile in % Anteile in %mit ICD“I10 Essentielle (primäre) Hypertonie 638.346 28,62 28,49M54 Rückenschmerzen 633.169 28,38 23,64E78 Störungen d. Lipoproteinstoffw. u. sonst. Lipidämien 543.446 24,36 16,27H52 Akkommodationsstör. u. Refraktionsfehler 346.867 15,55 9,79Z00 Allgemeinuntersuchung und Abklärung bei Personen ohne Beschwerden / Diagnose 298.125 13,36 11,09J06 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 285.885 12,82 11,17Z25 Notwendigkeit der Impfung [Immunisierung] gegen andere einzelne Viruskrankheiten 251.582 11,28 5,8Z12 Spezielle Verfahren zur Untersuchung auf Neubildungen 204.435 9,16 8,68M51 Sonstige Bandscheibenschäden 194.127 8,7 9,27M53 Sonstige Krankh. der Wirbelsäule und des Rückens, a.a.O. nicht klassifiziert 193.024 8,65 8,14E66 Adipositas 191.720 8,59 7,58M99 Biomechanische Funktionsstörungen, anderenorts nicht klassifiziert 185.419 8,31 6,99M47 Akute Infektionen an mehreren oder n. n. bez. Lokalisationen der oberen Atemwege 184.834 8,29 9,64K76 Sonstige Krankheiten der Leber 176.088 7,89 8,81E79 Störungen des Purin- und Pyrimidinstoffwechsels 162.187 7,27 7,21E11 Nicht primär insulinabhängiger Diabetes mellitus [Typ-2-Diabetes] 161.640 7,25 5,69F32 Depressive Episode 156.958 7,04 7,16N40 Prostatahyperplasie 154.016 6,9 7,88J20 Akute Bronchitis 151.915 6,81 5,62J30 Vasomotorische und allergische Rhinopathie 146.601 6,579 Statistisches Bundesamt, Krankheitskostenrechnung <strong>2010</strong>


50Psychische Störungen und deren Behandlung im AlterDipl. Psych. Dr. Thomas Bär, Dipl. Psych. Dr. Tina Wessels, Dipl. Psych. Timo Harfst 1Wissenschaftliche Referenten der BundespsychotherapeutenkammerPsychische Erkrankungen imAlterPsychische Erkrankungen treten im Alteretwa ebenso häufig wie im jüngerenErwachsenenalter auf. Betrachtet manverschiedene epidemiologische Studien,dann ist im Laufe eines Jahres etwa einViertel der über 65-Jährigen von einerpsychischen Erkrankung betroffen.Neben Demenzerkrankungen sindDepressionen von besonderer Bedeutung.Diese sind im Alter oft eine Reaktionauf Einsamkeit nach dem Tod desLebens partners, fortschreitende Alterungsprozesse,die mit zunehmendenEinschränkungen verbunden sind, oderdem Erleben, nicht mehr gebraucht zuwerden. Sie äußern sich ähnlich wie beijüngeren Menschen in anhaltend gedrückterStimmung, Interessenverlust,Freudlosigkeit, Antriebsmangel oderleichter Erschöpfbarkeit. Hinzu kommenKonzentrationsstörungen, gestörterSchlaf, verminderter Appetit oderherabgesetztes Selbstwertgefühl undSelbstvertrauen. Die Gedanken kreisenoft um Schuld oder eigene Wertlosigkeit,die Betroffenen sehen die Welt „grau ingrau“. Im Vergleich zu Depressionen beijüngeren Menschen haben körperlicheSymptome, wie zum Beispiel ständigeSchmerzen, Verstopfung oder generelleBefürchtungen, zum Beispiel über einnachlassendes Gedächtnis, eine höhereBedeutung.Deshalb wird die Erkrankung speziell imAlter oft nicht erkannt. Die Beschwerdenwerden vom Umfeld oft als „normale“Begleiterscheinung des Alternsverkannt. Viele alte Menschen zeigen ihrLeid nicht, bagatellisieren die Beschwerdenoder ordnen sie einer organischenErkrankung zu.Ein weiteres Problem ist die diagnostischeAbgrenzung zu Demenz oderkörperlichen Erkrankungen. Die Symptomevon Demenzerkrankungen undDepressionen im Alter überlappen sichteilweise, sodass es einer gewissen Expertisebedarf, eine korrekte Diagnosezu stellen. Oft treten beide Krankheitsbildergemeinsam auf. Die Abgrenzungzu körperlichen Erkrankungen ist speziellbei Depressionen schwierig. Einerseitsnehmen mit dem Alter körperliche Erkrankungenzu, andererseits sind Depressionenoft mit körperlichen Symptomenverbunden. Auch hier besteht ofteine Komorbidität. Es gilt als gesichert,dass Depressionen deutlich häufiger beikörperlich sehr kranken alten Menschenauftreten. Besonders alte Menschen, diein Heimen leben, sind von Depressionenbetroffen.Ein besonderes Problem von Depressionenim Alter ist eine erhöhte Suizidgefahr.Etwa 30 % aller Suizide werdenvon Menschen über 65 Jahren verübt.Ihr Anteil an der Bevölkerung beträgtdagegen nur ca. 15 %. Ganz besondersältere Männer sind betroffen. Dies unterstreichtdie Wichtigkeit, bei alten Menschen,die initial wegen Klagen überkörperliche Beschwerden eine Behandlungsuchen, auch die Diagnostik einerdepressiven Symptomatik im Auge zubehalten und bei den betroffenen Menschenaktiv diesbezüglich nachzufragen.Die Prävalenz von Demenzerkrankungennimmt mit dem Alter kontinuierlich zu.Bei den unter 65-Jährigen liegt die Prävalenznoch unter 2 %, wohingegen über30 % der Menschen betroffen sind, dieälter als 90 Jahre sind.Andere psychische Erkrankungen, wiebeispielsweise schizophrene Erkrankungen,Abhängigkeitserkrankungen oderAnpassungsstörungen, treten im höherenund hohen Erwachsenenalterdeutlich seltener auf als bei jüngerenErwachsenen. Auch bei Angststörungenhat man bislang angenommen, dass dieseim Alter nur selten auftreten. NeuereStudien weisen jedoch darauf hin, dassdies bislang unterschätzt wurde. Nachden Daten der Berliner Altersstudie leiden4,4 % der über 70-Jährigen unterAngststörungen. Diese werden oft nichterkannt, obwohl die Betroffenen medizinischeLeistungen vermehrt in Anspruchnehmen und die Erkrankungen zu erheblichemLeidensdruck führen.Ein spezielles Problem im Alter sind posttraumatischeStörungen. In einer jüngerenepidemiologischen Studie wurde bei3,4 % der über 60-jährigen Menscheneine Posttraumatische Belastungsstörungdiagnostiziert. PosttraumatischeErkrankungen bei älteren Menschen sindoft Folge von Traumatisierungen durchKriegs- oder Nachkriegserfahrungenbzw. politischen Inhaftierungen. Auf-1 Der Text gibt die Meinung der Autoren wieder.


51grund der hohen Tabuisierung diesertraumatischen Erfahrungen sowohl beiden Betroffenen als auch von deren Umfeldist davon auszugehen, dass die tatsächlichePrävalenz höher liegen dürfte.Behandlung psychischerErkrankungen im AlterDie Wirksamkeit von Psychotherapie beipsychischen Erkrankungen ist durch zahlreicheStudien und Metaanalysen nachgewiesen.Auch für den Altersbereichder über 65-Jährigen wurde dies für zahlreicheStörungsbilder belegt. Sogar fürDemenzerkrankungen gibt es zumindestHinweise darauf, dass Psychotherapienicht nur das Wohlbefinden des Betroffenenpositiv beeinflussen kann, sondernsich auch positiv auf die Befindlichkeitder Angehörigen auswirkt, die oft untererheblicher Symptombelastung leiden.In der Allgemeinbevölkerung sprichtsich die Mehrheit der Patienten beifreier Wahl für eine Psychotherapie zurBehandlung psychischer Erkrankungenaus. Bei einer Depression würden 70 %der Bevölkerung eine Psychotherapie alsBehandlung empfehlen, nur 9 % würdenAnderen von einer Psychotherapie abraten.Psychopharmaka präferieren dagegennur knapp 40 %, wobei fast ebensoviele Befragte im Falle einer Depressionvon einer solchen Behandlung abratenwürden.Dennoch werden ältere und alte Menschennur selten psychotherapeutischbehandelt, häufig hingegen mit Psychopharmaka.Aus dem GEK-<strong>Gesundheitsreport</strong>2007 geht hervor, dass der Anteilvon Menschen über 60 Jahren, beidenen eine Psychotherapie genehmigtwird, mit steigendem Alter kontinuierlichabnimmt. Andere Studien weisenin die gleiche Richtung. Nach epidemiologischenAngaben hatten in derAltersgruppe der 60- bis 65-Jährigeninsgesamt 12,7 % Erfahrungen mit psychotherapeutischenHilfen, im Vergleichzu 24,3 % in der Altersgruppe der 50-bis 59-Jährigen. Dies scheint jedoch nurzum Teil an den Einstellungen der älterenMenschen gegenüber Psychotherapie zuliegen. Studien zu diesem Thema zeigenuneinheitliche und oft widersprüchlicheErgebnisse bezüglich Unterschieden inden Einstellungen zur Psychotherapie beijüngeren und älteren Menschen. Wennüberhaupt, handelt es sich eher um einCharakteristikum einer bestimmten Geburtskohorteals um ein Problem desAlters an sich. So ist zu erwarten, dasszukünftige Generationen alter MenschenPsychotherapie gegenüber aufgeschlossenersein werden als diejenigen Generationen,die heute zu den Hochbetagtengehören. Daraus lässt sich folgern, dassder Bedarf und die Inanspruchnahme vonPsychotherapie durch alte Menschen inZukunft ansteigen werden.Die Verordnung und der Gebrauch vonPsychopharmaka sind bei älteren und altenMenschen recht hoch. Aus der BerlinerAltersstudie geht hervor, dass ca.ein Viertel der über 70-Jährigen ein Psychopharmakoneinnehmen. Mit einemAnteil von 13,6 % stellen Benzodiazepinedabei die mit Abstand größte Gruppedar. Dabei erfolgt die Verordnung nichtimmer indikationsspezifisch. Vor allemBenzodiazepine werden häufig bei unspezifischenpsychischen Beschwerdenwie Schlafbeschwerden oder Schmerzenverabreicht, ohne dass notwendigerweiseeine psychische Erkrankung die Indikationbegründet. So lässt es sich erklären,dass 40 % der mit einer Depressiondiagnostizierten Patienten ein Benzodiazepinerhielten, wohingegen nur sechsProzent der Patienten ein Antidepressivumverordnet bekamen. In der BerlinerAltersstudie befand sich keiner der über70-Jährigen, bei dem eine Depression diagnostiziertwurde, in psychotherapeutischerBehandlung. Untersuchungen ausAlten- und Pflegeheimen zeigen zudem,dass der Psychopharmakagebrauch mitder Multimorbidität und Pflegbedürftigkeitder Patienten ansteigt.Versorgung psychisch krankerälterer MenschenDie beschriebenen Befunde weisendarauf hin, dass psychisch kranke alteMenschen eher unter- oder fehl- alsüberversorgt sind. Aufgrund der zu erwartendendemografischen Veränderungenist davon auszugehen, dass die Anzahlälterer Menschen mit psychischenErkrankungen deutlich zunehmen wird.Hierdurch wird sich die Problematikdes Auseinanderklaffens des psychotherapeutischenVersorgungsbedarfsund der vorhandenen personellen Ressourcenim Gesundheitssystem in verschärfterWeise stellen. Mit multiplen


52körper lichen Erkrankungen im Altersteigt auch das Risiko einer psychischenErkrankung und damit auch der Komorbiditätvon psychischen und somatischenErkrankungen. Deswegen wird es fürdie Gesundheitsversorgung in Zukunftvon hoher Be deutung sein, Modellezu entwickeln, die eine Abstimmungder Behandlungsstrate gien für die verschiedenenErkrankungen und ggf. sogareine Prioritätensetzung bezogen aufbestimmte Erkrankungen in der Behandlungge währleisten, wie beispielsweiseStepped-Care- oder Case-Management-Modelle für psychisch kranke alte Menschen.Bei Stepped-Care-Modellen wirdden Patienten zunächst eine wirksameund wenig aufwändige Behandlungangeboten. Wenn über einen bestimmtenZeitraum keine Besserung erfolgt,werden schrittweise intensivere undkomplexere Behandlungen eingeleitet.Dies setzt natürlich eine langfristigeBeobachtung des Behandlungsverlaufsvoraus. Ein Case Management in derVersorgung psychisch kranker alter Menschensetzt voraus, dass eine Person dieVerantwortung für das Monitoring unddie Anpassung der Behandlungsstrategieübernimmt und dass die verschiedenenLeistungserbringer gut vernetzt sind.Die erste Anlaufstelle für ältere und alteMenschen sind in der Regel die Hausärzte.Deren Kompetenz für die Diagnostikund Behandlung psychischer Störungenim Alter sollte gestärkt werden. NebenHausärzten müssen ambulante und stationäreEinrichtungen der Altenpflegeund -hilfe in solche Versorgungskonzepteintegriert werden. Eine bedarfsgerechteVersorgung psychisch kranker alterMenschen innerhalb eines gestuftenVersorgungsangebotes erfordert zudemeine flexiblere Nutzung der ambulantenpsychotherapeutischen Leistungen. Daspsychotherapeutische Angebot solltehinsichtlich des Ortes, des Settings,der Zeitdauer und der therapeutischenAnsätze auf die spezifischen Bedürfnissepsychisch kranker alter Menschen flexibilisiertund angepasst werden.Inwieweit psychotherapeutische Ansätzestärker in die Versorgung psychisch krankeralter Menschen integriert werden,ist auch eine Frage gesellschaftlicherWerthaltungen und Einstellungen. Vonden Kostenträgern, Leistungserbringernund Patienten werden nach wie vor Vorbehaltehinsichtlich einer psychotherapeutischenBehandlung im Alter beklagt.Es ist zu wünschen, dass diese Vorbehaltenicht nur im Zuge der erwartbarenÄnderungen kultureller Werthaltungengegenüber dem Alter u. a. auf Grund desdemografischen Wandels, sondern auchdurch aktive Aufklärung und wachsendesInteresse seitens der Psychotherapeutenschaftverringert werden.Eine stärkere Verankerung psychotherapeutischerKonzepte in der Versorgungpsychisch kranker alter Menschen wäredaher wünschenswert.


532.3 Stationäre Behandlungen nach Alter und GeschlechtKrankenhausbehandlungen umfassenim Gegensatz zur Arbeitsunfähigkeit,die sich ausschließlich auf Erwerbspersonenbezieht, alle Altersgruppen – vonKindern bis hin zu Rentnern/innen. DasKrankheitsspektrum ist jedoch bedeutendselektiver, da viele Erkrankungen− selbst schwer wiegende und chronische– nicht unbedingt zu einem Krankenhausaufenthaltführen.Auch bei den stationären Behandlungenunterscheiden sich die Krankheitsschwerpunktevon Männern und Frauenmerklich. Männer sind mit 29,2 Fällen je1.000 Versicherte weitaus häufiger vonHerz-/ Kreislauferkrankungen (I00-I99)betroffen als Frauen (21,9 Fälle je 1.000Versicherte). Auch wegen Verdauungserkrankungen(K00-K93) sind sie öfter instationärer Behandlung. Frauen dagegenwerden häufiger wegen Erkrankungendes Urogenitalsystems (N00-N99), desMuskel-Skelett-Systems (M00-M99)und des Stoffwechsels (E00-E90) inein Krankenhaus eingewiesen. DieseVerteilungen finden sich ähnlich auchbei der Arbeitsunfähigkeit wieder. In anderenKrankheitsgruppen dagegen gibtes Abweichungen vom AU-Geschehen,besonders bei psychischen Erkrankungen.Während Frauen hier im Vergleichzu Männern mehr Arbeitsunfähigkeitszeitenaufweisen, werden Männer wegenpsychischer Störungen öfter stationärbehandelt. Der Grund liegt vor allemdarin, dass Männer häufiger an Suchterkrankungenund hier insbesondereAlkoholmissbrauch leiden.Neben diesen generellen Unterschiedennach Geschlecht, unterscheidet sich diestationäre Morbidität stark in Abhängigkeitvom Lebensalter. Erwartungsgemäßnimmt mit steigendem Alter sowohl dieZahl der Krankenhausfälle als auch dieder Krankenhaustage zu (vgl. Schaubilder23.1 und 23.2). Bei den 15 bis19-Jährigen lag die Fallzahl lediglich bei100 Fällen je 1.000 Versicherte, bei den65 bis unter 70-Jährigen waren es 325Fälle und bei den über 80-Jährigen mit659 Fällen je 1.000 Versicherte demgegenübernoch einmal doppelt soviel.Entsprechend nehmen auch die Krankenhaustagemit dem Alter zu. 65- bisunter 70-Jährige lagen 2009 im Mittelgut drei Tage im Krankenhaus, was etwaeiner Verdoppelung des Durchschnittsaller Versicherten (1,7 Tage) entspricht,über 80-Jährige verzeichneten mit 7,5Krankenhaustagen viereinhalbfache Liegezeitenim Vergleich zum Durchschnitt.In allen Altersgruppen haben die Fallhäufigkeitengegenüber dem Vorjahr leichtzugenommen.Krankenhausaufenthalte vonKindern und JugendlichenStationäre Behandlungen von Kindernund Jugendlichen sind glücklicherweiseselten und beschränken sich aufbestimmte Diagnosen. Das Haupterkrankungsgeschehenin diesem AlterSchaubild 23.1Krankenhausbehandlung nach Alter und Geschlecht (Fälle)< 1515 - 1920 - 2425 - 2930 - 3435 - 3940 - 4445 - 4950 - 5455 - 5960 - 6465 - 6970 - 7475 - 79> = 8099 1191128890 11588 12090 11911199118112140138166 181195 234229 2832913573624584735806277190 100 200 300 400 500 600 700 800KH-Fälle je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 2009Schaubild 23.2Krankenhausbehandlung nach Alter und Geschlecht (Tage)< 1515 - 1920 - 2425 - 2930 - 3435 -3940 - 4445 - 4950 - 5455 - 5960 - 6465 - 6970 - 7475 - 79> = 80672 8638726509197329567839487679268241.0559471.3221.1871.5631.6121.8162.0822.116 2.5532.828 3.4263.805 4.6405.3516.2247.268 7.9900 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 6.000 7.000 8.000 9.000KH-Tage je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 2009


54 2.3 Stationäre Behandlungen nach Alter und Geschlechtspiegelt sich eher in der ambulantenVersorgung wider.Geschlechtsbezogen sind bis zur Pubertäteindeutig die Jungen das anfälligereGeschlecht, was sich auch im Krankenhauszeigt. Im Alter bis 15 Jahre warensie mit 119 Fällen je 1.000 Versichertedeutlich häufiger in stationärer Behandlungals Mädchen (99 Fälle je 1.000 Versicherte).Hauptursache hierfür warenErkrankungen des Atmungssystems(J00-J99), die ein Fünftel der stationärenBehandlungsfälle in dieser Altersgruppeausmachten (24,0 Fälle je 1.000 Jungenund 18,2 je 1.000 Mädchen (vgl. TabelleSchaubild 24.1Krankenhausfälle der Frauen nach Alter und ausgewählten KrankheitsartenKH-Fälle je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 2009Schaubild 24.2Krankenhausfälle der Männer nach Alter und ausgewählten Krankheitsarten2001801601401<strong>2010</strong>0806040200KH-Fälle je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 200911 im Anhang)). Auch bei anderen Krankheitsarten,insbesondere bei Verletzungenund Vergiftungen (S00-T98) übertrafin der Altersgruppe der unter 15-Jährigendie Morbidität der Jungen die derMädchen (17,2 bzw. 13,4 Fälle je 1.000).Infektionen (A00-B99), die in den letztenJahren an Bedeutung gewonnen haben,stellen die dritthäufigste Krankheitsgruppein dieser Altersklasse dar. 1998 hattenInfektionskrankheiten mit 5,3 Fällen je1.000 Versicherten lediglich einen Anteilvon 4,8 % am Krankheitsspektrum. 2004waren es bereits 10,4 % und 2008 sogar11,5 % (12,7 Fälle je 1.000). Im Berichtszeitraum2009 sank die Zahl der Krankenhauseinweisungender unter 15-Jährigenauf 11,2 Fälle je 1.000 Versicherte (Anteilvon 10,2 %). Bei den stationär behandeltenInfektionen im Kindesalter handeltes sich fast ausschließlich um Durchfälle(A09) und Darminfekte (A08).Während bei den unter 15-Jährigenmehr Jungen als Mädchen in stationärerBehandlung waren, kehrte sich diesesVerhältnis bereits im Alter von 15 bis 19Jahren um. Weibliche Jugendliche diesesAlters sind deutlich häufiger in stationärerBehandlung als männliche (112Fälle im Vergleich zu 88 Fällen je 1.000Versicherte). Sie werden auf Grund fastaller Krankheitsarten häufiger stationäraufgenommen. Eine Ausnahme stellenVerletzungen und Vergiftungen dar, vondenen männliche Jugendliche mit 20,8Fällen je 1.000 weit häufiger betroffensind als weibliche (12,4 Fälle je 1.000).Stationäre Behandlungen wegen Hauterkrankungenkommen bei männlichenJugendlichen ebenso etwas häufigervor (3,2 gegenüber 2,7 Fällen je 1.000Versicherte).Gut jeder siebten stationären Einweisungvon Jugendlichen beiderlei Geschlechtslagen psychische Störungen zu Grunde.14,5 Fälle (+0,8 gegenüber dem Vorjahr)der männlichen Jugendlichen zwischen15 und 19 Jahren unterschritten zwar dieHäufigkeit der Mädchen dieses Alters(16,2 Fälle je 1.000, -0,3 gegenüber demVorjahr), allerdings nehmen die Krankenhausfällebei den über 25-jährigen Männerndann deutlich zu 18,1 (+1,5) Fälleje 1.000 männliche Versicherte standen14,7 (+1,0) Fälle der über 25-jährigenFrauen gegenüber, häufigster Grund wie


2.3 Stationäre Behandlungen nach Alter und Geschlecht55oben schon angesprochen ist Alkoholmissbrauch(F10).Vier von zehn Einweisungsdiagnosen beiweiblichen Jugendlichen unter zwanzigJahren vereinigen sich auf Krankheitendes Verdauungssystems (K00-K93), psychischeund Verhaltensstörungen (F00-F99) sowie Erkrankungen der Atemwege(J00-J99). Diese drei Krankheitsartenverursachten bei ihnen auch 63 % derKrankenhaustage. Hinter diesen Diagnosenverbergen sich insbesondereakute Blinddarmentzündungen, die beiMädchen und jungen Frauen oftmals alsunklare Unterleibsbeschwerden diagnostiziertwerden.Krankenhausaufenthalte imerwerbsfähigen AlterIn den jüngeren Erwachsenengruppenbis etwa 49 Jahre werden Frauen häufigerals Männer stationär behandelt. DieUnterschiede erklären sich vorwiegendaus Schwangerschaft und Geburt sowiefrauenspezifischen Urogenitalerkrankungenund Neubildungen. In der Lebensspannezwischen 20 und 39 Jahren führenSchwangerschaft und Entbindungam häufigsten zu einem Krankenhausaufenthalt,bei den 25- bis 35-jährigenFrauen entfiel ein Viertel der Fälle alleinhierauf. Bei jüngeren Frauen spielenneben psychischen Erkrankungen auchErkrankungen des Verdauungssystemseine größere Rolle im stationären Geschehen,wohinter sich erneut – wie beiden Jugendlichen bereits angesprochen– auch zahlreiche unklare Beschwerdebilderverbergen dürften.Neubildungen sind die häufigste Krankheitsartder weiblichen Versichertenzwischen 40 und 69 Jahren, bei den45- bis unter 50-Jährigen gehörte etwajede fünfte Einweisungsdiagnose zurGruppe der Tumorerkrankungen. Ab 45Jahre bilden zudem Muskel- und Skeletterkrankungenzunehmend den Anlass fürstationäre Behandlungen der Frauen,Herz-/Kreislauf- Diagnosen werden fürFrauen erst ab sechzig relevanter.Das Morbiditätsspektrum der Männerdieser Altersgruppe ist anders geprägt.Bis Mitte zwanzig dominieren bei ihnenVerletzungen, die rund ein Viertel allerstationären Fälle ausmachen, als Hauptursachefür Krankenhausaufenthalte. Beiden 25 bis unter 40-jährigen Männernbestimmen psychische Störungen dasstationäre Geschehen.Bei den Männern bilden in den mittlerenAltersgruppen die Erkrankungen desVerdauungssystems die quantitativ wichtigsteKrankheitsgruppe. Bei Männernab fünfzig dominieren erwartungsgemäßdie Herz- und Kreislauferkrankungen,zwischen 55 und 65 Jahren verursachendiese bei ihnen jede fünfte, ab 65Jahren gar jede vierte Krankenhausbehandlung.Neubildungen nehmen ab 55Jahren ebenfalls deutlich zu und bildendann nach den Kreislauferkrankungendie zweitwichtigste Krankheitsgruppebei stationären Fällen der männlichenVersicherten.Psychische Störungen verursachten mitAbstand die meisten Krankenhaustage.Im Durchschnitt resultieren bei den unterDreißigjährigen rund 46 % der Krankenhaustageund bei den über 35- bis50-Jährigen ein Drittel der stationärenBehandlungstage aus psychischen Störungen.Bei den Männern stehen hierbeineben Suchterkrankungen auch Depressionen,bei Frauen mehr die depressivenStörungen im Vordergrund (vgl. auch Kapitel5).Krankenhausaufenthalte vonälteren VersichertenIm Alter von 65 Jahren und älter steigtder Anteil von Versicherten mit Krankenhausaufenthaltenerwartungsgemäß an,bei Männern stärker als bei Frauen. Beiden älteren Gruppen sind Krankheitendes Kreislaufsystems bei beiden Geschlechterndie häufigsten Diagnosen.Dennoch verzeichneten auch im höherenAlter Frauen hierbei noch deutlich geringereFallhäufigkeiten. In den Gruppen bisunter achtzig wiesen sie rund ein Viertelweniger Fälle als die gleichaltrigen Männerauf.Bei den älteren Frauen bilden nach denKreislaufleiden Muskel- und Skeletterkrankungen,Neubildungen und abMitte siebzig auch Verletzungen – die beiden über 80-Jährigen an zweiter Stellestehen – die wichtigsten Krankheitsgruppenbei stationärer Behandlung.Hier bei dürften Osteoporose-Erkrankungenund häufigere Sturzunfälle imAlter eine wichtige Rolle spielen, denenverstärkt in Präventionsmaßnahmender <strong>BKK</strong>n für ältere Versicherte entgegengewirktwird. Bei den stationärenFällen der älteren Männer folgen nachden Herz- und Kreislauferkrankungen sowieNeubildungen an dritter Stelle dieVerdauungserkrankungen, die mit demAlter zunehmend Anlass für Krankenhauseinweisungenbilden. Schaubilder24.1 und 24.2 zeigen die Häufigkeit derKrankenhausfälle je 1.000 Versichertefür ausgewählte Krankheitsarten nachAltersgruppen für Männer und Frauen.Als weitere Diagnosegruppen, die mitdem Alter zunehmend stationär behandeltwerden müssen, sind Stoffwechselerkrankungen(zumeist Diabetes) sowieInfektionen zu nennen (vgl. Anhangtabelle11). Bei letzteren stehen Blutvergiftungenund Wundrose im Vordergrund,wobei u. a. an die Qualität der pflegerischenVersorgung zu denken ist. Auchdürfte sich hierbei u. a. die häufig thematisierteProblematik der infektiösenKeime in den Krankenhäusern selberwiederfinden. Während für Frauen bis65 Jahre Stoffwechselerkrankungen häufigerstationärer Behandlungsanlass alsfür Männer sind, dreht sich das Verhältnisim Alter um. Insgesamt wandelt sich diegeschlechtsspezifische Krankenhausinanspruchnahmemit dem Alter: WeisenMänner bis 45 Jahre noch wesentlichweniger stationäre Fälle als Frauen auf,werden sie bereits ab fünfzig und in dennachfolgenden Altersgruppen dann wesentlichhäufiger als Frauen im Krankenhausbehandelt.


562.4 Berufliche und soziale LageMorbidität und Höhe der Arbeitsunfähigkeitwerden häufig stärker noch als durchAlter und Geschlecht durch die beruflicheund soziale Lage bestimmt. Diese lässtsich – in grober Annäherung – anhand derVersicherungsart bzw. der Stellung imBeruf nachvollziehen. Im Folgenden wirddie AU- und Krankenhaus-Morbidität der<strong>BKK</strong> Mitglieder nach ihrem Status dargestellt,wobei die Pflichtversichertenunterschieden werden nach Arbeitern,Angestellten, Teilzeitbeschäftigten undArbeitslosen (bei AU: ALG-I-Empfänger)10 sowie den freiwillig Versichertenmit Krankengeldanspruch und einemEinkommen über der Versicherungspflichtgrenze.Insgesamt wurden 20095,7 Mio. erwerbstätige Mitglieder erfasst.Unter den 5,09 Mio. beschäftigten<strong>BKK</strong> Pflichtmitgliedern waren, nachdem Tätigkeitsschlüssel differenziert,1,79 Mio. Arbeiter, 1,88 Mio. Angestellte,923 Tsd. Teilzeitbeschäftigte sowiekleinere Gruppen (z. B. Auszubildende)mit insgesamt rund 500 Tsd. Mitgliedern.Hinzu kommen 561 Tsd. freiwillig krankenversicherteBeschäftigte mit einemJahreseinkommen von über 48.600 Euro.In die AU-Auswertungen wurden weiterhin190 Tsd. (krankengeldberechtigte)ALG-I-Empfänger einbezogen.Bei den Auswertungen der Krankenhausfällewurden zusätzlich die erwachsenenFamilienangehörigen im Alter zwischen15 und 65 Jahren sowie die ALG-II-Empfänger zur Differenzierung der Wirkungendes sozialen Status und der Lebenssituationauf die gesundheit lichenBefunde gesondert berücksichtigt.Arbeitsunfähigkeit nachberuflichem StatusDie Erwerbsstrukturen unterscheidensich bei Männern und Frauen beträchtlich(vgl. Tabelle 6): So waren die überden Tätigkeitsschlüssel als Arbei teroder Facharbeiter zugeordneten Pflichtmitgliederzu 84 % männlich, währendim Angestelltenbereich die weiblichenTabelle 6Arbeitsunfähigkeit nach Versichertenstatus 2009ArbeitsunfähigkeitArbeitsunfälleVersichertengruppe Geschlecht Mitglieder Fälle Tage Tage Fälle Tagein Tsd. je 100 je 100 je Fall je 100 je 100Pflichtversicherte Beschäftigte Männer 2.718 112,4 1.457,8 13,0 4,2 97,7davon sind:Frauen 2.372 117,6 1.416,3 12,1 1,8 37,4insgesamt 5.090 114,8 1.438,5 12,5 3,0 69,6Pflichtversicherte Arbeiter Männer 1.495 121,1 1.772,6 14,6 5,6 137,1Frauen 292 131,7 2.028,3 15,4 3,3 78,2insgesamt 1.787 122,8 1.814,4 14,8 5,2 127,5Pflichtversicherte Angestellte Männer 768 84,1 967,2 11,5 1,5 34,6Frauen 1.111 111,4 1.240,2 11,1 1,3 26,5insgesamt 1.880 100,2 1.128,6 11,3 1,4 29,8Teilzeitbeschäftigte Männer 160 80,4 1.137,2 14,1 2,2 56,6Frauen 763 105,9 1.457,6 13,8 1,6 35,6insgesamt 923 101,5 1.402,1 13,8 1,7 39,2Freiwillig versicherte Beschäftigte Männer 469 55,6 598,8 10,8 0,6 13,1Frauen 92 42,9 507,0 11,8 0,4 8,8insgesamt 561 53,5 583,8 10,9 0,5 12,4Arbeitslose (nur ALG-I-Empfänger) Männer 108 60,1 1.953,3 32,5 - -Frauen 82 75,5 2.279,3 30,2 - -insgesamt 190 66,8 2.094,6 31,4 - -10 In die AU-Auswertungen werden nur die ALG-I-Empfänger einbezogen, da die ALG-II-Empfänger keinen Krankengeldanspruch besitzen und somitfür sie bei den Krankenkassen i. d. R. auch keine AU-Fälle geführt werden.


2.4 Berufliche und soziale Lage57Beschäftigten mit 59 % die Mehrheitbildeten. 11 Nur 12 % der pflichtversichertenFrauen gingen einer gewerblichenTätigkeit nach, bei den Männernwaren es mit 55 % mehr als die Hälfte.47 % der Frauen hatten Vollzeitjobs alsAngestellte, 32 % arbeiteten in Teilzeit.Pflichtversicherte Männer waren nur zu28 % im Ange stelltenverhältnis und nurzu gut 6 % in Teilzeit beschäftigt.Von den männlichen erwerbstätigen<strong>BKK</strong>-Mitgliedern hatten rund 15 % einEinkommen über der Versicherungspflichtgrenze,so dass sie freiwillig krankenversichertwaren. Frauen erreichendie Krankenversicherungspflichtgrenzesehr viel seltener, ihr Anteil lag nur beiknapp 4 %. Die Anteile der freiwillig Versichertenmit hohem Jahreseinkommensind bei beiden Geschlechtern im Vergleichzu den Vorjahren nahezu konstantgeblieben.Von den hier betrachteten Erwerbspersonenwaren 2009 lediglich 3,4 % ALG-I-Empfänger, d. h. Versicherte, die erst seitmaximal einem Jahr arbeitslos gemeldetsind. Im Gegensatz zu den Vorjahren istdamit ihr Anteil erstmals wieder angestiegen,wobei sich die Zahl der männlichenArbeitslosen erhöhte, während siebei den Frauen sank. 2008 waren nur2,8 %, 2007 3,4 % und 2006 gar 4,5 %der erwerbstätigen <strong>BKK</strong> Mitglieder ALG-I-Empfänger.Während bei den pflichtversichertenErwerbspersonen ein Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstageum einen Tag zubeobachten ist, sank die Anzahl der Krankheitstagebei den freiwillig versichertenBeschäftigten leicht um 0,1 Tage, die derArbeitslosen hingegen gegenüber denungewöhnlich hohen Vorjahreswertendeutlich um 4,9 Tage. Allerdings bliebenauch in 2009 die Krankheitszeiten derALG-I-Empfänger auf dem seit 2007 zuvermeldenden sehr hohen Niveau vonetwa drei Krankheitswochen im Mittel.Die durchschnittliche Falldauer ist bei allenGruppen weitgehend konstant geblieben.Einzige Ausnahme bilden auch hierdie Arbeitslosen, die zwar mit 31,4 Tagenje Fall rund fünfeinhalb Tage unter demVorjahresniveau lagen, aber auch hiermitwieder erheblich längere Krankheitsdauernals alle übrigen Gruppen aufwiesen.Arbeiter, Angestellte …Die Bedeutung des beruflichen Statusfür die Arbeitsunfähigkeit wird besondersbeim Vergleich zwischen Arbeitern undAngestellten deutlich: So wurden für Arbeiter2009 durchschnittlich 18,1 (+0,9)Arbeitsunfähigkeitstage gemeldet, dieErkrankungstage der Angestellten lagendemgegenüber mit 11,3 (+0,9) AU-Tagenje Beschäftigten um 38 % niedriger.… und TeilzeitbeschäftigteIn den letzten Jahren nimmt Teilzeitbeschäftigungkontinuierlich zu. Etwa jede/rsechste Beschäftigte arbeitete 2009 –freiwillig oder unfreiwillig – in Teilzeit. Dabeiist Teilzeit immer noch eine Domäneder Frauen. Während drei von zehn Frauenteilzeitbeschäftigt sind, waren es nursechs von hundert Männern. Letzteremachten 2009 wie im Vorjahr nur 17 % allerTeilzeitbeschäftigten aus. 67 % (+5,0)der weiblichen Teilzeitkräfte sind im Alterzwischen 35 und 55 Jahren, wohingegendie jüngeren und älteren Altersgruppenbei den Männern stärker vertreten sind.Rund 40 % (+1,6) der männlichen Teilzeitbeschäftigtensind über 55 Jahre alt, beiden Frauen sind es nur 15 % (+0,8). Diesist auch auf die unterschiedlichen Gründezur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigungzurückzuführen. Während bei jüngerenFrauen stärker der Ausgleich zwischenFamilie und Beruf im Vordergrund stehendürfte, scheint Teilzeit bei Männern verstärkteiner Brückenfunktion zwischenBeschäftigung und Nicht-Beschäftigunggleichzukommen.Teilzeitkräfte lagen mit im Schnitt 14,0(+0,8) AU-Tagen leicht unter dem Gesamtergebnisder pflichtversichertenBeschäftigten, was mit der unterschiedlichenVerteilung nach Berufenzusammenhängt (siehe Kasten). TeilzeitbeschäftigteFrauen fehlten mit 14,6Krankheitstagen länger als männlicheTeilzeitkräfte (11,4 Tage).11 ohne Teilzeitkräfte


58 2.4 Berufliche und soziale LageTeilzeitbeschäftigung nachBerufenGerade in Zeiten der Krise und wirtschaftlicherUmbrüche greifen Unternehmengerne auf die Möglichkeitder Teilzeitbeschäftigung zurück. Ausgehendvon den Beschäftigtenzahlensind Teilzeitbeschäftigte insbesondereals Bürokräfte, Warenkaufleute (insb.Verkäufer/innen) sowie in Gesundheitsundsozialpflegerischen Berufen tätig(vgl. Tabelle 7). Frauen konzentrierensich zahlenmäßig viel stärker in diesenBerufen: Bei ihnen machten sie in2009 60 % der Teilzeittätigkeiten aus,während es bei den Männern nur 23 %waren.Frauen arbeiteten außerdem häufig inReinigungsberufen, als RechnungsoderBankkaufleute sowie in Berufendes Nachrichtenverkehrs (insb. Postverteilerinnen).Die Teilzeitquote derweiblichen Reinigungskräfte lag hierbeibei 71 %. Die höchsten Teilzeitquotender Männer waren neben den bereitsgenannten Berufsgruppen bei Lehrernund hauswirtschaftlichen Berufen zufinden, wobei diese dabei zum Teildeutlich unter denen der weiblichenBeschäftigen lag. So waren die männlichen(angestellten) Lehrer 12 mit einemAnteil von 30 % nur etwa halb so häufigwie Frauen teilzeitbeschäftigt. Teilzeitunter Führungskräften ist besondersselten: Nur 15 % der weiblichen undlediglich 3 % der männlichen Unternehmerarbeiteten in Teilzeit.Frauen suchen sich häufig aus familiärenGründen einen Teilzeitjob (69 % derMütter arbeiten in Teilzeit). 13 Teilzeitbeschäftigungist bei Ihnen eine Notwendigkeit,zu der dann die weiterhinbestehende familiäre Mehrbelastunghinzukommt. Bei Frauen ab Mitte vierzigwird hingegen ein überproportio -naler Anteil „unfreiwilliger“ Teilzeit festgestellt.14 In dieser Gruppe wird häufigeine Vollzeitbeschäftigung gesucht,aber nur eine Teilzeitstelle gefunden.Männer in Teilzeit haben einen höherenAltersdurchschnitt als Frauen – rund80 % der männlichen Schlosser, Elektrikerund Techniker in Teilzeit waren über55 Jahre alt - und bilden hierbei insgesamteine sehr heterogene Gruppe.Dies betrifft sowohl die Verteilung nachBerufen wie auch ihre jeweilige Motivationfür Teilzeit. Diese Heterogenitätführt zudem zu sehr unterschiedlichausgeprägten Morbiditäten, was sicheinerseits in einer auffälligen Krankenhausmorbidität(s. Schaubild 25) undandererseits in einer deutlich geringerenAU-Morbidität gegenüber den teilzeitbeschäftigtenFrauen niederschlägt.Die im Gesamtergebnis höchsten Fehlzeitenwiesen 2009 Sicherheitswahrer,Reinigungskräfte, Montierer undWarenprüfer mit 19 bis 21 AU-Tagenauf. Auch hauswirtschaftliche Berufe,Lagerverwalter, Chemiearbeiter,Speisenbereiter und Beschäftigte desLandverkehrs erkrankten noch an rund18 Tagen. Am unteren Ende der Fehlzeitenskalafinden sich Geistes- und Naturwissenschaftler,Ingenieure, Ärzteund Apotheker sowie Unternehmer undLehrer, die fünf bis acht Tage krankgeschriebenwaren.Geschlechtsspezifische Unterschiedein der Morbidität der Berufsgruppenfinden sich auch bei Teilzeitbeschäftigten.So waren weibliche Bürokräfteund Frauen in Gesundheitsberufen rundzwei Tage länger krank als ihre männlichenKollegen. Die Krankheitszeitender weiblichen Reinigungskräfte, Elektrikerinnenund Rechnungskauffrauenüberstiegen die der Männer noch deutlicherum sechs bis sieben Tage. Beiden Speisenbereiterinnen und Frauenin Berufen des Landverkehrs betrug dieDifferenz sogar neun Tage.Weibliche und männlicheBeschäftigteIm Durchschnitt aller Pflichtversichertenwiesen Frauen 2009 eine niedrigereKrankenquote auf als Männer (14,2 AU-Tage gegenüber 14,6 AU-Tagen je Pflichtmitglied(vgl. Schaubild 25). Innerhalb dereinzelnen Vergleichsgruppen dreht sichindessen das Verhältnis um. Bei Arbeiterinnen,weiblichen Angestellten, Teilzeitbeschäftigtenund ALG-I-Empfängerinnenlagen 2009 die durchschnittlichenKrankheitszeiten über denen der Männer.Die geringere durchschnittliche Zahl derAU-Tage im Gesamtergebnis der weiblichenPflichtversicherten ist insbesondereauf den hohen Anteil der Angestelltenunter den Frauen zurückzuführen. Fürdie innerhalb der Vergleichsgruppenbeobachtete höhere AU-Morbidität derFrauen dürften die bereits in Kapitel2.1 und oben ausgeführten ungleichenberuflichen Stellungen und Aufstiegsmöglichkeiten,häufig auch einseitigekörperliche oder mentale Belastungenund Parallelbelastungen durch Familieund Beruf maßgebend sein.Gutverdienende ....Gegenüber den Pflichtversicherten sindbei den freiwillig Versicherten besondersniedrige Fehlzeiten zu registrieren.Diese durch höhere Qualifikationen, höhereEinkommen und oft auch größereindividuelle Gestaltungsspielräume inihren Arbeitsaufgaben gekennzeichneteVersichertengruppe wies mit 5,8 Tagen(-0,2 Tage zum Vorjahr) nicht einmal dieHälfte des AU-Volumens der beschäftigtenPflichtmitglieder auf. Während dieFehltage freiwillig versicherter Männerim Vergleich zum Vorjahr konstant blieben,sank die Zahl der Krankheitstagebei den Frauen deutlich um einen Tag.Nachdem sich in den vergangenenJahren das Krankheitsniveau beiderGeschlechter in Führungsberufen angenäherthatte, waren Frauen 2009 rundeinen Tag weniger krank geschrieben alsihre männlichen Kollegen. Dies ist umsobemerkenswerter, da davon auszugehen12 Beamtete Lehrer sind nicht bei <strong>BKK</strong>n versichert und somit nicht in dieser Statistik enthalten.13 vgl. Statistisches Bundesamt: Erwerbstätigenquoten der 15- bis unter 65-Jährigen mit Kindern unter 18 Jahren, Mikrozensus14 vgl. Rengers, Martina (2009): „Unterbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung im Jahr 2008“, in: Wirtschaft und Statistik, Ausgabe 9/2009,S. 886-907.


2.4 Berufliche und soziale Lage59Tabelle 7Teilzeitbeschäftigung und Arbeitsunfähigkeit in wichtigen BerufenAnteil TeilzeitArbeitsunfähigkeitVersichertengruppe Schlüssel Geschlecht Mitglieder in Berufsgruppe Fälle Tageje Mitglied je MitgliedSpeisenbereiter 41 Männer 3.674 13,1 % 0,68 10,0Frauen 14.588 45,9 % 1,18 19,3insgesamt 18.262 30,6 % 1,08 17,4Techniker 62 Männer 8.292 6,1 % 0,68 8,9Frauen 5.628 24,3 % 1,07 13,0insgesamt 13.920 8,7 % 0,84 10,6Warenkaufleute 68 Männer 8.695 6,9 % 0,71 9,5Frauen 104.252 42,4 % 0,99 15,7insgesamt 112.947 30,5 % 0,97 15,3Bank-, Versicherungskaufleute 69 Männer 3.152 5,3 % 0,75 9,0Frauen 31.705 29,5 % 1,09 12,0insgesamt 34.857 20,9 % 1,05 11,7Berufe des Nachrichtenverkehrs 73 Männer 6.490 27,9 % 0,86 11,5Frauen 23.558 53,1 % 1,10 16,6insgesamt 30.048 44,4 % 1,05 15,5Unternehmer 75 Männer 1.513 3,1 % 0,46 6,7Frauen 7.134 14,9 % 0,75 8,0insgesamt 8.646 9,0 % 0,70 7,8Bürofach-, Bürohilfskräfte 78 Männer 13.543 6,2 % 0,70 9,4Frauen 180.644 27,8 % 1,01 11,6insgesamt 194.187 22,3 % 0,98 11,5Übrige Gesundheitsdienstberufe 85 Männer 6.130 15,2 % 0,86 13,0Frauen 95.853 31,9 % 0,99 15,1insgesamt 101.982 29,9 % 0,99 15,0Sozialpflegerische Berufe 86 Männer 8.611 25,6 % 0,88 11,3Frauen 79.491 48,9 % 1,29 15,7insgesamt 88.102 44,9 % 1,25 15,3Lehrer 87 Männer 6.116 30,3 % 0,54 6,1Frauen 18.470 57,1 % 0,86 9,1insgesamt 24.585 46,8 % 0,78 8,3Reinigungsberufe 93 Männer 5.503 17,0 % 0,92 14,8Frauen 48.531 70,6 % 1,21 21,2insgesamt 54.034 53,5 % 1,18 20,6alle Berufe Männer 160.113 5,0 % 0,80 11,4Frauen 763.105 31,0 % 1,06 14,6insgesamt 923.217 16,3 % 1,01 14,0ist, dass auch in den oberen Hierarchienweiterhin ein Gefälle der beruflichenPosition zu Ungunsten der Frauen bestehtund Männer den größeren Teil derobersten Führungskräfte stellen. Dennochsteigt der Krankenstand auch in denhöher qualifizierten Tätigkeiten, was sichin den Ergebnissen einiger Berufe 2009erneut bestätigt (vgl. S. 26 und Kapitel3.1). Von der aus der Wirtschaftskriseentstandenen Umbruchsituation undder hiermit verbundenen Unsicherheitdes Arbeitsmarktes waren insbesondereauch männliche Führungskräftebetroffen, 15 was sich in teilweise überproportionalenZunahmen psychischerKrankheitsursachen niederschlägt (s.auch Spezial, S. 72 ff).Schaubild 25Arbeitsunfähigkeit nach Versichertenstatus30252015105014,214,6Pflichtvers.Beschäftigte20,317,7davonArbeiter12,49,7davonAngestellte14,611,4davonTeilzeitbeschäftigte5,1 6,0 22,8Freiwilligvers.Beschäftigte19,5Arbeitslose(nur ALG-I-Empfänger)AU-Tage je Mitglied - Bundesgebiet 200915 vgl. ZOIKE, Erika [u. a.]: <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2009 – Gesundheit in Zeiten der Krise, Essen.


60 2.4 Berufliche und soziale Lage.... und ArbeitsloseDie ALG-I-Empfänger hatten auch 2009– trotz des oben angesprochenen Rückgangsgegenüber 2008 – mit durchschnittlich20,9 Krankheitstagen denmit Abstand höchsten Krankenstandaller Versichertengruppen. Da Arbeitslosebei kürzeren Erkrankungen zumeistauf eine Krankmeldung verzichten, sindzwar die Fallzahlen bei Arbeitsunfähigkeitniedriger als bei Pflichtversichertenin Beschäftigung, die auftretenden Fällesind jedoch mit extrem langen Krankheitsdauernverbunden. Mit 31,4 Tagenwar die durchschnittliche Falldauer 2009mehr als zweieinhalbmal so hoch wie fürpflichtversicherte Angestellte und immernoch mehr als doppelt so hoch wie beiArbeitern.Nachdem im Vorjahr steigende Fallzahlenbei den Arbeitslosen zu beobachtenwaren, sank die Zahl der AU-Fälle 2009um drei auf 66,8 Fälle pro 100 Versicherte.Auch die durchschnittliche Falldauersank gegenüber den stark erhöhtenWerten des Vorjahres um 5,6 Tage aufein wieder etwas ‚normaleres’ Niveau fürdiese Gruppe. Zwar lag die durchschnittlicheKrankheitsdauer der arbeitslosenMänner im Schnitt um zweieinhalb Tageje Fall über der der Frauen, dennoch hattensie auf Grund niedrigerer Fallzahlenje Mitglied erstmals weniger Krankheitstageals erwerbslose Frauen. Offenbarumfasst die in 2009 gestiegene Anzahlder männlichen ALG-I-Empfänger unterden <strong>BKK</strong> Mitgliedern eine größereGruppe ohne jedwede AU-Meldung imBerichtsjahr.Die langen Krankheitsdauern bei Arbeitslosenweisen auf besondere Morbiditätsbelastungendieser Gruppe hin, was sichauch in der unten folgenden Betrachtungder Krankheitsarten bestätigt (vgl. S. 46ff.). Hierbei ist davon auszugehen, dasssich in dem deutlich schlechteren Gesundheitsstatussowohl Ursachen wieFolgen der Arbeitslosigkeit niederschlagen.16Krankheitsarten nachberuflicher und sozialer LageDie erheblichen Unterschiede im Umfangder Arbeitsunfähigkeit zwischenden einzelnen Versichertengruppen sindmit spezifischen Morbiditätsstrukturenverbunden (vgl. Tabelle 8 sowie Tabelle2 im Anhang). Muskel- und Skeletterkrankungenbilden bei allen Versichertengruppen– mit Ausnahme derAngestellten – den auffälligsten Erkrankungsschwerpunkt,der bei Arbeitern(32 % der AU-Tage) und Arbeitslosen(30 % der AU-Tage) am größten ist.Auch bei Teilzeitbeschäftigten werdenmehr als ein Viertel der AU-Tage durchKrankheiten des Muskel-Skelett-Systemsverursacht. Bei Angestellten undfreiwilligen Mitgliedern fällt der Anteilmit 19 bzw. 21 % der Krankheitstagedeutlich geringer aus. Körperlicher Verschleißund die mit gewerblichen Tätigkeitenhäufig verbundenen gesundheitlichenBelastungen wie schwere odereinseitige körperliche Arbeit, Zwangshaltungenam Arbeitsplatz oder auchArbeit im Freien schlagen sich in diesenUnterschieden nieder.Nach Muskel- und Skeletterkrankungenentfällt bei Arbeitern der zweitgrößteAnteil an AU-Tagen mit gut 17 % aufVerletzungen und Vergiftungen. Da beiArbeitern die Unfallgefahr am Arbeitsplatzam höchsten ist, spielt diese Diagnosegruppenaturgemäß bei den anderenVersichertengruppen eine deutlichgeringere Rolle. Bei Angestellten, Teilzeitbeschäftigten,freiwilligen Mitgliedernund Arbeitslosen liegen die Anteileder verletzungsbedingten AU-Tage nurzwischen 9 und 11 %. Bis auf die ALG-I-Empfänger (+ 0,4 %) nahm der Anteilder durch Verletzungen und Vergiftungenbedingten Krankheitstage bei allenVersichertengruppen im Vergleich zumVorjahr ab.Die psychischen Störungen bestimmeninsbesondere bei Arbeitslosen dasKrankheitsgeschehen. Inzwischen wirdbei diesen jeder vierte AU-Tag hierdurchverursacht, 2007 war es noch jederFünfte (21 %). Auch bei den Angestelltenund bei den Teilzeitkräften bildendiese Krankheitsursachen mit Anteilenvon rund 15 % bzw. 13 % (2008: 14 %bzw. 12 %) immerhin die drittstärksteErkrankungsgruppe. Der Trend der Zunahmepsychischer Erkrankungen setztsich auch 2009 fort. Bei den Arbeitslosensank zwar die Zahl der hierdurch verursachtenKrankheitstage um rund einenTag, was sich bei ihnen indes auf demHintergrund des allgemeinen Rückgangsder AU-Tage relativiert.Bei Angestellten und freiwillig Versichertenfallen auch die Krankheiten desAtmungssystems mit rund 20 % derAU-Tage stärker ins Gewicht – allerdingsnur in Bezug auf den Anteil. Dieabsolut durch diese Erkrankungen verursachtenAusfalltage liegen bei ihnenauch in dieser Diagnosegruppe unter denenbei Arbeitern. Bei den Angestelltenbilden die Atemwegserkrankungen gardie wichtigste Krankheitsgruppe. Wieim Vorjahr resultiert der hohe Anteil derAtemwegserkrankungen bei Angestelltenund freiwillig Versicherten lediglichaus dem insgesamt deutlich niedrigerenVolumen der Arbeitsunfähigkeit. Generelllässt sich feststellen, dass der Anteilvon Atemwegserkrankungen immerdann hoch ist, wenn die Gesamtsummeder Fehltage in der betrachteten Gruppeniedrig ist – ein Befund, der sich späterauch in der Analyse von Branchen undBerufen (vgl. Kapitel 3.3) wiederfindet.Extreme Unterschiede zwischenArbeitslosen und BeschäftigtenEssentiellere Unterschiede zeigen sichzwischen Beschäftigten und Arbeitslosen,wie in Tabelle 8 dokumentiert ist.Arbeitslose weisen mit Ausnahme vonInfektionen und parasitären Erkrankungen,Verletzungen sowie Erkrankungendes Atmungssystems mehr Krankheitszeitenals die beschäftigten Versichertenauf.Extreme Unterschiede finden sich –wie angesprochen – bei psychischenStörung en. Diese verursachen bei Arbeitslosengut das Dreieinhalbfache anAU-Zeiten im Vergleich zu den pflichtversichertenBeschäftigten und sogarneunmal so viele Krankheitstage wie beiden freiwillig Versicherten. Der mit 25 %besonders hohe Anteil der psychischenKrankheitsursachen übersteigt die Vergleichswerteder übrigen Gruppen beiweitem. Seit Jahren steigen die durchpsychische Erkrankungen ausgelöstenKrankheitstage an. Verantwortlich hierfürdürften nicht zuletzt zunehmendeFriktionen im beruflichen Umfeld derBetroffenen sein. Bei Arbeitslosen kannder Verlust des Arbeitsplatzes seelischeKrankheiten auslösen oder verstärken,


2.4 Berufliche und soziale Lage61Tabelle 8Arbeitsunfähigkeit nach Versichertenstatus und KrankheitsartenKrankheitsart Pflichtvers. davon Freiw. vers. ArbeitsloseBeschäftigteArbeiter AngestellteTeilzeit- Beschäftigte (ALG I-Empf.)beschäftigteAU-Tage je 100 MitgliederMuskel- und Skeletterkrankungen 366 575 214 362 120 632Krankheiten des Atmungssystems 247 258 227 232 116 152Verletzungen und Vergiftungen 194 300 114 140 67 185Psychische Störungen 153 134 164 176 58 524Krankheiten des Verdauungssystems 88 108 71 75 40 91Krankheiten des Kreislaufsystems 63 94 45 54 38 106Infektiöse und parasitäre Krankheiten 58 62 51 53 25 38Symptome und abnorme klinische Laborbefunde 56 64 47 57 23 72Neubildungen 55 54 50 77 33 82Krankheiten des Nervensystems 35 43 27 39 13 63Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett 27 27 32 19 8 23Krankheiten des Urogenitalsystems 26 24 25 36 10 26Krankheiten der Haut und Unterhaut 19 28 13 14 6 24Ernährung/Stoffwechsel 9 11 8 10 5 22Gesamt 1.438 1.814 1.129 1.402 584 2.095Krankheitsart Pflichtvers. davon Freiw. vers. ArbeitsloseBeschäftigteArbeiter AngestellteTeilzeit- Beschäftigte (ALG I-Empf.)beschäftigteAnteile an allen AU-Tagen in %Muskel- und Skeletterkrankungen 25,4 31,7 19,0 25,8 20,5 30,2Krankheiten des Atmungssystems 17,2 14,2 20,1 16,5 19,9 7,3Verletzungen und Vergiftungen 13,5 16,5 10,1 10,0 11,5 8,8Psychische Störungen 10,7 7,4 14,5 12,6 9,9 25,0Krankheiten des Verdauungssystems 6,1 5,9 6,3 5,4 6,8 4,4Krankheiten des Kreislaufsystems 4,4 5,2 4,0 3,9 6,5 5,0Symptome und abnorme klinische Laborbefunde 4,0 3,4 4,5 3,7 4,3 1,8Infektiöse und parasitäre Krankheiten 3,9 3,5 4,2 4,1 4,0 3,4Neubildungen 3,8 3,0 4,4 5,5 5,7 3,9Krankheiten des Nervensystems 2,4 2,4 2,4 2,8 2,2 3,0Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett 1,9 1,5 2,9 1,4 1,4 1,1Krankheiten des Urogenitalsystems 1,8 1,3 2,2 2,6 1,7 1,3Krankheiten der Haut und Unterhaut 1,3 1,6 1,1 1,0 1,1 1,1Ernährung/Stoffwechsel 0,7 0,6 0,7 0,7 0,8 1,1Gesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0ebenso können schwere psychische Erkrankungenschon vorher den Erhalt desArbeitsplatzes gefährdet haben. Untersuchungenweisen aber darauf hin, dasssich die psychische Befindlichkeit nachdem Verlust des Arbeitsplatzes auf jedenFall verschlechtert, während sie sich beiPersonen, die wieder eine neue Arbeitfinden, verbessert. Auf der anderen Seitezeigen sich Selektionseffekte, wonachPersonen mit psychischen Problemenein erhöhtes Risiko haben, arbeitslos zuwerden. 16Die größere Morbidität der Arbeitslosenzeigt sich auch in Krankheitsgruppen,die in der Summe nur einen sehrgeringen Anteil an den Arbeitsunfähigkeitstagenhaben, wie z. B. Stoffwechselerkrankungen.Mit diesen Diagnosenverzeichneten Arbeitslose fast dreimalso viele Krankheitstage wie Angestellteund viereinhalbmal so viele AU-Tage wiefreiwillig Versicherte. Sie verzeichneten16 EGGER, Andrea [u. a.] (2006): „Gesundheitliche Auswirkungen von Arbeitslosigkeit“, in: Arbeitsmedizin.Sozialmedizin.Umweltmedizin, Ausgabe01-2006, S.16-20.


62 2.4 Berufliche und soziale Lageauch über ein Drittel mehr Krankheitstagedurch Neubildungen (Krebserkrankungen)wie pflichtversicherte Beschäftigteund zweieinhalbmal so viele wie freiwilligversicherte Beschäftigte. Ähnlich starkunterscheiden sich beispielsweise auchdie Krankheitszeiten durch Herz- undKreislauferkrankungen oder Erkrankungendes Nervensystems.Die AU-Morbidität der Arbeitslosenzeichnet sich ferner, wie in Kapitel 2.1angesprochen, durch eine schon in denmittleren Altersgruppen sehr hohe Krankenquoteaus. Mehr als die Hälfte derKrankheitstage der ALG-I-Empfängerwurde durch Muskel- und Skeletterkrankungenund durch psychische Störungenausgelöst. Gerade in den mittleren Altersgruppenerfahren diese Diagnosender ALG-I-Empfänger noch einmal deutlicheZuwächse, wie Schaubild 26 verdeutlicht.Auch Herz- und Kreislauf-Diagnosentragen zum Anstieg der AU-Fälleund -Tage der ALG-I-Empfänger ab 45Jahren bei. Die AU-Morbidität nimmt erstbei den über 60-Jährigen ALG-I-EmpfängerInnenspürbar ab, was auf das weiternach hinten geschobene Ausscheidender Beschäftigten mit gesundheitlichenEinschränkungen aus dem Arbeitsmarktdurch Frühberentungen bzw. den Übergangin den ALG-II-Bezug hindeutet. DenEnde 50-Jährigen mit gesundheitlichenEinschränkungen hingegen bleibt offenbarimmer seltener der Ausweg in dieFrühverrentung, eher geraten sie in dieArbeitslosigkeit.Krankenhausbehandlung nachVersichertengruppenbei den Angestellten am größten. Beiden Arbeitslosen (-0,9 %) und nochdeutlicher bei den freiwillig versichertenBeschäftigten (-9,0 %) sanken die Fallzahlen.Betrachtet man die arbeitslosenVer sicherten gesondert, zeigt sich einunterschiedliches Bild: Während die Zahlder Krankenhauseinweisungen bei denALG-II-Empfängern im Vergleich zumVorjahr um 7 % zunahm, sank sie bei denALG-I-Empfängern um 12 %.Schaubild 26Arbeitsunfähigkeit der Empfänger von Arbeitslosengeldnach Alter und Krankheitsarten (Tage)2.0001.8001.6001.4001.2001.0008006004002000AU-Tage je 100 ALG-I-Empfänger - Bundesgebiet 2009Schaubild 27Krankenhausfälle nach VersichertenstatusStationäre Aufenthalte vonArbeitslosenAuch beim Krankheitsgeschehen spieltArbeitslosigkeit wieder eine herausragendeRolle. Arbeitslose Versicherte(hier werden ALG-I- und ALG-II-Empfängerzusammen betrachtet) müssen sichgegenüber pflichtversicherten Beschäftigtendoppelt sooft einer Krankenhausbehandlungunterziehen und verbringenBei der Betrachtung der stationärenVersorgung nach Versichertengruppenwerden lediglich die Altersgruppen zwischen15 und 65 Jahren berücksichtigt,um einen Bezug zu den Belastungen derArbeitswelt und auch zur Arbeitslosigkeitherzustellen (vgl. Schaubild 27, Tabelle 10im Anhang). Bei den Frauen werden dieFamilienversicherten eingeschlossen, dasie häufiger als männliche Versicherte –zu etwa 30 % dieser Altersgruppe – nichtselber, sondern z. B. über den Ehepartnerkrankenversichert sind.124,6122,8 125,9 117,6103,391,4113,8 125,8 75,1 85,8 237,1235,1123,5Während die Anzahl der Krankenhaustagepro Fall weitgehend konstant gebliebenist, erhöhte sich die Anzahl derFälle pro 1.000 Versicherte bei denbeschäftigten Pflichtmitgliedern. Miteinem Plus von 2,0 % war der AnstiegFamilienangehörigePflichtversicherteBeschäftigtedavonArbeiterdavonAngestelltedavonTeilzeitbeschäftigteKH-Fälle je 1.000 (15 - bis unter 65-Jährige) - Bundesgebiet 2009Freiw. vers.Beschäftigte Arbeitslose


2.4 Berufliche und soziale Lage63gegenüber diesen sogar die zweieinhalbfacheZeit im Krankenhaus. Wie schonbei der Betrachtung der Arbeitsunfähigkeitzeigt sich 2009 ein umgekehrtes Bild:die männlichen Arbeitslosen (235 Fälle)weisen auch im stationären Krankheitsgeschehendie niedrigere Morbidität imVergleich zu den Frauen (237 Fälle) auf.Im Vergleich zum Vorjahr sank die Fallzahlder Arbeitslosen um 2 Fälle. Die Fallzahlender ALG-II-Empfänger (230 Fälle pro1.000 Versicherte, +15) näherten sich denender ALG-I-Empfänger (245 Fälle, -33)durch die entgegen gesetzte Richtungder Entwicklung weiter an.Häufigste Gründe für einen Krankenhausaufenthaltsind sowohl bei arbeitslosenMännern als auch bei arbeitslosen Frauenpsychische Erkrankungen (F00-F99).Hierbei überstieg die Fallhäufigkeit derMänner mit 67,1 Fällen je 1.000 Versicherten(-5,2 gegenüber 2008) dieder Frauen (47,8 Fälle, +0,6) um 40 %.Bei Männern stehen Langzeittherapienin Zusammenhang mit Alkoholkrankheitenim Vordergrund. Insgesamt warenArbeitslose aber auch von allen anderenKrankheitsarten häufiger betroffenals beschäftigte Versicherte und Familienangehörige.Auch die Verweildauerwar bei ihnen mit durchschnittlich 10,3Tagen deutlich höher als bei den Pflichtversicherten(8,1 Tage) und den freiwilligVersicherten (7,5 Tage).Zwar haben sich die Unterschiede in derMorbidität zwischen den Arbeitsloseneinerseits und den Erwerbstätigen undFamilienversicherten andererseits 2009anders als im Vorjahr verringert. DieserRückgang ist jedoch – ähnlich wie bei derArbeitsunfähigkeit – dem besonders hohenMorbiditätsniveau der arbeitslosen<strong>BKK</strong> Mitglieder im Vorjahr geschuldet.Stationäre Aufenthaltevon pflicht- und freiwilligversicherten Männern undFrauenSchaubild 28.1Krankenhausfälle nach ICD-Hauptgruppen (Frauen)50,045,040,035,030,025,020,015,010,05,0016,010,38,013,414,48,9PflichtversicherteBeschäftigte17,27,68,612,015,68,1davonTeilzeitbeschäftigte15,15,25,27,39,5Fälle je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 20095,2Freiwillig vers.BeschäftigeSchaubild 28.2Krankenhausfälle nach ICD-Hauptgruppen (Männer)80,070,065,060,055,050,045,040,035,030,025,020,015,010,05,0011,111,015,316,415,613,8PflichtversicherteBeschäftigte15,97,820,216,214,411,6davonTeilzeitbeschäftigteFälle je 1.000 Versicherte - Bundesgebiet 200910,03,720,747,812,822,824,215,3Arbeitslose12,912,010,78,7Freiwillig vers.Beschäftige15,913,013,267,17,614,810,89,8den pflichtversicherten Männern lagendie stationären Fallzahlen der Teilzeitbeschäftigtenüber dem Durchschnitt (126gegenüber 123 Fällen je 1.000 Versicherte).Dahinter steht zugleich eine großeHeterogenität dieser Gruppe auch in Bezugauf den Gesundheitsstatus. Währendihre mittlere AU-Morbidität eher moderatausfiel, arbeitet offenbar ein Teil dieserGruppe wegen schwer wiegender, oftchronischer Erkrankungen (z. B. Tumorer-Familienangehörige23,725,321,922,7ArbeitsloseAuch zwischen den weiteren Versichertengruppengab es im Hinblick auf ihrestationäre Versorgung deutliche Unterschiede.Mit 235 Fällen je 1.000 Versichertewaren arbeitslose Männer amhäufigsten im Krankenhaus, am seltenstenmännliche Angestellte mit 91 Fällen.Freiwillig versicherte Beschäftigte warenseltener im Krankenhaus als pflichtversicherteBeschäftigte (84 gegenüber124 Fällen je 1.000 Versicherte). Unterkrankungen, s. u.) in Teilzeit. Hiermit sindauch stationäre Therapien verbunden,die sich in dieser relativ kleinen Gruppe inden Kenngrößen entsprechend wiederfinden.Bei den Frauen, die eher aus familiärenund seltener aus gesundheitlichenGründen eine Teilzeitstelle suchen, wardieser Unterschied dagegen geringer.Mit 114 gegenüber 125 Fällen je 1.000Versicherte wurden für weibliche Teilzeitkräftesogar weniger Krankenhausfälle


64 2.4 Berufliche und soziale Lagegemeldet. Arbeiterinnen und weiblicheAngestellte wurden häufiger, freiwilligversicherte Frauen hingegen weniger alsMänner in den jeweiligen Statusgruppenstationär behandelt.Bei Arbeitern und Angestellten nahmendie Fallzahlen bei den Männern stärkerals bei Frauen zu. In der Gruppe der freiwilligversicherten Beschäftigten sankdie Zahl der Krankenhausfälle bei Frauenum 23 %, bei Männern „lediglich“um 6 %. Bei den Arbeitslosen zeigensich wiederum Unterschiede: Bei denALG-II-Empfängerinnen fiel der Anstiegder stationären Einweisungen gut 8 %deutlicher aus als bei den Männern (rund6 %). Männliche ALG-I-Empfänger wiesendagegen 21 % weniger Fälle als imVorjahr auf, Frauen dieser Statusgruppeverzeichneten einen Rückgang um lediglich0,6 %.Nicht nur bei der Krankheitshäufigkeit,sondern auch bei den Krankheitsartensind Unterschiede zwischen denVer sichertengruppen feststellbar (vgl.Schaubilder 28.1 und 28.2). ArbeitsloseMänner und männliche Teilzeitbeschäftigtewurden deutlich häufiger als dieübrigen Gruppen wegen Neubildungen(C00-D48) und Herz-/Kreislauferkrankungen(I00-I99) stationär behandelt,ein Befund der die Selektionsmechanismenin diesen Gruppen bestätigt. Dieweiblichen Teilzeitbeschäftigten wiesenebenfalls gegenüber dem Durchschnittder Pflichtversicherten eine etwas erhöhteFallzahl bei Neubildungen auf, dieaber bei den Arbeitslosen noch stärkerausgeprägt waren. Insgesamt liegt jedochdas Tumorrisiko bei Frauen – auchunabhängig vom sozialen Status – bereitsin jüngeren Altersgruppen deutlich höherals bei Männern, wie bereits in Kapitel 2.1ausgeführt. Während Krebserkrankungenzu den häufigeren Behandlungsursachensowohl bei den pflicht- wie auchbei den freiwillig versicherten Frauengehören, waren bei ihnen Verletzungen,Krankheiten des Verdauungssystemsund des Bewegungsapparates seltenerals bei Männern Anlass für eine stationäreBehandlung.Bei den Männern weisen die freiwilligVersicherten über alle Diagnosegruppeneinen deutlich besseren Gesundheitszustandauf als die pflichtversichertenBeschäftigten. Besonders selten liegenbei ihnen psychische Störungen alsKrankenhausdiagnosen vor, die bei denpflichtversicherten Männern fast dreimalso häufig zu stationären Behandlungenführten.In den Gesamtergebnissen bestätigendie stationären Behandlungsdaten denauch in den Ergebnissen zur Arbeitsunfähigkeitbereits aufgezeigten Zusammenhangvon höheren Krankheitslasten beischlechterer sozialer Lage. Dies schließtnicht aus, dass – worauf einzelne Befundehindeuten – auch in Gruppen mitgutem Einkommen spezifische Erkrankungsrisikendurchaus vorliegen bzw.zunehmen.


3Arbeitswelt


663. ArbeitsweltDie Arbeitsumwelt beeinflusst die gesundheitlicheLage der erwerbstätigenBevölkerung in hohem Maße und bestimmthiermit letztlich auch die Arbeitsfähigkeitder Beschäftigten bis ins höhereErwerbsalter maßgeblich mit. In Kapitel 2wurden bereits die beträcht lichen tätigkeitsspezifischenUnterschiede in deraltersbezogenen Morbidität aufgezeigt.In diesem Kapitel wird die Beziehungzwischen der beruflichen Tätigkeit unddem Gesundheitszustand ausführlicherbetrachtet, denn hiervon hängt letztlichdie Chance der Beschäftigten, bis zumRentenalter aktiv arbeiten zu könnenund dieses Alter einigermaßen gesundzu erreichen, entscheidend ab. Hierbeistehen die Unterschiede nach Branchenund Berufen im Mittelpunkt. Weiteregesundheitsrelevante Parameter wieLebenslage, Umwelt oder individuellesGesundheitsverhalten können auf Grundder Datenlage an dieser Stelle nicht berücksichtigtwerden.Wachsende Leistungsanforderungenbei zum Teil körperlichen Fehlbelastungen,sei es durch Bewegungsmangeloder körper lich einseitige Tätigkeiten,vor allem aber die stark steigenden psychischenAnforderungen an sich ständigwandelnden und häufig unsicherenArbeitsplätzen (vgl. Spezial auf S. 107)drohen die für eine längere Lebensarbeitszeitbenötigte Lebensenergie derBeschäftigten zu unterminieren. Ge radeUnternehmen im wachsenden Wirtschaftsbereichder wissensbasiertenDienstleistungen sind auf qualifiziertenMitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesenund benötigen hierbei ein nachhaltigesPersonal- und Gesundheitsmanagementfür alle Altersgruppen ihrerBeschäftigten. Dies gilt letztlich aber füralle Branchen, in denen Fachkräfte benötigtund zukünftig rarer werden. Auch die(noch) jungen Branchen werden altern,wie es beispielhaft anhand der Entwicklungder IT- und Medienbranche im Spezialauf S. 72 veranschaulicht wird. SteigendeKrankenstände, insbesondere derpsychisch verursachten Anteile, auch beiden hochqualifizierten Tätigkeitsgruppensind den steigenden Stressbelastungenund den Unsicherheiten des Arbeitsmarktesgeschuldet.Den Schwierigkeiten im Umgang mit Veränderungen– Mitarbeiter wollen Veränderungenund wollen sie zugleich nicht– widmet sich praxisnah ein weitererThemenbeitrag auf S. 79 zu praktischenFragen des demografischen Wandelsin den Unternehmen. Hierbei werdenbesonders die Chancen motivierenderGesundheitsgespräche aufgezeigt, umden Mitarbeiter(inne)n auch individuellgerecht werden zu können. Außerdemwerden die wachsenden Altersunterschiedein den Belegschaften und denTeams das <strong>betriebliche</strong> Personal- undGesundheitsmanagement vor neue Aufgabenstellen (vgl. Spezial S. 83).Gesundheit – auch die psychische Gesundheit– zu erhalten, zu fördern oderwiederherzustellen ist vor allem einegemeinsame Aufgabe verschiedenerAkteure, innerhalb der Betriebe undaußerhalb im Bereich der medizinischenund psychotherapeutischen Versorgung(vgl. Spezial S. 116). Mehr Kooperationund Begegnung von Betriebsärzten, <strong>betriebliche</strong>nSozialarbeitern, Hausärztenund Psychotherapeuten werden hier zuRecht angemahnt.Die Analysen zur gesundheitlichen Lagevon <strong>BKK</strong> Mitgliedern im Kontext ihresberuflichen Umfeldes basieren auf denArbeitsunfähigkeitsdaten von insgesamtetwa 5,7 Mio. beschäftigten <strong>BKK</strong>-Mitgliedern– 3,2 Mio. Männern und 2,5Mio. Frauen. Nach Versichertengruppenunterteilen sich die erwerbstätigen <strong>BKK</strong>-Mitglieder in 5,1 Mio. Pflichtversicherteund 560 Tsd. freiwillige Mitglieder mitKrankengeldanspruch nach 6 Wochen.Die <strong>BKK</strong>-Statistik 2009 repräsentiertinsgesamt rund 21 % der sozialversicherungspflichtigBeschäftigten in Deutschland(vgl. Anhang, Tabelle 4a).


673.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenVersichertenstrukturDer Arbeitsmarkt und die Beschäftigungsstrukturenhaben sich in den letztenbeiden Jahrzehnten erheblich gewandelt:„Technische Revolutionen“ werdenlängst begleitet oder überholt von denEntwicklungen und Umwälzungen im Informations-und Wissensmanagement.Bereits seit langer Zeit nehmen die Arbeitsplätzein der Industrie stetig ab,während die Bedeutung neuer, zunehmendwissensbasierter Dienstleistungen– die sogenannte „Wissensökonomie“– in der Wirtschaft und im Arbeitsmarktkontinuierlich wächst. Hiermit wird sichder schon in früheren Berichten thematisiertesektorale Strukturwandel 1 nochweiter forcieren. Es verändern sich nichtnur berufliche Tätigkeiten in ungeheuremAusmaß, diese Veränderungen habennatürlich auch Auswirkungen auf denGesundheitszustand und die – geradeauch unter demografischen Aspektenso bedeutsame – Perspektive einer überlängere Erwerbsjahre zu erhaltenden Arbeitsfähigkeitder Beschäftigten. So werdenan dieser Stelle die Ausprägungender Fehlzeiten nach Branchen 2 und Berufenauch unter diesen Gesichtspunkteneiner detaillierten Analyse unterzogen.Grundlage für diesen Bericht sind dieDaten von knapp 5,7 Mio. beschäftigten<strong>BKK</strong>-Mitgliedern. Hiervon warenSchaubild 29Arbeitsunfähigkeitstage nach WirtschaftsgruppenAbfallbeseitigung und RecyclingVerkehrGlas, Keramik, Steine/ErdenÖffentl. Verwaltung, SozialversicherungPostdiensteMetallerzeugungBaugewerbeNahrung, GenussTextil, Bekleidung, LederHolz, Papier, DruckChemieGesundheits- u. SozialwesenMetallverarbeitungEnergie- und WasserwirtschaftHandelDienstleistungenTelekommunikationGastgewerbeErziehung und UnterrichtKredit- und VersicherungsgewerbeVerlage und MedienInformationsdienstl., DatenverarbeitungAU-Tage je beschäftigtes PflichtmitgliedGesamt 2008 13,4 14,4 Gesamt 20098,78,58,58,210,910,218,617,017,515,716,716,116,417,916,315,515,814,415,814,415,614,214,7 15,514,2 15,314,613,414,214,113,913,513,112,013,011,812,812,311,312,011,40 5 10 15 20 252008 200914,920,4 20,91 vgl. ZOIKE, Erika [u. a.] (2004): Gesundheit und sozialer Wandel, Essen. und ZOIKE, Erika [u. a.] (2006): Demografischer und wirtschaftlicher Wandel– gesundheitliche Folgen, Essen.2 Der Darstellung der Wirtschaftsgruppen liegt die neue, in der amtlichen Arbeitsmarktstatistik seit 2008 gebräuchliche, Systematik der Wirtschaftszweige(WZ 2008) zu Grunde. Hierbei wurden auch neue Wirtschaftsgruppen berücksichtigt (z. B. Verlage und Medien). Die Wirtschaftszweigeklassifikationweist im Vergleich zur vorherigen WZ 2003 systematische Veränderungen auf, sodass auf der neuen Systematik basierende Analysenund Berechnungen nicht mehr uneingeschränkt vergleichbar sind. Damit sind Abweichungen vom vorjährigen Report möglich. Die differenzierteBerücksichtigung von Wirtschaftszweigen erfolgt wie bisher unter der Maßgabe einer in statistischer Hinsicht ausreichenden Besetzung der einzelnenBranchen.


68 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenTabelle 9Arbeitsunfähigkeitstage und demografische Merkmale nach Branchen 2009Je pflichtversichert Je insg. versicherten Frauenanteil Durchschnittsalter derBeschäftigten Beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitgl. Beschäftigten <strong>BKK</strong>-Mitgl.Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen % Frauen Gesamt Männer FrauenLand- und Forstwirtschaft 12,8 12,4 13,4 12,6 12,2 13,3 37,5 % 37,3 37,2 37,5Nahrung, Genuss 15,8 15,4 16,1 15,3 14,8 16,0 46,3 % 38,6 39,1 38,2Textil, Bekleidung, Leder 15,6 16,4 14,9 15,0 15,3 14,7 51,6 % 41,5 42,3 40,7Holz, Papier, Druck 15,5 15,9 14,2 14,9 15,2 14,0 25,3 % 40,9 41,2 39,9Holzgewerbe (ohne Herst. v. Möbeln) 14,5 15,1 11,8 14,1 14,7 11,7 18,6 % 38,5 38,4 39,0Papiergewerbe 16,1 16,5 14,4 15,3 15,6 14,1 19,7 % 41,9 42,4 40,2Druck 15,4 15,7 14,7 14,9 15,0 14,5 32,9 % 40,9 41,5 40,0Chemie 15,3 15,9 14,1 13,8 14,0 13,2 26,4 % 42,1 42,9 40,1Kokerei, Mineralölverarbeitung 13,4 13,5 12,6 11,6 11,7 11,3 15,7 % 42,1 42,8 38,4Chemische Industrie 15,4 16,3 13,6 13,6 14,0 12,6 28,1 % 42,6 43,6 40,1Gummi- und Kunststoffwaren 15,5 15,5 15,4 14,7 14,5 15,0 24,5 % 41,0 41,1 40,6Glas, Keramik, Steine/Erden 17,5 18,2 14,8 16,7 17,3 14,5 20,3 % 42,6 43,0 41,3Metallerzeugung 16,3 16,6 14,4 15,5 15,8 13,9 15,7 % 41,3 41,4 40,7Metallerzeugung und -bearbeitung 17,5 17,9 14,0 16,4 16,8 13,3 10,6 % 43,0 43,3 40,9Herstellung von Metallerzeugnissen 15,4 15,6 14,5 14,8 14,9 14,2 19,7 % 40,0 39,8 40,6Metallverarbeitung 14,2 14,0 14,6 12,7 12,4 13,8 18,7 % 41,6 42,0 39,8Elektronische und Elektrotechn. Fertigung 13,7 12,6 15,9 11,7 10,4 14,8 29,6 % 41,6 41,7 41,3Maschinenbau 13,8 14,3 11,3 12,7 13,0 10,8 15,9 % 40,8 41,1 39,1KFZ-Bau 14,6 14,4 15,6 13,2 13,0 14,7 14,7 % 42,1 42,7 38,8Sonstiger Fahrzeugbau 15,1 15,7 11,5 13,3 13,7 10,8 14,0 % 40,7 41,2 38,2Möbel u. sonstige Erzeugnisse 13,1 13,0 13,3 12,6 12,3 13,1 40,9 % 38,9 39,1 38,6Energie- und Wasserwirtschaft 13,9 14,0 13,5 12,4 12,2 12,9 23,7 % 42,3 43,1 39,6Abfallbeseitigung und Recycling 20,9 22,3 14,6 20,4 21,7 14,4 17,7 % 42,2 42,8 40,0Baugewerbe 15,8 16,7 10,6 15,6 16,4 10,5 14,4 % 37,7 37,5 39,1Handel 13,1 12,5 13,5 12,7 11,9 13,4 52,1 % 37,9 37,9 37,9KFZ-Werkstätten 13,1 13,6 11,4 12,8 13,2 11,3 20,9 % 36,1 36,1 36,1Grohandel 11,9 12,2 11,5 11,3 11,2 11,3 39,0 % 39,5 40,2 38,5Einzelhandel 13,8 12,1 14,5 13,6 11,7 14,4 71,4 % 37,5 36,4 37,9Verkehr 18,6 19,0 17,2 18,2 18,6 16,9 23,2 % 41,6 42,4 39,0Landverkehr 20,3 20,1 21,5 20,1 19,9 21,3 16,4 % 43,2 43,7 40,7Schiff- und Luftfahrt, Sonstige 17,1 18,0 15,1 16,6 17,3 14,9 28,7 % 40,5 41,3 38,3Postdienste 16,4 14,2 17,9 16,3 14,1 17,8 59,1 % 42,6 40,0 44,6Gastgewerbe 12,3 10,1 13,9 12,3 10,0 13,8 58,9 % 34,3 33,6 34,8Verlage und Medien 8,7 7,6 9,4 8,2 7,0 9,1 56,8 % 38,4 38,9 38,1Telekommunikation 12,8 12,4 14,1 11,8 11,3 13,6 22,9 % 42,7 43,8 38,9Informationsdienstl. Datenverarbeitung 8,5 7,4 10,2 7,7 6,7 9,8 33,8 % 38,0 38,3 37,4Kredit- und Versicherungsgewerbe 10,9 9,0 11,7 10,0 8,0 11,3 60,0 % 38,9 40,1 38,1Dienstleistungen 13,0 13,3 12,7 12,3 12,2 12,4 50,8% 37,9 38,3 37,6Grundstücks- und Wohnungswesen 12,3 12,4 12,2 11,8 11,6 12,0 52,9 % 41,5 43,2 40,0Freiberufl., wissensch. u. techn. Dienstl. 9,1 8,4 9,6 8,5 7,5 9,4 54,9 % 37,9 39,3 36,9Vermittl. u. Überlassung v. Arbeitskräften 17,3 17,7 16,5 17,2 17,6 16,5 34,9 % 35,3 35,1 35,6sonstige wirtschaftliche Dienstl.* 16,6 16,1 16,9 16,3 15,7 16,8 51,8 % 39,5 39,6 39,3Öffentl. Verwaltung, Sozialversicherung 16,7 16,1 17,0 16,6 16,0 17,0 60,9 % 42,4 43,7 41,7Erziehung und Unterricht 12,0 9,8 12,9 11,9 9,7 12,9 68,7 % 37,3 35,2 38,3Gesundheits- u. Sozialwesen 14,6 13,7 14,8 14,5 13,3 14,8 82,2 % 38,0 39,6 37,7Gesundheitswesen 12,7 13,3 12,6 12,6 12,9 12,6 84,8 % 37,1 39,8 36,6Sozialwesen 17,9 14,1 19,0 17,8 13,9 18,9 77,9 % 39,5 39,3 39,6Kultur, Sport und Unterhaltung 13,4 13,4 13,4 13,3 13,1 13,4 53,5 % 38,4 38,7 38,2Gesamt 14,4 14,6 14,2 13,5 13,3 13,8 43,6 % 39,4 40,2 38,4* ausgenommen Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen692009 gut zwei Mio. bzw. 35,3 % (mit-0,5 erstmals wieder rückläufig) inDienstleistungsbranchen wie Handel,Banken, Post und Telekommunikation,Informations- und Unternehmensdienstleistungensowie im Medienbereich tätig.Dies bedeutete einen spürbaren Beschäftigungsrückgangdieser über langeZeit stets gewachsenen Branchen, wasim Wesentlichen eine Folge der Wirtschaftskrise2009 sein dürfte. Der Beschäftigungsrückgangkonzentrierte sichvor allem auf Banken und Versicherungensowie etwas weniger ausgeprägt aufden Handel. Dagegen arbeiteten zwarnur 28,9 % der <strong>BKK</strong> Mitglieder im produzierendenGewerbe, hiermit verzeichnetedieser Bereich aber erstmals wiederleichte Zuwächse (+0,4). Diese resultiertenausschließlich aus der Entwicklungder metallverarbeitenden Unternehmen(+0,6, s. u.) und scheinen eine positiveFolge der dort in der Krisensituation 2009verbreiteten und politisch gefördertenMaßnahmen zur Beschäftigungssicherungdurch Kurzarbeit zu sein. Im Gesundheitswesen,dem Bildungsbereichund in den öffentlichen Verwaltungenwaren zusammen 17,5 % (+0,3) tätig.Die leichten Zuwächse rekurrierten hierauf die Bereiche Gesundheit, Sozialesund Bildung. Die übrigen <strong>BKK</strong> Mitgliederverteilten sich auf andere Bereiche wieVerkehr, Energie- und Wasserwirtschaft,Baugewerbe, Landwirtschaft und andereWirtschaftszweige.Gemessen am <strong>BKK</strong> Mitgliederanteilstellt die Metallverarbeitung mit 15,6 %die zahlenmäßig stärkste Branche im<strong>BKK</strong> System dar (vgl. auch Tabelle 4aim Anhang), die als einzige der produzierendenWirtschaftszweige einengewachsenen Beschäftigtenanteil (+0,6)aufwies (s. o.). Hier stieg – anders als inden o. g. Dienstleistungsbranchen dasDurchschnittsalter der Beschäftigten umimmerhin ein halbes Jahr auf 41,6 Jahre(s. Tabelle 9), während die Arbeitsunfähigkeitnahezu konstant blieb (vgl.Schaubild 29). Eine weitere Ausnahmebildet die Telekommunikationsbranche,in der das durchschnittliche Alter derBeschäftigten ebenfalls um ein halbesJahr zunahm, die Fehlzeiten sich jedochim Vergleich zum Vorjahr um rund zweiTage verringerten. Danach folgen derHandel mit 13,0 % und die Dienstleistungenmit 11,3 %. Die viert stärksteWirtschaftsgruppe bilden mit 9,9 % dasGesundheits- und Sozial wesen (+0,3 %).Die traditionell höchsten Anteile der<strong>BKK</strong> Mitglieder gemessen an allen sozialversicherungspflichtigBeschäftigtenfinden sich bei der Telekommunikationmit knapp 48 % und bei den Postdienstenmit 44 %. Ein Drittel aller Beschäftigtenin der Metallverarbeitung – imZweig KFZ-Bau sogar über die Hälfte– sowie jeweils rd. 30 Prozent in derEnergie- und Wasserwirtschaft sowiein der Chemiebranche sind in einer <strong>BKK</strong>versichert, wobei es in der Kokerei undMineralölverarbeitung als Zweig derChemiebranche sogar für die Hälfte derdort Beschäftigten gilt. Eine Übersichtüber die Mitgliederstruktur der <strong>BKK</strong>nnach allen Wirtschaftszweigen und ihrenjeweiligen Anteilen an den Beschäftigtenin Deutschland ist der Tabelle 4a im Anhangzu entnehmen.Der Frauenanteil der beschäftigten<strong>BKK</strong> Mitglieder erreichte wie im Vorjahr43,6 % und liegt hiermit gut zwei Prozentunter dem mittleren Anteil bei allen sozialversicherungspflichtigBeschäftigtenvon 45,8 %. Das Durchschnittsalter lag2009 bei 39,4 Jahren (-0,5 zum Vorjahr),wobei die Frauen mit 38,4 Jahren (-0,8)im Mittel deutlich jünger waren als dieMänner (40,2 Jahre, -0,2). Das Durchschnittsalterin den Branchen ist der nebenstehendenTabelle 9 zu entnehmen.Die „jüngste“ Branche ist das Gastgewerbemit 34,3 Jahren (-0,6). Mit einigemAbstand folgen das Gesundheitswesen(37,1 Jahre, -0,8), hier waren dieMänner mit 39,8 Jahren über drei Jahreälter als die Frauen, sowie der BereichErziehung und Unterricht, der mit 37,3Jahren im Schnitt um beachtliche eineinhalbJahre jünger besetzt ist als noch in2008. Hier liegt zudem das mittlere Alterder Männer (35,2 Jahre) um drei Jahreunter dem Durchschnitt der Frauen.Altersbezogen waren die Entwicklungenin den Branchen 2009 sehr unterschiedlich.Während das mittlere Alterder beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitglieder von39,9 auf 39,4 Jahre um ein halbes Jahrsank, wurden die Belegschaften in einigenproduzierenden Gewerben (Chemie:42,1 Jahre, +0,6; Metallverarbeitung:41,6 Jahre, +0,5), besonders durch dieAltersentwicklung der männlichen Beschäftigten,um ein halbes Jahr „älter“.Auch das mittlere Alter der Männer in derWirtschaftsgruppe Glas/Keramik/Steine/Erden stieg um ein halbes Jahr auf nunmehr43 Jahre. Ähnlich verlief die Entwicklungin der Telekommunikation (42,7Jahre, +0,5). Dagegen sank das Durchschnittsalterim Bereich Kultur, Sport undUnterhaltung um annähernd zwei Jahre(im Mittel 38,4 Jahre, -1,8). Die zweitstärksteVerjüngung war wie oben schonerwähnt im Bereich Erziehung und Unterricht(37,3 Jahre, -1,5) zu beobachten.Trotz der stark verjüngten Beschäftigtenstrukturin diesen Bereichen stieg dortdie Arbeitsunfähigkeit im Berichtsjahr, imKunst- und Kulturbereich sogar um vierTage, bei zugleich auffallend rückläufigenBeschäftigtenzahlen. Die Entwicklungender Arbeitsunfähigkeiten nach Branchenund Berufen werden im Folgenden detailliertbeschrieben.


70 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenWirtschaftsgruppenergebnisseim ÜberblickBereits seit 2007 sind steigende Krankenständezu beobachten. Die durchschnittlichenFehltage der beschäftigtenPflichtmitglieder erhöhten sich in dieserZeit von 12,8 über 13,4 Tage in 2008 aufnunmehr 14,4 AU-Tage je Beschäftigten.Hiermit stieg auch der Krankenstand vonzunächst 3,5 % über 3,7 % auf zuletzt gut3,9 %.Dieser Trend spiegelt sich in den einzelnenBranchen allerdings sehr unterschiedlichwider (vgl. Schaubild 29).So sanken in der Telekommunikationsbranchedie Fehltage im Vergleichzu 2008 trotz des, v. a. bei den männlichenBeschäftigten, angestiegenenDurchschnitt alters sogar um mehr alszwei AU-Tage. Und während auch beiden Postdiensten – bei kaum veränderterAltersstruktur (mit einem Durchschnittsaltervon immerhin 42,8 Jahren, Frauensogar 44,6 Jahren!) – die krankheitsbedingtenFehltage um 1,5 deutlich sanken,nahmen sie bei den Beschäftigten derVerkehrsbe triebe (Alters durchschnitt:41,6 Jahre) um 1,6 Tage zu. Die deutlichstenZunahmen verzeichneten dieGlas-/Keramik-/Steine/ Erden-Industrienmit einem Anstieg um fast zwei Arbeitsunfähigkeitstageauf nun 17,5 Tage, unddies nachdem hier bereits im Vorjahr einfast ebenso deutlicher Anstieg zu verzeichnenwar. Allerdings war auch dasDurchschnittsalter in dieser ohnehinvergleichsweise alten Branche im Mittelnochmal um 0,4 auf über 42,6 Jahregestiegen (s. o.). Im Baugewebe nahmendie Fehlzeiten um 1,4 AU-Tage deutlichzu, obwohl hier das Durchschnittsaltervon 38,1 auf 37,7 Jahre sank.Auch in vielen Branchen des tertiärenSektors war ein im Vergleich zu 2008geringeres Durchschnittsalter – oft inVerbindung mit Personalabbau – zu beobachten.Dennoch hatten die Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer indiesen Bereichen mindestens einenKrankheitstag mehr als im Vorjahr. Sostiegen die AU-Zeiten im GesundheitsundSozialwesen und in den Dienstleistungsbranchenjeweils um 1,2 Tage,auch im Handel und im Gastgewerbegab es (ebenfalls bei Verjüngung derBelegschaften) ähnlich deutliche Zunahmen.In den öffentlichen Verwaltungen und inder Abfallwirtschaft waren die Anstiegemit etwa einem halben Tag moderater.In den Betrieben für die Abfallents orgungwurden mit 20,9 Tagen erneut die meistenKrankheitsausfälle gemeldet. Anzweiter Stelle folgten die oben bereitsgenannten Verkehrsbetriebe (18,6 Tage)und die Betriebe der Glas-/Keramik-/Steine-/Erden-Industrie(17,5 Tage).Die öffentlichen Verwaltungen folgtendiesmal – mit leicht jüngerem Durchschnittsalter– erst an vierter Stelle mit16,7 AU-Tagen (+0,6). Auch wenn sie traditionellzu den Wirtschaftszweigen mithohen Fehlzeiten gehören, wurden dortschon weit höhere Krankheitsaus fälleregistriert. So wurden hier 1999 nochüber 23 Krankheitstage je Pflichtmitgliedgemeldet. In der Abfallwirtschaft warenes zu dieser Zeit sogar mehr als 27 Tage.In diesen beiden Bereichen reduziertensich die Fehlzeiten in den letzten zehnJahren somit erheblich.Im Verkehrswesen trugen vor allem dieUnternehmen des Landverkehrs mit 20,3AU-Tagen zu dem hohen Ergebnis bei.Als weitere Einzelbranchen mit hohenFehlzeiten waren 2009 ferner das Sozialwesen(17,9 AU-Tage, +1,6), trotz einerauch hier deutlichen Verjüngung um etwaein Jahr, sowie die Metallerzeugungund -bearbeitung (17,5 AU-Tage, +0,3)zu nennen.Die niedrigsten Krankenstände wurdenwie schon in früheren Jahren in den BereichenInformationsdienstleistungenund Datenverarbeitung gemeldet (8,5AU-Tage, +0,3). Fast ebenso wenigeKrankheitstage – im Mittel 8,7 (+0,2)– fielen bei Verlagen und Medien an.In diesen Wirtschaftsgruppen fehltendie Beschäftigten im Schnitt somit nuretwas mehr als eine Woche wegenKrankheit. Auch bei Banken und Versicherungenlagen mit 10,9 Tagen geringeKrankheitsausfälle vor, womit hier allerdingsgegenüber dem Vorjahr erneuteine deutliche Zunahme um 0,7 Tage zuverzeichnen war.


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen71Sektorale Struktur nachGeschlechtTabelle 9 zeigt für die einzelnen Branchendie geschlechtsspezifischen Besonderheitenim Arbeitsunfähigkeitsgeschehen.Hierbei liegen die Schwerpunkte beiMännern und Frauen nur zum Teil in denselbenBranchen, während sie in einigenBereichen auf Grund der geschlechtsspezifischenTätigkeitsprofile und strukturellenBesonderheiten voneinanderabweichen. Die durchschnittlichen Fehltagein 2009 nahmen bei den Frauen um1,2 etwas stärker als bei den Männern(+0,9) zu. Dennoch liegen die AU-Zeitender Frauen mit 14,2 Tagen je Pflichtmitgliednoch unter denen der Männer (14,6Tage), jedoch wird der Abstand geringer.Das immer noch unterschiedliche Niveauerklärt sich im Wesentlichen aus anderenTätigkeitsfeldern, vor allem einerstärkeren Beschäftigung der Frauen inAngestelltentätigkeiten, sowie aus einerteilweise jüngeren Altersstruktur.Die meisten Arbeitsunfähigkeitstagewurden für die weiblichen Beschäftigtenim Landverkehr (21,5 Tage, +1,2) gemeldet.Die zweithöchsten Krankenständefür Frauen (19 Tage, +1,8) wurden im Sozialwesenverzeichnet, hier waren 2009vier Fünftel der beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitgliederweiblich. Bei den Postdienstensanken zwar die Krankheitstage der Frauen(17,9 Tage, -1,4), lagen hiermit abernoch deutlich über dem Durchschnitt andritter Stelle. Mit jeweils rd. 17 AU-Tagengleichfalls hohe Krankenstände habenFrauen in den öffentlichen Verwaltungensowie bei den sonstigen wirtschaftlichenDienstleistungs- und Zeitarbeitsfirmen.In einigen Industriebranchen, wie derNahrungsindustrie, der elektrotechnischenIndustrie und im KFZ-Bau wurdenimmerhin noch durchschnittlich 16Krankheitstage für Frauen gemeldet.Für die männlichen Beschäftigten fielenebenfalls im Verkehrssektor, vor allemim Landverkehr mit 20,1 AU-Tagen, hoheKrankheitsausfälle an, die zudem gegenüberdem Vorjahr einen deutlichen Anstieg(+1,4 Tage) bedeuteten. Auch wennhiermit leicht geringere AU-Zeiten als fürdie Frauen vorlagen, zählen dennochdie Verkehrsbetriebe auch für Männerzu den Schwerpunktbranchen mit überdurchschnittlichenKrankenständen undstanden in 2009 an zweiter Stelle.Der höchste Krankenstand für Männerwurde jedoch wie im Vorjahr mit 22,3Tagen (+0,5) in der Abfallbeseitigunggemeldet. Hier waren die weiblichenBeschäftigten durchschnittlich „nur“14,6 Tage (+1,0) krank gemeldet. Ähnlichverhält es sich in der Metallerzeugungund -bearbeitung, wo die Männer mit17,9 rund vier Krankheitstage mehr alsdie dort beschäftigten Frauen aufwiesen.Hintergrund dieser Divergenzen sind diegeschlechtsspezifisch unterschiedlichenTätigkeitsfelder – zumal in Branchen mitohnehin geringer Frauenbeschäftigung(s. Tabelle 9). So üben Männer beispielsweisein der Abfallbeseitigung, in einigenIndustrien (z. B. Metallerzeugung,Maschinenbau), in vielen Kleinbetrieben(Werkstätten) oder im Baugewerbewesentlich häufiger als Frauen körperlichschwere und belastende Tätigkeitenaus. In anderen Sektoren dagegen,wie beispielsweise dem Gastgewerbe(Frauen: 13,9 Tage, Männer: 10,1 Tage),Postdiensten (Frauen: 17,9 Tage, Männer:14,2 Tage), der Telekommunikationsbranche(Frauen: 14,1 Tage, Männer:12,4 Tage), dem Medienbereich(Frauen: 9,4 Tage, Männer: 7,6 Tage) undInformationsdienstleistungen (Frauen:10,2 Tage, Männer: 7,4 Tage), gehen oftmalsgeringer qualifizierte Tätigkeiten derweiblichen Beschäftigten in Verbindungmit körperlichen oder auch psychomentalenBelastungen, kaum individuellenGestaltungsspielräumen bei niedrigemberuflichen Status mit höheren Arbeitsunfähigkeitender Frauen einher. Auchunterschiedliche familiäre Belastungendürften hierbei eine Rolle spielen.Neben den bereits genannten Branchentraten bei männlichen Pflichtversichertenauch die Beschäftigten in der Glas-/Keramik-/Steine/Erden-Industriesowie dieZeit- und Leiharbeiter mit um zwei bisdrei Tage zunehmenden Krankheitszeitenund durchschnittlich 18 AU-Tagen auffälligin Erscheinung. Im Sozialwesen dagegenwiesen die Männer, die dort wenigerals ein Viertel der Beschäftigten ausmachten,mit 14,1 AU-Tagen wie schonin der Vergangenheit deutlich geringereFehlzeiten als Frauen auf. Im Berichtsjahrwaren es sogar fünf Tage weniger als beiden weiblichen Beschäftigten in diesemBereich.Die niedrigsten Fehlzeiten von Frauenwurden mit nur etwa neun AU-Tagen beiVerlagen und Medien, sowie mit rundzehn Tagen in den Bereichen der wissenschaftlichenund technischen sowie derInformationsdienstleistungen gemeldet.Im Baugewerbe, Maschinenbau und beiKFZ-Werkstätten fehlten die weiblichenBeschäftigten mit etwa elf AU-Tagen ausden schon genannten Gründen ebenfallsrecht wenig. Gerade im Baugewerbe warenmännliche Beschäftigte erwartungsgemäßdeutlich länger – im Schnitt fast17 Tage – krank. Während Frauen dortüberwiegend Bürotätigkeiten erledigen,werden die Männer vorwiegend in körperlichenund handwerklichen Tätigkeitenmit höheren Erkrankungsrisikenbeschäftigt.Für Männer lagen ferner äußerst niedrigeKrankenstände in den freiberuflichen,wissenschaftlichen und technischenDienstleitungen (8,4 AU-Tage), bei Bankenund Versicherungen (9 Tage) sowiemit rd. 10 Krankheitstagen auch nochim Erziehungsbereich und im Gastgewerbevor. Besonders im Gastgewerbeüberschritten die Frauen mit etwa 14Tagen den weit niedrigeren Krankenstandder Männer um fast vier Krankheitstage.Auch im Erziehungs- undUnterrichtswesen waren Frauen dreiTage länger krank. Weibliche Bankangestellteverzeichneten mit 11,7 Tagenzwar noch moderate Krankheitsausfälle,lagen jedoch auch hier um immerhin30 % über den Fehlzeiten der Männer.Im Banken- und Versicherungssektorgab es ähnlich wie schon 2008 sowohlbei Männern (+0,5) als auch beiFrauen (+0,7) wieder merkliche Zunahmender Krankheitstage, die vor demHintergrund der Bankenkrise und umfangreicherRestrukturierungen – trotzeiner hiermit verbundenen Verjüngungder Belegschaften (!) – gerade in dieserBranche zu sehen sind. Dass diegesundheitlichen Entwicklungen dieserund vergleichbarer heute noch „junger“Branchen im Zeichen der auch hier zuerwartenden demografiebedingten Alterungsehr ernst zu nehmen sind, istauch Gegenstand des nachfolgendenSpezials.


72Ausgebrannt – auch junge Branchen alternDr. Dagmar Siebecke, Technische Universität Dortmund, Initiatorin des Burnout-Präventions netzwerkes„Burnon-Zentrum“ und Kurt-Georg Ciesinger, gaus gmbh medien bildung politikberatung, DortmundDer demografische Wandel führt dazu,dass sich das Durchschnittsalter in dendeutschen Unternehmen in den nächstenJahren erheblich erhöhen und diemitarbeiterstärksten Alterskohorten inden Bereich zwischen 45 und 60 Jahrenverschieben werden. Vor allem inden wirtschaftlich für Deutschland sowichtigen wissensintensiven und High-Tech-Branchen gehen Deutschland dieNachwuchskräfte aus. Professor Bullinger,Präsident der Fraunhofer Gesellschaft,fasst zusammen: „Besondersdramatisch ist es um den Nachwuchs inden Natur- und Ingenieurwissenschaftenbestellt. Schon jetzt können wir bei denIngenieuren nicht einmal die ersetzen,die in den Ruhestand gehen.“ 1Will Deutschland also international wettbewerbsfähigbleiben, müssen die Beschäftigtenzukünftig auch in höheremLebensalter leistungsfähig sein undden innovatorischen Wandel nicht nurmitmachen, sondern selbst gestalten:Waren es früher die jüngeren Beschäftigten,von denen Innovationsimpulseausgingen (vgl. z. B. die Entwicklungdes IT-Bereichs), weil sie neue technologischeEntwicklungen aufnahmen undin Produktideen umsetzten, so werdenes in Zukunft die mittleren und höherenAltersgruppen sein müssen, die dieseAufgabe übernehmen. Und dazu müssensie vor allem gesund sein.Schaut man in die Fehlzeitenstatistikender vergangenen Jahre, so könnte manzu dem Schluss kommen, dass sichDeutschland keine Sorgen um die Leistungsfähigkeitder älteren Beschäftigtenin wissensintensiven Berufen machenmuss: Ingenieure, Datenverarbeitungsfachleute,Chemiker oder Physiker sindBeispiele für Berufe mit weit unterdurchschnittlichenFehltagen, allerdings mitansteigendem Trend (vgl. S. 90). AktuelleStudien aus der IT- und Medienindustriekommen jedoch zu einem anderen,wesentlich bedrohlicheren Schluss undlegen erheblichen Handlungsbedarf fürdie Betriebe offen.So führte die Technische UniversitätDortmund 2009/<strong>2010</strong> gemeinsam mitder Ludwig-Maximilians-UniversitätMünchen und der Team GesundheitGmbH eine Studie zu Arbeits- und Gesundheitsbedingungenin der IT- undMedienbranche durch.2Ausgewähltwurde die Branche, da diese in vielerleiHinsicht als Vorreiter moderner Arbeitund moderner Arbeitsstrukturen zu sehenist. Hier kann aufgezeigt werden,welche Implikationen mit den Flexibilisierungstendenzenin der Wissensarbeitverbunden sind, welche neuen Belastungskonstellationenund gegebenenfallsneuen Ressourcen entstehen und wasdies für die Gesundheit sowie die gesundheitlichePrävention und das Alternin der Branche bedeutet. Befragt wurdenetwa 350 Beschäftigte und Alleinselbständige(Freelancer) der Branche.Die Ergebnisse zeigen deutlich, dassein geringer Krankenstand keine Entwarnungim Bereich des Gesundheitsmanagementsdarstellt. Denn trotzniedrigen Krankenstandes hatten zweiDrittel der Befragten in den letzten zwölfMonaten Muskel-/Skelett-Beschwerden,die Hälfte Atemwegsbeschwerden undebenfalls die Hälfte klagte über psychischeProbleme. Dieses Phänomen desPräsentismus ist in der Wirtschaft nochweithin unbeachtet, aber ein großesRisiko für die Unternehmen. Denn dervoreiligen Freude „Meine Mitarbeitersind so pflichtbewusst, dass sie auchdann weiter arbeiten, wenn sie sichunwohl oder krank fühlen“, folgt dieErnüchterung, wenn festgestellt wird,dass durch mangelnde Konzentrationund verminderte Leistungsfähigkeit vonkranken, aber trotzdem am Arbeitsplatzerscheinenden Beschäftigten etwa dreimalso hohe Produktivitätsausfälle undKosten entstehen wie durch Absentismus.3 Bei psychischen Beschwerdenwie Depressionen gehen amerikanischeForscher von durchschnittlich 1,8 unproduktivenStunden pro Acht-Stunden-Arbeitstagaus. 4 Werden gesundheitlicheProbleme nicht auskuriert, gönnen sichdie Betroffenen keine Erholung, so kanndies zudem die gesundheitliche Situationweiter verschlechtern, bis hin zum vollständigenAusbrennen. 5 So haben beispielsweiseauch die Alleinselbständigenin der dargestellten Studie einerseits diegeringsten Fehlzeiten, andererseits aberauch am häufigsten psychische Problemeund Burnout-Symptome.Ein großer Anteil der gesundheitlichenBeschwerden ist dabei aus Sicht derBeschäftigten arbeitsbedingt – unddamit durch adäquates Arbeitsverhaltenund entsprechende Arbeitsgestaltungvermeidbar (Schaubild S1): Überdie Hälfte der Befragten berichtet vonvermutlich arbeitsbedingten Muskel-/Skelett-Beschwerden, 45 % von psychischenProblemen, die sie mit ihrerArbeit in Verbindung bringen. Sechsvon zehn Personen mit Muskel-/Skelett-Beschwerden haben gleichzeitig auchpsychische Probleme.1 vgl. Bullinger, 20082 Projekt: „Pragdis – Präventiver Arbeits- und Gesundheitsschutz in diskontinuierlichen Erwerbsverläufen“, gefördert durch das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung und den Europäischen Sozialfonds, Förderkennzeichen 01FM07003-053 vgl. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 20094 vgl. Marlowe, 20025 vgl. Becke, 2007


73Schaubild S1Gesundheitliche Beschwerden, die nach Angaben der Befragtenarbeitsbedingt sein könntenpsychische ProblemeHerz-/KreislaufbeschwerdenProbleme mitdem AtmungssystemProbleme mitdem VerdauungsapparatMuskel-/Skelett-Beschwerden15,5 1,17,4 5,70 10 20 30 40Beschwerden ohne Fehlzeiten37,1 7,424,4 5,740,3 10,6Beschwerden mit FehlzeitenAnteil der Befragten IT-Beschäftigten mit vermutlich arbeitsbedingten Beschwerden inden letzten 12 MonatenVor dem Hintergrund der aktuellendemografischen Situation ist besonderserschreckend, dass nur 30 %der Alleinselbständigen und 41 % derabhängig Beschäftigten davon ausgehen,die Belastung bis zum Rentenaltervon 65 Jahren aushalten zu können.Jeder zehnte abhängig Beschäftigteund 14 % der Freelancer meinen,dass sie die Belastungen nicht einmalbis zum 50sten Lebensjahr aushaltenwerden. Sie sagen „Eigentlich müssteich jetzt schon aufhören“ – bei einemDurchschnittsalter von 43 Jahren. Ausschlaggebendsind dabei psychischeProbleme. Studien des IAQ – InstitutArbeit und Qualifikation – kommen zuähnlichen Ergebnissen. 6Wo liegen aber nun die Gründe für diehohe Zahl psychischer Probleme? Inzahlreichen Interviews mit von BurnoutBetroffenen konnten die beiden Universitäteninteressante Parallelen in denKrankheitsgeschichten identifizieren, dievielen aktuellen Diskussionen um dieEntstehung psychischer Probleme amArbeitsplatz diametral entgegen stehen:5060■ Die Personen waren vor Eintritt derSymptomatik hoch leistungsmotiviert,engagiert, hatten sich hohe Ziele gesteckt,waren die Leistungsträger derUnternehmen.■ Nicht das Zuviel oder Zulange an Arbeithat sie nach eigener Einschätzungkrank gemacht.■ Auch die ständige Erreichbarkeit, dievon vielen Forschern als zentrale Problematikmoderner Arbeit angesehenwird, wird von vielen Interviewpartnerneher positiv als negativ eingeschätzt(wenn sie selbstbestimmt ist).■ Das gleichzeitige Bearbeiten mehrererProjekte ist erstaunlicherweiseun kritisch und wird oftmals als positiveHerausforderung verstanden,solange die Aufgaben gut zu bewältigensind.Kritisch wird es aber dann, wenn Aufgabenschlecht zu bewältigen sind – zumBeispiel auf Grund von schlechtem Projektmanagement,mangelnden Informationsflüssen,unzureichender Arbeitsorganisation,inadäquaten Arbeitsmittelnetc.. Oder aber, so berichten die Befragten,wenn sinnlose Aufgaben das Fortkommenin der Arbeit behindern. Dasimmer wiederkehrende Erlebnis, diehoch gesteckten Ziele nicht erreichen zukönnen, in den Handlungsmöglichkeiteneingeschränkt zu sein, die falschen Dingetun zu müssen, zermürbt auf Dauer undführt im Extrem zur Erkrankung. Diesekann sich im frühen Stadium ganz unterschiedlichzeigen: Anfälligkeit fürInfek tionskrankheiten, Rückenprob leme,Tinni tus, Magen-Darm-Probleme, erhöhtesSuchtpotenzial sind nur einige Beispiele.Am Ende steht der psychische Zusammenbruch,der sich beispiels weise in6 vgl. Gerlmaier et al., <strong>2010</strong>


74Depressionen oder Panik attacken manifestierenkann.Als weiterer zentraler Aspekt bei derEntstehung arbeitsbedingter psychischerProbleme mit gleicher Symptomatikkommt mangelnde Wertschätzung hinzu.Denn hohe Leistungsbereitschaft istoft gekoppelt mit hohen Gratifikationsbedürfnissen:Man möchte für seine Leistungenwahrgenommen, wertgeschätztund honoriert werden. Bleibt dies aus,so kommt es zur sogenannten Gratifikationskrise,die krank machen kann. 7Diese prototypische Krankheitsgeschichteist dabei offensichtlich kein„Spezialfall“, sondern ein neues pathogenetischesMuster. Denn auch diequantitativen Ergebnisse im Forschungsprojektvon TU Dortmund und LMU Münchenbestätigen diese Erfahrungen. Diedrei am höchsten mit dem Auftretenpsychischer Probleme korrelierendenFaktoren waren: 81. selten gut zu bewältigende Aufgaben(.33)2. selten sinnvolle Aufgaben – Einsatzlohnt sich selten (.32)3. geringe Wertschätzung durch Vorgesetzteund / oder Kunden (.30)Für viele Forscher unerwartet, aber indas berichtete Muster passend, zeigtsich auch in der Befragung kein statistischbedeutsamer Zusammenhang zuder Arbeitszeit – egal ob wöchentlich40 Stunden oder ständig über 50 Stundengearbeitet wird. Der Faktor Zeit spieltnur dann eine Rolle, wenn das Zeitbudgetals zu klein interpretiert und damitZeitdruck wahrgenommen wird, denndadurch wird eine Aufgabe wiederumschwer zu bewältigen. Eine negativeBelastung geht zudem mit der zeitlichenVermischung von Arbeit und Privatlebeneinher, was die Regeneration erschwert.Aus diesen Ergebnissen lässt sich eineinfaches Modell der Burnout-Geneseableiten: Die Gefahr des Auftretens vonBurnout in der Wissensarbeit bestehtdann, wenn die Bedürfnisse und Fähigkeitendes Individuums einerseits und dieUmfeldbedingungen andererseits nichtzusammen passen – wenn leistungsorientiertePersonen auf Arbeitsbedingungenstoßen, die subjektiv als Behinderungder Zielerreichung und deseffektiven Arbeitens wahrgenommenwerden, und Leistung unzureichend gewürdigtwird.Die Wahrscheinlichkeit an einem Burnoutzu erkranken ist in diesem Modell in mittlerenErwerbsjahren am höchsten: Trotzerfahrungsbedingt steigender Leistungbleiben Gratifikationssteigerungen aus.Gehaltsentwicklungen sind ausgereizt,Literatur:[1] BECKE, Guido (2007):Gesundheitsförderung in flexiblen Arbeitsstrukturender „digitalen Wirtschaft“ –Problemfelder und Gestaltungsperspektivenbei abhängiger und alleinselbständigerErwerbstätigkeit – artec-paper Nr. 142,Bremen.[2] BULLINGER, Hans-Jörg (2008):„Der Kreative ist König“, in: FaszinationForschung, Ausgabe 3, S.82.[3] BUNDESANSTALT FÜR ARBEITSSCHUTZUND ARBEITSMEDIZIN (2009): Arbeiten mit Erkrankung birgt Risiken.Fehlzeiten kein Indikator für Gesundheitder Beschäftigten. Online verfügbar unterhttp://www.baua.de/nn_5846/sid_0CF2DA796DB68BC3041133C4DECA9A5C/de/Presse/Pressemitteilungen/2009/07/pm029-09.html?__nnn=true,Stand 18.08.<strong>2010</strong>Aufstiege werden seltener, ebenso wiedie entgegengebrachte Wertschätzung.Was bleibt, ist der Stress, der nun von einemals positiv empfundenen Eu-Stressin einen krankmachenden Dis-Stressumkippt.Bei der Burnout-Prävention muss esfolglich darum gehen Arbeitsbedingungenzu schaffen, in denen es denLeistungsträgern in allen Altersstufenmöglich ist, ihre Ziele zu erreichen unddabei Wertschätzung und Anerkennungzu erfahren. Wichtig ist die Analysevon Faktoren, die den Arbeitsprozesserschweren. Es geht also nicht um ein„Weichspülen“ der Arbeitsbedingungen.Vielmehr sind Hindernisse im Sinneder Effizienz- und Effektivitätssteigerungsowie im Sinne der Burnout-Präventionzu beseitigen. Nur so können <strong>betriebliche</strong>Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraftlangfristig gesichert werden– und nur so können auch die intellektuellenPotenziale der Wissenselite imdemografischen Wandel erhalten undgefördert werden.[4] GERLMAIER, Anja / KÜMMERLING, Angelika/ LATNIAK, Erich (<strong>2010</strong>):Gesund altern in High-Tech-Branchen? ImSpannungsfeld von Innovation und Intensivierung– IAQ-Report <strong>2010</strong>-4, Duisburg.[5] MARLOWE, Joseph F. (2002): „Depressions surprising toll on workerproductivity”, in: Employee benefits journal,27, S.16-21.[6] SIEBECKE, Dagmar (<strong>2010</strong>):„Burnoutrisiken in der Wissensgesellschaft“,in: praeview – Zeitschrift für innovativeArbeitsgestaltung und Prävention,Nr. 2/<strong>2010</strong>, S.18-19.[7] SIEGRIST, Johannes (1996): Soziale Krisen und Gesundheit. Eine Theorieder Gesundheitsförderung am Beispielvon Herz-Kreislauf-Risiken im Erwerbsleben.Göttingen.7 vgl. Siegrist, 19968 Die in Klammern genannten Korrelationen sind auf dem 0,01-Niveau signifikant.


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen75Arbeitsunfähigkeit nachberuflicher TätigkeitHinter den branchenspezifischen Arbeitsunfähigkeitsstrukturenstehen häufigtätigkeitsspezifische Belastungen.Im Folgenden werden die einzelnenBerufsgruppen daher detailliert betrachtet.Von besonderem Interesse sind hierbeiGruppen, die besonders häufig oderbesonders selten arbeitsunfähig sind. Dieberufsbezogenen Krankenstände weisenim Vergleich zu den Branchenergebnissennaturgemäß größere Abweichungenauf, da sie u. a. die jeweiligen Belastungsprofile,wie körperliche Schwere bzw. Anstrengungder Tätigkeit, Stress, Zeitdruckund Fremdbestimmung der Arbeitsabläufespezifischer abgrenzen. Dabei istdie Qualifikation ein maßgebliches Unterscheidungskriteriumzwischen Berufsgruppenmit besonders hohen bzw.niedrigen AU-Raten. Höher qualifizierteTätigkeiten sind wesentlich seltener mitkörperlichen Belastungen verknüpft undbieten den Beschäftigten in der Regelein größeres Maß an individuellen Gestaltungs-und Entscheidungsspielräumen.Die an höhere Qualifika tionengeknüpften Arbeitsbedingungen sindaber nicht der einzige Einflussfaktor fürden Gesundheitszustand. Indivi duellerLebensstil, Konsumgewohnheiten undrisikobehaftete Verhaltensweisen sindüber den Bildungsstand und insbesonderedie Einkommens situation sowieweitere Merkmale mit den Qualifikationsstrukturenverbunden und beeinflussenden Gesundheitszustand ebenfalls.Wie schon in den Branchenergebnissenerkennbar, bilden Straßenreinigerund Abfallbeseitiger, Gleisbauer sowieHalbzeugputzer die Gruppen mit denhöchsten Krankenständen – im Schnittwaren für sie in 2009 26,4 bzw. 24,7 AU-Tage je Beschäftigten zu verzeichnen.Es folgen Helfer/innen in der Krankenpflege,Eisenbahnbetriebsregler/innenund -schaffner/innen, ElektrogeräteundElektroteilemontierer/innen, Maschinenreiniger/innensowie Schweißermit Krankheitszeiten von mehr als dreiKrankheitswochen. Dem gegenüberstehen nur vier bis sechs Fehltage imJahr bei Naturwissenschaftlern, Juristen,Hochschuldozenten und Apothekern (vgl.Tabelle 10).Tabelle 10Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 - GesamtAU-Fälle AU-TageSchlüssel Mitglieder je Mitglied je MitgliedBerufe mit den meisten AU-TagenStraßenreiniger/innen, Abfallbeseitiger/innen 935 9.772 1,7 26,4Gleisbauer/innen 463 3.877 1,4 25,2Halbzeugputzer/innen und sonst. Formgießerberufe 203 4.994 1,5 24,7Helfer/innen in der Krankenpflege 854 39.191 1,3 22,6Eisenbahnbetriebsregler/innen, -schaffner/innen 712 37.292 1,3 22,1Elektrogeräte-, Elektroteilemontierer/innen 321 23.559 1,5 21,9Maschinen-, Behälterreiniger/innen u. verw. Berufe 937 6.253 1,2 21,8Schweißer/innen, Brennschneider/innen 241 17.641 1,4 21,6Transportgeräteführer/innen 742 14.081 1,3 21,6Straßenwarte 716 5.559 1,9 21,5Warenaufmacher/innen, Versandfertigmacher/innen 522 40.745 1,5 21,3Raum-, Hausratreiniger/innen 933 65.167 1,2 21,0Glasbearbeiter/innen, Glasveredler/innen 135 6.372 1,4 20,8Straßenbauer/innen 462 5.342 1,5 20,7Glas-, Gebäudereiniger/innen 934 8.823 1,1 20,7Bauhilfsarbeiter/innen 470 5.063 1,3 20,3Wächter/innen, Aufseher/innen 792 21.167 1,1 20,3Rohrnetzbauer/innen, Rohrschlosser/innen 263 8.558 1,4 20,3Kraftfahrzeugführer/innen 714 127.455 1,0 20,3Gummihersteller/innen, -verarbeiter/innen 143 11.741 1,3 20,2Maurer/innen 441 17.905 1,2 20,1Papier-, Zellstoffhersteller/innen 161 7.494 1,3 19,8Berufe mit den wenigsten AU-TagenNaturwissenschaftlter/innen, a.n.g. 883 6.074 0,5 4,4Rechtsvertreter/innen, -berater/innen 813 5.933 0,5 4,5Hochschullehrer/innen, Dozenten 871 8.073 0,5 4,7Apotheker/innen 844 5.528 0,6 6,2Publizisten 821 7.770 0,8 6,7Architekten, Bauingenieure 603 11.950 0,8 6,9Wirtschaftsprüfer/innen, Steuerberater/innen 753 36.483 0,9 7,3Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler/innen 881 13.802 0,9 7,4Ärzte 841 11.934 0,6 7,4Diätassistent/innen,Pharmazeutisch-technische Assistenten 855 11.139 0,8 7,8Unternehmensberater/innen, Organisatoren 752 22.384 0,8 8,1Bildende Künstler/innen, Graphiker/innen 833 7.191 0,9 8,2Sonstige Ingenieure 607 29.705 0,9 8,5Facharbeiter/innen o.n.T. 991 30.740 0,6 8,5Fremdenverkehrsfachleute 702 16.717 1,0 8,6Medizinische Fachangestellte 856 120.354 0,9 8,7Augenoptiker/innen 304 6.262 1,0 8,8Zahntechniker/innen 303 7.196 0,9 9,2Datenverarbeitungsfachleute 774 84.599 1,0 9,3Gymnasiallehrer/innen 872 5.391 0,8 9,3Technische Zeichner/innen 635 22.065 1,2 9,5Ingenieure des Maschinen- und Fahrzeubaues 601 16.140 1,2 9,6


76 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenBei getrennter Betrachtung der Geschlechterwiesen Frauen nicht nur alsHelferinnen in der Krankenpflege, sondernauch als Montiererinnen, Kunststoffverarbeiterinnen,Schaffnerinnenund Beschäftigte in der Warenannahmeund dem Versand hohe Arbeitsunfähigkeitenvon mehr als drei Wochen auf (vgl.Tabelle 10.1). Auch die bei Frauen quantitativbedeutsame Gruppe der Raum- undHausratreinigerinnen verzeichnete sehrhohe Fehlzeiten (21,7 AU-Tage).Bei männlichen Beschäftigten mit besondershohen AU-Raten finden sich zunächstdie bereits genannten auffälligenBerufe mit oftmals hohen körperlichenBelastungen wieder (vgl. Tabelle 10.2).Ähnlich belastete Gruppen wie Betonbauer,Transportgeräteführer, Straßenwarte,Straßenbauer, Maurer und vergleichbareTätigkeitsgruppen kommenhinzu.In gleichen Berufen weisen die weiblichenBeschäftigten zumeist höhereFehlzeiten auf als ihre männlichen Kollegen.Besonders die Helferinnen in derKrankenpflege, aber auch Köchinnen warenim Schnitt acht Tage länger krankgeschriebenals die Männer in dieserBerufsgruppe. Bei den metallverarbeitendenBerufen wurden für Montierer innen6,1 Tage und für Metallarbeiter innen5,5 Tage längere Krankheitszeiten gemeldetals für Männer. Mit ähnlichem Abstandwiesen auch Telefonistinnen undSozialarbeiterinnen jeweils gut sechsKrankheitstage mehr auf als Männer mitgleicher Tätigkeit.Unter den weiblichen Angestellten hattenApothekerinnen, Wirtschafts- undSozialwissenschaftlerinnen, Publizistinnen,Ärztinnen, Steuer- sowie Unternehmensberaterinnenmit sieben bisacht Krankheitstagen die niedrigstenFehlzeiten, wenngleich auch diese inder Regel jeweils über den Werten ihrermännlichen Kollegen lagen. Darüberhinaus gab es auch nach beruflichemStatus und formaler Qualifikation wenigerweit oben rangierende Gruppen imGesundheitswesen, wie Diätassistent innenund medizinische Fachangestellte,deren Krankheitszeiten von durchschnittlichnur etwas mehr als einer Woche imJahr recht gering ausfielen. Neben derAltersstruktur dürfte hierbei auch dieTabelle 10.1Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 - FrauenAU-Fälle AU-TageSchlüssel Mitglieder je Mitglied je MitgliedBerufe mit den meisten AU-TagenHelferinnen in der Krankenpflege 854 26.958 1,4 25,0Elektrogeräte-, Elektroteilemontiererinnen 321 13.415 1,6 24,7Kunststoffverarbeiterinnen 151 6.052 1,5 24,7Eisenbahnbetriebsreglerinnen, -schaffnerinnen 712 10.615 1,5 24,6Warenaufmacherinnen, Versandfertigmacherinnen 522 16.160 1,5 24,1Sonstige Montiererinnen 322 10.988 1,6 23,9Kraftfahrzeugführerinnen 714 6.198 1,1 23,4Metallarbeiterinnen, o.n.A. 323 7.697 1,4 23,2Chemiebetriebswerkerinnen 141 7.457 1,9 22,1Lager-, Transportarbeiterinnen 744 17.591 1,5 22,0Raum-, Hausratreinigerinnen 933 56.952 1,2 21,7Wächterinnen, Aufseherinnen 792 6.765 1,2 21,6Hilfsarbeiterinnen ohne nähere Tätigkeitsangabe 531 23.258 1,5 21,5Warenprüferinnen, -sortiererinen, a.n.g. 521 9.052 1,4 20,6Köchinnen 411 31.250 1,2 20,2Telefonistinnen 734 11.682 1,6 20,2Hauswirtschaftliche Betreuerinnen 923 16.259 1,2 19,8Sozialarbeiterinnen, Sozialpflegerinnen 861 59.072 1,3 19,2Lagerverwalterinnen, Magazinerinnen 741 8.771 1,4 18,8Kassiererinnen 773 20.408 1,1 18,3Postverteilerinnen 732 31.855 1,0 18,1Datentypistinnen 783 5.145 1,5 17,9Berufe mit den wenigsten AU-TagenApothekerinnen 844 4.937 0,6 6,1Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerinnen 881 8.396 0,9 7,2Publizistinnen 821 4.210 0,8 7,3Ärztinnen 841 8.436 0,6 7,8Wirtschaftsprüferinnen, Steuerberaterinnen 753 26.693 1,0 7,8Unternehmensberaterinnen, Organisatorinnen 752 9.119 0,9 7,8Diätassistentinnen,Pharmazeutisch-technische Assistentinnen 855 10.881 0,8 7,8Facharbeiterinnen o.n.T. 991 11.644 0,7 8,3Medinzinische Fachangestellte 856 119.632 0,9 8,7Fremdenverkehrsfachfrauen 702 13.686 1,0 8,8Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte 685 6.931 1,0 9,7Technische Zeichnerinnen 635 12.107 1,2 10,0Verkehrsfachfrauen (Güterverkehr) 701 8.534 1,2 10,5Leitende Verwaltungsfachfrauen 762 8.415 1,0 10,5Unternehmerinnen, Geschäftsführerinnen 751 12.027 0,8 10,6Buchhalterinnen 772 28.573 1,0 11,0Bankfachfrauen 691 78.774 1,2 11,2Hoteliers, Gastwirtinnen 911 11.464 1,1 11,3Real-, Volks-, Sonderschullehrerinnen 873 11.903 1,1 11,3Friseurinnen 901 21.222 1,2 11,3Groß- und Einzelhandelskauffrauen, Einkäuferinnen 681 50.332 1,1 11,4Masseurinnen, Krankengymnastinnenund verwandte Berufe 852 24.567 1,1 11,5


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen77Tätigkeit in klein<strong>betriebliche</strong>n Strukturenmaßgebend sein.Bei den männlichen Berufsgruppen mitniedrigen Krankenständen fallen Steuerberater,Publizisten, Ärzte und Architektenauf. Für diese Gruppen wurden 2009Fehlzeiten von unter einer Woche gemeldet.Auch Datenverarbeitungsfachleuteund Ingenieure waren nur 8,5 Tage krankgeschrieben.Bereits in Kapitel 2 wurde die unterschiedlicheGesundheit der älteren Beschäftigtennach beruflicher Tätigkeitbehandelt. In der getrennten Betrachtungnach Geschlecht erweisen sichzunächst die Berufe mit den generellhöchsten Krankheitsausfällen auch alsdiejenigen, bei denen gerade die älterenBeschäftigten besonders viele Krankheitstageaufweisen. Daneben tretenaber auch weitere Tätigkeitsfelder mitspeziell für Ältere offenbar besondersgesundheitlich belastenden Bedingungenin Erscheinung. So fehlten männlicheKunststoffverarbeiter über 55 Jahre imMittel über fünf Wochen im Jahr (35,7Tage), obwohl ihre durchschnittlichenAusfalltage mit insgesamt 18 Tagen zwarerhöht aber nicht extrem ausgeprägt waren.Die oben bereits erwähnten Maurerund Betonbauer mit allgemein höherenAU-Tagen von durchschnittlich rd. dreiWochen (zusammengefasste Gruppe)wiesen in der ältesten Gruppe sogar 39Krankheitstage auf. Die im Durchschnittmit ähn lichen AU-Zeiten behaftetenmännlichen Reini gungskräfte fehlten ab55 Jahren im Mittel knapp fünf Wochen(34 Kalendertage). Männer in Gesundheitsberufenwurden in der Gesamtgruppe„nur“ 14,5 Tage krankgeschrieben,in der ältesten Gruppe waren esjedoch bereits über 30 Tage je Beschäftigten,zwei Tage mehr als die Frauen indieser Tätigkeits- und Altersgruppe.Bei den Frauen wiesen die ältesten Reinigungskräftetrotz des allgemein vergleichbarenbzw. sogar leicht höherenKrankenstandes in dieser Tätigkeit mit31 Tagen der über 55-Jährigen sogardrei Tage weniger als die Männer auf. Inden Berufen des Landverkehrs (zusammengefasst)waren es bei ihnen dagegenfast 33 Tage, bei den Männern knapp31 Tage. Bei Hilfsarbeiterinnen über 55waren sogar über 38 AU-Tage zu ver-Tabelle 10.2Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 – MännerAU-Fälle AU-TageSchlüssel Mitglieder je Mitglied je MitgliedBerufe mit den meisten AU-TagenStraßenreiniger, Abfallbeseitiger 935 9.422 1,7 26,6Gleisbauer 463 3.857 1,4 25,2Maschinen-, Behälterreinigerund verwandte Berufe 937 4.353 1,3 22,7Betonbauer 442 5.334 1,3 22,0Transportgeräteführer 742 13.072 1,3 21,9Schweißer, Brennschneider 241 17.318 1,4 21,6Straßenwarte 716 5.461 1,9 21,4Eisenbahnbetriebsregler, -schaffner 712 26.678 1,2 21,2Straßenbauer 462 5.303 1,4 20,7Rohrnetzbauer, Rohrschlosser 263 8.527 1,4 20,3Kraftfahrzeugführer 714 121.257 1,0 20,1Maurer 441 17.792 1,2 20,1Wächter, Aufseher 792 14.403 1,1 19,7Gummihersteller, -verarbeiter 143 10.385 1,3 19,6Stahlbauschlosser, Eisenschiffbauer 275 14.290 1,4 19,5Papier-, Zellstoffhersteller 161 7.240 1,3 19,5Eisen-, Metallerzeuger, Schmelzer 191 7.282 1,2 19,5Warenaufmacher, Versandfertigmacher 522 24.585 1,4 19,4Dachdecker 452 6.480 1,3 19,4Bauschlosser 271 15.171 1,4 19,4Chemiebetriebswerker 141 52.275 1,5 19,1Lager-, Transportarbeiter 744 71.542 1,3 18,7Berufe mit den wenigsten AU-TagenWirtschaftsprüfer, Steuerberater 753 9.789 0,8 5,8Publizisten 821 3.561 0,7 6,0Ärzte 841 3.498 0,5 6,4Architekten, Bauingenieure 603 8.136 0,7 6,6Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler 881 5.406 0,8 7,6Unternehmensberater, Organisatoren 752 13.265 0,8 8,4Datenverarbeitungsfachleute 774 61.958 1,0 8,5Sonstige Ingenieure 607 24.717 0,9 8,5Facharbeiter o.n.T. 991 19.096 0,6 8,7Leitende Verwaltungsfachleute 762 7.305 0,8 8,8Technische Zeichner 635 9.957 1,1 9,0Groß- und Einzelhandelskaufleute, Einkäufer 681 45.726 1,0 9,4Restaurantfachleute, Steward 912 9.940 0,7 9,5Verkehrsfachleute (Güterverkehr) 701 12.812 0,9 9,6Ingenieure des Maschinen- und Fahrzeubaues 601 14.330 1,2 9,9Werbefachleute 703 8.544 1,0 10,0Buchhalter 772 7.569 0,9 10,1Unternehmer, Geschäftsführer 751 25.178 0,8 10,2Bankfachleute 691 39.426 1,1 10,4Bürofachkräfte 781 208.167 1,0 10,5Lebens-, Sachversicherungsfachleute 694 15.501 1,1 11,4Verkäufer 682 57.586 0,9 11,5


78 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufenzeichnen. Männer diesen Alters und indieser Tätigkeit hatten dagegen „nur“gut 30 Krankheitstage.Geringere Krankheitsausfälle verzeichnetenbeispielsweise Lehrkräfte (Gesamtgruppe)– bei den Männern waren es 8,8Tage, bei den Frauen 10,4 Tage. Währendjedoch bei den über 55-jährigen Lehrerinnennur vergleichsweise moderateAnstiege auf 15,8 AU-Tage stattfanden,waren die gleichaltrigen männlichenLehrer trotz ihres niedrigeren Ausgangsniveausmit 16,8 AU-Tagen im Mittel einenTag länger krank. Auch bei den älterenBank- und Versicherungskaufleuten(zusammengefasst) hatten die Männermit 22,7 AU-Tagen drei Krankheitstagemehr als ihre weiblichen Fachkolleginnen,obwohl diese im altersunabhängigenVergleich mit 11,7 AU-Tagen leichtüber dem Mittelwert der Männer (11,0Tage) rangierten.Welche praktischen Fragen der in denkommenden Jahren noch zunehmendedemografische Wandel in den Unternehmenaufwirft und wie sie im <strong>betriebliche</strong>nGesundheitsmanagementzu berücksichtigen sind, behandeln dienachfolgenden Speziale.


79Praktische Fragen des Demografischen Wandelsim <strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsmanagement– Chancen durch individuelle Förderungund „Motivierende Gesundheitsgespräche“Inka Matschey und Carsten Gräf,Team Gesundheit GmbH, EssenDer demografische Wandel erlangtinnerhalb des <strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsmanagementseine immer stärkereBedeutung. Dies ist nicht allein derTatsache geschuldet, dass die älterenBeschäftigten mehr Arbeitsunfähigkeitstageaufweisen, sondern auch demUmstand, dass sich die Unternehmen zunehmendbewusst werden, dass sie ihreStrategien im Umgang mit den alterndenMitarbeitern verändern müssen, wennsie auf Dauer ihre Wettbewerbsfähigkeitsichern wollen.Der Anteil älterer Beschäftigter wird inden Unternehmen jeglicher Branchenansteigen. Gleichzeitig wird sich die Gewinnungneuer Fachkräfte durch einenRückgang der Ausbildungszahlen und derAnzahl jüngerer Arbeitskräfte erschweren.Daher ist es von wachsender Bedeutung,die älter werdenden Beschäftigtenmöglichst lange im Arbeitsleben zu haltenund deren Wissen und Motivation zurEinsatzbereitschaft ihrer Arbeitskraft imUnternehmen zu erhalten und zu fördern.Dass die Strategien dabei sehr unterschiedlichausfallen, verwundert angesichtsder unterschiedlichsten Unternehmensgrößen,wirtschaftlichenVoraussetzungen und Zielsetzungen derBetriebe nicht. Dabei lässt sich grundlegendzwischen den Unternehmen unterscheiden,die tatsächlich ganzheitlichangelegte Strategien entwickeln undüber die Integration verschiedensterMaßnahmen zu einem nachhaltig verändertenUmgang mit dieser Fragestellungkommen und denjenigen, die ehernach monokausalen Zusammenhängensuchen und entsprechend einseitige Interventionenableiten. Eine Wertung istdamit noch nicht vorgenommen. Dochfür Unternehmen gilt es, diese stärkereIndividualisierung ihrer Mitarbeiter mitzunehmendem Alter zu berücksichtigenund maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.Allgemeine Präventionsmaß-nahmen und Standardangebote wieGesundheitsaktionen und Präventionsangeboteder Krankenkassen nach denVorgaben des § 20 haben nur eine begrenzteWirkung. Auch bei Maßnahmenzur Förderung gesundheitsgerechterVerhaltensweisen müssen die speziellenVoraussetzungen und die persönlichenSituationen jedes einzelnen noch stärkerberücksichtigt werden.Berücksichtigungder individuellen SituationDie Basis für Entscheidungen kann dabeidurchaus auf evidenten Zahlen beruhen.Dabei können allgemein verfügbare Informationenetwa zur Prävalenz von bestimmtenErkrankungen in bestimmtenLebensabschnitten mit spezifischen Informationenaus Gesundheitsberichten,dem Wiedereingliederungsmanagementoder anderen Analysen verglichen werden.Allein das Wissen bzw. die Sensibilisierungzu Stoffwechselerkrankungen desmetabolischen Syndroms im Zusammenhangmit dem Älterwerden wie z. B.Diabetes mellitus führt zunehmend zuthemenspezifischen <strong>betriebliche</strong>n Interventionen.Gerade für die Beschäftigtenjenseits der 50 Jahre ist die Bestimmungdes Blutzuckerwertes in Verbindung mitweiteren Prädiktoren wie BMI und erhöhtenTriglyzeriden eine Möglichkeit,einen Prädiabetes zu bestimmen unddamit bzw. mit den abzuleitenden Folgemaßnahmendazu beizutragen, dass keinmanifester Diabetes entsteht. ÄhnlicheVorgehensweisen sind für Herzkreislauferkrankungenmit entsprechenden Untersuchungenund Selbsttests ein häufigeingesetztes Instrument. Bei den Muskel-Skelett-Erkrankungenverhält es sichdagegen anders. Hier wird eher generellunterstellt, dass die älteren Generationenmit entsprechenden Belastungen nichtso gut umgehen können und quasi per seMaßnahmen aus dem Spektrum der individuellenPrimärprävention angeboten.Bisher eher selten im <strong>betriebliche</strong>nSetting anzutreffen ist die Sturzprävention.Stigmatisiert als Programm fürdie „Klapprigen“ und nicht in jedemFall mit einem konkreten Bezug zumArbeits leben verbunden, wird sich dasThema erst mit weiter steigenden Altersdurchschnittenbzw. größer werdendenGruppen von Beschäftigten jenseits der50 Jahre entwickeln. Den Sinn solcherProgramme haben einige Unternehmenjedoch schon entdeckt, die Mitarbeiterbeschäftigen, die Stolper- oder Sturzgefahrendeut licher ausgesetzt sind, wiez. B. Zusteller.Für alle vorher aufgeführten Interventionenmuss festgehalten werden, dassdie Intervention alleine im besten Fall zueinem Informationsplus und damit zu einemMotivationsaufbau führt. Aber geradedies ist häufig nicht in genügendemMaße der Fall, so dass auch der Übergangzu den klassischen Kursangebotender Primärprävention zu wünschen übriglässt und auch für den Arbeitgeber häufigzu viele Unsicherheiten hinsichtlichverlässlicher Teilnahme birgt.Nachhaltige Impulsedurch „MotivierendeGesundheitsgespräche“Hier setzt eine überaus erfolgreicheInterventionsmethode – das „MotivierendeGesundheitsgespräch“ an. Es istfestzuhalten, dass je älter die Menschenwerden, sie sich immer stärker in ihremVerhalten, in ihren Werten, in ihren imLaufe ihres Lebens entwickelten Handlungsstrategien,in ihren Erfahrungen undihren Einstellungen unterscheiden. AuchLeistungsfähigkeit und -bereitschaft variierenmit zunehmenden Alter stärker – esgibt die sehr fitten Älteren, die es schaffen,ihre beruflichen und persönlichen


80Erfahrungen in den Betrieb einzubringenund es gibt diejenigen, die möglichstschnell aus dem Berufsleben austretenwollen bzw. ihre letzten Jahre vor derRente „nur noch Absitzen“. Es gibt demnachnicht „den älteren Menschen“.„Der Gesunde zähltseine Jahre nicht“Es wird von den Arbeitnehmern – ob jungoder alt – immer mehr eine flexible Anpassungan sich immer mehr veränderndenStrukturen und Arbeitsbedingungengefordert.Ältere in ihrer Arbeitsfähigkeit und speziellin ihrer Gesundheit zu fördern, heißtdemnach, sie individuell zu fördern unddie Maßnahmen in ihrer Auswahl undDurchführung an die jeweiligen Erfordernisseanzupassen. Es gilt die vorhandenenRessourcen der Beschäftigtenherauszuarbeiten und ein lebenslangesLernen zur fördern anstatt mit begrenztemErfolg den Defiziten entgegen zuwirken. Die Strategien der Personalentwicklungwerden sich auf individualisierteLösungen gerade für ältere Beschäftigein den Bereichen der Motivationsförderungund Leistungsbereitschaft und imBereich der individuellen Gesundheitsförderungausrichten müssen.Der Gewinn liegt dabei nicht nur auf derSeite des Arbeitnehmers, sondern ebensoauf der des Arbeitgebers, der ihre individuellenMöglichkeiten ausschöpfende,motivierte und leistungsfähige Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter einsetzen kann.Die Motivierende Gesprächsführung, diedem großen Feld der Beratungskonzeptezugeordnet werden kann, setzt beidiesem Bedarf an. Sie hat in den letztenJahren steigende Beachtung in derPrävention gefunden, da sie die bereitsangesprochenen Anforderungen an eineBeratung, die Veränderungslernen fördernsoll, erfüllt und eine breite Anwendbarkeitermöglicht.Aus gesundheitspsychologischer Sichtmuss eine Beratung darauf abzielen,„dass Personen im Rahmen ihrer individuellenLebenssituation, ihrer Motiveund Möglichkeiten passende Wege zurGesundheit finden und diese in denAlltag umsetzen können.“ Beratungsmethodensollen „einen individuellzu gestaltenden Veränderungsprozesseinleiten und starke Akzente auf dieSelbststeuerung... legen“ (Faltermaier:Tübingen, 2004). Diese Anforderungenerfüllt das Konzept der MotivierendenGesprächsführung auf Basis des MotivationalInterviewings. Miller/Rollnick(Freiburg, 2009) definieren ihr Beratungskonzept„als eine klientenzentrierte,direktive Methode zur Verbesserungder intrinsischen Motivation für eine Veränderungmittels der Erforschung undAuflösung von Ambivalenz“.Die Motivierende Gesprächsführung istdem humanistischen Menschenbild verpflichtetund setzt Beratungsmethodenein, die die Selbststeuerung des Veränderungsprozessesund die Eigenverantwortungder Person unterstützen sollen.Zur Stärkung der Handlungsbereitschaftaktiviert das Verfahren die persönlichenWertsetzungen, Motive und die Erinnerungan die biographische Genese deraktuellen Lebenssituation, an der diePerson Veränderungen vornehmen will.Es werden aber auch persönliche undsoziale Erwartungen an die Person undmögliche Konsequenzen thematisiert,die mit einer Veränderung verbundensind bzw. sein können. In diesem Zusammenhangist die Formulierung realistischerZiele sowie die Entwicklungeines Handlungsplans unter besondererBerücksichtigung von Handlungsalternativensowie der Anstrengungen, dieerforderlich sein können, um Widerständeund Rückschläge zu überwinden, einentscheidender Schritt zur Vorbereitungder Person auf die Umsetzung des Handlungsplans.Mitarbeiter wollenVeränderungen, und wollen siezugleich nichtDreh- und Angelpunkt der MotivierendenGesprächsführung ist der „Ambivalenzkonflikt“.In diesem Konstrukt wirddavon ausgegangen, dass der Menschfür die Beibehaltung sowie die Veränderungeiner Verhaltensweise guteGründe und Motivationen hat. SeineMotivationsstruktur ist unentschieden:Er will die Veränderung und er will siezugleich nicht. Diese Grundeinstellungist nach Miller/Rollnick (Freiburg, 2009)nicht ungewöhnlich oder gar krankhaft,sondern normal und alltäglich. Siebetrachten „Ambivalenz als einen normalenAspekt der menschlichen Natur…Genauer gesagt, Ambivalenz ist ein natürlicherSchritt im Prozess der Veränderung“.Ihre Erfahrungen kulminieren inder Beobachtung: „Mit der Ambivalenzzu arbeiten, bedeutet in vielen Fällen, mitdem Kern des Problems zu arbeiten“. Siesind der Überzeugung, dass jede Personüber ein großes Veränderungspotentialverfügt, das durch die Motivierende Gesprächsführungfreigesetzt werden soll,um den bereits in der Person angelegtenVeränderungsprozess zu fördern.Die Motivierende Gesprächsführung istein strukturiertes Vorgehen basierend aufder Annahme, dass dem Aufbau und derStärkung von Veränderungsmotiva tioneine Phasenstruktur zugrunde liegt, inder jede dieser Phasen eine Art Entwicklungsschrittder Person auf dem Weg zurEntscheidungsfindung und Handlungsbereitschaftist. Die Grundstruktur derMotivierenden Gesprächsführung korrespondiertmit dem Stufen-Modell derVerhaltensveränderung nach Prochaska/DiClemente (Schaubild S2).Jede Phase wird von spezifischen Aufgabenund Zielen bestimmt, für die es in derGesprächsführung förderliche Methoden


81Schaubild S2Stufen-Modell der Verhaltensveränderung nach Prochaska/DiClementeHandlungAbsichtslosigkeitSchlussstadiumAbsichtsbildungRückfallAufrechterhaltungVorbereitungsätze des Gesundheitsmanagementsberücksichtigen. Insbesondere im Feldder alters- und alternsgerechten Personalentwicklungist die Berücksichtigungvon Transparenz, Kommunikation unddie Beteiligung der Beschäftigten vonbesonderer Bedeutung, werden dochentsprechende Maßnahmen nicht vonvorne herein durch das Vertrauen derBeschäftigten begleitet. Eher haben dieBeteiligten mit Vorurteilen und Stigmatazu kämpfen.Diese können jedoch zum Beispiel durchWorkshops zur Verbesserung der Arbeitssituationvon Mitarbeitern 50+ oderZukunftswerkstätten abgebaut und insGegenteil verkehrt werden. Nicht nur dieWissenschaft weiß, dass sich Alt undJung in ihren Fähigkeiten gut ergänzenkönnen.gibt. Die Durchführung von Gesprächenauf der Basis des Stufen-Modells derVerhaltensveränderung ist kein mechanistisch-lineares„Abarbeiten“ bzw.Durchlaufen von Entwicklungsschritten,denn ein „Rückfall“ ist grundsätzlich undimmer möglich. Leitlinie der Gesprächsführungist der Prozesscharakter vonVeränderungen und damit die individuellunterschiedliche Zeitdimension. Die Zeit,die eine Person mit den Aspekten einerVeränderungsstufe beschäftigt ist, kanninterindividuell sehr stark variieren undist nicht vorauszusagen. Für den Beraterfolgt daraus: „die richtige Strategie zumrichtigen Zeitpunkt“ zu finden.Den einzelnen Stadien der Veränderungsind Ziele, Beratungsprinzipien und Methodenzugeordnet, deren Wirksamkeitwissenschaftlich überprüft ist. Richtigeingebettet in <strong>betriebliche</strong> Strategien desGesundheitsmanagements lassen sichaus den Gesprächen nicht nur individuelleAnsätze zur Förderung der Gesundheitfinden. Ähnlich wie beim <strong>betriebliche</strong>nWiedereingliederungs management könnenauch Rückschlüsse auf <strong>betriebliche</strong>Bedingungen gezogen werden. Dabeistehen jedoch nicht klassisch die Veränderungergonomischer Bedingungenim Vordergrund, sondern vielmehr diestrategische Ausrichtung der PersonalundOrganisationsentwicklung. Fragestellungenzum Umgang der Generationenmiteinander (s. auch nachfolgendesSpezial S. 81 ff.), zur Karriereplanung, zuNachfolgereglungen zu alternsgerechterGestaltung von Arbeit, zu Weiterbildungsstrategienetc. werden durcheinen weitsichtigen Umgang mit denErgebnissen solcher Gespräche in denFokus genommen. Zu diesen Fragestellungenbietet das Gesundheitsmanagementebenfalls geeignete Methoden an.Gemein ist ihnen, dass sie die Grund-„Wenn die Jugend wüssteund das Alter könnte...„(unbekannt)Die Erfahrungen mit „altersgemischtenTeams“ sind positiv. Es bedarf jedochder gezielten Vorbereitung zum Beispieldurch die genannten Instrumente.Nichts beginnen, was nichtvollendet werden kannWie schon zu Beginn geäußert, ist eineBewertung im Sinne von richtigem undfalschem Vorgehen schwer. Natürlichist Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeitanzustreben, natürlich Strategie besserals purer Aktionismus – aber die Maßnahmenmüssen auch in das System/Unternehmen passen und nichts istschlimmer, als etwas zu beginnen, vondem absehbar ist, dass es nicht vollendetwird. Besonders in diesem Themenfeldist Verlässlichkeit und Vertrauen ein unabdingbarerGrundstein für Erfolg. Ist dieBasis noch nicht gelegt, sind einzelnemit dem Themenfeld verknüpfte oder


82verknüpfbare Maßnahmen ein geeignetesMittel dieses Fundament zu legen.Doch vor allen Maßnahmen sollte denGrundsätzen des Projektmanagementsfolgend – so auch hier – eine PlanungsundAnalysephase stehen.Unter Beteiligung aller relevanten Unternehmensvertretersollte die Vorgehensweiseabgestimmt werden. Ein Strategieworkshop„Gesund arbeiten – nicht erstab 50+“ kann ein Start sein, um aus diesemGremium heraus Beratungskonzepteerstellen zu lassen. Ob diese in Formeiner Prozessberatung, Expertenberatungoder im Sinne einer systemischenBeratung zum Tragen kommen, liegt inder Hand der Unternehmen und richtetsich nach deren Voraussetzungen. Auchinterne Demografie-Experten könnenaufgebaut werden. Die Ausbildung zumDemografieberater stellt einen weiterenBaustein für einen nachhaltigen Lösungsansatzdar. Im Rahmen der Qualifizierunglernen sie als Multiplikatoren sowohl Hintergründedes demografischen Wandelsals auch die wesentlichen Instrumentedes Gesundheitsmanagements mit demFokus der alternden Belegschaften, wiesie in weiten Teilen oben aufgeführt sind,kennen. Eine Altersstrukturanalyse wäreso ggf. auch mit eigenen Ressourcendurch das Unternehmen erstellbar und –weitaus wichtiger – mit entsprechendemHintergrund interpretierbar.In den Bereich der Social Responsibilitykann man Initiativen einordnen, die sichmit der Kompensation von Defizitendurch jahrelange Unterforderung z. B.durch repetitive Tätigkeiten beschäftigen.Früher für viele große Unternehmenüblich, ist die „(Betriebs-)Kur“ als rein<strong>betriebliche</strong>s Unterstützungsangebot inden 1990er Jahren aus dem Fokus geraten.Die effektive Vermittlung in klassischeKuren, aber auch der Aufbau vonKontakten und Kooperationen zu Sekundär-und Tertiärpräventionsdienstleisternwird in Zukunft jedoch verstärkt zu den<strong>betriebliche</strong>n Aufgaben gehören, um imSinne eines erweiterten BEM effektiveStrukturen zu etablieren. Auch indirekteEntwicklungen, die mit einem steigendenAlter zu tun haben, rücken langsamaber sicher in das Blickfeld von weitsichtigenBetriebsleitungen. So werden janicht nur die Beschäftigten älter, sondernauch deren Angehörige, insbesonderederen Eltern. Die (Doppel-)Belastungdurch zu pflegende Angehörige wirdinzwischen als Handlungsfeld erkannt,dem man unter anderem mit sehr flexiblenArbeitszeitmodellen begegnet. Dochdie Flexibilität zu Gunsten des einen erfordertauf der anderen Seite auch dieentstehende Lücke am Arbeitsplatz zufüllen und so stellt sich automatisch dieFrage der Organisation und Qualifikation.FazitInsgesamt werden sich die Strategiendes Personalmanagements noch mehrals heute auf eine zukunftsorientiertePersonalentwicklung ausrichten. Im Kernwird die Förderung der indivi duellen Kompetenzenund Ressourcen aller AltersundBerufsgruppen stehen. Somit sinddeutliche Abgrenzungen zwischen BetrieblichemGesundheitsmanagement,Demografieprojekten, Personal- undOrganisationsentwicklung ein eher akademischesKonstrukt und in der Praxisstellt sich die Frage, wie es gelingt, diekomplexen Fragestellungen mit den zurVerfügung stehenden Instrumenten undRessourcen in die <strong>betriebliche</strong>n Routinenzu integrieren.Literatur:HETTEMA, Jennifer / STEELE, Julie /MILLER, William R. (2005): „MotivationalInterviewing“, in: Clinical Psychology, Vol. 1,S.91-111.KELLER, Stefan (1999): Motivation zur Verhaltensänderung.Das Transtheoretische Modellin Forschung und Praxis, Freiburg.KRIEGESMANN, Bernd [u. a.] (2005): Fb 1038Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutzund Arbeitsmedizin. Kompetenz füreine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit,Dortmund.MILLER, William R. / ROLLNICK, Stephen(2009): Motivierende Gesprächsführung, Freiburgim Breisgau.MILLER, William R. / WILBOURNE, Paula L.(2002): „Mesa Grande: a methodological analysisof clinical trials of treatments for alcoholuse disorders”, in: Addiction 97, S. 265-277.PROCHASKA, James O. / DICLEMENTE, CarloC. (1984): The transtheoretical approach:Crossing traditional boundaries of therapy,Homewood.PROCHASKA, James O. [u. a.] (1994):“Stages of change and decision balance for12 problem behaviors”, in: Health Psychology,13, S. 39-46.ROLLNICK, Stephen / MASON, Pip / BUT-LER, Chris (1999): Health Behavior Change. Aguide for practioners, London.VELICER, Wayne F. [u. a.] (1995): “An empiricaltypology of subjects within stage of change”,in: Addictive Behaviors, 20, S. 299-320.


83Die Wahrnehmung von Altersunterschieden in Teams –Erste Ergebnisse des iga Barometer <strong>2010</strong>Jürgen Wolters,<strong>BKK</strong> Bundesverband, Abteilung GesundheitsförderungDie soziodemografische Entwicklungstellt die Bevölkerung und damit auchdie Arbeitswelt vor große Herausforderungen.Hauptursachen sind drei Grundtendenzen:■ Die anhaltende Verlängerung der Lebenserwartungauf Grund einer deutlichenVerbesserung der Gesundheitund Lebensqualität.■ Die Zunahme der Altersgruppe über60 bis 2030, wenn die Kinder der Baby-Boom-Generationdas Rentenaltererreichen.■ Die anhaltend geringe Geburtenratevon 1,38 Geburten pro Frau. 1Die Bevölkerung und die Arbeitswelt sindfolglich durch einen ausgeprägten Alterungsprozessgekennzeichnet. Die Änderungenim Altersaufbau können anhandder prozentualen Anteile einzelner Generationenverdeutlicht werden. Währendheute bereits nur jeder Fünfte unter 20Jahre ist und dagegen schon fast jederVierte das Rentenalter erreicht, wird imJahr 2050 nur noch jeder Sechste unter20, aber bereits jeder Dritte 60 Jahre undälter sein. Entsprechend wird sich auchdas Durchschnittsalter verschieben: ImJahr 2001 lag es bei 41 Jahren, 2050 wirdes bei 49 Jahren liegen.Für die Arbeitswelt werden Lösungen inder Verlängerung der Lebensarbeitszeitverbunden mit einer Erhöhung des Renteneintrittsaltersoder auch in einem früherenBerufseinstieg gesehen. In beidenFällen wird sich dadurch die Zusammensetzungder Erwerbsbevölkerung starkverändern und sich die Altersspanne derBerufstätigen deutlich vergrößern.In der Arbeitswelt wird die Arbeit imTeam auf Grund seiner vielen Vorteile(z. B. Transfer von Wissen oder Verteilungvon Belastungen) immer stärkergeschätzt und ist in der Arbeitsgestaltungimmer häufiger anzutreffen. Auf dieArbeitswelt übertragen bedeuten die Lösungen,dass in den Teams zunehmendunterschiedliche Alterstrukturen aufeinandertreffen. Deren Zusammenarbeitlässt sowohl Chance als auch Risikoerkennen.Chancen vor dem Hintergrund unterschiedlicherErfahrungshintergründe ergebensich durch die Kombination desWissens, der Erfahrung und der Fähigkeitenjüngerer und älterer Mitarbeiter.Das Risiko besteht vor allem darin, dasses auf Grund der Zusammenarbeit vonjung und alt zu zahlreichen Konfliktenkommen kann, die durch unterschiedlicheDenk- und Arbeitsweisen, Vorurteilegegenüber der jeweils anderenGeneration etc. hervorgerufen werden.Diese Konflikte wirken sich negativ aufdie Stimmung im Team und des Einzelnenaus, aber auch auf die Leistung unddie Gesundheit.Im Rahmen des iga Barometer <strong>2010</strong> –einer regelmäßigen, repräsentativen Befragungvon Erwerbstätigen der InitiativeGesundheit und Arbeit (iga) 2 – wurde untersucht,wie das Miteinander der Generationenam Arbeitsplatz ausgeprägtist. Welche Alterstrukturen haben dieTeams? Wie empfinden die Beschäftigtendie Vor- und Nachteile altersgemischterTeams? Erkennt die Führungskraft diebestehenden Altersunterschiede undrichtet ihren Führungsstil entsprechendaus? Im Folgenden werden einige deskriptiveUnterschiede zum Mitein anderder Generationen im Arbeitsleben ausdem iga Barometer dargestellt. Die vollständigenErgebnisse erscheinen in einemiga Report. 3Altersvarianz in den TeamsUm ein Maß für die Alterszusammensetzungder Arbeitsgruppen zu erhalten,wurden die Teilnehmer der iga-Befragunggebeten, einzuschätzen, wie ihreeigenen Arbeitsteams altersmäßig zusammengesetztsind. Dabei wurden vierAbstufungen vorgenommen, von „esbestehen keine Altersunterschiede imTeam (d. h. alle sind in etwa gleich alt)“bis zu „es gibt große Altersunterschiedeim Team (d. h. sowohl jüngere als auchältere Personen arbeiten zusammen)“.40,5 % der Befragten gaben an, dass esin Ihrem Team keine oder nur geringeUnterschiede in Hinblick auf die Alterszusammensetzunggibt, d. h. alle sind inetwa gleich alt. Deutliche bis sehr großeAltersunterschiede wiesen die Arbeitsteamsbei 59,5 % der Befragten auf.Gibt es Unterschiede zwischenden Berufsgruppen?Das iga Barometer enthält auch Fragenzum ausgeübten Beruf und der Branche.Dabei zeigte sich in allen 15 ausgewertetenBerufsgruppen, dass es insgesamtUnterschiede in der Alterszusammensetzungder Arbeitsgruppen der Befragtengibt. So gaben nur 17,5 % bzw.22,9 % der Befragten an, dass es keine1 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes, Stand: 20082 iga wird getragen vom <strong>BKK</strong> Bundesverband, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem AOK Bundesverband und dem Verbandder Ersatzkassen (vdek)3 Die iga-Reporte sind unter http://www.iga-info.de zu finden.


84Schaubild S3Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Berufen – Altersvarianz in den BerufenLandwirtschaft,Bergbau, Stein-HolzFertigungsberufe Metall-Masch.21,6 21,6 27,3 27,319,8 28,6 24,2 27,5Fertigungsberufe Elektro-Montage10,816,930,841,5Ernährungsberufe7,730,815,446,2BauberufeWarenprüfer, Hilfsarbeiter,MaschinistenTechnische Berufe11,314,317,930,620,920,329,039,631,729,025,330,1Warenkaufleute & Banken16,421,535,226,9Verkehrsberufe20,913,236,329,7Büroberufe20,424,326,029,3Sicherheitsberufe14,314,354,816,7Künstler25,025,020,030,0Gesundheitsberufe13,226,426,933,5Sozial & Erziehungsberufe18,318,834,328,6sonstige Dienstleistungsberufe14,538,620,526,5sonstige Berufe 033,341,725,00%10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 100%keine Altersunterschiedegeringe Altersunterschiededeutliche Altersunterschiedesehr große Altersunterschiedeoder nur geringe Altersunterschiede imTeam gibt. Somit kann man insgesamteine deutliche Altersvarianz in den Arbeitsgruppenaller Befragten feststellen.Deutliche Altersunterschiede zeigen sichdabei vor allem bei den Fertigungsberufenim Elektro- und Montagebereichund Sicherheitsberufen, bei denen derAnteil an Arbeitsgruppen mit einer deutlichenoder sehr großen Altersvarianzüber 70 % liegt. Eine vergleichsweisegeringe Altersvarianz zeichnet sich demgegenübereher in den Berufsgruppender Künstler, der Fertigungsberufe imMetall- und Maschinenbau, sowie insonstigen Dienstleistungsberufen ab (s.Schaubild. S3).


85Gibt esGeschlechtsunterschiede?Über die Hälfte der Befragten beiderGeschlechter (ca. 60 %) geben an, dassin den Teams deutliche oder sehr großeAltersunterschiede zwischen den Teammitgliedernbestehen. Diese Altersunterschiedenehmen Männer ein wenig stärkerwahr als Frauen. Dies ist unabhängigvon der tatsächlichen Alterszusammensetzungim Team (s. Schaubild S4).Die Unterschiede zwischen denAltersgruppenDie Teams der einzelnen Altersgruppensind hinsichtlich der Altersvarianzunterschiedlich zusammengesetzt. DieHälfte der Personen der Altersgruppeder 40-49-Jährigen arbeitet in Arbeitsgruppen,in denen es nach eigener Einschätzungnur geringe oder gar keineAltersunterschiede gibt. Im Unterschieddazu steht die Altersgruppe der unter20-Jährigen. Hier sind es etwa 78 % derBefragten, die angeben, in einem Teammit deutlichen oder sehr großen Altersunterschiedenzu arbeiten (s. SchaubildS5).Schaubild S4Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Geschlecht –Unterschiede in der Altersvarianzweiblichmännlich0%17 25 29 2918<strong>2010</strong>% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%keine Altersunterschiedegeringe Altersunterschiede31deutliche Altersunterschiede30sehr große AltersunterschiedeSchaubild S5Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Altersklassen –Unterschiede der AltersvarianzDie Wertschätzung vonAltersdifferenzenunter 20 Jahre13 10 43 35Das Konzept der individuellen Wertschätzungvon Altersdiversität im Arbeitskontextbeschreibt die eigene Einschätzungder Teamarbeit hinsichtlich derindividuell empfundenen Vor- und Nachteileeiner gemischten Alterszusammensetzungim Team. Eine hohe Wertschätzungzeichnet sich vor allem dadurch aus,dass man zahlreiche Vorteile und positiveEffekte auf z. B. die Leistung oder dasTeamklima, in der Zusammenarbeit inaltersgemischten Teams sieht.20-29 Jahre30-39 Jahre181222263534302840-49 Jahre 21 30 26 2350-59 Jahre60 Jahre und älter18161619303136340% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%keine Altersunterschiede deutliche Altersunterschiedegeringe Altersunterschiedesehr große Altersunterschiede


86Auch hinsichtlich der Wertschätzung vonAltersdifferenzen lassen sich Unterschiedezwischen einzelnen Berufsgruppenfinden. So sehen vor allem Personen inBauberufen, in Gesundheitsberufen undKünstler einen hohen, positiven Wert inden Altersunterschieden der Teammitgliedergegenüber Personen, die alsWarenprüfer und Hilfsarbeiter tätig sind.Dies ist nachvollziehbar, da in den erstgenannten,qualifizierten und teilweisespezialisierten Berufsgruppen ein Vorteilin dem Erfahrungswissen der Älterengesehen wird. Wohingegen in wenigerqualifizierten Berufsgruppen dieser Vorteilnicht gesehen wird.Altersdifferenziertes FührenWie in jeder Gruppe gibt es auch in denaltersgemischten Teams unterschiedlicheBedürfnisse der einzelnen Mitglieder,welche die Anforderungen an dieFührungskraft erhöhen. Die Führungskraftmuss die bestehenden Altersunterschiedeund die damit verbundenen,unterschiedlichen Bedürfnisse erkennenund ihren Führungsstil entsprechendausrichten. Um auf diese speziellen Anforderungender einzelnen Altersgruppeneinzugehen, ist altersdifferenziertesFühren notwendig. Dazu wurden im igaBarometer die Beschäftigten beispielsweisegefragt, ob ihre Vorgesetzten dieMitarbeiter an Entscheidungen überdie zu erledigenden Arbeitsaufgabenbeteiligen. Oder, ob die Vorgesetztendie Mitarbeiter Wert schätzen. Gezieltwurde dabei gefragt, ob dieses eher fürjüngere oder ältere Mitarbeiter oder fürbeide Altersgruppen gilt.Insgesamt betrachtet, zeigte sich einehohe Einschätzung, dass die Vorgesetztenihre Führung auf beide Altersgruppengleichzeitig ausrichten. Betrachtet mandas Führungsverhalten differenziert nachBerufsgruppen, so zeigen sich teilweiseandere Ergebnisse. Vorgesetzte zeigenvor allem in den Ernährungs- und Sicherheitsberufe,in Berufesgruppen derLandwirtschaft, des Bergbaus sowiedes Baugewerbes, aber auch in Warenverkaufs-und Bankberufen ein unterschiedlichesFührungsverhalten gegenüberjüngeren und älteren Mitarbeitern.Ein Führungsstil, der jüngere und ältereMitarbeiter im gleichen Maße behandelt,ist verstärkt in Verkehrs-, Sozial- und Erziehungsberufenvorzufinden.Diese exemplarischen Ergebnisse ausdem iga Barometer <strong>2010</strong> lassen erkennen,dass eine große Zahl der BerufsgruppenAltersunterschiede in Teamswahrnimmt. Die Auswirkungen, die dieseWahrnehmung auf die Leistung derGruppe oder auf die Gesundheit desEinzelnen haben, können unterschiedlichsein. Auf der positiven Seite stehtder günstige Einfluss, den der Austauschvon Berufserfahrungen, von Kenntnissen<strong>betriebliche</strong>r Zusammenhänge oder derEinsatz älterer Beschäftigter als Mentorauf das Team haben kann (s. auchSpezial von Sendler S. 32 f). Eine starkeWahrnehmung von Altersunterschiedenkönnte die Möglichkeit von Konfliktenerhöhen, die durch Vorurteile gegenüberder anderen Altersklasse hervorgerufenwerden. Beispielsweise könnten Defizitegegenüber Älteren, wie eine höhereKrankheitshäufigkeit oder eine geringereBelastbarkeit die Oberhand gewinnen.Die Zusammensetzung des Teams könntein diesem Fall ein negatives Ergebnisbezogen auf die Leistungsfähigkeit desTeams und die Gesundheit der Mitarbeiterhaben. Diese Konflikte muss die<strong>betriebliche</strong> Gesundheitsförderung aufgreifenund Lösungen anbieten. Diesekönnen in Gesundheitszirkeln mit demFokus der Teambildung oder in Seminarenzur altersgerechten Führung liegen.


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen87Arbeitsunfähigkeitwichtiger Berufsgruppeninnerhalb ausgewählterWirtschaftszweigeIm Folgenden werden die tätigkeitsspezifischenKrankenstände innerhalbwichtiger Wirtschaftszweige detailliertdargestellt, um einen genaueren Einblickin die Krankheitsausfälle der Branchenzu geben. 3MetallverarbeitungDie metallverarbeitende Industrie besitztsowohl gemessen an ihrem Anteil an den<strong>BKK</strong>-Versicherten, als auch im gesamtwirtschaftlichenMaßstab nach wie vorein hohes Gewicht. In dieser Branche erkrankteein beschäftigtes <strong>BKK</strong>-Mitglied2009 im Durchschnitt 12,7 Kalendertage,womit gegenüber dem Vorjahr kein Anstiegzu verzeichnen war. Für die rund165 Tsd. dort beschäftigten Frauenwurden 13,8 Tage gemeldet. Dem stehen12,4 Tage der 716 Tsd. männlichenBeschäftigten dieser Wirtschaftsgruppegegenüber.Schaubild 30Arbeitsunfähigkeit nach Berufen – MetallverarbeitungElektrogeräte-,ElektroteilemontiererTransportgeräteführerSchweißer, BrennschneiderLager-, TransportarbeiterSonstige MontiererStahlbauschlosser,EisenschiffbauerMetallarbeiter, o. n. A.Hilfsarbeiter ohnenähere TätigkeitsangabeWarenprüfer, -sortierer, a. n. g.DreherMaschinenschlosserElektroinstallateure, -monteureWerkzeugmacherSonstige MechanikerBranche gesamt12,714,914,113,312,717,617,617,016,916,620,019,719,221,022,2Nach Berufen wiesen die schon in derGesamtbetrachtung relevanten Gruppenwie Montierer, Transportgeräteführer,und Schweißer die höchsten Krankenständeauf (vgl. Schaubild 30). Technikerfehlten im Vergleich zum Vorjahrrund fünf Tage mehr. Schwankungen indiesen Berufen stehen indes häufig mitlängeren Phasen von Kurzarbeit – z. B.auf Werften – in Verbindung.Sonstige TechnikerElektrogerätebauerDatenverarbeitungsfachleuteIngenieure des MaschinenundFahrzeubauesBürofachkräfteSonstige Ingenieure012,712,310,510,59,37,55 10152025Die wenigsten Krankheitstage fielen beiIngenieuren, Bürofachkräften, Unternehmernund Datenverarbeitungsfachleutenan. Analog zu den Gesamtergebnissenverzeichneten Frauen jedoch längereFehlzeiten als Männer. Während Datenverarbeiterinnenrund zwei Tage wenigerkrankgeschrieben waren, lagen die Fehlzeitender Hilfs- und Metallarbeiterinnenrund vier Tage, die der Elektroinstallateurinnengar elf Tage über denen der männlichenBeschäftigten.AU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 20093 Bei den Ergebnissen ist zu beachten, dass hier nicht nur Pflichtmitglieder, sondern auch freiwillig Versicherte einbezogen wurden.


88 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenMetallerzeugungIn der Metallerzeugung (vgl. Tabelle 11)liegen die Krankenstände üblicherweiseerheblich höher als in der Metallverarbeitungund erreichten 2009 durchschnittlich15,5 AU-Tage je Beschäftigten.Hiermit stiegen die Fehlzeiten in dieserBranche gegenüber dem Vorjahr um fasteinen Tag an. Mit mehr als dreiwöchigenKrankheitszeiten standen Halbzeugputzerauf dem obersten Rang. Es folgtenSchweißer, Warenaufmacher und Stahlschmiedemit Krankheitszeiten von dreiWochen.Am Ende der Fehlzeiten-Skala rangiertenunter den hier aufgeführten quantitativbedeutsamen Gruppen die Bürofachkräfte,Techniker und Werkzeugmacher mitim Schnitt 10 bis 13 Krankheitstagen imJahr.Geschlechtsspezifische Differenzen könnenauch in der Metallerzeugung festgestelltwerden. So waren die produktionsnäherenMetallarbeiterinnen mit gut 23Krankheitstagen etwa sechseinhalb Tagelänger krank gemeldet als ihre männlichenKollegen. Im Büro fehlten sie hingegengenauso lange, wie die männlichenBüroangestellten der metallerzeugendenUnternehmen.Chemische IndustrieIn der chemischen Industrie (vgl. Tabelle12) lag der Branchendurchschnittim Beobachtungszeitraum bei 13,8 AU-Tagen je Beschäftigten (+1,0 gegenüberdem Vorjahr). Industriemeister gehörtenmit 24 AU-Tagen zu den gesundheitlichauffälligsten Gruppen, gefolgt von denChemielaborwerkern und Beschäftigtenin der Warenannahme und dem Versandmit jeweils 21,6 Tagen. Industriemeisterverzeichneten gegenüber dem Vorjahreinen Anstieg der Krankheitszeiten umrund zwei Wochen(!). Auch Lager- undTransportarbeiter, Chemiebetriebswerkersowie Gummihersteller verzeichnetenmit rund 20 Tagen noch um fast dieHälfte erhöhte Krankheitszeiten gegenüberdem Branchendurchschnitt.Auf dem hohen Niveau der Fehlzeitenunterscheiden sich die Geschlechterzum Teil stark voneinander. Lagen dieKrankheitszeiten der Frauen bei denChemielaborwerkern unter denen ihrermännlichen Kollegen (Frauen: 20,3,Tabelle 11Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: MetallerzeugungAU-Fälle AU-Tage TageBerufSchlüssel Mitglieder je Mitglied je Mitglied je FallHalbzeugputzer und sonst. Formgießerberufe 203 3.413 1,5 25,0 16,8Schweißer, Brennschneider 241 3.840 1,4 22,2 15,5Warenaufmacher, Versandfertigmacher 522 3.352 1,3 21,7 16,3Stahlschmiede 251 2.082 1,3 20,4 16,0Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe 531 6.539 1,3 20,2 16,1Metallarbeiter, o. n. A. 323 14.073 1,3 20,2 16,0Eisen-, Metallerzeuger, Schmelzer 191 6.106 1,2 19,6 16,9Walzer 192 6.907 1,1 18,9 17,1Warenprüfer, -sortierer, a. n. g. 521 4.408 1,2 17,8 15,1Bauschlosser 271 5.213 1,4 17,0 12,2Betriebsschlosser, Reparaturschlosser 274 8.392 1,3 16,8 13,4Industriemechaniker/innen o. n. F 270 7.177 1,4 16,5 12,2Fräser 222 2.914 1,2 15,5 13,0Dreher 221 6.813 1,3 15,3 12,1Maschinenschlosser 273 5.194 1,3 15,2 12,2Elektroinstallateure, -monteure 311 5.863 1,1 14,0 12,3Sonstige Mechaniker 285 2.578 1,3 13,8 10,5Werkzeugmacher 291 6.583 1,2 12,5 10,5Sonstige Techniker 628 3.738 1,0 11,1 11,3Bürofachkräfte 781 20.225 1,0 9,5 9,9Branche gesamt 212.348 1,1 15,5 13,6davon: Frauen 33.375 1,1 13,9 12,6Männer 178.973 1,1 15,8 13,8Tabelle 12Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: ChemieAU-Fälle AU-Tage TageBerufSchlüssel Mitglieder je Mitglied je Mitglied je FallIndustriemeister, Werkmeister 629 3.250 1,9 24,0 12,6Chemielaborwerker 142 3.514 1,7 21,6 12,9Warenaufmacher, Versandfertigmacher 522 2.841 1,6 21,6 13,4Lager-, Transportarbeiter 744 2.983 1,4 20,1 14,4Chemiebetriebswerker 141 45.531 1,6 19,6 12,2Gummihersteller, -verarbeiter 143 10.028 1,3 19,5 15,3Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe 531 4.779 1,4 19,4 13,9Kunststoffverarbeiter 151 16.003 1,4 19,0 14,0Lagerverwalter, Magaziner 741 2.159 1,4 17,6 12,4Betriebsschlosser, Reparaturschlosser 274 5.447 1,4 16,4 11,6Maschinenschlosser 273 2.067 1,5 16,0 11,0Sonstige Mechaniker 285 2.606 1,5 14,5 9,8Sonstige Techniker 628 3.887 1,4 14,2 10,3Elektroinstallateure, -monteure 311 3.664 1,2 13,4 10,9Werkzeugmacher 291 2.079 1,3 13,2 10,2Chemielaboranten 633 9.965 1,4 12,4 8,6Biologisch-technische Sonderfachkräfte 631 1.750 1,3 11,2 8,4Groß- und Einzelhandelskaufleute, Einkäufer 681 2.761 1,1 10,3 9,5Bürofachkräfte 781 26.484 1,1 9,8 9,0Chemiker, Chemieingenieure 611 1.427 1,0 9,6 9,4Branche gesamt 240.135 1,2 13,8 11,8davon: Frauen 63.289 1,2 13,2 10,9Männer 176.846 1,2 14,0 12,1


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen89Tabelle 13Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: BaugewerbeAU-Fälle AU-Tage TageBerufSchlüssel Mitglieder je Mitglied je Mitglied je FallStukkateure, Gipser, Verputzer 481 1.877 1,3 21,8 16,8Betonbauer 442 3.514 1,3 21,5 17,0Sonstige Tiefbauer 466 4.347 1,1 19,8 18,8Maurer 441 14.605 1,1 19,7 17,9Dachdecker 452 6.280 1,3 19,4 15,5Baumaschinenführer 546 2.162 1,0 19,2 19,1Isolierer, Abdichter 482 4.053 1,2 19,1 16,2Straßenbauer 462 3.303 1,3 18,8 14,9Fliesenleger 483 2.587 1,2 17,7 14,8Kraftfahrzeugführer 714 2.569 1,0 17,6 18,0Sonstige Bauhilfsarbeiter, Bauhelfer, a. n. g. 472 8.157 1,0 17,6 18,1Zimmerer 451 5.454 1,2 17,3 14,4Maler, Lackierer (Ausbau) 511 12.096 1,3 16,9 13,2Rohrinstallateure 262 21.390 1,4 16,5 12,1Tischler 501 7.201 1,2 14,9 12,1Elektroinstallateure, -monteure 311 21.491 1,3 14,2 11,3Sonstige Techniker 628 2.025 0,9 12,3 13,5Bürofachkräfte 781 24.627 0,9 9,9 11,0Technische Zeichner 635 1.474 1,1 9,1 8,5Architekten, Bauingenieure 603 1.912 0,7 6,4 9,7Branche gesamt 214.597 1,1 15,6 13,9davon: Frauen 30.896 0,9 10,5 11,2Männer 183.700 1,2 16,4 14,2Tabelle 14Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: HandelAU-Fälle AU-Tage TageBerufSchlüssel Mitglieder je Mitglied je Mitglied je FallWarenaufmacher, Versandfertigmacher 522 9.921 1,4 20,1 14,1Kraftfahrzeugführer 714 15.848 1,1 19,6 18,4Lager-, Transportarbeiter 744 23.614 1,3 17,7 13,5Kassierer 773 19.638 1,1 17,6 16,4Sonstige Techniker 628 7.453 1,4 16,9 12,5Lagerverwalter, Magaziner 741 20.119 1,2 15,7 12,9Kraftfahrzeuginstandsetzer 281 38.141 1,5 14,9 10,1Elektroinstallateure, -monteure 311 5.772 1,3 14,7 11,0Verkäufer 682 194.102 1,0 14,5 14,3Handelsvertreter, Reisende 687 13.777 1,2 13,4 11,6Floristen 53 3.365 0,9 11,5 12,7Unternehmer, Geschäftsführer 751 8.609 0,7 11,0 14,8Groß- und Einzelhandelskaufleute, Einkäufer 681 64.137 1,0 10,5 10,1Bürofachkräfte 781 116.260 1,0 9,8 9,8Buchhalter 772 6.064 0,9 9,4 10,8Pharmazeutisch-kaufmännische Angestelle 685 6.520 1,0 9,3 9,6Augenoptiker 304 5.253 1,0 8,8 8,6Datenverarbeitungsfachleute 774 6.833 0,9 8,6 9,2Diätassistentinnen, Pharm.-techn. Assistenten 855 9.173 0,8 7,0 8,7Apotheker 844 4.894 0,5 5,8 11,2Branche gesamt 734.766 1,0 12,7 12,3davon: Frauen 382.623 1,1 13,4 12,7Männer 352.143 1,0 11,9 11,8Männer: 22,6 Tage), so war es bei denGummi- sowie Kunststoffverarbeiternumgekehrt. Hier wiesen Frauen um gutfünf bzw. acht Tage längere Fehlzeitenauf (23,9 zu 19,0 Tagen bzw. 24,6 zu 17,4Tagen). Auch die Hilfsarbeiterinnen fielenmit 22,7 Krankheitstagen fünf Tagelänger aus als männliche Hilfsarbeiter.Am unteren Ende der Skala befandensich erwartungsgemäß Chemiker, Bürofachkräfteund Groß- und Einzelhandelskaufleutemit nur geringen Ausfallzeitenvon rund zehn AU-Tagen im Jahr. Auchdie leitenden Angestellten im Managementsowie die biologisch-technischenSonderfachkräfte fehlten 2009 noch anrund elf Tagen.BaugewerbeDas Baugewerbe (Tabelle 13) gehört –ähnlich wie die Metallerzeugung – zu denBranchen mit einem höheren Krankenstand,wobei mit 15,6 Krankheitstagen in2009 eine Zunahme von rund eineinhalbTagen gegenüber dem Vorjahr zu beobachtenwar. Bereits 2007 hatte es einenAnstieg um einen halben Tag gegeben.Stukkateure (21,8 Tage) und Betonbauer(21,5 Tage) verzeichneten die höchstenkrankheitsbedingten Ausfälle. Hiernachfolgten Tiefbauer, Maurer und Dachdeckermit rund 20 Krankheitstagen. Zu denBerufsgruppen mit besonders wenigenAusfallzeiten gehörten in dieser Brancheerwartungsgemäß Architekten und Bauingenieure(6,4 Tage) sowie technischeZeichner und Bürofachkräfte, die imDurchschnitt gut zehn Tage erkrankten.HandelMit durchschnittlich 12,7 Arbeitsunfähigkeitstagenzählte der Handel zu denBranchen, die in 2009 deutlich mehrKrankheitsausfälle (+1,0 Tag) gegenüberdem Vorjahr zu verzeichnen hatten.Frauen sind in dieser Wirtschaftsgruppezahlenmäßig etwas stärker vertreten. Siewaren im Schnitt 13,4 Tage und damiteineinhalb Tage länger als die männlichenBeschäftigten krankgeschrieben.Die höchsten Fehlzeiten wiesen dieBeschäftigten der Warenannahme unddem Versand (20,1 Tage, +1,5) sowieKFZ-Führer (19,6 Tage, +2,5) auf. In derWarenannahme wurden für Frauen sogar22,1 AU-Tage und damit vier Tage


90 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenVerkehrmehr als für ihre männlichen Kollegengemeldet. Weitere Gruppen mit hohenKrankenständen waren Lager- undTransportarbeiter/innen sowie Kassierer/innenmit rund 18 Tagen (vgl. Tabelle14). Kassiererinnen (18,2 Tage) fielendabei jedoch rund eine Woche längerkrankheitsbedingt aus als Kassierer(10,2 Tage). Verkäufer/innen bilden mitüber einem Viertel der Beschäftigtenim Handel naturgemäß die größte Berufsgruppe(194 Tsd. <strong>BKK</strong> Versicherte).Mit 14,5 AU-Tagen (+1,3) überschrittensie den Branchendurchschnitt merklich.Auch hier verzeichneten die Verkäuferinnenmit 15,6 AU-Tagen deutllich mehrKrankheitstage als männliche Verkäufer(11,4 Tage).Mit unter sechs Krankheitstagen bildetendie Apotheker/innen erwartungsgemäßdas „Schlusslicht“, wobei auch hier dieAnzahl der Krankheitstage der Frauen(5,9) von der der Männer abwich (5,2).Auch bei Diätassistent(inn)en, Datenverarbeitungsfachleuten,Augenoptikern,pharmazeutisch-kaufmännischenAngestellten sowie Buchhaltern fielenmit sieben bis neun Tagen ebenfallsnur geringe Ausfallzeiten an. Die in derDatenverarbeitung tätigen Frauen fehltenwiederum im Schnitt drei Tage länger alsdie Männer.Die im Verkehrsbereich Beschäftigtenerkrankten im Jahr 2009 an durchschnittlich18,2 Tagen (+1,6 gegenüber demVorjahr). Das Fehlzeitenniveau der Branchelag so weiterhin deutlich über demDurchschnitt aller Wirtschaftszweige,was besonders auf die Unternehmen imLandverkehr zurückzuführen ist. Hierbeistanden Gleisbauer, Maschinenschlossersowie Warenauf- und Versandfertigmachermit 25 bis 27 Tagen weit an derSpitze (vgl. Tabelle 15). Auch die großenGruppen der KFZ-Führer (Männer: 20,6Tage, Frauen: 25,9 Tage), Eisenbahnbetriebsreglerund -schaffner (Männer:20,9 Tage, Frauen: 25,2 Tage) sowie derSchienenfahrzeugführer (Männer: 18,3Tage, Frauen: 35,0 (!) Tage) fehlten längerals der Durchschnitt. In diesen Gruppenmit besonderen, vor allem auch psychomentalenBelastungen erkranktenTabelle 15Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: VerkehrFrauen durchschnittlich sogar dreieinhalbbzw. fünf Wochen im Jahr, Männerwaren im Mittel „nur“ rund zweieinhalbbis drei Wochen krankheitsbedingt abwesend.Frauen waren in dieser Branche vorallem als Bürofachkräfte, Eisenbahnbetriebsreglerinnen,Verkehrsfachfrauenim Güterverkehr und Restaurantfachfrauenbzw. Stewardessen tätig, währendMänner insbesondere als Kraftfahrzeugführer,Eisenbahnbetriebsregler sowieLager- und Transportarbeiter beschäftigtwaren.Mit Krankheitszeiten von gut einerWoche verzeichneten die Verkehrsfachleuteim Güterverkehr sowie Fremdenverkehrsfachleutedie wenigstenKrankheitsausfälle.AU-Fälle AU-Tage TageBerufSchlüssel Mitglieder je Mitglied je Mitglied je FallGleisbauer 463 2.161 1,6 27,4 17,5Maschinenschlosser 273 4.138 1,6 24,7 15,4Warenaufmacher, Versandfertigmacher 522 3.413 1,6 24,6 15,6Betriebsschlosser, Reparaturschlosser 274 3.622 1,6 23,4 14,9Transportgeräteführer 742 1.839 1,5 23,2 15,5Eisenbahnbetriebsregler, -schaffner 712 31.628 1,3 22,1 17,4Lager-, Transportarbeiter 744 20.869 1,5 21,5 14,4Kraftfahrzeugführer 714 71.210 1,0 20,9 21,5Lagerverwalter, Magaziner 741 5.491 1,4 20,5 15,1Sonstige Fahrbetriebsregler, Schaffner 713 1.597 1,3 20,4 16,1Stauer, Möbelpacker 743 1.106 1,2 20,2 16,4Elektroinstallateure, -monteure 311 6.909 1,5 19,4 13,4Schienenfahrzeugführer 711 17.609 1,2 19,3 15,6Kraftfahrzeuginstandsetzer 281 2.428 1,4 17,4 12,8Restaurantfachleute, Steward/Stewardessen 912 6.035 1,4 16,8 11,9Luftverkehrsberufe 726 2.345 1,3 15,7 11,9Sonstige Techniker 628 2.194 1,2 15,6 13,5Bürofachkräfte 781 31.369 1,1 11,8 11,0Fremdenverkehrsfachleute 702 2.195 1,2 10,9 9,5Verkehrsfachleute (Güterverkehr) 701 16.239 1,0 9,2 9,1Branche gesamt 278.138 1,2 18,2 15,6davon: Frauen 64.530 1,3 16,9 13,2Männer 213.609 1,1 18,6 16,5


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen91Post und TelekommunikationDie Postdienste (16,3 Tage, -1,5) fallen,trotz gesunkener Fehlzeiten, im Vergleichzu anderen Dienstleistungsbranchenweiterhin durch traditionell hohe Krankenständeauf. Die Krankheitszeiten derTelekommunikationsbranche (11,8 Tage,-1,9) nähern sich denen der anderenDienstleistungsbranchen an. So lag derKrankenstand hier, anders als im Vorjahr,unter dem des Gastgewerbes und derunternehmensbezogenen Dienstleistungen.Schaubild 31Arbeitsunfähigkeit nach Berufen:Postdienste und TelekommunikationPostdiensteDatenverarbeitungsfachleuteKraftfahrzeugführerLager-, TransportarbeiterPostverteilerBürofachkräfte16,317,517,116,816,616,3Bei den Postbediensteten waren fürdie meisten Tätigkeitsgruppen rechthohe Krankenstände zu verzeichnen(vgl. Schaubild 31). Die Postverteiler imAußendienst lagen mit 16,6 AU-Tagen(Frauen: 18,0, Männer: 14,1 Tage) nochunter der kleineren Gruppe der LagerundTransportarbeiter. Dies könnte zumTeil der unterschiedlichen Altersstrukturgeschuldet sein, die bei den Postbedienstetenzu einer insgesamt hohenArbeitsunfähigkeit beiträgt (vgl. Kapitel3.2).TelekommunikationFernmeldemonteure,-handwerkerSonstige TechnikerTechiker des ElektrofachesBürofachkräfteDatenverarbeitungsfachleuteAU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 20097,711,812,612,212,015,00 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20Die Krankheitsausfälle in der Telekommunikationsbranchewerden vor allem vonder großen Gruppe der Fernmeldemonteureund -handwerker mit durchschnittlich15 AU-Tagen (-3,1) geprägt. Die hierbeschäftigten Datenverarbeitungsfachleutewiesen dagegen mit nur 7,7 Tagenaußerordentlich niedrige Fehlzeiten auf(vgl. Schaubild 31). Die Bürofachkräftelagen mit zwölf Krankheitstagen knappüber dem Branchenschnitt, wobei derUnterschied von drei Tagen zwischenMännern (10,2) und Frauen (13,4) hiersehr hoch ausfiel.


92 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenDienstleistungenIn den Unternehmensdienstleistungen(vgl. Schaubild 32), die z. B. freiberufliche,wissenschaftliche und technischeDienstleistungen, aber auch Zeitarbeitsfirmenumfassen, werden insgesamtebenfalls niedrige Fehlzeiten von nurrund zwölf AU-Tagen gemeldet. Hierbeiläge der Gesamtwert ohne die Zeitarbeitsfirmen(s. Kasten) zudem nochdeutlich niedriger. In den Ergebnissenfindet sich die heterogene Branchenstrukturmit extrem starken Streuungenzwischen den einzelnen Berufsgruppenwieder. So erkrankten die Beschäftigtender Reinigungsbranche und Telefonistendurchschnittlich rund 20 bis 21 Tage.Auch Wächter, Hilfs- sowie Lager- undTransportarbeiter meldeten sich an rund18 bis 19 Tagen im Jahr krank.Am unteren Ende der Fehlzeitenskalarangierten die Architekten, Unternehmens-sowie Steuerberater und Fremdenverkehrsfachleute,wobei die weiblichenBeschäftigten die Ausfallzeiten dermännlichen Kollegen in diesen Berufsgruppenum ca. zwei Tage überschritten.Aber auch in diesen hoch qualifiziertenTätigkeiten haben die Krankheitszeitenzugenommen. In einigen Gruppen zeigtsich ein angesichts des sehr niedrigenKrankenstandes ungewöhnlicher Anstiegder AU-Tage. Bewegt sich dieserbei den Telefonisten noch mit +0,8 eherim moderaten Bereich, so verzeichnetenGeschäftsführer einen Anstieg umSchaubild 32Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: DienstleistungenGlas-, GebäudereinigerTelefonistenRaum-, HausratreinigerWächter, AufseherHilfsarbeiter ohnenähere TätigkeitsangabeLager-, TransportarbeiterElektroinstallateure, -monteurePförtner, HauswarteStenographen, Stenotypistinnen,MaschinenschreiberSonstige TechnikerWerbefachleuteBuchhalterBürofachkräfteSonstige IngenieureUnternehmer, GeschäftsführerDatenverarbeitungsfachleuteFremdenverkehrsfachleuteWirtschaftsprüfer,SteuerberaterUnternehmensberater,OrganisatorenArchitekten, Bauingenieure05,558,17,67,26,9Branche gesamt12,312,011,911,711,310,610,39,7AU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 20091015,417,01520,819,919,819,218,618,22025Arbeitsvermittlung, ZeitarbeitDie Leih- bzw. Zeitarbeit gilt als Konjunkturindikator, da aus<strong>betriebliche</strong>r Sicht eine flexible Anpassung des Personalbedarfsan die wirtschaftliche Situation möglich ist – gerade inZeiten des konjunkturellen Abschwungs. In den letzten 10Jahren hat sich die Zahl der als Zeitarbeiter tätigen Beschäftigtenverdreifacht, gegenüber 1988 sogar nahezu verzehnfachtauf 625 Tsd. im Jahr 2009. 4Der Anteil der Zeitarbeiter an allen beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitgliedernliegt mit 1,8 Prozent unter dem aller sozialversicherungspflichtigBeschäftigten. Zeitarbeit ist männlich – zweiDrittel der Beschäftigten sind Männer (Gesamtwirtschaft:56,4 %) – und „jung“. Mit einem Durchschnittsalter von 35,3Jahren bilden sie die zweitjüngste Beschäftigungsgruppenach dem Gastgewerbe im <strong>BKK</strong>-System und sind damitbeispielsweise rund sieben Jahre jünger als Beschäftigtein Postdiensten. Die Arbeitsunfähigkeit in der Branche istdennoch weit überdurchschnittlich. Etwa die Hälfte allerZeitarbeiter waren als Hilfsarbeiter, Bürofachkräfte sowieLager- und Transportarbeiter tätig. Männer arbeiten zudemhäufig als Elektroinstallateure und Industriemechaniker.Die höchsten Fehlzeiten wiesen 2009 Industriemechaniker,Schweißer und Metallarbeiter mit 23 bis 28 AU-Tagen auf,wobei die Industriemechaniker im Vergleich zum Vorjahr einenAnstieg der Fehlzeiten um neun Tage verzeichneten.Auch die große Gruppe der Hilfsarbeiter liegt mit durchschnittlich18,8 Krankheitstagen rund eineinhalb Tage überdem Durchschnitt der Branche. Die geringsten Ausfallzeitenfinden sich bei den Datenverarbeitungsfachleuten und Bürofachkräftenmit neun bzw. zwölf Tagen. Auch in der Zeitarbeitfinden sich große geschlechtsspezifische Unterschiede. Sowaren weibliche Bürokräfte rund drei Tage länger krank geschriebenals ihre männlichen Kollegen. Lagerarbeiterinnenfehlten sogar rund sieben Tage länger als die männlichenBeschäftigten dieser Berufsgruppe.4 vgl. BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (<strong>2010</strong>): Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Arbeitnehmerüberlassung.


3.1 Fehlzeiten nach Branchen und Berufen93drei, Elektroingenieure um fünf und Handelsvertretersogar um sieben Tage. Diewachsenden gesundheitlichen Belastungendieser und anderer Berufe im Dienstleistungsbereich(z. B. Bankangestelltemit ebenfalls ansteigenden Fehlzeiten,vgl. S. 71) werden insbesondere auf demHintergrund der „permanenten Reorganisation“in den Unternehmen behandelt.Die größte Beschäftigtengruppe in denDienstleistungsbranchen sind die Bürofachkräfte,die insbesondere auf Grundihrer relativ jungen Altersstruktur mit10,6 Krankheitstagen ebenfalls nochunter dem Branchendurchschnitt lagen.Hier unterschritten die Männer (9,6 Tage)das Ergebnis der Frauen (10,9 Tage) um1,3 Tage.Öffentliche VerwaltungenIn den öffentlichen Verwaltungen wurde2009 mit durchschnittlich 16,6 AU-Tagenein weiterer Anstieg der Fehlzeiten (+0,7)registriert. Im Branchenvergleich ist derKrankenstand nach wie vor überdurchschnittlich,was auch auf den Umstandzurückzuführen ist, dass in den öffentlichenVerwaltungen chronisch oderlängerfristig erkrankte Beschäftigte einenweitgehenden Kündigungsschutzgenießen. Zum anderen werden mehrSchwerbehinderte beschäftigt als in derfreien Wirtschaft und der Anteil ältererBeschäftigter in den Belegschaften isthöher.Stark auffällige Berufsgruppen mit hohenKrankenständen waren mit 31,9Tagen Wächter und Aufseher, gefolgtvon Polizeibediensteten und Gärtnern(30,3 bzw. 25,2 Tage). Gegenüber 2008nahm die Zahl der Krankheitstage beiden Polizeibediensteten und Kultur- undWasserbauwerkern um rund vier Tagezu, Straßenwarte hingegen verzeichneteneinen Rückgang um rund fünf AU-Tage (vgl. Schaubild 33).Die große Gruppe der Bürofachkräfte lagmit durchschnittlich 17,8 Arbeitsunfähigkeitstagen(Männer: 15,9 Tage, Frauen:Schaubild 33Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: Öffentliche VerwaltungenWächter, AufseherSoldaten, Grenzschutz-,PolizeibediensteteGärtner, GartenarbeiterRaum-, HausratreinigerKraftfahrzeugführerKultur-, WasserbauwerkerBürohilfskräfteStraßenwarteStenographen, Stenotypistinnen,MaschinenschreiberPförtner, HauswarteBürofachkräfteKindergärtnerinnen,KinderpflegerinnenReal-, Volks-, SonderschullehrerBibliothekare, Archivare,MuseumsfachleuteSozialarbeiter, SozialpflegerLeitende VerwaltungsfachleuteArbeits-, BerufsberaterDatenverarbeitungsfachleuteHeimleiter, SozialpädagogenArchitekten, Bauingenieure059,9Branche gesamt16,61013,312,812,011,911,911,5AU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 200918,5 Tage) über dem Branchendurchschnitt.Damit lag ihr Krankenstand um68 % über dem der zumeist jüngerenBürofachkräfte in Dienstleistungsunternehmenund anders als im Vorjahr um9 % über dem Vergleichswert für Bürofachkräfteim Postdienst.Berufsgruppen mit geringen Fehlzeitenwaren in den öffentlichen Verwaltungentätige Architekten, Heimleiter und Sozialpädagogensowie Datenverarbeitungsfachleute,wobei auch in diesen Gruppen13,615,11518,718,517,82025,224,323,122,622,021,42530,331,93035Anstiege um ein bis zwei Tage zu beobachtenwaren. Die Krankheitszeitender Datenverarbeitungsfachleute lagenum rund vier Tage über denen ihrer Berufskollegenim Dienstleistungssektor,jedoch rund sechs Tage unter denen beider Post. Leitende Verwaltungsfachleuteund Heimleiter erkrankten ebenfalls nuran rund 12 Tagen im Jahr.


94 3.1 Fehlzeiten nach Branchen und BerufenGesundheits- und SozialwesenIm Gesundheits- und Sozialwesen istdie Arbeitsunfähigkeit 2009 auf 14,5Krankheitstage je Beschäftigten (+1,2)erneut gestiegen. Die Beschäftigten imSozialwesen fielen dabei deutlich längerkrankheitsbedingt aus als im Gesundheitswesen.Die Streuung zwischen den Berufsgruppenist in diesem Sektor sehr ausgeprägt(vgl. Schaubild 34). Zu den besondersauffälligen Gruppen gehörten neben denReinigungskräften, die hauswirtschaftlichenBetreuer/innen und die Helfer/innenin der Krankenpflege, die rund zweiTage länger krank gemeldet waren alsim Vorjahr. Auch Köche und Köchinnen(Männer: 15,4 Frauen: 23,7 AU-Tage)fehlten durchschnittlich fast drei Krankheitswochen.Der Vergleich der Fehlzeiten von Helfer/-innen in der Krankenpflege (Frauen:25,2, Männer: 17,6 Tage) mit denenvon Krankenpflegern und -schwestern(Frauen: 17,1, Männer: 14,2 Tage) zeigtdabei erneut den Einfluss der beruflichenQualifikation auf den Krankenstand.Die geringsten krankheitsbedingtenAusfallzeiten im Gesundheits- undSozial wesen fanden sich allerdings beiebenfalls zunehmenden Trend, mit siebenTagen erwartungsgemäß bei den(angestellten) Ärzten und Ärztinnen.Auch die große Gruppe der medizinischenFachangestellten und der Zahntechnikerfielen 2009 weniger als zehnTage im Jahr krankheitsbedingt aus. Dieniedrigen Fehlzeiten der medizinischenFachangestellten resultieren vermutlichaus den klein<strong>betriebliche</strong>n Strukturenin den Arztpraxen. Die dort anfallendenKrankschreibungen einzelner Beschäftigterfallen auf Grund der geringen Personaldeckestärker ins Gewicht. Auch diejunge Altersstruktur dieser Berufsgruppewirkt sich mindernd auf die Arbeitsunfähigkeitaus.Schaubild 34Arbeitsunfähigkeit nach Berufen - Gesundheits- und SozialwesenRaum-, HausratreinigerHauswirtschaftliche BetreuerHelfer in der KrankenpflegeKöcheSozialarbeiter, SozialpflegerHauswirtschaftsverwalterKraftfahrzeugführerKrankenschwestern, -pfleger,HebammenPförtner, HauswarteKindergärtnerinnen,KinderpflegerinnenStenographen, Stenotypistinnen,MaschinenschreiberHeimleiter, SozialpädagogenBürofachkräfteMedizinallaborantenMasseure, Krankengymnastenund verwandte BerufeBürohilfskräfteZahntechnikerWirtschafts- undSozialwissenschaftlerMedizinische FachangestellteÄrzte07,058,59,59,1Branche gesamt14,512,111,510,6AU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 200912,5101518,817,917,316,716,415,714,614,521,32023,322,924,92530


953.2 Nach Alter und Geschlecht standardisierte ArbeitsunfähigkeitDie bisher beschriebenen Ergebnissezur Arbeitsunfähigkeit basieren auf dennicht nach Alter oder weiteren Merkmalenstandardisierten Daten der <strong>BKK</strong> Versicherten.Obwohl die bei <strong>BKK</strong> versichertenBeschäftigten mit einem Anteil vongut 21 % an allen sozialversicherungspflichtigBeschäftigten eine relativ hoheRepräsentativität aufweisen, lassen sichdie Ergebnisse auf Grund spezifischerVerteilungsstrukturen z. B. nach Alterund Branchen nicht uneingeschränkt aufalle Beschäftigten übertragen.Um Aussagen über Arbeitsfähigkeit undMorbiditätsstrukturen in der Gesamtwirtschafttreffen zu können, wurdenin den <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong>en seit2002 Hochrechnungen mittels direkterStandardisierung vorgenommen, umbestehende Unterschiede hinsichtlichder Alters- wie auch der Branchen- undBerufsverteilung zwischen den <strong>BKK</strong>-Versicherten und der Gesamtheit dersozialversicherungspflichtig Beschäftigtenrechnerisch zu bereinigen. 5 DieseHochrechnung wird im aktuellen Report,ähnlich wie im Vorjahr, durch einevereinfachte Standardisierung nach denFaktoren Alter und Geschlecht ersetzt,da die für das differenziertere Verfahrenerforderliche Vergleichs-Datenmatrix fürdie sozialversicherungspflichtig Beschäftigtenauf der Basis der seit 2008 gültigenneuen WirtschaftszweigsystematikWZ2008 noch nicht vorliegt. Ersatzweisewird die aktuelle Verteilung der sozialversicherungspflichtigBeschäftigtennach ihren demografischen Merkmalenzugrunde gelegt, wobei hiermit lediglichdie durch diese beiden Faktoren zu erklärendenAbweichungen der Branchenergebnisseerkennbar werden, währenddie branchen- und berufsgruppeninternenStrukturen unberücksichtigt bleiben.Wie schon in der Betrachtung der Berufewerden sowohl die pflicht- als auch diefreiwillig krankenversicherten Beschäftigteneinbezogen.Nach der Alters- und Geschlechtsstandardisierungder AU-Kennwerte liegendie bei den beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitgliedernermittelten durchschnittlichenKrankheitstage mit 13,8 um 0,3 Tagehöher als in den „rohen“ <strong>BKK</strong>-Werten,was auf eine etwas günstigere Altersverteilungder erwerbstätigen <strong>BKK</strong>Mitglieder im Vergleich zur Gesamtheitder Beschäftigten hinweist. Diese Differenzkönnte zudem durch spezifischeVerteilungen nach beruflichter Tätigkeitmit begründet sein. Für eine genauereAnalyse hierzu fehlen jedoch die obenangesprochenen Referenzdaten. Weiterhinsind in einigen Berufen und Branchenauf Grund ihrer geschlechtsspezifischenBeschäftigungsstrukturen in erster Liniedie nach Geschlecht differenzierten standardisiertenWerte als Vergleichsgrößenfür die Gesamtpopulation relevant. ImFolgenden werden daher vor allem diedurch die Altersstruktur begründetenAbweichungen der AU-Ergebnisse nachBranchen wiedergegeben, die gegenüberden „rohen“ Kenngrößen die Höheder demografiebereinigten Arbeitsunfähigkeitausweisen.5 Hierfür wurden die Bezugsdaten für die Standardisierungen einer Datenmatrix entnommen, die fein gegliedert die Besetzungszahlen in der Kombinationvon Wirtschaftszweigen und Berufsgruppen differenziert nach Altersgruppen und Geschlecht auswies. Vgl. zur Beschreibung des VerfahrensZOIKE, Erika / BÖDEKER, Wolfgang (2008): „Beruflichte Tätigkeit und Arbeitsunfähigkeit. Repräsentative arbeitsweltbezogene Gesundheitsberichterstattungmit Daten der Betriebskrankenkassen“, in: Bundesgesundheitsblatt. Gesundheitsforschung. Gesundheitsschutz, Band 51, Heft10, S. 1155-1163.


96 3.2 Nach Alter und Geschlecht standardisierte ArbeitsunfähigkeitErgebnisse nach BranchenIn den bereinigten Branchenergebnissenfinden sich nach der Alters- undGeschlechtsstandardisierung erwartungsgemäßAbweichungen in beideRichtungen (vgl. Schaubild 35). Dennochbestätigen sich im Wesentlichendie anhand der <strong>BKK</strong>-Daten identifiziertenSchwerpunkte des Arbeitsunfähigkeitsgeschehens,allerdings in deutlich verändertenAusprägungen.Die meisten Arbeitsunfähigkeitstagenach der Standardisierung wurden 2009im Landverkehr und bei Zeitarbeitsfirmenmit 19,1 bzw. 19 Tagen ermittelt. Andritter Stelle folgte die Abfallwirtschaftmit 17,5 Tagen. Die Nahrungs- und Genussmittelindustrieund die öffentlicheVerwaltung wiesen mit 15 bis 16 Tagenebenfalls hohe Ausfallzeiten auf. Auchnach dem rechnerischen Ausgleich derdemografischen Verteilung wurden diegeringsten Krankheitszeiten mit nur etwaeiner Woche bei den Verlagen undMedien und den Informationsdienstleistungenermittelt. Banken und Versicherungenwiesen mit rund 10 AU-Tagenje Beschäftigten ein ähnlich niedrigesNiveau auf.Im Vergleich zu den standardisiertenKenngrößen fielen die „rohen“ Ausgangswertebesonders in der Abfallentsorgung,der Metallerzeugung und-bearbeitung, der Glas-, Keramik- undSteine/Erden-Industrie, den Postdienstenund der öffentlichen Verwaltung erheblichungünstiger aus, was mit einemhöheren Durchschnittsalter der dort Beschäftigtenzusammenhängt. Währendsich in den genannten Branchen mitdurchweg hohen Krankenständen dieErgebnisse durch die Standardisierunggünstiger darstellen, erhöhen sie sich ineinigen Dienstleistungsbranchen zumTeil deutlich. Bei Zeitarbeitsfirmen, inden Informationsdienstleistungen und imGastgewerbe lagen die standardisiertenWerte ein bis zwei Tage über den <strong>BKK</strong>-Ausgangswerten.Der rechnerische Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstageinfolge der Standardisierungschlägt sich insbesondere beiden weiblichen <strong>BKK</strong>-Mitglieder nieder,deren Wert durch die Berücksichtigungdes Alters um 0,5 Tage von 13,8 auf 14,3AU-Tage je Beschäftigten angewachsenist. Bei den männlichen Beschäftigtenzeigt sich hingegen keine Veränderunggegenüber dem Rohwert. Nach Geschlechterndifferenziert ergeben sichin den Branchenergebnissen für Frauendie höchsten Fehlzeiten im Landverkehr(20,6 AU-Tage) und im Sozialwesen (18,6AU-Tage). Beide Werte liegen jedoch,bereinigt um Alters- und Geschlechtseffekte,unter den „Rohwerten“. Ähnlichhoch waren die altersstandardisiertenKrankheitstage der weiblichen Beschäftigtenauch bei Zeitarbeitsfirmen (18,2AU-Tage).Männer wiesen altersstandardisiert diehöchsten Krankheitszeiten in der Abfallwirtschaft(20,1 AU-Tage) und bei Zeitarbeitsfirmen(19,7 AU-Tage) auf. Mit einigemAbstand folgten der Landverkehr(17,8 AU-Tage) und das Baugewerbe(17,4 AU-Tage), wo die standardisiertenAusfallzeiten mehr als einen Tag überden nichtstandardisierten Ausgangswertenlagen.Während bei den Frauen die altersstandardisiertenWerte mit wenigen Ausnahmen– so bei Postdiensten, den öffentlichenVerwaltungen, dem Landverkehrund der elektrotechnischen Fertigung– zumeist über den <strong>BKK</strong>-Werten liegen,zeigt sich bei den Männern ein differenziertesBild. So reduzieren sich dieArbeitsunfähigkeitstage der Männer imLandverkehr (-2,1 Tage), in der Metallerzeugungund -bearbeitung (-1,4 Tage), inden öffentlichen Verwaltungen (-1,3 Tage)und in der Telekommunikationsbranche(-1,1 Tage) durch die Altersstandardisierungmerklich. Dagegen erhöhten sichdie Krankheitszeiten der Beschäftigten inZeitarbeitsfirmen und im Gastgewerbebei beiden Geschlechtern um rund zweiTage.Auch die Differenzen der Krankheitszeitenzwischen den Geschlechtern verändernsich zum Teil deutlich auf Grundder Altersstandardisierung. MännlicheBeschäftigte in Verkehrsunternehmenwaren nach den <strong>BKK</strong>-Werten 1,7 Tagelänger krankgeschrieben als Frauen, nachder Standardisierung hat sich der Unterschiedjedoch nivelliert. In der Kokereiund Mineralölverarbeitung sowie im Gesundheitswesenverändert sich zudemdie Richtung der Differenz. WährendMänner in den Rohwerten leicht höhereFehlzeiten aufwiesen, lagen ihre Krankheitszeitenaltersstandardisiert um 0,6bzw. 0,8 AU-Tage unter denen der weiblichenBeschäftigten.Insgesamt geben die standardisiertenErgebnisse im wesentlichen Auskunftüber das Wirkungsausmaß der demografischenVerteilung bei den jeweiligenGruppenwerten der Arbeitsunfähigkeit.Die realen Krankenstände werden jedochimmer auch durch die typischen Altersstrukturender einzelnen Beschäftigtengruppegeprägt, so dass die Bedarfe etwafür die Gesundheitsförderung eher inden nicht standardisierten Kenngrößenzum Ausdruck kommen. Dies gilt nochstärker auf der Ebene der Berufe, so dasshier von einer Standardisierung nur anhandder mittleren Altersverteilung in derGesamtpopulation Abstand genommenwird.


3.2 Nach Alter und Geschlecht standardisierte Arbeitsunfähigkeit97Schaubild 35Standardisierte Arbeitsunfähigkeit für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach WirtschaftsgruppenLand- und Forstwirtschaft<strong>BKK</strong> Bund13,512,6 13,2Bund (standardisiert)13,8Verarbeitendes GewerbeNahrung, Genuss15,315,7Textil, Bekleidung, Leder15,0 14,4Holz, Papier, Druck14,9 14,5Chemische Industrie13,6 12,9Gummi- und Kunststoffwaren14,7 14,6Glas, Keramik, Steine/Erden16,7 15,2Metallerzeugung und -bearbeitung16,4 14,2Herstellung von Metallerzeugnissen14,8 14,6Elektronische und elektrotechn. Fertigung11,7 11,9Maschinenbau12,7 12,0KFZ-Bau13,2 13,7Sonstiger Fahrzeugbau13,312,7Baugewerbe15,614,5DienstleistungsbereichEnergie- und Wasserversorgung12,4 12,0KFZ-Werkstätten12,8 13,4Großhandel11,3 11,7Einzelhandel13,6 13,9Gastgewerbe12,3 13,3Landverkehr20,1 19,1Postdienste16,3 14,8Telekommunikation11,8 11,8Verlage und Medien8,2 8,4Informationsdienstl., Datenverarbeitung7,7 9,0Kredit- und Versicherungsgewerbe10,0 9,9Arbeitsvermittlung, Zeitarbeit17,2 19,0Öffentl. Verwaltung, Sozialversicherung16,6 15,4Erziehung und Unterricht11,9 11,3Gesundheits- und Sozialwesen14,514,4Abfallbeseitigung und Recycling20,417,525 20Nicht standardisierte AU-Tage je <strong>BKK</strong> Mitglied15 10 5 0 5 10 15 20 25AU-Tage je sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (standardisiert)AU-Tage je beschäftigtes Mitglied - Bundesgebiet 2009


98 3.2 Nach Alter und Geschlecht standardisierte ArbeitsunfähigkeitTabelle 16Nach Alter und Geschlecht standardisierte Arbeitsunfähigkeit nach WirtschaftsgruppenAU-Fälle je AU-Tage je Anzahl der sozialvers.-pflichtigBeschäftigten Beschäftigten Beschäftigten*Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer Frauen Gesamt Männer FrauenLand- und Forstwirtschaft 0,9 0,8 1,0 13,2 12,7 13,7 218.551 147.095 71.456Nahrung, Genuss 1,1 1,1 1,1 15,7 15,2 16,4 649.153 337.955 311.198Textil, Bekleidung, Leder 1,1 1,1 1,2 14,4 14,6 14,2 134.461 60.302 74.159Holz, Papier, Druck 1,2 1,2 1,2 14,5 15,0 14,0 407.356 301.935 105.421Holzgewerbe (ohne Herst. v. Möbeln) 1,1 1,1 1,1 14,2 16,0 11,9 112.300 93.238 19.062Papiergewerbe 1,2 1,2 1,2 14,6 15,0 14,0 125.857 96.264 29.593Druck 1,2 1,2 1,2 14,5 14,5 14,5 169.199 112.433 56.766Chemie 1,2 1,2 1,2 13,2 13,3 13,1 805.698 577.367 228.331Kokerei, Mineralölverarbeitung 1,0 1,0 1,1 11,1 10,8 11,4 29.585 24.347 5.238Chemische Industrie 1,2 1,2 1,3 12,9 13,1 12,6 433.659 297.291 136.368Gummi- und Kunststoffwaren 1,2 1,2 1,2 14,6 14,4 14,7 342.454 255.729 86.725Glas, Keramik, Steine/Erden 1,2 1,2 1,1 15,2 16,2 13,9 203.867 163.395 40.472Metallerzeugung 1,1 1,2 1,1 14,5 15,3 13,6 1.064.571 885.665 178.906Metallerzeugung und -bearbeitung 1,1 1,2 1,1 14,2 15,4 12,8 319.132 280.445 38.687Herstellung von Metallerzeugnissen 1,2 1,2 1,2 14,6 15,1 14,0 745.439 605.220 140.219Metallverarbeitung 1,1 1,0 1,2 12,8 12,1 13,8 2.641.666 2.129.169 512.497Elektronische und Elektrotechn. Fertigung 1,1 1,0 1,3 11,9 10,1 14,1 759.430 537.490 221.940Maschinenbau 1,1 1,1 1,1 12,0 12,7 11,1 965.605 814.895 150.710KFZ-Bau 1,1 1,0 1,2 13,7 12,4 15,2 781.008 659.866 121.142Sonstiger Fahrzeugbau 1,2 1,2 1,2 12,7 13,5 11,7 135.623 116.918 18.705Möbel u. sonstige Erzeugnisse 1,2 1,1 1,2 13,0 12,6 13,5 328.455 200.448 128.007Energie- und Wasserwirtschaft 1,2 1,1 1,3 12,0 11,3 12,8 303.178 230.444 72.734Abfallbeseitigung und Recycling 1,3 1,4 1,3 17,5 20,1 14,5 154.507 129.513 24.994Baugewerbe 1,1 1,1 1,0 14,5 17,4 10,9 1.572.227 1.368.488 203.739Handel 1,0 1,0 1,1 13,3 12,6 14,0 4.022.492 1.937.135 2.085.357KFZ-Werkstätten 1,2 1,2 1,1 13,4 14,3 12,2 589.962 474.770 115.192Grohandel 1,0 1,0 1,1 11,7 11,5 12,0 1.338.432 854.041 484.391Einzelhandel 1,0 0,9 1,1 13,9 13,0 15,0 2.094.098 608.324 1.485.774Verkehr 1,2 1,2 1,3 17,3 17,3 17,2 1.192.655 939.663 252.992Landverkehr 1,3 1,2 1,4 19,1 17,8 20,6 465.773 394.287 71.486Schiff- und Luftfahrt, Sonstige 1,2 1,1 1,3 16,3 16,8 15,6 726.882 545.376 181.506Postdienste 1,0 0,9 1,0 14,8 13,9 15,9 207.120 103.566 103.554Gastgewerbe 0,8 0,7 1,0 13,3 11,7 15,3 828.441 350.641 477.800Verlage und Medien 0,9 0,7 1,0 8,4 7,3 9,7 239.018 116.768 122.250Telekommunikation 1,1 0,9 1,3 11,8 10,2 13,7 83.468 61.280 22.188Informationsdienstl., Datenverarbeitung 0,9 0,8 1,1 9,0 7,5 10,8 505.461 353.066 152.395Kredit- und Versicherungsgewerbe 1,0 0,8 1,2 9,9 8,2 12,0 1.003.335 440.791 562.544Dienstleistungen 1,1 1,0 1,2 13,0 12,7 13,4 3.379.969 1.736.017 1.643.952Grundstücke und Vermietungen 1,0 0,9 1,1 11,4 10,8 12,0 207.952 101.304 106.648Freiberufl., wissensch. u. techn. Dienstl. * 0,9 0,8 1,1 9,1 8,0 10,3 1.546.858 727.120 819.738Vermittl. u. Überlassung v. Arbeitskräften 1,3 1,2 1,3 19,0 19,7 18,2 569.303 388.561 180.742Sonstige wirtschaftl. Dienstleistungen 1,2 1,1 1,3 16,4 15,8 17,1 1.055.856 519.032 536.824Öffentliche Verwaltung, Sozialvers. 1,4 1,3 1,5 15,4 14,7 16,2 1.665.791 639.099 1.026.692Erziehung und Unterricht 1,1 0,9 1,3 11,3 9,8 13,1 1.071.282 354.778 716.504Gesundheits- u. Sozialwesen 1,1 1,0 1,1 14,4 13,5 15,5 3.360.626 664.541 2.696.085Gesundheitswesen 1,0 1,0 1,1 13,4 13,0 13,8 2.010.050 373.344 1.636.706Sozialwesen 1,2 1,1 1,3 16,1 13,9 18,6 1.350.576 291.197 1.059.379Kultur, Sport und Unterhaltung 1,0 0,9 1,1 13,5 13,3 13,9 226.594 109.821 116.773Gesamt 1,1 1,1 1,2 13,8 13,3 14,3 27.380.096 14.829.273 12.550.823* Bundesagentur für Arbeit: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland nach Wirtschaftsgruppen (WZ2008) am Stichtag 30. Juni 2009


993.3 Gesundheitliche Belastungen nachberuflichen MerkmalenDie bisher dokumentierten unterschiedlichenAusprägungen der Arbeitsunfähigkeitnach Tätigkeiten stehen im engenZusammenhang mit spezifischenMorbiditätsstrukturen in den einzelnenBranchen und Berufen. Im folgendenAbschnitt werden daher die Verteilungender Krankheitsarten näher in denBlick genommen. Hierbei liegt der Fokuszunächst auf Muskel- und Skeletterkrankungen,da diese trotz rückläufigerTendenz immer noch den höchstenAnteil an den Arbeitsunfähigkeitstagenverursachen (Ergebnisse zu Einzeldiagnosensind Kapitel 5 zu entnehmen) undsowohl auf Branchen- als auch auf Berufsebenemaßgeblich für den Umfangder Arbeitsunfähigkeit verantwortlichsind. Ebenso werden die kontinuierlichund in wirtschaftlich unsicheren Zeitenbesonders anwachsenden psychischenKrankheitsursachen ausführlicher betrachtet,deren Hintergründe in verschiedenenSpezialbeiträgen dieses Reportsschon angesprochen wurden. Im Spezialzur Inanspruchnahme von Psychopharmaka(S. 107) werden hierzu ergänzendedetaillierte Gesundheitsdaten zu denvon psychischen Gesundheitsproblemenbesonders betroffenen Gruppen dokumentiert.Zunächst erfolgt ein Überblick über diebranchenbezogenen Morbiditätsstrukturen,hiernach werden ergänzend ausgewählteBerufsgruppen mit krankheitsbezogenAuffälligkeiten beschrieben.BranchenspezifischeMorbiditätsprofileDie Schaubilder 36.1 und 36.2 zeigendie unterschiedlichen Verteilungen derwichtigsten Krankheitsgruppen in deneinzelnen Branchen.Muskel- undSkeletterkrankungenErkrankungen des Bewegungsapparateshaben auf Grund ihres hohen Anteils anden Krankheitstagen eine besondereBedeutung für den Krankenstand. Beiden erwerbstätigen Pflichtmitgliedernentfielen 16 % der AU-Fälle, aber rundein Viertel der Arbeitsunfähigkeitstage(25,4 %) auf die Erkrankung der Bewegungsorgane,dies bedeutete für 2009durchschnittlich 3,7 Krankheitstage jepflichtversicherten Beschäftigten.Deutlich ist in den Schaubildern 28.1-28.2das branchenbezogene unterschiedlicheGewicht der Muskel- und Skeletterkrankungenals Ursache für Fehlzeiten zu erkennen.Insgesamt streuten die Anteileder durch sie verursachten Fehltage von16,5 % bei Banken und Versicherungenbis hin zu einem knappen Drittel derKrankheitstage (32,5 %) in der Glas-,Keramik- und Steine/Erden-Industrie.Ähnlich hohe Anteile von etwa 32 %fanden sich in der Abfallbeseitigung, derMetallerzeugung und -bearbeitung sowieim Baugewerbe. Über alle Sektoren lässtsich feststellen, dass eine ausgeprägteParallelität zwischen hohen allgemeinenKrankenständen und hohen Anteilen vonFehltagen durch die Krankheiten desBewegungsapparats besteht. DieserZusammenhang ist bei keiner anderenErkrankungsgruppe derart ausgeprägtvorzufinden und deutet darauf hin, dasshohe AU-Raten in vielen Branchen eindurch körperliche Über- und Fehlbeanspruchungenmit verursachtes Problemdarstellen.Ein Schwerpunkt der Erkrankungen desMuskel-/Skelettsystems liegt im verarbeitendenGewerbe, wo in der Glas-,Keramik- und Steine/Erden-Industrie (5,7AU-Tage) und in der Metallerzeugungund -bearbeitung mit 5,5 AU-Tagen dieinnerhalb der produzierenden Branchenhöchsten hierdurch verursachten Fehlzeitenvorlagen. In den Dienstleistungsbranchenmit körperlich belastendenTätigkeiten wurden indes noch mehrKrankheitstage durch Muskel- und Skelettleidengemeldet: Hier stand erneutdie Abfallbeseitigung mit beachtlichen6,7 AU-Tagen an der Spitze. Auch dieoftmals für den Bewegungsapparat sehreinseitigen Tätigkeiten im Verkehrssektorschlagen sich wie in den Jahren zuvorin überdurchschnittlich vielen Fehltagendurch Muskel- und Skeletterkrankungen(5,3 Tage) nieder.Besonders wenige, nur unter zwei AU-Tagen je Beschäftigten, fielen dagegenbei den Informationsdienstleistungen, inVerlagen und Medien sowie im KreditundVersicherungsgewerbe an.


100 3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen MerkmalenSchaubild 36.1Krankheitsarten im DienstleistungsbereichDienstleistungsbereichEnergie- und WasserwirtschaftHandelGastgewerbeVerkehrPostdiensteTelekommunikationVerlage und MedienInformationsdienstleistungenDatenverarbeitungKredit- und VersicherungsgewerbeDienstleistungenÖffentliche Verwaltung,SozialversicherungErziehung und UnterrichtGesundheits- u. SozialwesenAbfallbeseitigung und Recycling155357 267 190 114 95 63 300324 220 174 148 82 51 309293 185 173 143 82 52 303527 285 276 160 112 115 383510 230 256 136 83 68 354302 250 147 157 82 61 284192 93 115 54 30 231142 205 83 122 60 26 213179 252 99 156 68 38 295302 236 160 157 85 54 301386 330 168 209 100 68 404204 281 122 169 80 37 306341 246 148 223 81 51 375667 317 353 133 120 112 3840 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200Muskeln/Skelett Atmungssystem Verletzungen Psych. Störungen Verdauungssystem Herz/Kreislauf SonstigeAU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009Schaubild 36.2Krankheitsarten in der Land- und Forstwirtschaft und im verarbeitenden GewerbeLand- und Forstwirtschaft335 174 304 73 68 64 260Verarbeitendes GewerbeNahrung, GenussTextil, Bekleidung, LederHolzgewerbe (o. Herst. v. Möbeln)PapiergewerbeChemische IndustrieGummi- und KunststoffwarenGlas, Keramik, Steine/ErdenMetallerzeugung und -bearbeitungHerstellung von Metallerzeugnissen448 233 242 131 95 73 356439 231 185 169 89 77 370443 212 295 90 84 81 244485 241 249 123 98 80 333402 301 183 133 103 77 343480 234 223 117 94 79 319567 242 276 122 97 96 346555 255 262 99 105 111 360444 229 285 108 92 76 303Elektr. und Elektrotechn. FertigungMaschinenbau372373249 183 119 87 62 302233 236 94 90 70 280KFZ-Bau456 227206 11092 76 287Sonstiger Fahrzeugbau404 27624599 10783 293Baugewerbe500 206 3728188 68 2680 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000Muskeln/Skelett Atmungssystem Verletzungen Psych. Störungen Verdauungssystem Herz/Kreislauf SonstigeAU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009


3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen Merkmalen101AtemwegserkrankungenAtemwegserkrankungen bilden zwar fastein Drittel der AU-Fälle (32 %), stehenaber mit „nur“ 17,2 % der Tage erst anzweiter Stelle hinter den deutlich längerdauernden Bewegungserkrankungen.Auf Grund stärker auftretender „Grippewellen“– besonders zu Jahresanfang,also vor der sogenannten „Schweinegrippe“(s. Kapitel 1, S. 13) – hatte dieseKrankheitsgruppe jedoch 2009 einen höherenAnteil an dem insgesamt gestiegenenKrankenstand. In den MonatenJanuar, Februar und November lag derAnteil der Atemwegserkrankungen mit28 bzw. 26 und 22 % ungewöhnlich hoch,im Januar und November hiermit sogar6,6 % über den Werten des Vorjahres. 6Die Erkrankungen des Atmungssystemsverursachten in den öffentlichen Verwaltungen,den Abfallentsorgungsbetriebensowie in der chemischen Industriedurchschnittlich drei oder etwas mehrKrankheitstage, womit dort – mit Ausnahmeder Abfallbeseitigung (15 %) – einknappes Fünftel der Krankheitsausfälleeinhergingen. Im Erziehungswesen verursachtensie dagegen mit 2,8 AU-Tagenimmerhin 23,4 % der Krankheitstage.Auch ansonsten erreichen Atemwegserkrankungenein stärkeres Gewicht eherin Wirtschaftsgruppen, die insgesamtniedrige Krankenstände aufweisen. Soverzeichneten die bei den muskuloskeletalenUrsachen besonders unauffälligenInformationsdienstleistungen mit 24 %den höchsten Anteil an den Krankheitstagendurch Atemwegserkrankungen.Auch bei Banken und Versicherungenhatten sie mit gut 23 % einen beachtlichenAnteil an den Fehlzeiten. Gerade inBranchen mit relativ jungen Beschäftigtenstrukturensind die Krankheiten desAtmungssystems üblicherweise stärkerim Krankheitsspektrum vertreten. Hierbeistehen Erkältungskrankheiten undInfektionen der oberen Atemwege imVordergrund. Da jüngere Beschäftigtenoch keinen langjährigen einseitigengesundheitlichen Belastungen durchschwere oder psychisch belastendeTätigkeiten ausgesetzt waren und zudemindividuelle Veranlagungen sowieVerhaltensrisiken ebenfalls i. d. R. (mitAusnahme der Verletzungsrisiken) nochkeine durchgreifenden Effekte auf denGesundheitszustand dieser Gruppeausüben, wird das AU-Geschehen dortin starkem Maße von diesen auch als„Bagatell-Erkrankungen“ bezeichnetenKrankheiten bestimmt.Psychische ErkrankungenPsychische Störungen waren auch 2009besonders im Gesundheits- und Sozialwesenverbreitet und hatten hier mitdurchschnittlich 2,2 AU-Tagen und über15 % der Krankheitstage einen weiterhingestiegenen Anteil am Krankheitsgeschehen.Auch in Bereichen mit sehrniedrigen Krankenständen wie Bankenund Versicherungen, Informationsdienstleistungensowie im Erziehungs- undUnterrichtswesen hatten psychischeUrsachen mit rund 14 % der Krankheitstageeinen bedeutsamen und damit nochum rd. einen Prozentpunkt gewachsenenEinfluss auf das AU-Geschehen. Ähnlichstark war der Anteil bei Verlagen und Medien(13,2 %). Nähere Betrachtungen zupsychischen Belastungen insbesondereim Bereich der wissensbasierten Dienstleistungenfinden sich im Spezial „Ausgebrannt– auch junge Branchen altern“auf S. 72.Der Schwerpunkt der Krankheitsausfälledurch psychische Erkrankungen liegt eindeutigim Dienstleistungsbereich. Zwarspielen psychische Störungen auch imverarbeitenden Gewerbe eine zunehmendeRolle, hier zumeist in Sektorenmit vergleichs weise hoher Frauenbeschäftigung,wie in der Textil- und Bekleidungsindustrie,wo knapp 11 % (+0,9 %)aller Fehltage auf psychische Störungenzurückzuführen waren. Den geringstenEinfluss auf das AU-Geschehen habenpsychische Störungen traditionell imBaugewerbe. Dort entfielen jedoch inzwischenauch 5,1 % aller AU-Tage aufdiese Krankheitsgruppe. Weitere Ausführungenzu auffälligen Befunden psychischerErkrankungen nach beruflichenSchwerpunkten finden sich im Spezialauf S. 107.Herz- undKreislauferkrankungenDie Bedeutung der Herz- und Kreislauferkrankungenbei Arbeitsunfähigkeit liegtgenerell unter den übrigen genanntenKrankheiten, 2009 lösten sie nur 63 AU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitgliederaus, das sind 4,4 % der AU-Tage. Jedochsind auch hier Variationen zwischen denBranchen festzustellen. Besonders ausgeprägtwaren diese Krankheitsursachenin der Metallerzeugung und –bearbeitungmit einem Anteil von 6,3 % (111 AU-Tageje 100). Im Holzgewerbe waren sie zu5,6 % (81 AU-Tage je 100 Beschäftigte),in der Glas- und Keramikindustrie (96 AU-Tage) und dem Sonstigen Fahrzeugbau(83 AU-Tage) zu jeweils 5,5 % stärker amKrankheitsgeschehen beteiligt. Hierbeihandelt es sich im Wesentlichen umIndustriebereiche mit häufigen Arbeitsbelastungendurch Hitze, Lärm und Akkordarbeit,die mit Gesundheitsrisikenfür Herz und Kreislauf verbunden sind.6 Die Werte sind dem monatlichen Krankenstandsverfahren der Betriebskrankenkassen entnommen.


102 3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen MerkmalenTabelle 17Die häufigsten Verletzungen 2009VerletzungsartenFälle je 1.000 beschäftigte Pflichtmitglieder Tage je 1.000 beschäftigte PflichtmitgliederMänner Frauen insgesamt Männer Frauen insgesamtVerletzungen des Handgelenkesund der Hand 8,5 2,7 5,8 177,1 47,9 116,9Verletzungen n. n. b. Teile des Rumpfes,der Extremitäten o. a. Körperregionen 7,8 2,7 5,4 135,8 41,7 92,0Verletzungen der Knöchelregionund des Fußess 5,2 2,7 4,0 124,7 50,7 90,2Verletzungen des Kniesund des Unterschenkel 3,9 2,0 3,0 145,0 63,6 107,1Verletzungen des Kopfes 2,8 1,3 2,1 46,9 20,8 34,8Zusammen 28,2 11,4 20,4 629,5 224,7 440,9Verletzungsarten Anteile an allen Anteile an allen FehltagenArbeitsunfällen in % durch Arbeitsunfälle in %Männer Frauen insgesamt Männer Frauen insgesamtVerletzungen des Handgelenkesund der Hand 17,9 15,2 17,2 18,6 14,8 17,7Verletzungen n. n. b. Teile des Rumpfes,der Extremitäten o. a. Körperregionen 16,5 15,3 16,2 14,3 12,9 13,9Verletzungen der Knöchelregionund des Fußes 10,9 15,6 12,1 13,1 15,6 13,7Verletzungen des Kniesund des Unterschenkel 8,2 11,5 9,0 15,2 19,6 16,2Verletzungen des Kopfes 5,9 7,6 6,3 4,9 6,4 5,3Zusammen 59,4 65,3 60,8 66,2 69,3 66,7Im Dienstleistungsbereich waren erneutvor allem Beschäftigte in den Verkehrsunternehmen(115 AU-Tage je 100,6,2 %) und in der Abfallbeseitigung (112AU-Tage je 100, 5,4 %) häufiger vonKreislauferkrankungen betroffen. Dagegenmachten sie nur rund drei Prozentder Krankheitstage im Erziehungswesenund im IT-Bereich aus.Verletzungen und ArbeitsunfälleVerletzungen stellten auch im Jahr 2009die drittwichtigste Krankheitsursachenach Krankheitstagen dar. Bei Männernstehen sie sogar an zweiter, bei Frauendagegen nur an vierter Stelle. Sie weisenzudem zwischen den Wirtschaftszweigenerhebliche Variationen auf. Die unterschiedlichenVerletzungshäufigkeitenzwischen den Branchen resultieren zumTeil aus arbeitsbedingten Unfallrisiken.Im Durchschnitt werden ein knappesDrittel (32 %, Männer: 35 %, Frauen:26 %) der Verletzungen durch Arbeitsunfälleverursacht. So entfielen in derLand- und Forstwirtschaft und im Baugewerbefast 24 % aller Krankheitstageauf Verletzungen, im Holzgewerbe nochetwa 20 %. Im Dienstleistungsbereichspielten sie vor allem in der Abfallbeseitigungmit einem Anteil von etwa 17 %der Krankheitstage, bei den Post- undKurierdiensten mit fast 16 % sowie imVerkehrssektor mit fast 15 % ebenfallseine größere Rolle.Branchenspezifische Unfallrisiken habeneinen erheblichen Einfluss aufdas verletzungsbedingte AU-Geschehen,daher wird hier eine detailliertereAnalyse der spezifischen Verteilungsstrukturenvon Arbeitsunfällenvorgenommen. Hierbei werden alleUnfälle einbezogen, auch wenn eineHeilbehandlung oder Kostenerstattungdurch die Berufsgenossenschaften erfolgtist. Dies soll eine umfassendeAbschätzung des gesundheitlichen Gefährdungspotenzialsin den einzelnenBranchen ermöglichen. 7 Einen detailliertenÜberblick über Arbeitsunfälle mitVerletzungsfolgen nach Wirtschaftsgruppenund Schädigungsarten gebendie Tabellen 4 und 5 im Anhang.Im Jahr 2009 lag die Häufigkeit von Arbeitsunfällenbei 30,4 Fällen je 1.000Pflichtmitglieder und ist damit gegenüberdem Vorjahr um mehr als zwei Fälleje 1.000 gesunken (32,6). Auf Arbeitsunfälleentfielen 2,6 % (Männer: 3,7 %,Frauen: 1,5 %) aller AU-Fälle und 4,8 %aller Tage (Männer: 6,7 %, Frauen: 2,6 %).Die Unfallhäufigkeiten waren analog zumGesamttrend in fast allen Branchen rück-7 Bei einem möglichen Wechsel der sozialversicherungsrechtlichen Zuständigkeiten kann allerdings die Dauer der Arbeitsunfähigkeit als Folge einesArbeitsunfalls u. U. nicht präzise erfasst werden. Entsprechende Daten sind daher nur eingeschränkt interpretierbar. Die Leistungsdaten der <strong>BKK</strong>geben allerdings Aufschluss über die Häufigkeit der Verletzungsarten und deren Verteilung innerhalb der Wirtschaftsgruppen, wobei nur Pflichtmitgliederberücksichtigt werden.


3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen Merkmalen103Schaubild 37Arbeitsunfälle nach WirtschaftsgruppenLand- und ForstwirtschaftGesamt 2009 30,4 32,6 Gesamt 200869,064,6Verarbeitendes GewerbeNahrung, GenussTextil, Bekleidung, Leder46,748,6Holzgewerbe (ohne Herst. v. Möbeln)PapiergewerbeChemische IndustrieGummi- u. Kunststoffwaren17,518,126,330,475,237,041,536,941,845,651,983,9Glas, Keramik, Steine/ErdenMetallerzeugung u. -bearbeitungHerstellung von MetallerzeugnissenMaschinenbauKFZ-BauSonstiger FahrzeugbauMöbel u. sonstige ErzeugnisseBaugewerbe24,830,940,639,644,350,750,358,458,668,532,034,479,181,3DienstleistungsbereichHandelGastgewerbeVerkehrPostdiensteTelekommunikationDienstleistungen15,316,729,129,134,434,344,946,950,956,725,729,355,7davon: Arbeitsvermittlung, ZeitarbeitErziehung u. UnterrichtAbfallbeseitigung u. Recyclingje 1.000 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet19,721,20 10 20 30 40 50 60 70 80 90 1002008 200966,872,173,8


104 3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen MerkmalenSchaubild 38.1Arbeitsunfähigkeit nach Berufsgruppen und KrankheitsartenBerufe mit den meisten AU-TagenStraßenreiniger, Abfallbeseitiger 898 376 449 166 162 127 459Helfer in der KrankenpflegeEisenbahnbetriebsregler,-schaffnerElektrogeräte-,ElektroteilemontiererBetonbauerMaschinen-, Behälterreiniger undverwandte BerufeSchweißer, BrennschneiderTransportgeräteführerStraßenwarteWarenaufmacher,VersandfertigmacherRaum-, Hausratreiniger689 312 251 303 122 84 494600 364 273 223 139 138 467704 326 233 223 122 94 488787 262 578 50106102304718 333 241 270 132 80 408753 300 381 116 125 121 365716 294 300 168 135 149 397733 369 402 108 129 67 337727 310 257 182 119 108 427729 279 215 189 108 85 493Glasbearbeiter, Glasveredler715288213156140109461Fahrzeugreiniger, -pflegerStraßenbauerGlas-, GebäudereinigerBauhilfsarbeiterWächter, Aufseher655 283 269 173 122 122 458725 293 455 90 117 86 305657 283 269 184 119 111 446733 261 404 94 102 92 348536 305 257 278 122 116 418Kraftfahrzeugführer650235359 141114 150379Gummihersteller, -verarbeiter719283260161111 122364Maurer72219355064 94 91291Papier-, Zellstoffhersteller634276294153118 125381Telefonisten313399127343130 734990 500 1.000 1.500 2.0002.500 3.000Muskeln/Skelett Atmungssystem Verletzungen Psych. Störungen Verdauungssystem Herz/Kreislauf SonstigeAU-Tage je 100 beschäftigte Mitglieder – Bundesgebiet 2009läufig, mit Ausnahme der Land- undForstwirtschaft, wo nach einem zuvorbesonders starken Rückgang 2008 umüber sieben Fälle je 1.000 wieder ein Anstiegum 4,4 Fälle je 1.000 zu verzeichnenwar. Solche Schwankungen sind häufigmit unterschiedlich starken Arbeitseinsätzenverbunden. Im Handel und demGastgewerbe blieben die Unfallquotenbei Beschäftigungsrückgang konstant, inallen übrigen Bereichen waren hingegenmehr oder weniger starke Rückgänge erkennbar(vgl. Schaubild 37). Besondersin der Metallerzeugung und -bearbeitungwar eine enorme Abnahme um rund 14Fälle je 1.000 zu verzeichnen, was jedochauch mit Auftragsrückgängen imKrisenjahr 2009 zusammenhängen dürfte.Ähnlich starke Rückgänge um rund11 Arbeitsunfälle je 1.000 verzeichnetenauch die Unternehmen in der Zeit- undLeiharbeit, die in der Wirtschaftskrise2009 ebenfalls deutlich weniger Aufträgeund damit weniger Arbeitseinsätzehatte. Die meisten Arbeitsunfälle traten– wie in den Vorjahren – im Baugewerbemit rund 79 (-2,2) sowie in der Holzindustriemit rund 75 (-8,7) Arbeitsunfällen je1.000 beschäftigte Pflichtmitglieder auf.Auch in der Abfallwirtschaft bewegtesich die Unfallhäufigkeit mit 72 Fällen je1.000 (-1,7) auf hohem Niveau.Der ICD-Systematik folgend werdenArbeitsunfähigkeiten, die als Folge einesUnfalls oder einer Vergiftung auftreten,zu etwa 96 % der Obergruppe„Verletzungen und Vergiftungen“ zugeordnet,die restlichen Krankheitsfolgenaus Unfällen verteilen sich auf andereICD-Hauptgruppen wie Muskel- undSkeletterkrankungen oder Krankheitendes Nervensystems u. a.. Der größteTeil der aus Arbeitsunfällen resultierendenVerletzungsarten konzentriertsich auf fünf Verletzungsgruppen nachKörperregionen, die in Tabelle 17 wiedergegebensind. Auf diese Gruppenentfielen etwa 61 % der Fälle mitVerletzungsfolgen (20 Fälle je 1.000Pflichtmitglieder) und knapp 67 % derhiermit verbundenen Ausfalltage (441je 1.000 Pflichtmit glieder). Bei Männernentfielen rd. 18 % der Verletzungsfällebei der Arbeit und annähernd 19 % derhiermit verbundenen Ausfalltage aufHand- und Hand gelenksverletzungen,bei Frauen war dieser Anteil mit etwa15 % der Fälle und Tage geringer. Mitrund 17 % der Fälle waren bei Männernauch Verletzungen am Rumpf oder anderenKörperregionen stärker verbreitet,allerdings mit weniger Krankheitstagen(14 %). Frauen erlitten eher Verletzungenam Knöchel oder am Fuß, die bei ihnenknapp 16 % der Fälle und Tage verursachten.Auch Verletzungen am Kniebzw. Unterschenkel waren bei Frauenmit etwa 12 % der Fälle und fast einem


3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen Merkmalen105Schaubild 38.2Arbeitsunfähigkeit nach Berufsgruppen und KrankheitsartenBerufe mit den wenigsten AU-TagenNaturwissenschaftlter, a. n. g.44 124 52 49 2420 126Rechtsvertreter, -berater491222954 2410160Hochschullehrer, Dozenten60 119 48 52 35 18 142Apotheker7612161513211267Publizisten89 161 81 62 46 24 210Architekten, Bauingenieure104168838644 25184Wirtschaftsprüfer, SteuerberaterWirtschafts- undSozialwissenschaftlerÄrzteDiätassistentinnen, Pharmazeutisch-technische AssistentenUnternehmensberater,OrganisatorenBildende Künstler, GraphikerSonstige IngenieureFacharbeiter/innen o. n. T.FremdenverkehrsfachleuteMedizinische FachangestellteAugenoptikerZahntechnikerDatenverarbeitungsfachleute87 181 64 106 55 19 21484 188 64 97 50 25 22995 145 71 117 37 25 247118 171 67 111 51 19 244133 188 84 108 54 32 215144 182 57 146 50 25 215162 198 112 62 61 54 202225 140 111 103 50 34 190108 218 74 119 56 28 258130 169 80 143 60 21 267126 226 80 117 65 32 231162 167 132 134 53 30 245157 227 97 109 65 42 232Technische Zeichner 172 234 97 89 68 33 259Ingenieure des MaschinenundFahrzeubaues155 253 117 75 76 60 2210 200400600 8001000 1200Muskeln/Skelett Atmungssystem Verletzungen Psych. Störungen Verdauungssystem Herz/Kreislauf SonstigeAU-Tage je 100 beschäftigte Mitglieder – Bundesgebiet 2009Fünftel der Ausfalltage stärker am Verletzungsgeschehendurch Arbeitsunfällebeteiligt. Auf diese entfielen beiMännern nur 8 % der Fälle und 15 % derTage. Kopfverletzungen als weitere häufigeVerletzungsart machten schließlichbei Männern 6 % und bei Frauen etwa8 % der Fälle sowie 5 % bzw. gut 6 %der Tage aus. Die branchenspezifischenVerteilungen der Verletzungsarten beiArbeitsunfällen sind der Tabelle 5 imAnhang zu entnehmen.BerufsspezifischeErkrankungsstrukturenWie die Darstellung der Morbiditätsstrukturenfür eine Reihe ausgewählterBerufsgruppen mit besonders hohenoder besonders niedrigen AU-Raten(Schaubilder 38.1 und 38.2) zeigt, bestehtauch auf der Ebene der Berufe eineausgeprägte Parallelität zwischen hohenallgemeinen Krankenständen und hohenFehltagen durch Muskel- und Skeletterkrankungen.Ein ähnlich dominierenderEinfluss lässt sich bei keiner anderenErkrankungsgruppe feststellen. In denmeisten Berufsgruppen, die durch hoheFehlzeiten auffallen, wurden 2009ein Drittel und mehr der Fehltage durchdiese Erkrankungsart verursacht. BeiStraßenreinigern und Abfallbeseitigernentfielen beachtliche neun AU-Tage jebeschäftigtes Mitglied allein auf Erkrankungender Muskeln oder des Skelettsund verursachten hier 34 % der Fehl tage.In den kleineren Gruppen der Halbzeugputzerund der Gleisbauer (nicht imSchaubild enthalten) lagen die Krankheitstagemit 8,7 ähnlich hoch. Auch beiden Betonbauern und Schweißern fielenhierdurch mit annähernd acht AU-Tagenhohe Fehlzeiten an, bei ihnen wurden damitsogar 36 bzw. 35 % der Krankheitstagemit diesen Diagnosen bescheinigt.Dagegen erkrankten Akademiker hieranim Schnitt zumeist weniger als einen Tagim Jahr. Der Anteil von Fehltagen durchdiese Erkrankungsgruppe war bei Naturwissenschaftlern,Gymnasiallehrern undJuristen mit nur zehn bis elf Prozent besondersgering.Ähnlich große Unterschiede zwischenden Berufsgruppen lassen sich auch beiVerletzungen ausmachen, die in besondersgefährdeten Berufen eine ebenfallsherausragende Rolle spielen. So verursachtensie in 2009 bei Betonbauern undMaurern rund sechs, bei Abfallbeseitigern,Straßenwarten und Bauhilfsarbeiternüber vier Fehltage je Beschäftigten.Neben den bislang genannten Erkrankungsartenspielen in allen Berufen auchAtemwegserkrankungen eine relevanteRolle. Ihr Anteil ist in Berufen, die ansonstendurch geringe Krankenstände


106 3.3 Gesundheitliche Belastungen nach beruflichen Merkmalengekennzeichnet sind, wie zu erwartenvergleichsweise hoch. So beträgt er beiNaturwissenschaftlern, Juristen undIngenieuren deutlich mehr als ein Viertel,was aber mit einem insgesamt sehrgeringen Krankheitsausfall von nur einbis zweieinhalb AU-Tagen je Beschäftigtenim Jahr einhergeht. Absolut lagendie Werte damit weit unter denen,die sich in gesundheitlich belastetenBerufsgruppen zeigen. So entfielen beiAbfallbe seitigern 3,8, bei Straßenwarten3,7 und bei Eisenbahnbetriebsreglern 3,6AU-Tage auf Erkrankungen des Atmungssystems,auch wenn sie dort „nur“ etwa14 bis 17 % der krankheitsbedingtenAusfallzeiten verursachten.Einen zunehmenden Einfluss auf das Erkrankungsgeschehenüben – wie schonin den vorherigen Kapiteln dargelegt – diepsychischen Störungen aus. Sie liegenmittlerweile gemessen an den durch sieverursachten Fehltagen im Schnitt anvierter Stelle, Bei Telefonist(inn)en stehenpsychische Krankheitsursachen jedochmit 3,4 AU-Tagen und einem Anteilvon 18,2 % sogar an zweiter Stelle. AuchHelfer(inne)n in der Krankenpflege wiesendurchschnittlich gut drei AU-Tage imJahr und hiermit 13,4% ihrer Krankheitstageauf Grund psychischer Störungenauf, wobei in dieser Gruppe zusätzlichauch noch hohe Ausfälle durch Muskel-und Skelettleiden vorliegen. NachKrankheitsanteilen haben psychischeStörungen zudem in vielen Dienstleistungsberufenein deutliches Gewicht,wie bei den Grafiker(inne)n mit einemAnteil von fast 18 %, wenn auch mit„nur“ 1,5 AU-Tagen bei insgesamt weitgeringeren Fehlzeiten von nur gut achtTagen in dieser Gruppe. Für medizinischeFachangestellte und Ärzt(inn)en bildendie psychischen Krankheitsursachenmit durchschnittlich etwa 16 % derKrankheitstage ebenfalls die zweitwichtigsteKrankheitsgruppe. Besondersviele hierdurch verursachten Fehltagewaren 2009 außer bei Telefonist(inn)enund Helfer(inne)n in der Krankenpflege,bei Wächtern und Aufsehern (2,8 Tage),bei Maschinenreinigern (2,7 Tage), beiEisenbahnern (2,3 Tage) sowie bei denElektromontierer/innen (2,2 Tage) zuverzeichnen. In diesen Gruppen war dieMorbidität durch psychische Erkrankungendamit absolut am größten. Zudemlagen auch die Anteile an den Krankheitstageninsgesamt bei den Wächtern undAufsehern mit rund 14 % und bei denMaschinenreinigern mit über 12 % nochbeachtlich hoch. Eine nähere Betrachtungauch weiterer Indikatoren für diepsychische Morbidität der besondersauffälligen Gruppen ist in dem nachfolgendenSpezial u. a. zu den Arzneimittelverordnungen(S. 107ff) enthalten.Wie sich angesichts dieser deutlichzunehmenden seelischen Gesundheitsproblemedie psychotherapeutische Versorgungauch arbeitsweltbezogen und inKooperation entwickeln kann, beschreibtder anschließende Themenbeitrag zurpsychotherapeutischen Versorgung (s.Spezial , S. 116.)Psychische Fehlbeanspruchungen mündendabei nicht unbedingt nur in Krankheitsfällenmit psychischen Diagnosen,sondern können sich auch in anderenKrankheitsgruppen niederschlagen –etwa in Rücken- oder inneren Erkrankungen.Als weitere bedeutsame Gruppe– auch in diesem Zusammenhang – sinddie Herz- und Kreislauferkrankungen zunennen, die bei den meisten Berufen anfünfter Stelle des Erkrankungsgeschehensliegen. Besonders hohe Anteile anFehltagen durch diese häufig mit Stressbelastungenund Bewegungsmangelverbundenen Erkrankungen waren beiden KFZ- und Transportgeräteführern mit7 % der Krankheitstage zu finden, wobeidiese beiden Gruppen mit durchschnittlich1,5 Tagen je Beschäftigten auch dieabsolut höchsten Ausfallzeiten hierdurchhatten. Nachfolgend wiesen die Eisenbahnbetriebsreglermit durchschnittlichnoch 1,4 Tagen einen ebenfalls hohenAnteil von über 6 % auf. Ähnlich hohe Anteilean Herz- und Kreislauferkrankungenverzeichneten auch die Papier- und dieGummihersteller ebenso wie verschiedeneIngenieursgruppen. Besondersgeringe Fehlzeiten durch Störungendes Herz- oder Kreislaufsystems tratendagegen bei Juristen und Apothekern mitdurchschnittlich nur 0,1 Tagen und rd.2 % Anteil an der Arbeitsunfähigkeit auf.


107Psychische Erkrankungen in der ErwerbsbevölkerungJanett Ließmann,spectrum|K GmbH, Abteilung VersorgungsanalyseInnerhalb eines sich wandelnden Krankheitsspektrumsnimmt die Bedeutungder psychischen Erkrankungen zu. Bereitsseit Jahren lässt sich eine fast ungebrocheneZunahme der durch dieseDiagnose verursachten Krankheitstagebeobachten. 2009 entfiel jeder neunteAusfalltag der <strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder aufeine psychische Diagnose, bei Frauenwar es sogar jeder siebte. Allein in denletzten zehn Jahren nahm die psychischverursachte Arbeitsunfähigkeit bei Frauenum 83 % bei Männern immerhin um50 % zu. Bei einem insgesamt rückläufigenKrankenstand steigt die relative Bedeutungder psychischen Krankheitsursachennoch deutlicher. Seit Beginn der1990er Jahre hat sich der Anteil der mitdieser Krankheitsgruppe verbundenenAU-Tage verdreifacht, seit 1978 sogarmehr als vervierfacht.Die psychischen Erkrankungen umfassenunterschiedliche Krankheitsbilder. Zuden bedeutsamsten gehören affektiveStörungen (insbesondere Depressionen),neurotische Störungen (u. a. Reaktionenauf schwere Belastungen, somatoformesowie Angststörungen) und Störungendurch psychotrope Substanzen (Suchterkrankungendurch Alkohol, Rauschmittel,Medikamente). Zudem rücken „neuere“Krankheitsbilder wie das Burnout-Syndrom,in den Vordergrund. Dieser Zustandder physischen und psychischenErschöpfung wird in der ICD-10 (InternationaleKlassifikation der Krankheitenund verwandter Gesundheitsprobleme)mit dem Diagnoseschlüssel Z73 erfasstund der Gruppe der Einflussfaktoren aufden Gesundheitszustand zugeordnet.Burnout stellt also keine eigenständigeKrankheit dar, wird aber als diagnostischeZusatzinformation zunehmendangegeben. Während 2004 nur 4,6 Arbeitsunfähigkeitstageje 1.000 Mitgliederohne Rentner durch Burnout verursachtwurden, hat sich die Zahl der Krankheitstagebis 2009 verzehnfacht (47,1 Tage)(siehe auch Kapitel 5, S. 152).Für Frauen werden deutlich häufiger psychischeErkrankungen diagnostiziert alsfür Männer. Offen bleibt jedoch, ob essich dabei um eine stärkere Belastungvon Frauen handelt oder ob es die Folgeder geringeren Anzahl von Arztbesuchenvon Männern ist. 1 Männer verdeckennoch immer häufiger ihre seelischen Problemeund auch die Ärzte selbst suchenbei ihnen eher nach körperlichen als nachpsychischen Krankheitsursachen.Frauen fehlen deutlich häufiger alsMänner auf Grund von affektiven Störungen(F30-F39), neurotischen, Belastungs-und somatoformen Störungen(F40-F49), Verhaltensauffälligkeitenmit körperlichen Störungen (F50-F59,vor allem Essstörungen) und Faktorensowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen(F60-F69), wohingegen Männerhöhere Fehltage durch organische,einschließlich symptomatische psychischeStörungen (F00-F09), psychischeVerhaltensstörungen durch psycho tropeSubstanzen (F10-F19, insbesondereAlkoholerkrankungen), und Schizophrenie,schizotype und wahnhafte Störungen(F20-F29) aufweisen. Bei Suchterkrankungenverzeichneten männliche <strong>BKK</strong>-Mitglieder rund dreimal so viele Arbeitsunfähigkeitstageund zweieinhalbmal soviele Krankenhausfälle wie Frauen auf(vgl. Kapitel 5). Den Schwerpunkt bildenhierbei Erkrankungen durch Alkohol, dierund vier Fünftel der Suchterkrankungenausmachen.Die Ursachen psychischer Belastungensind komplex. Sie finden sich sowohlin inneren (individuellen, z. T. biogenetischen)Dispositionen sowie in äußerenBedingungen (Arbeitsplatz, Familie,Lebenssituation). Als Hauptursachewird bei früheren Befragungen von Arbeitsschutzexpertender Arbeitsplatzgenannt. 2 In vielen Arbeitsbereichenkommt es zu einer Zunahme der Anforderungenan das psychische Leistungsvermögen,während gleichzeitigdie Stabilität der Arbeitsplätze sinkt unddie Angst vor Arbeitslosigkeit wächst.Ständiger Zeitdruck, Über- oder Unterforderung,mangelnde Anerkennungoder Konflikte mit Vorgesetzten undKollegen gehören neben gesellschaftlichenEntwicklungen (insbesondereArbeitslosigkeit und Arbeitsplatzunsicherheit)3 und familiären Ursachen zuden häufigsten Stressoren.1 vgl. Vogt, 20072 vgl. Padrion, 20043 vgl. Harfst, 2009


108Schaubild S6Psychische Erkrankungen nach WirtschaftsgruppenLand- und Forstwirtschaft5,773Verarbeitendes GewerbeNahrung, GenussTextil, Bekleidung, LederHolzgewerbe (o. Herst. v. Möbeln)PapiergewerbeDruckChemische IndustrieGlas, Keramik, Steine/ErdenMetallerzeugung u. -bearbeitungHerstellung von MetallerzeugnissenElektronische u. elektrotechn. FertigungMaschinenbauKFZ-BauSonstiger FahrzeugbauBaugewerbe8,310,96,27,611,08,67,05,77,08,76,87,66,68,913190123133122991081199411099117169169DienstleistungsbereichEnergie- und WasserversorgungHandelGastgewerbeVerkehrPostdiensteTelekommunikationVerlage und MedienInformationsdienstl. DatenverarbeitungKredit- u. VersicherungsgewerbeDienstleistungendavon: Arbeitsvermittlung, ZeitarbeitÖffentliche VerwaltungErziehung u. UnterrichtGesundheitswesenSozialwesenAbfallbeseitigung u. Recycling8,211,311,68,68,312,213,214,314,412,111,312,514,114,416,26,4114148143160136157115122156157195209169183133290Bund Gesamt10,7153AU-TageProzentanteil050 100 150 200 250 300 350AU-Tage je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder – Bundesgebiet 2009


109Psychische Erkrankungen nachWirtschaftsgruppenVon psychischen Störungen sind dieverschiedenen Beschäftigtengruppensehr unterschiedlich betroffen (vgl.Schaubild S6). Durchschnittlich wurden2009 je 100 beschäftigte Pflichtmitglieder153 Krankheitstage mit dieserDiag nosegruppe gemeldet (Frauen: 197Tage, Männer: 115 Tage). Besonders imSozialwesen sind psychische Ursachenstark am Krankheitsgeschehen beteiligt,wo sie 16 % an allen Fehltagenausmachen. Auch in der öffentlichenVerwaltung und bei Zeitarbeitsfirmenfallen mit 209 bzw. 195 Tagen vielepsychisch bedingte Krankheitsausfällean. In der Zeitarbeitsbranche ist dabeigegenüber dem Vorjahr eine Zunahmeum rund 58 Tage je 100 beschäftigtePflichtmitglieder zu beobachten. Dagegensank die Zahl der Fehltage aufGrund von psychischen Erkrankungen inder Telekommunika tionsbranche – in denvergangenen Jahren eine Branche mitüberdurchschnittlich hohen durch dieseDiagnose verursachten Krankheitszeiten– um 20 Tage auf nur noch 156 Tage je100. Auch in Branchen mit eher unterdurchschnittlichenKrankenständen, wieBanken und Versicherungen (156 Tageje 100), Informationsdienstleistungen(122 Tage) oder der Bereich Erziehungund Unter richt (169 Tage), fallen die Fehlzeitendurch psychische Störungen ebenfallsüberproportional hoch aus.Zwar spielen psychische Belastungenauch im verarbeitenden Gewerbe einezunehmende Rolle, sie liegen aber zumeistunter denen im Dienstleistungsbereich.Besonders in Branchen mithoher Frauenbeschäftigung wie derTextil- und Bekleidungsindustrie sowiedem Druckgewerbe finden sich mit rund11 % vergleichsweise hohe Anteile. Inder Metallerzeugung und -bearbeitung,der Land- und Forstwirtschaft sowiedem Holzgewerbe hatte diese Krankheitsgruppemit nur rund 6 % an allenArbeitsunfähigkeitstagen den geringstenEinfluss. Im Baugewerbe, wo traditionellder geringste Einfluss beobachtet wurde,stieg der Anteil im Vergleich zu 2008 umrund 4 %.Neben den genannten Branchen wurdenfür Frauen besonders viele Ausfalltageauf Grund psychischer Erkrankungenauch im Landverkehr gemeldet, wo diesedeutlich über denen der männlichenBeschäftigten lagen (286 gegenüber160 AU-Tagen je 100). Lediglich im Gesundheitswesenliegen die psychisch bedingtenFehlzeiten der Männer auf demNiveau der Frauen (Frauen: 184 Tage,Männer: 179 Tage).Arbeitslose und Telefonist(inn)enam stärksten betroffenStärker noch als nach Wirtschaftsgruppendifferenziert sich der Verbreitungsgradpsychischer Störungen nach beruf-Tabelle T1Berufe mit den meisten psychisch verursachten AU-Tagen - FrauenSchlüssel AU-Fälle je 100 AU-Tage je 100Arbeitslose 8,9 678alle Beschäftigte 5,7 192Wächterinnen, Aufseherinnen 792 9,4 422Telefonistinnen 734 10,4 374Helferinnen in der Krankenpflege 854 8,0 339Handelsvertreterinnen, Reisende 687 8,3 326Eisenbahnbetriebsreglerinnen, -schaffnerinnen 712 9,5 316Sozialarbeiterinnen, Sozialpflegerinnen 861 8,0 313Heimleiterinnen, Sozialpädagoginnen 862 7,5 309Kraftfahrzeugführerinnen 714 6,4 300Elektrogeräte-, Elektroteilemontiererinnen 321 8,2 291Warenprüferinnen, -sortiererinnen, a.n.g. 521 8,1 268Datentypistinnen 783 8,6 265Sonstige Montiererinnen 322 8,3 263Warenaufmacherinnen, Versandfertigmacherinnen 522 7,5 257Metallarbeiterinnen, o.n.A. 323 6,8 248Kunststoffverarbeiterinnen 151 7,0 246Werbefachfrauen 703 7,5 242Krankenschwestern, Hebammen 853 6,5 242Kassiererinnen 773 5,7 236Chemiebetriebswerkerinnen 141 8,4 224Stenographinnen, Stenotypistinnen,Maschinenschreiberinnen 782 6,5 223Kindergärtnerinnen, Kinderpflegerinnen 864 6,7 222Hauswirtschaftsverwalterinnen 921 6,3 219Je 100 beschäftigte Mitglieder – Bundesgebiet 2009


110Tabelle T2Berufe mit den meisten psychisch verursachten AU-Tagen – Männerlicher Tätigkeit. Im erwerbsfähigen Altertrifft das höchste Risiko, psychisch zu erkranken,jedoch weniger die Erwerbstätigen,als diejenigen, die ihren Arbeitsplatzverloren haben. Mit 524 AU-Tagen je 100ALG-I-Empfänger 4 erreichten ihre Krankheitszeiten2009 das Dreieinhalb facheder psychisch verursachten Fehlzeitender beschäftigten Pflichtmitglieder. Jedervierte Ausfalltag geht auf diese Diagnosegruppezurück.Unter den Beschäftigten verzeichnetenTelefonist(inn)en (343,1 AU-Tage je 100Schlüssel AU-Fälle je 100 AU-Tage je 100Arbeitslose 5,0 406alle Beschäftigte 3,0 106Sozialarbeiter, Sozialpfleger 861 5,7 261Krankenpfleger 853 5,4 232Heimleiter, Sozialpädagogen 862 5,5 228Helfer in der Krankenpflege 854 4,5 223Wächter, Aufseher 792 5,4 210Eisenbahnbetriebsregler, -schaffner 712 6,0 200Schienenfahrzeugführer 711 7,7 192Bürohilfskräfte 784 4,4 185Fernmeldemonteure, -handwerker 312 3,7 173Handelsvertreter, Reisende 687 4,0 168Lebens-, Sachversicherungsfachleute 694 4,1 167Transportgeräteführer 742 4,1 167Buchhalter 772 3,5 166Straßenreiniger, Abfallbeseitiger 935 4,8 165Werkschutzleute, Detektive 791 5,6 162Masseure, Krankengymnasten und verwandte Berufe 852 3,8 162Pförtner, Hauswarte 793 3,4 151Flach-, Tiefdrucker 174 4,9 150Bankfachleute 691 3,5 145Lagerverwalter, Magaziner 741 3,5 140Bürofachkräfte 781 3,6 140Warenprüfer, -sortierer, a.n.g. 521 3,6 136Je 100 beschäftigte Mitglieder – Bundesgebiet 2009beschäftigte Pflichtmitglieder), Helfer/-innenin der Krankenpflege (303,1 AU-Tageje 100) sowie Sozialarbeiter/-innen (302,3AU-Tage je 100) die meisten Krankheitstagedurch psychische Erkrankungen.Auch Heimleiter und Sozialpädagogen,Wächter, Krankenschwestern bzw. -pflegerund Eisenbahnbetriebsregler/-innenwurden überdurchschnittlich häufig mitdieser Diagnose krankgeschrieben.Neben den genannten gehörten unterden erwerbstätigen pflichtversichertenFrauen auch Handelsvertreterinnen,Montiererinnen sowie Tätigkeitsgruppenin der Elektroindustrie zu den auffälligenGruppen. Bei den Männern zählten auchBürohilfskräfte und Fernmeldemonteurehinzu. Die geringsten Ausfallzeiten durchpsychische Erkrankungen wiesen Ingenieurinnenund Ingenieure, Maurer/-innenund Kraftfahrzeuginstandsetzer/-innenauf.Im Vergleich von Männern und Frauen inderselben Tätigkeitsgruppe zeigen sichzumeist höhere psychisch bedingte Fehlzeitender Frauen. So fehlten weiblicheReinigungskräfte, Helferinnen in derKrankenpflege und Eisenbahnbetriebsreglerinnenrund eineinhalbmal sooft aufGrund psychischer Erkrankungen wieihre männlichen Kollegen. Bei hauswirtschaftlichenBetreuern zeigt sich dagegenein umgekehrtes Bild: Die Fehlzeitender Männer lagen in dieser Berufsgruppeleicht über denen der Frauen (214 zu 201AU-Tagen je 100).Psychopharmaka-Verordnungennach beruflicher TätigkeitDie aus der Betrachtung der Arbeitsunfähigkeitsdatengewonnenen tätigkeitsbezogenenBefunde spiegeln sich auch inder Inanspruchnahme von Arzneimittelnwider. Psychische Erkrankungen, wiez. B. Depressionen, führen nicht immerund schon gar nicht im gesamten Verlaufzu einer Krankschreibung. Oftmalswird versucht, die Krankheit mithilfe vonMedikamenten zu lindern oder zu überwinden.Der Gruppe der Psychopharmaka werdenüber die ATC-Klassifikation (Anatomisch-Therapeutisch-ChemischeKlassifikation)die Arzneimittelgruppen N05A(Antipsychotika), N05B-C (angstlösendeund beruhigende Mittel) sowie N06A(Antidepressiva) zugeordnet. Die relativ4 ALG-II-Empfänger werden in die Betrachtung der Arbeitsunfähigkeit nicht einbezogen, da ihre AU-Zeiten von den Krankenkassen auf Grund fehlenderKrankengeldansprüche i. d. R. nicht erfasst werden.


111Schaubild S7.1Psychopharmaka-Verordnungen nach Erwerbsstatus –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – Frauen0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000 40.000Beschäftigte insgesamt13.7029,6Arbeitslose36.77921,4Köche15.026 10,6Bürohilfskräfte14.30810,7Kassierer15.06811,1Stenographen, Stenotypistinnen,16.357Maschinenschreiber11,214.154Hilfsarbeiter o. n. T11,4Lager-, Transportarbeiter15.08511,6Sozialarbeiter, Sozialpfleger17.01311,8Warenaufmacher, Versandfertigmacher17.37012,5Telefonisten18.43412,8Hauswirtschaftliche Betreuer17.93613,1Helfer in der KrankenpflegeWarenprüfer, -sortierer, a. n. g.20.293 13,519.87413,6Raum-, Hausratreiniger18.84113,821.412n DDD je 1.000 VersicherteSonstige Montierer14,6 n Anteil Versicherte mitElektrogeräte-, Elektroteilemontierer22.98715,4Verordnung0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24breite Spanne der zugelassenen Indikationsbereichefür die einzelnen Wirkstoffelässt jedoch nicht eindeutig aufdie genaue Erkrankungsart schließen.Antidepressiva werden beispielsweiseauch bei Angststörungen, allgemeinenpsychosomatischen Beschwerden sowieim Rahmen von Schmerztherapien eingesetzt.Dennoch geben die Verteilungsauffälligkeitendeutliche Hinweise auf diepsychisch besonders beeinträchtigtenBerufsgruppen.Während 2009 nur 5,5 % (+0,7 gegenüberdem Vorjahr) der männlichenbeschäftigten <strong>BKK</strong> Mitglieder Psychopharmakaerhielten, waren es bei denFrauen 9,6 % (+0,9). Auf 1.000 beschäftigteMänner entfielen 547 Einzelverordnungenund 8.531 Tagesdosen, je 1.000Frauen waren es 689 Verordnungen und13.702 Tagesdosen. Unter den 7,3 %(+0,8) der beschäftigten <strong>BKK</strong> Mitglieder,die Psychopharmaka verschriebenbekamen, bildeten Patient(inn)en mitAntidepressiva-Verordnungen die größteGruppe. Bei 64 % der Psychopharmaka-


112Schaubild S7.2Psychopharmaka-Verordnungen nach Erwerbsstatus –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – Männer0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000Beschäftigte insgesamtArbeitsloseBürohilfskräfteHilfsarbeiter ohne nähere TätigkeitsangabeLager-, TransportarbeiterEisenbahnbetriebsregler, -schaffnerChemiebetriebswerkerLagerverwalter, MagazinerHandelsvertreter, ReisendeSchweißer, BrennschneiderMetallarbeiter, o. n. A.Warenaufmacher, VersandfertigmacherPförtner, HauswarteWarenprüfer, -sortierer, a. n. g.Sonstige MontiererKrankenschwestern, -pfleger, HebammenSozialarbeiter, Sozialpfleger028.531 5,525.25413,88.617 5,57.7515,67.9475,79.0805,78.8025,88.8416,07.6126,18.9836,19.5906,410.2296,69.9956,710.4976,711.3186,87,1 14.707n DDD je 1.000 Versicherten Anteil Versicherte mit13.0418,1Verordnung4 6 8 10 12 14 16Verordnungen handelt es sich um Antidepressiva.4 % (+0,6) der Männer und7,4 % (+0,9) der Frauen erhielten 2009ein Antidepressivum. 11.616 DDDs (DefinedDaily Dose) je 1.000 beschäftigteFrauen standen dabei nur 6.558 DDDsder Männer gegenüber.Arbeitslose wiesen gegenüber denbeschäftigten Mitgliedern mehr als diedoppelte Verordnungsmenge an Psychopharmakaund Antidepressiva auf. Auchder Anteil der Versicherten mit Psychopharmaka(17,2 gegenüber 7,3 %) undAntidepressiva (13,4 gegenüber 5,5 %)lag deutlich über dem der Beschäftigten.Bei den beschäftigten Mitgliedern findensich die bereits im Arbeitsunfähigkeitsgeschehenauffälligen Tätigkeitsgruppenwieder. Die Schaubilder S 6.1 und S 6.2geben einen Überblick über besondersauffällige Gruppen in Bezug auf dieInanspruchnahme von Psychopharmaka.Mit rund 18 Tagesdosen wurden diehöchsten Verordnungsmengen bei hauswirtschaftlichenBetreuer(inne)n sowieElektrogerätemontierer(inne)n gemeldet.Auch Raum- und Hausratreiniger/-innen,Helfer/-innen in der Krankenpflege, Tele-


113Schaubild S8.1Antidepressiva-Verordnungen nach Erwerbsstatus –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – Frauen0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000Beschäftigte insgesamt11.6167,4Arbeitslose29.75617,3Stenographen, Stenotypistinnen,14.176Maschinenschreiber8,7Lager-, Transportarbeiter12.7788,8n DDD je 1.000 VersicherteHauswirtschaftsverwalter13.3518,9n Anteil Versicherte mitVerordnungKunststoffverarbeiter12.5159,4Sozialarbeiter, Sozialpfleger14.8109,5Warenaufmacher, Versandfertigmacher14.7819,5Wächter, Aufseher14.0759,7Telefonisten15.87010,0Datentypisten16.20710,1Hauswirtschaftliche Betreuer15.31810,3Warenprüfer, -sortierer, a. n. g.16.82310,4Helfer in der Krankenpflege17.60210,6Raum-, Hausratreiniger15.98010,9Metallarbeiter, o. n. A.17.43611,0Sonstige Montierer18.47211,6Elektrogeräte-,19.374Elektroteilemontierereiter, o. n. A.12,10 2 4 6 8 10 12 14 16 18fonist(inn)en, Sozialarbeiter/-innen undStenograph(inn)en wiesen mit rund 16bis 17 Tagesdosen überdurchschnittlichhohe Verordnungsmengen auf.Bei Männern gehörten, wie schon hinsichtlichder Arbeitsunfähigkeit sozialpflegerischeBerufe zu den besondersbetroffenen Gruppen. Immerhin rund8 % der Sozialarbeiter und Heimleitererhielten Psychopharmaka und rund6 % Antidepressiva. Damit lagen sie jedochnoch immer unter den Werten derFrauen. Weibliche Beschäftigte weisenoftmals höhere Verordnungsmengen ineher einfachen, manuellen und geringqualifizierten Berufen wie Montiererinnen,Warenprüferinnen und Sortiererinnenauf.


114Schaubild S8.2Antidepressiva-Verordnungen nach Erwerbsstatus –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – Männer0 2.000 4.000 6.000 8.000 10.000 12.000 14.000 16.000 18.000 20.000Beschäftigte insgesamt4,06.558Arbeitslose10,318.042Lagerverwalter, Magaziner4,57.270Warenmaler, -lackierer7.0134,5Warenaufmacher, Versandfertigmacher4,77.781Metallarbeiter, o. n. A.Helfer in der Krankenpflege7.5054,84,98.759Pförtner, Hauswarte4,98.243Wächter, Aufseher7.7874,9Gummihersteller, -verarbeiter4,98.728Warenprüfer, -sortierer, a. n. g.5,08.183TransportgeräteführerSonstige Montierer7.6595,15,28.951Krankenpfleger, Hebammen5,812.339Bürohilfskräfte9.8315,8n DDD je 1.000 VersicherteHeimleiter, Sozialpädagogen12.1485,9n Anteil Versicherte mitSozialarbeiter, Sozialpfleger6,310.870Verordnung024 6 8 1012 14Besonders in Zeiten wirtschaftlicherUmbrüche sind neben steigendenKrankenständen auch deutlich steigendeVerordnungsmengen bei den eherhöher qualifizierten Beschäftigungsgruppenzu verzeichnen. So nahmbeispielsweise seit 2007 die Anzahlder Tagesdosen von Psychopharmakainsgesamt bei Unternehmensberater/-innen um 35 %, bei Bankfachleuten um31 % und bei Unternehmern/-innen umrund 30 % zu. Noch größere Anstiegeverzeichneten jedoch Köche undEisenbahnbetriebsregler/-innen mit 60bzw. 51 %. Im Vergleich hierzu stieg dieAnzahl der Tagesdosen über alle Berufsgruppenhinweg nur um 14 %.Mit dem Alter erhöhen sich auch dieVerordnungshäufigkeiten (vgl. SchaubildS9). Bereits bei den 25- bis 34-Jährigenließen sich 4,6 % (+1,4) der beschäftigtenMänner und 6,7 % (+1,4) der Frauen Psychopharmakaverschreiben. Bei den über55-Jährigen hat sich dieser Anteil bei denFrauen verdreifacht, bei den Männernimmerhin mehr als verdoppelt. ÄhnlicheEntwicklungen zeigen sich auch bei dergesonderten Betrachtung von Antidepressiva.Innerhalb der Berufsgruppenvariiert die Zunahme der Verordnungshäufigkeit:Während nur 3,7 % der unter25-jährigen Unternehmer/-innen Psychopharmakaverschrieben bekamen,hat sich der Anteil bei den 55 bis unter65-Jährigen bereits verdoppelt (8,6 %).Bei Raum- und Hausratreiniger/-innen(unter 25-Jährige: 2,8 %, 55-64-Jährige:18,0 %), Beschäftigten in der Warenan-


115Schaubild S9Anteil der Erwerbspersonen mit Psychopharmaka- undAntidepressiva-Verordnungen2520151050unter 2525 - 34 Jahre 35 - 44 Jahre 45 - 54 Jahre 55 - 64 JahreAnteil Frauen mit PsychopharmakaAnteil Frauen mit AntidepressivaArzneimittelverordnungen für <strong>BKK</strong> Versicherte – 2009Anteil Männer mit PsychopharmakaAnteil Männer mit AntidepressivaLiteratur:[1] DEUTSCHE RENTENVERSICHERUNGBUND (2009): Rentenversicherung inZeitreihen, Berlin.[2] GESUNDHEITSBERICHTERSTATTUNGDES BUNDES (<strong>2010</strong>): Krankheitskostenrechnung,im Internet unter: www.gbe-bund.de.[3] HARFST, Timo (2009): „Arbeitsbedingungen,Arbeitsplatzbedrohung undpsychische Gesundheit“, in: BÖCKEN,Jan / BRAUN, Bernard / LANDMANN,Juliane [Hrsg.]: Gesundheitsmonitor2009. Gesundheitsversorgung und Gestaltungsoptionenaus der Perspektiveder Bevölkerung, Gütersloh, S.156-178[4] PADRION, Hiltraut [u.a.] (2004): IGA-Report 5 - Ausmaß, Stellenwert und<strong>betriebliche</strong> Relevanz psychischer Belastungenbei der Arbeit. Ergebnisse einerBefragung von Arbeitsschutzexperten,Dresden.[5] SOCKOLL, Ina (2008): iga.Fakten 1. PsychischeGesundheit im Erwerbsleben,Essen.[6] VOGT, Irmgard (2007): „PsychischeStörungen und Geschlecht“, in: impu!se.Newsletter zur Gesundheitsförderung,4. Quartal 2007, S. 6.nahme (2,4 zu 8,9 %), Postverteiler/-innen(2,0 zu 11,4 %) und Köchinnen undKöchen (2,6 zu 14,8 %) versechsfachtsich dieser Anteil sogar zwischen dengenannten Altersgruppen.Neben dem Produktivitätsverlust infolgevon Arbeitsunfähigkeit entstanden 2008direkte Krankheitskosten in Höhe von28,7 Mrd. € auf Grund psychischer undVerhaltensstörungen. Mit einem Anteilvon 11,3 % an den krankheitsbedingtenvolkswirtschaftlichen Gesamtkostenlagen sie damit auf dem dritten Rangnach den Kreislauf- und den Verdauungserkrankungen.Besonders kostenintensivwaren dabei die Demenz- (F00-F03, 9,4 Mrd. €) und die depressivenErkrankungen (F32-F34, 5,2 Mrd. €), diezusammen 51 % der durch psychischeStörungen bedingten Krankheitskostenausmachen. 5Psychische Erkrankungen sind zudemder häufigste Grund für eine Frühberentung.Jede dritte Berentung (Frauen:41,6 %, Männer: 30,4 %) wegen verminderterErwerbsfähigkeit war 2008 Folgeeiner psychischen Störung. 6 Darüberhin aus weisen psychische Erkrankungennach den Neubildungen die längstenArbeitsunfähigkeitsfalldauern auf. Vordiesem Hintergrund steigt die Bedeutungvon Maßnahmen zur Präventionbzw. Wiedereingliederung im Rahmendes <strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsmanage-ments. Auch wenn sich nicht alle Belastungsfaktorenbeeinflussen lassen, kannnur eine Kombination aus individuellenund organisatorischen Maßnahmen(z. B. Umgestaltung der Arbeitsabläufe,Erweiterung der Handlungsspielräume 7 )nachhaltige Effekte erzielen.5 vgl. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, <strong>2010</strong>6 vgl. Deutsche Rentenversicherung, 20097 vgl. Sockoll, 2008


116Arbeitsleben, psychische Erkrankungen undpsychotherapeutische Versorgung in KooperationDr. Hans-Peter Unger, ASKLEPIOS KLINIK Hamburg-HarburgChefarzt Psychiatrie und PsychotherapieDie Arbeitsunfähigkeit auf Grund psychischerErkrankungen zeigt seit Mitteder 1970er Jahre einen langsamen, aberkontinuierlichen Anstieg, während Fehltagebedingt durch somatische Erkrankungenin den letzten Jahren rückläufigsind. Auch Krankenhausbehandlungenwegen einer psychischen Störungweisen in den letzten 25 Jahren einenstetigen Trend nach oben auf. PsychischeStörungen verursachen aktuell diemeisten Krankenhaustage von allen Erkrankungen.1 Seit 2001 stehen psychischeErkrankungen an erster Stelle derGründe für einen vorzeitigen Verlust derErwerbsfähigkeit. Wie ist dieser Anstiegzu erklären? Nehmen psychische Erkrankungenzu? Oder lassen sich Menschenmit psychischen Störungen heute eherbehandeln? Hat das Stigma gegenüberseelischen Erkrankungen in den letztenDekaden abgenommen? Haben sich dieDiagnostikgewohnheiten, zum Beispielder Hausärzte, verändert? Wird heutestatt einer Lumbago eher eine depressiveReaktion verschlüsselt?Die Depression zählt mit einer Lebenszeitprävalenzvon 15 % zu den häufigstenErkrankungen. Die WHO sieht dieDepression 2020 als zweithäufigste Ursachegesundheitlicher Beeinträchtigungenweltweit. 2 Psychische Erkrankungenwie die Depression sind also häufig undkönnen jeden treffen. Die Ursachen psychischerErkrankungen sind vielfältig.Das biopsychosoziale Paradigma in derPsychiatrie sagt nichts anderes als dasses zu einem komplexen Zusammenspielvon biologischen (Gehirn und Gene) undumweltbedingten (sozialen) Faktorenkommt, die eine individuelle Vulnerabilitätsschwellebilden. Bei zusätzlicherinnerer oder äußerer Belastung kann daspsychische System aus der Balance geratenund es kommt zur Symptombildung,wenn gegensteuernde Ressourcen fehlen.Tatsächlich behandelt die Psychiatrievorwiegend Symptome und Syndrome,die zu Krankheitseinheiten zusammengefasstwerden, ohne dass es eindeutigeund klare Ursachenbe schreibungen gibt.Psychische Störungen spielen sich alsoimmer an einer Schnittstelle zwischeninnerer und äußerer Welt ab. Eine Ausnahmebilden die organischen psychischenErkrankungen wie die AlzheimerDemenz, bei denen eine klarer definierteStörung der Gehirnfunktionen zugrundeliegt.Arbeit wiederum ist ein wichtiger Teil desLebens. Arbeit ermöglicht Anerken nung,Selbstwert und Einkommen und strukturiertden Tagesablauf. Der Arbeitsplatzist ein Ort vielfältiger sozialer Kontakteund „gute“ Arbeit erhöht Selbstwirksamkeitund lässt im besten Fall die eigeneKreativität verwirklichen. Die Arbeitsweltunterliegt in den letzten Jahrzehnteneiner erneuten radikalen Veränderung.Während sich in China und IndienAgrargesellschften in einer historischnoch nie da gewesenen Geschwindigkeitzu industriellen Produktionsgesellschaftenwandeln, vollzieht sich in denökonomisch am weitesten entwickeltenGesellschaften ein rasanter Umbruch zurInformationstechnologie und Dienstleistungsgesellschaft.Dieser Wandelwird begleitet und vorangetrieben voneiner globalisierten Finanzwelt, derenökonomische Prinzipien auch vor derGesundheit nicht Halt machen: ohne zuzögern sprechen wir heute von Gesundheitsmarktund Gesundheitswirtschaft.Psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatzstehen heute an erster Stelle der arbeitsbedingtenBelastungen und werdenin dieser Bedeutung noch zu wenig inPsychiatrie und Psychotherapie berücksichtigt.Während in den zurückliegendenJahrzehnten die Wiedereingliederungam Arbeitsplatz bei den klassischenpsychischen Erkrankungen einen großenStellenwert in der psychiatrischenVersorgung einnahm, fanden die neuenarbeitsplatzbezogenen Belastungen nurwenig direkte Berücksichtigung in derPsychotherapie.Globale Vernetzung und die neuen Informationstechnologien,schnelle Umstrukturierungenund hohe Anforderungen anFlexibilität führen im Extremfall bei hochqualifiziertenArbeitnehmern zu einem Arbeitslebenohne festen Schreib tisch undin ständiger Erreichbarkeit. Umgekehrterleben niedrigqualifizierte ArbeitskräfteArbeitsplatzunsicherheit, Lohndumpingund erhöhte Arbeitsintensität als dauerhafteArbeitsbelastung. PsychosozialeBelastungen am Arbeits platz können soals Gesundheitsrisiken aufgefasst werden.Das biopsycho soziale Paradigma inder Psychiatrie hat sich noch kaum für dierealen Stressoren und Belastungen derpostindustriellen Arbeitswelt geöffnet.Das biopsycho soziale Krankheitsmodellgeht von einer individuellen und persönlichenVulnerabilitätsschwelle aus, beideren Überschreitung es zu Krankheitssymptomenkommen kann. Dabei wirdnur generell von Stressoren gesprochen,aber diese Stressoren lassen sich ausder Sicht der Arbeitswelt und der daraufbezogenen soziologischen und arbeitsmedizinischenForschung benennen. Eintheoretisches Modell zur Erfassung psy-1 vgl. Zoike, 20092 vgl. Murray, 1997


117chosozialer Arbeitsbelastungen ist zumBeispiel das „Efford-Reward-Modell“von Siegrist 3 , das die Bedeutung derBalance von Leistung, Verausgabungund Anerkennung, Belohnung auf deranderen Seite beschreibt und im Rahmender Gratifikations krise als Risikofaktor fürDepression und koronare Herzkrankheitin zahlreichen Forschungen belegt ist.Gleichzeitig haben sich gerade in großenUnternehmen umfangreiche Maßnahmenzum <strong>betriebliche</strong>n Gesundheitsmanagment entwickelt, aber diese„inner <strong>betriebliche</strong>“ Welt ist noch wenigmit dem Behandlungs- und Rehabilitationssystemverbunden. Wirksamkeitund Nutzen <strong>betriebliche</strong>r Gesundheitsförderungund Prävention sind wissenschaftlichuntersucht und zumindestteilweise in ihrer Evidenz belegt. 4,5 GeradeMitarbeiter mit hohem Risiko fürpsychische Störungen profitieren vonindividuell fokussierten Maßnahmenmit hoher Evidenz. 6 Auf der außer<strong>betriebliche</strong>nSeite ist allerdings das Versorgungssystemimmer noch vor rangigauf die „Reparatur“ von Krankheitenausgerichtet. Die Programme und Maßnahmender <strong>betriebliche</strong>n Prävention undGesundheitsförderung sind den meistenÄrzten und Psychologen weder aus derAusbildung noch in der Praxis bekannt.Betriebsärzte, Hausärzte,Psychiater undPsychotherapeuten – wobegegnen sie sich?Was bedeutet das Vorgesagte für unsergegenwärtiges Gesundheitssystem?An erster Stelle steht der Bedarf nachneuen Kooperationsformen zwischenBetriebsärzten und <strong>betriebliche</strong>n Sozialarbeiternmit dem medizinischen bzw.psychosozialen Versorgungssystem. BeideSeiten profitieren vom gemeinsamenAustausch, gemeinsame Fortbildungenund Kooperationen sind dringend erforderlich.Dabei wird jede Kooperationzwischen Betriebsarzt und Psychiater/Psychotherapeut auf den beiden SäulenPrävention und Behandlung stehen.Denn eine Verbindung von Arbeitsweltund Medizin wird sich im Bereich desPsychischen nicht mit in Diagnosemanualendefinierten Krankheiten zufriedengeben können, es wird vielmehr fastautomatisch vorrangig um den Begriffder Gesundheit gehen, die Gesundheitdes einzelnen Mitarbeiters, der Gruppeder Betriebsangehörigen und nicht zuletztum den Erfolg der Organisation. Damitrückt die Frage in den Mittelpunkt,was es bedeutet, gesund zu sein undseine Gesundheit zu erhalten. Aus dieserPerspektive sind Gesundheit undKrankheit nur Eckpunkte eines Kontinuums.In der Regel befindet sich jedervon uns mehr oder weniger in diesem„Zwischenbereich“. Letztlich lässt sichder gegenwärtige „Erfolg“ des Burnout-Begriffs bei Patienten und in den Medienauf die Aufhellungsversuche dieses Zwischenbereichszurückführen: Burnoutoder Erschöpfung drückt ein auf die Veränderungender Arbeitswelt gerichtetesgesellschaftliches und persönliches Unwohlseinaus. Die Phasen des Burnoutoder der Erschöpfungsspirale beschreibeneinen fortschreitenden Prozess zwischenGesundheit und klar definiertenKrankheiten wie der Depression. Am Endedes Burnout-Prozesse steht also diebehandlungsbedürftige Depression, amAnfang der Erschöpfungsspirale könnenschon einfache Präventionsmaßnahmeneine Wirkung zeigen.Gesundheit zu erhalten, zu fördern oderwiederherzustellen wird so in der Arbeitsweltzu einer gemeinsamen Aufgabevon jedem von uns gemeinsam mitBetriebsarzt und Hausarzt/Facharzt. Aufdiese Aufgabe ist unser Versorgungssystemnicht flexibel vorbereitet. Behandlungs-und Rehabilitationsketten sindeher schwerfällig und wenig integriert.Der institutionsbezogene Ansatz stehtim Vordergrund.Aus <strong>betriebliche</strong>r Sicht steht der Einzelfallim Vordergrund, für ihn gilt es diebestmögliche Lösung zu finden. Dafürsind Gesundheitsförderung, Prävention,Behandlung und Wiedereingliederungunbedingt miteinander zu verzahnen.Deshalb haben große Unternehmenin den letzten Jahren unterschiedlicheKooperationsmodelle aufgebaut. Dabeigeht es um Kooperationen mit EmployeeAssistance Programmanbietern, mitArzt- oder Psychotherapeutenpraxen,mit Kliniken, auch in wechselseitigerKombination. Coachs und Psychotherapeutenarbeiten integrativ, inner<strong>betriebliche</strong>Sprechstunden werden von Psychiaternunter Schweigepflicht garantieim Werk angeboten. Ziel ist es, unnötigeWartezeiten zu vermeiden, und arbeitsplatzspezifischeAspekte in der Psychotherapieverstärkt zu berücksichtigen.Therapieangebote werden mit der Arbeitszeitkompatibel gestaltet.Die Wiedereingliederung profitiert vondiesen neuen Kooperationen, Möglichkeitenwie die Wiedereingliederung amersten Tag der Arbeitsunfähigkeit oder3 vgl. Siegrist, 20054 vgl. Sockoll, 20085 vgl. Badura, 20086 vgl. Seymour, 2005


118Wiedereingliederung „vom Krankenhausbettaus“ seien als zwei Beispielegenannt. Diesen Kooperationen gemeinsamist der Wunsch nach einer schnellenund effizienten Behandlung mit optimalerWiedereingliederung. Dies setzt vontherapeutischer Seite eine Kenntnis deraktuellen Arbeitsweltstrukturen voraus,die gerade in Bezug auf den einzelnenBetrieb nur durch die Kooperation mitdem Betriebsarzt oder <strong>betriebliche</strong>nSozialarbeiter möglich ist. Die Garantieder ärztlichen Schweigepflicht ist dabeioberstes Gebot.Diese neuen Kooperationen basieren aufsehr unterschiedlichen Finanzierungen:In begrenzter Form finanzieren die Unternehmenselbst die Kooperation, es gibtVerträge mit (Betriebs-)Krankenkassenoder Rentenversicherungsträgern und imEinzelfall auch eine Verbindung mit integriertenVersorgungsverträgen. Es zeigtsich, wie gerade die Veränderungen inder Arbeitswelt in Zeiten von Globalisierungund Hochtechnologie Innovationenim Gesundheitssystem bewirken könnenjenseits aller ideologischen und strukturellenHindernisse.Literatur:[1] BADURA, Bernhard [u. a.] (2008): Sozialkapital:Grundlagen von Gesundheit undUnternehmenserfolg, Berlin.[2] MURRAY, C. J. / LOPEZ, A. D. (1997):„Alternative projections of mortality anddisability by cause 1990-2020: GlobalBurden of Disease Study”, in: Lancet,349(9064), S.1498-1504.[3] SEYMOUR, Linda / GROVE, Bob (2005):Workplace interventions for peoplewith common mental health problems:Evidence review and recommendations,London.[4] SIEGRIST, Johannes (2005): “Socialreciprocity and health: new scientificevidence and policy implications”, in:Psychoneuroendocrinology, 30, S.1033-1038.[5] SOCKOLL, Ina / KRAMER, Ina / BÖDE-KER, Wolfgang (2008): IGA-Report 13– Wirksamkeit und Nutzen <strong>betriebliche</strong>rGesundheitsförderung und Prävention.Zusammenstellung der wissenschaftlichenEvidenz 2000 bis 2006, Essen.[6] ZOIKE, Erika [u.a.] (2009): <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong>2009. Gesundheit in Zeitender Krise, Essen.


4Fehlzeitenund stationäreBehandlungen nach Regionen


1204. Fehlzeiten und stationäreBehandlungen nach RegionenDas Morbiditätsgeschehen weist nichtnur alters- und geschlechtsspezifische,sozialstatus- und tätigkeitsbedingte Unterschiedeauf, auch in regionaler Hinsichtlassen sich Besonderheiten feststellen.Dies zeigen die im Folgenden skizziertenArbeitsunfähigkeits- und Krankenhausergebnisseder <strong>BKK</strong>-Versicherten. Grundlageder Darstellung ist dabei die regionaleZuordnung der Versicherten über denWohnort (Postleitzahl). Tabelle 18 gibteinen Überblick über die Verteilung der<strong>BKK</strong>-Versicherten nach Bundesländern.In Bayern, Hessen und Niedersachsenzeigte sich 2009 die, gemessen am Bevölkerungsanteil,stärkste <strong>BKK</strong> Präsenz(16,4 bis 18,8 % der Wohnbevölkerungsind dort bei einer Betriebskrankenkasseversichert). Mit rund 2,6 Mio. lebendie meisten <strong>BKK</strong>-Versicherten jedoch inNordrhein-Westfalen, wo etwa 14,5 %der Bevölkerung im Bundesland bei einer<strong>BKK</strong> versichert sind. Dagegen weisenin Sachsen und im Saarland die <strong>BKK</strong>-Daten gemessen am Anteil an der dortigenWohnbevölkerung mit nur 6,1 bzw.6,6 % eine geringe Repräsentativität auf.Die im Folgenden dargestellten Befundezur Arbeitsunfähigkeit beziehen sich aufalle <strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder (einschließlichder versicherten Arbeitslosen), die Ergebnisseder stationären Behandlungenauf die <strong>BKK</strong> Versicherten insgesamt. Zurbesseren Vergleichbarkeit der regionalenErgebnisse werden zudem die nach Alterund Geschlecht standardisierten Werteausgewiesen.


4. Fehlzeiten und stationäre Behandlungen nach Regionen121Tabelle 18<strong>BKK</strong> Versicherte nach Bundesländern 2009*<strong>BKK</strong> VersicherteBevölkerungsanteil in v. H.**Bundesland insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblichSchleswig-Holstein 359.265 173.365 185.900 12,7 12,5 12,9Hamburg 271.152 132.385 138.766 15,3 15,3 15,3Niedersachsen 1.301.897 650.093 651.804 16,4 16,7 16,2Bremen 62.862 31.933 30.929 9,5 9,9 9,1Nordrhein-Westfalen 2.591.174 1.275.830 1.315.344 14,5 14,6 14,4Hessen 1.050.676 511.108 539.568 17,3 17,2 17,5Rheinland-Pfalz 615.067 305.382 309.686 15,3 15,5 15,2Baden-Württemberg 1.484.808 736.190 748.618 13,8 13,9 13,7Bayern 2.356.877 1.166.951 1.189.926 18,8 19,0 18,7Saarland 67.264 34.355 32.909 6,6 6,9 6,3Berlin 485.287 240.786 244.501 14,1 14,3 13,9Brandenburg 336.877 174.640 162.237 13,4 14,0 12,8Mecklenburg-Vorpommern 187.298 93.415 93.883 11,3 11,4 11,3Sachsen 256.164 128.449 127.715 6,1 6,3 6,0Sachsen-Anhalt 244.982 123.653 121.328 10,4 10,7 10,1Thüringen 230.409 117.294 113.115 10,2 10,6 9,9Bund gesamt 11.953.272 5.920.884 6.032.388 14,6 14,8 14,5* Nach Wohnort.** Anteile beziehen sich auf die Bevölkerungszahlen des Statistischen Bundesamtes: „Bevölkerung: Bundesländer, Stichtag, Geschlecht“, Stand31.12.2009Tabelle 19Veränderungen in der Arbeitsunfähigkeit nach Bundesländern 2009 gegenüber dem VorjahrBundeslandArbeitsunfähigkeiten je 100 PflichtmitgliederFälle Differenz Tage Differenz Tage je Fall Differenzzum Vorjahr zum Vorjahr zum VorjahrSchleswig-Holstein 113,1 9,4 1.463,2 120,4 12,9 0,0Hamburg 108,6 5,1 1.472,6 1,3 13,6 -0,7Niedersachsen 111,0 -0,1 1.396,9 19,4 12,6 0,2Bremen 111,4 -0,6 1.412,5 -2,9 12,7 0,0Nordrhein-Westfalen 111,0 2,6 1.529,4 106,2 13,8 0,6Hessen 119,9 2,3 1.477,9 34,6 12,3 0,1Rheinland-Pfalz 140,8 5,9 1.645,2 62,3 11,7 -0,1Baden-Württemberg 108,8 2,9 1.292,3 84,8 11,9 0,5Bayern 108,3 3,6 1.321,1 75,1 12,2 0,3Saarland 111,1 4,7 1.676,3 1,2 15,1 -0,7Berlin 113,8 6,3 1.715,2 42,8 15,1 -0,5Bund West 112,7 3,3 1.436,6 69,6 12,8 0,3Brandenburg 118,1 12,6 1.737,7 213,3 14,7 0,3Mecklenburg-Vorpommern 123,3 11,0 1.707,5 218,2 13,9 0,6Sachsen 111,2 10,4 1.532,9 140,0 13,8 0,0Sachsen-Anhalt 119,5 13,2 1.706,3 226,8 14,3 0,4Thüringen 119,2 13,0 1.681,7 214,3 14,1 0,3Bund Ost 118,2 11,9 1.679,6 202,8 14,2 0,3Bund gesamt 113,4 4,4 1.467,4 85,9 13,0 0,3


1224.1 Arbeitsunfähigkeit in den BundesländernWie schon bei den Beschäftigten stiegendie Krankheitszeiten 2009 auch bei allenPflichtmitgliedern (einschl. der Arbeitslosen)von 13,8 auf 14,7 AU-Tage an. Währendes bis 2006 noch in nahezu allenBundesländern Rückgänge gab, nehmennun die Fehlzeiten der Pflichtversichertenin fast allen Regionen zu (vgl. Tabellle19). Lediglich in Hamburg, Bremen unddem Saarland blieben die Krankenständeauf dem Vorjahresniveau. In denneuen Bundesländern sind 2009 diehöchsten Anstiege mit Zunahmen von14 bis 16 % zu verzeichnen: Sachsen-Anhalt +2,3 AU-Tage, Brandenburg undMecklenburg-Vorpommern jeweils +2,2AU-Tage sowie Thüringen +2,1 AU-Tage.Die Entwicklung dort ist allerdings auchvor dem Hintergrund der dort ausgeprägtälteren Versichertenstrukturen (s. u.) zubetrachten.Die meisten Krankheitstage wurden mit17,4 AU-Tagen je Pflichtmitglied in Brandenburggemeldet, womit das Saarlandseine „Spitzenstellung“ des Vorjahresabgeben konnte. Allerdings weist auchdas Saarland mit 16,8 AU-Tagen nach wievor überdurchschnittlich hohe Krankenständeauf. Es folgten Berlin (+0,5 AU-Tage) und Mecklenburg-Vorpommernmit einer erheblichen Zunahme.Die geringsten Fehlzeiten wurden wiebisher in den südlichen Ländern Baden-Württemberg und Bayern mit nur 12,9bzw. 13,2 Arbeitsunfähigkeitstagen erreicht.Allerdings verzeichneten auchdiese beiden Länder 2009 ansteigendeKrankheitszeiten (jeweils +0,8). Danebenfielen auch in Niedersachsen und Bremenin diesem Berichtsjahr mit rund 14 Tagenvergleichsweise geringe Fehlzeiten an.Im Osten war wie in den Vorjahren eingegenüber den alten Bundesländern –auch auf Grund der Altersstruktur (s. u.)– wesentlich höheres Niveau zu verzeichnen,wobei die regionalen Unterschiedeweit geringer als im Westen ausfielen.Dort wurden mit 15,3 Tagen je Pflichtmitglied(+1,4) die noch vergleichs weisewenigsten Arbeitsunfähigkeitstage inSachsen gemeldet.Die Falldauern lagen mit durchschnittlich13 Tagen über dem Niveau des Vorjahres.Hier führten das Saarland und Berlin –trotz eines Rückgangs um je rund einenhalben Tag - mit Krankheitsdauern vondurchschnittlich 15,1 Kalendertagen dieRangliste an, gefolgt Brandenburg (14,7Tage, +0,2) und Sachsen-Anhalt (14,3Tage, +0,4). Im Ost-West-Vergleich dauertendie AU-Fälle in den neuen Ländern– mitbedingt durch die ältere Versichertenstruktur- im Schnitt etwa eineinhalbTage länger als im Westen (14,2 gegenüber12,8 Tage). Insgesamt wiesen die<strong>BKK</strong> Versicherten im Osten ungünstigereRisikostrukturen auf als im Westen.


4.1 Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern123Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern14,6 13,414,7 14,7Schleswig-Holstein17,1 14,914,1 14,2HamburgMecklenburg-Vorpommern17,4 15,2BremenBrandenburg17,2 16,714,0 13,8Niedersachsen17,1 14,8Berlin15,3 14,2Sachsen-AnhaltNordrhein-Westfalen16,8 14,715,3 13,914,8 14,4ThüringenSachsenHessen16,5 15,8Rheinland-Pfalz14,4 13,7 16,8 14,816,8 16,813,2 12,5Bund WestBund OstSaarland12,9 12,1BayernBaden-Württemberg14,7 13,8Bund gesamt2009 2008AU-Tage je PflichtmitgliedSchaubild 39


124 4.1 Arbeitsunfähigkeit in den BundesländernNach Alter und GeschlechtstandardisierteLänderergebnisseDie skizzierte regionale Struktur derArbeitsunfähigkeit ist nicht zuletzt vomAlter und Geschlecht der Versichertenin den Bundesländern abhängig. Umsich ein detailliertes Bild der regionalenDifferenzen zu machen, ist es dahersinnvoll, eine Vergleichbarkeit durchAltersstandardisierung zu erreichen,also rechnerisch abweichende AltersundGeschlechtsstrukturen zu bereinigen.Durch die Standardisierung anhandder Alters- und Geschlechtsstruktur allerPflichtmitglieder in der GesetzlichenKrankenversicherung 1 verändert sichdie AU-Fallzahl insgesamt nur geringfügig.Im Westen steigt sie lediglich um0,4 je 100 Pflichtmitglieder, währendsie im Osten leicht um 0,2 sinkt. Andersstellt sich indes das Ergebnis fürdie Zahl der Krankheitstage dar. Diesesteigt durch die Standardisierung überalle Bundesländer um 53 auf 1.521 Tageje 100 Pflichtmitglieder deutlich an.Bedingt ist dieser rechnerische Anstiegvor allem durch das Wester gebnis (+ 67Tage je 100). Hier ist die Altersstrukturder <strong>BKK</strong>-Versicherten merklich jüngerals im GKV-Durchschnitt. Im Osten istdie Altersverteilung der <strong>BKK</strong> dagegenetwas ungünstiger als die der GKV, sodass die AU-Tage demografiebereinigtum 34 Tage je 100 Pflichtmitglieder sinken.Insgesamt nähern sich die Ergebnissezwischen Ost und West durch dieBereinigung der Struktureffekte zwar an,es bleibt aber ein, anders als im Vorjahr,deutlich höheres Ergebnis der östlichenBundesländer mit einer Differenz von142 AU-Tagen je 100 Pflichtmitgliederbestehen.Schaubild 40 zeigt die Abweichungen deraltersstandardisierten und nicht standardisiertenAU-Tage der Bundesländer vomBundesdurchschnitt. In den meisten Ländernverringern sich durch die Bereinigungder Alters- und Geschlechtsstrukturdie Abweichungen vom Bundesdurchschnitt,Ausnahmen bilden wie schonim Vorjahr Hamburg, Schleswig-Holsteinund Niedersachsen sowie aktuell auchHessen und geringfügig sogar Berlin,wo die erstmalige Überschreitung desBundesdurchschnitts nach der Standardisierungetwas höher als im Rohwertausfällt. In Hamburg ist die Alters- undGeschlechtsstruktur der <strong>BKK</strong> Pflichtmitgliederwesentlich günstiger als es diehohen AU-Werte vermuten lassen, hierwirkt die Altersstruktur eher entlastendauf das AU-Geschehen. Dagegen führtin Schleswig-Holstein und Niedersachsendie rechnerische Anpassung derAlters- und Geschlechtsstruktur an denGKV-Durchschnitt zu einer stärkererenReduzierung der Arbeitsunfähigkeit. InSachsen ergibt sich hieraus sogar eineUmkehrung der im Rohwert überdurchschnittlichenFehlzeiten hin zu gemessenan der Alters- und Geschlechtsstrukturdeutlich unter dem Erwartungswert liegendenAU-Zeiten.Die Länder Bayern und Baden-Württembergmit ihrer auffallend niedrigen AUprofitieren erkennbar von einer jungenAltersstruktur. In den standardisiertenWerten unterschreiten ihre AU- Ratenden Bun des durchschnitt in geringeremUmfang, obwohl in beiden Ländern auchstandardisiert noch eine beacht liche Differenzzur mittleren Arbeitsunfähigkeitbestehen bleibt.So modifiziert sich durch die rechnerischeBereinigung der Einflüsse von Alterund Geschlecht das Ausmaß der Abweichungenmehr oder weniger deutlich,die Richtung der Differenz ändert sichjedoch nur in Sachsen. Bei den Ländernmit hoher AU verändert sich zudem dieRangfolge, denn nach Bereinigung derStruktureffekte rangiert Berlin wie inden Vorjahren an erster Stelle vor Brandenburgund dem Saarland. Die Zahlder standardisierten Fehltage bleibt inbeiden Ländern weit über dem Durchschnitt.Mecklenburg-Vorpommern folgtnach der Standardisierung an dritter Stellevor Rheinland-Pfalz, wo jedoch ohneBerücksichtigung der demografischenVerteilung ein deutlich höherer AU-Kennwertermittelt wird. Im Westen fallen dieStruktureffekte insgesamt geringer ausals in den östlichen Bundesländern, allenvoran Sachsen-Anhalt und Thüringen, wosich der Alters- und Geschlechtseinflussdeutlich niederschlägt. Dort werdendurch die Bereinigung der Strukturkomponentendurchweg unauffälligere, demBundesdurchschnitt angenäherte Krankenquotenermittelt.Im Ergebnis haben aber unter- oderüberdurchschnittliche AU-Raten auchdann noch Bestand, wenn Alter undGeschlecht als prägende Einflussfaktorenrechnerisch beseitigt werden. Dieszeigt, dass die Verteilung der Arbeitsunfähigkeitin den Regionen in starkemMaße auch durch die regionale Wirtschaftsstrukturund andere regionaleEinflüsse wie die Angebotsdichte dermedizinischen Versorgung sowie sozioökonomischeund siedlungsstrukturelleMerkmale geprägt wird.1 Die Daten für die GKV insgesamt entstammen der amtlichen Mitgliederstatistik KM6.


4.1 Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern125Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern (AU-Tage)Abweichungen vom Bundesdurchschnitt in Prozent-0,3 -1,005,90,40HamburgSchleswig-Holstein16,3 10,60Mecklenburg-Vorpommern18,4 12,70-3,7 -1,9-5,7 -4,800BrandenburgBremenNiedersachsen16,9 17,04,3 3,30Nordrhein-Westfalen16,3 9,20Sachsen-AnhaltBerlin00,7 0,90Hessen14,6 8,400 4,4 -1,7ThüringenSachsen12,19,914,3 10,80Saarland0Rheinland-Pfalz0-11,9 -9,40-10,0 -6,3-2,1 -1,10Bund West14,4 8,20Bund OstBayernBaden-WürttembergTage nicht standardisiertTage standardisiertPflichtmitglieder (nach Wohnort) 2009Schaubild 40


1264.1 Arbeitsunfähigkeit in den BundesländernExkursDie oben angesprochenen regionenspezifischenAusprägungen der Indikatorenzur gesundheitlichen Lage zeigen sichim Übrigen noch wesentlich prägnanterim kleinräumigen Vergleich. Hierzu werdenfeingliedrigere regionale Auswertungennach Landkreisen für die regionaleBerichterstattung bundesweit zur Verfügunggestellt. Exemplarisch sind inTabelle 20 die Ergebnisse der wichtigstenLandkreise aus drei Bundesländern(Nordrhein-Westfalen, Baden-Württembergund Brandenburg) dargestellt.In Nordrhein-Westfalen fallen die höchstenKrankenstände 2009 – ähnlich wie imVorjahr – in den Industrieregionen desRuhrgebietes sowie in Mönchengladbach,Hagen und im Märkischen Kreisan, während sie sich in den kreisfreienStädten Münster und Bonn sowie inden ländlichen Gebieten des BergischenLandes und Westfalens weit unter demLandesdurchschnitt bewegten. InsbesondereMünster und Bonn sind durchden Hochschulbereich und den Dienstleistungssektor– mit üblicherweiseniedrigeren Ausfallzeiten – geprägt. Beieiner mittleren Arbeitsunfähigkeit von15,3 AU-Tagen je Pflichtmitglied in NRWlagen hier über acht AU-Tage Differenzzwischen den jeweiligen Regionen mithohen und niedrigen Fehlzeiten vor.Demgegenüber war in Baden-Württembergnicht nur der mittlere Krankenstandum rund zwei Tage deutlich niedriger,auch die Unterschiede zwischen denRegionen fielen hier etwas moderateraus, die Spannbreite betrug sechseinhalbTage. Jedoch wiesen die industriellgeprägten Regionen wie Heidenheim sowieder touristisch geprägte Zollernalbkreisund Konstanz um 42 bis 63 % mehrAusfalltage auf als Freiburg, Böblingenoder Esslingen mit stärkerer Prägung imeher wissensbasierten Dienstleistungsbereichbzw. in ländlicher Umgebung.Auch in den östlichen Ländern prägendie Wirtschaftsräume mit den hiermitverbundenen sozialen Rahmenbedingungendie Verteilung des Krankenstandesim jeweiligen Land, wobei sich häufigtypische Unterschiede zwischen denRegionen mit erfolgreichem Strukturwandelund solchen mit wirtschaftlicherTabelle 20Arbeitsunfähigkeit nach Kreisen in ausgewählten Bundesländern<strong>BKK</strong>Auswertungennach Regionen<strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder insgesamtStagnation erkennen lassen. So verzeichnetenetwa in Brandenburg die strukturschwachenLandkreise ausgesprochenhohe Krankheitszeiten, wohingegen dieFehlzeiten in den wirtschaftlich stärkerenRegionen wie in der Stadt Potsdam unterdem Landesdurchschnitt lagen.<strong>BKK</strong> AU-Tage je Kranken-NRW Mitglieder <strong>BKK</strong> Mitglied standGelsenkirchen, Stadt 12.088 19,6 5,4Mönchengladbach, Stadt 13.920 19,2 5,3Recklinghausen 30.419 18,6 5,1Hagen, Stadt 11.935 18,3 5,0Dortmund, Stadt 37.030 17,8 4,9Märkischer Kreis 19.487 17,8 4,9Bochum, Stadt 24.764 17,4 4,8Unna 16.679 17,0 4,7Oberhausen, Stadt 13.202 16,8 4,6Düren 14.763 16,8 4,6Aachen 15.400 16,5 4,5Ennepe-Ruhr-Kreis 19.688 16,5 4,5Duisburg, Stadt 38.748 16,5 4,5Wesel 24.442 16,1 4,4Essen, Stadt 29.474 16,1 4,4Borken 18.749 15,7 4,3Viersen 15.662 15,6 4,3Leverkusen, Stadt 20.020 15,6 4,3Nordrhein-Westfalen 999.225 15,3 4,2Wuppertal, Stadt 15.904 15,1 4,1Köln, Stadt 77.518 15,0 4,1Siegen-Wittgenstein 18.111 14,9 4,1Erftkreis 29.589 14,8 4,1Neuss 27.046 14,5 4,0Mülheim an der Ruhr, Stadt 10.478 14,4 3,9Steinfurt 19.043 14,3 3,9Mettmann 25.084 14,2 3,9Rhein-Sieg-Kreis 33.747 14,0 3,8Bielefeld, Stadt 29.811 14,0 3,8Rheinisch-Bergischer Kreis 19.837 13,4 3,7Gütersloh 33.740 13,1 3,6Düsseldorf, Stadt 34.031 12,6 3,4Lippe 17.278 12,5 3,4Münster, Stadt 12.625 11,5 3,2Bonn, Stadt 12.921 11,4 3,1


4.1 Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern127<strong>BKK</strong> AU-Tage je Kranken-Baden-Württemberg Mitglieder <strong>BKK</strong> Mitglied standHeidenheim 14.903 16,5 4,5Zollernalbkreis 11.092 15,9 4,3Konstanz 13.149 15,6 4,3Ostalbkreis 19.693 15,1 4,1Mannheim, Universitätsstadt 20.748 14,4 4,0Rastatt 18.652 14,3 3,9Rhein-Neckar-Kreis 30.811 14,3 3,9Lörrach 12.483 14,2 3,9Neckar-Odenwald-Kreis 9.859 14,1 3,9Karlsruhe 29.775 13,8 3,8Göppingen 15.908 13,8 3,8Ulm, Universitätsstadt 8.658 13,8 3,8Bodenseekreis 18.027 13,7 3,8Reutlingen 14.891 13,6 3,7Alb-Donau-Kreis 13.347 13,6 3,7Schwarzwald-Baar-Kreis 13.596 13,2 3,6Karlsruhe, Stadt 18.651 13,1 3,6Waldshut 7.693 13,0 3,6Baden-Württemberg 646.124 12,9 3,5Rottweil 9.049 12,9 3,5Ludwigsburg 39.775 12,8 3,5Schwäbisch Hall 9.563 12,7 3,5Tuttlingen 9.653 12,6 3,5Ortenaukreis 17.472 12,5 3,4Ravensburg 20.460 12,2 3,3Heilbronn 28.645 12,2 3,3Biberach 16.383 11,9 3,3Tübingen 9.830 11,8 3,2Rems-Murr-Kreis 19.401 11,6 3,2Stuttgart, Landeshauptstadt 34.248 11,3 3,1Esslingen 29.720 11,2 3,1Böblingen 23.149 11,0 3,0Breisgau-Hochschwarzwald 11.360 10,9 3,0Freiburg im Breisgau, Stadt 9.224 10,1 2,8<strong>BKK</strong> AU-Tage je Kranken-Brandenburg Mitglieder <strong>BKK</strong> Mitglied standBarnim 15.233 19,1 5,2Märkisch-Oderland 16.283 18,9 5,2Havelland 13.155 18,1 4,9Oberhavel 15.393 17,7 4,9Dahme-Spreewald 11.451 17,7 4,8Oder-Spree 15.267 17,7 4,8Elbe-Elster 5.967 17,5 4,8Ostprignitz-Ruppin 5.406 17,5 4,8Brandenburg 182.273 17,4 4,8Potsdam-Mittelmark 17.216 17,4 4,8Frankfurt (Oder), Stadt 2.474 17,3 4,8Teltow-Fläming 12.173 17,1 4,7Cottbus, Stadt 5.636 17,0 4,6Oberspreewald-Lausitz 8.656 16,9 4,6Prignitz 5.822 16,8 4,6Spree-Neiße 7.301 16,2 4,4Uckermark 8.540 15,5 4,3Potsdam, Stadt 11.061 15,3 4,2Brandenburg an der Havel, Stadt 5.238 14,8 4,0


128 4.1 Arbeitsunfähigkeit in den BundesländernRegionale Verteilung derKrankheitsartenDie Verteilung nach Krankheitsartenweist ebenfalls regionale Besonderheitenauf, die in Schaubild 41 wiedergegebensind. So verursachen Krankheitendes Muskel- und Skelettsystemsbesonders im Saarland, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mitdurchschnittlich 4,3 AU-Tagen bei den<strong>BKK</strong> Pflichtmitgliedern hohe Krankheitsausfälle.Nach ihren Anteilen amjeweiligen Krankenstand nahmen sieähnlich wie im Vorjahr in den westdeutschenBundesländern Niedersachsen,Nordrhein-Westfalen und Bremen einenüberdurchschnittlichen Anteil der Fehltageein. Bemerkenswert ist, dass dieauf diese Krankheitsgruppe entfallendenAU-Tage im Osten inzwischen die Zahlder hierdurch bedingten Krankheitstageim Westen übersteigen, wenn auch dierelativen Anteile durch den insgesamt höherenKrankenstand im Osten wenigerauffälig sind.Krankheiten des Herz- und Kreislaufsystemshatten in den östlichen Ländernseit der Wiedervereinigung einen größerenAnteil am AU-Geschehen als imWesten und so übersteigt dort auch dieZahl der mit diesen Diagnosen begründetenAU-Tage zumeist die Werte desWestens. Von den alten Bundesländernwiesen nur die <strong>BKK</strong> Pflichtmitglieder inBerlin mit 5,3 % annähernd die Anteilevon Herz- und Kreislauferkrankungenwie in Ostdeutschland (5,1 bis 6,6 %)auf, nach der Zahl der Krankheitstagenimmt im Westen aber das Saarland denersten Rang ein. Die westlichen FlächenländerSchleswig-Holstein, Bayern undBaden-Württemberg meldeten dagegennur niedrige Anteile von 3,9 % der hierdurchverursachten Krankheitstage. Derniedrigste Anteil wurde mit nur 3,7 % inHamburg gemeldet. Diese Krankheitsgruppenimmt insgesamt – wie auchdie übrigen Kennzahlen im ambulantenund stationären Bereich bestätigen – imlängerfristigen Trend eine bereits seitJahren rückläufige Entwicklung.Ein vergleichsweise hoher Anteil von16,6 % der im Bundesdurchschnitt gemeldetenAU-Tage entfiel auf Krankheitendes Atmungssystems. Hier verzeichneten– jedoch bei sehr unterschiedlichemKrankenstandsniveau – das Saarland(14,5 %) und Schleswig-Holstein (14,7 %)die geringsten Anteile an den Fehltagen.In den holsteinischen Regionen reduzierenoffenbar die vergleichsweisegünstigen Umwelteinflüsse die Erkrankungshäufigkeitdeutlich. Hohe Fehlzeitenanteiledurch Atemwegs erkrankungenverzeichneten dagegen im Westen u. a.Rheinland-Pfalz (18,9 %) und Hessen(18,6 %), sowie auf niedrigerem KrankenstandsniveauBaden-Württemberg(18,1 %). Die Zahl der hierdurch ausgelöstenFehltage war zudem in Berlin wieauch in Brandenburg besonders hoch.In Ostdeutschland wurden 17,3 % derAU-Tage durch Atemwegserkrankungenverursacht, während in den altenBundesländern wie in den Vorjahren imMittel etwas weniger anfielen (16,5 %).In den Neunzigerjahren waren hier nochweit deutlichere Differenzen zwischenOst und West auszumachen.Sehr auffällige regionale Unterschiedeließen sich erneut bei den durch psychischeStörungen verursachten Krankheitstagenbeobachten. In Hamburg undBerlin war – wie schon in den Vorjahren– der Anteil entsprechender Diagnosenan den Fehltagen besonders groß. InBerlin betrug er 13,0 % (-0,2), in Hamburgsogar 16,4 % (-0,5). Damit wurdenin Hamburg genausoviele AU-Tage psychischverursacht wie durch Atemwegserkrankungen.Die geringsten Anteilepsychisch bedingter Krankheitstageverzeichneten unter den westdeutschenLändern Rheinland-Pfalz, Niedersachsenund Baden-Württemberg. Nach der Zahlder AU-Tage lag Bayern ähnlich niedrigwie Baden-Württemberg. Aber auch dortlagen die Anteile mit etwa 10 bis 11 %über dem Niveau in Ostdeutschland,wo durchschnittlich 9,6 % der AU-Tageauf diese Erkrankungen entfielen (+0,4Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr),während es im Westen im Schnitt 11,7 %waren (+0,5 %). Im Osten verzeichneteBrandenburg 2009 mit 10,3 % der AU-Tage den höchsten Anteil der psychischverursachten Krankheitstage. Dennochbestehen weiterhin – wenn auch abnehmend– strukturelle Differenzen der Versorgungsangeboteim psychiatrischenund psychotherapeutischen Bereich zwischenOst und West 2 , die die Prävalenzin der Arbeitsunfähigkeit mitbeeinflussendürften.Noch vorhandene Ost-West-Unterschiedeließen sich auch bei den Erkrankungendes Verdauungssystems beobachten.Auf sie entfielen im Osten 6,6 % derFehltage (+0,5 gegenüber dem Vorjahr),im Westen dagegen nur 6,0 %.Darüber hinaus waren auch bei Verletzungengrößere Unterschiede zwischenOst und West feststellbar. Während inden ostdeutschen Ländern im Schnitt13,7 % (-0,9) der AU-Tage durch Verletzungenausgelöst wurden, waren es imWesten nur 13,1 % (-0,5) – allerdings miterheblich stärkeren Streuungen. So lagdie Spannweite im Westen zwischennur 11,2 % der Fehltage in Hamburgund 15,4 % in Bayern, während sich dieAnteile in den neuen Ländern zwischen13,4 % (Thüringen) und 14,1 % (Mecklenburg-Vorpommern)weniger starkunterschieden. Nach AU-Tagen warendie meisten verletzungsbedingten Krankheitstagein Mecklenburg-Vorpommern,Brandenburg und Sachsen-Anhalt zu verzeichnen.Weitere detaillierte Angabenkönnen der Tabelle 6 im Anhang entnommenwerden.2 Nach letzten statistischen Angaben standen 2008 je 100.000 Einwohnern im Osten nur 1,56 Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie3,8 Ärzte dieser Fachrichtungen im Westen gegenüber.


4.1 Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern129Krankheitsarten in den Bundesländern (AU-Tage)3405424224285165345Hamburg3805721619285185348Schleswig-Holstein43186290163110240388Mecklenburg-Vorpommern3765822517176174333Bremen42794305179110239384Brandenburg3945721415382182315Niedersachsen415112289159114238380BerlinSachsen-AnhaltNordrhein-Westfalen3666027516994178337Hessen416103291147111225388Thüringen35983273148106208357Sachsen41572311169104210363412722301949118834240583306223108213378Rheinland-Pfalz43389243207107199398Saarland3245123314178170295Baden-Württemberg3385221614775203290Bayern41196291161110230380Bund OstMuskeln/SkelettHerz/KreislaufAtmungssystemPsych. StörungenVerdauungssystemVerletzungenSonstigeje 100 Pflichtmitglieder – 20093726123816986189323Bund West3776524416889194330Bund gesamtSchaubild 41


1304.2 Stationäre Behandlung in den BundesländernWie schon die Arbeitsunfähigkeit sounterschieden sich auch Häufigkeit undUrsachen von Krankenhausaufenthaltenzwischen den Bundesländern zum Teilerheblich. Erneut gab es die meistenKrankenhausfälle in Sachsen-Anhalt (238Fälle und 2.260 Tage je 1.000 Versicherte).Im Mittel fielen in den ostdeutschenBundesländern 215 Krankenhausfälleund 2.015 Tage je 1.000 Versichertean. Die untere Grenze markiert dortMecklenburg-Vorpommern mit 200 Fällenje 1.000 Versicherte (1.828 Tage je1.000 Versicherte). Diese Grenze wirdin den westdeutschen Bundesländernnur von Nordrhein-Westfalen (211 Fälleund 2.044 Tage je 1.000 Versicherte)und dem Saarland (202 Fällen und 1.938Tage je 1.000 Versicherte) überschritten.In den beiden Stadtstaaten Berlin undHamburg konnte mit je 160 Fällen (Berlin1.496 Tage, Hamburg 1.564 Tage je1.000 Versicherte) ein Rückgang derFälle verzeichnet werden. Dies gilt auchfür Bremen (181 Fälle und 1.847 Krankenhaustage),wohingegen in Schleswig-Holstein (167 Fälle und 1.550 Tage) und inBayern (167 Fälle und 1.464 Tage) mehrKrankenhausfälle gemeldet wurden.Wenn für Baden-Württemberg bundesweitdie geringste Fallzahl (144 Fälleund 1.267 Tage je 1.000 Versicherte)ausgewiesen wird, so darf dies nichtüber einen Fallzahlanstieg (+6,8 %) undeinen Anstieg der Krankenhaustage(+4,9 %) hinwegtäuschen. Letztere nahmeninsgesamt in neun Bundesländernauf Grund der gestiegenen Fallzahlen zu.Lediglich in Hessen und Niedersachsenstehen steigenden Fallzahlen sinkendeKrankenhaustage gegenüber (vgl. Tabelle21). Die stärkste Abnahme der Krankenhaustagefand in den Stadtstaaten Berlin(-16,7 %), Hamburg (-14 %) und Bremen(-8,8 %) statt. Dies ist im Zusammenhangmit den ebenfalls hohen prozentualenFallzahlrückgängen (Berlin -10,6 %,Hamburg -9,8 %, Bremen -3,5 %) bemerkenswert,weil in diesen Ländern nochim Vorjahr Anstiege sowohl der Fallzahlenals auch der Krankenhaustage vorlagen.3 Die deutlichsten Zunahmen derKrankenhausfälle verzeichneten Mecklenburg-Vorpommern(+13 %), Thüringen(+12,4 %), Sachsen-Anhalt (+8,6 %) undSachsen (+8,5 %). Die Zunahme der Tageund Fälle fiel in den neuen Ländern aufinsgesamt höherem Niveau deutlicheraus als in den alten Bundesländern.Um bevölkerungsunabhängige Vergleichezwischen den Bundesländernzu ermöglichen, werden auch hier dieErgebnisse nach Alter und Geschlechtstandardisiert und damit um Effekte bereinigt,die einzig auf der spezifischen Bevölkerungsstruktureines Bundeslandesberuhen und nicht auf das tatsächlicheKrankheitsgeschehen hindeuten.Standardisiert wiesen Sachsen-Anhaltmit 223 und Thüringen mit 221 Behandlungsfällenje 1.000 Versicherte bundesweitdie höchste stationäre MorbiditätTabelle 21Krankenhausbehandlung in den BundesländernBundesland Fälle* Differenz Tage* Differenz Fälle* Differenz Tage* Differenzzum Vorjahr zum Vorjahr zum Vorjahr zum Vorjahr<strong>BKK</strong> Rohwertestandardisierte Werte**Schleswig-Holstein 167 3,8% 1.550 1,8% 176 3,3% 1.657 1,2%Hamburg 160 -9,8% 1.564 -14,0% 173 -0,2% 1.696 -3,5%Niedersachsen 172 0,9% 1.576 -0,1% 171 1,2% 1.566 0,4%Bremen 181 -3,5% 1.847 -8,8% 180 -0,3% 1.834 -4,8%Nordrhein-Westfalen 211 4,1% 2.044 3,6% 193 2,8% 1.832 2,0%Hessen 181 0,3% 1.736 -0,7% 180 0,4% 1.726 -0,6%Rheinland-Pfalz 194 3,5% 1.815 1,5% 187 2,6% 1.727 0,5%Baden-Württemberg 144 6,8% 1.267 4,9% 155 4,9% 1.380 2,4%Bayern 167 2,4% 1.464 1,2% 181 2,4% 1.614 1,2%Saarland 202 2,9% 1.938 2,8% 199 1,2% 1.911 0,6%Berlin 160 -10,6% 1.496 -16,7% 171 -1,3% 1.632 -5,7%Bund West 177 2,4% 1.646 0,8% 178 2,5% 1.653 0,9%Brandenburg 205 7,0% 1.915 5,5% 208 6,2% 1.954 4,6%Mecklenburg-Vorpommern 200 13,0% 1.828 14,2% 209 12,9% 1.922 14,2%Sachsen 212 8,5% 2.059 8,3% 189 6,9% 1.810 6,8%Sachsen-Anhalt 238 8,6% 2.260 7,1% 223 7,9% 2.091 6,5%Thüringen 217 12,4% 1.945 13,6% 221 10,8% 1.997 11,8%Bund Ost 215 9,7% 2.015 9,3% 210 8,5% 1.954 8,1%Bund gesamt 181 3,2% 1.685 1,7% 181 3,2% 1.685 1,7%* Je 1.000 Versicherte 2009.** Standardisierung nach Alter und Geschlecht der GKV-Versicherten.3 siehe <strong>BKK</strong> <strong>Gesundheitsreport</strong> 2009 „Gesundheit in Zeiten der Krise“, S. 116


4.2 Stationäre Behandlung in den Bundesländern131Mittlere Verweildauer in den Bundesländern*Abweichungen vom Bundesdurchschnitt in ProzentMecklenburg-Vorpommern0-1,1 -1,15,45,40,0 1,10Schleswig-Holstein0Hamburg9,7 9,70Bremen0-1,1 -1,1Niedersachsen0,0 1,10Brandenburg4,3 2,20Nordrhein-Westfalen0-3,2 -3,22,2 1,10Sachsen-Anhalt1,1 2,20Berlin3,2 3,20HessenThüringen4,3 3,20Sachsen0,00-1,1Rheinland-Pfalz0-5,4 -4,30,0 0,00Bund West1,1 0,003,203,20-5,4 -4,3Bund OstSaarlandBaden-WürttembergBayernVerweildauer nicht standardisiertVerweildauer standardisiert* Versicherte (nach Wohnort) – 2009Schaubild 42


132 4.2 Stationäre Behandlung in den Bundesländernauf. Die Unterschiede zwischen denöstlichen und westlichen Bundesländernbleiben insgesamt bestehen, ebensonahmen sowohl die Fallzahlen als auchdie Krankenhaustage in den meisten Bundesländernzu. Im Bundesdurchschnittstiegen die Fälle um 3,2 %, die Krankenhaustageum 1,7 %. Überdurchschnittlicherhöht haben sich die stationären Fälleund Tage in Mecklenburg-Vorpommern(+12,9 % der Fälle bzw. +14,2 % derTage), in Thüringen (+10,8 % der Fällebzw. +11,8 % der Tage) und Sachsen-Anhalt (+7,9 % der Fälle bzw. +6,5 % derTage). In Berlin, Hamburg und Bremen,aber auch in Hessen fällt der oben skizzierteRückgang an Krankenhausfällenund -tagen nach der Standardisierunggeringer aus als in den Rohwerten.Verweildauer in denBundesländernDie Verweildauer lag im Bundesdurchschnittbei 9,3 Tagen, in den einzelnenBundesländern gab es jedoch deutlicheAbweichungen (vgl. Schaubild 42). ÜberdurchschnittlicheVerweildauern warenin Bremen, Hamburg und Nordrhein-Westfalen mit 9,7 bis 10,2 Tagen imMittel festzustellen. UnterdurchschnittlicheVerweildauern gab es dagegen inBaden-Württemberg und Bayern mit je8,8 Tagen. Die Spanne zwischen der Verweildauerin diesen beiden Bundesländernund Bremen betrug 2009 immerhinnoch 1,4 Tage im Mittel (standardisiert1,3 Tage). Dies legt nahe, dass sich auchnach Einführung der neuen AbrechnungsregelnUnterschiede der regionalenAngebotsdichte (z. B. Strukturen derstationären und ambulanten Versorgung),aber auch soziale und lebenslagebedingteKrankheitseinflüsse weiterhin deutlichmessbar auswirken.Krankheitsarten in denBundesländernAuch die Verteilung der Krankenhausdiagnosenstellt sich in den einzelnenBundesländern zum Teil sehr unterschiedlichdar (vgl. Schaubild 43). Herz-/Kreislauferkrankungen sind, gefolgt vonNeubildungen und Erkrankungen desVerdauungssystems, bundesweit diehäufigste Ursache für einen Krankenhausaufenthalt.Jeder siebte Behandlungsfall geht aufeine Erkrankung des Herz-/Kreislaufsystemszurück. Die meisten der auf dieseDiagnosegruppe entfallenden Krankenhausfällewurden mit 36 bzw. 33 Fällenje 1.000 Versicherte in Sachsen-Anhaltbzw. Nordrhein-Westfalen gemeldet.Bezogen auf alle stationären Fälle fälltdas Saarland mit einem Anteil von 16,1 %besonders auf. Die geringsten Anteilelagen in Bayern (12,4 %) und Baden-Württemberg (12,4 %) vor.Auch die Anteile der Neubildungenan den stationären Fällen variierten inden einzelnen Bundesländern zum Teilerheblich. Während in Niedersachsen10,5 % und in Bayern 10,9 % der Fälleauf diese Krankheitsgruppe entfielen,bestimmte sie die stationäre Versorgungin den ostdeutschen Ländern miteinem durchschnittlichen Anteil von13,0 % stärker als im Westen (11,3 %).So reichten die Anteile der Neubildungenan den Krankenhausfällen von 12,6 % inMecklenburg-Vorpommern bis zu 13,5 %in Sachsen. Lediglich in Bremen wurdemit 14,5 % ein noch höherer Anteil erreicht.Absolut fanden sich die meistenKrankenhausfälle neben Bremen (26,1Fälle) vor allem in Sachsen-Anhalt (31,7Fälle).Während die Zahl der Behandlungsfälleauf Grund von Erkrankungen des Herz-/Kreislaufs- sowie des Atmungssystemsseit Jahren rückläufig ist, steigendie durch psychische und Verhaltensstörungenverursachten Krankenhausaufenthaltean. Auch hier zeigen sichregionale Unterschiede: In Berlin undHamburg beträgt der Anteil an den stationärenBehandlungen 9 % und 9,4 %.Nur Schleswig-Holstein reicht mit einemAnteil von 8,7 % an diese hohen Werteheran, gefolgt von Bremen mit 8,3 %.Die Fallzahlen in Rheinland-Pfalz undNordrhein-Westfalen sind gegenüberdem Vorjahr zwar leicht gestiegen, dochliegen die Anteile an den stationärenFällen mit 6,5 % bzw. 6,6 % noch unterdem Bundesschnitt in Höhe von 7,2 %.Diesem Wert nähern sich im WestenNiedersachsen und Hessen mit je 6,9 %und in den ostdeutschen BundesländernThüringen und Sachsen-Anhalt mit 6,7 %bzw. 6,9 %.


4.2 Stationäre Behandlung in den Bundesländern133Krankheitsarten in den Bundesländern (KH-Fälle)87,667,285,918,526,314,216,219,425,217,517,621,311,214,617,218,815,450,8Schleswig-Holstein20,429,714,515,120,626,518,814,419,612,315,016,417,615,2HamburgMecklenburg-VorpommernBrandenburg17,422,513,214,917,826,117,1Bremen77,720,733,414,813,922,823,818,718,327,913,512,620,924,618,286,3Nordrhein-Westfalen83,0Rheinland-Pfalz16,625,512,612,519,219,917,2Hessen16,624,812,811,877,019,218,116,869,7Niedersachsen21,730,714,114,622,527,819,5Thüringen20,236,017,716,423,931,720,0Sachsen-Anhalt94,2103,418,431,312,815,822,428,620,0Sachsen91,514,622,410,514,418,118,514,3Berlin17,224,912,612,618,920,017,2Bund West65,573,817,432,513,416,321,922,718,392,8Saarland82,112,717,910,410,615,217,315,2Baden-Württemberg62,017,720,711,812,117,018,318,0Bayern69,920,031,114,715,621,928,119,3Bund Ost75,8Muskeln/SkelettHerz/KreislaufAtmungssystemPsych. StörungenVerdauungssystemNeubildungenVerletzungenSonstige17,525,512,813,019,220,917,4Bund Gesamtje 1.000 Versicherte insgesamt – 2009Schaubild 43


134


5EinzeldiagnosenundDiagnosegruppen


1365. Einzeldiagnosen und DiagnosegruppenIn den bisherigen Kapiteln wurde dasErkrankungsgeschehen bei Arbeitsunfähigkeitund Krankenhausbehandlungenauf der Ebene der ICD-Hauptgruppenbetrachtet. Dies ermöglicht die Beschreibunglangfristiger Trends in der Morbiditätauffälliger Bevölkerungsgruppennach sozioökonomischen und regionalenMerkmalen. Die ICD-Hauptgruppenumfassen jedoch zum Teil recht unterschiedlicheKrankheitsbilder, so dass einevertiefende Betrachtung anhand vonEinzeldiagnosen und Diagnosegruppenaufschlussreich ist.Im vorliegenden Bericht werden dieDiag nosedaten auf der Basis der ICD-10dokumentiert, wobei jeweils die von derKasse gekennzeichnete Hauptdiagnoseverwendet wird. Da Mehrfachdiagnoseninnerhalb eines Falls nicht berücksichtigtwerden können, geben die Daten keinenAufschluss über Multimorbidität.ICD-Hauptgruppen nach der ICD-10-GMMit ihren bis zu 6-stelligen Schlüsselnummernund insgesamt über 14.000Einzeldiagnosen stellt die 10. Revisionder ICD-Klassifikation ein sehr viel differenzierteresSchlüsselsystem dar alsdie 9. Revision, nach der diese Statistikbis zum Jahr 2000 geführt wurde. Diesbedeutet für die Auswertung jedoch,dass Vergleiche mit früheren Jahresergebnissen(bis 2000) auf der Ebene vonEinzeldiagnosen nur eingeschränkt möglichsind, auch wenn lediglich die erstendrei Stellen der Schlüsselnummern berücksichtigtwerden.Insgesamt hatte sich – jedenfalls in denAnfangsjahren – die vom Gesetzgeberfür die Leistungserbringer ab 2000 verbindlicheingeführte Verschlüsselungspflichtder Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeitund Krankenhausbehandlung(§§ 295 und 301 SGB V) positiv auf dieGesundheitsberichterstattung ausge-ICD BezeichnungI A00-B99 Infektiöse und parasitäre KrankheitenII C00-D48 NeubildungenIII D50-D89 Krankheiten des BlutesIV E00-E90 Endokrine, Ernährungs- und StoffwechselkrankheitenV F00-F99 Psychische und VerhaltensstörungenVI G00-G99 Krankheiten des NervensystemsVII H00-H59 Krankheiten des AugesVIII H60-H95 Krankheiten des OhresIX I00-I99 Krankheiten des KreislaufsystemsX J00-J99 Krankheiten des AtmungssystemsXI K00-K93 Krankheiten des VerdauungssystemsXII L00-L99 Krankheiten der Haut und der UnterhautXIII M00-M99 Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des BindegewebesXIV N00-N99 Krankheiten des UrogenitalsystemsXV O00-O99 Schwangerschaft, Geburt und WochenbettXVI P00-P96 Bestimmte Zustände, Ursprung in der Perinatalperiode …XVII Q00-Q99 Angeborene FehlbildungenXVIII R00-R99 Symptome und abnorme klinische und LaborbefundeXIX S00-T98 Verletzungen und VergiftungenXX V01-Y98 Äußere Ursachen von Morbidität (nicht für AU-Bescheinigungen)XXI Z00-Z99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen (nicht für AUwirkt und eine bessere Zuordnung derKrankheitsbefunde ermöglicht. Zu einerverbesserten Spezifizierung der Diagnosenhatte zunächst auch die Übertragungder Diagnoseverschlüsselungauf die Ärzte beigetragen, die vorherdurch die Kassen erfolgte. Allerdings istim ambulanten Bereich im Unterschiedzum Einführungszeitraum schon seit längeremwieder eine stärkere Konzentrationauf die häufigsten ICD-Kodierungenund damit eine zunehmende Tendenz,„gängige“ Kodierungen zu verwenden,zu beobachten. Während 2001 die fünfhäufigsten Diagnosen nur noch gut einFünftel (22,6 %) aller AU-Fälle der Mitgliederohne Rentner umfassten, warenes 2009 bereits wieder 31,2 % (+0,9 %zum Vorjahr). Im Jahr 1999 vor der Einführungder Verschlüsselung durch dieÄrzte betrug dieser Anteil ebenfalls etwaein Drittel der Fälle.Im Folgenden werden die wichtigstenErgebnisse nach Einzeldiagnosen undDiagnoseuntergruppen bei Arbeitsunfähigkeitund stationären Behandlungendargestellt. Weitere Einzelauswertungennach den dreistelligen ICD-Diagnosensind beim Bundesverband der Betriebskrankenkassenerhältlich.


1375.1 Die häufigsten Diagnosen bei ArbeitsunfähigkeitWichtige EinzeldiagnosenDie häufigsten und nach Krankheitstagenrelevantesten Einzeldiagnosen beiArbeitsunfähigkeit (auf der dreistelligenEbene) sind der Tabelle 9 im Anhang zuentnehmen. Erwartungsgemäß warenauch 2009 Akute Infektionen der oberenAtemwege (J06) und Rückenschmerzen(M54) mit 12,6 % bzw. 6,8 % aller AU-Fälle die häufigsten Einzeldiagnosen inder Arbeitsunfähigkeit. An dritter Stellestand die Diagnose Sonstige nichtinfektiöseGastroenteritis und Kolitis (K52;4,5 % aller AU-Fälle und 1,7 % der AU-Tage), gefolgt von Akuter Bronchitis (J20;3,8 % der Fälle, 2,2 % der Tage) sowieden Sonstigen Krankheiten der Zähneund des Zahnhalteapparates (K08; 3,5 %der Fälle, 0,7 % der Tage). Die wichtigstenDiagnosen wurden auch bereits inKapitel 2.2 mit Blick auf die altersbezogeneVerteilung der ambulanten Arztdatendargestellt.Bei den Krankheitstagen schlagen dieseErkrankungen erwartungsgemäßmit sehr unterschiedlichem Gewichtzu Buche. So entfielen 2009 auf AkuteInfektionen der oberen Atemwegelediglich 5,9 % der Krankheitstage.Rückenschmerzen waren dagegen miteinem Anteil von 8,2 % erneut die Einzeldiagnosemit dem größten Anteil anden AU-Tagen. Ihre durchschnittlicheFalldauer lag bei 15,6 Tagen. Neben denDepressiven Episoden (F32; 4,0 % derAU-Tage, 1,1 % der Fälle) waren auch diebereits genannte Akute Bronchitis sowieReaktionen auf schwere Belastungenund Anpassungsstörungen (F43; 2,1 %der Tage, 1,0 % der Fälle) und SonstigeBandscheibenschäden (M51; 2,1 % derTage, 0,6 % der Fälle) bedeutsam.Nach der Häufigkeit zeigen sich bei denGeschlechtern keine Unterschiede inder Reihenfolge und nur geringe Abweichungenbei den Anteilen der häufigstenDiagnosen (vgl. Tabelle 22). Männer sindjedoch stärker von Rückenschmerzen betroffenals Frauen. Mit einem Anteil von8,1 % der Fälle und 9,5 % der Tage lagensie deutlich über den Anteilswerten derweiblichen Versicherten (5,3 % der Fälleund 6,7 % der Tage). Hierbei spielen u. a.auch die schon in den Kapiteln zuvor erwähnten,nach körperlichen Belastungenunterschiedlichen Tätigkeiten eine Rolle.Besonders auffällig ist 2009 der spür bareAnstieg der Atemwegserkrankungen(vgl. Kapitel 1.2). So führten insbesonderebei Frauen Akute Infektionen deroberen Atemwege (J06) gegenüberdem Vorjahr zu über einem Viertel mehrKrankheitsfällen, die Fallzahl stieg von112 auf 140 je 1.000. Entsprechendnahmen auch die Krankheitstage von660 auf 858 sogar um 30 % zu. Bei denMännern waren ebenfalls Zunahmen indieser Krankheitsgruppe zu verzeichnen,wenn auch auf niedrigerem Niveau: beiihnen stieg die Fallzahl von 101 auf 121je 1.000 und die Tage von 589 auf 731 je1.000 (+24 %) etwas moderater als beiden Frauen.Tabelle 22Die 10 wichtigsten Einzeldiagnosen nach AU-Tagen 2009Bezogen auf die Krankheitstage stellenbei Männern auch Depressive Episoden(F32; 3,0 % der Tage, 0,8 % der Fälle)und Verletzungen nicht näher bezeichneterKörperregionen (T14; 2,1% der Tage,1,9 % der Fälle) weitere bedeutsameUrsachen für Arbeitsunfähigkeit dar. BeiFrauen sind Depressive Episoden nochauffälliger. Mit einem Anteil von 5,3 %an den Tagen und 1,4 % an den Fällenwiesen sie damit einen fast doppelt sohohen Anteil aus wie die männlichenVersicherten. Dies gilt auch für Reaktionenauf schwere Belastungen undAnpassungsstörungen (F43), die beiFrauen mit einem Anteil von 3,0 % derTage, den vierten Rang bilden. Diese Befundeverdeutlichen die bereits in Kapitel2.1 und 2.2 thematisierten spezifischenMorbiditätsschwerpunkte bei Männernund Frauen. Während Männer deutlichhäufiger durch Krankheiten des MuskelundSkelettsystems sowie durch Verletzungenarbeitsunfähig werden, reagierenFrauen auf Belastungen häufiger alsMänner mit psychischen Störungen.FrauenRang ICD BezeichnungTage*1. M54 Rückenschmerzen 903,02. J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näherbezeichneten Lokalisationen der oberen Atemwege 857,93. F32 Depressive Episode 711,14. F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen 399,85. J20 Akute Bronchitis 299,26. C50 Bösartige Neubildung der Brustdrüse [Mamma] 279,77. M51 Sonstige Bandscheibenschäden 250,38. J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 244,29. K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 232,810. F48 Andere neurotische Störungen 207,0MännerRang ICD BezeichnungTage*1. M54 Rückenschmerzen 1.231,02. J06 Akute Infektionen an mehreren oder nicht näherbezeichneten Lokalisationen der oberen Atemwege 731,43. F32 Depressive Episode 388,04. M51 Sonstige Bandscheibenschäden 297,65. M23 Binnenschädigung des Kniegelenkes [internal derangement] 280,56. J20 Akute Bronchitis 279,07. T14 Verletzung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion 271,48. M75 Schulterläsionen 248,09. K52 Sonstige nichtinfektiöse Gastroenteritis und Kolitis 224,610. J40 Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet 219,4* je 1.000 Mitglieder ohne Rentner


138 5.1 Die häufigsten Diagnosen bei ArbeitsunfähigkeitTabelle 23Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: Krankheiten des Muskel- und SkelettsystemsDiagnoseuntergruppen Männer Frauen ZusammenFälle Tage Tage Fälle Tage Tage Fälle Tage Tageje Fall je Fall je FallInfektiöse Arthropathien 0,3 4,9 19,7 0,2 4,4 21,7 0,2 4,7 20,4(M00-M03)Endzündliche 7,4 103,7 14,0 4,0 81,9 20,7 5,9 94,2 16,0Polyarthropathien(M05-M14)Arthrose 7,4 310,4 42,2 5,2 258,1 49,4 6,4 287,6 44,7(M15-M19)Sonstige Gelenkkrankheiten 19,5 495,6 25,4 13,3 400,7 30,2 16,8 454,2 27,0(M20-M25)Systemkrankheiten des 0,2 8,0 37,9 0,4 13,7 33,1 0,3 10,5 35,0Bindegewebes(M30-M36)Deformitäten der Wirbelsäule 2,6 47,4 18,5 2,4 54,1 22,5 2,5 50,4 20,2und des Rückens(M40-M43)Spondylopathien 4,6 107,6 23,7 3,7 88,3 24,1 4,2 99,1 23,8(M45-M49)Sonstige Krankheiten der 95,3 1.692,9 17,8 72,4 1.336,9 18,5 85,3 1.537,5 18,0Wirbelsäule und des Rückens(M50-M54)Krankheiten der Muskeln 2,5 27,9 11,4 2,1 23,9 11,6 2,3 26,1 11,5(M60-M64)Krankheiten der Synovialis 5,8 105,4 18,1 7,3 142,3 19,5 6,5 121,5 18,8und der Sehnen(M65-M68)Sonstige Krankheiten 28,2 582,2 20,7 20,5 474,9 23,2 24,8 535,3 21,6des Weichteilgewebes(M70-M79)Veränderungen der 0,3 13,5 44,9 0,3 13,5 40,7 0,3 13,5 42,9Knochendichte und -struktur(M80-M85)Sonstige Osteopathien 0,6 21,1 38,5 0,5 16,9 36,0 0,5 19,3 37,5(M86-M90)Chondropathien 0,7 25,6 37,0 0,5 22,1 42,2 0,6 24,1 38,9(M91-M94)Sonstige Krankheiten des 8,4 98,0 11,7 7,9 85,2 10,8 8,2 92,4 11,3(Muskel-Skelett-Systems unddes Bindegewebes(M95-M99)Insgesamt (M00-M99) 183,5 3.644,2 19,9 140,6 3.016,8 21,5 164,8 3.370,3 20,5Je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009


5.1 Die häufigsten Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit139Krankheiten des Muskel- undSkelett-SystemsNach einem Peak Anfang der 90er Jahresind die Muskel- und Skeletterkrankungenin den letzten Jahren kontinuierlichzurückgegangen (1991: 782 AU-Tage,2000: 409 AU-Tage, aktuell 377 AU-Tageje 100 Pflichtversicherte). Dennochspielen Muskel- und Skeletterkrankungenmit durchschnittlich 3,4 Arbeitsunfähigkeitstagenje <strong>BKK</strong> Mitglied auch 2009noch eine wichtige Rolle im Arbeitsunfähigkeitsgeschehen.In Tabelle 23 wirdein Überblick über die Verteilung derMuskel- und Skeletterkrankungen nachDiagnose-Untergruppen für Männer undFrauen gegeben. Bei beiden Geschlech-tern dominierten nach Fällen und Tagendie Wirbelsäulen- und Rückenleiden(M40-M54; vgl. Schaubild 44.1 – 44.2).Mit Ausnahme der Krankheiten der Synovialisund der Sehnen (M65-M68), derSystemkrankheiten des Bindegewebes(M30-M36) sowie den Veränderungender Knochendichte und Struktur (M80-M85) wiesen Frauen weniger Erkrankungsfälleals Männer auf. So meldetenFrauen in etwa ein Drittel wenigerFälle und ein Fünftel weniger Tage alsMänner auf Grund von Arthropathien(Gelenkleiden, M00-M25). Bei Krankheitender Wirbelsäule und des Rückens(M40-M54) lagen sowohl Fälle als auchTage der Frauen bei ca. drei Viertel derVergleichsgrößen für Männer. Dass dieArbeitsunfähigkeitstage durch Osteopathienund Chondropathien (M80-M94)bei Frauen im Vergleich zu Männern sogaretwas niedriger ausfielen, ist dadurchzu erklären, dass diese Krankheiten biszu einem Alter von etwa Mitte fünfzigstärker bei Männern verbreitet sind, beiFrauen dagegen erst nach der Menopauseeine starke Zunahme erfahren.Schaubild 44.1Muskel- und Skeletterkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (Fälle)Übrige6 %Osteopathien/Chondropathien1 %Arthropathien(Gelenkleiden)16 %Osteopathien / Chondropathien1 %Weichteile20 %Übrige5 %Arthropathien(Gelenkleiden)19 %Weichteile21 %Wirbelsäule/Rücken56 %FrauenWirbelsäule / Rücken56 %MännerAnteil der AU-Fälle je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009Schaubild 44.2Muskel- und Skeletterkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (Tage)Osteopathien/Chondropathien2 %Weichteile21 %Übrige3 %Arthropathien(Gelenkleiden)25 %Osteopathien/Chondropathien2 %Weichteile20 %Übrige3 %Arthropathien(Gelenkleiden)25 %FrauenWirbelsäule / Rücken49 %Wirbelsäule/Rücken51 %MännerAnteil der AU-Tage je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009


140 5.1 Die häufigsten Diagnosen bei ArbeitsunfähigkeitTabelle 24Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: Krankheiten des AtmungssystemsDiagnoseuntergruppen Männer Frauen ZusammenFälle Tage Tage Fälle Tage Tage Fälle Tage Tageje Fall je Fall je FallAkute Infektionen der 174,2 1.053,3 6,0 218,8 1.326,4 6,1 193,6 1.172,5 6,1oberen Atemwege(J00-J06)Grippe und Pneumonie 18,9 154,4 8,2 19,1 154,6 8,1 19,0 154,5 8,1(J10-J18)Sonstige aktue Infektionen 40,6 298,6 7,4 43,6 321,2 7,4 41,9 308,5 7,4der unteren Atemwege(J20-J22)Sonstige Krankheiten 18,1 150,4 8,3 24,8 179,2 7,2 21,0 163,0 7,7der oberen Atemwege(J30-J39)Chronische Krankheiten 41,6 333,8 8,0 45,8 354,7 7,7 43,5 342,9 7,9der unteren Atemwege(J40-J47)Lungenkrankheiten durch 0,1 1,8 21,9 0,1 1,6 24,0 0,1 1,7 22,7exogene Substanzen(J60-J70)Sonstige Krankheiten 0,1 2,5 30,9 0,1 1,5 22,7 0,1 2,1 27,7der Atmungsorgane, diehauptsächlich dasInterstitium betreffen(J80-J84)Purulente und nekrotisierende 0,0 1,5 39,9 0,0 0,4 17,0 0,0 1,0 32,1Krankheitszuständeder unteren Atemwege(J85-J86)Sonstige Krankheiten der Pleura 0,2 7,2 36,0 0,1 5,3 44,1 0,2 6,4 38,6(J90-94)Sonstige Krankheiten 8,2 55,1 6,7 10,1 65,1 6,5 9,0 59,5 6,6des Atmungssystems(J95-J99)Insgesamt (J00-J99) 302,9 2.064,4 6,8 363,4 2.416,7 6,7 329,3 2.218,2 6,7Je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009


5.1 Die häufigsten Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit141Krankheiten desAtmungssystemsBei den Krankheiten des Atmungssystemsstehen nach Fallhäufigkeit undKrankheitstagen Akute Infektionen deroberen Atemwege (J00-J06) mit einemAnteil von 58 % an den AU-Fällen und53 % an den AU-Tagen im Vordergrund.Es folgen Chronische Krankheiten derunteren Atemwege (J40-J47) sowieAkute Bronchialerkrankungen (J20-J22,Sonstige akute Infektionen der unterenAtemwege) (vgl. Tabelle 24 und Schaubild45.1-45.2). Diese Rangfolge ist beiMännern und Frauen gleich. Frauen erkrankten,wie in den Vorjahren, generellhäufiger an Atemwegserkrankungen alsMänner. Die Häufigkeit dieser Krankheitsgruppebei Frauen (363 AU-Fälleje 1.000 Mitglieder ohne Rentner) überstiegdie bei Männern (303 Fälle je 1.000)um 20 %. Dabei traten insbesondere dieakuten Infektionen der oberen Atemwegebei Frauen häufiger auf. Sowohldie Anzahl der AU-Fälle als auch der AU-Tage je 1.000 Mitglieder ohne Rentnerlag jeweils um ein Fünftel über den derMänner.Wie im Vorjahr war auch 2009 erneut einAnstieg der Krankheiten des Atmungssystemszu verzeichnen. Arbeitsunfähigkeitenauf Grund von Krankheiten des Atmungssystemsstiegen um 39 AU-Fälleund 310 AU-Tage je 1.000 Mitglieder an(329 Fälle und 2.218 Tage je 1.000 Mitglieder2009 gegenüber 290 Fälle und1.908 Tage je 1.000 Mitglieder in 2008).Allerdings weist diese Krankheitsgruppein der Regel keine mehrjährigen Trendsauf, da ihre Verbreitung stark durch jährlichwechselnde Erkältungs- und Grippehäufigkeitengeprägt wird.Schaubild 45.1Krankheiten des Atmungssystems nach Diagnoseuntergruppen (Fälle)Chron. Krankheiten derunteren Atemwege 13 %Sonstige Krankheitender oberenAtemwege 7 %Übrige3 %Chron. Krankheiten derunteren Atemwege 14 %Sonstige Krankheitender oberenAtemwege 6%Übrige3 %Sonstige akuteInfektionen derunteren Atemwege12 %Grippe undPneumonie5 %FrauenAkute Infektion deroberen Atemwege60 %Sonstige akuteInfektionen derunterenAtemwege 13 %Grippe undPneumonie6 %Akute Infektion deroberen Atemwege58 %MännerAnteil der AU-Fälle je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009Schaubild 45.2Krankheiten des Atmungssystems nach Diagnoseuntergruppen (Tage)Chron. Krankheiten derunteren Atemwege 15 %Übrige3 %Chron. Krankheiten derunteren Atemwege 16 %Sonstige Krankheitender oberenAtemwege 7 %Übrige3 %Sonstige Krankheitender oberenAtemwege 7 %Sonstige akuteInfektionen derunteren Atemwege13 %Grippe und Pneumonie6 %Akute Infektion deroberen Atemwege55 %Sonstige akuteInfektionen derunterenAtemwege 14 %Grippe und Pneumonie7 %Akute Infektion deroberen Atemwege51,0 %FrauenMännerAnteil der AU-Tage je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009


142 5.1 Die häufigsten Diagnosen bei ArbeitsunfähigkeitTabelle 25Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: psychische und VerhaltensstörungenDiagnoseuntergruppen Männer Frauen ZusammenFälle Tage Tage Fälle Tage Tage Fälle Tage Tageje Fall je Fall je FallOrganische, einschließlich 0,2 7,2 44,7 0,2 5,7 28,9 0,2 6,6 37,0symptomatischer psych.Störungen(F00-F09)Psychische und 1,7 83,3 49,5 0,6 29,6 46,5 1,2 59,9 48,8Verhaltensstörungendurch psychotrope Substanzen(F10-F19)Schizophrenie, schizotype und 0,7 47,8 65,5 0,7 43,3 66,0 0,7 45,9 65,7wahnhafte Störungen(F20-F29)Affektive Störungen 9,5 494,3 52,0 17,9 916,3 51,2 13,2 678,6 51,5(F30-F39)Neurotische, Belastungs- und 16,7 457,2 27,5 34,3 939,4 27,4 24,4 667,7 27,4somatoforme Störungen(F40-F48)Verhaltensauffälligkeiten mit 0,3 6,4 22,6 0,5 23,5 43,5 0,4 13,9 35,1körperlichen Störungenund Faktoren(F50-F59)Persönlichkeits- und 0,3 13,9 55,7 0,5 26,3 57,1 0,3 19,3 56,5Verhaltensstörungen(F60-F69)Intelligenzminderung 0,0 0,1 12,9 0,0 0,4 50,0 0,0 0,2 27,2(F70-F79)Entwicklungsstörungen 0,0 0,3 19,7 0,0 0,1 10,7 0,0 0,2 16,0(F80-F89)Verhaltens- und emotionale 0,1 3,0 32,9 0,1 2,9 27,7 0,1 2,9 30,4Störungen mit Beginn in derKindheit und Jugend(F90-F98)Nicht näher bezeichnete 0,2 6,9 28,8 0,5 12,0 24,6 0,4 9,1 26,2psychische Störungen(F99-F99)Insgesamt (F99-F99) 29,6 1.120,5 37,8 55,3 1.999,6 36,1 40,8 1.504,3 36,8Je 1.000 Mitglieder ohne Rentner – Bundesgebiet 2009Psychische undVerhaltensstörungenPsychische Störungen haben in denletzten Jahren im Arbeitsunfähigkeitsgeschehenkontinuierlich an Bedeutunggewonnen (vgl. Schaubild 46). Auchwenn in einzelnen Jahren (z. B. 1997und 1998) die absolute Zahl der mit diesenDiagnosen verbunden Krankheitstagenim Zuge der allgemeinen Krankenstandsentwicklungabgenommen hat,vergrößerte sich dennoch der Anteil derpsychisch bedingten Fehlzeiten an dergesamten Arbeitsunfähigkeit von Jahrzu Jahr. Betrug dieser Anteil 1980 noch2,5 % und 1990 3,7 %, so überschritt erim Jahr 2000 bereits die 7 %-Grenze undlag 2009 bei 11,4 %. Bei Pflichtversicherteneinschließlich Arbeitslosen wurden2009 168 Arbeitsunfähigkeitstage je 100durch Psychische Störungen verursacht(vgl. Schaubild 46 sowie Tabelle 2 imAnhang). Damit hat sich der Anteil derPsychischen Störungen am Krankenstandin den letzten 30 Jahren mehr alsverdreifacht. Sie nehmen inzwischenunter den Diagnosehauptgruppen denvierten, bei den Frauen sogar den drittenRang ein – vor den Krankheiten desKreislaufsystems und des Verdauungssystems.Die Gründe für die Zunahmesind sowohl in der realen Zunahme derMorbidität als auch in veränderten Diagnosestellungender Ärzte zu vermuten.Bei Frauen lagen die durch psychischeDia gnosen begründeten Krankheitszeiten2009 um ca. vier Fünftel (78 %) höher alsbei Männern. Quantitativ standen hierbeidie Gruppen Affektive Störungen (F30-F39) und Neurotische, Belastungs- undsomatoformen Störungen (F40-F48, z. B.Reaktionen auf schwere Belastung enund Anpassungsstörungen) mit jeweils


5.1 Die häufigsten Diagnosen bei Arbeitsunfähigkeit143etwa 45 % der psychischen Erkrankungstageim Vordergrund (vgl. Tabelle 25). Inder letztgenannten Gruppe dominiertenDepressionen, die bei den AU-Tagen vonMännern und Frauen schon den drittenRang unter den Einzeldiagnosen einnehmen.In beiden Diagnosegruppen wiesenFrauen nahezu die doppelte Anzahl derKrankheitstage auf.Bei Männern kommen als dritte bedeutendeErkrankungsgruppe Psychischeund Verhaltensstörungen durch psychotropeSubstanzen (F10-F19) hinzu, aufdie 2009 über 7 % der gemeldeten Tageentfielen. Vier Fünftel hiervon standen inZusammenhang mit Alkoholmissbrauch.Bei Frauen spielen derartige Erkrankungen– wie auch psychische Krankheitenauf Grund des Missbrauchs anderer Drogen– bisher eine geringere, jedoch inletzter Zeit dennoch zunehmende Rolle.Die hierdurch verursachten AU-Tage betragenaktuell etwa zwei Drittel der Wertefür Männer und machten hierbei 2009nur 1,5 % der für Frauen gemeldeten AU-Tage mit psychischen Diagnosen aus.Schaubild 46Zunahme der psychischen Störungen (Arbeitsunfähigkeitstage)25020015010050795748078 80 82 84 86 88 90 91*92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09FraueninsgesamtMännerje 100 Pflichtmitglieder - Bundesgebiet (* bis 1990 alte Bundesländer)215168127Burnout- Syndrom (Z73)Schaubild 47Krankheitstage durch das Burnout-Syndrom – 2004 bis 2009Seit 2004 steigen die Krankheitstagemit der Zusatzdiagnose Z73 Problememit Bezug auf Schwierigkeiten bei derLebensbewältigung (unter die auch dasBurnout-Syndrom fällt) kontinuierlichan (vgl. Schaubild 47). Lagen in 2004noch 4,6 Krankheitstage je 1.000 Männerund Frauen vor, so verzehnfachtensich die Krankheitszeiten mit dieserärztlichen Angabe bis 2009 auf bereits47,1 AU-Tage für alle. Bei Frauen wirdwesentlich häufiger als bei Männernein Burnout-Syndrom ärztlich bescheinigt.Über den beobachteten Zeitraumwaren Frauen durchschnittlich fast 15Tage länger mit dieser angegebenenKrankheitsursache erkrankt als Männer.70,060,050,040,030,020,010,004,66,03,510,113,97,216,021,811,62004 2005 2006 2007 2008 200924,233,617,034,949,024,047,162,735,0FrauenMännerGesamtAU-Tage je 1.000 Mitglieder ohne Rentner


144Tabelle 26Häufigste Diagnosegruppen im Krankenhaus 2009Diagnosegruppen Männer Frauen ZusammenKH- KH- Tage KH- KH- Tage KH- KH- TageFälle Tage je Fall Fälle Tage je Fall Fälle Tage je FallSonstige Formen der Herzkrankheit 8,6 82,9 9,7 6,9 70,7 10,2 7,7 76,8 9,9(I30-I52)Ischämische Herzkrankheiten 9,1 65,3 7,2 3,9 29,6 7,6 6,5 47,3 7,3(I20-I25)Episodische und paroxysmale Krankheiten 5,5 28,6 5,2 3,7 23,5 6,4 4,6 26,0 5,7des Nervensystems(G40-G47)Sonstige Krankheiten des Darmes 4,6 34,6 7,5 4,5 37,6 8,4 4,5 36,1 8,0(K55-K63)Sonstige Krankheiten der oberen Atemwege 4,8 23,9 5,0 3,9 20,4 5,3 4,3 22,1 5,1(J30-J39)Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule 4,0 32,5 8,1 4,2 37,4 8,9 4,1 35,0 8,5und des Rückens(M50-M54)Arthrose 3,4 39,4 11,7 4,7 59,1 12,5 4,1 49,4 12,1(M15-M19)Psychische und Verhaltensstörungen 5,8 55,9 9,6 2,3 21,4 9,3 4,0 38,5 9,5durch psychotrope Substanzen(F10-F19)Bösartige Neubildungen der Verdauungsorgane 4,6 52,9 11,5 2,8 33,7 12,2 3,7 43,2 11,7(C15-C26)Krankheiten der Gallenblase, der 3,1 29,5 9,4 4,0 31,6 7,8 3,6 30,5 8,5Gallenwege und des Pankreas(K80-K87)Affektive Störungen 2,6 93,9 36,2 4,1 156,0 38,0 3,4 125,3 37,3(F30-F39)Zerebrovaskuläre Krankheiten 3,6 48,4 13,5 3,1 43,7 14,2 3,3 46,0 13,8(I60-I69)Hernien 4,4 20,2 4,6 1,3 8,5 6,6 2,8 14,3 5,0(K40-K46)Grippe und Pneumonie 3,2 34,1 10,6 2,3 24,0 10,3 2,8 29,0 10,5(J10-J18)Komplikationen bei chirug. Eingriffen und 2,8 30,7 11,1 2,7 30,8 11,6 2,7 30,7 11,4mediz. Behandlung, andernorts nicht klassifiziert(T80-T88)Allgemeinsymptome 2,6 15,0 5,8 2,8 17,0 6,1 2,7 16,0 5,9(R50-R69)Infektiöse Darmkrankheiten 2,8 16,1 5,7 2,7 14,8 5,6 2,7 14,8 5,6(A00-A09)Krankheiten des Osophagus, des Magens und 2,7 19,3 7,2 2,7 19,5 7,3 2,7 19,4 7,3des Duodenums(K20-K31)Sonstige Gelenkkrankheiten 2,2 10,4 4,8 2,9 14,2 4,9 2,5 12,3 4,9(M20-M25)Krankheiten der Venen, deer Lymphgefäße und 2,3 12,7 5,6 2,7 14,8 5,6 2,5 13,8 5,6der Lymphknoten, anderenorts nicht klassifiziert(I80-I89)Insgesamt (A00-Z99) 182,5 1.668,4 9,1 179,6 1.697,8 9,5 181,0 1.683,2 9,3Je 1.000 Versicherte insgesamt – Bundesgebiet 2009


1455.2 Krankheitsursachen stationärerKrankenhausbehandlungen im Jahr 2009Weiter oben wurde bereits über die Fallzahlsteigerungund die Entwicklung derBehandlungstage im Jahr 2009 berichtet.Diese sind gegenüber dem Vorjahrleicht zurückgegangen und betrugen2009 durchschnittlich 9,3 Tage. DerRückgang der Verweildauer liegt durchausim Trend, doch teilte das Bundesamtfür Statistik auf Grundlage erster Ergebnissefür das Jahr 2009 mit durchschnittlich8,0 Tagen eine weitaus niedrigereAufenthaltsdauer im Krankenhaus mit. 1Die folgende Analyse wesentlicher Einzeldiagnosensoll Aufschluss über möglicheUrsachen für diese Abweichunggeben und andere Entwicklungen imstationären Bereich aufzeigen. Auf dieEinbeziehung der Krankheitsliste desBundesversicherungsamtes (BVA) wirdhier aus Gründen der Übersichtlich keitverzichtet, da Krankheits-Nummern aufGrund von aktuellen und weiter absehbarenÜberarbeitungen schwanken können.2Das Diagnosespektrum im Jahr2009Einen Überblick über die häufigstenKrankheitsgruppen in der stationärenBehandlung gibt die nebenstehendeTabelle 26. Wie im Jahr zuvor nehmen inder Gesamtheit die Sonstige Formen derHerzkrankheit mit (I30-I52) und die IschämischenHerzkrankheiten (I20-I25) diebeiden obersten Ränge ein. Verantwortlichfür diese hohe Platzierung sind beider Krankheitsgruppe Sonstige Formender Herzkrankheit z. B. die I50 Herzinsuffizienzoder die I48 Vorhofflimmern. DieIschämischen Herzkrankheiten werdenvon der I20 Angina Pectoris dominiert.Dritthäufigste stationäre Behandlungsursachewaren Episodische und paroxysmaleKrankheiten des Nervensystems(G40-G47). Hier ist es gegenüber demVorjahr (4,5 Fälle) mit 4,6 Fällen je 1.000Versicherte zu einem erneuten Anstieggekommen. Mit leicht gestiegener Tendenzstehen innerhalb dieser KrankheitsgruppeSchlafstörungen (G47) wieder anvorderster Stelle, nachdem diese Erkran-kung 2008 durch eine rückläufige Tendenzauffiel. Der hohen Platzierung derEpisodischen und paroxysmalen Krankheitendes Nervensystems liegt darüberhinaus eine Zunahme der Diagnose G40Epilepsie zugrunde.Bei den Sonstige Krankheiten des Darmes(K55-K63) gab es in 2009 mit 4,5Fällen je 1.000 Versicherte mehr stationäreBehandlungsfälle als 2008 (4,3 Fälle).Dem gegenüber blieben die SonstigeKrankheiten der oberen Atemwege mit4,3 Fällen je 1.000 Versicherte konstant.Die Alkoholkrankheit bleibt diehäufigste EinzeldiagnoseDie Krankheitsgruppe Psychische undVerhaltensstörungen durch psychotropeSubstanzen (F10-F19) hat das Vorjahresniveauvon 3,9 Fällen je 1.000 Versichertenicht gehalten, sondern liegt mit 4,0Fällen je 1.000 Versicherte höher. Beistationärer Behandlung war die häufigsteEinzeldiagnose in dieser Krankheitsgruppeerneut die Psychische Störungdurch Alkohol (F10). Gegenüber 3,1 Fällenund 27 Tagen im Vorjahr erfolgte dieDiagnose stellung im Jahr 2009 bei 3,3Fällen je 1.000 Versicherte, die an rund28 Tagen je 1.000 Versicherte (vgl. Tabelle12 im Anhang) im Krankenhaus lagen.Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweisauf die Weiterentwicklung des G-DRG-Systems. 3 So hatte das InEK festgestellt,dass zwischen der DRG V40Z (QualifizierterEntzug) und der DRG V60A (Alkoholintoxikationund Alkoholentzug oderStörungen durch Alkoholmissbrauch undAlkoholabhängigkeit mit psychotischemSyndrom) Kostenunterschiede vorherrschenund aus diesem Grunde eine Anpassungim Grouperalgorithmus vorgenommen.In der DRG V40Z versteckt sichdaher beispielsweise die MotivationsbehandlungAbhängigkeitskranker, die übertageabhängige Prozeduren (ab 7 Tage bisüber 20 Tage) dargestellt wird, währendu. a. Alkoholintoxikation oder das psychotischeSyndrom (Diagnosen aus F10.-) fürdie Zuweisung in die DRG V60A relevantsind. Die vorgenommene Differenzierungdurch das InEK lässt die Zunahme der F10somit in einem noch bedenklicheren Bilderscheinen, da auf Ebene der Einzeldiagnosenein kodierbedingter Anstieg durchdie unterschiedliche Gruppierungsrelevanzder Diagnose F10 eher ausscheidetund die Zunahme auch in anderenDiagnosen (z. B. F11 oder F19) auf eineFallzunahme schließen lässt.Der F10 direkt nachgelagerte Einzeldiagnosenwaren die Herzinsuffizienz (I50)mit 3,1 Fällen je 1.000 Versicherte undAngina pectoris (I20) mit 2,6 Fällen je1.000 Versicherte. Die durchschnittlicheVerweildauer je Fall war bei den Herzerkrankungenmit 12,4 Tagen (-0,2 Herzinsuffizienz)bzw. 5,9 Tagen (-0,2 Anginapectoris) rückläufig gegenüber 2008.Bei gestiegener Fallzahl und ebenfalls gestiegenerZahl an Krankenhaustagen je1.000 Versicherte entwickelte sich auchdie Verweildauer der F10, höchstwahrscheinlichals Folge der oben beschriebenenDifferenzierung, mit 8,7 Tagen leichtzurück. Die hohe durchschnittliche Verweildauerder Herzinsuffizienz in Höhevon 38 Krankenhaustagen je 1.000 Versichertewurde nur durch Depressionen(F32-33) mit 59 bzw. 55 Tagen übertroffen,die damit im Vergleich zum Vorjahrweiterhin dem zunehmenden Trend derletzten Jahre folgt. Auch Gallensteine(K80) gehörten mit 2,4 Fällen je 1.000zu den häufigsten Krankheitsur sachenfür stationäre Behandlung. Eine außergewöhnlicheVeränderung gegenüberdem Vorjahr ist jedoch nicht zu vermerken.Mit 7,4 Tage je Fall (-0,2) zählt dieseErkrankungsart zu denjenigen, die einerückläufige Verweildauer aufweisen.Krankenhausdiagnosen beiälteren VersichertenDa die Morbidität mit dem Alter zunimmt,steigt vor allem bei älterenMenschen die Wahrscheinlichkeit derKrankenhaus-Behandlungsbedürftigkeit.Dem entsprechend wiesen Rentner auch2009 die höchste Morbidität auf. Die Einweisungshäufigkeitlag bei dieser Gruppe1 Statistisches Bundesamt Deutschland, „17,8 Millionen Krankenhauspatienten und –patienten 2009“; Pressemitteilung Nr. 286 vom 16.08.<strong>2010</strong>unter: www.destatis.de2 Siehe konkrete Festlegungen des BVA vom 30.Juni <strong>2010</strong>; Zur tiefergehenden Lektüre zum Weiterentwicklungsprozess des Morbi-RSA wird auf dieAusführungen des BVA unter www.bva.de verwiesen.3 Siehe Abschlussbericht des Institutes für das Entgeltsystem (InEK) zum G-DRG-System 2009, S. 48


146 5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009auf 1.000 Versicherte gerechnet beinaheum das Zweieinhalbfache höher als beiAKV-Versicherten. Die höhere Morbiditätvon Rentnern zeigt sich noch deutlicherbei der Zahl der Krankenhaustage,die rd. dreieinhalb Mal höher lag als beiden jüngeren Versichertengruppen. Undauch ihre Verweildauer fiel im Schnitt dreiTage höher aus als im Gesamtdurchschnitt.Fast jeder fünfte Krankenhausfall(22,3 %) bei Rentenversicherten standmit Herz- und Kreislauferkrankungen inVerbindung, weitere 14,1 % ihrer stationärenFälle wurden wegen – meistbösartiger – Neubildungen stationärbehandelt. Es folgten Krankheiten desVerdauungssystems mit 9,9 %, MuskelundSkelettleiden mit 9,5 % der Fälle undVerletzungen mit 9,0 %.Zu den besonders häufigen Einweisungsgründenzählen bei den älteren Versichertendie Krankheiten des Herz-/Kreislaufsystems.Besonders ins Gewicht fallenhier die Sonstigen Formen der Herzkrankheit,die vor allem für die Altersgruppeder über 70-Jährigen mit 28 Krankenhausfällenje 1.000 Versicherte im Jahr2009 ursächlich für einen stationärenKrankenhausaufenthalt war. Bei den über80-Jährigen ist gegenüber 2008 mit 68Krankenhausfällen erneut ein leichterAnstieg zu verzeichnen. Insgesamt istinnerhalb der jeweiligen Altersgruppeder Anteil der Krankenhausfälle bei denMännern mit 34 bis 74 Fällen höher alsder der Frauen mit 23 bis 64 Fällen je1.000 Versicherte. Die Vorjahreswertelagen hier noch bei 22 bis 63 Krankenhausfällen.Die gegenüber dem Vorjahr gestiegeneFallzahl der Frauen mit einer Herzerkrankungmacht sich auch auf der Ebene derEinzeldiagnosen bemerkbar. Hier ist esdie oben bereits angeführte Herzinsuffizienz(I50), die auch 2009 die bedeutendsteRolle bei der Einweisung dergenannten Altersgruppen spielt. Bei denMännern gingen die Fallzahlen in der jeweiligenAltersgruppe mit 13 bis 45 Fällenje 1.000 Versicherte leicht zurück, währenddie Fallzahlen bei den Frauen mit 8bis 41 Fällen relativ konstant gebliebensind. In den jeweiligen Altersgruppen verursachtenIschämische Herzkrankheitenbei Frauen mit zunehmendem Alter 17bis 23 Fälle je 1.000 Versicherte, währendes bei den Männern der Anteil mit38 bis 43 Fällen deutlich mehr waren,wobei sich die meisten Fälle im Alterzwischen 75 und 80 Jahren ereigneten.Insgesamt ist für die Ischämischen Herzkrankheitenbei höheren Altersgruppensowohl für Männer als auch für Frauenein Rückgang eingetreten. Angina pectoris(I20) und Akuter Myokardinfarkt (I21)stehen allerdings wie im Vorjahr im Vordergrund.Schließlich verursachten dieZerebrovaskulären Krankheiten (I60-I69,Schlaganfälle) in diesen Altersgruppenebenfalls rd. 12 bis 29 Krankenhausfälleje 1.000 Versicherte. Zu den häufigerenEinzeldiagnosen zählt in dieser Diagnosegruppedie I63 Hirninfarkt mit 7 bis 21Krankenhausfällen je Altersgruppe. Dieseund andere zerebrovaskuläre Krankheitenunterlagen in den Vorjahren Änderungenin der Klassifikation sowie weitergehendenÜberarbeitungen des DRG-Systems.So hat das InEK beispielsweise anhandvon sogenannten Komplexkodes eineBereinigung der Basis DRG B69 Transitorischeischämische Attacke (TIA) undextrakranielle Gefäßverschlüsse sowieder Basis DRG B70 Apoplexie vorgenommen.4 Dies führt zu Verschiebungen zwischendiesen beiden DRG bzw. zwischenden ihnen zugrunde liegenden Diagnosenund lässt sich in den Altersgruppen ab50 Jahre bis 80 Jahre und älter an einerZunahme der I61 Intrazerebrale Blutungoder I63 Hirninfarkt (beide in der Basis-DRG B70) und einer leicht rückläufigenTendenz der Diagnosengruppen G45Zerebrale transitorische Ischämie undverwandte Syndrome und I65 Verschlussund Stenose präzerebraler Arterien ohneresultierenden Hirninfarkt (beide in derBasis-DRG B69) nachvollziehen.Besonders bei den Frauen waren auchBluthochdruckkrankheiten (I10-I15 Hypertonie,I10 sowie I15) mit etwa 14 Fällenje 1.000 bei den über 70-Jährigenbis hin zu fast 18 Fällen bei den über80-Jährigen Grund für eine stationäreBehandlung.Die ebenfalls bei älteren Versichertensehr häufigen Krankheiten im Bereich derNeubildungen weisen einen deutlichenSchwerpunkt in der Gruppe der BösartigenNeubildungen der Verdauungsorgane(C15-C26) auf. Sie verursachten beiden über 70-jährigen Männern rund 21Krankenhausfälle je 1.000 Versicherte,hierbei in der Gruppe der 75- bis unter80-Jährigen wiederum mit etwa 24Fällen die häufigste Aufnahmeursache.Bei den Frauen gab es auch bei dieserKrankheitsgruppe in 2009 deutlich wenigerEinweisungen als bei den Männern.Die Fallzahlen in den Altersgruppen liegenbei gut der Hälfte der Fallzahlen fürmännliche Versicherte. Ein gutes Dritteldieser Gruppe entfiel auf Bösartige Neubildungendes Kolons (C18, Dickdarm).Zusätzlich treten bei Männern und Frauenweitere Krebsdiagnosen geschlechtsspezifischunterschiedlich in den Vordergrund.So entfielen je 1.000 Männer imAlter zwischen 65 und 80 Jahren über 12bis zu 13 stationäre Fälle auf BronchialundLungenkrebs (Bösartige Neubildungder Bronchien und der Lunge, C34). BeiFrauen diesen Alters waren die hierdurchverursachten stationären Behandlungenmit vier Fällen vergleichsweise seltener.Für sie waren besonders zwischen 60und 70 Jahren Brustkrebserkrankungen(Bösartige Neubildung der Brustdrüse[Mamma], C50) mit etwa 9 - 11 Krankenhausfällenje 1.000 Versicherte bedeutsamerin der stationären Behandlung(s. u.). Schließlich spielte auch Diabetesmellitus (E10-E14) bei den älteren Krankenhauspatienteneine größere Rolle:So waren hierdurch immerhin 8 bis 11Fälle je 1.000 männliche Versicherte inden Altersgruppen ab 70 Jahre zu verzeichnen.Bei den Frauen bis 80 Jahrenfielen mit 5 bis 8 Fällen je 1.000 zunächstweniger Krankenhauseinweisungen wegenDiabetes an, ab 80 Jahren lag IhreFallhäufigkeit dann gleichauf mit der derMänner (jeweils 11,1 Fälle).Eine derjenigen Erkrankung, die seit Jahrenzunehmend ambulant durchgeführtwird, ist der Cataract. Jedoch findensich für die H25 Cataracta senilis in denAltersgruppen ab 65 bis über 80-Jährigemit 1,8 bis 8,1 Fällen je 1.000 Versicherteimmer noch recht viele Patienten imstationären Behandlungsspektrum. Diedurchschnittliche Verweildauer für dieseErkrankung lag 2009 bei 2,9 Tagen undist gegenüber 2008 (3,0 Tage) gesunken,was insgesamt auch für die Fallzahlenfestzustellen ist. Die gleichwohl hohestationäre Behandlungsform kann unterschiedlicheUrsachen haben, die sowohlmedizinischer Natur (Morbidität) alsauch struktureller Natur (Spezialisierung,mangelndes ambulantes Versorgungsangebotfür ältere Patienten) sein können.Bei den älteren Frauen zwischen 70 und80 Jahren bildeten zudem Arthroseer-4 Siehe Abschlussbericht des Institutes für das Entgeltsystem für das G-DRG-System 2009, S. 79 ff.


5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009147krankungen (M15-M19) mit 23 bis 26 Fällenje 1.000 Versicherte einen häufigenGrund für Krankenhauseinweisungen.Ältere Männer über 80 Jahre erleidenhäufig Grippe und Lungenentzündungen(J10-J18), die zu über 31 Krankenhausfällenje 1.000 männliche Versichertediesen Alters führten. Gegenüber demVorjahr ist es erneut zu einem Anstieggekommen, was mit 17 Fällen (2008 15Fälle) allerdings auch für die Frauen dieserAltersgruppe gilt.Stationäre Diagnosen derübrigen GruppenBei den Mitgliedern ohne Rentner (AKV)standen auf Seiten der Männer insbesonderezwischen 40 und 55 Jahren, wieoben schon angesprochen, Psychischeund Verhaltensstörungen durch Alkohol(F10) mit 7 bis 9 Fällen und 68 bis 94 Krankenhaustagenje 1.000 Versicherte weitan der Spitze der Krankheitsursachenfür stationäre Behandlungen. Besondersgefährdet sind hierbei Männer zwischen50 und 54 Jahren (9,2 Fälle je 1.000).Diese Altersgruppe liegt 2009 noch vorder Altersgruppe von 45 bis 50 jährigenMännern (8,7 Fälle je 1.000). Besorgniserregendist die hohe Einweisungsquotevon 6,1 Fällen je 1.000 männlicheJugendliche zwischen 15 und 20 Jahren,die im Vergleich zum Vorjahr nochmalsangewachsen ist – eine Tendenz, die sichzwischenzeitlich auch in der gleichenAltersgruppe der weiblichen Versichertenbemerkbar macht (3,4 in 2008 zu 3,6Fällen je 1.000 Versicherte).Bei den über 50-jährigen Männern warennach der Häufigkeit Schlafstörungen(G47) mit über 3 bis zu 5 Fällen je1.000 Versicherte Anlass für stationäreBehandlungen, allerdings bei nur kurzenVerweildauern von durchschnittlichdrei Tagen. Die kurze Verweildauer lässtsich dadurch erklären, dass bestimmteErkrankungen aus diesem Formenkreis(z. B. Schlafapnoe-Syndrom) zunehmendteilstationär oder ambulant behandeltwerden.Frauen zwischen 40 und 50 Jahrenmussten besonders häufig wegenMyomen des Uterus (D25) stationär behandeltwerden. Je 1.000 Versichertesind in dieser Altersspanne etwa 6 bis 8Krankenhausfälle mit 40 bis 55,6 Krankenhaustagenangefallen. Ab 45 Jahrenehmen bei Frauen zudem die stationärenEinweisungen wegen Brustkrebs(s. o.) auf 4.7 Fälle je 1.000 Versichertezu. Danach steigen die Fallhäufigkeitenin jeder 5-Jahres-Altersgruppe um einenFall je 1.000 Frauen: so werden zwischen50 und 60 Jahren je 1.000 weibliche Versichertebereits 6,6 bis 7,3 stationäreFälle mit 63 und 67 Krankenhaustagengemeldet. Bei den über 60-Jährigensind es bereits 9,0 Fälle und 86 Krankenhaustageje 1.000 Frauen, wobei sich diehohe Fallhäufigkeit in den nächsten 10Lebensjahren der Frauen fortsetzt (s. o.).Leicht, aber beständig steigt auch bei jugendlichen<strong>BKK</strong>-Versicherten das Risiko,wegen eines primär insulinabhängigenDiabetes mellitus [Typ-1-Diabetes, E10]stationär behandelt werden zu müssen.Es zeigt sich, dass in der Altersgruppeder 15 bis 19-Jährigen 2009 bereits rd.1,1 Fällen je 1.000 Versicherte an durchschnittlich9,7 Tagen im Krankenhausbehandelt wurden. Bei den männlichenJugendlichen ist das Risiko eines stationärenKrankenhausaufenthaltes infolgedes Diabetes mellitus tendenziell höher.Bei den Kindern unter 15 Jahren verursachtendie Chronischen Krankheitender Gaumen- und Rachenmandeln(J35) mit 5,8 Fällen je 1.000 Versicherten(Jungen: 6,4; Mädchen: 5,2Fälle) die meisten Krankenhauseinweisungen.Während diese Anlässe fürKrankenhauseinweisungen bei den über15-jährigen männlichen Jugendlichendann deutlich abnehmen (2,5 Fälle je1.000), bleibt die Behandlungshäufigkeitbei den jungen Mädchen dieses Altersmit 6,3 Fällen je 1.000 recht hoch undliegt auch bei den über 20-Jährigenüber dem Niveau gleichaltriger männlicherPatienten. Auf dem Vormarschbegriffen sind bei unter 15-jährigenJungen Inkranielle Verletzungen (S06),die mit etwa 6 Fällen je 1.000 bei 17Krankenhaustagen je 1.000 Versichertean zweiter Stelle stehen.In der Gruppe der weiblichen Jugendlichenzwischen 15 und 20 Jahren fiel,wie schon früher berichtet, erneut diehohe Einweisungshäufigkeit wegenakuter Appendizitis (K35, Blinddarmentzündung)mit ebenfalls knapp 5,1 Fällenje 1.000 auf. Warum sie über 70 % derHäufigkeit gegenüber den männlichenJugendlichen aufweisen, ist medizinischnicht begründbar. Insgesamt gibtdas Bild der Krankheitsgruppe K35-K38(Krankheiten der Appendix) in der Gruppeder weiblichen Jugendlichen zu denken,fällt diese Gruppe mit 6,7 Fällen je 1.000Versicherte auch auf dieser Ebene nahezuum 80% höher aus als bei den männlichenJugendlichen dieser Altersgruppe(4,0 Fälle). Hier könnte Fehlbelegung imSpiel sein.Die meisten Krankenhaustage bei denüber 15-jährigen Mädchen (78 je 1.000Versicherte) entfielen wegen der langenVerweildauer von durchschnittlich 50Tagen erneut auf Essstörungen (F50),mit einer Fallhäufigkeit von 1,6 je 1.000Versicherte.Die Entwicklung der Krankenhaustagekorrespondiert in weiten Teilen mitder der Fallzahl. Eine Ausnahme stellenaber psychische Erkrankungen dar, diezu weit überdurchschnittlichen Liegezeitenführen. So stehen nach stationärenBehandlungstagen bei den männlichenVersicherten Schizophrenie (F20), diebei jungen Männern zwischen 20 und30 Jahren zu 86 bis 133 Krankenhaustagenführten an vorderster Stelle. PsychischeStörungen durch Alkohol liegenbei männlichen Versicherten mit rd. 92Krankenhaustagen je 1.000 in der Altersgruppeder 45- bis 55-Jährigen an derSpitze.Bei den weiblichen AKV-Versichertenführten die depressiven Episoden (F32)und die rezidivierenden depressivenStörungen (F33) zu den meisten Krankenhaustagen.So waren es erneut diedepressiven Episoden, die mit durchschnittlich66 Krankenhaustagen je1.000 schon bei den unter 40-Jährigenursächlich für einen längeren Krankenhausaufenthaltwaren. Im Alter von über40 bis zu 55 Jahren verbrachten Frauenwegen einer rezidivierenden depressivenStörung sogar bis zu 120,8 Tage je1.000 Versicherte im Krankenhaus. Diedurchschnittliche Verweildauer in dieserAltersgruppe war 2009 bei einer depressivenEpisode mit über 37 Tagen und beirezidivierenden depressiven Störungenmit fast 40 Tagen nahezu unverändertgegenüber 2007 und 2008, aber äußerstlang.Die für die stationäre Versorgung bedeutsamenHauptgruppen der Krankheitendes Kreislaufsystems, Neubildungensowie die durch ihre Zunahme im Blickfeldstehenden psychischen Störungenwerden im Folgenden noch einmal nachEinzelerkrankungen zusammenfassendbetrachtet.


148 5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009Krankheiten desKreislaufsystemsErkrankungen des Herz-/Kreislaufsystems(I00-I99) zählen mit im Schnitt26 Fällen je 1.000 Versicherte zu denhäufigsten Behandlungsanlässen imKrankenhaus (14,1 % aller Fälle). BeiRentnern und deren Angehörigen lag dieHäufigkeit bei über 89 Fällen je 1.000Versicherte, dies waren 22 % aller Krankenhausfälledieser Versichertengruppe.2009 wurden je 1.000 Versicherte ca.236 Krankenhaustage durch Krankheitendes Kreislaufsystems behandelt, bei denRentnern und ihre Angehörigen warenes sogar 916 Tage je 1.000 Versicherte.Die Verweildauer bei Krankheiten desKreislaufsystems sinkt weiterhin leicht(-0,1) und lag 2009 durchschnittlich bei9,3 Tagen, bei Rentnern war sie durchschnittlichetwa einen Tag länger (10,4Tage je Fall).Schaubild 48.1-48.2 verdeutlicht dieauch in der bisherigen Darlegung erkennbarenVerteilungen der wichtigstenKrankheitsarten des Herz- und Kreislaufsystems.Die größte Gruppe bildetenmit 7,7 Fällen je 1.000 die SonstigeFormen der Herzkrankheit – 30 % allerKreislauferkrankungen gehörten zu dieserUntergruppe. Es folgten die IschämischenHerzkrankheiten, die mit 25,3 %der Fälle dieser Krankheitsgruppe einähnliches Gewicht hatten und bei denMännern sogar über 31,0 % der Fälle indieser Gruppe ausmachten. HäufigsteEinzeldiagnosen (s. o.) waren Herzinsuffizienz(I50, 3,1 Fälle je 1.000) undAngina pectoris (I20) mit 2,6 Fällen je1.000 Versicherte, gefolgt von AkuterMyokardinfarkt (I21) und der ChronischIschämischen Herzkrankheit (I25) mit 2,0und 1,9 Fällen je 1.000 Versicherte. BeiMännern stellten Krankheiten des Kreislaufsystemsbereits ab einem Alter von50 Jahren den häufigsten Anlass für einestationäre Behandlung dar, währendsie bei Frauen erst in den Altersgruppenab 70 Jahren die Fallhäufigkeiten derSchaubild 48.1Herz-/Kreislauferkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (Fälle)Sonstige18 %Krankheitender Venen12 %ZerebrovaskuläreKrankheiten14 %Krankheiten der Aterien7 %IschämischeHerzkrankheiten18 %Sonstige Formender Herzkrankheit31 %Sonstige9 %Krankheitender Venen 8 %ZerebrovaskuläreKrankheiten12 %Sonstige Formender Herzkrankheit28 %Krankheiten der Arterien10 %IschämischeHerzkrankheiten31 %FrauenMännerAnteil der Krankenhausfälle – Bundesgebiet 2009Schaubild 48.2Herz-/Kreislauferkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (Tage)Sonstige13 %Krankheitender Venen7 %Krankheiten der Arterien9 %IschämischeHerzkrankheiten15 %Sonstige7 %Krankheitender Venen 5 %ZerebrovaskuläreKrankheiten18 %Krankheiten der Arterien14 %IschämischeHerzkrankheiten25 %ZerebrovaskuläreKrankheiten21 %Sonstige Formender Herzkrankheit34 %Sonstige Formender Herzkrankheit30 %FrauenMännerAnteil der Krankenhaustage – Bundesgebiet 2009


5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009149Neubildungen sowie die der MuskelundSkeletterkrankungen übersteigen.Je 1.000 Versicherte wurden in derAltersgruppe der Männer zwischen 50und 55 Jahren 4,4 Fälle mit Angina pectorisund 3,5 Fälle mit Myokardinfarktstationär behandelt.Während Frauen von den meisten Kreislauferkrankungenseltener betroffen waren,gab es auch einige Ausnahmen:wie oben schon angesprochen wurdenFrauen häufiger wegen Hypertonie(I10-I15) im Krankenhaus behandelt alsMänner (Frauen: 2,8, Männer: 1,7 Fälleje 1.000 Versicherte). Gleiches gilt fürKrankheiten der Venen, Lymphgefäßeund Lymphknoten (I80-I89). Hier wiesenFrauen mit 2,7 Fällen je 1.000 Versichertegegenüber Männern mit 2,3 Fällenebenfalls mehr stationäre Behandlungenauf.Herz- und Kreislauferkrankungen stehenhäufig in direktem Zusammenhang mitanderen Erkrankungen. So gilt Diabetesmellitus z. B. als gewichtiger Risikofaktor.Nach Studienergebnissen leiden 75 %aller Herzinfarkt-Patienten an Diabetesoder einer Vorstufe davon. 5 Durch dieFrüherkennung und Behandlung dieserKrankheit kann der Gefahr von Herz-/Kreislauferkrankungen vorgebeugt werden.NeubildungenUnter Neubildungen werden verschiedenegut- und bösartige Gewebewucherungenzusammengefasst. Die bösartigenNeubildungen überwiegen in denstationären Fallzahlen aber eindeutig:Vier von fünf Fällen mit Neubildungenwerden wegen Krebs stationär behandelt.Die Art der Neubildung variiertnaturgemäß wie oben angesprochenzwischen männlichen und weiblichenPatienten (vgl. Schaubilder 49.1 und49.2). Tumorerkrankungen der Männerbetrafen in der stationären Behandlungam häufigsten bösartige Neubildungender Verdauungsorgane (C15-C26; 22 %Schaubild 49.1Neubildungen nach Diagnoseuntergruppen (Fälle)Sonstige40 %Verdauungsorgane13 %Lymphat. blutbild.und verw. Gewebe7 %Sonstige34 %Verdauungsorgane22 %GutartigeNeubildungen21 %weiblicheGenitalorgane8 %Brust17 %Lymphat. Gewebe10 %Harnorgane10 %Atmungorgane14 %männlicheGenitalorgane10 %FrauenMännerAnteil der Krankenhausfälle – Bundesgebiet 2009Schaubild 49.2Neubildungen nach Diagnoseuntergruppen (Tage)Sonstige38 %Verdauungsorgane17 %Lymphat. blutbild.und verw. Gewebe10 %Sonstige31 %Verdauungsorgane25 %GutartigeNeubildungen15 %weiblicheGenitalorgane9 %Brust18 %Lymphat. Gewebe13 %Harnorgane8 %Atmungsorgane14 %männlicheGenitalorgane9 %FrauenMännerAnteil der Krankenhaustage – Bundesgebiet 20095 Vgl. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (2004): Europäischer Kardiologenkongress 2004: Experten fordern Diabetes-Tests für Herzpatienten,Kardiologenkongress 2004.


150 5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009aller Neubildungen) und der Atmungsorgane(C30-C39; 14%). Maligne Tumoreder Geschlechtsorgane (C60-C63) standenbei ihnen nach Häufigkeit mit 10 %an dritter Stelle.Bei den Frauen dominieren andere Neubildungsarten,ein gutes Fünftel hiervon(21 %) waren gutartig (D10-D36). Hierbeihandelte es sich zumeist um Myome(D25, s. o.), die rd. 49 % der gutartigenNeubildungen von Frauen ausmachten.Die häufigsten bösartigen Tumore betrafenBrustkrebs (C50) mit einem Anteilvon 17 %, gefolgt von Neubildungen derVerdauungsorgane (C15-C26, 13 %) undder weiblichen Geschlechtsorgane (C51-C58) mit einem Anteil von 8 % an denNeubildungen.Das Risiko an Krebs zu erkranken steigtmit zunehmendem Alter. Besonders abdem 45. Lebensjahr nimmt die Inzidenzder Krebserkrankungen deutlich zu. DieHäufigkeit von Brustkrebs steigt jedochauch schon bei jüngeren Frauen ab dem30. Lebensjahr signifikant an und erreichtim Alter zwischen 60 und 70 Jahren ihrenHöchstwert (s. o.).Psychische undVerhaltensstörungenDie Zunahme psychischer Erkrankungenin den letzten Jahren wird von allenKassenarten übereinstimmend berichtet.Seit 1976, dem ersten Jahr der Krankheitsartenstatistikdes Bundesverbandesder Betriebskrankenkassen, wird ein kontinuierlicherAnstieg dieser Erkrankungenbeobachtet. Arbeitsunfähigkeitszahlen,stationäre Behandlungsdaten sowiedie Arzneiverordnungen der <strong>BKK</strong> Versichertenbelegen diesen langjährigenTrend. Seit 1986 ist die Zahl der wegenpsychischer Erkrankungen stationär Behandeltenum das Dreifache gestiegen(1986: 3,8 Fälle je 1.000 Versicherte vs.12,9 Fälle je 1.000 Versicherte in 2009).Außerdem ist bei den psychischen Erkrankungenals einzige Diagnosegruppe,die weitestgehend noch nicht nachFallpauschalen abgerechnet wird, diedurchschnittliche Verweildauer überdurchschnittlichhoch (s. o.), auch wennsie in den vergangenen Jahren und Jahrzehntenkontinuierlich abgenommen hat.Es bleibt abzuwarten, welche Veränderungdie Entwicklung und die Einführungder tagesbezogenen Fallpauschalen fürEinrichtungen der Psychiatrie und Psychotherapieab dem Jahr 2013 habenwird (siehe hierzu § 17d Krankenhausfinanzierungsgesetz,KHG).Insgesamt betrachtet hat in den letztenJahren die Häufigkeit von Krankenhausbehandlungenwegen psychischer Problemeüber alle Altersgruppen hinwegzugenommen. Sie liegt – anders alsbei den ambulanten Kenngrößen – fürMänner mit 13,5 Fällen je 1.000 Versichertehöher als für Frauen (12,4 Fälleje 1.000). Besonders bei Männern imAlter von Anfang zwanzig und später inden Altersgruppen von 40 bis 60 Jahrensind deutliche Steigerungen erkennbar.Ähnliches gilt für junge Mädchen undFrauen zwischen 15 und 25 Jahren, sowiemit ähnlich deutlichen Zuwächsenin allen höheren Altersgruppen bis zum60. Lebensjahr. Beobachtbar ist sowohlbei Männern als auch bei Frauen eindann folgender Fallzahlrückgang, bevorab einem Alter von 80 Jahren und ältermit jeweils 17 Fällen je 1.000 Versichertewieder ein signifikanter Anstieg der Fälleeintritt. Mit der wachsenden Problematikpsychischer Erkrankungen bei Älterenbefasst sich auch der Spezialbeitrag aufS. 50 in diesem Band.Das Diagnosespektrum psychischerErkrankungen wird von unterschiedlichenFaktoren beeinflusst. Zwischenden Geschlechtern, aber auch in verschiedenenAltersstufen variieren Artund Häufigkeit psychischer Erkrankungenbeträchtlich. Fast die Hälfte allerMänner mit psychischen Erkrankungen(43 %) war wegen des Missbrauchs bewusstseinsverändernderSubstanzen(F10-F19) – hauptsächlich Alkohol – instationärer Behandlung. Bei Frauen dagegenspielten affektive Störungen (F30-F39), wozu insbesondere Depressionengehören, die entscheidende Rolle (33 %der Fälle). An zweiter Stelle standenbei den Frauen Neurotische und Belastungsstörungen(F40-F48) mit 20 %aller Fälle. Psychische Störungen durchbewusstseinsverändernde Substanzenstellten mit einem Anteil von 19 % diedritthäufigste Ur sache für einen stationärenAufenthalt bei Frauen dar (vgl. Schaubilder50.1-50.2). Zu erwähnen ist, dassdie stationären Behandlungsfälle derFrauen mit der Einzeldiagnose F10 (Alkohol)mit 1,9 Fällen je 1.000 sich immerhinbereits der Häufigkeit von depressivenEpisoden (F32,2 Fälle je 1.000) annähern,wenn auch natürlich hier noch in gleicherGrößenordnung die rezidivierenden Depressionen(F33, 1,8 Fälle je 1.000) unddie bipolaren affektiven Störungen hinzugerechnetwerden müssen. Dennochnehmen die Abhängigkeitserkrankungenauch bei Frauen zu.Bestimmte psychische Erkrankungensind stark altersabhängig. Bei Kinderntreten vermehrt Verhaltensstörungen(F90-F98) auf, zu denen insbesondereADHS/ADS und damit verbundene Störungendes sozialen Verhaltens gehören.Je 1.000 Versicherte unter 15 Jahrenwaren 2009 bei leichter Zunahme gegenüber2008 2,3 Fälle von Verhaltensundemotionalen Störungen gemeldet– für Jungen deutlich häufiger als fürMädchen (3,2 Fälle bzw. 1,3 Fälle). Alleanderen Arten von psychischen Störungenspielen in diesem Alter noch keinewesentliche Rolle.Sowohl bei Frauen als auch bei Männernnimmt die Zahl der wegen affektiver Störungen(u. a. Depressionen) stationärBehandelten mit steigendem Alter bisetwa Mitte fünfzig zu, mit einem leich-


5.2 Krankheitsursachen stationärer Krankenhausbehandlungen im Jahr 2009151ten Rückgang bei den 60- bis 69-Jährigen.Allerdings bleiben die affektivenErkrank ungen auch in der stationärenVersorgung bis in das hohe Alter vonBedeutung. Dabei übersteigt die Morbiditätder Frauen die der Männer in allenAltersstufen deutlich (s. u. Demenzerkrankungen).Auch wegen Neurotischer Störungenwerden Frauen weit häufiger stationärbehandelt als Männer. Auffällig ist beibeiden Geschlechtern die hohe Zahlan Krankenhausaufnahmen in der Altersgruppezwischen 15 und 25. DerMissbrauch psychotroper Substanzenwie Alkohol und Drogen stellt, wie sichzeigt, ein großes Problem dar, besondersin den jungen und mittleren Altersstufen.Ein trauriger Höhepunkt wird imAlter zwischen 45 und 54 Jahren erreicht.Männer sind durchweg häufigerals Frauen wegen Substanzmissbrauchin stationärer Behandlung, in der besagtenAltersstufe durchschnittlich um das2,1 bis 2,5-fache, wobei sich auch hierein mit den Jahren verringerter Abstandzwischen den Geschlechtern zeigt.Mit steigendem Alter spielen Demenzerkrankungen(F00-F09) eine zunehmendeRolle. Bei den über 80-Jährigen gab es11,2 Fälle je 1.000 Versicherte mit einersolchen Diagnose (Frauen 11,8, Männer12,0). Insbesondere in einem frühenStadium der Krankheit werden oftmalsverschiedene Formen der Depression(F30-F39) diagnostiziert (s. o.), da dieDiagnosestellung gerade zu Beginn derErkrankung oft schwierig ist.Die in diesem Report schwerpunktmäßigbetrachteten Implikationen des demografischenWandels für die verschiedenengesundheitsrelevanten Bereiche undVersorgungssysteme werden im nachfolgendenSpezial abschließend auch fürden Krankenhaussektor thematisiert.Schaubild 50.1Psychische Störungen nach Diagnoseuntergruppen (Fälle)Sonstige12 %Organische, einschl.symptomatischer psych. Störungen7 %Sonstige 9 %Organische, einschl.symptomatischer psych. Störungen6 %Neurotische,Belastungsu.somatoformeStörungen20 %Affektive Störungen32 %Psych. u. VerhaltensstörungendurchpsychotropeSubstanzen19 %Schizophrenie10 %Neurotische,Belastungs- u.somatoformeStörungen12 %Affektive Störungen19 %Psych. u. VerhaltensstörungendurchpsychotropeSubstanzen43 %Schizophrenie10 %FrauenMännerAnteil der Krankenhausfälle – Bundesgebiet 2009Schaubild 50.2Psychische Störungen nach Diagnoseuntergruppen (Tage)Sonstige14 %Organische, einschl.symptomatischer psych. Störungen5 %Sonstige 15 %Organische, einschl.symptomatischer psych. Störungen5 %Neurotische,Belastungsu.somatoformeStörungen16 %Affektive Störungen46 %Psych. u. VerhaltensstörungendurchpsychotropeSubstanzen6 %Schizophrenie13 %Neurotische,Belastungs- u.somatoformeStörungen11 %Affektive Störungen32 %Psych. u. VerhaltensstörungendurchpsychotropeSubstanzen19 %Schizophrenie17 %FrauenMännerAnteil der Krankenhaustage – Bundesgebiet 2009


152Stationäre Versorgung in einer alternden GesellschaftCornelia Mohrspectrum|K; Abteilung Vertragspolitik1. Demografie im Krankenhaus –Realität oder Zukunftsszenario?Die Gesundheitspolitik steht vor derschwierigen Aufgabe, einerseits dieGesundheitsversorgung bei einer älterwerdenden Bevölkerung finanzierbar zugestalten und andererseits Versorgungsengpässezu vermeiden. Dieser Beitraghinterfragt vor diesem Hintergrund, obder demografische Wandel im Krankenhausangekommen ist. Zudem greift erkurz die Diskussion um die mit Alterungimplizierte Kostenbelastung und dieAltersstrukturverschiebungen bei Beschäftigtender Krankenpflege auf, umDemografie im Krankenhaus auch ausdiese Perspektiven zu würdigen.2. Indikatoren für dieZunahme altersbedingterKrankheiten mit stationärenBehandlungsbedarfDie Entwicklung der stationären Versorgungälterer Personenkreise wurdebereits in Kapitel 5.2 vorgestellt. Hieraufaufbauend schließen die folgenden Ausführungenan, die der Frage nachgehen,ob ein demografischer Effekt im LeistungsbereichKrankenhaus anhand vonLeistungs- und Kostendaten auch in derMehrjahressicht darstellbar ist. Hierzuwird exemplarisch auf die drei häufigstenKrankheitsgruppen abgestellt, die 2009besonders bei älteren Personenkreisenauftraten. Es sind dies die Krankheitsgruppender Neubildungen (C00-D48),die Krankheiten des Kreislaufsystems(I00–I99) und die Krankheiten des Verdauungssystems(K00-K93).Die Schaubilder S10.1-10.3 belegen, dassdie in Kapitel 5.2 dargestellten Entwicklungenkeine kurzfristigen Phänomenesind. Über die Krankheitsgruppen lässtsich grundsätzlich der Zusammenhangzwischen Alter und stationärem Behandlungsbedarferkennen. Diese Aussagegilt uneingeschränkt für die Jahre 2004bis 2009. Allerdings ergeben sich in zeitlicherHinsicht sowohl Unterschiede inder Altersverteilung als auch im Trendverlauf.So ist bei Neubildungen ein Anstieginsbesondere ab einem Alter von75 Jahren erkennbar, wohingegen inden darunter liegenden Altersgruppenentweder das Niveau relativ konstantblieb oder sogar ein Rückgang eintrat.Die Krankheitsgruppe I00-I99 rangiertinsgesamt auf hohem Niveau. Im Verhältniszum Ausgangsjahr 2004 wird in2009 das Fallzahlniveau jedoch in denAltersgruppen entweder gehalten oderunterschritten. Krankheiten des Verdauungssystemserfahren nicht nur mitdem Alter, sondern auch im Zeitablaufeine zunehmende Bedeutung. Auchhier bewegen sich die Fallzahlen bis zurAltersgruppe der 74-Jährigen auf relativSchaubild S10.1Neubildungen nach Alter im Zeitablauf807060504030<strong>2010</strong>030-34 J.2004 2006 2008 200935-39 J.40-44 J.45-49 J.50-54 J.konstantem Niveau, wohingegen derFallzahlanstieg im darüber liegendenAlter ausgeprägter ist.Bereits auf der Ebene der Krankheitsgruppenbestätigt der Jahresvergleich,dass bei älteren Menschen aufgrund zunehmenderMorbidität die Wahrscheinlichkeiteines stationären Behandlungsbedarfssteigt. Noch offensichtlicherwurde dies bei einem Jahresvergleichauf Ebene von Einzeldiagnosen, dessenGrundlage die <strong>BKK</strong>-<strong>Gesundheitsreport</strong>e2007 bis 2009 war (ohne Schaubild). Ausden drei häufigsten Krankheitsgruppenwurden die zehn fallzahlstärksten Einzeldiagnosenfür die Altersgruppen ab 65Jahre betrachtet. Auf diese Weise wurdebei den über 80-jährigen Patienten von2007 bis 2008 eine Steigerung der ICDI48 (Vorhofflattern und Vorhofflimmern)um 7,8 % sichtbar, wodurch die Diagnosevon Rang sechs in 2007 auf Rang vier in2009 wechselte. Den ersten Rang nahmsowohl in dieser Altersgruppe als auch in55-59 J.60-64 J.65-69 J.70-74 J.75-79 J.>=80 J.


153der Altersgruppe der 75- bis 79-Jährigenseit 2007 konstant die I50 (Herzinsuffizienz)ein. Auf dem Vormarsch ist die ICDI10 (essentielle [primäre] Hypertonie), wodie Fallzahl ab dem Alter von 70 Jahrenüber die Jahre kontinuierlich ansteigt,wie auch die ambulanten Behandlungszahlenbestätigen (vgl. Kapitel 2.2).Auch die oben gezeigten Rückgänge derKrankheiten des Kreislaufsystems lassensich im Zeitablauf valide eingrenzen.Bei allen Altersgruppen fallen die ICD I20(Angina pectoris) und die ICD I21 (akuterMyokardinfarkt) jeweils unter das Vorjahresniveau.Bis 2008 sinkt die ICD I25(chronische ischämische Herzkrankheit)bis 79 Jahre leicht, bevor sie 2009 ausschließlichin dieser Altersgruppe wiederleicht ansteigt. Ab 2008 rangierte dieseICD bei den über 80-Jährigen nicht mehrunter den 10 häufigsten Diagnosen.Die ICD C67 (Bösartige Neubildungender Harnblase) lag in dieser Altersgruppein 2007 noch außerhalb der 10 häufigstenEinzeldiagnosen, ist – bezogenauf die drei Krankheitsgruppen – in derAltersgruppe der 75-79-Jährigen undüber 80-Jährigen seit 2008 aber diezehnthäufigste Diagnose. Die DiagnosenC50 (Bösartige Neubildungen der Brustdrüse)und C61 (Bösartige Neubildungender Prostata) liegen in den vorgenanntenAltersgruppen außerhalb der 10 häufigstenDiagnosen. Beide Diagnosen sindjedoch stärker in den darunter liegendenAltersgruppen vertreten. WährendKrankheiten der Verdauungsorgane nurbei 70-74-jährigen Patienten, und dortauch nur in 2008, unter die 10 häufigstenEinzeldiagnosen fielen, besetzen die DiagnosenK56 (Paralytischer Ileus) und K80(Cholelithiasis) bei den über 80-Jährigenkontinuierlich die Ränge acht und neun.Schaubild S10.2Abbildung 1.2: Krankheiten des Kreislaufsystems nach Alter im Zeitablauf1801601401<strong>2010</strong>080604020Schaubild S10.3Krankheiten des Verdauungssystems nach Alter im Zeitablauf807060504030<strong>2010</strong>002004 2006 2008 200930-34 J.2004 2006 2008 200930-34 J.35-39 J.35-39 J.40-44 J.40-44 J.45-49 J.45-49 J.50-54 J.50-54 J.55-59 J.55-59 J.60-64 J.60-64 J.65-69 J.65-69 J.70-74 J.70-74 J.75-79 J.75-79 J.>=80 J.>=80 J.


1543. Zur Aussagekraft des Altersals Prädiktor für steigendeKrankenhausausgabenIn der Mehrjahressicht kann die Indikatorfunktionder altersgruppenbezogenenFallzahl für einen demografischen Effektbestätigt werden. Allerdings sind auchbei älteren Patienten Fallzahlrückgängeund Leistungsverschiebungen erkennbar.Für die Beschreibung von Alterseffektenbieten sich daher ergänzendeInformationen zur Kostenentwicklung an.Exemplarisch ergeben sich für die hierim Fokus stehenden Krankheitsgruppendie in Schaubild S11 dargestellten Entwicklungen.Trotz der sehr groben Alterseinteilungund der Beschränkung auf die obenausgewählten Krankheitsgruppen lassensich aus Schaubild S11 bei weiteransteigendem Durchschnittsalter derPatienten 1 Kostensteigerungen für dieErbringung von Krankenhausleistungenbei älteren Personen ablesen. Ebenfallsgeht aus der Grafik eine Abhängigkeitder altersbedingten Kostenentwicklungvon den Erkrankungsarten hervor. Sozeigt sich bei den Krankheiten des Verdauungssystemsdie Dominanz in derAltersgruppe von 45 bis 65 Jahren.Über den Zeitpunkt, wann Alter Kostenverursacht und darüber, in welcherAusprägung dies geschieht, gibt esunterschiedliche Ansätze. 2 Interessantscheinen Studien der Alternsforschung,wonach sich der Alterungsprozess nichtnur insgesamt verlängert, sondern spätereinsetzt. 3 Im Vergleich von drei Industrienationensteigt danach die Lebenserwartungder Menschen über die letzten170 Jahre in den entwickelten Ländernkontinuierlich um durchschnittlich fastdrei zusätzliche Lebensmonate pro Jahran. Ausschlaggebend für den stetigenAnstieg der Lebenserwartung seien einallgemeiner Anstieg im Lebensstandard,eine bessere Ernährung, Fortschritte inder Medizin und in der Gesundheitsversorgungsowie soziale Errungenschaften,wie etwa der erhöhte Zugang derMenschen zu Bildung.Diese Studienergebnisse müssen sicherlichnoch dezidierter auf ihre Allgemeingültigkeithin überprüft werden. Allerdingslassen die genannten Auslöserfür eine Verlängerung der Lebenszeit inGesundheit eine gewisse Anfälligkeit vonLangfristprognosen gegenüber gesellschaftlichenEntwicklungen erkennen.Darüber hinaus beeinflusst die (ordnungspolitische)Rahmengesetzgebungeines Landes die Leistungserbringungund Inanspruchnahme des Gesundheitswesensin nicht unerheblichem Maße.Fast jede der jüngsten Reformen implizierteneben den erwünschten auchunerwünschte Reaktionen von Leistungserbringern,Krankenkassen undVersicherten. Schließlich machen sichauch die Weiterentwicklung des DRG-Systems der ersten Jahre und die damitzusammenhängenden Anpassungen anden Deutschen Kodierrichtlinien bemerkbar.Peters et.al. weisen daher zu Recht aufdie Schwächen von weit in die Zukunftreichenden Prognosen hin. Einflüssevieler unbekannter und kaum abzuschätzenderDeterminanten sowie derenWechselwirkungen seien komplex unddie Prognostizierbarkeit zukünftiger Erkrankungszahlendamit in Frage gestellt. 4Und auch das Bundesamt für Statistikstellt in seiner Broschüre zur 12. KoordiniertenBevölkerungsvorausberechnungausdrücklich deren Modellcharakter mitder Begründung heraus, der Verlauf maßgeblicherEinflussgrößen sei mit zunehmenderVorausberechnungsdauer immerschwerer vorhersehbar. Ziel der Vorausberechnungsei es, die langfristigenVeränderungen im Altersaufbau und inder Bevölkerungsgröße aufzuzeigen undnicht konkrete Vorhersagen zu treffen. 51 Dieses ist in den Jahren 2005 bis 2009 von 52,5 Jahren auf 54 Jahre gestiegen; Quelle: Fachserie 12 Reihe 6.4.vom 26.10.20092 Es handelt sich im Wesentlichen um die Status Quo Hypothese, die Kompressionsthese sowie die Expansionsthese. Im Rahmen der Status QuoHypothese wird auf Basis heutiger Ausgabenprofile auf die geänderte Altersverteilung der Zukunft projiziert. Die Kompressionsthese geht von einerlängeren Lebensphase in Gesundheit aus und davon, dass Krankheiten erst in einem engen Zeitfenster vor dem Tod eintreten. Demgegenüber machenVertreter der Expansionsthese den medizinisch-technischen Fortschritt für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Gesamtbevölkerungverantwortlich, was entsprechende Auswirkungen auf die Gesundheitsausgaben nach sich zieht.3 Vaupel, James W. in Sobotka, T.: Demografische Forschung aus erster Hand – Eine angeborene Lebensspanne gibt es nicht; <strong>2010</strong>, Jahrgang 7, Nr. 24 Peters, E.; Pritzkuleit, R; Beske, F.; Katalinic, A.; Demografischer Wandel und Krankheitshäufigkeiten – Eine Projektion bis 2050; in: Bundsgesundheitsblatt<strong>2010</strong>, Ausg. 53, S. 417.5 Broschüre zur 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung, Stat. Bundesamt Wiesbaden; 2009; S. 9


155Schaubild S11Kosten ausgewählter Krankheitsgruppen25.00020.000unter 1545-6515-30 30-4565-85 85 und mehr15.00010.0005.00002004 2006 2008 2004 2006 2008 2004 2006 2008NeubildungenKrankheiten desKrankheiten desKreislaufsystemsVerdauungssystemsQuelle: Destatis, Fachserie 12, Reihe 7.2 Krankheitskosten; vom 11. August <strong>2010</strong>; Zusammenstellung aus div. Tabellen nach Jahr,Kosten und Alter


1564. Zu den Altersstrukturender Beschäftigten imGesundheitswesenDem Alterungsprozess ist nicht nur mitBlick auf die Patienten eine zunehmendeBedeutung beizumessen, sondern auchin Bezug auf die dort Beschäftigten. Dasgilt besonders für das Personal mit direktemPatientenbezug. Beim ärzt lichenPersonal zeigt die Ärztestatistik derBundesärztekammer für den stationärenBereich folgende Altersentwicklung (s.Schaubild S12).Gegenüber dem Ausgangsjahr 2004nahm in den Altersgruppen ab 40 Jahrendie Zahl der stationär tätigen Ärztinnenund Ärzte durchschnittlich zu, währenddie Altersgruppe der 35 – 39 Jährigen geringervertreten ist. In der Altersgruppeder bis zu 34-Jährigen kann insbesondereab 2007 eine Zunahme verzeichnetwerden. Erfolgt eine Unterteilungin Altersklassen von unter und über 50Jahren, so steigt bis zu einem Alter vonunter 50 Jahren der Anteil stationär tätigenÄrzte und Ärztinnen im Zeitraum2004 bis 2009 von 18,9 % auf 21,4 %.Der Anteil der über 50 jährigen Ärzte undÄrztinnen entwickelte sich im gleichenZeitraum entsprechend rückläufig.Den höchsten Anteil am Personalbestandvon Krankenhäusern machen dieGesundheits- und Krankenpfle ger/-innenund die Gesundheits- und Krank heitspflegehelfer/-innenaus. Im Zeitraumvon 2004 bis 2008 entwickelte sichdieser Anteil bei ansonsten steigendemPersonalbestand von rd. 53,15 % auf52,76 % jedoch leicht zurück. Wird dieEntwicklung der Altersstruktur des Gesundheits-und Krankenpflegepersonalsin die Betrachtung mit einbezogen, istzusätzlich eine Verschiebung hin zu älterenBeschäftigten für das Krankenhauspflegepersonalanzunehmen. 6 So warin der gesamten Berufsgruppe des Gesundheits-und Krankenpflegepersonalsdie Mehrzahl im Jahr 2008 zwischen 35und 49 Jahren alt (45 %). In 2004 betrugdieser Anteil insgesamt noch 47,2 %. Beiden über 50-Jährigen stieg der AnteilSchaubild S12Stationär tätige Ärztinnen/Ärzte nach Altersgruppen60.00050.00040.00045.13042.69543.06444.51844.63142.58256.24846.04148.14546.86150.13347.14830.00020.00010.00030.90819.7527.54229.93421.1867.34227.37021.5836.13327.91723.4576.44926.96724.7826.45027.10626.3086.78503304675525325947432004 2005 2006 2007 2008 2009n bis 34 Jahre n 35-39 Jahre n 40-49 Jahre n 50-59 Jahre n 60-65 Jahre n > 65 JahreQuelle: Bundesärztekammer; Ärztekammer (2006 fehlerbereinigt)6 In der Gesundheitspersonalrechnung lassen sich methodisch zwar für die Einrichtungsart Krankenhaus alters-spezifische Daten rekurrieren. Diesebeziehen sich jedoch auf alle im Krankenhaus beschäftigten Gesundheitsberufe.


157von 8,1 % auf 23,3 %, wohingegen erbei unter 35-Jährigen von 34,8 % auf31,7 % sank. Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen und Gesundheits- undKrankenpflegehelfer/-innen sind in ihremBerufsgruppen zu rd. 66 % bzw. 21 %im Krankenhaus beschäftigt, so dasseine Übertragbarkeit gerechtfertigt erscheint.7Inwieweit die aufgezeigte Entwicklungder Altersstruktur des Pflegepersonalsin der Konsequenz zu arbeitsbedingtenGesundheitsproblemen führt,lässt sich nur näherungsweise über dieStatistiken zur Arbeitsunfähigkeit derbeschäftigten Mitglieder bestimmen.Krankenpflegehelfer/-innen fielen inden Detailanalysen vor allem mit psychischenErkrankungen oder Erkrankungendes Muskel-Skelettsystems auf (sieheKapitel 3.3). 8 Ein Zeitvergleich zeigt diegenerell zunehmende Tendenz der Arbeitsunfähigkeitstagealler GesundheitsundKrankenpfleger/-innen bzw. Gesundheits-und Krankenpflegehelfer/-innen (s.Schaubild S13).Allein diese Beispiele weisen auf Handlungsbedarfhin, um etwaigen Mehrfacheffektenentgegenzuwirken. Diesebetreffen nicht nur die Beschäftigtenselbst (Fehlzeiten aufgrund von Belastungsfaktoren,Versorgungskosten),sondern auch die Patienten (Versorgungsmängel).5. FazitDer Alterungsprozess der deutschenBevölkerung geht an der Inanspruchnahmeder Krankenhäuser nicht spurlosSchaubild S13Arbeitsunfähigkeit des Pflegepersonals von 2007 bis 200925,020,015,02007 (Branche gesamt: 12,3 Tage)2008 (Branche gesamt: 13,3 Tage)2009 (Branche gesamt: 14,5 Tage)vorbei. Voreilige Schlussfolgerungen,die eine Kostenexplosion im Krankenhaussektorprognostizieren, sind jedochfehl am Platze. Weder liefern Diagnosedateneine hinreichende Grundlage fürdie Allgemeingültigkeit der These „Altergleich krank“, noch sind langfristigeKostenentwicklungs-Prognosen vor derVielschichtigkeit der Einflussfaktoren aufdas Gesundheits- und Krankheitsgeschehengefeit. Dennoch gilt es, für Zweckeder (regionalen) Versorgungsplanunggeeignete Kennzahlen und Indikatorensetszu entwickeln. Dies gilt vor allem im10,05,00Tage je MitgliedKrankenpflegeTage je MitgliedKrankenpflegehelfer7 Angaben aus Gesundheitspersonalrechnung (http://www.gbe-bund.de), Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Bonn8 Diese Erkrankungsarten spielen auch im Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes eine hervorgehobene Rolle (siehe hierzu Afentaktis, Anja;Krankenpflege – Berufsbelastung und Arbeitsbedingungen; Destatis, 18. August 2009


158Zusammenhang mit Multimorbidität, diesich oft durch mehrere, gleichermaßengravierende Erkrankungen, äußert. Diesgilt jedoch auch für die Auswirkung derzunehmenden Vernetzung der Leistungssektoren.Teil der Versorgungsplanung ist dieSicher stellung gesundheitserhaltenderArbeitsbedingungen. Hier zeigt sichim Krankenhausbereich Handlungsbedarf,denn auch im Pflegedienst hinterlässtdie Bevölkerungsentwicklungihre Spuren. Belastbare Belege füreine Verschlechterung der Versorgungdurch älter werdendes Personal liegenbislang aber (noch) nicht vor. In diesemZusammenhang darf nicht übersehenwerden, dass parallel zu Veränderungender Altersstruktur auch Veränderungenin den Unternehmenswelten des Gesundheitswesensstattfinden. Krankenhäuserbekleiden hier zunehmend einePionierrolle in Sachen Fehlerkultur, Qualitäts-und Risikomanagement. Geradeweil der Pflegedienst aber besonderenBelastungen ausgesetzt ist, muss dieserProzess von einer Verbesserung derArbeitsbedingungen im Pflegebereichbegleitet werden. Etliche Initiativen zeigenin diese Richtung. 99 Änderungen im Krankenhaus-Finanzierungsreformgesetz (2009) zur Berücksichtigung von hochaufwendiger Pflege und zur Personalaufstockunghaben laut Bericht des GKV-Spitzenverbandes vom 23.6.<strong>2010</strong> (Bericht des GKV-Spitzenverbandes zum Pflegesonderprogramm gem. § 4 Abs. 10Satz 12 Krankenhausentgeltgesetz für das Budgetjahr 2009) erste Früchte getragen, die in Gänze jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültigbewertet werden können.


Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen159Schaubild 1.1: Arbeitsunfähigkeit seit 1976 – (Fälle je beschäftigtes Pflichtmitglied)Schaubild 1.2: Arbeitsunfähigkeit seit 1976 – (Tage je beschäftigtes Pflichtmitglied)Schaubild 2: Arbeitsunfähigkeit nach BetriebsgrößenSchaubild 3: <strong>BKK</strong> Krankenstand 2009 - <strong>2010</strong>Schaubild 4: Arbeitsunfähigkeit nach WochentagenSchaubild 5: Die häufigsten KrankheitsartenSchaubild 6: Arbeitsunfähigkeit und Krankheitsarten – Trends seit 1976Schaubild 7: Krankengeldtage nach KrankheitsgruppenSchaubild 8: Arbeitsunfähigkeit nach DauerSchaubild 9: Verteilung der Arbeitsunfähigkeitstage 2009 auf Personen (Lorenz-Kurve)Schaubild 10: Entwicklung der Krankenhausbehandlung seit 1987Schaubild 11.1: Krankenhausfälle nach KrankheitsartenSchaubild 11.2: Krankenhaustage nach KrankheitsartenSchaubild 12: Krankenhausbehandlung nach DauerSchaubild 13: Krankenhausbehandlung nach Krankheitsarten – Trends seit 1987Schaubild 14: Arbeitsunfähigkeit nach Alter und GeschlechtSchaubild 15: Arbeitsunfähigkeit nach Alter in ausgewählten BerufenSchaubild 16: Arbeitsunfähigkeit nach Geschlecht und Krankheitsarten (Tage)Schaubild 17.1: Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Krankheitsarten (Fälle)Schaubild 17.2: Arbeitsunfähigkeit nach Alter und Krankheitsarten (Tage)Schaubild 18: Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009Schaubild 19: Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 – Adipositas (E66)Schaubild 20: Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 – Essentielle Hypertonie (I10)Schaubild 21: Ärztliche Behandlungen nach Alter und Geschlecht 2009 – Depressive Episode (F32)Schaubild 22: Klimakterische Störungen (N95) bei Frauen ab 40 JahrenSchaubild 23.1: Krankenhausbehandlung nach Geschlecht und Alter (Fälle)Schaubild 23.2: Krankenhausbehandlung nach Geschlecht und Alter (Tage)Schaubild 24.1: Krankenhausfälle der Frauen nach Alter und ausgewählten KrankheitsartenSchaubild 24.2: Krankenhausfälle der Männer nach Alter und ausgewählten KrankheitsartenSchaubild 25: Arbeitsunfähigkeit nach VersichertenstatusSchaubild 26: Arbeitsunfähigkeit der Empfänger von Arbeitslosengeld nach Alter undKrankheitsarten (Tage)Schaubild 27: Krankenhausfälle nach VersichertenstatusSchaubild 28.1: Krankenhausfälle nach ICD-Hauptgruppen (Frauen)Schaubild 28.2: Krankenhausfälle nach ICD-Hauptgruppen (Männer)Schaubild 29.: Arbeitsunfähigkeitstage nach WirtschaftsgruppenSchaubild S1: Gesundheitliche Beschwerden, die nach Angaben der Befragtenarbeitsbedingt sein könntenSchaubild S2: Stufen-Modell der Verhaltensveränderung nach Prochaska/DiClementeSchaubild S3: Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Berufen –Altersvarianz in den BerufenSchaubild S4: Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Geschlecht –Unterschiede in der AltersvarianzSchaubild S5: Wahrnehmung von Altersunterschieden nach Altersklassen –Unterschiede in der AltersvarianzSchaubild 30: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: Metallverarbeitung


160 Verzeichnis der Schaubilder und TabellenSchaubild 31: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: Postdienste und TelekommunikationSchaubild 32: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: DienstleistungenSchaubild 33: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: Öffentliche VerwaltungSchaubild 34: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: Gesundheits- und SozialwesenSchaubild 35: Standardisierte Arbeitsunfähigkeit für die sozialversicherungspflichtigBeschäftigten nach WirtschaftsgruppenSchaubild 36.1: Krankheitsarten im DienstleistungsbereichSchaubild 36.2: Krankheitsarten in der Land- und Forstwirtschaft und im Verarbeitenden GewerbeSchaubild 37: Arbeitsunfälle nach WirtschaftsgruppenSchaubild 38.1: Krankheitsgeschehen nach Berufsgruppen: Berufe mit den meisten AU-TagenSchaubild 38.2: Krankheitsgeschehen nach Berufsgruppen: Berufe mit den wenigsten AU-TagenSchaubild S6: Psychische Erkrankungen nach WirtschaftsgruppenSchaubild S7.1: Psychopharmaka-Verordnungen nach Erwerbsstatus und Tätigkeit –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – FrauenSchaubild S7.2: Psychopharmaka-Verordnungen nach Erwerbsstatus und Tätigkeit –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme - MännerSchaubild S8.1: Antidepressiva-Verordnungen nach Erwerbsstatus und Tätigkeit –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – FrauenSchaubild S8.2: Antidepressiva-Verordnungen nach Erwerbsstatus und Tätigkeit –Berufsgruppen mit der höchsten Inanspruchnahme – MännerSchaubild S9: Anteil der Erwerbspersonen mit Psychopharmaka- und Antidepressiva-VerordnungenSchaubild 39: Arbeitsunfähigkeit in den BundesländernSchaubild 40: Arbeitsunfähigkeit in den Bundesländern (AU-Tage) –Abweichungen vom Bundesdurchschnitt in ProzentSchaubild 41: Krankheitsarten in den Bundesländern (AU-Tage)Schaubild 42: Mittlere Verweildauer in den Bundesländern –Abweichungen vom Bundesdurchschnitt in ProzentSchaubild 43: Krankheitsarten in den Bundesländern (KH-Fälle)Schaubild 44.1: Muskel- und Skeletterkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (AU-Fälle)Schaubild 44.2: Muskel- und Skeletterkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (AU-Tage)Schaubild 45.1: Krankheiten des Atmungssystems nach Diagnoseuntergruppen (AU-Fälle)Schaubild 45.2: Krankheiten des Atmungssystems nach Diagnoseuntergruppen (AU-Tage)Schaubild 46: Zunahme der psychischen Störungen (AU-Tage)Schaubild 47: Krankheitstage durch das Burnout-Syndrom – 2004 bis 2009Schaubild 48.1: Herz-/Kreislauferkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Fälle)Schaubild 48.2: Herz-/Kreislauferkrankungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Tage)Schaubild 49.1: Neubildungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Fälle)Schaubild 49.2: Neubildungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Tage)Schaubild 50.1: Psychische Störungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Fälle)Schaubild 50.2: Psychische Störungen nach Diagnoseuntergruppen (KH-Tage)Schaubild S10.1: Neubildungen nach Alter im ZeitablaufSchaubild S10.2: Krankheiten des Kreislaufsystems nach Alter im ZeitablaufSchaubild S10.3: Krankheiten des Verdauungssystems nach Alter im ZeitablaufSchaubild S11: Kosten ausgewählter KrankheitsgruppenSchaubild S12: Stationär tätige Ärztinnen/Ärzte nach AltersgruppenSchaubild S13: Arbeitsunfähigkeit des Pflegepersonals von 2007 bis 2009


Verzeichnis der Schaubilder und Tabellen161Tabelle 1.1: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Frauen – alle AlterTabelle 1.2: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Männer – alle AlterTabelle 2.1: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Frauen – 80 Jahre und älterTabelle 2.2: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Männer – 80 Jahre und älterTabelle 3.1: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Frauen – 65 bis unter 80 JahreTabelle 3.2: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Männer – 65 bis unter 80 JahreTabelle 4.1: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Frauen – 40 bis unter 65 JahreTabelle 4.2: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Männer – 40 bis unter 65 JahreTabelle 5.1: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Frauen – 25 bis unter 40 JahreTabelle 5.2: Ambulante Daten – Vergleich 2005 und 2009 – Männer – 25 bis unter 40 JahreTabelle 6: Arbeitsunfähigkeit nach Versichertenstatus 2009Tabelle 7: Teilzeitbeschäftigung und Arbeitsunfähigkeit in wichtigen BerufenTabelle 8: Arbeitsunfähigkeit nach Versichertenstatus und KrankheitsartenTabelle 9: Arbeitsunfähigkeitstage nach Branchen 2009Tabelle 10: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 – GesamtTabelle 10.1: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 – FrauenTabelle 10.2: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen 2009 – MännerTabelle 11: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: MetallerzeugungTabelle 12: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: ChemieTabelle 13: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: BaugewerbeTabelle 14: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: HandelTabelle 15: Arbeitsunfähigkeit nach Berufen: VerkehrTabelle 16: Nach Alter und Geschlecht standardisierte Arbeitsunfähigkeit nach WirtschaftsgruppenTabelle 17: Die häufigsten Verletzungen 2009Tabelle T1: Berufe mit den meisten psychisch verursachten AU-Tagen – FrauenTabelle T2: Berufe mit den meisten psychisch verursachten AU-Tagen – MännerTabelle 18: <strong>BKK</strong> Versicherte nach Bundesländern 2009Tabelle 19: Veränderungen der Arbeitsunfähigkeit nach Bundesländern 2009 gegenüber dem VorjahrTabelle 20: Arbeitsunfähigkeit nach Kreisen in ausgewählten BundesländernTabelle 21: Krankenhausbehandlung in den BundesländernTabelle 22: Die 10 wichtigsten Einzeldiagnosen nach AU-Tagen 2009Tabelle 23: Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: Krankheiten des Muskel- undSkelettsystemsTabelle 24: Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: Krankheiten des AtmungssystemsTabelle 25: Arbeitsunfähigkeit nach Diagnoseuntergruppen: Psychische und VerhaltensstörungenTabelle 26: Häufigste Diagnosegruppen im Krankenhaus 2009


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