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Forschung im HLRN-Verbund 2011

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Norddeutscher <strong>Verbund</strong> für Hoch- und Höchstleistungsrechnen<strong>Forschung</strong> <strong>im</strong> <strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong><strong>2011</strong>KielHamburgRostockBremerhavenBremenHannoverBerlin


iiiVorwort des VerwaltungsratesLiebe Leserinnen und Leser,der Norddeutsche <strong>Verbund</strong> für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (<strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong>) ist ein Zusammenschlussder Länder Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen undSchleswig-Holstein mit dem Ziel, das Hoch- und Höchstleistungsrechnen in Norddeutschland zu fördernund damit insbesondere die Spitzenforschung zu unterstützen.Viele Wissenschaftsdisziplinen können sich <strong>im</strong> internationalen Wettbewerb nur durch die Nutzung geeigneterRechnerinfrastrukturen behaupten. Typische norddeutsche <strong>Forschung</strong>saktivitäten <strong>im</strong> Bereichder Spitzenforschung sind z.B. erst möglich geworden, nachdem die norddeutschen Küstenländer sowieBerlin ihren Wissenschaftlern ein Hochleistungsrechnersystem zur Verfügung stellen konnten. Vom Wissenschaftsratist diese einzigartige, gemeinsame Anstrengung der sechs Länder angemessen gewürdigtworden und wird damit seit Beginn vom Bund gefördert. Mit einem Vorlauf von mehreren Jahren konntendie Länder <strong>im</strong> Jahr 2002 erstmalig ein gemeinsames, über zwei Standorte verteiltes Hochleistungsrechnersystemin Betrieb nehmen.Mit dieser Publikation wollen wir Ihnen einen Einblick in die Arbeit von Projekten geben, in denen mitHilfe unseres Supercomputers (<strong>HLRN</strong>-II) die <strong>Forschung</strong> intensiviert und voran gebracht werden konnte.Der Ausschnitt dokumentiert die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen der norddeutschen Spitzenforschung,denen der <strong>Verbund</strong> ein beständiger und verlässlicher Partner ist.Der Erfolg des <strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong>es ist nur durch das große Engagement seiner Mitglieder möglich gewordenund wird auch nur durch dieses Engagement weiterleben. Der Verwaltungsrat möchte an dieserStelle den beteiligten Personen, die nicht alle namentlich genannt werden können, ganz herzlich danken.Insbesondere gilt dieser Dank• der Technischen Kommission und den beiden Betreiberzentren, dem Regionalen Rechenzentrumfür Niedersachsen in Hannover und dem Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin, diein hervorragender Weise die Implementierung und den Betrieb des <strong>HLRN</strong> übernommen haben,• den Fachberatern, die <strong>im</strong> unermüdlichen Einsatz überall an den Hochschulen der norddeutschenLänder Wissenschaftler bei der Nutzung des <strong>HLRN</strong> unterstützen und das Kompetenznetzwerk des<strong>Verbund</strong>es ”leben“ sowie• dem Wissenschaftlichen Ausschuss, der in gewissenhafter Weise dafür Sorge trägt, dass die hohewissenschaftliche Qualität der Projekte auf dem <strong>HLRN</strong>-II gewährleistet wird.Der Dank des Verwaltungsrates geht aber auch an die Nutzer des <strong>HLRN</strong>, denn ihre Projekte sind es,die das Hoch- und Höchstleistungsrechnen in Norddeutschland tragen.Wenn nun Ihr Interesse geweckt wurde, liebe Leserinnen und Leser, dann sei ein kleiner Ausblick gestattet:Der <strong>HLRN</strong>-Supercomputer wird regelmäßig dem neuesten technischen Stand angepasst. Nach derInstallation des <strong>HLRN</strong>-I in 2002 und dem seit 2008 genutzten <strong>HLRN</strong>-II hat der <strong>Verbund</strong> erste Schritte hinzum <strong>HLRN</strong>-III bereits erfolgreich unternommen, um das bestehende Rechnersystem in den nächstenJahren zeitgerecht zu erneuern. Parallel dazu wird zukünftig die Entwicklung von Methoden und Algorithmenverstärkt, um solche Systeme effizienter nutzen zu können. Hierzu braucht es ebenso einegrößere Anzahl an gut ausgebildeten Fachkräften. Nachwuchsförderung wird daher <strong>im</strong> <strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong>eine größere Rolle als bisher spielen.Peter WaueNiedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und KulturVorsitzender des Verwaltungsrates des <strong>HLRN</strong>Das Hochleistungsrechnersystem <strong>HLRN</strong>-II wurde mit Mittelndes Bundesministeriums für Bildung und <strong>Forschung</strong>(BMBF) gefördert.Vorwort


viGeowissenschaften 41Planetenentwicklung und LebenU. Langematz, M. Kunze, A. Hamann-Reinus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42Atmosphärische Dynamik und Chemie terrestrischer ExoplanetenH.Rauer, M.Godolt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44Project on Solar Effects on Chemistry and Cl<strong>im</strong>ate including Ocean Interactions (ProSECCO)U. Langematz, A. Kubin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46Stratospheric Change and its Role for Cl<strong>im</strong>ate Prediction (SHARP)U. Langematz, S. Meul, S. Oberländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48Berechnung der Wasserdampfkonzentrationen aus L<strong>im</strong>b-Messungen des SatelliteninstrumentesSCIAMACHYK. Weigel, W. Lotz, M. Vountas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50Global and regional ocean-ice s<strong>im</strong>ulations using FESOM: Toward applications with variableresolution and regional focusP. Lemke, Q. Wang, D. Sidorenko, S. Danilov, J. Schröter, L. Nerger . . . . . . . . . . . . 52Die Entwicklung der tropischen Regenzone <strong>im</strong> späten NeogenG. Jung, M. Prange, M. Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54Modellierung und S<strong>im</strong>ulation von Tsunami-Ausbreitung und -ÜberflutungW. Hiller, N. Rakowsky, S. Harig, A. Fuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56Atmosphärische Feuchtetransporte und thermohaline Zirkulation: Untersuchung möglicherRückkopplungsmechanismen für abrupte Kl<strong>im</strong>aschwankungenM. Prange, H. Liu, M. Schulz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58Der Effekt submesoskaliger Turbulenz auf den Gasaustausch zwischen Ozean und AtmosphäreC. Eden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60S<strong>im</strong>ulation von Zukunftsszenarien für das Ökosystem der OstseeT. Neumann, I. Kuznetsov, R. Friedland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62Ausbreitungswege von Nährstoffen und Zeitskalen von Nährstofftransporten in der OstseeH. Radtke, Th. Neumann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64Dichteströmungen in Hervey Bay (Australien)U. Gräwe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66Regionale Anpassungsstrategien für die deutsche Ostseeküste (RADOST)U. Gräwe, H. Burchard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68S<strong>im</strong>ulation von Luftströmungen in Städten mit innovativen TurbulenzmodellenS. Raasch, M. Letzel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70Auswirkungen des prognostizierten Kl<strong>im</strong>awandels auf die Sed<strong>im</strong>ent- und Hydrodynamik <strong>im</strong>Ostfriesischen WattenmeerJ.-O. Wolff, K.A. Lettmann, S. Grashorn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationen zum Einfluss der Turbulenz in Wolken auf das TropfenwachstumS. Raasch, T. Franke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Darstellung der konvektiven Grenzschicht während Kaltluftausbrüchen in Wetter- und Kl<strong>im</strong>amodellenM. Gryschka, J. Kampmeyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76Numerische S<strong>im</strong>ulation zur Wechselwirkung der Atmosphäre mit der TragflügelumströmungS. Raasch, C. Helmke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78Entwicklung und Validierung eines Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationsmodells zur Berechnung derStrömungsverhältnisse inner- und außerhalb von Offshore-WindparksG. Steinfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80Hochauflösende Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationen atmosphärischer GrenzschichtturbulenzR. Heinze, S. Raasch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82Auswirkungen des Kl<strong>im</strong>awandels auf die Zirkulation des Atlantischen OzeansE. Behrens, C.W. Böning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84Investigating the role of ocean ventilation in anthropogenic CO 2 uptake and sequestration viaGreen functionsA. Oschlies, I. Kriest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Einfluss von Remineralisierungsparametern auf globale biogeochemische OzeanmodelleA. Oschlies, I. Kriest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88Inhaltsverzeichnis


viiVentilation der Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonen in den tropischen OzeanenF.U. Schwarzkopf, C.W. Böning . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90S<strong>im</strong>ulation des vergangenen, heutigen und zukünftigen Kl<strong>im</strong>asM. Latif, N.S. Keenlyside . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92Ingenieurwissenschaften 95Numerische S<strong>im</strong>ulation der Aktiven Strömungsbeeinflussung auf einer HochauftriebskonfigurationT. Höll, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96Fluidik-Elemente zur aktiven StrömungskontrolleJ. Sesterhenn, M. Lemke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98Numerische S<strong>im</strong>ulation und Analyse einer Statorkaskade mit aktiver StrömungskontrolleC. Gmelin, M. Steger, E. Wassen, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100Opt<strong>im</strong>al control to reduce supersonic jet-noise with porous mediaJ. Schulze, J. Sesterhenn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102Untersuchung und Beeinflussung von Breitbandlärm in Turbomaschinen mit neuartigen hybridenS<strong>im</strong>ulationsverfahrenB. Greschner, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104Further development of DES for the s<strong>im</strong>ulation of complex turbulent flowsC. Mockett, B. Greschner, L. Wang, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106Untersuchung und Beeinflussung des Breitbandlärms von Triebwerksdüsen durch Modifikationder DüsenkanteD. Eschricht, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108Numerische Untersuchungen der Strömung von Kristallschmelzen be<strong>im</strong> Czochralski-VerfahrenR. Fornari . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110Numerical Investigation of Noise Generation and Reduction in Turbofan EnginesM. Steger, U. Michel, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112Numerische S<strong>im</strong>ulation und Analyse der Interaktion von Strömung und Schall in einem stehendenVerdichterringgitterR. van Rennings, M. Steger, K. Ehrenfried, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114Numerical S<strong>im</strong>ulation of the Flow around a Generic Vehicle Using Active Flow ControlS. Eichinger, F. Thiele, E. Wassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116Untersuchungen zur Reduzierung des turbulenten Widerstands durch wellenförmige LamellenF. Kramer, E. Wassen, F. Thiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118Oxidized silicon nanowires as biomolecular sensors: ab initio structural and electronic analysisL. Colombi Ciacchi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120Computational Combinatorial Materials Science study to opt<strong>im</strong>ize the band gap for metal-oxidebased materials for their usage in photoelectrolysis cellsL. Mädler, T. Heine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1223D Modeling of Hydrothermal PlumesM. Walter, Y. Tao . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124Thermalgetriebene Vermischung turbulenter Konvektionsströmungen in einem geschlossenenContainerR. Groll, C. Z<strong>im</strong>mermann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126Best<strong>im</strong>mung der Rolldämpfung moderner Schiffsformen mit Hilfe von exper<strong>im</strong>entellen und numerischenUntersuchungen komplexer StrömungsvorgängeM. Abdel-Maksoud, S. Handschel, J.P. Soproni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128Entwicklung und Implementierung der hybriden RANS LES Modelle zur Berechnung derStrömung <strong>im</strong> Heckbereich von SchiffenN. Kornev, A. Taranov, E. Shchukin, M.Walter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130Untersuchung der physikalischen Mechanismen zur Erhöhung des Wärmeüberganges auf DellenoberflächenJ. Turnow, N. Kornev, E. Hassel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132Untersuchung von reaktiven turbulenten Mischungsvorgängen bei hohen Schmidt-Zahlen mitbesonderer Berücksichtigung der MikromischungM. Walter, N. Kornev, E. Hassel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134Inhaltsverzeichnis


1EinleitungDer Norddeutsche <strong>Verbund</strong> für Hoch- und Höchstleistungsrechnen (<strong>HLRN</strong>) ist ein seit 2001 bestehendesGemeinschaftsprojekt der sechs norddeutschen Bundesländer Berlin, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Es koordiniert die überregionale Verfügbarkeiteines Computersystems der höchsten Leistungsklasse und dessen Nutzung durch die <strong>Forschung</strong>. Der<strong>Verbund</strong> betreibt gemeinschaftlich einen Supercomputer, der anteilig an den beiden Standorten Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) und Regionales Rechenzentrum für Niedersachsen(RRZN) an der Leibniz Universität Hannover installiert ist. Die gegenwärtige Rechnergeneration <strong>HLRN</strong>-II stellt den Anwendern eine Spitzenleistung von 300 TFlop/s (das sind 3 · 10 14 Rechenoperationen proSekunde) zur Verfügung.Der <strong>HLRN</strong> repräsentiert einen sehr ambitionierten und strukturell modernen Interessenverbund,dessen Aktivitäten die erfolgreiche Bearbeitung wissenschaftlicher Fragestellungen von nationalemund internationalem Interesse ermöglichen. Durch Bündelung der norddeutschen Ressourcen istes gelungen, eine hervorragende Infrastruktur für anspruchsvolle s<strong>im</strong>ulationsbasierte <strong>Forschung</strong> aufHöchstleistungsrechnern zu etablieren.Der <strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong> hat bislang etwa 500 Großprojekte unterstützt. Bei der Nachfrage der Wissenschaftlernach der Unterstützung durch den <strong>HLRN</strong> ist eine stark steigende Tendenz zu verzeichnen. Dies giltinsbesondere in Bezug auf den Höchstleistungssektor. Die Zuteilung von Ressourcen wird durch denWissenschaftlichen Ausschuss gutachterlich geregelt. Der Ausschuss prüft die hohe wissenschaftlicheQualität der Fragestellungen wie auch die unabdingbare Notwendigkeit, sie auf einem Rechner derhöchsten Leistungsklasse zu bearbeiten. Die deutliche Zunahme von Großprojekten, welche mit mehrerenhundert bis mehreren tausend parallelen Rechenprozessen wissenschaftliche Untersuchungendurchführen, die bislang nicht realisierbar waren, unterstreicht die große Bedeutung des <strong>HLRN</strong>-Systems<strong>im</strong> Bereich des Capability Computing.Mit der Zulassung auf dem <strong>HLRN</strong>-System erhalten die Projekte Zugriff auf das Netzwerk des <strong>Verbund</strong>s.Die inhaltliche Vielfalt und organisatorische Breite des <strong>HLRN</strong>-Netzwerks sind eine besondere Stärkedes <strong>Verbund</strong>s, sie ermöglichen den Wissenstransfer zwischen den am <strong>HLRN</strong> tätigen Experten unterschiedlicherDisziplinen. Der <strong>Verbund</strong> bemüht sich besonders um die Verknüpfung von Anwendungswissenschaften,deren Fragestellungen nur durch den Einsatz von Hochleistungsrechnern beantwortetwerden können, mit Methodenwissenschaften, deren <strong>Forschung</strong>sergebnisse die wirklich effiziente Nutzungder Hochleistungsrechner überhaupt erst ermöglichen: Im Zentrum der Zusammenarbeit steht diefortlaufende Erweiterung der Machbarkeitsgrenzen für Anwendungss<strong>im</strong>ulationen durch den Einsatz unddie Weiterentwicklung methodischer Kompetenz.Das Norddeutsche Kompetenznetzwerk Wissenschaftliches Rechnen am <strong>HLRN</strong> wird durch seine aktiveNutzergemeinschaft wie auch durch eine Vielzahl von engagierten Beratern in den sechs beteiligtenBundesländern getragen: Jedem <strong>Forschung</strong>sprojekt ist ein Fachberater und ein lokaler Betreuer zugewiesen,deren Aufgabe die Unterstützung der Projektbeteiligten und die Einbindung in den Kompetenzverbundist. Ein wichtiger Aspekt bei der Gestaltung des Beraternetzwerks ist das Bestreben, allenProjekten eine auf ihren Bedarf zugeschnittene duale methoden- und anwendungswissenschaftlicheUnterstützung anzubieten. Wegen des breiten wissenschaftlichen Spektrums der <strong>Forschung</strong> am <strong>HLRN</strong>kann ein solches Ziel nur <strong>im</strong> Rahmen eines Netzwerks realisiert werden. Das Beratungsangebot wirdvon den Nutzern sehr umfangreich in Anspruch genommen. Das Kompetenznetzwerk stellt zugleich diehohe Ausnutzung der Infrastruktur sicher und bürgt für die Nachhaltigkeit der getätigten Investitionen.Die signifikant veränderten Nutzungsmöglichkeiten der Hardware, welche mit dem Wechsel zur derzeitaktuellen zweiten Rechnergeneration <strong>HLRN</strong>-II verknüpft waren, konnten mit Unterstützung des Netzwerkesbeeindruckend zügig durch die wissenschaftlichen Anwendungen nachvollzogen werden. Fürden Betrieb des Computersystems resultierte daraus eine latenzfrei hohe Auslastung des gesamtenverfügbaren Kontingents für alle Ausbaustufen. Zugleich war eine bemerkenswert rasche Fortentwicklungder Nutzungsprofile festzustellen, z.B. in Gestalt der Skalierung der Anwendungen. Diese Indika-Einleitung


5Abbildung 1: Die Wechselwirkung von verschiedenen Pyridinderivaten mit einem Goldnanopartikel. Fragestellungenunserer Untersuchungen sind:A) Bindet nicht substituiertes Pyridin mit dem Stickstoffatom oder flach an eine Gold-Oberfläche?B) Wie beeinflussen Substituenten am Pyridin die Bindungssituation zu dem Goldsystem?C) Spielen elektronische Effekte in multivalenten Wechselwirkungen eine Rolle? Vergleich mono- undmultivalenter Wechselwirkungen am Beispiel DMAP vs 2-DMAPD) Wie ist der Einfluss des Linkers (starrer vs flexibler Linker)?auf die Bindungsenergie in verschiedenen Bindungssituationen<strong>im</strong> Vergleich zum nicht substituiertenPyridin steht dabei <strong>im</strong> Mittelpunkt des Interesses.Des weiteren wird der Einfluss von Goldatomenin der 2. Schicht und zusätzlichen Goldatomenauf der 1. Schicht untersucht. BisherigeBerechnungen zeigen, dass letztere eine starkeErhöhung der Bindungsenergie zum Pyridinderivatbewirken können. Größere Gold-Cluster (mit mehrals 19 Gold-Atomen) werden verwendet, um dieBindung verschiedener bivalenter Moleküle, wiedem 2-DMAP (zwei DMAP Moleküle verknüpft),zu studieren. Als Nachteil des Cluster-Ansatzessei genannt, dass aufgrund der begrenzten Systemgrößekeine ausgedehnte Oberfläche s<strong>im</strong>uliertwerden kann.Mit Hilfe von periodischen Berechnungen kanndie elektronische Struktur der Oberfläche sehrgut beschrieben werden. Allerdings sind standardmäßignur effektive Einteilchen-Näherungendes Hamiltonoperators und damit HF und DFT-Rechnungen möglich. Diese Art von Methodenkönnen dispersive Wechselwirkungen, welchewichtig für das zu beschreibende Systemsind, nicht erfassen, sodass post-DFT-Dispersionskorrekturen notwendig sind. Die monovalentenWechselwirkungen von Pyridin undsubstituiertem Pyridin, wie 4-Methoxypyridin (MP)oder DMAP, werden hier untersucht. So geschiehtdie Wechselwirkung für Pyridin mit einem Goldsystemüber das Stickstoffatom, während sie fürfür MP als flach anbindend vermutet wird. Die Untersuchungmultivalenter Moleküle auf der Oberflächeführt sehr schnell zu sehr großen Systemen,da sich die Anzahl der Goldatome drastischerhöht und die Einheitszelle so erweitert werdenmuss, dass Molekül-Molekül-Wechselwirkungenvernachlässigt werden können.Quantenchemisch liefert der Cluster-Ansatz einegute Beschreibung des Pyridin-Goldsystems,während der periodische Ansatz wiederum einegute Beschreibung der ausgedehnten Oberflächeliefert. Beide Ansätze in Kombination und <strong>im</strong> Vergleichermöglichen ein tieferes Verständnis derWechselwirkung von verschiedenen Pyridinderivatenmit einem Goldsystem und lassen Aussagenüber elektronische Effekte in multivalenten Wechselwirkungenzu.Mehr zum Thema1. D. Mollenhauer, J. Floß, H.-U. Reissig, E. Voloshinaand B. Paulus, J. Comp. Chem., accepted.2. S. Gr<strong>im</strong>me, J. Antony, S. Ehrlich, H. Krieg, J.Chem. Phys. 132, 154104 (2010).FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 765Chemie


6Hüpfende Protonen als Brücke zwischen Wasser und ProteinenAb-initio-molekulardynamische S<strong>im</strong>ulationen des Protonentransfers inAminosäuren und kleinen PeptidenB. Schmidt, T. Frigato, Ch. Schütte, Institut fürMathematik, Freie Universität BerlinKurzgefasst• Protonentransfer-(PT)-Reaktionen spielen einewesentliche Rolle für Struktur und Funktion vonProteinen. In diesem Projekt wird die Bildung vonZwitterionen (PT zwischen Endgruppen) und dieBildung von Salzbrücken (PT zwischen geeignetenSeitenketten) untersucht.• Als Modellsysteme für die PT-Reaktionen werdenAminosäuren bzw. kurze Peptidsequenzengewählt. Unser Interesse gilt der Rolle des Wassersals Lösungsmittel, das in Computers<strong>im</strong>ulationenschrittweise hinzugefügt wird.• Die Dynamik der untersuchten Moleküle wird numerischs<strong>im</strong>uliert, wobei die auftretenden Kräftein jedem Zeitschritt durch eine Berechnung derElektronendichte ermittelt werden. Die entsprechendenAlgorithmen profitieren von der massivparallelen Architektur der <strong>HLRN</strong>-Computer.In der Säure-Base-Chemie werden Protonen zwischeneiner Säure (Protonendonor) und einer Base(Protonenakzeptor) übertragen, wobei die entstehendenIonen in der Regel durch die Wechselwirkungmit einem polaren Lösungsmittel stabilisiertwerden. Einen interessanten Spezialfall stelltWasser dar, das sowohl als Säure als auch alsBase agieren kann, wobei spontan Hydroxyl- undHydronium-Ionen entstehen können. Durch dasHüpfen von Protonen entlang benachbarter Molekülekönnen Ladungen auch über Entfernungenauf der Nanometerskala in sogenannten Wasserbrückenoder ”Wasserdrähten“ transportiert werden[1].Neben der großen Bedeutung des Protonentransfersin wissenschaftlich-technischen Bereichenwie z. B. der Konversion von Sonnenenergiesowie der Energieumwandlung in Brennstoffzellenspielt dieser Reaktionsmechanismus vor allem inder Biochemie eine wesentliche Rolle. Die Struktur,und damit letztlich auch die Funktion, von Proteinenwird durch eine Vielzahl verschiedener intraundintermolekularer Wechselwirkungen best<strong>im</strong>mt.Diese hängen entscheidend vom Protonierungszustandeines Proteins ab. Dem Protonentransfer(PT) kommt dabei in zwei Zusammenhängen einewichtige Bedeutung zu. (1) Zwischen den Endenvon Proteinketten werden Protonen übertragen.Dadurch liegen Proteine in wässriger Lösung typischerweiseals Zwitter-Ionen vor, d. h. mit kationischenAmino- und anionischen Carboxyl-Enden.(2) Bei Vorliegen geeigneter Seitenketten könnenebenfalls Protonen übertragen werden, z. B. zwischeneinem sauren Glutamin- und einem basischenLysin-Residuum. Nähern sich diese auf wenigerals 400 pm an, spricht man von einer Salzbrücke.Ziel des Projektes ist es, die Mechanismen desPTs auf molekularer Ebene zu verstehen, wobeiwir uns zunächst auf Aminosäuren und kleinerePeptidketten beschränken müssen. BesonderesAugenmerk gilt dabei der Rolle des Wassers. Obwohldie weitaus meisten biologischen Prozesse inwässriger Lösung auftreten, beginnen unsere Untersuchungenbei isolierten Aminosäuren und Peptiden,um so die intra- von den intermolekularenProzessen trennen zu können. Anschließend werdenin unseren S<strong>im</strong>ulationen nach und nach einzelneWassermoleküle hinzugefügt, um so den Einflussdes Lösungsmittels kontrolliert zu untersuchen.So können Fragen beantwortet werden, diein Exper<strong>im</strong>enten gar nicht oder nur sehr schwerzugänglich sind, wie z. B.: Wieviele Wassermolekülesind erforderlich, um Aminosäuren oderPeptide von ihrer neutralen in ihre zwitterionischeForm zu überführen? Was passiert mit einer Salzbrücke,wenn Wassermoleküle hinzugefügt werden?Wie ist der Einfluss der Protonierung und der(Mikro-)Solvatisierung auf die Sekundärstruktur einesPeptides? Darüber hinaus ist es interessant,diese Prozesse in ihrer Zeitabhängigkeit zu s<strong>im</strong>ulieren,um so auch die Zeitskalen der untersuchtenProzesse studieren zu können. Wesentliche Fragensind z. B.: Wie schnell können Protonen vonTermini bzw. von geeigneten Seitenketten abgelöstbzw. an diese angelagert werden? Auf welcherZeitskala werden Protonen zwischen Protein undWasser übergeben, und wie schnell ist der Transportvon Protonen entlang von Wasserbrücken?Bei den weitaus meisten Computers<strong>im</strong>ulationenzur Struktur und Dynamik von Peptiden und Proteinenwerden (semi-)empirische Modelle zur Berechnungvon Energien und Kräften zwischen denAtomen angewandt. Neben Einschränkungen inder Genauigkeit und Übertragbarkeit solcher Modellebesteht die wesentliche Einschränkung darin,dass das Brechen und Bilden chemischer Bindungenin vielen Fällen nicht beschrieben wird.Daher wenden wir für die Untersuchung vonPT-Reaktionen Verfahren an, bei denen in je-Chemie


7Abbildung 1: Schnappschuss einer ”ab-initio“-Molekulardynamiks<strong>im</strong>ulation der Rekombinationsreaktion eines Protonsund eines Elektrons in einem Wassercluster, aus [4]dem Zeitschritt der S<strong>im</strong>ulationen die Energienbzw. Kräfte aus der Elektronenstruktur berechnetwerden. Solche Ansätze werden als ”ab-initio“-Molekulardynamik (AIMD)-Verfahren bezeichnet,weil sie ohne Modellannahmen die Schrödinger-Gleichung (für die Wellenfunktion) oder die Kohn-Sham-Gleichung (für die Dichte) der Elektronenlösen. Diese Ansätze haben sich in den letzten25 Jahren, bedingt durch die Weiterentwicklungder Theorie und der Computer-Hardware, in weitenBereichen der computergestützten Physik undChemie etabliert und können heute auch zur S<strong>im</strong>ulationmittlerer bis großer molekularer Systemeeingesetzt werden. Das an der Universität Zürichentwickelten Programmpaket CP2K <strong>im</strong>plementierdie AIMD algorithmisch sehr effizient und profitiertvon der massiv-parallelen Architektur der <strong>HLRN</strong>-Computer.Erste Ergebnisse unserer AIMD-S<strong>im</strong>ulationenvon Elektronen und Protonen in Wasserclustern(aus einem vorhergehenden <strong>HLRN</strong>-Großprojekt)zeigen das Potenzial dieser Methoden und stelleneinen wichtigen Zwischenschritt dar: So konntein unserer Arbeit [2] die Struktur von solvatisiertenElektronen untersucht und zur Interpretationexper<strong>im</strong>enteller Spektren heran gezogenwerden. Weiterhin wurde die Dynamik derElektron-Lokalisierung und der zugehörigen Re-Orientierung des umgebenden Wassers auch alsFunktion der Temperatur untersucht [3]. In eineranderen Untersuchung [4] konnten wir zeigen, wiedie Dynamik der einfachsten Rekombinationsreaktioneines Protons mit einem Elektron von der(Mikro-)Solvatation in Wasser beeinflussst wird.Mehr zum Thema1. Marx, D.; Tuckerman, M. E.; Hutter, J.; Parrinello,M., 1999: The Nature of the Hydrated ExcessProton in Water. Nature, 397, 601-604.doi:10.1038/175792. Frigato, T.; Van de Vondele, J. ; Schmidt, B.;Schütte, Ch. Jungwirth, P., 2008: Ab Initio MolecularDynamics S<strong>im</strong>ulation of a Medium-SizedWater Cluster Anion. J. Phys. Chem. A, 112,6125-6133. doi:10.1021/jp711545s3. Marsalek, O.; Uhlig, F.; Frigato, T.; Schmidt,B.; Jungwirth, P., 2010: Dynamics of ElectronLocalization in Warm vs. Cold WaterClusters. Phys. Rev. Lett., 105, 043002.doi:10.1103/PhysRevLett.105.0430024. Marsalek, O.; VandeVondele, J.; Bradforth, S.E.; Frigato, T.; Schmidt, B.; Schütte, Ch.; Jungwirth,P., 2010: Hydrogen Forms in Water byProton Transfer to a Distorted Electron. J. Phys.Chem. B, 114, 915-920. doi:10.1021/jp908986zFörderungCenter for Scientific S<strong>im</strong>ulation (Exzellenzprogrammder FU Berlin)Chemie


8Theory can explain and design materials with specific properties.Periodic density functional theory calculations of methanol and vanadium oxideaggregates cerium oxide: geometrical electronic structures, vibrational properties,reactivityC. Popa, Institut für Chemie, Humboldt Universitätzu BerlinAbstract• First-principles spin-polarized DFT + U calculationswill be performed for the investigation ofthe structure, electronic and vibrational propertiesand the reactivity of vanadia and methanolon ceria model catalysts.• First the thermodynamically stable monomericand aggregated vanadia species are identified.Then the coadsorption of methanol and dissociatedmethanol with vanadia on ceria surfaces areconsidered. Further on the possible min<strong>im</strong>umenergy paths for the oxidation in the presence ofvanadia species of methanol to formaldehyde areinvestigated.• The role of the ceria support and of the vanadiastructures is a key aspect of the enhancedactivity observed for ceria supported vanadia incertain oxidation reactions. The reaction energies,as well as the determination of the electronic,thermodynamic and vibrational propertiesare studied.Understanding of the structure and properties of asystem at atomic level has a big <strong>im</strong>pact in manyscientific and technological fields such as physics,chemistry, catalysis, medicine, microelectronics,astronomy. Theoretical approach of the designedmodels must embrace part of the complexity of thereal system.The production of most <strong>im</strong>portant substances involvescatalysts, which change the rate of a reaction.The general goal is to discover alternative reactionpathways to the reaction product with loweractivation energy than the reaction route not mediatedby the catalyst.Supported vanadium oxide catalysts have beenstudied quite extensively because of their high activityfor selective oxidation reactions. The natureof the support has a key influence on the physicochemicaland catalytic properties of the supportedvanadium oxide.Vanadia supported on ceria shows a remarkablyhigh activity as compared to silica- and aluminasupportedcatalysts. Notwithstanding the wellknownpromoting effect of ceria in oxidation catalysis,which is typically attributed to its ability to store,release, and transport oxygen ions, the origin ofthe support effect on the activity of vanadia/ceriacatalysts has remained a topic of continuous investigations.The study of well-defined model systems of increasingcomplexity, both exper<strong>im</strong>entally and theoretically,is of <strong>im</strong>portance for analyzing the supporteffect on the structure and properties of vanadia/ceriasystems. Statistical thermodynamics canaccount for the effect of oxygen partial pressureat a given temperature (or temperature at a givenpressure) on the stability of the supported adspecies.Using the previous allocated <strong>HLRN</strong> computert<strong>im</strong>e, through a successful combination of densityfunctional theory (DFT) calculations performedhere and exper<strong>im</strong>ental techniques conductedin Fritz-Haber Institute, Berlin, the formationof monomeric O=V 5+ O 3 species on theCeO 2 (111) surface at low vanadia loadings isdemonstrated [1]. For the first t<strong>im</strong>e, a direct relationshipbetween the nuclearity of vanadia species(monomeric vs. polymeric) and their vibrationalproperties is shown. Ceria stabilizes the vanadium+5 oxidation state, leading to partially reduced ceriaupon vanadium deposition. The results indicatethat ceria surfaces stabilize small vanadia species,such as monomers and tr<strong>im</strong>ers, that sinter into twod<strong>im</strong>ensional,monolayer islands.Recently the support effect on the oxidative dehydrogenationactivity for vanadia/ceria systemsfor the oxidation of methanol to formaldehyde usingwell-defined VO n /CeO 2 (111) model catalysts wasexamined [2]. Density functional theory is appliedand the energies of hydrogenation and oxygen vacancyformation also predict an enhanced reactivityof the vanadia/ceria system. At the origin of thissupport effect is the ability of ceria to stabilize reducedstates by accommodating electrons in localizedf-states.In this stage of the project, the focus is on understandingthe support effect on the ODH activityfor vanadia/ceria catalysts. A well-definedVO n /CeO 2 (111) model system is employed, forwhich the atomic surface structure has been determined[1] and the selective oxidation of methanol toformaldehyde as a prototype ODH reaction is studied.The energies for hydrogenation and oxygenvacancy formation are used as descriptors for ODHreactions. Upon H transfer from methanol (as uponother reduction reactions such as O defect forma-Chemie


9Figure 1: Ceria supported VO and CH 3 OH.tion), monomeric vanadia species remain in the +5oxidation state, whereas Ce ions are reduced fromCe(f0) 4+ to Ce(f1) 3+ . Reduction of the ceria supportis the key factor determining the superior activityof ceria supported vanadia catalysts. The resultsobtained from DFT+U and hybrid approaches(HSE) show that both these methods are suitable,with the former being computationally less costly.To this end, in this project the structure, electronicand vibrational properties and the reactivityof VO n /CeO 2 (111) model catalysts by meansof DFT+U and hybrid functionals calculations weresuccessfully investigated [3]. Under an oxygenambient pressure at a given temperature thermodynamicallystable monomeric and polymeric adspeciesare identified.The normal vibrational modes for the VO n adspeciesand their IR activity are described. The reactivityof these systems using reactivity descriptors,the oxygen defect formation and the hydrogenationreaction energies are evaluated. Furtheron the oxidation of methanol to formaldehyde, examiningthe role of the ceria support and the roleof the VO n structures, is investigated.The first-principles spin-polarized calculationsare performed using density functional theory withdifferent exchange-correlation energy functionals,such as PBE corrected by the Hubbard parameterU (PBE+U) and the hybrid functional HSE. Weemploy the Vienna Ab-Initio S<strong>im</strong>ulation Package(VASP) [4], which is one of the most efficient <strong>im</strong>plementationsof the plane-wave based methodsused for periodic solid state systems, especially forthose containing d and f electrons.More Information1. M. Baron, H. Abbott, O. Bondarchuk, D. Stacchiola,A. Uhl, S. Shaikhutdinov, H.-J. Freund,C. Popa, M. V. Ganduglia-Pirovano, J. Sauer,’Resolving the Atomic Structure of VanadiaMonolayer Catalysts: Monomers, Tr<strong>im</strong>ers andOligomers on Ceria’, Angew. Chem. Int. Ed.,48, 1, 20092. M. V. Ganduglia-Pirovano, C. Popa, J. Sauer, H.Abbott, A. Uhl, M. Baron, D. Stacchiola, O. Bondarchuk,S. Shaikhutdinov, H.-J. Freund, ’TheRole of Ceria in Oxidative Dehydrogenation onSupported Vanadia Catalysts’, J. Am. Chem.Soc., 132, 2345, 20103. C. Popa, M. V. Ganduglia-Pirovano, J. Sauer,’Periodic density functional theory study of VO nadsorbed on CeO 2 (111) surfaces’, J. Phys.Chem. C, <strong>2011</strong>, accepted4. http://cms.mpi.univie.ac.at/vaspFundingDFG Collaborative Research Centre 546”Struktur, Dynamik und Reaktivität vonÜbergangsmetalloxid-Aggregaten”Chemie


10Die gehe<strong>im</strong>nisvollen Bewegungen der EnzymeMoleküldynamiks<strong>im</strong>ulation an licht- und spannungsabhängigen EnzymenM.A. Mroginski, S. Kaminski, T. Utesch, Institutfür Chemie, Max-Volmer-Laboratorium, TechnischeUniversität BerlinKurzgefasst• Biomoleküle wie Enzyme sind keine starrenKörper, sie stehen unter ständiger Bewegung.• Die Aktivierung bzw. Deaktivierung von Enzymenerfolgt über strukturelle Änderungen,die durch große Reorientierungen von Proteindomänenoder durch geringe konformationelleÄnderungen an aktiven Zentren erfolgen können.• Zum Verständnis dieser exper<strong>im</strong>entell nuräußerst schwierig zugänglichen Konformationsänderungensind rechenintensiveMolekulardynamik- (MD) und steered Molekulardynamiks<strong>im</strong>ulationen(SMD) ein adäquatesWerkzeug.• Einen detaillierter Einblick in wichtige Enzymregionen,wie beispielsweise aktive Zentren, bietensogenannte QM/MM Rechnungen, die eineKombination aus MD und quantenmechanischen(QM) S<strong>im</strong>ulationen darstellen.Das Verständnis der Funktionsweise von Enzymenund deren katalytische Eigenschaften sind invielen <strong>Forschung</strong>sfeldern, wie z. B. <strong>im</strong> medizinischenBereich oder bei der Entwicklung von alternativenEnergiequellen, von fundamentaler Bedeutung.Dazu sind neben exper<strong>im</strong>entell best<strong>im</strong>mtendreid<strong>im</strong>ensionalen Strukturen auch rechenaufwendigeS<strong>im</strong>ulationen von großem Interesse, da strukturelleFluktuationen von Enzymen auf atomarerEbene exper<strong>im</strong>entell nur extrem schwierig gewonnenwerden können, aber einen wichtigen Teil zumVerständnis der Funktionsweise beitragen.Molekulardynamik-(MD)-S<strong>im</strong>ulationen unter Verwendungvon vielen parallel genutzten CPUs bietendie Möglichkeit, Biomolekülen und deren Konformationsänderungen,die große Auswirkungenauf die Funktion des Enzyms mit sich führenkönnen, auf einer Nanosekunden-Skala zu beschreiben.Längere S<strong>im</strong>ulationen sind unter heutigenRechenleistungen nur sehr selten umsetzbar,da die behandelten Systeme von Enzymenin Lösungsmittel Wechselwirkungen von mehrerenhunderttausend Atomen beschreiben, die proZeitschritt von wenigen Femtosekunden berechnetwerden müssen. Um Vorgänge auf längeren Zeitskalenrealisieren zu können, werden steered Molekulardynamik(SMD) Berechnungen durchgeführt,in denen große Molekülbewegungen mit Hilfe vonexternen Kräften beschleunigt werden.Eine Kombination aus SMD- und MD-S<strong>im</strong>ulationen wurde erfolgreich für die Sulfitoxidase(SO) höherer Vertebraten angewandt. Sulfitoxidasensind wichtige Bestandteile des Metabolismus’schwefelhaltiger Aminosäuren und Defektean ihnen spiegeln sich häufig in schwerwiegendenBehinderungen und Erkrankungen wieder.Während der Umwandlung von Sulfit zu Sulfat werdenElektronen vom aktiven Zentrum, dem Ort derKatalyse, zu der Cytochrom-b5-Untereinheit transportiert.Da einerseits der Abstand zwischen denbeiden Redoxzentren in der kristallographischenStruktur sehr groß ist und andererseits andere Arbeitsgruppenexper<strong>im</strong>entell sehr hohe Elektronentransferratenzwischen den Redoxzentren messenkonnten, wurde vermutet, dass es zu einer erheblichenReorientierung innerhalb der SO währendder Katalyse kommen muss. Durch SMD-und MD-S<strong>im</strong>ulationen wurde diese Bewegung s<strong>im</strong>uliert undes konnte eine stabile Konformation des aktiviertenZustands gewonnen werden, in der Elektronentransferraten<strong>im</strong> Einklang mit exper<strong>im</strong>entellenDaten berechnet werden konnten [1]. Des Weiterensoll zukünftig der Einfluss von Oberflächen, andenen die SO <strong>im</strong>mobilisiert werden soll, untersuchtwerden, was rechenintensive S<strong>im</strong>ulationen, bestehendaus Adsorptions- und Equilibrierungsphase,voraussetzt, wie sie das <strong>HLRN</strong> ermöglicht.Ein Projekt, bei dem neben MD-S<strong>im</strong>ulationengezielt quantenmechanische Rechnungen zumEinsatz kommen, befasst sich mit Phytochromen,deren Kofaktoren durch Wechselwirkungen mitLicht in unterschiedlichen Konfigurationen vorliegenkönnen. Hier wird keine große Reorientierunginnerhalb des Enzyms wie bei der SO vermutet,sondern das Augenmerk auf Änderungendes Kofaktors gelenkt. Dabei wurde das Gesamtsystemmit MD-S<strong>im</strong>ulationen dargestellt und inbest<strong>im</strong>mten Zeitintervallen Schnappschüsse desKofaktors und dessen Umgebung extrahiert, vondenen mit Hilfe von QM-Rechnungen Spektrenberechnet wurden. Dadurch konnte gezeigt werden,dass die Ladungsverteilung der Kofaktorumgebungeinen starken Einfluss auf die Spektren hatund best<strong>im</strong>mte Konfigurationen weitaus günstigersind als andere [2]. Außerdem zeigten lange MD-S<strong>im</strong>ulationen von 45 ns, dass zwei unterschiedlichestabile Konfigurationen für den Kofaktor vorliegen[3].An [NiFe]-Hydrogenasen (H 2 asen), die Wasserstoffreversibel in Protonen und Elektronen spal-Chemie


11AB~32 Å~16 ÅAbbildung 1: Darstellung des Sulfitoxidasemonomers <strong>im</strong> inaktivierten (A Kristallstruktur: 1SOX) und in dem aktiviertenZustand (B). Der Abstand zwischen den Metallen der beiden Redoxzentren, die als KugelundStrichmodell dargestellt sind, verringert sich durch die Domänenbewegung von 32 auf 19 Å. DieDomänen sind in türkis (Hauptdomäne) und gelb (Cytochrom b5) dargestellt und werden durch denrot markierten, sehr flexiblen Strang verbunden, durch den die große Konformationsänderung derCytochrom-Einheit ermöglicht wird, wobei die Hauptdomäne nur geringe strukturelle Fluktuationendurchläuft.ten können und besonderes Interesse als alternativeEnergiequelle einnehmen, sollen sowohl Adsorptionsvorgängean modifizierten Oberflächenals auch Infrarotspektren berechnet werden. DieAdsorption von H 2 asen ist von großem Interesse,da die Immobilisierung an Oberflächen sowohldie Stabilität des Enzyms als auch möglicheReaktionen mit Interaktionspartnern stark beeinflussenkann, was zu einer Inhibition der Katalyseführen könnte. Ein weiterer wichtiger Punkt istdie unterschiedliche Sauerstofftoleranz von [NiFe]-H 2 asen. Der Kontakt der H 2 asen mit O 2 führtin einigen Spezies zu einer sofortigen Inaktivierungund in anderen zu weitaus geringeren Beeinträchtigungenin der Aktivität. Gründe für diesesPhänomen sind bisher nur teilweise erforscht,aber extrem wichtig für den industriellen Einsatz.Deshalb ist hier ein QM/MM-Ansatz zur Analysevon Mutationen ein vielversprechendes Werkzeug,um Auswirkungen auf die Konfiguration des katalytischenZentrums zu erhalten.Mehr zum Thema1. T. Utesch and M.A. Mroginski: Three-D<strong>im</strong>ensional Structural Model of Chicken LiverSulfite Oxidase in its Activated Form, J. Phys.Chem. Lett., 1(23), 2159-2164, 20102. M.A. Mroginski et al.: Chromophore Structureof Cyanobacterial Phytochrome Cph1 in the PrState: Reconciling Structural and and SpectroscopicData by QM/MM Calculations, Biophys.Journal, 96, 4153-4163, 20093. S. Kaminski, G. Daminelli and M.A. Mroginski:Molecular Dynamics S<strong>im</strong>ulations of theChromophore Binding Site of Deinococcus radioduransBacteriophytochrome Using New ForceField Parameters for the PhytochromobilinChromophore, J. Phys. Chem. B, 113, 945-958,2009FörderungDFG-Exzellenzcluster ’UniCat’, DFG-Sonderforschungsbereich498Chemie


12Pack den Wasserstoff in den TankQuanteneffekte in Lithium-basierten Wasserstoffspeicher-MaterialienD. Sebastiani, Institut für theoretische Physik,Freie Universität BerlinKurzgefasst• Auf der Suche nach alternativen Energieträgernstellt Wasserstoff eine attraktive Möglichkeit da.• Eines der Hauptprobleme bei Wasserstoff istdessen Speicherung.• Metallhydridspeicher sind eine vielversprechendeMöglichkeit. Allerdings gibt es noch ungelöstetechnische Probleme.• Durch quantenmechanische S<strong>im</strong>ulationen solldas grundlegende Verständnis für die Vorgängein diesen Materialien verbessert werden.• Wir vermuten, dass Quanten-Delokalisierung derProtonen eine wichtige Rolle spielt.• Um dies zu s<strong>im</strong>ulieren verwenden wir die moderneMethode der Feynman-Pfadintegrale, was nurdurch den gleichzeitigen Einsatz mehrerer hundertCPU-Kerne möglicht ist.Die Kl<strong>im</strong>aerwärmung sowie die Verknappung fossilerBrennstoffe haben zur Suche nach AlternativenEnergieträgern geführt. Eine attraktive Möglichkeitstellt dabei Wasserstoff dar. Eines der Hauptproblemeder sogenannten Wasserstoffwirtschaft istallerdings die Speicherung von Wasserstoffgas.Die herkömmlichen Verfahren zur Speicherung vonGasen in Druckbehältern gestalteten sich bei Wasserstoffschwierig. Aufgrund seiner geringen Teilchendichtelassen sich nur niedrige volumenbezogeneEnergiedichten erreichen. Dies bedeutet,dass ein extrem hoher Druck aufgewendet werdenmüsste. Dies führt aber wiederum auf weitere technischeProbleme.Ein vielversprechender Alternativansatz istdurch die Metallhydridspeicher gegeben. Dabeiwird der Wasserstoff in den Lücken eines Metallgitterseingelagert und durch Erwärmung desSpeichers wieder abgegeben. Eine sehr attraktiveMaterialklasse sind die besonders leichten Amideund Imide von Alkal<strong>im</strong>etallen. Diese Materialiensind in der Lage, Wasserstoff aufzunehmen undwieder abzugeben. Dieser Vorgang ist über Temperaturund Druck kontrollierbar. Die Speicherunggeschieht reversibel mittels folgender chemischerReaktion:Li 2 NH + H 2⇀↽ LiNH 2 + LiHIn diesem Material erreicht man über diese Reaktioneine sehr hohe Speicherdichte von 10% wt.(Gewichtsprozent), siehe [1].Leider existieren bei diesen Wasserstoffspeichern<strong>im</strong>mer noch technische Probleme bei derFreigabereaktion. Um diese Schwierigkeiten zubewältigen, wurden bereits viele S<strong>im</strong>ulationen undexper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen unternommen.Trotzt dieser Anstrengungen sind selbst einfacheFragen wie zum Beispiel nach der statischenStruktur des Materials noch nicht abschließend geklärt.Basierend auf unserer bisherigen <strong>Forschung</strong>vermuten wir, dass die Protonen bei Li 2 NH delokalisieren.Delokalisierung ist ein Quanteneffekt undbedeutet anschaulich, dass sich ein Teilchen anmehreren Orten gleichzeitig aufhält. Diese Quanteneffektekönnen insbesondere auch die Diffusionsprozessevon Wasserstoffatomen durch denKristall erheblich beeinflussen. Diese Diffusion istunbedingt erforderlich, damit die zu speicherndenH 2 -Gasmoleküle ihre Zielorte erreichen, an denendie Speicherreaktion stattfindet. Das Ziel unseresProjekts ist es daher, insbesondere die dynamischenEigenschaften der Protonen in Li 2 NH besserzu verstehen.Mathematisch werden quantenmechanischeSysteme durch eine Wellenfunktion beschrieben.Die Wellenfunktion erhält man durch Lösen derSchrödingergleichung. Allerdings wächst der Aufwandfür das Lösen der Schrödingergleichung exponentiellmit der Anzahl der Teilchen <strong>im</strong> System.Daher sind eine Reihe von Nährungen notwendig,um eine numerische Lösung mit vertretbaremAufwand berechnen zu können.Für unser Projekt verwenden wir dazu das sehreffiziente Elektronenstrukturprogramm CPMD. Einewichtige Näherung bei Elektronenstrukturprogrammenist es, die Kerne nur als klassische Teilchenzu s<strong>im</strong>ulieren. Da wir aber eine Quantendelokalisierungder Protonen vermuten, bedienenwir uns außerdem der Methode der Feynman-Pfadintegrale. Diese Methode ermöglicht uns, nebenden Elektronen auch die Protonen als quantenmechanischeObjekte zu s<strong>im</strong>ulieren. Trotz derverwendeten Nährungen und ausgefeilten Algorithmenbleiben diese Rechnungen sehr aufwendigund erfordern daher den gleichzeitigen Einsatzmehrerer hundert CPU-Kerne.In unseren bisherigen Untersuchungen habenwir uns auf die statische Struktur von Li 2 NH konzentriert[2] [3]. Abbildung 1 zeigt die berechnetenAufenthaltswahrscheinlichkeiten für die Atomkerne.Insbesondere Lithiumatome erscheinen mobilerund ungeordneter als Röntgenexper<strong>im</strong>ente vermutenließen. Dieses Ergebnis ist konsistent mitChemie


13Abbildung 1: Mittels Pfadintegralen berechnete Aufenthaltswahrscheinlichkeit einzelner Atome <strong>im</strong> Li 2 NH Kristall.(blau: Stickstoff, grün: Lithium, grau: Wasserstoff)der exper<strong>im</strong>entell beobachteten hohen Diffusionskonstante.Desweiteren ist erkennbar, dass die Orientierungder NH-Bindung relativ zum Stickstoff-Gitter 30 Grad beträgt und um die NN-Achsepräzessiert. Die zudem aus den S<strong>im</strong>ulationen abgeleitetenNMR-Parameter passen ebenfalls sehrgut zu exper<strong>im</strong>entellen Messungen. Dies alles illustriertdie ungewöhliche chemische Umgebungdes Wasserstoffatoms in diesem System. Gleichzeitigwird die Notwendigkeit für die rechenintensivenquantenmechanischen S<strong>im</strong>ulation klar.Zur Zeit gehen wir mit unseren S<strong>im</strong>ulationennoch grundlegenden Fragestellungen nach.Auch müssen die verwendeten S<strong>im</strong>ulationsmethodennoch weiter erprobt werden. Trotzdem sindwir zuversichtlich, durch unsere <strong>Forschung</strong> zumVerständnis von Li 2 NH und zur Lösung technischerProblem der Wasserstoffspeicherung beizutragen.Mehr zum Thema1. W. I. F. David et al., J. Am. Chem. Soc.129, 1594 (2007). A Mechanism for Nonstoichiometryin the Lithium Amide/Lithium ImideHydrogen Storage Reaction.2. G. A. Ludueña and D. Sebastiani, J. Phys.Chem. Lett., DOI: 10.1021/jz1012388 (2010).Possibility of Coherent Delocalized NuclearQuantum States of Protons in Li 2 NH3. G.A. Ludueña, M. Wegner, L. Bjaalie and D.Sebastiani: Local disorder in hydrogen storagecompounds – the case of lithium amide/<strong>im</strong>ideChemPhysChem 11, 2353-2360 (2010)FörderungFreie Universität BerlinChemie


14Oberflächen von NanokristallitenTheoretische Untersuchung von MgF 2 -OberflächenC. Müller, B. Paulus, Institut für Chemie und Biochemie,Freie Universität BerlinKurzgefasst• MgF 2 -Nanopartikel spielen eine wichtige Rolleals Katalysatoren in modernen Synthesemethoden.• Ihre katalytischen Eigenschaften hängen ganzwesentlich mit ihrer Struktur zusammen.• Die Struktur wiederum wird durch Bedingungenbei der Herstellung der Nanopartikel beeinflusst.• Mit quantenchemischen Methoden lässt sich derZusammenhang zwischen Reaktionsbedingungenund Struktur aufklären.• Opt<strong>im</strong>ale Synthesebedingungen sind vorhersagbar.Magnesiumfluorid (MgF 2 ) zeigt besondere Eigenschaften,die es für verschiedene technische Anwendungeninteressant machen. Als sehr dünneSchicht aufgetragen, eignet es sich zur Entspiegelungvon optischen Linsen wie Brillengläsernoder Linsen in Kameraobjektiven und Ferngläsern.Im Gemisch mit Magnesiumoxid (MgO) oder anderenMetallfluoriden katalysiert es eine Vielzahlchemischer Reaktionen, indem es sie beschleunigt,ihre Ausbeute erhöht oder den Ausgang derReaktion so beeinflusst, dass hauptsächlich eineganz best<strong>im</strong>mte Verbindung gebildet wird. So wurdenMgF 2 -Katalysatoren in der Vergangenheit zumBeispiel für die Synthese von α-Tocopherol (VitaminE) eingesetzt.Für jede dieser Anwendungen muss das Magnesiumfluoridauf eine andere Art und Weisehergestellt werden. Eine neue Art der Herstellungist die so genannte sol-gel-Synthese. Hierbeiwird zunächst eine andere Magnesiumverbindungin einer Alkohollösung gelöst und mit Flusssäure(HF) versetzt. So entstehen zunächst sehr kleineMagnesiumfluoridteilchen (Nanopartikel), die inder Alkohollösung weiter wachsen zu Mikrokristalliten(diese Lösung wird auch Sole genannt), undsich schließlich miteinander zu mehr oder wenigergeordneten Netzwerken zusammenschließen(Gel). Wird nun der Alkohol unter hohem Druckund hoher Temperatur verdampft, bleibt das Netzwerkder Magnesiumfluoridteilchen erhalten, undes bildet sich ein hochporöser Festkörper mit einersehr großen Oberfläche ähnlich einem Schwamm.Wichtig für die spätere Katalyse ist, wie genau sichdie Alkohollösung zusammensetzt, und insbesonderewieviel Wasser sie enthält. Sind Spuren vonWasser enthalten, so bilden sich auf den Oberflächenin den Poren den “Schwamms” Hydroxidgruppen(OH − ), die für die Verwendung von MgF 2als Katalysator wichtig sind [1].In unserem Projekt wollen wir untersuchen,wie die Magnesiumfluoridteilchen genau aussehen,aus denen sich hochporöses MgF 2 zusammensetzt.Dazu kombinieren wir eine sehr alte Methode,die sogenannte Wulff-Konstruktion [2], benanntnach dem russischen Kristallographen GeorgeYuri Victorovich Wulff (1863-1925) mit Methodender Statistischen Thermodynamik die erstseit Ende der 90er Jahre zur Aufklärung von Oberflächenstrukturenunter realen Bedingungen verwendetwird. Mit Hilfe der Wulff-Konstruktion lässtsich die Struktur von Kristallen anhand der Oberflächenenergienfür verschiedene Oberflächen <strong>im</strong>Kristall s<strong>im</strong>ulieren. Je nachdem wie man einenKristall zerschneidet, werden einmal mehr einmalweniger Bindungen zwischen Atomen getrennt.Dadurch kann die Arbeit, die zur Schaffung einerOberfläche nötig ist, unterschiedlich hoch sein. Jehöher diese Arbeit ist, umso weniger stabil ist dieentsprechende Oberfläche. Im Bestreben, dieseinstabilen Oberflächen zu vermeiden, wird ein Kristalleine Form wählen, in der diese Oberflächen nurzu einem kleinen Teil vorkommen, und genau dieseenergetisch niedrigste Struktur erhält man auchals Ergebnis der Wulff-Konstruktion.Oberflächenenergien können schon seit langemtheoretisch berechnet werden. Dazu sindpro Oberfläche nur zwei Rechnungen nötig, einefür eine 2-d<strong>im</strong>ensionale Oberfläche und eine füreinen 3-d<strong>im</strong>ensionalen Kristall. Selbst bei schlechterÜbereinst<strong>im</strong>mung der absoluten Energien mitden tatsächlichen Werten kann der relative Wertder Oberflächenenergien sehr genau erhalten werden.Neu ist der Ansatz, Bedingungen bei der Herstellungder Mikrokristallite mit in die Berechnungder Oberflächenenergien einzubeziehen. In unseremFall ist von Interesse, wie sich unterschiedlicheKonzentrationen von Wasser und Flusssäure(HF) auf die Stabilität einzelner Oberflächen auswirken.Von einer Untersuchung mit Aluminiumfluorid(AlF 3 ) ist bekannt, dass bei hohen Konzentrationenvon HF zusätzliche Fluoratome aufder Oberfläche gebunden sind, während bei hohenKonzentrationen von Wasser Fluoratome aufder Oberfläche durch Hydroxidgruppen (OH − ) ersetztwerden [3]. Dies führt dazu, dass sich erstensdie relative Stabilität der unterschiedlichen Oberflächenverändert, was wiederum zu anderen For-Chemie


16Molecular Modeling and S<strong>im</strong>ulation in CatalysisRedox-Active MOF-5 Isotypes: Novel Entatic State Catalysts?A. Mavrantonakis, J. Sauer, Institut für Chemie,Humboldt-Universität zu BerlinAbstract• Metal-organic frameworks (MOFs) containingtransition metal ions are of great interest dueto their intriguing 3D topologies, magnetic propertiesand potential applications in gas storage/separationor catalysis.• Activation of molecular oxygen with transitionmetal compounds is of significant <strong>im</strong>portance,because the metal - dioxygen adducts are <strong>im</strong>portantintermediates in oxidation reactions, withoutthe need of using other oxidants. Furthermore,reversible binding of molecular oxygen to transitionmetal centers can be a key point in the separationof O 2 from air for industrial applications.• In the present project, the structural properties ofa cobalt(II) MOF are studied by ab-initio calculations.The Co-MOF (denoted as MFU-1) is composedof tetranuclear Co 4 O cores bridged withbis-pyrazole type ligands.[1] The local conformationof the pyrazole rings around the Co 4 O coreis studied by periodic DFT calculations.• The formation of various cobalt - dioxygen complexeswithin the MFU-1 is also investigated. Theformation energy is compared to the exper<strong>im</strong>entalO 2 adsorption enthalpy. The calculations werecarried out using the PBE functional employingthe VASP program package. Due to the big systemsize (more than 110 atoms in the unit cell),the use of a large number of processors andfaster communication between the processors on<strong>HLRN</strong> was highly required.Metal-organic frameworks (MOFs) consisting oftransition metal ions and organic ligands areof great technological interest due to their intriguing3D topologies, magnetic properties andpotential applications in different areas includinggas storage/separation and catalysis. Recently,a MOF containing cobalt(II) atoms (MFU-1) was synthesized.[1] MFU-1 is showing interestingstructural, catalytical and O 2 adsorptionproperties.[2] It is composed of tetranuclearCo 4 O cores bridged with bis-pyrazole type organicmolecules, which are linked into a 3D periodic network.The activation of molecular oxygen withMFU-1 was also studied, as it is of significant <strong>im</strong>portancefor Green Chemistry applications. It wasreported that activation of molecular oxygen byMFU-1 is succesful by using a co-catalyst, thusserving as electron-transfer mediator. In this way,the use of additional solvent is avoided and theamount of waste is reduced.DFT calculations were performed in order tostudy these properties. The gradient correctedPerdew-Burke-Ernzerhofer functional augmentedwith a semi-empirical correction for the dispersioninteractions following the Gr<strong>im</strong>me scheme(PBE+D), as <strong>im</strong>plemented in the VASP programpackage, was used.[3]The crystal structure of the MFU-1 was solvedin the P43m space group. In this chosen spacegroup, the phenylene moieties of the bridgingpyrazole ligands occupy two alternative (symmetryequivalent) positions with 50% probability each.The crystallographic data showed a large residualelectron density in the void regions of the crystallattice, which can be attributed to the chiral distortionof the {Co 4 O(3,5-d<strong>im</strong>ethyl-pyrazol) 6 } secondarybuilding units. This distortion causes thereduction of the local symmetry of the {Co 4 O(3,5-dmpz) 6 } from T d to T. This local symmetry reductioncan be explained by a non-zero value of theCo-N-N-Co torsion.The calculations show that the conformation ofthe pyrazole rings around the Co 4 O core is flexible.The potential energy surface for the Co-N-N-Co torsion is very flat and several min<strong>im</strong>a, whichdiffer by less than 0.4 kJ/mol, have been locatedby the DFT calculations. Several initial conformationswere tried as input structures, with the correspondingtorsion ranging from 0 to 14 degrees.In these min<strong>im</strong>a, no structure of T d symmetry wasobtained and the dihedral angle varies between 3and 7.2 degrees. This suggests that even at temperaturesaround 100 K, MFU-1 can take variouspossible conformations and the torsion angle cannotbe determined within the range of 3 and 7.2degrees. The flatness of the potential explains theobserved elongation of the thermal ellipsoid in thesingle crystal X-ray structure analysis.A dioxygen molecule can be bound in severalways in a metal complex: by forming one or twobonds with the metal atom, thus creating a superoxoor peroxo species, respectively. A thirdway is the formation of a van der Waals complex,in which no electron pair bond is formed betweenmetal and oxygen. Several initial configurationsand spin states were taken into accountfor the present study of the dioxygen adsorptionon MFU-1. Among them, a van der Waals anda η 2 -Superoxo complex show the largest forma-Chemie


17Figure 1: (A) MFU-1 (the Co and N atoms that define the above mentioned Co-N-N-Co dihedral angle are shown asball and stick model), (B) η 2 -Superoxo and (C) vdW complex of MFU-1 with O 2 . (The adsorbed dioxygenis shown as ball and stick model)tion energy. Their computed adsorption enthalpiesat room temperature from PBE+D are -7.7 and -52.7 kJ/mol respectively, whereas the exper<strong>im</strong>entalvalue is -11.1 kJ/mol. Although the η 2 -Superoxocomplex has the largest adsorption enthalpy, theexper<strong>im</strong>ental observations below 120 ◦ C suggestthat only the van der Waals complex is observed,because no additional peaks due to the superoxocomplex around 1100 cm −1 appear in the IR spectrum.This <strong>im</strong>plies that the formation of the η 2 -superoxo-Co(III) complex is prevented by an energybarrier.The reactions of the dioxygen with the cobaltatoms of the MFU-1 are complicated and createproducts of different spin multiplicity. The reactionscan be either exothermic or endothermic.However, this does not explain how fast theseCo-dioxygen complexes are formed or if they areblocked by a barrier. The height of this point withrespect to the initial state determines how fast theproduct is formed. In order to est<strong>im</strong>ate the crossingpoint between the two surfaces, the method developedby Harvey and co-workers is employed.[4]The min<strong>im</strong>um energy crossing point is calculated44.4 kJ/mol above the reactant. The height of thebarrier at 44.4 kJ/mol provides a possible explanationwhy no superoxo species is formed below120 ◦ C, whereas at elevated temperatures O 2 reactsand starts decomposing MFU-1.More Information1. M. Tonigold, Y. Lu, B. Bredenkotter, B. Rieger,S. Bahnmuller, J. Hitzbleck, G. Langstein andD. Volkmer, Angew. Chem. Int. Ed. 2009, 48,7546-7550.2. M. Tonigold, Y. Lu, A. Mavrandonakis, A. Puls,R. Staudt, V. Hagen, J. Mollmer, J. Sauer and D.Volkmer, Chem. Eur. J. 2010, accepted.3. T. Kerber, M. Sierka and J. Sauer, J. Comput.Chem. 2008, 29, 2088-2097.4. J.N. Harvey, M. Aschi, H. Schwarz and W. Koch,Theor. Chem. Acc. 1998, 99, 95-99.FundingDFG Priority Programme 1362Chemie


18Molecular Modeling and S<strong>im</strong>ulation in CatalysisSelective oxidation of propane by vanadium oxide sites supported on silicaJ.W. Liu, F. Mohamed, J. Sauer, Institut fürChemie, Humboldt-Universität zu BerlinAbstract• Oxidative dehydrogenation (ODH) of propane isa potential solution to produce propene, to feedfaster-increasing demand industrially, while thecoexistence of propane and O 2 leads to undesiredcombustion reactions. It is essential to understandthe underlying mechanisms of the ODHprocess to <strong>im</strong>prove the efficiency of the catalystand to decrease the amount of by-productsCO/CO 2 .• The ODH reactions, modeled with vanadyl andperoxovanadate, are studied using the quantumchemistry program package Turbomole. Subsequently,they are re-examined by meta-dynamics(MTD) s<strong>im</strong>ulations to explore favorable reactionchannels and to discover unexpected paths.With multiple walker <strong>im</strong>plementations in CP2K, itis very efficient to run MTD s<strong>im</strong>ulation on supercomputerssuch as <strong>HLRN</strong>.• The main catalytic cycle of propene oxidation isactivated by vanadyl, reducing vanadium from itsoxidation state V to III. The re-oxidation of V(III)to V(V) generates the main catalyst peroxovanadate,which facilitates the oxidation of propeneto the main product arolein, via the intermediatepropene oxide, with the recovery of V(III).• With the formation of the main product acrolein,the main by-product acetone is also formed,which could decompose to formaldehyde togetherwith aldehyde or acetic acid. The furtheroxidation of formaldehyde could lead to the formationof CO/CO 2 with very lower barrier.With the development of modern chemical industry,the demand for olefins, such as ethylene andpropene, is expected to increase significantly in thenear future. [1] Present main sources of olefins arenot enough to meet the increasing demands. Selectiveoxidation reactions are a potential solution,which functionalize low molecular weight praraffinwith oxidative dehydrogenation (ODH) to produceolefins instead of other more expensive materials.The main challenge for the ODH process is that thecoexistence of ethane/propane and O 2 leads to undesiredcombustion reactions, which will generateby-products CO/CO 2 . It is essential to understandthe underlying mechanisms of the ODH process.However, nowadays we are far away from completeand thorough understanding of the oxidativedehydrogenation mechanisms. In this project wewill uncover the detailed mechanism of selectiveoxidation of propane by vanadium oxide sites supportedon silica, as an extension of previous work.[2] Special attention will be paid to the selectivityproblems by considering steps that lead to CO andCO 2 formation.Vanadyl and peroxovanadate substitutedsilsesquioxane are used to model the reactions.Density functional theory (DFT) with the hybridfunctional B3LYP as <strong>im</strong>plemented in Turbomoleare employed, and triple-ζ plus polarization (TZVP)basis sets are applied on all atoms. Brokensymmetrycalculation are performed for the openshellsinglets. The energies of singlets are obtainedby spin projection from the energies of thebroken-symmetry solution and the triplet solutionfor a given geometric structure. A damped dispersionterm as parametrized sum over atom pairC6 contributions to DFT results, denoted DFT+D,is added to correct the long-range dispersion interactions.All the reactions are re-examined bymeta-dynamics s<strong>im</strong>ulations to explore favorablereaction channels and to discover unexpected reactionpaths.To s<strong>im</strong>plify the sophisticated reaction system,the oxidation of propene is divided into several successivesteps : 1) Activation of propene to producepropyne, allylic alcohol, acrolein, propylaldehyde,propylene and acetone, propene oxide. 2) Furtheroxidation of propene oxide, allylic alcohol, acrolein,propylaldehyde, acrolein 3) Further oxidation of C2species, such as acetic acid and aldehyde. 4) Furtheroxidation of C1 species, such as formaldehyde.From the chemical point of view, propene is constitutedby C-H and C-C bonds, which can be dividedinto four categories: C(SP 3 )-H, C(SP 2 )-H,C=C and C-C bonds. Activation of these bondsby vanadyl and peroxovanadate could generatepropyne, allylic alcohol, propylaldehyde, acetoneand propene oxide, among which the most favorablepath is the formation of propene oxide.And propene oxide could be further oxidized toform arolein, acetone or propylaldehyde. Amongthe complicated reaction systems, a catalytic cycleis mapped out: the ODH reaction is activatedby vanadyl V(V) first by reducing V(V) to V(III),which form propyne, allylic alcohol, acrolein, propylaldehyde,propylene or acetone. Then the reoxidizationof V(III) to V(V) generate the main catalystperoxovanadate, which is so active that it couldChemie


19Figure 1: Reaction mechanisms for the oxidative dehydrogenation of propaneeasily react with propene to produce acrolein viaintermediate propene oxide, meanwhile V(V) is reducedto V(III) to form a catalytic cycle. Calculationsindicate that the bridged oxygen (V-O-Si) isalmost as active as a vanadyl group. The furtheroxidation of acrolein is to form acrylic acid with lowenergy barrier.As the main by-product, acetone could be furtherdecomposed to C2 species (aldehyde or aceticacid) and C1 species (formaldehyde). Formaldehydecould be easily oxidized to CO/CO 2 . The resultsare comparable to the exper<strong>im</strong>ental observation.[3]The further oxidation of allylic alcohol, propylaldehyde,aldehyde and acetic acid are still ongoing,which are shown as dashed lines in Figure 1.More Information1. F. Cavani, N. Ballarini, A. Cericola, Catal. Today2007, 127, 113.2. (a) X. Rozanska and J. Sauer, Inter. J. of QuantumChem. 2008, 108, 2223. (b)X. Rozanska,E. V. Kondratenko and J. Sauer, J. Catal.2008, 256, 84.(c) X. Rozanska, R. Fortrie andJ. Sauer, J. Phys. Chem. C 2007, 111, 6041.3. (a) C. Zhao, I.E. Wachs, J. Catal. 257(2008)181. (b) C. Hess, R. Schlögl et al, Chem.Commun., 2006, 451.FundingDFG Priority Programme 546 (Struktur und Reaktivitätunterschiedlicher Übergangsmetalloxid-Aggregate mit quantenchemischen Methoden)Chemie


20Molecular Modeling and S<strong>im</strong>ulation in CatalysisThe interaction of Au with γ-Al 2 O 3 surfacesG. Feng, M. V. Ganduglia-Pirovano, J. Sauer, Institutfür Chemie, Humboldt-Universität zu BerlinAbstract• Metallic gold has long been regarded as a poorlyactive catalyst. However, as was discovered byHaruta et al., oxide supported gold nano-clustersshow activities for many reactions at low temperatures.It has been reported that Au/aluminahas high activities for CO oxidation, NO reductionwith hydrocarbons on the presence of O 2and H 2 O, and olefins hydrogenation.• The catalytic properties of nano-structured goldcatalyst on alumina, owing to the nano-size effectand the support effect, are not well understoodon the atomic scale.• The studies of well defined model systems ofincreasing complexity, both exper<strong>im</strong>entally andtheoretically, are of <strong>im</strong>portance for analyzing thefactors influencing the reactivity of the activephase. Studies of the adsorption of individual Auatoms on a thin alumina film on NiAl have beenreported in our previous works.• In the present project, we use alumina surfacesto create theoretical models of alumina supportedAu clusters and compare with our previouswork on Cu/alumina. The calculations werecarried out using density functional theory withthe PW91 functional and a supercell approach as<strong>im</strong>plemented in VASP. The typical system size tobe considered within this project contains 80-180atoms. The use of a large number of processorsand faster communication between the processorson <strong>HLRN</strong> is highly required.Metallic gold has long been regarded as a poorlyactive catalyst. However, as was discovered in1987 by Haruta et al., oxide supported Au nanoparticlesshow a surprisingly high catalytic activityfor the oxidation of CO at ambient temperature. Ithas been found that oxide supported gold nanoclustersshow activities for many reactions at lowtemperatures. It has been reported that Au/Al 2 O 3has high activities for CO oxidation, NO reductionwith hydrocarbons on the presence of O 2 and H 2 O,and olefins hydrogenation. The catalytic propertiesof nano-structured gold catalyst on Al 2 O 3 , owingto the nano-size effect and the support effect, arenot well understood. This is particularly due to thelack of knowledge on the complex catalyst structureon the atomic scale.[1] The studies of well definedmodel systems of increasing complexity, bothexper<strong>im</strong>entally and theoretically, are of <strong>im</strong>portancefor analyzing the factors influencing the reactivityof the active phase. Studies of the adsorption ofindividual Au atoms on a thin Al 2 O 3 film on NiAlhave been reported. The exper<strong>im</strong>ental model ofan Al 2 O 3 support is two atomic layers thick andhas been extensively studied. The charged natureof self-assembly Au chains on the alumina thinfilm has been demonstrated based on scanningtunnelling microscopy and spectroscopy combinedwith density functional theory calculations.[2]In the present project, we use γ-Al 2 O 3 surfacesto create theoretical models of Al 2 O 3 supportedAu clusters and compare with our previouswork on Cu/γ-Al 2 O 3 .[3] The objective is to elucidatethe growth mode of Au clusters on the cleanand hydroxylated γ-Al 2 O 3 surfaces. The calculationswere carried out using density functional theorywith the PW91 functional and a supercell approach,with Digne’s γ-Al 2 O 3 surface models.[4]In order to find the most stable adsorption structures,we tried the adsorption of Au clusters on boththe perfect and the reconstructed clean γ-Al 2 O 3surfaces. For the hydroxylated surface, we tried thepure adsorption and the spillover reaction, whichinvolves the Au clusters on the surface insertinginto the surface hydroxyl O-H bonds. Our resultsshow that the adsorption of Au on the perfect surfaceis stronger than on the reconstructed surface.On the hydroxylated surface, the spillover reactionis not as favored as the pure adsorption. In addition,Au n interact with the clean surface strongerthan with the hydroxylated surface. Compared withthe Cu/γ-Al 2 O 3 system, the adsorption of Au n clustersis weaker than that of Cu n on the clean surface,indicating a weaker interaction between Auand the surface. On the hydroxylated surface, Cucan insert into surface O-H bonds and promote hydrogenspillover. In particular, desorption of H 2from Cu 1 and Cu 3 clusters is exoenergetic. However,neither hydrogen spillover nor H 2 desorptionare energetically favorable for Au n clusters.For discussing the growth (Au n−1 + Au → Au n )and aggregation (n Au → Au n ) of Au on the surface,the growth and aggregation energies were definedas: E growth (n/n-1) = E surf (n) - E surf (n-1) - E surf (1)and E agg (n) = E surf (n) + (n-1) E surf (0) - nE surf (1),respectively. E surf (n) and E surf (0) are the total energiesof a γ-Al 2 O 3 surface cell with an Au n and ofthe Au free surface cell, respectively. The largerE growth (n/n-1) and E agg (n) indicates the strongerability of Au n−1 cluster to get one more Au atomChemie


21Figure 1: Local structures for Au 2 and Cu 2 on γ-Al 2 O 3 surfaces, and the growth and aggregation energies for Au nin gas phase and on γ-Al 2 O 3 surfacesfrom the surface, and the n-atom cluster is morestable on the surface.As indicated in the figure, because the 6s1 electroniccharacter of single Au atom, the even-atomclusters have larger growth energy than the oddatomclusters both in gas and on surfaces. It indicatesodd-atom clusters have stronger ability toget one more atom to become even-atom clusters,and Au would prefer to aggregate into even-atomclusters. Au clusters show larger growth energiesin gas phase than on the surface, which indicatesthe interaction of Au with the surface inhibits itsgrowth and aggregation. In addition, the negativegrowth and aggregation energies indicate the 3-d<strong>im</strong>entional growth of Au on γ-Al 2 O 3 surfaces.More Information1. (a) M. Haruta, T. Kobayashi, H. Sano, N. Yamada,Chem. Lett. 1987, 405-408. (b) M.Haruta, CATTECH 2002, 6, 102-115.2. (a) N. Nilius, M. V. Ganduglia-Pirovano, V.Brázdová, M. Kulawik, J. Sauer, H. J. Freund,Phys. Rev. Lett. 2008, 100, 4. (b) R. M.Jaeger, H. Kuhlenbeck, H. J. Freund, M. Wuttig,W. Hoffmann, R. Franchy, H. Ibach, Surf.Sci. 1991, 259, 235-252. (c) M. Bäumer, H.J. Freund, Prog. Surf. Sci. 1999, 61, 127-198. (d) G. Kresse, M. Schmid, E. Napetschnig,M. Shishkin, L. Kohler, P. Varga, Science 2005,308, 1440-1442.3. G. Feng, M. V. Ganduglia-Pirovano, C.-F. Huo,H. Jiao, J. Sauer, J. Phys. Chem. C <strong>2011</strong> Inpreparation.4. (a) J. P. Perdew, J. A. Chevary, S. H. Vosko, K.A. Jackson, M. R. Pederson, D. J. Singh, C. Fiolhais,Phys. Rev. B 1992, 46, 6671-6687. (b)M. Digne, P. Sautet, P. Raybaud, P. Euzen, H.Toulhoat, J. Catal. 2004, 226, 54-68.FundingDFG Cluster of Excellence UNICAT; Gang Fengthanks the International Max Planck ResearchSchool ”Complex Surfaces in Materials Science”and the Chinese Academy of Sciences for a fellowshipwithin the Joint Doctoral Program.Chemie


22How does water arrange around a spin probe?Ab Initio MD study of the solvation structure and EPR spectrum of Fremy’s saltin water-methanol solutionsD. Sebastiani, Institute of Theoretical Physics,Free University BerlinAbstract• What is the difference between a properly workingprotein and a “prion”? We need to understandprotein folding.• S<strong>im</strong>ilar questions like self-assembly, and how enzymaticreactions work, require the same kind ofinvestigation.• These questions can be investigated by meansof spectroscopy. Quantum mechanical s<strong>im</strong>ulationsare extremely helpful in the “correct interpretation”of spectroscopic results.• Electron paramagnetic resonance (EPR) spectroscopyis a highly sensitive spectroscopic techniqueto study the details of such microscopicsystems.• The interpretation of the rich and detailed structureof an EPR spectrum poses serious challenges.• We do ab initio calculations and molecular dynamicss<strong>im</strong>ulations combined with spectroscopy.Such a scheme facilitates the detailed understandingof EPR data.The determination of the detailed microscopicstructure and dynamics of complex systems is stilla challenge for modern physics and chemistry.Specifically, the nature of the interactions of waterwith other species – whether these are s<strong>im</strong>ple ions,small dissolved molecules, or large complicatedproteins and polymers – is crucial for a broad rangeof chemical, biological, and physical processes. Inthe field of biology for instance, biomacromolecularfolding and self-assembly, and enzymatic reactions,i.e. the very basis of life, take place in aqueoussolutions and are strongly affected by the microscopicsurroundings.A variety of exper<strong>im</strong>ental methods are successfullyapplied to investigate the solvation of ions andmolecules, however, precise quantitative resultsare still rare due to severe difficulties in extractingaccurate and unambiguous information from exper<strong>im</strong>entaldata.Electron paramagnetic resonance (EPR) spectroscopyis a well-known method for the examinationof the local structure of paramagneticmolecules (e.g. molecules with an odd numberof electrons). In proteins, such paramagneticmolecules can be naturally present as cofactors(e.g. metal ions), they can also be intermediatesin an enzymatic reaction, or they can be artificiallyattached for the very purpose of probing the system(spin labels). The two observables from anEPR exper<strong>im</strong>ent – the A-tensor and the g-tensor –are well known to be highly sensitive to local environmentalchanges like solvent polarity and fluctuationsin the hydrogen bonding network.[1] In contrastto nuclear magnetic resonance (NMR), EPRis not restricted to small proteins because the measurementcan only see the local environment of theparamagnetic center.Naturally, the richness and detailed informationin an EPR spectrum comes with a price; the interpretationof EPR spectroscopy has always beenchallenging, and EPR spectroscopists are alwayslooking for more elaborate tools to interpret theirspectra, which basically comes down to assignmentand interpretation of spin Hamiltonian parameters(A- and g-tensors) and of spectral lineshapes.The introduction of density functional theory(DFT) was a turning point for the calculations of thespin Hamiltonian parameters. Before DFT, ab initiocalculations of these parameters were either prohibitivelyexpensive for medium-sized radicals, orless reliable than semiempirical methods. DFT hasbeen shown to provide remarkably accurate valuesat reasonable computational costs. As for spectralline shapes, molecular dynamics (MD) s<strong>im</strong>ulationsprovides the suitable link to statistical thermodynamics,enabling the s<strong>im</strong>ulation of the spectrum ofan ensemble of randomly oriented spins.As an example of the utility of our approach,we investigated the solvation of Fremy’s salt (awell-known paramagnetic molecule) in a frozenmixture of water and methyl alcohol, by meansof pulse electron nuclear double resonance (EN-DOR) spectroscopy and molecular dynamics (MD)s<strong>im</strong>ulations.[2] From the analysis of the EPR spectra,which was facilitated by our theoretical calculations,we could form a clear picture of the interactionsbetween the Fremy’s salt and the solvent. Wefound that solvation is dominated by an interplay ofelectrostatic interactions (interactions due to electriccharges) and steric properties (small moleculesfit in small spaces where large molecules cannot).The elucidation of the microscopic interactionsin such a model system represents the first stepfor understanding the interactions in more com-Chemie


23Figure 1: Top: The interactions between Fremy’s salt (left) with water and methanol are s<strong>im</strong>ulated using quantummechanical calculations and molecular dynamics s<strong>im</strong>ulations. The box on the right shows a snapshot ofthe system. Bottom: The spectra that were obtained exper<strong>im</strong>entally were combined with the results fromthe theoretical calculations to understand the arrangement of water and methanol around the Fremy’s salt(right). The green and cyan surfaces show the distribution of different types of hydrogen atoms aroundthe salt.plex biochemical systems. What is most significanthere is that the conclusions drawn from the theoreticalcalculations were in very good agreementwith the EPR results that were obtained in the laboratory.This paves the way for applying the samecombination of exper<strong>im</strong>ental work and theoreticalcalculations to larger more complicated systems,where the interpretation of the exper<strong>im</strong>ental measurementsis even more challenging. For this a<strong>im</strong>,we are now working on a general efficient computationalprotocol for the calculation of the completeEPR spectrum from first principles.More Information1. J. Weil, J. Bolton. Electron Paramagnetic Resonance;Wiley: 2007.2. J. Heller, H. Elgabarty, B. Zhuang, D. Sebastiani,D. Hinderberger: The Solvation of SmallDisulfonate Anions in Water/Methanol MixturesCharacterized by High Field Pulse ENDOR andMD S<strong>im</strong>ulations, J. Phys. Chem. B 2010, 114,7429-7438FundingMax-Planck-Institute for Polymer Research (Mainz,Germany); Free University Berlin (Germany); GermanResearch Foundation (DFG)Chemie


24Quantenchemische Modellierung hochaktiver KatalysatorenHybrid Hartree-Fock/Dichtefunktionaltheoriestudie zur Rolle von Ceroxid in deroxidativen Dehydrogenierung von Methanol auf geträgertem VanadiumoxidJ. Paier, Institut für Chemie, Humboldt-Universitätzu BerlinKurzgefasst• Trägermaterialien komplexer Übergangsmetalloxidkatalysatorenbeeinflussen maßgeblich derenAktivität• Vanadiumoxid (VO x ) auf Ceroxid wirkt katalytischäußerst aktiv in der oxidativen Dehydrogenierungvon Methanol zu Formaldehyd, einer Reaktionvon hoher Relevanz in der chemischen Industrie• Detailliertes Verständnis durch eine präzise thermodynamischeund kinetische Beschreibungeinzelner Reaktionsschritte mittels quantenchemischerMethoden ermöglicht die gezielte Opt<strong>im</strong>ierungvon Katalysatoren• Derartige S<strong>im</strong>ulationen stellen nicht nur aufgrundder Systemgröße, sondern auch wegender Notwendigkeit der genauen Beschreibungvon Austausch- und Korrelationseffekten eineHerausforderung darErst der Einsatz von Katalysatoren ermöglicht denAblauf von vielen chemischen Reaktionen bei angemessenenBedingungen und hohen Reaktionsgeschwindigkeiten.Das gilt nicht nur für viele Synthesender chemischen Industrie, sondern auch fürlebenswichtige biochemische Prozesse. Ihre Aufklärungund das daraus gewonnene Verständnisder Reaktionen auf atomarem Niveau sind zentraleAnliegen moderner chemischer <strong>Forschung</strong>. S<strong>im</strong>ulationenund Berechnungen basierend auf quantenmechanischenPrinzipien können hierzu Wesentlichesbeitragen.Ein Katalysator bindet die Reaktionspartnerkurzfristig so, dass Reaktionswege mit möglichstniedrigen Reaktionsbarrieren ablaufen können. EinBeispiel ist der Transfer eines Wasserstoffatomsbei der oxidativen Dehydrogenierungsreaktion vongesättigten Kohlenwasserstoffen oder einfachenAlkoholen wie Methanol. Übergangsmetalloxide,wie z. B. VO x , sind ausgesprochen aktive Katalysatorenfür diese Reaktion. VO x ist in geringen Konzentrationenauf einem Trägermaterial aktiv. Es hatsich herausgestellt, dass VO x gemeinsam mit Ceroxidals Träger hochaktive Katalysatoren für dieOxidation von Methanol zu Formaldehyd bildet, <strong>im</strong>Gegensatz zu den chemisch eher inerten Oxidendes Siliziums oder Aluminiums [1].Trotz der für Physik und Chemie bahnbrechendenEntwicklung der Dichtefunktionaltheorie(DFT) durch Hohenberg, Kohn und Shamum 1964, stellt die atomistische S<strong>im</strong>ulation vonfestkörperchemischen Reaktionen wie der obengenannten Methanoloxidation auf VO x /Ceroxid einegroße Herausforderung an Rechner und Softwaredar. Die Gründe hierfür liegen in der Notwendigkeit(i) die Konzentration an VO x möglichstklein zu halten, was große Superzellen derOberfläche erfordert (siehe Abbildung) und (ii)Austausch- und Korrelationseffekte zwischen Elektronenmöglichst genau zu beschreiben. Diese Effektebilden den Schlüssel zur hohen katalytischenAktivität von VO x mit Ceroxid. Für (ii) hat sichder Einsatz von sogenannten Hartree-Fock/DFT-Hybridfunktionalen nicht nur in der Quantenchemie,sondern auch in der computergestütztenHalbleiterphysik sowie in S<strong>im</strong>ulationen von sogenanntenstark korrelierten Materialien, wie z. B. Ceroxid,als sehr erfolgreich erwiesen. Wichtiger Bestandteilvon Hybridfunktionalen ist die Hartree-Fock-Austauschenergie (HFA) zwischen Elektronengleichen Spins, deren Berechnung abergleichzeitig numerisch aufwändig ist. Abhängig vonder Systemgröße erfordern Hybridfunktionalrechnungenum ein bis zwei Größenordnungen längereS<strong>im</strong>ulationslaufzeiten verglichen mit Standard-DFT.Wir verwenden in unserem Projekt das ProgrammpaketVASP [2] basierend auf ebenen Wellenund Pseudopotentialen als Basis zur Darstellungdes Kohn-Sham Hamilton-Operators unter periodischenRandbedingungen. Für große Systemeverringert die sogenannte abgeschirmte HFA ingleichnamigen Hybridfunktionalen [3] den Rechenaufwanderheblich, was aber den Bedarf an Massivparallelrechnernkeineswegs mindert. Die parallelkodierte Software VASP erlaubt Hybridfunktionalrechnungenmit einer opt<strong>im</strong>ale Nutzung vonbis zu mehreren Hundert Rechenkernen. Dies istfür relativ aufwendige Strukturopt<strong>im</strong>ierungen vonSystemen dieser Größe unverzichtbar. Mit diesen“Tools” ist es möglich, Gleichgewichtsstrukturenund Übergangszustände zu finden, die den Reaktionswegder Methanoloxidation auf VO x /Ceroxidvollständig charakterisieren.In Zusammenarbeit mit Exper<strong>im</strong>entatoren derGruppe um H.-J. Freund am Fritz-Haber-Institutder Max-Planck-Gesellschaft in Berlin wurdendurch effiziente Synergien zwischen computergestützterS<strong>im</strong>ulation und Exper<strong>im</strong>ent schonChemie


25Abbildung 1: Modell einer Ceroxidoberfläche mit Vanadiumoxid und Methanol als Adsorbate. Das Vanadium (dunkelblau)ist tetraederförmig von rot dargestellten Sauerstoffatomen umgeben. Benachbart dazu liegtein Methanolmolekül (CH 3 OH; C: schwarz, H: weiß). Das vergrößerte Schaubild zeigt eine sogenannte(3×3)-Superzelle der Oberfläche. Gut erkennbar sind die drei aus Cer-Atomen bestehendenLagen, welche gemeinsam mit Sauerstoff ein sogenanntes 9-Lagen-Modell der Oberfläche bilden.viele wichtige Erkenntnisse in Bezug auf Katalysatorstrukturund Kooperativität zwischenTrägermaterial und Katalysator gewonnen [4].Mehr zum Thema1. J. Döbler, M. Pritzsche, and J. Sauer, 2005: Oxidationof Methanol to Formaldehyde on SupportedVanadium Oxide Catalysts Compared toGas Phase Molecules. J. Am. Chem. Soc., 127,10861-10868.2. G. Kresse and J. Hafner, 1994: Ab initiomolecular-dynamics for open-shell transitionmetals. Phys. Rev. B, 48, 13115-13118; seehttp://cms.mpi.univie.ac.at/vasp.3. J. Heyd, G. E. Scuseria, M. Ernzerhof, 2003:Hybrid functionals based on a screened Coulombpotential. J. Chem. Phys., 118, 8207-8215.4. M. V. Ganduglia-Pirovano, C. Popa, J. Sauer,H. Abbott, A. Uhl, M. Baron, D. Stacchiola,O. Bondarchuk, S. Shaikhutdinov, and H.-J.Freund, 2010: Role of Ceria in Oxidative Dehydrogenationon Supported Vanadia Catalysts.J. Am. Chem. Soc., 132, 2345-2349.FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 546, Teilprojekt C5Chemie


26Transport across biological membranesMolecular dynamics s<strong>im</strong>ulations of motor and proton transporter proteinsA.-N. Bondar, Free University Berlin, Departmentof PhysicsAbstract• Dynamics and conformational coupling are necessaryfor the functioning of motor and transporterproteins. Changes in hydrogen-bondinginteractions between protein amino acids canbe directly involved in large-scale conformationalchanges of the protein.• The cytosolic SecA motor is an essential componentof the Sec translocation system in bacteria.SecA couples the hydrolysis of adenosinetriphosphate (ATP) with remarkable conformationalchanges of the SecA-SecYEG translocasethat lead to the translocation of secretoryproteins across the membrane. To begin to understandthe molecular mechanism that ensureslong-distance coupling in SecA, we will performprolonged Molecular Dynamics (MD) s<strong>im</strong>ulationsof SecA in a box of water molecules.• Channelrhodopsin-2 (ChR-2) is a light-gatedcation channel with applications in neurobiology.The crystal structure of ChR-2 has not beensolved yet. To gain insight into the functionalrole of putatively <strong>im</strong>portant hydrogen-bonding interactions,we will investigate the dynamics ofhomology models of ChR-2, and mutants of thebacteriorhodopsin proton pump.Proteins are synthesized in the cytoplasm, a fluidmatrix that fills the space between the compartmentsof the cell. To ensure their proper structureand functional state, newly synthesized proteinsoften require transport to specific subcellularcompartments. These tasks are performed by sophisticatedmachineries present in all branches oflife. The Sec system, whose essential componentsare the cytosolic SecA motor and the membraneembeddedSecYEG channel, is a major route forprotein secretion in bacteria; toxins are amongthe proteins secreted via the SecA path. Understandinghow SecA works is a critical point forunderstanding protein biosynthesis, and can have<strong>im</strong>portant applications for developing ant<strong>im</strong>icrobialagents.SecA is a large protein that contains several domains(Figure 1). Crystal structures indicate thatthe changes in the structure of SecA during proteintranslocation are indeed remarkable. The ProteinBinding Domain (PBD) is the structural elementthat exhibits the largest conformational variabilityamong the SecA crystal structures: it hadbeen suggested that opening of SecA involves alarge rigid-body rotation of the PBD [1]. The conformationof the PBD could, however, be affectedby the crystallization conditions, and the s<strong>im</strong>ilaritybetween the overall structures of the NucleotideBinding Domains (NBDs) in different nucleotidebindingstates could <strong>im</strong>ply that <strong>im</strong>portant conformationssampled by SecA are not represented by thecrystal structures [2]. As a key step towards understandinghow SecA works, we will perform prolongedall-atom MD s<strong>im</strong>ulations to characterize thestructure and dynamics of the SecA motor in theopen and closed states. This work will provide thefoundation for future investigations of the mechanismif chemo-mechanical coupling in SecA.Computer s<strong>im</strong>ulations are a well-established,cost-effective method that allows us to probe thegeometry and the motions of proteins. The s<strong>im</strong>ulationsrequire the coordinates of each atom of theprotein, which are known from X-ray crystallography,and use a set of equations describing the interactionsof each protein atom with other proteinatoms and with the environment. The s<strong>im</strong>ulationconsists of solving numerically the classical t<strong>im</strong>edependentequations that describe the motion ofthe collection of atoms making up the protein andits environment (such as water and molecules).Prolonged s<strong>im</strong>ulations of 50–100 nanosecondsare required to equilibrate thoroughly large systems(approx. 200.000 atoms) consisting of proteinsand solvent molecules. High-performanceparallel computing made possible by the <strong>HLRN</strong> willallow us to sample efficiently the long-t<strong>im</strong>escale dynamicsof SecA in a large box of water molecules.The microbial-type ChR-2 is a light-gatedcation channel that consists of a transmembranerhodopsin domain, and a cytosolic C-terminal domain.Absorption of light by the retinal chromophoretriggers a reaction cycle in which conformationalchanges of the protein are associatedwith opening and closing of the channel. Severalamino acids critical for the ion pumping or sensoryactivity of other members of the microbialtyperhodopsins are replaced in ChR-2, where theyare likely <strong>im</strong>plicated in function. For example, <strong>im</strong>portantdifferences are observed between the sequencesof amino acids of ChR-2 and the protonpumpingbacteriorhodopsin in regions that in bacteriorhodopsinare directly involved in proton uptakeand release.Investigating the specific roles of these aminoacids offers a unique opportunity to understand theChemie


27A. B.C.HWDPBDHWDPBDHWDHSDHSDHSDPBDNBD1NBD2NBD1MgNBD2NBD1NBD2ADPclosed open SecYEG-boundFigure 1: Large-scale conformational changes of the SecA motor during protein translocation. (A-C) SecA in theclosed (A), open (B), and SecYEG-bound states (C) from refs [3], [1], [4], respectively. The nucleotidebinds at the interface between NBD1 and NBD2. HSD and HWD denote, respectively, the Helical ScaffoldDomain and the Helical Wing Domain. In panel (B), the atoms of the ADP molecule are colored asfollows: carbon - cyan, nitrogen - blue, oxygen - red, and phosphorus - brown; the magnesium ion isdepicted in green. The crystal structures of SecA closed and open states are from B. subtilis, and that ofSecYEG-bound SecY is from T. marit<strong>im</strong>a. Note the differences in the orientation of the PBD relative tothe remaining of the protein in the closed, open, and SecYEG-bound states of SecA.general concepts that govern the design of membranetransporters and receptors. We will performMD s<strong>im</strong>ulations to assess the dynamics andlipid interactions of ChR-2 homology models, andof bacteriorhodopsin mutants. Particularly <strong>im</strong>portantis to derive information about the dynamicsof internal water molecules. The work on understandinghow specific amino-acid interactions affectthe structure and dynamics of the protein, andthe dynamics of the internal water molecules, willcontribute to deriving a molecular understanding ofhow ChR-2 works.More Information1. Osborne AR, Clemmons WM Jr, Rapoport TA(2004). A large conformational change of thetranslocation ATPase SecA. Proc Natl Acad SciUSA 101: 10937-10942.2. Robson A, Booth AEG, Gold VAM, Clarke AR,Collinson I (2007). A large conformationalchange couples the ATP binding site of SecAto the SecA protein channel. J Mol Biol 374:965-976.3. Hunt JF, Weinkauf S, Henry L, Fak JJ, McNicholasP, Olivier DB, Deisenhofer J (2002). Nucleotidecontrol of interdomain interactions inthe conformational reaction cycle of SecA. Science297: 2018-2026.4. Z<strong>im</strong>mer J, Nam Y, Rapoport TA (2008). Structureof a complex of the ATPase SecA and theprotein translocation channel. Nature 455: 936-943.FundingFreie Universität Berlin, Department of PhysicsChemie


28Functionalization of graphene on metalsGraphene on ferromagnetic surfaces and its functionalizationwith water and ammoniaE. Voloshina, B. Paulus, Yu. Dedkov, Institut fürChemie und Biochemie, Freie Universität Berlin;Institut für Festkörperphysik, Technische UniversitätDresdenAbstract• Graphene has attracted enormous interest in thepast years due to its unusual electronic properties.Numerous applications have been proposedfor this material.• In order to construct graphene-based electronicdevices, an energy band gap has to be induced.• Layers of graphene on ferromagnetic (FM)surfaces may effect ideal spin filtering inFM/graphene/FM sandwich-like structures. Todevelop such a spintronic unit, the electronic,magnetic, and interfacial properties must be fullyunderstood.• Adsorbed molecules may induce subtle changesin the electronic structure and can also serve tomodify the function of the graphene layer.Graphene, a two-d<strong>im</strong>ensional layer of carbonatoms packed in a honeycomb lattice [Fig. 1(a)],is a unique physical object and it is under intentattention for the last several years due to its fascinatingproperties [1]. Starting from the first exper<strong>im</strong>entalworks on the observation of ambipolarfield effect and quantum Hall effect in graphene,this material still continues to astonish scientistsvia demonstration of various interesting phenomena,like high carrier mobility, integer and halfintegerquantum Hall effect, Klein tunneling, etc.In 2010, A. Ge<strong>im</strong> and K. Novoselov were awardedthe Nobel Prize “for groundbreaking exper<strong>im</strong>entsregarding the two-d<strong>im</strong>ensional material graphene”.As from the practical point of view, many interestinggraphene-based applications were demonstratedand proposed. Among them are highfrequencyfield-effect transistors, flexible touchscreens,single-molecule gas sensors and manyothers. Almost all graphene-based devices, whichare presently realized or will be <strong>im</strong>plemented inthe future, are based on the fact that in the neutralstate of graphene, the density of states at theFermi level is zero and can be easily changed uponparticular conditions leading to dramatic variationof the conductance response of the graphene conductivechannel [Fig. 1(b-d)]. Such conditions canbe realized in different ways, like in the field-effecttransistor via application of different-sign voltagesto the back-gate electrode (controllable change ofthe conductivity of graphene from n- to p-type),via adsorption of graphene on different substrates(e. g. a graphene ribbon can connect two differentmetal contacts which induce different types ofgraphene doping, thus allowing the realization ofn − p junctions in graphene), or via adsorption ofatoms or molecules with different electron affinityon graphene (as was demonstrated in recentworks, graphene can be used for realization of precisegas sensors [1]). In the last two cases thestrength of interaction of graphene adsorbed on asubstrate or adsorbing another molecule definesthe changes in the density of states of graphenearound the Fermi level and has to be carefully examined.Focusing on the graphene/metal systems, severalgraphene-based hybrid structures were theoreticallyproposed. The first example is theso-called “spin-filter” which exploits the perfectmatch of graphene lattice and close-packed surfacesof ferromagnetic materials, Co and Ni. Thespin-filtering effect in this system originates formthe unique overlap of the electronic structures ofgraphene and the close-packed surfaces of ferromagneticNi and Co [2]. The interaction betweengraphene and ferromagnetic materials willhowever change the electronic properties of the interface,partially quenching the spin-filtering, buta sizable effect can still be detected by choosinga proper combination of ferromagnetic materialsor via increasing the number of the graphenelayers. Beyond the utilization of its unique electronicproperties, graphene may also be exploitedfor many other applications, for example, using agraphene layer as a template for the growth of regulararrays of nanostructures. On close-packed noblemetal surfaces, such as Ir(111), Rh(111), orRu(0001) graphene forms periodically corrugatedmoiré patterns with a period of several nanometers,and such superstructures can act as templatesfor the preparation of exceptionally wellorderednanocluster lattices. Monodisperse metalcluster arrays on the inert graphene surface can beused in catalysis or magnetic data storage.Recently, investigations of the lattice-matchedinterface between graphene and ferromagneticsurfaces were performed by means of angle-resolvedphotoemission (ARPES), near edge x-rayabsorption fine structure spectroscopy (NEXAFS),and density functional theory (DFT) [3]-[4]. WeChemie


29(a) (b) (c)86 π ∗420K-2 K´-4k xπ-6a a -8E - E F (eV)Ek yC 1C 2-10k y (Å -1 )11-10k x (Å -1 )(d)Fermilevelp - dopingn - dopingFigure 1: (a) Crystal structure of graphene where carbon atoms are arranged in the honeycomb lattice. Unit cellof graphene with lattice constant a has two carbon atoms per unit cell, C1 and C2. (b) Electronic dispersionof π and π∗ states in the honeycomb lattice of free-standing graphene obtained in the framework oftight-binding approach. These branches have linear dispersion (c) in the vicinity of the K points of theBrillouin zone of graphene. (d) Position of the Dirac point and the Fermi level as a function of doping forthe free-standing graphene.observed noticeable modifications of the grapheneand substrate band structures in the system. Thestrong hybridization of the graphene π and spinpolarized3d valence band states of ferromagneticmaterial results in formation of interface states.This leads to the appearance of induced magnetismin the carbon atoms of the graphene layer.When considering the graphene/FM interface,where FM = Ni(111), Co(0001), 1ML Fe/Ni(111),the magnetic response from the graphene layergrows with increasing magnetic moment of the underlyingFM substrate.Our joint exper<strong>im</strong>ental-theoretical work is currentlydirected towards studying the adsorption ofpolar molecules on the graphene layer, epitaxiallygrown on ferromagnetic surfaces. ARPES andNEXAFS data of the H 2 O (NH 3 )/graphene/Ni(111)system give information about the kind of interactionbetween adsorbed molecules and grapheneon Ni(111). However, the preferable position for themolecule cannot be easily determined from the exper<strong>im</strong>entalobservations. Therefore, from the theoreticalside, we plan to investigate different adsorptionsites and orientations of the molecules of interest.Combinations of DFT and wavefunction-basedcorrelation methods are applied in order to obtaindetailed information.More Information1. A. K. Ge<strong>im</strong>, Science 324, 1530 (2009).2. Yu. S. Dedkov and M. Fonin, New J. Phys. 12125004 (2010).3. M. Weser, E. N. Voloshina, K. Horn, M. Sicot,M. Fonin, A. B. Preobrajenski, E. Goering, andYu. S. Dedkov, Appl. Phys. Lett. 96, 012504(2010).4. E. Voloshina and Yu. S. Dedkov, in: Graphene:Theory, Research and Applications, INTECHEducation and Publishing, Vienna (<strong>2011</strong>); ISBN9789537619XX.FundingDFG Collaborative Research Centre 765Chemie


30Tailoring the electronic properties of TiO 2Defect engineering in TiO 2 – from bulk to nanostructuresP. Deák, B. Aradi, Bremen Center for ComputationalMaterials Science, University BremenAbstract• TiO 2 is a versatile material which is already usedin many applications.• In order to achieve better performance and to extendthe spectrum of applications, the electronicproperties of bulk and nanostructured TiO 2 haveto be investigated.• Defects have a significant effect on the electronicproperties, therefore, they must be includedwhen such properties are investigated.• TiO 2 is a very challenging material for electronicstructure calculations, making the application ofnew methods necessary.TiO 2 is a wide band gap crystalline oxide with manyexisting and potential applications, from the pigmentindustry and photocatalytic air- and waterpurification, through water splitting and hydrogenstorage, high-k dielectric and room-temperatureferromagnetic semiconductors, to electron transmittersin electrochemical solar cells, and transparentconductive oxides in optoelectronics. In mostof these applications the understanding of chargecarrier generation and recombination is of crucial<strong>im</strong>portance. Such phenomena are governed byintrinsic defects, <strong>im</strong>purities and dopants. Our researchstrategy is to establish first a knowledgebase about defects and their interactions in bulkmaterials, by means of high-level quantum mechanicalcomputations. Once that is achieved, wewill analyze the behavior of defects in the presenceof surfaces and in nanostructured material. Thetask is made difficult by the fact that the “standardtool” of defect calculations – (semi)local approx<strong>im</strong>ationsof density functional theory (DFT) – failsfor defects in most wide band gap metal oxides.We have chosen to go beyond the standard approx<strong>im</strong>ationsby testing the screened hybrid functionalHSE06. Although this is essentially a semiempiricalapprox<strong>im</strong>ation, we have shown that fordefects of traditional group-IV semiconductors thetotal energy computed with this functional showsthe correct linear dependence on the (fractional)occupation number of the defect level. As a consequenceof that, the ionization energy of a defectis accurately given by the Kohn-Sham-energyof the defect level, in unprecedented agreementwith exper<strong>im</strong>ent [1], [2], [3]. Based on these results,we have investigated the performance of theHSE06 functional for TiO 2 . The electronic structureis in excellent agreement with the result obtainedfrom ab initio many-body perturbation theory(GW method) and from photoelectron spectroscopy(PES). As a next step, we have demonstratedthe equality between the Kohn-Sham energylevel and the ionization energy of defects inboth the anatase and rutile modifications of TiO 2 .This is of special <strong>im</strong>portance, because these twomodifications show strong and different polaroniceffects. In rutile, mobile electrons tend to be selftrappedby a local change in the chemical stateof a Ti atom (from 4+ to 3+), while in anatase, as<strong>im</strong>ilar local change of an O atom (from 2- to 1-) traps mobile holes. Standard approx<strong>im</strong>ations ofDFT fail to describe these effects. Our calculationswith HSE06 have found, in agreement with exper<strong>im</strong>ent,that n-type doping in rutile and p-type dopingin anatase are counteracted by these self-trappingeffects. These results prove that the HSE06 functionalcan supply very accurate electronic structureresults in TiO 2 based systems.Therefore, we have used the method to calculatethe generic band off-sets between bulk rutileand anatase, which have great significance forphotochemical applications, where a mixed phaserutile-anatase system is used. We have foundthat the band alignment leads to bipolar carrierseparation: electrons should be accumulated inanatase, and holes in rutile. We have also investigatedthe optical effective mass of electrons (averagemass of the conducting electrons) in highlyNb-doped anatase, which can be used as a transparentconductive oxide. The HSE06 electronicstructure gives an excellent description of the observations.Our prel<strong>im</strong>inary investigations on Tadopingindicates that is is more favorable than Nbdoping,as far as the anisotropy of the effectivemass is concerned. We have also investigated thepossibility of p-type doping in anatase. We havefound that, due to hole localization, the acceptorsare all rather deep and the calculated formationenergies are much too high for practical purposes.It should be taken into account, though, thatdonors (like the oxygen vacancy or hydrogen interstitials),incorporated s<strong>im</strong>ultaneously with the acceptors,d<strong>im</strong>inish the heat of solution considerablyby charge compensation, and so, in fact, very highconcentration of the acceptors can be achieved.(A non-equilibrium concentration of activated acceptorscan then be obtained by annealing in dryair and quenching.) Another possibility is dopingChemie


31Figure 1: Model for a subnanometer-sized anatase wire.by complexes which cause much smaller latticestrain than isolated acceptors. The investigation ofsuch phenomena will be carried out in the presentproject year. We intend to conclude our studies onbulk defects by investigating the very controversialissue of the intrinsic defects (oxygen vacancy andtitanium self-interstitial). These defects are of crucial<strong>im</strong>portance in explaining the room temperatureferromagnetism observed in thin anatase films.In the last phase of our investigations on TiO 2 ,we will concentrate on low-d<strong>im</strong>ensional systems,besides thin films mainly on nanowires. In structureswith lower d<strong>im</strong>ensionality, the large surfaceto volume ratio will change the energetic relationsbetween dopants and intrinsic defects, andnanostructures can be expected to be more flexiblein accommodating volume changes. Recentexper<strong>im</strong>ental work has shown the existence of extremelythin anatase nanowires, and their capabilityto incorporate an unusually high amount of nitrogen.Our s<strong>im</strong>ulation of the HRTEM (high resolutiontransmission electron microscopy) picturesshow that the wire structure which was proposedby the exper<strong>im</strong>entalists to explain their data, is notcorrect. Based on some prel<strong>im</strong>inary calculations,we suggest another model, which is more in accordancewith the observed HRTEM picture. Usingour new models, we will investigate the nitrogenuptake and the effect of surface functionalizationon the electronic structure of anatase nanowires.Finally, we intend to use our results to establish aresearch direction into phase changes induced bydefect aggregation in TiO 2 . Such phenomena areat the heart of TiO 2 based memristors, to be usedfor high density storage with resistance switching(RRAM).More Information1. P. Deák, B. Aradi, T. Frauenhe<strong>im</strong>, E. Janzén,and A. Gali, Phys. Rev. B 81, 153203 (2010).2. P. Deák, A. Gali, B. Aradi, and T. Frauenhe<strong>im</strong>,in Advanced calculations for defects inmaterials, eds. A. Al-kauskas, P. Deák, J.Neugebauer, A. Pasquarello, and C. G. Van deWalle [Wiley-VCH, Berlin <strong>2011</strong>] online at DOI:10.1002/pssb.2010462103. A. Gali, E. Janzén, P. Deák, G. Kresse, and E.Kaxiras, Phys. Rev. Lett. 103, 186404 (2009)FundingUniversity BremenChemie


32Wie Implantate länger lebenFirst Principles Molecular Dynamics S<strong>im</strong>ulations of Di- and Tripeptides onTitanium Dioxide SurfacesW. Friedrichs, W. Langel, L. Colombi Ciacchi,S. Köppen, Biophysikalische Chemie, Institutfür Biochemie, Universität Greifswald und Grenzflächenin der Bio-Nano-Werkstofftechnik, FachbereichProduktionstechnik, Universität BremenKurzgefasst• Oberflächeneigenschaften von Materialien mittechnischer Anwendung können durch Biofunktionalisierungopt<strong>im</strong>iert werden• detailiertes Verständnis der Protein-Oberflächenkontakte und der Triebkräfte für dieProteinadsorption kann zur Verbesserung derBeschichtungen führen• quantenchemische S<strong>im</strong>ulationen veranschaulichendie Adsorption einer Auswahl an reaktivenAminosäuren• stabile Adsorptionskonfigurationen von <strong>im</strong> Peptidgebundenen Aminosäuren auf Oxidoberflächenbeinhalten häufig Protonentransferprozesse• koorperative Effekte benachbarter geladenerAminosäuren wirken auf deren Adsorption durcheine stärkere PolarisationIm Bereich der medizinischen Technik werden “guteWerkstoffe” nicht nur durch passende mechanischeEigenschaften gekennzeichnet, die durch ihreLegierungen noch verbessert werden können,sondern besonders auch durch ihre Oberflächeneigenschaften.Je nach Anwendung soll der Werkstoffz.B. biokompatibel sein (Implantate) oderaber auch absolut proteinresistent (Medikamentenfläschchen).Bei Zahn<strong>im</strong>plantaten werden aufgrundder hervorragenden mechanischen Eigenschaftenhäufig Titanlegierungen als Werkstoff genutzt.Um jedoch die Oberflächeneigenschaften zuopt<strong>im</strong>ieren, werden die Materialoberflächen <strong>im</strong>merhäufiger durch die spezifische Anbindung von biologischenKomponenten funktionalisiert. Um die Integrationdes Implantates makroskopisch verstehenund die biofunktionalen Beschichtungen nochzu verbessern, ist es notwendig, die komplexenProzesse an der Grenzfläche von Implantatoberflächenund physiologischer Lösung auch auf atomistischerSkala aufzuklären.Exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen können hierdurch atomistische S<strong>im</strong>ulationen sehr unterstütztund ergänzt werden. Mit klassischen S<strong>im</strong>ulationsmethodenkann man so Informationen überdie Vorzugsorientierung eines adorbierten Proteinsoder Konformationsänderungen während desAdsorptionsprozesses ermitteln. Offen bleibt allerdingsdie Chemie bei dem Vorgang. Um zuverstehen, wie verschiedene fuktionelle Gruppenvon Aminosäuren an Materialoberflächen haften,muss man auf S<strong>im</strong>ulationsmethoden zurückgreifen,die die elektronische Struktur von Atomenmit berücksichtigen. Solche S<strong>im</strong>lationsmethodensind deutlich rechenaufwendiger, jedoch werdendabei chemische Prozesse, wie zum Beispiel Protonenübergänge,oder auch die Verschiebung vonatomaren Ladungen, die zu einer Verstärkung derPolarierung führen kann, mit aufgenommen.In diesem Projekt wird die Adsorption einerAuswahl einzelner und auch unterschiedlich gepaarterreaktiver Aminosäuren mit first-principlesmolecular-dynamics-S<strong>im</strong>ulationen(CPMD) aufverschiedenen stabilen Titanoxidoberflächen untersucht.Hierbei werden alle reaktiven Aminosäurenin kleinen Peptiden gebunden auf die Oberflächegesetzt, um die Proteinumgebung richtigwiederzugeben, und alle Zellen mit Wasseraufgefüllt. Die resultierenden S<strong>im</strong>ulationszellenenthalten etwa 350 Atome. Jedes einzelne Aminosäure-Oberflächen-Systemmuss für etwa 5 pss<strong>im</strong>uliert werden. Bei einer Nutzung von 64 Rechenkernenparallel dauert jede S<strong>im</strong>ulationen, inAnhängigkeit vom System, 1 bis 2 Wochen. DerEinsatz von quantenchemischen S<strong>im</strong>ulationsmethodenist sehr kostspielig in der Rechenzeit undeine derart angelgte Untersuchung verschiedenerAdsorptionskonfigurationen auf dem quantenchemischenLevel ist erst duch die Nutzung von Hochleistungsrechenzentren,wie dem <strong>HLRN</strong> möglichgeworden.Bei der Adsorption von Aminosäuren in wässrigerLösung spielt <strong>im</strong>mer auch Wasser eine wichtigeRolle. Auf allen Oberflächen des Oxidmaterialskonnte jeweils eine in hohem Maße orientierteWasserschicht beobachtet werden. Bei einerder s<strong>im</strong>ulierten Oberflächen kam es währendder S<strong>im</strong>ulationszeit zur Spaltung einiger Wassermoleküleund so zur Ausbildung geladener Gruppenauf der Materialoberfläche. Diese Gruppenwaren <strong>im</strong> Folgenden als die bevorzugten Adsorptionsplätzefür die Aminosäuren identifiziert worden,wobei die endgültige stabile Konfiguration erstdurch eine Reihe von Protonenübergängen entstandenist (nummerierte Pfeile in Abbildung 1A).Auf anderen Oberflächen konnte beobachtet werden,dass die Adsorption der kleinen Biomolekülenicht nur direkt zu der Oberfläche stattfindet (1Chemie


33LYS−GLUDipeptid(1) (2)(1)(2)H1H3O2O1(110) TiO 2A B CAbbildung 1: Momentaufnahmen von Tripeptiden mit einer zentralen reaktiven Aminosäure auf Titandioxid. VerschiedeneFarben symbolisieren die chemischen Elemente (rot) Sauerstoff, (magenta) Titan, (cyan)Kohlenstoff, (blau) Stickstoff, (weiß) Wasserstoff. (A) Die Adsorption von Glutamat auf einer partiellhydroxylierten (100) Rutiloberfläche wird von einer Serie von Protonenübergängen begleitet. DieNeutralisation von Glutamat (1) induziert einen weiteren Protonenübergang (2) vom Brückensauertoffder nächsten Reihe (B) Das Glutamat ist auf einer (110) Rutiloberfläche durch eine Wasserstoffbrückenbindung(1) gebunden und wird zusätzlich durch ein chemisorbiertes Wassermolekül neutralisiert(2), (C) Die gegensätzlich geladenen Aminosäuren Lysin und Glutamat bilden jeweils einenstabilen Kontakt zur (110) Rutiloberfläche aus. (weiß) Wasserstoff. (A) Die Adsorption von Glutamatauf einer partiell hydroxylierten (100)-Rutiloberfläche wird von einer Serie von Protonenübergängenbegleitet, (B) Das Glutamat ist auf einer (110)-Rutiloberfläche durch eine Wasserstoffbrückenbindung(1) gebunden und wird zusätzlich durch ein chemisorbiertes Wassermolekül neutralisiert (2), (C) Diegegensätzlich geladenen Aminosäuren Lysin und Glutamat bilden jeweils einen stabilen Kontakt zur(110)-Rutiloberfläche aus. Außerdem kommt es durch die interne Wechselwirkung beider Seitenkettenzu einer verstärkten Polarisierung der einzelnen funktionellen Gruppen.in Abbildung 1B), sondern auch über diese ersteorientierte Wasserschicht verstärkt wird (2 in Abbildung1B). Hier wurde der Protonentransfer, derzur Ausbildung einer geladenen Oberflächengruppeund zur Neutralisierung der Aminosäure führt,erst durch die Aminosäure induziert und ist kein Effektder Oberfläche, wie in Abbildung 1A. In Proteinenliegen geladene reaktive Amniosäuren häufigin der Sequenz nebeneinander. In diesem Projektwurde untersucht, inwieweit diese Aminosäurensich zum Einen gegenseitig zum Anderen dieAdsorption beeinflussen. In den hier durchgeführtenS<strong>im</strong>ulationen kam es nur vereinzelt zu einerinternen Wechselwirkung (Abbildung 1C zwischenden Atomen H3 und O2). Es konnte jedoch gezeigtwerden, dass durch eine Interaktion der funktionellenGruppen die einzelnen Aminosäuren stärkerpolarisiert werden. Dies verstärkt dann wieder denOberflächenkontakt.Dass die geladenen Aminosäuren bevorzugt andie geladenen Oberflächengruppen adsorbieren,wurde auch schon in klassischen S<strong>im</strong>ulationen gefunden[1],[2], doch kann erst durch den Einsatzder quantenchemischen S<strong>im</strong>ulationsmethoden dervollständige Prozess s<strong>im</strong>uliert werden. Da die S<strong>im</strong>ulationvon Aminosäuremonomeren auf den Titandioxidoberflächenzur Ausbildung von Adsorptionskonfigurationenführte, die nicht representativfür die Proteinadsorption ist [3], wurden in diesemProjekt alle Aminosäuren in kleine Peptidengebunden. Die nun erforderlichen zu s<strong>im</strong>ulierendenZellgrößen beschreiben die obere Grenze derMöglichenkeiten der Car-Parrinello-Moleküldynamik.Die S<strong>im</strong>ulationen sind nur noch durch ein hohesMaß an Parallelisierung in annehmbaren Zeitintervallenzu realisieren.Mehr zum Thema1. S. Köppen, B. Ohler, W. Langel, Z. Phys. Chem.221 (2007) 32. S. Köppen, W. Langel, Langmuir 26, (2010)152483. S. Köppen, O. Bronkalla, W. Langel, J. Phys.Chem C 112 (2008) 13600FörderungDFG-Nachwuchsakademie “Computational MaterialsScience: Grenzflächen und grenzflächendominierteProzesse”Chemie


34Molecular s<strong>im</strong>ulation studies of the interaction of weakly coordinating ions withbiological interfacesD. Gabel, K. Karki, D. Roccatano, Department ofChemistry, University of Bremen, School of Engineeringand Science, Jacobs University BremenAbstract• Weakly coordinating ions show properties whichcannot be explained on purely electrostaticgrounds. Such ions are large, and prominent examplesare ionic boron clusters (IBC).• We want to study the interaction of IBC withmembranes and with proteins using moleculardynamics s<strong>im</strong>ulations, in order to have a bettermolecular understanding of the exper<strong>im</strong>ental results.• A force field for molecular dynamics s<strong>im</strong>ulationof IBC must be developed and opt<strong>im</strong>ized againstexper<strong>im</strong>ental data.• With this force field, the interaction of IBC withlipid bilayers and proteins (acetylcholine esteraseand histones) will be s<strong>im</strong>ulated.Weakly coordinating ions (WCI), both cations andanions, are a broad class of substances known fortheir peculiar properties in solution. Among them,icosahedral ionic boron cluster compounds (IBC)of the type YB 12 X 12 (2-) (X = H, I, CH 3 and Y = SH,OH) and XB 12 H 11 (-) (X=H, NH 3 , N(CH 3 ) 3 ), see Figure1, are particularly interesting. They influencethe structure and tightness of lipid bilayers, andthey inhibit enzyme functions. The structure, size,and charge, of anions are known to affect their coordinatingproperties, and this is especially true forthe IBC. We do, however, not yet have an understandingof their structural, dynamics and thermodynamicsproperties in water and in other solvents.Furthermore, despite their long use in the designand synthesis of therapeutics for Boron NeutronCapture Therapy of cancer and, more recently, inother areas of drug design, the molecular mechanismof their interaction with the components ofliving cells (protein and biological membranes) islargely unknown both exper<strong>im</strong>entally and theoretically.The a<strong>im</strong> of this project is to study molecularproperties of these anions and the details of theirinteractions with biological systems, using moleculardynamics (MD) techniques. We will focus onthe interaction of IBC with two different systems.1. Ion-Membrane Interactions. It is known thatWCI interact with membranes. We have shownthat this is especially true for boron cluster anions[1],[2]. Membrane integrity is influenced, andmorphological changes (from minor to drastic) arefound. Understanding the interaction mechanismson a molecular level will greatly <strong>im</strong>prove predictivemodels and the description of toxicologic andpharmacologic effects of the anions. The interactionof boron clusters with membranes will be analyzedusing MD s<strong>im</strong>ulations. We first have to developa force field model for the IBC, mandatory forthe subsequent MD calculations. The parametersfor the force field (equilibrium geometries, forceconstants, partial charges) are derived from quantummechanics calculations, which provide a detaileddescription of the IBC and of the interactionwith solvent molecules. The new force field will bechecked against exper<strong>im</strong>ental data which we havegathered. In particular, thermodynamics properties,transport properties in water and in other solventswill be considered. Free energies will beest<strong>im</strong>ated using thermodynamics integration methods.Diffusion coefficients will be est<strong>im</strong>ated fromexper<strong>im</strong>ental conductivity measurements using theNernst-Einstein equation. The IBC model will beused to perform MD s<strong>im</strong>ulations in the presenceof a phosphatidylcholine lipid bilayer sheet. Thecalculations will provide information on free energybarriers for percolation, changes of lipid surfacearea, orientation of asymmetric molecules, stoichiometricratios of lipid to clusters, and inducedpore formation. Different types of lipid membranewill be used for these purposes. The free energybarrier of diffusion of anions through membraneswill then be calculated using equilibriumand non-equilibrium approaches such as umbrellasampling, thermodynamics integration and steeredmolecular dynamics (SMD). The potential of meanforce necessary to penetrate the lipid bilayer will becalculated using SMD s<strong>im</strong>ulations. SMD appliesan external force that lowers the energy barrier,and thus allows to study long t<strong>im</strong>e scale processeson the nanosecond t<strong>im</strong>escale. The trajectories obtainedfrom SMD will be used to obtain accuratefree energy barriers of starting conformation fromumbrella sampling or from constrained potential ofmean force calculations.2. Ion-Protein Interactions. The recent discoveryof another ICB, metallacarborane, as effectiveinhibitor of HIV-1 protease has demonstrated thatICB can interact strongly with proteins. Few modelingstudies have been performed, and none ofthem used MD s<strong>im</strong>ulations. In this project, twomodel proteins, acetylcholinesterase (AChE) andChemie


35Figure 1: Structure of the icosahedral ionic boron clusters used (top) and their interactions with membranes (bottomleft) and proteins (bottom center and right). The approach to SMD is shown in the bottom left: The ICPis pulled into the lipid bilayer by an externally applied field, represented by the spring. The center showsIBC ions interacting with AChE, and the right is an NCP ensemble.the nucleosome core particle (NCP), will be used.AChE is <strong>im</strong>portant for the transmission of electricsignals in the neuron cells and it is a target enzymefor the treatment of Alzhe<strong>im</strong>er disease. We foundthat AChE is inhibited by ICB [1], which is surprising,as the ICB are negatively charged and the naturalsubstrate is positively charged. NCP is themolecular building block of the chromatin presentin the nuclei of eukaryotic cells. We have found thatIBC accumulate in the nuclei of the cells, probablyon NCP. It likely that the anions interact preferentiallywith the positively charged histones. We haveperformed MD s<strong>im</strong>ulations of NCP [3], but dockingstudies with IBC have not yet been conductedon this system. We plan to investigate the bindingof IBC to AChE and with the histone proteinsin NCP by using MD s<strong>im</strong>ulations. MD will be usedto analyze preferential binding of the ICB to specificsites on the protein surface, in order to learnabout the specific propensity of the ions to bind tospecific amino acids. Subsequently, the diffusionof the boron cluster into the AchE active site willbe analyzed by calculating the free energy barrierof diffusion and free energy of binding. We expectto obtain information on binding constants andconformational changes, which can be comparedwith exper<strong>im</strong>ental data from enzyme inhibition andNMR spectroscopy.More Information1. Awad, D., L. Damian, M. Winterhalter, G. Gabel,D., D. Awad, T. Schaffran, D. Radovan, D. Daraban,L. Damian, M. Winterhalter, G. Karlsson,and K. Edwards. 2007. The Anionic BoronCluster (B 12 H 11 SH(2-) as a Means To TriggerRelease of Liposome Contents. ChemMed-Chem 2:51-53.2. Schaffran, T., E. Justus, M. Elfert, T. Chen, andD. Gabel. 2009. Toxicity of N,N,N- trialkylammoniododecaboratesas new anions of ionic liquidsin cellular, liposomal and enzymatic testsystems. Green Chem 11:1458-1464.3. Roccatano D., A. Barthel, M. Zacharias. 2007.Structural flexibility of the nucleosome core particleat atomic resolution studied by moleculardynamics s<strong>im</strong>ulations. Biopolymers, 85, 401-421.FundingUniversity of BremenChemie


36Grobe Modelle für weiche MembranenKollektive Phänomene in Lipidmembranen: Dynamik und die Rolle von Peptidenbei Porenbildung und FusionM. Müller, K.Ch. Daoulas, M. Fuhrmans, M.Hömberg, G. Marelli, Institut für theoretische Physik,Georg-August-Universität GöttingenKurzgefasst• Porenbildung und Fusion von Membranen sindgrundlegende biologische Prozesse, deren molekularerAblauf weitgehend unbekannt ist.• Computers<strong>im</strong>ulationen liefern direkte Einblicke inStruktur und Übergangszustände und tragen somitzum Verständnis und der Kontrolle dieserProzesse, z. B. durch Proteine, bei.• Systematische Untersuchung der universellenEigenschaften von Lipidmembranen und ihrerUmwandlungsprozesse mittels einfacher, physikalischerModelle ( ”coarse-grained modeling“).• Weiche, vergröberte Modelle ohne Lösungsmittelermöglichen die Untersuchung von Kollektivphänomenenmit bis zu 100 000 Molekülenauf einer Zeitskala von 1 ns bis zu 100 µs.• Selbstentwickelter MDPD-S<strong>im</strong>ulationscode mit” Force-Decomposition“-Parallelisierung.Viele Phänomene in Lipidmembranen, wie z. B.Porenbildung, Fusion und die laterale Entmischungverschiedener Lipide, die Bildung vonRafts“, sowie Übergänge zwischen verschiedenengelförmigen und flüssigen Phasen, entste-”hen durch das kollektive Zusammenwirken hunderterMoleküle. Diese sind für viele biologischeProzesse, wie z. B. die Fusion und Teilung vonZellen und Zellorganellen, den Transport durchMembranen und die Aktivität mancher membrangebundenerProteine von grundlegender Bedeutung.Exper<strong>im</strong>entelle Einsichten in die zugrundeliegendenmolekularen Abläufe sind jedoch nur begrenztverfügbar, da die Zeit- und Längenskalen –Mikrosekunden und Mikrometer – oft zu klein füreine direkte Beobachtung sind. Detaillierte atomistischeoder quantenchemische S<strong>im</strong>ulationen sindauf Grund der Milliarden beteiligter Atome gegenwärtigebenfalls nicht in der Lage diese Skalenzu erreichen. Da viele mikroskopische Details fürdas qualitative Verhalten von Lipiddoppelschichtenauf mesoskopischen Skalen nur eine untergeordneteRolle spielen, sind einfache, vergröberteModelle in der Lage, die universellen Aspekte zureproduzieren und systematisch zu untersuchen.Indem man eine Vielzahl an atomaren Freiheitsgradenin ein effektives Wechselwirkungszentrumintegriert ( ”coarse-graining“), erhalten vergröberteModelle die Grundzüge der molekularen Gestalt,aber können gleichzeitig die erforderlichen ZeitundLängenskalen erreichen. Sie bilden somit eineBrücke zwischen der molekularen Beschreibungund phänomenologischen Modellen, welcheMembranen als dünne elastische Blätter beschreiben,und leisten somit einen wichtigen Beitrag zumVerständnis dieser kollektiven Phänomene.In unserer Arbeitsgruppe wurde ein solches Modellentwickelt. Eine Besonderheit von diesem liegtdarin, dass es kein explizites Lösungsmittel (Wasser)mehr enthält, sondern die Wechselwirkungender Lipide durch Zustandsgleichungen best<strong>im</strong>mtwerden, die denen von exper<strong>im</strong>entellen Systemennachempfunden sind. Somit müssen nur die Wechselwirkungeninnerhalb der Membran berechnetwerden, was zu einer gewaltigen Ersparnis anRechenzeit führt. Die Zustandsgleichungen beinhaltenMehrkörperwechselwirkungen, die wir mitMultibody Dissipative Particle Dynamics“ (MDPD)”behandeln. Ein wichtiger Unterschied zu bereitsexistierenden Modellen liegt <strong>im</strong> flexiblen Ansatz derungebundenen Wechselwirkungen in Form einesklassischen weighted-density“-Dichtefunktionals.”Die hier auftretenden Parameter haben eine direktephysikalische Bedeutung [1].Vom technischen Standpunkt aus betrachtetbirgt das fehlende Lösungsmittel ebenfalls eineHerausforderung, da nun große Bereiche derS<strong>im</strong>ulationsbox leer bleiben, wohingegen andereBereiche sehr viele Moleküle enthalten. Diesestarke räumliche Inhomogenität führt dazu,dass geometrische Parallelisierungsstrategien ineffizientsind. Wir haben uns daher für die ”Force-Decomposition“-Parallelisierung entschieden, inder die Matrix aller paarweiser Wechselwirkungenauf eine Vielzahl von MPI-Prozessen aufgeteiltwird. Gegenwärtig erfolgt die Kommunikationausschließlich über MPI und unser S<strong>im</strong>ulationsprogrammskaliert linear auf bis zu 64 Prozessoren.Es ist jedoch geplant, die Kommunikation innerhalbeines Rechenknotens um eine zusätzlicheOpenMP-Parallelisierung zu ergänzen.In einem ersten Schritt wurden die grundlegendenmechanischen, thermodynamischen undstrukturellen Eigenschaften unseres Modells analysiert.Unser Phasendiagramm enthält die biologischrelevante, flüssige L α -Phase, sowie drei verschiedeneGelphasen (L β , L β ′, L I ). Die Biegesteifigkeitder L α -Phase, welche ein Maß für die Flexibilitäteiner Membran ist, liegt bei ca. 20 k B T.Chemie


37Abbildung 1: Links: Querschnitt durch eine Lipiddoppelschicht in der gelförmigen Phase mit einer flüssigenDomäne (oben rechts), welche eine andere Dicke und eine andere Biegesteifigkeit besitzt. Rechts:Snapshot einer durch ein Substrat induzierten Pore in der S<strong>im</strong>ulation eines einzelnen adsorbiertenVesikels. Die hydrophoben Schwänze der Lipide sind in grün dargestellt, die hydrophilen Kopfgruppenin rot und das Substrat in blau. Zusätzlich ist das durch die Schwänze eingenommene Volumenin gelb gezeigt.Der Hauptphasenübergang von der L α - zur L β -Phase ist besonders interessant, da er bei vielenbiologischen Membranen <strong>im</strong> Bereich von 30–40 ◦ C auftritt und davon ausgegangen wird, dasser in der Natur gezielt verwendet wird, um diemechanischen Eigenschaften von Doppelschichtenzu steuern. Mittels besonderer S<strong>im</strong>ulationstechnikenhaben wir den genauen Punkt diesesPhasenübergangs lokalisiert, die Differenz der freienEnergie zwischen beiden Phasen best<strong>im</strong>mt unddie Linienspannung zwischen Domänen der L α -und der L β -Phase gemessen [2].Mit diesem Modell untersuchen wir auch spezifischebiologische Fragestellungen, wie die Membranfusion,hierbei auftretende Zwischenzuständeund deren zeitliche Abfolge. Hierzu zählen ”Stalks“– sanduhrförmige Verbindungen von zwei parallelenLipidmembranen – und Poren in diesen Membranen.Mit Hilfe eines stark vereinfachten Modellsfür Peptide wird untersucht, welche universellen Eigenschaftendieser Moleküle die Bildung solcherZwischenzustände begünstigen oder erschweren.Eine zentrale Rolle spielt hierbei die Linienspannungvon Fusionsporen, die in unserem Modellleicht variiert werden kann. Mit Hilfe hoch entwickelterTechniken, wie thermodynamischer Integration,Widom’scher Teilcheneinfügung oder S<strong>im</strong>ulationin erweiterten Ensembles, kann für jeden Zwischenzustanddie Freie Energie berechnet werden.Schließlich erhält man für eine best<strong>im</strong>mte Abfolgevon Zwischenzuständen ein Profil der Freien Energie,das es uns ermöglicht verschiedene Pfade beider Membranfusion zu vergleichen und zu beurteilen,welche von diesen in der Natur realisierbarsind [3].Ein weiteres Thema ist die Entstehung von substratgebundenenMembranen durch Adsorptionund anschließendes Platzen und Ausbreiten vonVesikeln auf festen Oberflächen. Dabei ist exper<strong>im</strong>entellbislang nicht bekannt, an welcher Stelle dieVesikel reißen und ob die beiden Monolagen dergebundenen Doppelschicht streng der inneren undäußeren Schicht der Vesikel entsprechen. Außerdemist das Zusammenspiel benachbarter adsorbierterVesikel (Fusion oder Verstärkung der Deformation)sowie die Wirkung des Randes der sichausbreitenden adsorbierten Membran auf noch intakteVesikel weitestgehend unbekannt.Diese Beispiele illustrieren das Spektrum anmöglichen Fragestellungen, welches mit dieseneffizienten Modellen angegangen werden kann.Zudem lässt die Kombination von wachsenderRechenleistung, neuen Modellen und verbessertenS<strong>im</strong>ulationsmethoden einen weiteren, rasantenFortschritt erwarten.Mehr zum Thema1. K. Ch. Daoulas, M. Müller, Adv. Polym. Sci. 224,197–233 (2009)2. M. Hömberg, M. Müller, J. Chem. Phys. 132,155104 (2010)3. Y. Norizoe, K. Ch. Daoulas, M. Müller, FaradayDiscuss. 144, 369–391 (2010)FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 803 Teilprojekt B3;DFG-Sonderforschungsbereich 937 Teilprojekt A7;VolkswagenstiftungChemie


38Wie fließen eigentlich Tröpfchen?S<strong>im</strong>ulation der Dynamik von Polymersystemen: Gleiten von Tröpfchen aufdeformierbaren Oberflächen und Kinetik der Strukturbildung inmehrkomponentigen SystemenM. Müller, A. Galuschko, F. Léonforte, M.Mülay<strong>im</strong>, N. Tretyakov, Institut für theoretischePhysik, Georg-August-Universität GöttingenKurzgefasst• Das Haften und Gleiten von winzigen Tröpfchenauf strukturierten Unterlagen wirft auf der molekularenSkala viele Fragen auf• Untersuchung der größenabhängigen Dissipationsmechanismenbe<strong>im</strong> Fließen von Tröpfchenauf harten, weichen und gemusterten Unterlagensowie des Einflusses eines Lösungsmittelsoder chemischer Reaktionen hierauf• Anschluss der molekularen S<strong>im</strong>ulationen an einehydrodynamische Kontinuumsbeschreibung• Einfaches, vergröbertes Modell für Polymerflüssigkeiten( ”coarse-grained modeling“)• geometrisch-parallelisierte MolekulardynamikLAMMPS“ mit 20 000 – 1 000 000 wechselwirkendenTeilchen auf bis zu 256”CPUsBringt man geringe Mengen einer Flüssigkeit,z.B. Wasser, Öl oder Quecksilber, auf einer ebenenFläche auf, so bilden sich zumeist Tropfen,die je nach Stärke der Kohäsions- undAdhäsionskräfte – Anziehung der Moleküle <strong>im</strong> Innerender Flüssigkeit bzw. zwischen der Flüssigkeitund der Fläche – völlig verschiedene Eigenschaftenbesitzen können. In einigen Fällen, z.B. Wasserauf Glas, versucht die Flüssigkeit die Oberflächevollständig zu benetzen, während sich in anderenFällen, z.B. Wasser auf einem Lotusblatt, Tropfenformen, die nur eine min<strong>im</strong>ale Kontaktfläche besitzen.Der Kontaktwinkel θ Y , den die Tropfen mitder Fläche einschließen, wird an der Dreiphasen-Kontaktlinie gemessen. Im ersten Fall ist er sehrklein, d.h. θ Y ≈ 0 ◦ , und <strong>im</strong> zweiten Fall annähernd180 ◦ . Er spiegelt die Balance zwischen KohäsionsundAdhäsionskräften wider und hängt über dieYoung’sche Gleichungγ GF cos θ Y = γ GU − γ UFmit den drei Grenzflächenspannungen γ GF , γ GUund γ UF zwischen der flüssigen Phase, dergasförmigen Phase und der Unterlage zusammen.Im Gegensatz zu diesen seit langem bekanntenmakroskopischen Größen sind das Fließverhalten,die Reibung und das Haften winzigerTröpfchen auf molekularer Ebene nur unvollständigverstanden. In typischen Exper<strong>im</strong>enten besitzendiese Ausdehnungen von Mikro- bis Mill<strong>im</strong>eternund bestehen aus Milliarden Molekülen, so dassdie exper<strong>im</strong>entelle Untersuchung einzelner Molekülesehr schwierig ist. Ferner zeigen unterschiedlicheDissipationsmechanismen, z.B. Reibungdurch das viskose Fließen <strong>im</strong> Inneren desTröpfchens, an der Unterlage oder der Dreiphasen-Kontaktlinie, verschiedene Größenabhängigkeiten.Finite-Size“-Effekte erschweren die Extrapolation”von Tröpfchen zu makroskopischen Tropfen, welchedurch Young’sche Gleichung und Hydrodynamikbeschrieben werden. Computers<strong>im</strong>ulationenkönnen dazu beitragen, Antworten auf Fragenzu geben, wie sich Kontaktwinkel und Kontaktlinieverändern, wenn ein Tröpfchen verdampft,welche Rolle ein Lösungsmittel hierbei spielt, wieschwierig es ist, ein Tröpfchen auf verschiedenenUnterlagen zu bewegen und auch wieder zuentfernen, und vieles mehr. Diese Erkenntnissekönnen bei der Entwicklung und Verbesserung vonKorrosionsschutz, Gleitmitteln und Techniken zumSäubern von Oberflächen angewendet werden.Um diese Fragestellungen zu untersuchen,verwenden wir einfache Modelle von Polymerflüssigkeiten,da diese einen relativ geringenDampfdruck besitzen und annähernd alle Molekülewährend einer S<strong>im</strong>ulation in der flüssigen Phaseverbleiben. So können wir Verdampfungseffektevernachlässigen, die eine Interpretation derErgebnisse erschweren würden. Bei der Untersuchungvon universellen Mechanismen kommtes weniger auf die mikroskopischen Details dieserFlüssigkeiten an, so dass es genügt, nurdie relevanten Eigenschaften dieser Makromoleküle,wie die Flexibilität und die Konnektivität,zu berücksichtigen. Daher verwenden wir eine vergröberteBeschreibung, in der mikroskopische Detailsin strukturlose Wechselwirkungszentren – <strong>im</strong>Folgenden als Teilchen bezeichnet – ausintegriertwerden. Die Wechselwirkung zwischen den Teilchenerfolgt über phänomenologische Potentiale,die eine starke Abstoßung auf kurzen und eineschwache Anziehung bei größeren Abständen besitzen.Zusätzlich werden Teilchen eines Molekülsdurch Federn mit ihren Nachbarn verbunden, sodass die Grundzüge der molekularen Gestalt erhaltenbleiben (s. Abb.).Die S<strong>im</strong>ulation dieser vergröberten Modelleerfolgt mit dem MolekulardynamikprogrammChemie


39Abbildung 1: Links: Schematische Darstellung der Young’schen Gleichung anhand eines Polymertröpfchens (blau)auf einer glatten Unterlage (violett) nahe der vollständigen Benetzung. Darunter: Verschiedene, strukturierteUnterlagen mit einem Tröpfchen. Die Vergrößerung zeigt zwei typische Konformationen derPolymere. Rechts: Profil eines Tröpfchens (blau) auf einer weichen Unterlage (schwarz). Durch dasZusammenspiel der Weichheit und der Anziehung zwischen dem Tröpfchen und der Unterlage kommtes zu einer Anhebung der Dreiphasen-Kontaktlinie. Einschub: Definition des Kontaktwinkels.LAMMPS [1], in dem die Newton’schen Bewegungsgleichungenfür alle Teilchen numerisch aufintegriertwerden. Der zentrale Schritt ist hierbeidie ständige Neuberechnung der wirkenden Kräfteauf alle Teilchen. Solange diese Kräfte nur kurzreichweitigsind, kann jedem Prozessor ein kleinesTeilvolumen der gesamten S<strong>im</strong>ulationsbox zugewiesenwerden, in dem dann die Kräfte der dortbefindlichen Teilchen errechnet werden. Auf dieseWeise lassen sich Tröpfchen mit 150 000 Teilchen(entspricht etwa 50 µm) auf 64 Prozessoren effizientuntersuchen. Um die Temperatur konstant zuhalten, setzen wir einen DPD-Thermostaten ein,der für ein korrektes hydrodynamisches Fließenauf großen Zeit- und Längenskalen sorgt.In diesem Projekt haben wir zunächst Polymertröpfchenauf weichen, deformierbaren Unterlagenuntersucht (Abb. rechts) [2]. Die Stärke der Absorptiondes Tröpfchens hängt eng mit der Deformationder Unterlage zusammen und gemeinsambest<strong>im</strong>men sie die auftretende Reibung, dieentsteht, wenn sich ein Tröpfchen bewegt. Weiterhinbest<strong>im</strong>mt die mikroskopische Dynamik ander Kontaktlinie die Dissipation und den Schlupfund ist somit entscheidend für das Verständnis desAuf- oder Abtragens von Polymerschichten auf solchenOberflächen. Des Weiteren untersuchen wirden Einfluss verschiedener fester Unterlagen aufdie Grenzflächenspannungen, auf den Kontaktwinkelund auf das effektive Potential zwischen denGrenzflächen der Flüssigkeit mit der Unterlage undder Flüssigkeit mit der Gasphase [3]. Diese Erkenntnissewerden verwendet, um hydrodynamischeModelle (z.B. Dünnschichtgleichungen) fürgrößere Längenskalen zu parametrisieren. Die Abbildung(links) zeigt zwei Beispiele für solch strukturierteUnterlagen. Im weiteren Verlauf des Projektessoll insbesondere das Fließverhalten in engenKanälen zwischen derartigen Oberflächen studiertwerden. Weitere interessante Fragen ergebensich, wenn die Polymerflüssigkeit zusammen miteinem umgebenden Lösungsmittel betrachtet wird.Hier treten Verdampfungseffekte und zusätzlicheStrömungen des Lösungsmittels auf.Mehr zum Thema1. http://lammps.sandia.gov/2. F. Léonforte, J. Servantie, C. Pastorino, M.Müller, J. Phys.: Condens. Matter (<strong>2011</strong>),http://arxiv.org/abs/1005.10113. J. Servantie, M. Müller, J. Chem. Phys. 128,0124709 (2008)FörderungVolkswagenstiftung; DFG-Schwerpunktprogramm1164 Nano- und Mikrofluidik; DFG-Schwerpunktprogramm1369 Polymer-Festkörper-Kontakte;EU-ITN MULTIFLOWChemie


40Chemie


41GeowissenschaftenGeowissenschaften


42Die Entwicklung der Atmosphäre der Erde vor 2.5 GigajahrenPlanetenentwicklung und LebenU. Langematz, M. Kunze, A. Hamann-Reinus,Institut für Meteorologie, Freie Universität BerlinKurzgefasst• Das Kl<strong>im</strong>a der frühen Erde während des Archaikumsvor 2.5 Milliarden Jahren vor heute wirdmodelliert.• Die Untersuchung des Paradoxons der schwachenjungen Sonne mit dem EMAC-FUB zeigt,dass flüssiges Wasser bei einer Erhöhung desCO 2 –Gehalts um das 10-fache möglich ist..Die Helmholtz Allianz ’Planetenentwicklung undLeben’ beschäftigt sich mit Fragestellungen, dieeinen weiten Bogen spannen von der Entstehungeines Planetensystems, über die Voraussetzungen,die vorhanden sein müssen um dieEntwicklung von Leben auf einem Planeten zuermöglichen, bis zu den Möglichkeiten des Lebenszur dauerhaften Bewohnbarkeit des Planetenbeizutragen. Die thematisch sehr weitgefächertenFragen werden mit einem interdisziplinären Ansatzuntersucht, bei dem Geologen, Biologen, Astronomenund Meteorologen zusammenarbeiten.In diesem Teilprojekt der HGF-Allianz wird mitnumerischen S<strong>im</strong>ulationen die Entwicklung desKl<strong>im</strong>as der Erde während der Archaikums vor3–2.5 Milliarden Jahren (Ga) vor Heute untersucht.Zum Einsatz kommt dabei das globaleKl<strong>im</strong>a-Chemie Modell EMAC-FUB (ECHAM MES-Sy Atmospheric Chemistry) [1]. Das Kl<strong>im</strong>amodellECHAM bildet in dieser Modellkonfiguration dasBasismodell. Es ist aus dem Wettervorhersagemodelldes europäischen Zentrums für mittelfristigeWettervorhersage (ECMWF) hervorgegangen,und damit entsprechend komplex und rechenzeitintensiv.Die Modularität des Programms erlaubtes für die Untersuchungen relevante Module anzukoppeln,wie z.B. MECCA [4] das Modul zur Berechnungder atmosphärischen Chemie oder dasModul des Mischungsschichtozeans [3].Die Zusammensetzung der Atmosphäre zur Zeitdes Archaikums kann mit Hilfe der Analyse vonGesteinsfunden abgeschätzt werden. Trotz großerUnsicherheiten ergibt sich das Bild einer Atmospäremit hohen Konzentrationen von Kohlendioxid(CO 2 ) und einem sehr geringem Sauerstoffanteil.Wie die Erde hat auch unser Zentralstern, dieSonne, eine Entwicklung durchlaufen, die mit ihremStandardmodell beschrieben werden kann.Demnach betrug die Leuchtkraft der Sonne vor 2.5Ga nur etwa 82 % des heutigen Wertes. Die Folgendieser schwachen jungen Sonne für die kl<strong>im</strong>atischenBedingungen auf der Erde wurden bereitsin den 1970er Jahren mit einfachen Modellenabgeschätzt: bei Annahme der heutigen atmosphärischenZusammensetzung, global gemittelteTemperaturen s<strong>im</strong>uliert, die weit unter demGefrierpunkt von Wasser liegen. Diese Ergebnissesind aber <strong>im</strong> Widerspruch zu geologischenUntersuchungen archaischer Gesteinsfunde, diedie Existenz flüssigen Wassers auf der frühenErde belegen. Durch die Erhöhung der Konzentrationdes Treibhausgases CO 2 kann die Oberflächentemperaturerhöht werden. Die meisten Modelleerfordern aber CO 2 –Konzentrationen, die außerhalbder aus Gesteinsfunden abgeschätztenWerte liegen.Das auch als Paradoxon der schwachen jungenSonne bekannte Phänomen wird in unserem Projektmit dem EMAC-FUB untersucht. Als Proxysternfür die junge Sonne wird der Zwergstern β–com gewählt, der mit einem Alter von 2.1 Ga mitder Sonne während des Archaikums vergleichbarist. Das Auffällige am solaren Spektrum einer jungenSonne ist der, verglichen mit der heutigen Sonne,höhere Anteil an UV-Strahlung. Im sichtbarenund nahen Infrarot dagegen ist die solare Einstrahlunggegenüber der heutigen Sonne deutlich reduziert,was insgesamt zu einer geringeren totalensolaren Einstrahlung führt. Die hochauflösendeStrahlungsparametrisierung für die solare StrahlungFUBRad [2], die <strong>im</strong> EMAC-FUB zur Anwendungkommt, ist besonders geeignet die Effekteeiner modifizierten spektralen Verteilung der Einstrahlungzu s<strong>im</strong>ulieren.Abbildung 1 zeigt den Effekt der reduzierten Einstrahlungeiner jungen Sonne auf die zonal gemittelteTemperatur bei heutiger atmosphärischerZusammensetzung (R2.5) und erhöhter CO 2 –Konzentration (R2.5C) <strong>im</strong> Vergleich zu einem Modelllaufmit heutiger solarer Einstrahlung (Ctrl).Die S<strong>im</strong>ulationen sind mit einem Mischungsschichtozeandurchgeführt, unter der Annahmeeines globalen Ozeans. Da die totale solareEinstrahlung deutlich vermindert ist, kommt eserwartungsgemäß zu einer starken Abkühlungin der Troposphäre und der Ausbildung eineskomplett zugefrorenen Ozeans. In der Stratosphäre,die durch die Absorption von kurzwelligerStrahlung durch Ozon und Sauerstoff erwärmtwird, kommt es dagegen zu einer Erwärmung,da die junge Sonne besonders <strong>im</strong> UV-Bereichdes solaren Spektrums deutlich intensiver strahlt.Geowissenschaften


43Bei einer Verzehnfachung des CO 2 –Gehalts sorgtder Treibhauseffekt für eine Erwärmung in der Troposphäre,so dass in den Tropen nun offenes Wasserzu finden ist. In der Stratosphäre dagegensorgt das zusätzliche CO 2 durch verstärkte Abstrahlung<strong>im</strong> langwelligen Spektralbereich für eineAuskühlung. Insgesamt kühlt sich die Stratophäreab, denn die Erwärmung durch die erhöhte UV-Strahlung wird durch die CO 2 –Abkühlung mehr alskompensiert.Neben diesen Exper<strong>im</strong>enten zur solaren Einstrahlungund der atmosphärischen Zusammensetzungsind weitere Modells<strong>im</strong>ulationen in Vorbereitung,die andere Aspekte des Kl<strong>im</strong>as der frühenErde untersuchen.Mehr zum Thema1. Jöckel, P. et al., The atmospheric chemistry generalcirculation model ECHAM5/MESSy1: consistents<strong>im</strong>ulation of ozone from the surface tothe mesosphere, Atmos. Chem. Phys., 6, 5067-5104, 2006.2. Nissen, K., K. Matthes, U. Langematz und B.Mayer, Towards a better representation of thesolar cycle in general circulation models, Atmos.Chem. Phys., 7, 5391-5400, 2007.3. Roeckner, E., T. Siebert und J. Feichter, Cl<strong>im</strong>ateresponse to anthropogenic sulfate forcing s<strong>im</strong>ulatedwith a general circulation model, In: Aerosolforcing of cl<strong>im</strong>ate, Verlag JohnWiley & Sons,Chichester, New England, USA, 349-362, 1995.4. Sander, R., A. Kerkweg, P. Jöckel und J. Lelieveld,Technical Note: The new comprehensiveatmospheric chemistry module MECCA., Atmos.Chem. Phys., 5, 445-450, 2005.5. http://www.dlr.de/pf/desktopdefault.aspx/tabid-4843Abbildung 1: Dezember/Januar/Februar Langzeitmittel(20 Jahre) der zonal gemittelten Temperaturfür ausgewählte Modells<strong>im</strong>ulationenmit einem die ganze Erde bedeckendenMischungsschichtozean: (Ctrl) mit heutigersolarer Einstrahlung; (R2.5) mit angepasster,spektral aufgelöster solarer Einstrahlungfür 2.5 Ga; (R2.5C) wie R2.5 mit10xCO 2 .FörderungHGF-<strong>Forschung</strong>sallianz ’Planetenentwicklung undLeben’Geowissenschaften


44Habitabilitäts- und Kl<strong>im</strong>astudien erdähnlicher ExoplanetenAtmosphärische Dynamik und Chemie terrestrischer ExoplanetenH.Rauer, M.Godolt, Zentrum für Astronomie undAstrophysik, TU BerlinKurzgefasst• Ziel/Motivation: Untersuchung der Habitabilitätund des Kl<strong>im</strong>as erdähnlicher extrasolarer Planetenum verschiedene Zentralsterne• Methoden: Verwendung eines Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modells für die Erde zur Erfassung komplexerWechselwirkungen einer erdähnlichenAtmsophäre• Studien zum Einfluss der Energieverteilung derstellaren Einstrahlung und der Umlaufzeit desPlaneten um seinen ZentralsternDas Projekt wird <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Forschung</strong>sallianzPlanetenentwicklung und Leben derHelmholtz-Gemeinschaft durchgeführt. In dieserAllianz soll die Wechselwirkung von Leben undplanetarer Entwicklung näher beleuchtet werden.Es soll erschlossen werden, welche Faktoren dasPotential eines planetaren Körpers für die Entstehungund Entwicklung von Leben best<strong>im</strong>men. Derdabei verfolgte Ansatz ist tief greifender und umfassenderals bisherige, da der gesamte Planet vonseiner äußeren Hülle (Atmosphäre und Magnetosphäre)bis zum Planeteninneren mit einbezogenwird. Hierbei sind terrestrische Planeten innerhalbdes Sonnensystems, wie Mars und Venus, aberauch einige Monde, wie Titan und Europa, Gegenstandder Untersuchungen, bis hin zu Planetenaußerhalb unseres Sonnensystems.Für solche extrasolare terrestrische Planeten istdie Fragestellung nach der Habitabilität, d.h. derBewohnbarkeit, meist verknüpft mit der Möglichkeitflüssiges Wasser auf der Oberfläche zu besitzen[1], da Leben, wie wir es kennen, flüssiges Wasserbenötigt. Die Fragestellung nach dem Kl<strong>im</strong>a auf extrasolarenterrestrischen Planeten wird häufig anhand1-d<strong>im</strong>ensionaler (1D) Kl<strong>im</strong>amodelle bearbeitet,da diese Modelle die Erschließung des großenParameterbereichs der möglichen Szenarien aufgrunddes geringeren Rechenaufwands erlauben,sowie weniger Annahmen über die Beschaffenheiteines solchen Planeten und seiner Atmosphärebenötigen als 3-d<strong>im</strong>ensionale (3D) Modelle. Eskonnte jedoch gezeigt werden, dass die atmosphärischeDynamik für einige Szenarien überauswichtig werden kann. So zeigten Joshi et al. [2],dass für einen Planeten, der sich in einem synchronenOrbit um einen Stern befindet, d.h. er besitzteine permanente Tag- und Nachtseite, der Transportvon Wärme und Impuls vor einem Ausfrierender Atmosphäre bewahren kann. Des Weiterenkönnen in einem 1D Modell Rückwirkungender Planetenoberfläche, wie z.B. ein Albedofeedbackdurch die Bedeckung der Oberfläche mitSchnee oder Eis, oder auch die Verzögerung derErwämung einer Planetenoberfläche aufgrund desVorhandseins eines Ozeans schwer erfasst werden.Auch die Berücksichtigung von Wolken undihrer Auswirkung auf das planetare Kl<strong>im</strong>a sind ineinem 1D Modell schwerer zu realisieren.Daher wird in diesem Projekt ein komplexesfür die Erde entwickeltes Kl<strong>im</strong>a-Chemie Modell(EMAC, Jöckel et al. 2006[3]) in Zusammenarbeitmit dem Meteorologischen Institut der FreienUniversität Berlin angewandt, um sich den komplexenWechselwirkungen <strong>im</strong> Kl<strong>im</strong>asystem eineserdähnlichen Exoplaneten zu nähern.Hauptfaktoren, die die Habitabilität eines terrestrischenExoplaneten beinflussen, sind der Energieeintragdurch den Zentralstern sowie die Zusammensetzungund Masse der Atmosphäre. Wir untersuchen,welchen Einfluss der Typ des Zentralsternsauf das Kl<strong>im</strong>a und die atmosphärische Chemiehat, wobei wir den gleichen Gesamtenergieeintragdurch den Stern in die Atmosphäre, sowiedie gleiche Beschaffenheit der Planetenoberflächeund Zusammensetzung der Atmosphäre annehmenwie für die Erde. Für einen anderen Zentralsternergeben sich einerseits eine Änderungder spektralen Energieverteilung der Einstrahlungund andererseits eine veränderte Umlaufzeit desPlaneten um seinen Stern.Der Einfluss der Energieverteilung ist vielfältig.Zum einen ändert sich die Temperatur- unddie Druckstruktur der Atmosphäre aufgrund derveränderten Absorption durch Moleküle in der Atmosphäre,welche stark wellenlängenabhängig ist.Hierzu wurde <strong>im</strong> Rahmen des Projekts z.B. bereitsder Einfluss der veränderten Energieverteilungder Einstrahlung auf die Stratosphäre untersucht.Angenommen wurde die Energieverteilungeines K-Sterns, welcher aufgrund seiner niedrigerenEffektivtemperatur weniger Energie <strong>im</strong> visuellenBereich und mehr <strong>im</strong> IR abstrahlt als die Sonne.Aufgrund der fehlenden Strahlung in dem Wellenlängenbereichin dem Ozon absorbiert, ist dieHeizung der Stratosphäre schwächer, was zu niedrigerenstratosphärischen Temperaturen als für dieErde führt, wie in der Abbildung zu sehen ist. Dadurchverändert sich die atmosphärische Dynamik,welche unter anderem durch Temperaturgradientenangetrieben wird.Geowissenschaften


45Abbildung 1: Zonalgemittelte Temperaturdifferenz (in Kelvin) <strong>im</strong> Januar in Abhängigkeit von geographischer Breiteund Höhe (hier als Druck dargestellt) zwischen einer erdähnlichen Atmosphäre unter dem Einflusssolarer Einstrahlung und der entsprechenden Einstrahlung eines K-SternsDes Weiteren führt eine veränderte Energieverteilungzu einer Änderung der atmosphärischenChemie, die stark durch die Wechselwirkungder einfallenden stellaren Strahlung mit atmosphärischenMolekülen beeinflusst wird. So istzu erwarten, dass sich vor allem die Ozonverteilungstark verändert. Dies wurde bereitsmit 1D-Modellen untersucht [4]. Die Ozonverteilungauf der Erde ist jedoch nicht nur photochemischbest<strong>im</strong>mt, sondern auch der Transportvon Ozon spielt hierfür eine entscheidende Rolle.Die Untersuchung des Zusammenspiels derveränderten Photochemie und atmosphärischenDynamik ist nur in komplexen 3D-Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modellen möglich, welche die Benutzung vonHochleistungsrechnern erforderlich machen.Um für einen anderen Sterntyp den gleichen Gesamtenergieeintragin die Atmosphäre zu erhalten,muss der Abstand zwischen dem Planeten und seinemStern ein anderer sein. So muss ein Planetz.B. weiter von einem Stern höherer Leuchtkraftentfernt sein. Dies führt zu veränderten Umlaufzeitendes Planeten um den Stern, und somit zueiner anderen Jahreszeitenlänge, welche sich aufdie mittleren Temperaturen auswirken sollte.Die Einflüsse der veränderten Energieverteilungund der Umlaufzeit sollen einzeln untersucht werden,um die Auswirkungen und Wechselwirkungenin der Atmosphäre besser zu verstehen. Abschließendsoll in einem vollständigen Szenario untersuchtwerden, wie sich die verschiedenen Einflüsse<strong>im</strong> komplexen Zusammenspiel auswirken.Mehr zum Thema1. Kasting, J. F. , Whitmire, D. P. and Reynolds,R.T. (1993): Habitable Zones around Main SequenceStars, Icarus, 101, 108-1282. Joshi, M. M. R. M. Haberle and R. T. Reynolds(1997): S<strong>im</strong>ulations of the Atmospheres of SynchronouslyRotating Terrestrial Planets OrbitingM Dwarfs: Conditions for Atmospheric Collapseand the Implications for Habitability. Icarus, 129,450-4653. Jöckel, P, Tost, H., Pozzer, A. et al. (2006):Theatmospheric chemistry general circulation modelECHAM5/MESSy1: consistent s<strong>im</strong>ulation ofozone from the surface to the mesosphere,Atmospheric Chemistry and Physics, 6, 5067-51044. Segura, A., Krelove, K., Kasting, J. F. et al.(2003): Ozone Concentrations and UltravioletFluxes on Earth-like Planets Around OtherStars, Astrobiology, 3, 689-708FörderungHGF-<strong>Forschung</strong>sallianz ’Planetenentwicklung undLeben’Geowissenschaften


46Wie beeinflußt der 11-jährige Sonnenfleckenzyklus das Kl<strong>im</strong>a?Project on Solar Effects on Chemistry and Cl<strong>im</strong>ate including Ocean Interactions(ProSECCO)U. Langematz, A. Kubin, Institut für Meteorologie,Freie Universität BerlinKurzgefasst• Neben dem durch menschliche Aktivität verursachtenKl<strong>im</strong>awandel beeinflussen auchnatürliche Faktoren wie der 11-jährige Sonnenfleckenzyklusoder Vulkanausbrüche das Kl<strong>im</strong>a.• Aus Messungen weiß man, dass sich zum Beispieldie Temperatur oder der Niederschlag inder unteren Atmosphäre mit dem 11-jährigenSonnenfleckenzyklus ändern.• Es ist noch ungeklärt, wie diese Änderungen genauzustande kommen. Es gibt Hinweise dafür,dass sowohl Sonneneinstrahlungs- als auch luftchemischeProzesse an der Entstehung der gemessenenÄnderungen beteiligt sind.• S<strong>im</strong>ulationen mit einem Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modellsollen helfen, die Abläufe in der Atmosphärewährend der Änderung der Sonnenaktivität zuverstehen.Der 11-jährige Sonnenfleckenzyklus kann das Kl<strong>im</strong>aauf der Erde auf verschiedene Arten beeinflussen.Einerseits n<strong>im</strong>mt die gesamte Sonneneinstrahlungzu, wenn die Zahl der Sonnenflecken zun<strong>im</strong>mt.Dadurch kommt in den wolkenfreien Gebietender Subtropen an der Erdoberfläche mehr Sonnenenergiean. Andererseits ändert sich die spektraleZusammensetzung der Sonnenstrahlung, diedie Erdatmosphäre erreicht. Am stärksten reagiertdie UV-Strahlung mit sehr kurzen Wellenlängen,die mit steigender Sonnenaktivität zun<strong>im</strong>mt. Eineverstärkte kurzwellige Sonneneinstrahlung beeinflusstdie Erwärmungsraten und die Temperatur inden oberen Schichten der Atmosphäre, insbesonderein der Stratosphäre (zwischen 18 und 50 km),wo sich in etwa 30 km Höhe die Ozonschicht befindet.Der Ozongehalt der Luft wird ebenfalls vonder veränderten UV-Strahlung beeinflusst. Ozongehaltund Temperatur stehen in enger Wechselwirkungmiteinander. Darüber hinaus können geladeneTeilchen von der Sonne die Erdatmosphäreerreichen und die chemische Zusammensetzungder Luft verändern. Dies geschieht meist in denPhasen abnehmender Sonnenaktivität.Im vorliegenden Projekt wird der Einfluss derwellenlängenabhängigen Änderung der Sonneneinstrahlungmit dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklusauf die Erdatmosphäre mit Hilfe von Modells<strong>im</strong>ulationenuntersucht. Der enge Zusammenhangvon Temperatur und chemischer Zusammensetzungder Luft erfordert den Einsatz einessogenannten Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modells (Chemistry-Cl<strong>im</strong>ate Model, CCM). Das Modell EMAC-FUB s<strong>im</strong>uliertatmosphärenphysikalische Größen wie dieTemperatur, die Windgeschwindigkeit und Windrichtung,die Luftfeuchte und chemische Größenwie die Konzentrationen von Spurenstoffen (Ozon,Methan, Lachgas, etc.) auf einem Gitter, das miteiner Maschenweite von 2.8 mal 2.8°über die Erdegelegt wird und vom Boden bis in etwa 80 kmHöhe reicht. Das Modell beinhaltet ein Strahlungsschema,das <strong>im</strong> Vergleich zu den üblicherweisein Kl<strong>im</strong>amodellen verwendeten Codes spektral höheraufgelöst ist. Das heißt, <strong>im</strong> Bereich der UV-Strahlung werden 49 kleine Wellenlängenbereichebenutzt statt eines einzigen breiten Intervalls.Dies ist wichtig um die verhältnismäßig großenÄnderungen der Sonneneinstrahlung bei kurzenWellenlängen korrekt wiedergeben zu können. EineS<strong>im</strong>ulation mit dem Modell ist durch die Modellierungder chemischen Reaktionen an jedemGitterpunkt sehr rechenzeitaufwändig, 128 CPUsbenötigen etwa 24 Stunden um ein Jahr zu s<strong>im</strong>ulieren.Es kann gezeigt werden, dass ein vergleichsweiseschwacher äußerer Antrieb, wie die Variationder wellenlängenabhängigen Sonneneinstrahlung,zu messbaren Änderungen in der Stratosphäreführt. Beispielhaft soll dies an den Ergebnisseneiner S<strong>im</strong>ulation der Jahre 1960 bis 2005 erklärtwerden. Für diese S<strong>im</strong>ulation wurden beobachteteMeeresoberflächentemperaturen und Meereisbedeckungenvorgegeben. Außerdem ging der beobachteteAnstieg sowohl von Treibhausgasen alsauch von Ozon zerstörenden Substanzen in dieS<strong>im</strong>ulation ein. Drei starke Vulkanausbrüche inden Jahren 1963, 1982 und 1991, die die Atmosphärebis in große Höhen beeinflusst haben, wurdenebenfalls berücksichtigt. Da mehrere Einflüssegleichzeitig auf die Atmosphäre einwirken, wird zurAuswertung eine so genannte multiple lineare Regressionsmethodebenutzt. Damit ist es möglich,die Änderungen, die vom 11-jährigen Sonnenfleckenzyklusverursacht werden, von anderen Variationen(z.B. Schwankungen der Meeresoberflächentemperaturen<strong>im</strong> Zusammenhang mit demElNiño-Phänomen) zu trennen.Im Sonnenfleckenmax<strong>im</strong>um ist in etwa 45-50 kmHöhe die Temperatur <strong>im</strong> Mittel über das ganze Jahrum 1 K erhöht. Gleichzeitig findet man in etwaGeowissenschaften


47Abbildung 1: Temperaturdifferenz in Grad Kelvin in Bodennähe <strong>im</strong> Februar zwischen einer Periode großer Sonnenanktivitätund einer Periode geringer Sonnenaktivität über Europa und dem Nordatlantik, s<strong>im</strong>uliert mitdem Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modell EMAC-FUB.30 km Höhe in den mittleren Breiten <strong>im</strong> Jahresmittelbis zu 3% mehr Ozon. In den Wintermonatenauf der Nordhalbkugel ist der Westwindstrahlstromin der Stratosphäre <strong>im</strong> Sonnenfleckenmax<strong>im</strong>umstärker als <strong>im</strong> Min<strong>im</strong>um. Die Änderungen inder Stratosphäre beeinflussen ihrerseits die untereAtmosphäre und sind <strong>im</strong> Winter und Sommer besondersstark. Der Strahlstrom in der mittleren Troposphäre(8-10 km) ist in Phasen hoher Sonnenaktivitätgeschwächt und zu höheren Breiten hin verschoben.Gleichzeitig ist die Lufttemperatur in Bodennähein Europa höher als in Perioden geringerSonnenaktivität (siehe Abbildung). Dies hängt mitder Verstärkung von charakteristischen Luftdrucksystemenüber dem Nordatlantik zusammen, in derenFolge verstärkt milde Luft nach Europa transportiertwird. Auch in anderen Regionen der Erdekönnen beobachtete Änderungen mit dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus <strong>im</strong> Modell nachvollzogenwerden. Der Niederschlag über der ArabischenHalbinsel während des Indischen Sommermonsuns<strong>im</strong> August ist <strong>im</strong> Sonnenfleckenmaxiumhöher als in Phasen geringer Sonnenaktivität.Die S<strong>im</strong>ulationen mit den Kl<strong>im</strong>a-Chemie-Modellerlauben auch gezielte Studien zur Wichtigkeiteinzelner Randbedingungen für die Entstehungdes 11-jährigen Sonnensignals in der Atmosphäre.Zum Beispiel können die Meeresoberflächentemperaturenkontrolliert variiert werden,um die Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphärein Bezug auf den Sonneneinfluss zu erforschen.Im Rahmen dieses Projektes wurde auch einelange S<strong>im</strong>ulation von 1960 bis 2100 durchgeführt.Damit sollte untersucht werden wie sich das Kl<strong>im</strong>aunter hauptsächlich natürlichen Einflüssen, ohneAnstieg der Treibhausgaskonzentrationen entwickelt.Es wurde aber mit realistischen KonzentrationenOzon zerstörender Substanzen gerechnet.Ergebnisse dieser S<strong>im</strong>ulation haben Eingangin den WMO-Bericht <strong>2011</strong> [2] gefunden.Mehr zum Thema1. Gray, L.J. et al., 2010: Solar Influences on Cl<strong>im</strong>ate,Reviews in Geophysics, 48, RG4001,doi:10.1029/2009RG000282.2. WMO <strong>2011</strong>: Scientific Assesment of Ozone Depletion:2010 (in press).3. Eyring, V. et al., 2010: Multi-model assessmentof stratospheric ozone return dates and ozonerecovery in CCMVal-2 models, ACP, 10, 9451-9472.4. www.iap-kborn.de/CAWSES.29.0.htmlFörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1176 ”Kl<strong>im</strong>a undWetter des Systems Sonne/Erde (CAWSES)”Geowissenschaften


48Kl<strong>im</strong>awandel in der Stratosphäre - wie best<strong>im</strong>mt die Stratosphäreunser Kl<strong>im</strong>a?Stratospheric Change and its Role for Cl<strong>im</strong>ate Prediction (SHARP)U. Langematz, S. Meul, S. Oberländer, Institut fürMeteorologie, Freie Universität BerlinKurzgefasst• Der Kl<strong>im</strong>awandel hat nicht nur Auswirkungenauf die Troposphäre sondern auch auf höhereSchichten unserer Erdatmosphäre.• Die DFG-Forschergruppe SHARP untersucht anhandvon Modells<strong>im</strong>ulationen am <strong>HLRN</strong> die Folgendes Kl<strong>im</strong>awandels in der Stratosphäre unddie daraus resultierenden Rückwirkungen auftroposphärisches Wetter und Kl<strong>im</strong>a.• Ansteigende Treibhausgaskonzentrationen bedingeneine stratosphärische Abkühlung, dieÄnderungen in der Chemie und Dynamik derStratosphäre nach sich ziehen.• Anthropogene Emissionen halogener Quellgase(FCKWs) bewirken einen verstärkten Ozonabbau,der in der Südpolarregion zur Ausbildungdes Ozonlochs führte.Die DFG-Forschergruppe Stratospheric Changeand its Role for Cl<strong>im</strong>ate Prediction (SHARP)hat zum Ziel, das Verständnis des globalen Kl<strong>im</strong>awandelsund somit die Genauigkeit von Prognosenzukünftiger Kl<strong>im</strong>aänderungen zu verbessern. DerSchwerpunkt von SHARP liegt auf der Identifizierung,Erklärung und Vorhersage von Änderungenin der Stratosphäre, die sich infolge des Kl<strong>im</strong>awandelseinstellen. Zudem wird deren Rückkoppelungauf die Troposphäre und damit auf Wetter und Kl<strong>im</strong>auntersucht. SHARP orientiert sich dabei inhaltlichan den Empfehlungen des SchwerpunktprogrammsStratospheric Processes and their Rolein Cl<strong>im</strong>ate (SPARC) des Weltkl<strong>im</strong>aforschungsprogramms(WCRP) der WMO. In vier wissenschaftlichenTeilprojekten untersucht SHARP mit dem Kl<strong>im</strong>awandelverbundene Änderungen• der stratosphärischen Meridionalzirkulation(Projekt SHARP-BDC)• der Entwicklung des stratosphärischen Ozons(Projekt SHARP-OCF)• des stratosphärischen Wasserdampfgehalts(Projekt SHARP-WV) und• der Kopplung zwischen Stratosphäre undTroposphäre (Projekt SHARP-STC).SHARP ist ein Gemeinschaftsprojekt von achtdeutschen <strong>Forschung</strong>seinrichtungen sowie internationalenPartnern und wird an der Freien UniversitätBerlin (FUB) koordiniert. Neben der FUB sinddie Universitäten Bremen, Karlsruhe, Frankfurt undHeidelberg sowie die Max-Planck-Institute für Meteorolgiein Hamburg und für Chemie in Mainz unddas Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt inOberpfaffenhofen beteiligt.Am Institut für Meteorologie der FU Berlinwerden in Zusammenarbeit mit dem <strong>HLRN</strong> numerischeModells<strong>im</strong>ulationen mit dem gekoppeltenKl<strong>im</strong>a-Chemie-Modell EMAC-FUB durchgeführt.Dabei handelt es sich um ein globalesAtmosphärenmodell, welches sich vom Erdbodenbis in eine Höhe von rund 80 km erstreckt.Im Rahmen von SHARP werden zurgezielten Untersuchung einzelner Kl<strong>im</strong>aantriebeSensitivitätsstudien in Form von Modells<strong>im</strong>ulationenüber mehrere Jahre unter gleichbleibendenRandbedingungen realisiert. So werden z.B. dieEinflüsse von Änderungen in den Meeresoberflächentemperaturen,der Treibhausgaskonzentrationenund des stratosphärischen Wasserdampfgehalts,sowie der arktischen Meereisbedeckungauf die Stratosphäre und auf das zukünftige Kl<strong>im</strong>auntersucht. Darüber hinaus soll analysiert werden,wie sich das Kl<strong>im</strong>a ohne FCKW-bedingte Ozonabnahmeentwickelt hätte. Erste Ergebnisse werden<strong>im</strong> Folgenden kurz vorgestellt.Um Aussagen zu den zeitlichen Änderungender atmosphärischen Dynamik und Chemie <strong>im</strong> Zugedes Kl<strong>im</strong>awandels treffen zu können, werdenS<strong>im</strong>ulationen unter vorindustriellen Bedingungen(d.h. Mitte des 19. Jahrhunderts) und zukünftigenBedingungen (d.h. Mitte des 21. Jahrhunderts) miteiner Referenz-S<strong>im</strong>ulation für gegenwärtige Bedingungenverglichen. Als Beispiele werden hier dieentsprechenden Änderungen der zonal gemitteltenTemperatur und des räumlichen Gesamtozonfeldeserläutert. Im kl<strong>im</strong>atologischen Mittel n<strong>im</strong>mtdie Temperatur vom Erdboden bis zur Tropopause(in ca. 10 bis 15 km Höhe) ab und erreicht<strong>im</strong> Bereich der tropischen Tropopause mit -80°Cdie niedrigsten Werte. In der Stratosphäre steigtdie Temperatur bis auf rund -20°C in 50 km Höhean; in der darüberliegenden Mesosphäre wird eswieder kälter. Die kl<strong>im</strong>atologische Verteilung desTotalozons weist geringe Werte über den Tropenund in der Südpolarregion (Antarktisches Ozonloch)auf. Hohe Werte <strong>im</strong> Gesamtozonfeld befindensich in hohen Breiten beider Hemisphären,das Max<strong>im</strong>um <strong>im</strong> Jahresmittel wird in der Nordpolarregionerreicht. Abbildung 1 (links oben) zeigt,dass die Troposphäre in der Mitte des 19. Jahr-Geowissenschaften


49Abbildung 1: Änderungen von Temperatur in K (Breiten-Höhenschnitt, links) und Gesamtozonsäule in DU (Längen-Breitenschnitt, rechts) <strong>im</strong> Jahresmittel. Oben: Differenz zwischen vorindustrieller und heutiger Zeit;unten: Differenz zwischen Zukunft und heutiger Zeit.hunderts bis zu 1 Kelvin (K) kälter war als heute,während die Stratosphäre mit bis zu 6 K deutlichwärmer war. Diese Tendenz setzt sich in der Zukunftfort (Abb. 1, links unten); für die Mitte des21. Jahrhunderts ergibt sich eine Erwärmung vonrund 2 K gegenüber der heutigen Zeit mit max<strong>im</strong>alenÄnderungen in den Tropen und eine weitereAbkühlung mit Max<strong>im</strong>alwerten von 5 K <strong>im</strong> Bereichder tropischen Stratosphäre in ca. 50 km Höhe. DieErklärung für diese Ergebnisse liegt in der Zunahmeder anthropogenen Treibhausgaskonzentrationenseit Beginn der Industrialisierung. Diese bewirktin der Troposphäre einen Temperaturanstiegund in der Stratosphäre eine Abkühlung.Die stärksten Änderungen in der Gesamtozonverteilungseit der vorindustriellen Zeit ergebensich in hohen Breiten (Abb. 1, oben rechts). In derNordhemisphäre findet man niedrigere Ozonwertefür die Vergangenheit, während in den südlichenpolaren Breiten positive Abweichungen von bis zu40 Dobson Units (DU) auftreten. Die drastische Abnahmedes antarktischen Ozons seit der vorindustriellenZeit ist ein Ergebnis der chemischen Ozonzerstörunginfolge der anthropogenen Emissionvon Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffen (FCKWs) vorallem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.Für die Zukunft (Abb. 1, rechts unten) wird eineErholung des Gesamtozons in hohen Breitenbeider Hemisphären s<strong>im</strong>uliert. Da in dieser S<strong>im</strong>ulationdie Regulierung der FCKWs durch dasMontreal Protokoll nicht berücksichtigt wird, ist derErholungseffekt auf die erhöhten Treibhausgasezurückzuführen.Mehr zum Thema1. Offizielle SHARP-Webseite:http://www.fu-berlin.de/sharp/FörderungDFG-Forschergruppe FOR 1095 “StratosphericChange and its Role for Cl<strong>im</strong>ate Prediction”(SHARP)Geowissenschaften


50Wasser über den WolkenBerechnung der Wasserdampfkonzentrationen aus L<strong>im</strong>b-Messungen desSatelliteninstrumentes SCIAMACHYK. Weigel, W. Lotz, M. Vountas, Institut für Umweltphysik(IUP), Universität BremenKurzgefasst• Wasserdampf ist das wichtigste natürliche Treibhausgasin der Atmosphäre.• Auch der Wasserdampf oberhalb der Wolken,in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphärebeeinflusst unser Kl<strong>im</strong>a.• SCIAMACHY (engl.: Scanning Imaging AbsorptionspectroMeter for Atmospheric CHartographY)Satellitenmessungen bieten uns die Möglichkeit,eine lange und dichte Zeitserie des Wasserdampfszu berechnen; es gibt bis heute fast 3Millionen solcher Messungen und täglich kommenüber 1000 dazu.• Wegen der Menge der Profile und weil zur Berechnungdes Wasserdampfs aufwendige Strahlungstransportrechnungennötig sind, ist der Rechenzeitbedarfgroß.Wasser gibt es in er Atmosphäre nicht nur als Regen,Schnee und in Form von Wolkentröpfchenund Eiskristallen, sondern auch als Wasserdampf.Der ist durchsichtig, das heißt wir können ihnmit unseren Augen nicht sehen. Trotzdem spielter für die Strahlung in unserer Atmosphäre einewichtige Rolle: Er lässt das sichtbare Licht, dasvon der Sonne kommt, ungehindert zum Bodendurch, absorbiert aber viel Strahlung <strong>im</strong> infrarotenBereich und damit die von der Erde emittierteWärmestrahlung. Das macht den Wasserdampfzum wichtigsten natürlichen Treibhausgas in unsererAtmosphäre. Den meisten Wasserdampf findetman nahe des Erdbodens, aber selbst oberhalbder Wolken gibt es noch Wasserdampf. Modellstudienhaben gezeigt, dass er auch in diesemHöhenbereich, der oberen Troposphäre undder unteren Stratosphäre, einen deutlichen Einflussauf unser Kl<strong>im</strong>a am Boden hat. Wie groß dieserEinfluss genau ist, hängt dabei von der Konzentrationdes Wasserdampfes ab.Aber wie viel Wasserdampf ist dort genau?Das variiert je nach Ort und Zeit stark. Deshalb istes ein Ziel des DFG Projektes SHARP (engl.: StratosphericChange and its Role for Cl<strong>im</strong>ate Prediction)[1] zu einem besseren Verständnis der Verteilungund der zeitlichen Änderung des Wasserdampfgehaltesin der Atmosphäre und dessen Wirkungauf das Kl<strong>im</strong>a beizutragen. Dazu braucht manmöglichst globale, regelmäßige und dichte Messungendes Wasserdampfs. Solche Messungenoberhalb der Wolken gibt es vor allem von Satelliten.Wir arbeiten daran, <strong>im</strong> Rahmen von SHARPeine Zeitserie der zonal gemittelten Wasserdampfkonzentrationaus Messungen von SCIAMACHY(engl.: Scanning Imaging Absorption spectroMeterfor Atmospheric CHartographY) seit August 2002bereitzustellen.Was ist SCIAMACHY? SCIAMACHY ist einSpektrometer auf dem europäischen Satelliten EN-VISAT, der die Erde seit 2002 14.4 Mal jeden Tagumrundet [2]. Um Informationen aus verschiedenenHöhen in der Atmosphäre zu bekommen, sindL<strong>im</strong>b-Messungen von SCIAMACHY besonders gutgeeignet. Bei diesem Messmodus schaut das Instrumentdurch die Atmosphäre über den Erdbodenhinweg in Richtung des Weltraumes. Dabeiwird für Höhenstufen von jeweils 3.3 km ein Spektrumdes gestreuten Sonnenlichts gemessen. Ausdiesen Spektren berechnen wir Wasserdampfprofile<strong>im</strong> Höhenbereich zwischen 11 km und 23 km.Wie kommt man von der gemessenen Strahlungzu Wasserdampfprofilen? Dazu werden diecharakteristischen Absorptionen der Wassermoleküle<strong>im</strong> infraroten Bereich des Spektrums genutzt.SCIAMACHY misst das gestreute Sonnenlichtin der Atmosphäre. Auf dem Weg zum Instrumentabsorbiert der Wasserdampf einen Teilder Strahlung, so dass man Absorptionslinien <strong>im</strong>gemessenen Spektrum sieht. Vereinfacht gesagt,verrät die Position der Linien, welche Gase sich inder Atmosphäre befinden. Die Linienstärke spiegeltdie Konzentration der jeweiligen Gase wieder.Allerdings spielen auch noch andere atmosphärischeGrößen, zum Beispiel Druck und Temperatur,eine Rolle. Deshalb kann man nicht direktaus den Spektren auf die Wasserdampfkonzentrationschließen. Um alle Einflüsse richtigberücksichtigen zu können, berechnen wir mitdem Strahlungstransportmodell SCIATRAN auseiner gegebenen Atmosphärenzusammensetzungdie Strahlung, die SCIAMACHY messen würde.Mit Hilfe inverser mathematischer Methoden wirddann in einem iterativen Verfahren das am bestenzur Messung passende Wasserdampfprofil ermittelt[3].Was ist das Besondere an den Wasserdampfprofilenaus SCIAMACHY Messungen? DieseMessungen sind mit wenigen Unterbrechungenseit August 2002 verfügbar. Das ist <strong>im</strong> Vergleichzu vielen anderen Satellitenmissionen bereits ei-Geowissenschaften


51Abbildung 1: Wasserdampf [molec/cm −3 ] in 12 km Höhe am 02. Januar 2008 aus SCIAMACHY Messungenne sehr lange, konsistente Zeitreihe, die auch inden nächsten Jahren weiter fortgesetzt werdensoll. Der gesammte SCIAMACHY Datensatz umfasstbereits ca. 3 Millionen Profile, die für die Berechnungdes Wasserdampfes geeignet sind, undjeden Tag kommen meist über 1000 neue dazu.Abbildung 1 zeigt alle berechneten Wasserdampfkonzentrationenaus den SCIAMACHY Messungenam 2. Januar 2008 auf einer Höhe von 12 km.Man erkennt die höheren Wasserdampfkonzentrationenin den Tropen und Subtropen <strong>im</strong> Vergleichzu höheren Breiten, aber auch Variationen auf einzelnenBreitenkreisen. Lücken gibt es, wenn hoheWolken eine Auswertung der Daten verhindern,und durch die Lage der Messpositionen von SCIA-MACHY: Sie sind so gewählt, dass jeweils innerhalbvon 6 Tagen die gesamte Erde betrachtetwird.Warum ist die Berechnung dieser Wasserdampfprofilebesonders aufwendig? Umdie Wasserdampfkonzentrationen best<strong>im</strong>men zukönnen, muss Mehrfachstreuung in der Atmosphäreberücksichtigt werden. Dazu sind Rechnungenauf einem dichten Gitter nötig. Gleichzeitigmuss ein relativ breiter Spektralbereich abgedecktwerden, um genügend Informationen überdie Wasserdampfabsorptionen zu erhalten. Dazukommt die ungeheure Datenmenge.Zur Zeit können wir nur etwa jeden siebten Tagder Messungen auswerten. Ziel ist aber, möglichstbald die Wasserdampfkonzentrationen für den gesamtenMesszeitraum zu best<strong>im</strong>men, um mehrüber den Wasserdampf in der Atmosphäre und seineAuswirkung auf das Kl<strong>im</strong>a lernen zu können.Mehr zum Thema1. www.fu-berlin.de/sharp/2. Bovensmann, H., Burrows, J. P., Buchwitz, M.,Frerick, J., Noël, S., Rozanov, V. V., Chance, 20K. V., and Goede, A. P. H.: SCIAMACHY: Missionobjectives and measurement modes, J. Atmos.Sci., 56, 127–149, 19993. Rozanov, A. and Weigel, K. and BovensmannH. and Dhomse, S. and Eichmann, K.-U. andKivi, R. and Rozanov, V. and Vömel, H. andWeber, M. and Burrows, J. P.: Retrieval ofwater vapor vertical distributions in the uppertroposphere and the lower stratosphere fromSCIAMACHY l<strong>im</strong>b measurements: www.atmos-meas-tech-discuss.net/3/4009/2010/amtd-3-4009-2010.html, Atmos. Meas. Tech. Discuss.,3, 4009-4057, 2010FörderungDFG-Forschergruppe FOR 1095 ”SHARP”Geowissenschaften


52Unstructured Mesh Ocean ModellingGlobal and regional ocean-ice s<strong>im</strong>ulations using FESOM: Toward applications withvariable resolution and regional focusP. Lemke, Q. Wang, D. Sidorenko, S. Danilov, J.Schröter, L. Nerger, Alfred Wegener Institute forPolar and Marine ResearchAbstract• The Finite Element Sea ice-Ocean Model (FE-SOM) developed at AWI provides the possibilityto s<strong>im</strong>ulate ocean and sea-ice on global unstructuredmeshes with a regional focus. Finescaleprocesses can be studied with less computationalresources than in traditional models usingfine resolution everywhere.• A global FESOM setup is validated using cl<strong>im</strong>atologyforcing. The model results compare wellwith those from other models driven by the sameforcing.• The formation process of Antarctic Bottom Waterin the western Ross Sea is studied using FESOMwith variable resolution. Tides can increase thebottom water outflow rate by 70% in our models<strong>im</strong>ulations.S<strong>im</strong>ulations with global sea ice-ocean models arewidely used to assist in understanding cl<strong>im</strong>ate dynamics.The Finite Element Sea ice-Ocean Model(FESOM) developed at AWI is a novel ocean generalcirculation model allowing one to s<strong>im</strong>ulateocean and sea-ice on unstructured meshes withvariable resolution. Local mesh refinement withoutnesting and a realistic representation of coastlinesand bottom topography is possible with FE-SOM. It consists of the Finite Element OceanModel (FEOM) coupled with a finite element seaice model [1] [2].Since FESOM numerics are essentially differentfrom those of regular grid models, model intercomparisonstudies are essential to assess the longtermperformance of FESOM against other modelswell approved by the oceanographic community.The feedbacks from such studies can help tofurther <strong>im</strong>prove the model with respect to both numericsand parameterizations. In this project wevalidated the model in a global setup under theCORE (Coordinated Ocean-ice Reference Exper<strong>im</strong>ents)framework, as it provides a common referencepoint for research groups developing and analyzingglobal ocean-ice models. The model wasrun for 500 years under repeating normal year cl<strong>im</strong>atologyforcing. The model results agree wellwith previous studies in terms of hydrography, seaice, heat and volume transport, and their long termtrend as well [3]. It is demonstrated that FESOMhas become a reliable tool for studying the oceangeneral circulation.In the ocean it frequently happens that localized,small-scale dynamics have <strong>im</strong>pact on the large oreven global scale. A very fine resolution is usuallyrequired to properly resolve them in numericals<strong>im</strong>ulations. To include their effects on the largeor even global scale it is computationally beneficialto use unstructured mesh models, which allowfor variable resolution with focus on these particularregions. Many regional studies performedthus far have been using regional configurationswith prescribed open boundaries. Models formulatedon unstructured meshes overcome this difficultyby seamlessly embedding the refined regionsin a larger domain or even in the global ocean. Besides,many <strong>im</strong>portant geometric and bathymetricfeatures in the ocean can only be resolved if a regionalfocus is allowed.The Antarctic Bottom Water (AABW) is an <strong>im</strong>portantingredient of the global meridional overturningcirculation. It feeds the coldest part of the globalbottom water and spreads at the sea floor overroughly twice the area covered by the North AtlanticDeep Water (NADW). AABW forms mainlyin a few regions in the Southern Ocean. Here weexploit FESOM to study the bottom water formationprocess in the western Ross Sea. S<strong>im</strong>ulating overflowsin the western Ross Sea requires a very highmesh resolution. This is not only due to the smallnessof the baroclinic Rossby radius in this region(∼6 km), but also because of the need to resolvesmall topographic features which can be <strong>im</strong>portantfor both steering and mixing effects. High meshresolution is also required to adequately s<strong>im</strong>ulatethe plume water over steep continental slopes (withslopes larger than 0.1 in many regions). A meshwith 0.5 km horizontal resolution in a coarse resolution(30 km) setup is used in this work. Theresearch focuses on the tidal <strong>im</strong>pact on overflowdynamics and bottom water production rate [4].The overflow from the western Ross Sea exhibitspronounced variability at both daily and springneaptidal t<strong>im</strong>e scales. Tides increase mixing overboth the outer shelf and upper slope there. Plumejets are shaped by tidal currents at a bathymetricbend west of the mouth of the Drygalski Trough,descending rapidly and supplying the bottom water(see Figure 1). A fraction of shelf water remainsover the shelf and propagates westward from theRoss Sea, but it does not contribute significantly toGeowissenschaften


53Figure 1: Four snapshots of bottom passive tracer concentration at spring tides with 6h intervals (clockwise). Thepassive tracer was injected into the high salinity shelf water (HSSW), the source of the overflow water.It is restored to one inside HSSW over the inner shelf and is set to zero anywhere else at the beginningof the s<strong>im</strong>ulation. Reduction of concentration along the plume path is due to mixing of HSSW with ambientwarm water. The black arrows indicate the near bottom velocity. These snapshots show the tidaladvection effect on the overflows.bottom water formation because of energetic mixingover the upper slope. Compared to a s<strong>im</strong>ulationwithout tidal forcing, tides (with the major K1 andO1 constituents) increase the outflow rate over thecontinental slope off Cape Adare by about 70%. Aset of sensitivity exper<strong>im</strong>ents show that the rate ofbottom water production is not a monotonic functionof the tidal currents amplitude. Tidal forcingwith intermediate strength leads to the most efficientbottom water formation.FESOM s<strong>im</strong>ulations require a massively parallelenvironment and would hardly be possible withoutthe support from <strong>HLRN</strong>. Our future work will needlarger meshes and more computational resources.We hope that it will also benefit from the <strong>HLRN</strong> assistance.More Information1. Wang, Q., S. Danilov, and J. Schröter (2008),Finite element ocean circulation model basedon triangular prismatic elements, with applicationin studying the effect of vertical discretization,J. Geophys. Res., 113, C05015,doi:10.1029/2007JC004482.2. T<strong>im</strong>mermann, R., S. Danilov, J. Schröter, C.Böning, D. Sidorenko, and K. Rollenhagen(2009), Ocean circulation and sea ice distributionin a finite element global sea ice-oceanmodel, Ocean Modell. 27, 114-129.3. Sidorenko, D., Q. Wang, S. Danilov, andJ. Schröter (2010), FESOM under CoordinatedOcean-ice Reference Exper<strong>im</strong>ent forcing,Ocean Dynamics, submitted.4. Wang, Q., S. Danilov, H. H. Hellmer, and J.Schröter (2010), Overflow dynamics and bottomwater formation in the western Ross Sea: Influenceof tides, J. Geophys. Res., 115, C10054,doi:10.1029/2010JC006189.FundingHelmholtz AssociationGeowissenschaften


54Steuert die Hebung von Gebirgen den Rückzug des tropischenRegenwaldes in Afrika?Die Entwicklung der tropischen Regenzone <strong>im</strong> späten NeogenG. Jung, M. Prange, M. Schulz, DFG-<strong>Forschung</strong>szentrum / Exzellenzcluster “Der Ozean<strong>im</strong> System Erde” (MARUM), Universität BremenKurzgefasst• In diesem Projekt [1] werden Modellexper<strong>im</strong>entezur Abschätzung der Niederschlags- und Vegetationsentwicklungin Afrika vor 2-10 MillionenJahren durchgeführt.• Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Einflusstektonischer Faktoren wie veränderter Ozeanpassagenund der Auswirkung von Gebirgshebungen.• Das zur Modellierung verwendete Modell ist dasgekoppelte parallele Community Cl<strong>im</strong>ate SystemModel (Version 3), welches Atmosphäre, Ozean,Meereis, Landoberfläche und Vegetationsbedeckungs<strong>im</strong>uliert.• Erste Ergebnisse zeigen einen starken Einflussder Hebung Ost- und Südafrikas, sowie einenschwächeren, gegensätzlichen Einfluss der Hebungvon H<strong>im</strong>alaya und Tibetischem Plateau aufNiederschlag und Vegetationsverteilung in Afrika.Die Entwicklung aufrecht gehender Hominidenwird in Zusammenhang gebracht mit dem Rückgangdes afrikanischen tropischen Regenwaldesvor 8 bis 2 Millionen Jahren [2].Neben Gebirgshebungsprozessen gelten Öffnungenund Schließungen von Ozeanpassagenals wichtige tektonische Prozesse, die einen nachhaltigenEinfluss auf das Kl<strong>im</strong>asystem und in Folgeauch auf die Vegetationsbedeckung haben [3]. Gebirgshebungenverändern zum Beispiel die regionaleNiederschlagsverteilung durch Stau- und Abschattungseffekte,haben aber auch weitreichendereFolgen für den Wärme- und Feuchtetransportin der Atmosphäre. Zudem können hohe Gebirgszügedie atmosphärische Zirkulation weltweitbis in große Höhen beeinflussen.Die topographische Hebung Ostafrikas wird alswichtiger Antriebsmechanismus für die ostafrikanischeKl<strong>im</strong>a- und Vegetationsentwicklung angesehen.Zudem hat diese Hebung möglicherweiseeinen maßgeblichen Einfluss auf den asiatischeMonsun.Die Hebung des H<strong>im</strong>alayas und des TibetischenPlateaus und der damit verbundene Kl<strong>im</strong>awandelwird häufig als klassisches Beispiel für die Verbindungvon Tektonik und Kl<strong>im</strong>a genannt. So habenfrühere Modellstudien gezeigt, dass die Hebungdes Tibetischen Plateaus einen erheblichen Einflussauf das asiatische Monsun-System hatte.Auch eine verstärkte Hebung der Anden wirktsich nicht nur auf das Kl<strong>im</strong>a Südamerikas aus.Nachdem die Anden das einzige Hindernis derStrömung auf der Südhalbkugel und zweithöchstesPlateau der Erde darstellen beeinflussen sie sehrstark den globalen Wärme- und Feuchtetransport.Ähnlich globale Auswirkungen werden für die Hebungder Rocky Mountains und des Colorado Plateausvermutet.Öffnungen und Schließungen von Ozeanpassagenwiederum beeinflussen zunächst die Ozeanzirkulationund damit den Wärmetransport desOzeans von den Tropen zu den Polen. Überden Wärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphärehat dies dann auch einen starken Einflussauf globale und regionale atmosphärische Zirkulationund Niederschlagsverteilung.Beispielsweise wirkte sich die Entwicklung derLandbrücke zwischen Nord- und Südamerika (zwischen13 und 2,6 Millionen Jahren) stark auf dieglobale Kl<strong>im</strong>adynamik aus [4]. Durch die Schließungdes Seewegs kam es zu einer verringertenDurchmischung atlantischer und pazifischer Wassermassenund einer Verstärkung der großskaligenUmwälzzirkulation des Atlantiks. Die Stärkedieser Zirkulation best<strong>im</strong>mt unter anderem dasAusmaß der sommerlichen Nordwärtsverlagerungdes tropischen Regengürtels und somit auch dieNiederschlagsverteilung von Zentralafrika bis inden Sahel.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass dievorangehend genannten Prozesse alle nicht nureinen Einfluss auf das regionale Kl<strong>im</strong>ageschehenhaben, sondern sich mit großer Wahrscheinlichkeitauch auf die globale Kl<strong>im</strong>adynamik auswirken.Um verschiedene Einflussfaktoren sowie möglicheRückkopplungsmechanismen <strong>im</strong> Kl<strong>im</strong>asystemund vor allem die Auswirkungen auf die Vegetationsbedeckungin Afrika <strong>im</strong> Zeitraum des spätenMiozäns und frühen Pliozäns (vor ca. 2-10 MillionenJahren) abzuschätzen wurden verschiedeneSensitivitätsläufe mit Hilfe eines globalen, gekoppeltenKl<strong>im</strong>amodells durchgeführt. Es wird dasparallele Community Cl<strong>im</strong>ate System Model (Version3) verwendet. Dieses Modell s<strong>im</strong>uliert in gekoppeltenTeilmodellen Atmosphäre, Ozean, MeereisGeowissenschaften


55Abbildung 1: Effekt der Hebung von Ost- und Südafrika auf die jährliche Niederschlagsmenge [mm]. Positive Wertezeigen eine Niederschlagszunahme mit der Gebirgshebung an, negative Werte eine Niederschlagsabnahme.und Landoberflächenprozesse inklusive der Vegetationsbedeckung.Dabei werden unter anderemder Einfluss von Gebirgshebungsprozessen (Tibet/H<strong>im</strong>alaya,Rocky Mountains/Colorado Plateau,Anden, Ostafrika,), der Einfluss geänderter Ozeanpassagenund der Einfluss einer erhöhten atmosphärischenKohlendioxidkonzentration modelliert.Erste S<strong>im</strong>ulationsergebnisse zweier Modellexper<strong>im</strong>ente,welche zum einen die Auswirkungender Hebung des H<strong>im</strong>alayas sowie des TibetischenPlateaus und zum anderen die Folgen der HebungOst- und Südafrikas beschreiben, zeigen entgegengesetzteAuswirkungen auf das Niederschlagsverhaltensowie die Vegetationsbedeckung Afrikas.Die Hebung des Tibetischen Plateaus sowiedes H<strong>im</strong>alayas bewirkt erwartungsgemäß eineVerstärkung des asiatischen Monsuns. Danebenzeigt sich dabei auch eine deutliche Abnahme derNiederschlagsmengen über Zentralafrika sowie eineZunahme über Ostafrika. Für die Vegetationsbedeckungbedeutet dies eine leichte Abnahmedes Waldanteils in Zentralafrika bei gleichzeitigerZunahme der Bedeckung mit Gräsern und Buschland.Die Hebung Ost- und Südafrikas hat einenstärkeren Einfluss auf das Niederschlagsgeschehensowie die Vegetationsbedeckung Afrikas. DieAnwesenheit der Berge führt zu einer Verstärkungder äquatorialen Passatwinde über dem tropischenAtlantik, was dort zu einer höheren Verdunstungund einer Erhöhung des Feuchtetransportes mitdem Sommermonsun nach Zentralafrika führt. DieserEffekt wiederum bewirkt dort eine Erhöhungder Niederschlagsmenge (vergleiche Abbildung 1).Über Ostafrika kann hingegen eine Abnahme derNiederschläge beobachtet werden, die mit einerAbnahme des Feuchtetransports vom IndischenOzean nach Ostafrika in Zusammenhang gebrachtwerden kann. Die genannten Niederschlagsunterschiedebedeuten für Zentralafrika eine Zunahmedes Waldanteils bei gleichzeitiger starker Abnahmevon Gräsern und Buschwerk. Im relativ trockenenTeil Ostafrikas zeigt sich durch die Abnahmeder Niederschläge vor allem eine Abnahme derBedeckung mit Gräsern und Buschwerk.Die bisherigen Exper<strong>im</strong>ente zeigen gegensätzlicheÄnderungen in Vegetationsbedeckung undNiederschlag. Weitere Modellexper<strong>im</strong>ente und diegleichzeitige Berücksichtigung der einzelnen tektonischenÄnderungen in einer einzelnen Modells<strong>im</strong>ulationwerden es ermöglichen, die Wichtigkeitder unterschiedlichen Einflussfaktoren für die Vegetationsentwicklungzur Zeit der Entwicklung deraufrecht gehenden Hominiden abzuschätzen.Mehr zum Thema1. www.marum.de/en/Page8307.html2. Die Frühzeit des Menschen. Der Weg zum Homosapiens. C. H. Beck, 5., vollständig neubearbeiteteund ergänzte Auflage, München 2008(C.H.Beck Wissen)3. Hay, W.W. (1996), Tectonics and Cl<strong>im</strong>ate. Geol.Rundsch., V.85, S. 409-4374. Steph, S., R. Tiedemann, M. Prange, J. Groeneveld,D. Nürnberg, L. Reuning, M. Schulz, andG. Haug (2006), Changes in Caribbean surfacehydrography during the Pliocene shoaling of theCentral American Seaway. Paleoceanography,21, PA4221, doi:10.1029/2004PA001092FörderungDFG-<strong>Forschung</strong>szentrum 15 und DFG-Exzellenzcluster309Geowissenschaften


56Tsunami-S<strong>im</strong>ulationModellierung und S<strong>im</strong>ulation von Tsunami-Ausbreitung und -ÜberflutungW. Hiller, N. Rakowsky, S. Harig, A. Fuchs, Zentrumfür Technomathmatik, Universität Bremen undAlfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,BremerhavenKurzgefasst• S<strong>im</strong>ulation der Tsunamiausbreitung und -Überflutung u.a. für das indonesische Tsunami-Frühwarnsystem• Innovatives Finite-Elemente-Modell mit einemRechengitter, das die Geografie besonders gutauflöst.• MPI-paralleler Ansatz zur Steuerung OpenMPparallelerModellläufe zu Parameterstudien undsomit opt<strong>im</strong>ale Nutzung der Rechnerarchitekturdes <strong>HLRN</strong>.Die Tsunami-Arbeitsgruppe am Alfred-Wegener-Institut ist Teil des BMBF-Projekts ”German-Indonesian Tsunami Early Warning System GI-TEWS“, das nach dem verheerenden Tsunamiam 26.12.2004 <strong>im</strong> Indischen Ozean ins Lebengerufen wurde. Gemeinsam mit deutschen undindonesischen Projektpartnern (u.a. GFZ, DLR)wird in Jakarta ein Tsunami-Warnzentrum installiert.Über Lehrveranstaltungen, Praktikums- sowieAbschlussarbeiten und Dissertationen ist dieTsunami-Modellierung und -S<strong>im</strong>ulation mit demZentrum für Technomathematik der UniversitätBremen verbunden.Im Entwicklungsprojekt am <strong>HLRN</strong> wird das <strong>im</strong>Rahmen von GITEWS entstandene Modell zurTsunami-Ausbreitung, TsunAWI (Referenzen siehe1,2), weiter entwickelt. Damit können für dasWarnzentrum in Jakarta als auch für andere GebieteTsunami-Szenarien mit verbesserter Modellphysikerstellt werden.Im indonesischen Warnzentrum dient eine Datenbankmit prototypischen Szenarien sowohl derRisikoanalyse zur Überflutungsgefährdung indonesischerKüstenabschnitte als auch der schnellenVorhersage <strong>im</strong> Warnfall. Erfasst das Sensor-System ein Seebeben, werden anhand der MessdatenTsunami-Szenarien aus der Datenbankgewählt und ein wahrscheinlicher Verlauf desTsunamis best<strong>im</strong>mt. So kann rechtzeitig mit derEvakuierung der Bevölkerung in den betroffenenKüstenregionen begonnen werden. Wie wichtig GI-TEWS ist, hat zuletzt am 25.10.2010 das untermeerischeBeben der Stärke 7,8 vor der Küste vonSumatra gezeigt.TsunAWI zeichnet sich u.a. durch den Finite-Elemente-Ansatz aus, der es erlaubt, mit unstrukturiertenRechengittern zu arbeiten, die auch komplexeBathymetrie und Topographie gut darstellenkönnen. So kann <strong>im</strong> tiefen Ozean rechenzeitsparendmit einer groben Auflösung gerechnetwerden, und zugleich in Gebieten von besonderemInteresse und <strong>im</strong> sensiblen Flachwasser- undKüstenbereich mit sehr feiner Auflösung.Das Programmpaket TsunAWI wird ständig weiterentwickelt.Aktuell wird unter anderem daszugrundeliegende, auf den Flachwassergleichungenbasierende mathematisch-physikalische Modelldurch Berücksichtigung nichtlinearer Advektion,nicht-hydrostatischer Korrekturterme und Interaktionmit Tiden verfeinert und verbessert. Eineweitere Aufgabe ist die Durchführung von Vergleichsstudienauf Grundlage <strong>im</strong>mer umfangreichererrealer Datensätze zur Anpassung von Parameternwie Reibungskoeffizienten. Die S<strong>im</strong>ulationsrechnungenfür ein derart komplexes Modellkönnen <strong>im</strong> notwendigen Umfang nur aufHöchstleistungsrechnern wie dem <strong>HLRN</strong>-II durchgeführtwerden.Bisher ist TsunAWI OpenMP-parallel, d.h. proModelllauf kann nur ein Rechenknoten genutztwerden, dessen Prozessorcores gemeinsam arbeiten.Da umfangreiche Parameterstudien gerechnetwerden müssen, verteilt und kooordiniertein MPI-Skript mehrere Läufe gleichzeitig auf verschiedeneRechenknoten, so dass die Rechner-Ressourcen opt<strong>im</strong>al genutzt werden. Um künftignoch komplexere Modellphysik auf noch feinerenRechengittern s<strong>im</strong>ulieren zu können, ist die Erweiterungvon TsunAWI auf hybride Parallelisierung(eine Kombination aus OpenMP und MPI) oder einvollständiger Umstieg auf MPI geplant.Umgekehrt werden zudem Sensitivitätsstudiendurchgeführt, die zeigen sollen, wie weit Modellund Rechengitter vereinfacht werden können, ummit schnellen und dennoch realistischen Rechnungen<strong>im</strong> Warnfall die Vorhersage präzisieren zukönnen.Mit TsunAWI werden auch S<strong>im</strong>ulationen zu anderenSeegebieten, etwa dem Mittelmeer unddem Pazifischen Ozean, und zu untermeerischenLandrutschen als Tsunami-Auslöser gerechnet. ImRahmen von GITEWS ist die Ausweitung derSzenarien-Datenbank auf den gesamten IndischenOzean und die nordöstlichen Seegebiete Indonesiensgeplant.Im Berichtszeitraum wurde zunächst der Open-MP-parallele Programmcode TsunAWI opt<strong>im</strong>iert,Geowissenschaften


57Abbildung 1: Rechengitter und Max<strong>im</strong>ale Wellenhöhe (<strong>im</strong> Vergleich zur Topographie 25-fach überhöht) des a priorierstellten Szenarios aus der Tsunami-Datenbank, das dem Tsunami am 25.10.2010 vor den indonesischenPagai-Inseln am nächsten kommt. Rot markiert ist das gemessen Epizentrum, die Bebenstärkebetrug 7,8. Das Rechengitter weist <strong>im</strong> tiefen Ozean Kantenlängen bis 15km auf, an denKüsten beträgt die Auflösung ca. 100m.indem die Variablen <strong>im</strong> unstrukturierten Gitter entlangeiner Space-Filling Curve sortiert wurden. Damitliegen <strong>im</strong> Gitter benachbarte Werte auch <strong>im</strong>Hauptspeicher des Rechners möglichst nah zusammen,so dass die Datenlokalität auf allen Ebenender Speicherhierarchie garantiert wird; sowohlin OpenMP-parallelen Schleifen als auch auf Einprozessorebene<strong>im</strong> Cache. Die Rechenzeit proSzenario konnte so mehr als halbiert werden.In der Anwendung lag ein Fokus auf verbessertenGittern, die die Küstengebiete und insbesonderedie Umgebung von Gezeitenpegeln undBojen noch genauer auflösen. In Zusammenarbeitmit der GFZ wurde der Einfluss verschiedenerAnsätze zur Geometrie der Bruchzone prototypischerErdbeben untersucht. Hintergrund warenhier vor allem die Erkenntnisse aus der Analysedes Mentawai-Bebens vom 25.10.2010. Zudembieten die Messwerte realer Tsunamis dieMöglichkeit, Parameter wie Reibungs- und Viskositätskoeffzientenzu kalibrieren. Mit all diesen Verfeinerungenwird die Vorhersagekraft weiter verbessert.Mehr zum Thema1. S. Harig, C. Chaeroni, W.S. Pranowo, J. Behrens(2008). Tsunami S<strong>im</strong>ulations on severalscales: Comparison of approaches with unstructuredmeshes and nested grids, Ocean Dynamics,58(5-6), 429-440., doi:10.1007/s10236-008-0162-5 .2. A. Androsov, S. Harig, J. Behrens, J. Schröter,S. Danilov (2008). Tsunami Modelling on UnstructuredGrids: Verification and Validation,Proceedings of the International Conference onTsunami Warning (ICTW), Bali, Indonesia.FörderungBundesministerium für Bildung und <strong>Forschung</strong>Geowissenschaften


58Wie stabil ist das ozeanische Förderband?Atmosphärische Feuchtetransporte und thermohaline Zirkulation: Untersuchungmöglicher Rückkopplungsmechanismen für abrupte Kl<strong>im</strong>aschwankungenM. Prange, H. Liu, M. Schulz, Fachbereich Geowissenschaftenund Zentrum für Marine Umweltwissenschaften(MARUM), Universität BremenKurzgefasst• Der Export von Wasserdampf aus dem tropischenAtlantik in den Pazifik über Nordostpassatespielt eine maßgebliche Rolle für die Aufrechterhaltungder nordatlantischen Tiefenwasserbildungund somit der globalen Ozeanzirkulation.Änderungen in diesem Feuchtetransport könnendaher einen wichtigen Rückkopplungsmechanismusfür abrupte Kl<strong>im</strong>aschwankungen darstellen.• Die Variabilität tropischer Wasserdampftransportewährend der letzten 20 000 Jahre wird mit derräumlich hochaufgelösten Version eines komplexenKl<strong>im</strong>amodells untersucht.• Die Modells<strong>im</strong>ulationen sollen Aufschluss darübergeben, wie sich Änderungen der Ozeanzirkulationauf den tropischen Wasserkreislauf auswirkenund ob Feuchtetransportänderungen einenpositiven oder negativen Rückkopplungsmechanismusfür Kl<strong>im</strong>aschwankungen darstellen.Die <strong>im</strong>mensen Regenmengen über dem tropischenOstpazifik können dem atmosphärischenWasserdampftransport durch Nordostpassate überdie zentralamerikanische Landbrücke zugeschriebenwerden. Für das heutige Kl<strong>im</strong>a wird dieserWasserdampfexport vom Atlantik in den Pazifik auf0,1–0,3 Millionen m 3 s −1 geschätzt. Dieser Feuchteflussist mitverantwortlich für die gegenüber demPazifik relativ hohen Salzgehalte des Atlantiks.Er ist somit ein wichtiger Antrieb für die globaleOzeanzirkulation, die ein wesentliches Element <strong>im</strong>Kl<strong>im</strong>asystem der Erde darstellt.Die globale Ozeanzirkulation kann man sichals ein weltumspannendes Förderband vorstellen,dass große Mengen Wärme und Salz transportiert.Im nördlichsten Nordatlantik sinkt Wasser,das aufgrund seiner niedrigen Temperatur und seinesrelativ hohen Salzgehalts eine große Dichtebesitzt, in die Tiefe ab. Dieses nordatlantischeTiefenwasser strömt 2000 bis 4000 m unterhalbder Oberfläche in den Südatlantik undvon dort ins Südpolarmeer, den Indischen Ozeanund den Pazifik. Infolge von Vermischungsprozessenund Windeinwirkung quillt das Tiefenwasserallmählich wieder auf und strömt an der Oberflächezurück in Richtung Nordatlantik. Aufgewärmt vonder subtropischen und tropischen Sonneneinstrahlungtransportiert die Ozeanzirkulation rund 1 PetawattWärme in den Nordatlantik, was der 2700-fachen Leistung aller weltweit existierenden Kernreaktorblöckeentspricht. Wenn dieses ozeanischeFörderband ins Stocken gerät, sind weitreichendeKonsequenzen für das Kl<strong>im</strong>a zu erwarten. DieAchillesferse des ozeanischen Förderbandes befindetsich <strong>im</strong> nördlichen Nordatlantik, dort wo Tiefenwassergebildet und die Zirkulation in Ganggesetzt wird. Gelangen große Mengen Süßwasserin diese Region, verringert sich die Dichtedes Meerwassers, was das Absinken in die Tiefeschwächt – das Förderband wird gebremst.In der erdgeschichtlichen Vergangenheit ist dieshäufiger geschehen, insbesondere während Eiszeitenals schmelzende Eisberge die Tiefenwasserbildungzum Erliegen brachten. Für die Zukunftsind ähnliche Prozesse zu befürchten, wenn sichder hydrologische Kreislauf beschleunigt oder diegrönländischen Eismassen schmelzen.Obwohl die Bedeutung tropischer Wasserdampftransportefür die Aufrechterhaltung des ozeanischenFörderbandes in der Kl<strong>im</strong>aforschung akzeptiertist, ist wenig über zeitliche Variationender Feuchteflüsse bekannt. Eine der entscheidendenFragen hierbei ist: Wirkt der Wasserdampfexportvom tropischen Atlantik in den Pazifik alspositiver oder negativer Rückkopplungsmechanismusauf Änderungen der Ozeanzirkulation? PositiverRückkopplungsmechanismus bedeutet hierbei:Schwächt sich die Zirkulation ab, verringert sichder atlantische Wasserdampfexport in den Pazifik,was den Salzgehalt <strong>im</strong> Atlantik weiter absenkt unddie ursprüngliche Störung der Zirkulation verstärkt.Ein negativer Rückkopplungsmechanismus wärehingegen mit einer Verstärkung des Wasserdampfexportsverbunden.Bislang existieren lediglich drei paläozeanografischeStudien, die der Abschätzung vergangenerÄnderungen <strong>im</strong> Feuchtetransport gewidmet sind(siehe Referenzen in [1]). In diesen Studien wurdenMeeresoberflächensalzgehalte <strong>im</strong> tropischenOstpazifik anhand mariner Sed<strong>im</strong>entkerndaten rekonstruiert.Dabei wurden Salzgehaltszunahmen(relativ zum tropischen Atlantik) einer Abnahmedes Wasserdampftransportes über Zentralamerikazugeschrieben, während Salzgehaltsabnahmenals Feuchtetransportzunahmen interpretiert wurden.Hinsichtlich dieser Interpretation zeigen diedrei Studien allerdings kein einheitliches Ergebnis.Für Heinrich-Stadial 1 (vor ca. 15 000–17 000Geowissenschaften


59Abbildung 1: Tropische Niederschlagsanomalien <strong>im</strong> Jahresmittel (in mm/d) infolge einer ungefähren Halbierungder Tiefenwasserbildungsrate <strong>im</strong> Nordatlantik.Jahren) – einem Intervall mit nachweislich starkabgeschwächter Ozeanzirkulation – deuten zweider drei Rekonstruktionen auf Salzgehaltszunahmen<strong>im</strong> tropischen Ostpazifik hin, was als Reduzierungdes atlantischen Feuchteexports infolge einerabgeschwächten Ozeanzirkulation gedeutet wurde.Im Gegensatz dazu wurde aus einer drittenRekonstruktion eine Zunahme der Niederschlägewährend des Heinrich-Stadials abgeleitet.Bisherige Modellstudien mit heutigen Randbedingungen,in denen die Ozeanzirkulationdurch Süßwassereinträge in den Nordatlantik geschwächtwurde, ergaben eine Zunahme des Wasserdampftransportsvom Atlantik in den Pazifik(hauptsächlich durch verstärkte Nordostpassate).Mit eiszeitlichen Randbedingungen können sichdie Feuchtetransporte jedoch ganz anders verhalten,wie die Untersuchung von Niederschlagsvariationenin vorhergegangenen Modellstudien unsererArbeitsgruppe vermuten lässt (vgl. [2]). WelchenEinfluss Eisschilde, verringerte Treibhausgaskonzentrationenund veränderte Erdbahnparameterauf die Variabilität tropischer Feuchtetransporteausüben, ist nicht bekannt und soll in diesemProjekt systematisch untersucht werden.Hierzu verwenden wir das komplexe Kl<strong>im</strong>amodellCCSM3 (Community Cl<strong>im</strong>ate System Model,Version 3). Das Kl<strong>im</strong>amodell wurde in den USA amNational Center for Atmospheric Research in Zusammenarbeitmit dem Los Alamos National Laboratoryentwickelt. Das Modell wird mit einer horizontalenAuflösung von ca. 1,4 ◦ für das Atmosphärengitterbetrieben, während das Ozeanmodellgittereine räumlich variable Gitterweite von ca.1 ◦ in zonaler und bis zu 0,3 ◦ in meridionaler Richtungbesitzt. Die vertikale Darstellung des Atmosphärenmodellsumfasst 26 Schichten, der Ozeanwird mit 40 Niveaus in der Vertikalen diskretisiert.Die relativ hohe räumliche Auflösung ist notwendig,um das komplexe Windsystem in der tropischenOstpazifikregion adäquat darstellen zu können.Um zu untersuchen, wie sich Änderungen derOzeanzirkulation auf den tropischen Wasserkreislaufauswirken und ob tropische Wasserdampftransporteeinen positiven oder negativen Rückkopplungsmechanismusdarstellen, ist eine Serievon Exper<strong>im</strong>enten geplant. Hierbei wird unter entsprechendenRandbedingungen für verschiedeneKl<strong>im</strong>aereignisse während der letzten 20 000 Jahrejeweils eine Süßwasserstörung in den Nordatlantikeingebracht, um die Tiefenwasserbildung zureduzieren. Das Referenzexper<strong>im</strong>ent mit vorindustriellenRandbedingungen hinsichtlich Eisschildvolumen,Erdbahnparameter und Treibhausgaskonzentrationenwurde bereits durchgeführt und istderzeit Gegenstand detaillierter Analysen (Abb. 1).Inwieweit sich die Ergebnisse dieses Exper<strong>im</strong>entsauf eiszeitliche Verhältnisse, wie sie z.B.während Heinrich-Stadial 1 herrschten, übertragenlassen, wird eine der zentralen Fragen sein, diedieses Projekt zu beantworten versucht. Hierdurchwird ein tieferes Verständnis hinsichtlich der Stabilitätder globalen Ozeanzirkulation gewonnen. DiesesVerständnis ist nicht nur ausschlaggebend fürdie Interpretation vergangener Kl<strong>im</strong>aschwankungen,sondern ist auch von wesentlicher Bedeutung<strong>im</strong> Hinblick auf die Vorhersage zukünftiger Kl<strong>im</strong>aänderungen.Mehr zum Thema1. Prange, M., S. Steph, M. Schulz, L. D. Keigwin(2010), Inferring moisture transport across CentralAmerica: Can modern analogs of cl<strong>im</strong>atevariability help reconcile paleosalinity records?Quaternary Science Reviews, 29, 1317–1321.2. Merkel, U., M. Prange, M. Schulz (2010), EN-SO variability and teleconnections during glacialcl<strong>im</strong>ates, Quaternary Science Reviews, 29, 86–100.FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1266 (Interdynamik)Geowissenschaften


60Der Effekt submesoskaliger Turbulenz auf den Gasaustausch zwischen Ozean undAtmosphäreC. Eden, Kl<strong>im</strong>aCampus, Universität HamburgKurzgefasst• Der Ozean ist auf Raumskalen von 50 - 100 kmund Zeitskalen von Tagen bis Wochen charakterisiertdurch energetische Fluktuationen in Temperatur,Salzgehalt und Geschwindigkeit, den”meso-skaligen Wirbeln”.• Schaut man auf kleinere Skalen von 1 bis 100km – also auf Skalen kleiner als dem sogenanntenRossbyradius der die meso-skaligen Bewegungsvorgängecharakterisiert – begegnet manähnlich energetischen turbulenten Vorgängen,der ”sub-meso-skaligen” Turbulenz.• Die sub-meso-skaligen Fluktuationen unterliegenanderer und zum großen Teil noch schlechtuntersuchter und verstandener Dynamik• Es wird allerdings <strong>im</strong>mer klarer, daß diesub-meso-skalige Turbulenz relevant in deroberflächennahen durchmischten Schichtdes Ozeans, und daher für den Stoff- undWärmeaustausch zwischen Ozean und Atmosphäre,ist.• Es wird in diesem Projekt eine Parameterisierungfür diesen Effekt entwickelt und in einemrealistischen, hochaufgelösten Modell des Nordatlantikseingebaut.Der Ozean ist auf lateralen Skalen von 50 - 100km und Zeitskalen von Tagen bis Wochen charakterisiertdurch starke Fluktuationen in Temperatur,Salzgehalt und Geschwindigkeit. Dieseseit einigen Jahrzehnten aus Beobachtungsdatenwohlbekannten turbulenten Bewegungsvorgängenennt man ”meso-skalige Wirbel” und können mitsogenannten ”wirbelzulassenden Ozeanmodellen”auch bereits gut s<strong>im</strong>uliert werden (z.B. [1]). Allerdingssind die meso-skaligen Fluktuationen nichtdas Ende des turbulenten Spektrums <strong>im</strong> Ozean:schaut man auf kleinere Skalen von 1 bis 100 km– also auf Skalen kleiner als dem sogenanntenRossbyradius der die meso-skaligen Bewegungsvorgängecharakterisiert – begegnet man ähnlichenergetischen turbulenten Vorgängen. Währenddie meso-skaligen Fluktuationen aber sehr gutdurch die quasi-geostrophische Approx<strong>im</strong>ation beschriebenwerden können, welche seit Jahrzehntensehr gut untersucht und verstanden ist, unterliegendie sub-meso-skaligen Fluktuationen aufden Skalen kleiner als dem Rossbyradius einer anderenDynamik und sind daher auch wesentlichschlechter untersucht und verstanden.Erst in letzter Zeit wurde klar, dass sub-mesoskaligeturbulente Prozesse in der durchmischten,oberflächennahen Schicht des Ozeans wichtigwerden, da sie dort die vertikalen Flüsse vonDichte und gelösten Spurengasen in signifikanterWeise beeinflussen können. Diese Prozessesind damit von großer Bedeutung für z.B. denWärmehaushalt und die zukünftige Kohlenstoffaufnahmedes Ozeans. Sie werden durch geostrophischeund ageostrophische Instabilitätsprozesseerzeugt und beeinflusst, in beckenweiten Ozeanzirkulationsmodellenallerdings gewöhnlich vernachlässigt.Die sub-meso-skaligen Instabilitätsprozesseführen u.a. zu einer Restratifizierung der durchmischtenoberen Deckschicht des Ozeans. Solchein Prozess ist in Fig. 1 anhand einer idealisiertenModells<strong>im</strong>ulation dargestellt. Ein periodischerKanal mit lateraler Ausdehnung von 2 × 10 km und300 m Tiefe wurde mit einer Ozeanfront in einerDeckschicht über einer stark stratifizierten Schichtinitialisiert. Ein paar Tage nach der geostrophischenAdjustierung bilden sich in der Front wellenartigebarokline Instabilititäten, die mit der Zeitanwachsen, zu einer Abflachung der Front führenund dadurch schliesslich zur Restratifizierung derDeckschicht beitragen. Diese Restratifizierung beeinflusstwiederum stark den Gasaustausch desinneren, stratifizierten Teils des Ozeans mit derAtmosphäre.Um solche sub-meso-skaligen Prozesse und derenKonsequenz auf den Gasaustausch in realistischenOzeanmodellen aufzulösen, sind allerdingsGitterweiten von o(100m) nötig, welche für eine beckenweiteS<strong>im</strong>ulation <strong>im</strong> Moment und in der nahenZukunft <strong>im</strong>mer noch unerreichbar scheinen. Anderseitserscheinen sub-meso-skalige Prozesse aberrelevant für eine realistische S<strong>im</strong>ulation des StoffundWärmeaustauschs zwischen Ozean und Atmosphäre,i.e. für eine modellbasierte Quantifizierungder gegenwärtigen und zukünftigen Aufnahmewichtiger atmosphärischer Spurengase wie z.B. Kohlenstoff durch den Ozean. Es ist daher einbesseres Verständnis und Repräsentation der submeso-skaligenProzesse in der Deckschicht durcheine geeignete Parameterisierung in den heutigenOzeanzirkulationsmodellen nötig.In diesem Projekt soll daher eine solche Parameterisierungentwickelt und in einem existierenden,realistischen Modell des Nordatlantiks, wel-Geowissenschaften


61Abbildung 1: Idealisierte Modells<strong>im</strong>ulation einer Frontalzone in der Deckschicht des Ozeans. Ein paar Tage nachder geostrophischen Adjustierung bilden sich in der Front wellenartige barokline Instabilititäten, diemit der Zeit anwachsen, zu einer Abflachung der Front führen und dadurch schliesslich zur Restratifizierungder Deckschicht beitragen. a) und b) zeigt die Temperatur in o C an der Oberfläche zu zweiverschiedenen Zeitpunkten, während c) und d) jeweils einen Schnitt entlang x = 100km zeigt. Diehorizontale Modellauflösung ist 1km, die vertikale 5 m.ches die meso-skalige (aber nicht, da zu teuer,die sub-meso-skalige) Dynamik auflöst, <strong>im</strong>plementiertwerden und die Konsequenzen hinsichtlich derWärmeflüsse und des Gasaustauschs zwischenOzean und Atmosphäre untersucht werden. Eswird ein Modell des Nordatlantik verwendet ([1]),das mit einer relativ hohen horizontalen Auflösungvon ca. 10 km eine realistische Darstellung dergroßskaligen aber auch der mesoskaligen Zirkulationerlaubt. Ein einfaches, auf Stickstoff basierendesÖkosystemmodell ist an das physikalischeModell gekoppelt, welches auch die realistischeS<strong>im</strong>ulation von gelöstem Sauerstoff und anorganischemKohlenstoff erlaubt und damit die S<strong>im</strong>ulationdes Austauschs wichtiger Spurengase zwischenOzean und Atmosphäre. Aufgrund der lateralenAuflösung sind sub-meso-skalige Prozesseauf Skalen kleiner als 10 km und deren Effekt aufz. B. Gasaustausch und Deckschichttiefe <strong>im</strong> Modellweder explizit s<strong>im</strong>uliert noch adäquat parameterisiert,und es soll daher eine Parameterisierungdieser Prozesse bereitgestellt werden.Mehr zum Thema1. Eden, C. and H. Dietze, 2009: Effects of mesoscaleeddy/wind interaction on biological newproduction and eddy kinetic energy. J. Geophys.Res., 114(C05023).FörderungBMBF-<strong>Verbund</strong>vorhaben SOPRAN (”SurfaceOcean Processes in the Anthropocene”), Teilprojekt”The response of upper-ocean small andmeso-scale processes to atmospheric forcing”Geowissenschaften


62Das Kl<strong>im</strong>a der Ostsee zum Ende des JahrhundertsS<strong>im</strong>ulation von Zukunftsszenarien für das Ökosystem der OstseeT. Neumann, I. Kuznetsov, R. Friedland, Institutfür Ostseeforschung an der Universität RostockKurzgefasst• Der erwartete Kl<strong>im</strong>awandel wird das Ökosystemder Ostsee nachhaltig beeinflussen.• Wesentliche Faktoren sind der direkte Einflussdurch die Atmosphäre und Veränderungen <strong>im</strong>Einzugsgebiet.• Projizierte Veränderungen weisen große Unsicherheitenauf, insbesondere durch die Unsicherheitder Entwicklung der menschlichen Gesellschaft.• Um den Bereich der Unsicherheiten abschätzenzu können, werden S<strong>im</strong>ulationen mit einer Vielzahlvon Variationen der kl<strong>im</strong>atischen Entwicklungdurchgeführt.• Die S<strong>im</strong>ulationen sind aufgrund der langenZeiträume (150 Jahre) sowie der Komplexitätder Ökosystemmodelle sehr aufwendig und erfordernden Einsatz massiv-paralleler Rechnerarchitekturen.Für den Verlauf dieses Jahrhunderts ist eine drastischeÄnderung der kl<strong>im</strong>atischen Bedingungen aufder Erde prognostiziert. Globale Modelle projizierenzum Beispiel einen durchschnittlichen Temperaturanstiegvon 2-4 K, abhängig von den Szenarienfür die Entwicklung der Treibhausgasemissionen.Für die Abschätzung konkreter, regionalerAuswirkungen prognostizierter Kl<strong>im</strong>aänderungensind Ergebnisse der Globalmodelle aufgrund ihrergroben Auflösung jedoch nur bedingt geeignet.Kl<strong>im</strong>awandel macht sich auf regionaler Skale bemerkbarund dort müssen die spezifischen Maßnahmenfür eine Vorsorge getroffen werden.Um den regionalen Aspekt des Kl<strong>im</strong>awandelserfassen zu können, werden Ergebnisse von globalenModellen durch ein sogenanntes dynamischesSkalieren auf eine regionale Skale transformiert.Die dafür verwendeten regionalen Kl<strong>im</strong>amodelleerfassen nur einen Teil der Erde, zum BeispielEuropa, und werden an den Rändern mit Datenaus dem Globalmodell angetrieben. In den Regionalmodellenkann sich dann eine interne Dynamikentwickeln, die regionale Aspekte wie Gewässer,Wälder oder Siedlungsgebiete berücksichtigt. Typischehorizontale Auflösungen heutiger Modellesind ca. 250 km in den Globalmodellen und entsprechend25 km in den Regionalmodellen.Ein Kl<strong>im</strong>awandel wird auch die marine Umweltnicht unbeeinflusst lassen. Die Ostseeals ein durch Eutrophierung belastetes europäischesBinnenmeer steht <strong>im</strong> besonderen Interesseder regionalen Kl<strong>im</strong>aforschung. Um denEffekt des Kl<strong>im</strong>awandels auf das Ökosystemder Ostsee abschätzen zu können, werdenÖkosystemmodelle der Ostsee (z. B. [1]) mitDaten aus regionalen Kl<strong>im</strong>amodellen angetrieben.Die Ökosystemmodelle bestehen aus dreid<strong>im</strong>ensionalenZirkulationsmodellen, in die biogeochemischeModelle integriert sind. Damit lassensich sowohl die physikalischen Bedingungen alsauch die wichtigsten Stoffflüsse wie zum BeispielPr<strong>im</strong>ärproduktion s<strong>im</strong>ulieren.Diese S<strong>im</strong>ulationen benötigen eine Rechenleistung,die nur von Höchstleistungsrechnern bereitgestelltwerden kann. So braucht ein Kl<strong>im</strong>aszenariovom 150 Jahren auf dem <strong>HLRN</strong> etwa 3 WochenRechenzeit auf 256 Prozessorkernen.Kl<strong>im</strong>aprojektionen weisen einen hohen Grad anUnsicherheiten auf. Das liegt insbesondere an derUnsicherheit zur Prognose der Entwicklung dermenschlichen Gesellschaft. Ausdruck dafür ist diegroße Anzahl verschiedener Treibhausgasszenarien,die in den IPCC-Berichten Berücksichtigungfinden. Für das Ökosystem der Ostsee habenneben den atmosphärischen Bedingungen auchVeränderungen der Bedingungen <strong>im</strong> Einzugsgebieteinen großen Einfluss. Diese ändern sich sowohlals Reaktion auf das Kl<strong>im</strong>a aber auch alsFolge ökonomischer Entwicklungen und staatlicherRegulierungen.Im Rahmen des BONUS ([2]) Projektes Ecosupportwerden mithilfe von drei Ökosystemmodellender Ostsee verschiedene Kl<strong>im</strong>aszenarien s<strong>im</strong>uliert.Damit soll eine ausreichende Anzahl anRealisierungen produziert werden, die es erlaubtdie Unsicherheiten der erwarteten Änderungenabschätzen zu können. Die Szenarien setzen sichaus Kombinationen unterschiedlicher Treibhausgasszenarien,Nährstoffeintragsszenarien und verschiedenenModellvarianten zusammen. Verwendetwerden Daten verschiedener globaler Kl<strong>im</strong>amodelledie mithilfe einer Reihe regionaler Kl<strong>im</strong>amodelleskaliert werden. Diese Daten treibenschließlich ein Ökosystemmodell der Ostsee an.In der Abbildung 1 ist die Änderung der Oberflächentemperaturder Ostsee zum Ende des Jahrhundertsin verschiedenen Jahreszeiten dargestellt.Die Daten sind das Ergebnis eines Ensemblesaus 3 einzelnen Realisierungen. Die Realisierungenberücksichtigen unterschiedliche Global-Geowissenschaften


63Abbildung 1: Mittlere Änderung der Oberfächentemperatur einer Ensemble-S<strong>im</strong>ulation für das IPCC Szenario A1B(obere Reihe), sowie die max<strong>im</strong>alen Differenzen zwischen den Ensemble-Mitgliedern (untere Reihe).Das Ensemble besteht aus 3 Mitgliedern und umfasst verschiedene globale Kl<strong>im</strong>amodelle und regionaleKl<strong>im</strong>amodelle. Dargestellt sind die Ergebnisse für Winter (DJF), Frühjahr (MAM), Sommer (JJA)und Herbst (SON).modelle und unterschiedliche Regionalmodelle basierenjedoch auf einem Ostseemodell. Die Temperaturänderungliegt in der Größenordnung von4 K. Das stärkste Änderungssignal zeigt sich <strong>im</strong>Sommer in der nördlichen Ostsee. Die Unterschiedezwischen den Modellen sind in der Regel kleinerals die projizierten Änderungen selbst. Eine relativgroße Spannbreite zeigen die Modelle <strong>im</strong> Sommer<strong>im</strong> nördlichen Bereich der Ostsee. Erste Ergebnissedieser Arbeiten sind in [3] veröffentlicht.Ensembles<strong>im</strong>ulationen ermöglichen neben derAbschätzung von Änderungssignalen auch Informationenüber die Unsicherheiten dieser Änderungenzu gewinnen. In den kommenden Jahrenwird es möglich sein, mithilfe des <strong>HLRN</strong>die Anzahl der Ensemblemitglieder zu vergrößernund damit die Unsicherheiten besser quantifizierenzu können. So können robuste Trends identifiziertwerden und die Spannbreiten erwarteterVeränderungen angeben werden. Die Einbettungdieser <strong>Forschung</strong> in große internationale Projekteeröffnet die Möglichkeit, die Ensembles zu erweitern.Mehr zum Thema1. T. Neumann und G. Schernewski, 2008: Eutrophicationin the Baltic Sea and shifts in nitrogenfixation analyzed with a 3D ecosystem model.Journal of Marine Systems, 74, 592-602, DOI:10.1016/j.jmarsys.2008.05.0032. http://www.bonusportal.org/3. T. Neumann, 2010: Cl<strong>im</strong>ate-change effectson the Baltic Sea ecosystem: A model study.Journal of Marine Systems, 81, 213-224,doi:10.1016/j.jmarsys.2009.12.001FörderungBundesministerium für Bildung und <strong>Forschung</strong>,Europäische UnionGeowissenschaften


64Das Schicksal von Stickstoff und Phosphor in der Ostsee ergründenAusbreitungswege von Nährstoffen und Zeitskalen von Nährstofftransporten in derOstseeH. Radtke, Th. Neumann, Leibniz-Institut für Ostseeforschungan der Universität RostockKurzgefasst• Die Verfügbarkeit von Nährstoffen in der lichtdurchflutetenOberflächenschicht best<strong>im</strong>mt dasAlgenwachstum <strong>im</strong> Meer und beeinflusst damitdie gesamte Nahrungskette bis zum Fisch.• Die Ostsee als Binnenmeer wird stark durchNitrat- und Phosphateinträge aus Flüssen belastet.Starkes Algenwachstum führt in den Tiefenbeckenzu Fäulnisprozessen und der Entstehunggiftigen Schwefelwasserstoffs.• Nährstoffe aus verschiedenen Quellen (Flüssenoder atmosphärischen Einträgen) sind z.B. in Sed<strong>im</strong>entprobennur teilweise unterscheidbar.• Ein ”Einfärben“ von Stickstoff oder Phosphor, deraus einer best<strong>im</strong>mten Quelle (z.B. der Oder)stammt, in einem numerischen Ökosystem-Modell gestattet, sein Schicksal von der Quellebis zur Senke zu verfolgen.• Die Ergebnisse der S<strong>im</strong>ulationsrechnungen helfen,unser Verständnis der räumlichen und zeitlichenAspekte des Stickstoff- und Phosphorkreislaufsin der Ostsee zu verbessern.Die Ostsee ist ein Binnenmeer, das nur überschmale und flache Belte mit der Nordsee verbundenist. Da Niederschlag und Flusseinträge dieVerdunstung übersteigen, ist sie mit Brackwassergefüllt. Salzwasser aus der Nordsee strömt nur abund zu über die flachen Schwellen der westlichenOstsee ein und wandert, da es schwerer ist, nachund nach in die verschiedenen Tiefenbecken.Die Eutrophierung (Düngung) der Ostsee durchNährsalzeinträge aus Landwirtschaft und Siedlungsräumenbewirkt ein starkes Planktonwachstum.Abgestorbene Lebewesen sinken zu Boden,um dort zersetzt zu werden. Allerdings wird durchdiese Mineralisierungsprozesse Sauerstoff verbraucht.Im salzigen Tiefenwasser, das sich nichtmit dem darüberliegenden Wasserkörper mischt,wird so nach und nach aller Sauerstoff aufgezehrt.Es entstehen anoxische Bereiche (sauerstofffreieZonen).Die Reduzierung der Flusseinträge von Nitratund Phosphat ist daher ein international verfolgtesZiel. Allerdings gibt es noch weitere Quellen: Direkteatmosphärische Deposition und den Prozessder Stickstofffixierung. Bei diesem wird von teilweisegiftigen Cyanobakterien ( ”Blaualgen“) Luftstickstoff(N 2 ) biologisch verwertbar gemacht. Daher istein genaues Verständnis des Stickstoff- und Phosphorkreislaufswichtig.Aus welcher Quelle Stickstoff und Phosphorstammen, die von Meereslebewesen aufgenommenund eingelagert werden, lässt sich exper<strong>im</strong>entellnur teilweise best<strong>im</strong>men. Durch die Untersuchungvon Verhältnissen stabiler Isotope (Atomemit verschiedener Neutronenzahl) kann manAussagen über die Herkunft des Stickstoffs gewinnen.Unterschieden werden kann damit zwischenStickstoff aus belasteten Flüssen und Stickstoff,der durch Cyanobakterien fixiert wird. [2] Aber eineUnterscheidung zwischen einzelnen Flüssen istexper<strong>im</strong>entell nicht möglich und für Phosphor gibtes keine vergleichbare Methode. Daher wird dieseFragestellung mit einem numerischen Modell untersucht.Das Modell besteht aus einem physikalischenund einem biogeochemischen Teil.Als physikalisches Modell (Strömungsmodell)wird das Modular Ocean Model (MOM3) verwendet.Mit einer Auflösung von 3 Seemeilen in der Horizontalenund ein bis drei Metern vertikal wird dieOstsee hierbei in Gitterzellen eingeteilt. Unter Verwendungatmosphärischer Antriebsdaten (Wind,Sonneneinstrahlung etc.) können so die Verteilungvon Temperatur und Salzgehalt und die Strömungs<strong>im</strong>uliert werden.In das Strömungsmodell eingekoppelt wird einbiogeochemisches Modell (ERGOM). Das Ergebnisist ein Modellsystem, das räumlich aufgelöstwesentliche biologische Prozesse wie z.B. Algenblütenbeschreibt. [1] Dieses IOW-Ökosystemmodellwird für verschiedene Fragestellungen genutzt,so z.B. um mögliche Auswirkungen von Kl<strong>im</strong>averänderungenauf die Ostsee zu untersuchen.In diesem Projekt wurde das Modell erweitert, sodass Stickstoff und Phosphor je nach ihrer Quelleverschieden ”eingefärbt“ werden können. Als Quellenwerden dabei die fünf Flüsse mit den größtenEinträgen sowie die Stickstofffixierung betrachtet.Das Modell gestattet dann, die Ausbreitung dereingefärbten Elemente räumlich und <strong>im</strong> Nahrungsnetzzu verfolgen.Die Ergebnisse zeigen die räumlichen Ausbreitungsmusterder Nährsalze. Ein zusätzlicher ”Alterstracer“,der die Zeit zählt, die vergangen ist, seitdas Element in das Ökosystem Ostsee eintrat, gestattetauch, die Verweildauer des jeweiligen Elementsabzuschätzen.Geowissenschaften


65Abbildung 1: Dargestellt ist der Anteil des Stickstoffs <strong>im</strong> Oberflächensed<strong>im</strong>ent, der aus der Weichsel eingetragenwurde. Man erkennt, dass der Weichselstickstoff nur das Gebiet nahe der Mündung dominiert. Einweiterer Teil wurde offenbar mit der Strömung längs der Küste ostwärts transportiert und sed<strong>im</strong>entiertedort. Der Stickstoff in den Tiefen des östlichen Gotlandbeckens stammt zu etwa 10% aus derWeichsel. Dieses Bild ergibt sich nach 34 S<strong>im</strong>ulationsjahren <strong>im</strong> Januar 1996.Stickstoff verlässt das Ökosystem meist durchDenitrifizierung, einen Prozess, bei dem Nitrat zumolekularem Stickstoff reduziert und somit für Lebewesennicht nutzbar wird. Phosphor hingegenbleibt <strong>im</strong> System, bis er <strong>im</strong> Sed<strong>im</strong>ent vergrabenwird. Auch die räumliche Verteilung dieser Senkenlässt sich mit unserem Modell für die einzeln markiertenElemente best<strong>im</strong>men.Die Resultate sollen helfen, das Verständnis fürdie Kreisläufe von Stickstoff und Phosphor in derOstsee zu verbessern und um räumliche Aspektezu ergänzen.Im weiteren Verlauf des Projekts ist geplant,das Modell, das bisher nur bis auf die Ebenedes Zooplanktons beschränkt ist, um Fisch zuergänzen, und die Sauerstoffzehrung in den Tiefenbeckendirekt den markierten Elementen zuzuordnen.Ebenfalls sollen weitere Quellen (Einstromaus der Nordsee, atmosphärische Deposition)markiert werden.Mehr zum Thema1. Neumann, T., 2007. The fate of river-borne nitrogenin the Baltic Sea - An example for the RiverOder. Estuarine, Coastal and Shelf Science,73, 1-7.2. Voss, M., Emeis, K., Hille, S., Neumann,T., Dippner, J., 2005. Nitrogen cycle ofthe Baltic Sea from an isotopic perspective.Global Biogeochemical Cycles 19.doi:10.1029/2004GB002338.FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Geowissenschaften


66Warum Wasser über die Kontinentalkante fliesstDichteströmungen in Hervey Bay (Australien)U. Gräwe, Leibniz Institut für Ostseeforschung,WarnemündeKurzgefasst• Untersuchung von ozeanischen Dichteströmungenmithilfe eines 3D Modelsystems• Modellierung von kleinskaligen Prozessen (100-500m) sowie grosskaligen Prozessen (600km)• Kopplung des Modellsystems in operationelleglobale Modelle• Modellergebnisse sollen die Planung von MessfahrtenunterstützenHervey Bay (Fig. 1), eine ca. 4000 km 2 grosseBucht (durchschnittliche Tiefe = 15 m), befindetsich in unmittelbarer Nähe der kontinentalenSchelfkante der zentralen Ostküste von Australien,ca 250 südlich des Great Barrier Riff. Durchdie hohe Verdunstungsrate (ca. 2 m/Jahr), geringeNiederschläge (weniger als 1 m/Jahr) und nahezuverschwindenden Süsswassereintrag durchFlüsse, kann eine inverse Struktur/Schichtungenerwartet werden.Mit den am <strong>HLRN</strong> durchgeführten Rechnungensollen vorangegangenen Untersuchungen validiertwerden [3] sowie die Möglichkeiten desMassiv-Parallelrechnens ausgenutzt werden umMultiskalen-S<strong>im</strong>ulationen durchzuführen. Die numerischenExper<strong>im</strong>ente wurden mit dem ModellGETM (General Esturaine Transport Model,[1])durchgeführt.Da Hervey Bay ein starkes Gezeitensignal aufweist(Tidenhub > 3,5 m), kann die Bucht alsvertikal gut durchmischt klassifiziert werden. DieErgebnisse der Messfahrten, als auch die numerischenExper<strong>im</strong>ente, bestätigen, dass HerveyBay die charakteristischen Merkmale einer inversen/hypersalinenStruktur aufweist. In der Buchtexistiert ein nahezu konstanter Salzgradient von0.5 psu (practical salinity unit), mit einem Salzgehaltvon 35.5 psu <strong>im</strong> offenen Ozean und Spitzenwertenvon über 39.0 psu <strong>im</strong> küstennahen Bereich.Die Untersuchung zeigten, dass Lufttemperatur,Wind und Gezeiten die wichtigsten Einflussgrössenfür die Stabilität der inversen Schichtungund der Salzgradienten sind, während die östlichenPassatwinde den Wasseraustausch in der Buchtdominieren.Aufgrund von lang anhaltenden Dürren weisendie subtropischen Gebiete an der Ostküste Australienseine Veränderungen in der Balance von Niederschlagund Verdunstung auf. Langzeitdatenreihenzeigen während der letzten fünfzig Jahre eineVerringerung der Niederschlagsmenge von ca. 50mm pro Jahrzehnt an, verbunden mit einem Temperaturanstiegum etwa 0.1 Grad C pro Jahrzehnt.Mit Hilfe der numerischen Exper<strong>im</strong>ente konntendie Auswirkungen auf die Hydro- und Thermodynamikvon Hervey Bay untersucht werden. Durch dieVerschiebung des Gleichgewichtes zwischen Verdunstungund Niederschlag treten hypersaline undinverse Bedingungen in Hervey Bay häufiger auf.In den letzten zwei Jahrzehnten weist der mittlereNiederschlag in Hervey Bay eine Abweichung von13 % von der Kl<strong>im</strong>atologie (1941-2000) auf. DieVerringerung <strong>im</strong> Flusseintrag, <strong>im</strong> selben Zeitraum,kann mit 23 % abgeschätzt werden. Eine direkteFolge ist, dass sich der Salzigkeitsfluss erhöhthat, sowie die verdunstungsgesteuerte Residuenströmungenbeschleunigt haben.Im Gegensatz zu der langfristigen Reduzierungder Niederschläge führt das Auftreten vonschweren Regenfällen und damit verbundenenÜberschwemmungen zu kurzfristigen Schwankungen<strong>im</strong> Salzgehalt von Hervey Bay. Die Untersuchungendieser extremen Frischwassereinträge ergaben,dass die Frischwasseraustauschzeiten engan die windgetriebenen Residuenströmungen gekoppeltsind. Die inversen Eigenschaften von HerveyBay und die damit verbundene Dichtegradienten(mit einer höheren Dichte in Küstennähe als <strong>im</strong>offenen Ozean) können instabile Schichtungen erzeugen.Diese äussern sich in Dichteströmungenund damit einem Ausfluss von dichtem Wasser entlangdes Grundes von Hervey Bay. Die Ausflussereignissehaben eine mittlere Dauer von 30 Tagenund sind meistens auf den Spätherbst beschränkt.Der dabei auftretende integrierte Volumentransportist vergleichbar mit dem Volumen von HerveyBay.Die Randbedingungen für die S<strong>im</strong>ulationen werdenvom dem operationellen Global-Modell HY-COM mit 1/12 Grad Auflösung und dem operationellenaustralischen Modell BLUELink mit1/10 Grad Auflösung bereitgestellt. Um eine finaleAuflösung von 600 m zu erhalten ist ein Nestingerforderlich (Fig. 1). Das äussere Modell hateine Auflösung von 3 km (200×200 Gitterpunkte).Das innere Modell hat eine Auflösung von600 m (300×300 Gitterpunkte). In der Vertikalenwerden in beiden Modelstufen 50 Schichten benutzt.Die wissenschaftliche Motivation dieser Arbeitist, die Existenz dieser Dichteströme nachzuweisen.Erste Abschätzung aufgrund von Model-Geowissenschaften


6725004006010Abbildung 1: Modellgebiet (ca. 150 Grad – 155 Grad E und 23 Grad – 26 Grad S) von Hervey Bay entlang deraustralischen Ostküste sowie Kontinetalshelf und Schelfkante mit der Wassertiefe in mlierung [3] geben als möglichen Volumentransportwährend eines Ausstromereignisses das Volumenvon Hervey Bay an. Die Modellierung kann helfen,mögliche Folgen für die lokale Biologie zu quantifizieren.Eine weitere Fragestellung ist, wie dieseDichteströmungen entstehen, sowie deren Einschichtungan der Schelfkante. Die numerischenExper<strong>im</strong>ente sollen des Weiteren dazu beitragen,Messkampagnen zu motivieren sowie planend zuunterstützen. Die atmosphärischen Antriebe werdenfür das äussere Modell aus dem ERA/Inter<strong>im</strong>Datensatz genommen (räumliche Auflösung ca.30 km), für das innere Modell eine Kombinationaus Messungen, bereitgestellt durch denWetterdienst von Australien und QuickScat- undCCMP-Satelliten-basierenden Winddaten mit einerräumlichen Auflösung von 25 km. Der S<strong>im</strong>ulationszeitraumsoll 20 Jahre abdecken, 1990-2010, wobeider Zeitraum 1990-1992 als Spinup anzusehenist. Zur Validierung stehen von Satelliten gemesseneOberflächentemperaturen zur Verfügung, sowieMessdaten verschiedener Ausfahrten in HerveyBay [2].Geplant sind Exper<strong>im</strong>ente mit festen Vertikal-Koordinaten sowie adaptiven Vertikal-Koordinatenum mögliche Unterschiede aufzudecken. DesWeiteren sind Parameterstudien geplant mitVeränderung der Bodenrauhigkeit, der Turbulenzschematasowie der antreibenden Modelle (HY-COM (2002-2010), BLUELink(1992-2008)). Ausserdemsoll der Einfluss des Ost-AustralischenStromes [4] auf die Dichteströme an der Schelfkanteuntersucht werden.Mehr zum Thema1. www.getm.eu2. Ribbe, J.: A study into the export of saline waterfrom Hervey Bay, Australia, Estuarine, Coastaland Shelf Science 66(3-4), 550-558, 20063. Gräwe, U., Wolff, J.-O., and Ribbe, J.: Mixing,hypersalinity and gradients in Hervey Bay, Australia,Ocean Dynamics 59(5), 643-658, 20094. Ridgway, K. R., and Dunn, J. R.: Mesoscalestructure of the mean East Australian CurrentSystem and its relationship with topography,Progress In Oceanography 56(2), 189-222,2003FörderungUniversität RostockGeowissenschaften


68Kl<strong>im</strong>awandel in Regionen zukunftsfähig gestaltenRegionale Anpassungsstrategien für die deutsche Ostseeküste (RADOST)U. Gräwe, H. Burchard, Leibniz Institut für Ostseeforschung,WarnemündeKurzgefasst• Einsatz von dynamischen Downscaling um globaleKl<strong>im</strong>as<strong>im</strong>ulationen (Auflösung 250km) in hoherregionaler Auflösung (1km) für die deutschenKüsten in der Ostsee zu s<strong>im</strong>ulieren• S<strong>im</strong>ulation von zwei IPCC Szenarien A1B und B1mit je zwei Realisierungen. Hierbei ist das A1BSzenario eher pess<strong>im</strong>itisch, das Bi Szenario eheropt<strong>im</strong>istisch.• Die hochaufgelösten Kl<strong>im</strong>as<strong>im</strong>ulationen sollenEntscheidungsträgern in Politik, Tourismus,Wirstschaft, Ämter zur Verfügung gestellt werden,um zukünftige Plannungen zu unterstützenDie RADOST-Projektregion umfasst die gesamtedeutsche Ostseeküste (Bundesländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern). DieseRegion ist ein sensibler, multifunktionaler Raum,zum einen geprägt von besonderer Erholungsqualität,zum anderen von internationaler Bedeutungfür den Natur- und Artenschutz. DerKüstenschutz ist eine wichtige öffentliche Aufgabe- die Stabilisierung der Uferlinie entlang derdeutschen Ostseeküste erfordert bereits heuteerhebliche Investitionsmittel, und die regionalenKüstenschutzbehörden sind wichtige Auftraggeberfür regionale Unternehmen. Insgesamt handelt essich um wirtschaftlich vergleichsweise schwacheund somit verwundbare Gebiete.Der Kl<strong>im</strong>awandel stellt die deutsche Ostseeküstenregionvor massive Anpassungserfordernisse.Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels sind hierauf unterschiedlichen Ebenen zu erwarten: 1)Anstieg des Meeresspiegels, 2) Veränderungder Stärke und Häufigkeit von Stürmen sowiesee- und landseitigen Hochwasserereignissen,3) Änderungen der Strömungsdynamikund folglich von Sed<strong>im</strong>enttransporten, dadurchVeränderung von Küstenlinie und Bedingungenfür die Schifffahrt und 4) Veränderungender Wasserqualität der Küstengewässer durcherhöhte Durchschnittstemperatur und periodischveränderte Nährstoffeinträge aus den Zuflüssen,beispielsweise nach zunehmenden Starkregenereignissen.Veränderungen an diesen natürlichenParametern wirken sich in vielfältiger Weise aufdie regionale Wirtschaft aus. Ziel des RADOST-Vorhabens ist es Anpassungsstrategien für diedeutsche Ostseeregion zu erarbeiten auf derGrundlage verschiedener IPCC (IntergovernmentalPanel of Cl<strong>im</strong>ate Change, [1]) Szenarien für dienächsten 100 Jahre.Die numerischen S<strong>im</strong>ulationen werden mit dem3D-Zirkulationsmodell GETM (General EstuarineTransport Modell, [2]) durchgeführt, welchesdie physikalischen Zustandsvariablen Temperatur,Salzgehalt, Dichte, Strömung sowie die Oberflächenauslenkungberechnet. Die S<strong>im</strong>ulationenam <strong>HLRN</strong> werden auf einem 426×433×35 Gitterpunkteumfassenden Gitter mit einer horizontalenAuflösung von ca. 1 km durchgeführt. Die S<strong>im</strong>ulationenwerden mit den Atmosphären-Daten desGlobalmodells ECHAM5/MPI-OM von 1960-2100angetrieben, wurden aber am Deutschen Kl<strong>im</strong>arechenzentrummit Hilfe des CLM-Models für Europamit einer Auflösung von 18 km verfeinert.Dabei sind zwei CO 2 Szenarien ausgewählt, A1Bund B1. Hierbei ist das B1 Szenario das opt<strong>im</strong>istischere.Für beide Szenarien existieren jeweils zweiRealisierungen (Kl<strong>im</strong>aläufe). Ozeanische Randbedingungenwerden aus Kl<strong>im</strong>aläufen der gesamtenOstsee (räumliche Auflösung 3 Seemeilen) zuVerfügung gestellt [3].Aufgrund dieser hohen räumlichen Auflösunglassen sich die küstennahen Gewässer, insbesonderedie an die Ostsee direkt angrenzendenHaffe und Bodden, erstmalig realistisch inLangzeits<strong>im</strong>ulationen abbilden. Somit ist es auchmöglich Änderungen in dem Auftreten von Sturmflutenzu untersuchen. Dies ist ein wichtigerAspekt, da die Bemessung von Deichen oder demKüstenschutz entsprechend der zu erwartendenSturmfluthöhen ausgelegt werden muss. Des Weiterenwird es möglich sein Veränderungen <strong>im</strong> Sed<strong>im</strong>enttransportabzuschätzen, um so Aussagenzum Küstenschutz zu liefern. Durch die erhöhteräumliche Auflösung können Wasseraustauschprozessewesentlich besser s<strong>im</strong>uliert werden alsin grob-aufgelösten Modellen [3]. Somit ist es mitHilfe von Partikelmodellen möglich, Änderungen inden Austauschzeiten oder Austauschpfaden vonWassermassen zu erkennen.Als Beispiel für die Veränderungen, die erwartetwerden können, sind in der Abbildung 1 dieUnterschiede der Oberlächentemperaturen, bezogenauf den Referenzezeitraum 1971-2000, dargestellt.Beide Szenarien zeigen einen Anstieg derOberflächentemperaturen an, wobei der Anstiegfür das A1B Szenario mit 2.5-3 ◦ C deutlich stärkerist als für das B1 Szenario. Die S<strong>im</strong>ulationen zeigendes Weiteren, dass Temperaturextrema, dieheute an etwa 5 Tagen <strong>im</strong> Jahr auftreten, zum En-Geowissenschaften


6910.5555 ° N0.955 ° N0.50.4554 ° Na)10 ° E 12 ° E 14 ° E0.80.754 ° Nc)10 ° E 12 ° E 14 ° E0.40.3522.71.955 ° N2.62.555 ° N1.854 ° Nb)10 ° E 12 ° E 14 ° E2.42.354 ° Nd)10 ° E 12 ° E 14 ° E1.71.6Abbildung 1: Veränderungen in der Oberflächentemperatur der westlichen Ostsee in ◦ Celsius für das Szenario a)A1B 2021-2050, a) B1 2021-2050, c) A1B 2071-2100 und d) B1 2071-2100,de des Jahrhunderts während 3-6 Wochen anzutreffensein werden.Die Untersuchungen sollen ausserdem dazudienen, Veränderungen <strong>im</strong> Wasseraustausch mitder Nordsee abzuschätzen. Der Wasseraustauschmit der Nordsee best<strong>im</strong>mt, wie viel Sauerstoff in dietiefen Becken der Ostsee transportiert wird. Solltedieser Austausch sich abschwächen, könnendie sogenannten ”Todeszonen” (Gebiete in denenSauerstoffarmut herrscht) sich vergrössern und somitdie Biologie empfindlich stören.Mehr zum Thema1. www.ipcc.ch2. www.getm.eu3. Neumann, T.: Cl<strong>im</strong>ate-change effects on theBaltic Sea ecosystem: A model study, Journalof Marine Systems 81(3), 213-224, 20104. Gräwe, U., and Burchard, H.: Global Changeand Baltic Coastal Zones - Regionalisation ofCl<strong>im</strong>ate Scenarios for the Western Baltic Sea,Springer, Dordrecht, The Netherlands, Eds:Schernewski, G., Hofstede, 2010FörderungBundesministerium für Bildung und <strong>Forschung</strong>Geowissenschaften


70Turbulente Zeiten für StadtbewohnerS<strong>im</strong>ulation von Luftströmungen in Städten mit innovativen TurbulenzmodellenS. Raasch, M. Letzel, Institut für Meteorologie undKl<strong>im</strong>atologie, Leibniz Universität HannoverKurzgefasst• Die Lebensbedingungen in Städten werdennachhaltig durch die Bebauungsdichte beeinflusst.• Enge und tiefe Straßenschluchten (BeispielHong Kong) reduzieren insbesondere in denSommermonaten den Luftaustausch erheblich.• Dies führt zu fast unerträglichen Kl<strong>im</strong>abedingungenauf Fußgängerniveau und schafft unter anderemgünstige Bedingungen für die Vermehrungvon Krankheitserregern.• Meteorologen versuchen daher mit S<strong>im</strong>ulationendie kl<strong>im</strong>atischen Auswirkungen baulicher Maßnahmenzu prognostizieren.• Diese S<strong>im</strong>ulationen sind aufgrund der vielen beteiligtenkleinskaligen Einflussgrößen sehr rechenaufwändigund verlangen den gleichzeitigenEinsatz von mehreren tausend CPU-Kernen.Die Dichte Bebauung in großen Städten hat einenspürbaren Einfluss auf das körperliche Wohlbefindender dort lebenden Menschen. So verhindernz.B. enge Straßenschluchten zwischenHochhäusern den Luftaustausch, wodurch sichin Sommermonaten die Lufttemperatur zusätzlicherhöht und die Luftqualität erheblich verschlechternkann. In großen Metropolen wie z.B. HongKong herrschen dann auf Fußgängerniveau fastunerträgliche Bedingungen. Meteorologen versuchendeshalb seit vielen Jahren, mit S<strong>im</strong>ulationsmodellendie Strömungsbedingungen in Städtenvorherzusagen, um beispielsweise abschätzen zukönnen, welchen Einfluss neu geplante Gebäudeauf die Luftqualität haben werden.Die S<strong>im</strong>ulation von Strömungen für bebautesGebiet ist schwierig, weil die Luft durch dieGebäude stark verwirbelt wird. Die dadurch entstehendeturbulente Strömung muss von den Modellenrichtig wiedergegeben werden, denn essind gerade die turbulenten Wirbel, die den Luftaustauschzwischen den bodennahen und dendarüber befindlichen Luftschichten bewirken. IhreGröße reicht von Mill<strong>im</strong>etern bis zu einigen hundertMetern und die einzelnen Wirbel ändern ihreForm und Größe ständig. Strömungsmodelle arbeitennun nach dem Prinzip, dass sie Vorhersagennur für einzelne Punkte <strong>im</strong> Raum mit diskretemAbstand machen. Der Abstand dieser so genanntenGitterpunkte muss dabei kleiner als die Abmessungender kleinsten Strömungsstrukturen sein,damit diese überhaupt vom Modell “gesehen” undberechnet werden können. Wollte man Strömungenin einem Stadtgebiet mit einem Volumen von1 km 3 vorhersagen, wären bei Wirbelgrößen bishinunter zu einem Mill<strong>im</strong>eter bereits 10 18 Gitterpunkteerforderlich. Man spricht hier von einer direktennumerischen S<strong>im</strong>ulation (DNS), weil vomModell wirklich alle Strömungsstrukturen erfasstwerden. Solche S<strong>im</strong>ulationen sind auf absehbareZeit auch auf den weltweit schnellsten Rechnernnicht durchführbar. In der Vergangenheit und auchnoch gegenwärtig wird deshalb der Turbulenzeffektmit wesentlich weniger aufwändigen Modellen beschrieben,deren Qualität allerdings oft nicht hinreichendist. Glücklicherweise hat sich herausgestellt,dass die direkte S<strong>im</strong>ulation von Turbulenz auch beigrößeren Gitterweiten funktioniert, weil die kleinstenWirbel, die dann vom Modell nicht mehr aufgelöstwerden können, <strong>im</strong> Vergleich zu den größerenWirbeln kaum einen Einfluss auf die Strömunghaben. Modelle mit entsprechend großer Gitterweitenennt man Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationsmodelle(englisch: large-eddy s<strong>im</strong>ulation, LES). In städtischenGebieten sind so Gitterweiten <strong>im</strong> Meterbereicherlaubt, was aber <strong>im</strong>mer noch einen extremenRechenbedarf bedeutet und den Einsatz vonMassivparallelrechnern erfordert.In unserem Projekt haben wir ein bereits existierendesLES-Modell (PALM) für die S<strong>im</strong>ulation vonStrömungen in ganzen Stadtvierteln weiter entwickelt[2] und dieses unter anderem für die S<strong>im</strong>ulationvon Strömungsverhältnissen in Stadtteilen vonHong Kong eingesetzt. PALM (PArallelisiertes LESModell) wurde innerhalb des letzten Jahrzehntsam Institut für Meteorologie und Kl<strong>im</strong>atologie derUni Hannover entwickelt [1] und ist mittlerweilefür den parallelen Betrieb auf mehreren tausendProzessoren opt<strong>im</strong>iert. Im Vergleich zu anderenStädten sind die Straßen in Hong Kong sehr eng,bei gleichzeitig sehr großer Gebäudehöhe, und eskommt zu den eingangs erwähnten TemperaturundLuftqualitätsproblemen, weil die Luft in den engenStraßenschluchten quasi zum Stehen kommt.Dies schafft unter anderem auch günstige Bedingungenfür die Vermehrung von Krankheitserregern.Die Ausbreitung der SAR-Krankheit in HongKong vor einigen Jahren zeigt, welche BedeutungLuftaustauschbedingungen für das öffentliche Lebenhaben können. In einem Kooperationsprojektmit der Chinese University of Hong Kong wurdedaher versucht, die gegenwärtigen Strömungsbe-Geowissenschaften


71Abbildung 1: Mittlere Strömungsbedingungen <strong>im</strong> Fußgängerniveau von Mong Kok (Stadtteil von Hong Kong), s<strong>im</strong>uliertmittels LES. Das Bild zeigt nur einen kleinen Ausschnitt des wesentlich größeren Modellgebietes.Gebiete mit hohen Windgeschwindigkeiten und entsprechend guten Austauschbedingungenerscheinen in roter Farbe, “stehende” Luftmassen dagegegen in blauer Farbe. Die jeweiligen Windgeschwindigkeitenund Windrichtungen sind zusätzlich durch Pfeile gekennzeichnet. Lange Pfeilestehen dabei für hohe Geschwindigkeiten.dingungen in Stadtteilen möglichst großflächig zuerfassen. Die Abbildung zeigt beispielhaft die s<strong>im</strong>uliertenStrömungsverhältnisse <strong>im</strong> hongkongerStadtteil Mong Kok. Die S<strong>im</strong>ulation benötigte ca.zwei Wochen CPU-Zeit auf 2048 Rechenkernen.Deutlich erkennbar ist, dass sich die Luft gerade inden schmalen Straßenschluchten fast nicht bewegt(blaue Farbe in der linken unteren Bildhälfte), dassaber einzelne sehr hohe Gebäude durchaus kräftigerebodennahe Strömungen und damit einen besserenLuftaustausch bewirken können (rote Farbein der Bildmitte).Solche S<strong>im</strong>ulationen sind zwar derzeit für stadtplanerischeZwecke noch viel zu aufwändig undteuer, die rasante Entwicklung der Prozessortechnologiewird die praktische Anwendung von LESwohl aber noch innerhalb der nächsten zehn JahreRealität werden lassen.Mehr zum Thema1. Raasch, S. and M. Schröter, 2001: A large-eddys<strong>im</strong>ulation model performing on massively parallelcomputers. Meteorol. Z., 10, 363-372. doi:10.1127/0941-2948/2001/0010-0363.2. Letzel, M.O., M. Krane and S. Raasch, 2008:High resolution urban large-eddy s<strong>im</strong>ulationstudies from street canyon to neighbourhoodscale, Atmos. Env., 42, 8770-8784. doi:10.1016/j.atmosenv.2008.08.001.FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1276 MetStröm; DasProjekt wird am <strong>HLRN</strong> mit bis zu 4096 parallel genutztenCPU-Kernen gefördert.Geowissenschaften


72Wird es die ostfriesischen Inseln <strong>im</strong> Jahr 2100 noch geben?Auswirkungen des prognostizierten Kl<strong>im</strong>awandels auf die Sed<strong>im</strong>ent- undHydrodynamik <strong>im</strong> Ostfriesischen WattenmeerJ.-O. Wolff, K.A. Lettmann, S. Grashorn, Institutfür Chemie und Biologie des Meeres, UniversitätOldenburgKurzgefasst• Der kl<strong>im</strong>abedingte Anstieg des Meeresspiegelsund veränderte Wind- und Seegangsbedingungenin der Nordsee werden <strong>im</strong> 21. Jahrhundertzur Zeit unbekannte Auswirkungen auf denTransport und die Verteilung von Sed<strong>im</strong>enten <strong>im</strong>Wattenmeer haben.• Die kleinskaligen Seegatten und Priele <strong>im</strong> ostfriesischenWattenmeer bedingen sehr hoch aufgelösteS<strong>im</strong>ulationen der Hydrodynamik• Diese hydrodynamischen Rechnungen auf unstrukturiertenDreiecksgittern mit variabler Dreiecksformund -größe können nur auf einemhochskalierten Multiprozessorsystem in der erforderlichenZeit gerechnet werdenDer zu erwartende Kl<strong>im</strong>awandel wird sich in denvielfältigen Natur- und Wirtschaftsräumen Niedersachsensin sehr unterschiedlicher Weise bemerkbarmachen. Entsprechend werden dessen Folgenin den Watten und Marschen andere sein als inden Sandgebieten der Geest, den grundwasserbeeinflusstenTälern, den Lössfluren sowie <strong>im</strong> BergundHügelland und <strong>im</strong> Harz. Das <strong>Verbund</strong>projektKLIFF ist ein vom Niedersächsischen Ministeriumfür Wissenschaft und Kultur aus Mitteln der StiftungVolkswagenwerk finanzierter <strong>Forschung</strong>sverbund,der für eine Dauer von 5 Jahren konzipiertist. In ihm arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftleraus 21 Universitäten und <strong>Forschung</strong>seinrichtungen.Die Entwicklung von Anpassungsstrategien anden Kl<strong>im</strong>awandel erfordert eine räumlich undzeitlich differenzierte Analyse des Kl<strong>im</strong>awandelsund der Kl<strong>im</strong>afolgen sowie die Berücksichtigungökologischer und gesellschaftlicher Bezüge. Im<strong>Forschung</strong>sthema 7, Küste, sollen die zu erwartetenVeränderungen durch den Kl<strong>im</strong>awandel auf dieNiedersächsische Küstenregion untersucht werden.Insbesondere sollen hier untersucht werdenwie sehr sich ein potentieller Meerespiegelanstiegund veränderte meteorologische Bedingungen aufdie Hydrodynamik und Sed<strong>im</strong>entdynamik <strong>im</strong> OstfriesischenWattenmmeer bis zum Jahre 2100 auswirkenwürden.Der Sed<strong>im</strong>ent<strong>im</strong>port in das Ostfriesische Wattenmeeraus externen Quellen reicht nicht aus, umdas durch den Meerespiegelanstieg von bis zu 1.8m gegen Ende des 21. Jahrhunderts erzeugte Defizitzu kompensieren. Als Konsequenz ergibt sicheine Erodierung auf der seewärtigen Seite der Barriereinselnund einer Ablagerung dieser Sed<strong>im</strong>ente<strong>im</strong> Wattenmeer. Insgesamt verlagert sich dasBarriereinselsystem somit landwärts mit einer Ratevon ca. 100 m pro 10 cm Meeresspiegelanstieg.Diese natürliche Verlagerung wurde aber durchmenschliche Aktivitäten wie Landgewinnung undDeichbau in den letzten mehreren hunderten vonJahren gestört mit der Folge, dass die natürlicheFläche des Wattenmeeres an einigen Stellen umbis zu 50 % reduziert wurde. Die Folgen der Eindeichungensind in einer Reduktion des Gezeitenprismasund einer Erhöhung der Energieniveaus senkrechtzur Küste zu finden. Da der natürliche Ablagerungsraumfehlt und die Sed<strong>im</strong>ente durch dieerhöhte turbulente kinetische Energie länger in derWassersäule suspendiert bleiben, werden zunehmendgröbere Sed<strong>im</strong>entpartikel entlang der Küsteaus dem Wattenmeer entfernt.In den letzten 20 Jahren hat die Popularität unstrukturierterGittermethoden für die Modellierunghydrodynamischer Bedingungen in Küstenzonenund Ästuaren stetig zugenommen. Einen aktuellenÜberblick zum den Stand der <strong>Forschung</strong> gebenDeleersnijder et al. (2010). Einer der Hauptgründefür diesen Trend ist die besondere Fähigkeit realistischeKüstenlinien gut abzubilden und Raumskalenaufzulösen, die von kleinen Flüssen bis zugesamten Ozeanbecken reichen. Die am weitestverbreiteten Methoden zur Lösung der hydrodynamischenGleichungen auf unstrukturierten Gitternsind die Finite-Elemente- und die Finite-Volumen-Methode. Die hier verwendete Finite-Volumen-Methode gehört zu der Klasse der gewichtetenResiduenmethoden, die konzeptionell dahingehendvon Finiten-Differenzen-Methoden verschiedensind durch die Annahme, dass die Lösunganalytisch repräsentiert werden kann. Ein gegebenerRaum wird dabei unterteilt in finite Volumina(oder Zellen), die jeweils ein kleines Volumen umeinen Knoten auf einem Netz repräsentieren. Eswerden dann Volumenintegrale der grundlegendenGleichungen gebildet und Terme, die eine Divergenzbeinhalten, werden mithilfe des Divergenztheorems(oder des Gauss-Ostrogradsky Theorems)in Oberflächenintegrale umgeformt. DieseTerme werden dann berechnet als Flüsse überdie Oberflächen jedes der finiten Volumina. DaGeowissenschaften


73Abbildung 1: Das Modellgitter der Ostfriesischen Inselkette <strong>im</strong> Bereich der Deutschen Bucht. Die Farben gebendie Tiefenwerte der Bathymetrie an.der Fluss, der in ein finites Volumen hereinströmt,gleich dem Fluss ist, der herausströmt, ist dieseMethode konservativ.Das hier verwendete Finite-Volumen-Model FV-COM (Finite volume coastal ocean model) istein prognostisches dreid<strong>im</strong>ensionales Ozeanmodelbasierend auf den Navier-Stokes Gleichungenund wurde ursprünglich von Chen et al. (2003) vorgestellt.Es hat eine freie Oberfläche und läuft aufeinem unstrukturierten Gitter (siehe Abb. 1). FV-COM beinhaltet Erhaltungsgleichungen für Impuls,Masse, Salzgehalt und Dichte und zusätzlich verschiedeneParameterisierungen für die turbulenteVermischung. Zusätzlich zu dem hydrodynamischenKern gibt es ein Wellenmodul und ein Sed<strong>im</strong>entmodul.Die Antriebsdaten (Wind + Gezeiten) für dieseS<strong>im</strong>ulationen werden hier für die zukünftigen Situationenbis zum Jahr 2100 von einem globalenOzean/Atmosphäre-Modell geliefert. Für diesezukünftigen möglichen Kl<strong>im</strong>aszenarien werdendann mit FVCOM die Auswirkungen auf die Hydrodynamikund den Sed<strong>im</strong>enttransport untersucht.Insbesondere von Interesse ist hier ein durch Meeresspiegelanstiegund veränderte Sturmparameterverändertes Antwortverhalten des Wellenfeldesvor und hinter den Barriereinseln.Mehr zum Thema1. Deleersnijder E, Legat V, Lermusiaux PFJ (Eds)(2010) Multi-scale modelling of coastal, shelfand global ocean dynamics. Ocean Dyn 60(6)285 pp2. Chen C, Liu H, Beardsley RC (2003) Anunstructured, finite-volume, three-d<strong>im</strong>ensional,pr<strong>im</strong>itive equation ocean model: application tocoastal ocean and estuaries. J Atmos OceanTech 20 159-1863. Lettmann K, Wolff J-O, Badewien TH (2009)Modelling the <strong>im</strong>pact of wind and waves on suspendedparticulate matter fluxes in the East FrisianWadden Sea (southern North Sea). OceanDyn 59(2) 239-262FörderungTeilprojekt <strong>im</strong> <strong>Forschung</strong>sverbund Kl<strong>im</strong>afolgenforschung(KLIFF) des Niedersächsischen Ministeriumsfür Wissenschaft und Kultur (MWK)Geowissenschaften


74Kleine Tropfen, große WirkungGrobstrukturs<strong>im</strong>ulationen zum Einfluss der Turbulenz in Wolken auf dasTropfenwachstumS. Raasch, T. Franke, Institut für Meteorologie undKl<strong>im</strong>atologie, Leibniz Universität HannoverKurzgefasst• Präzise Niederschlagsvorhersagen sind vongroßer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Bedeutung.• Die Qualität der Niederschlagsvorhersage hatsich in den letzten Jahren kaum verbessert.• Das Verständnis der Prozesse, die für die Niederschlagsbildungrelevant sind, muss verbessertwerden und insbesondere auch realistischermodelliert werden.• Dieses Projekt untersucht den Einfluss der Turbulenzin Wolken mit Hilfe einer neuen Methodemit der Wolkentropfen explizit s<strong>im</strong>uliert werden.Die Abschätzung der zukünftigen Wetterentwicklunginteressiert die Menschen seit Jahrtausenden.Dabei ist besonders die Niederschlagsvorhersagevon großer wirtschaftlicher und gesellschaftlicherBedeutung, z.B. für die Land- und Wasserwirtschaft,den Verkehr und den Tourismus. Leiderhat sich die Qualität der Niederschlagsvorhersagein den letzten Jahren trotz vieler Anstrengungenkaum verbessert. Eine wesentliche Ursache dafürist, dass die Niederschlags- und Wolkenbildung zuden komplexesten Prozessen in der Atmosphäreüberhaupt zählt und hinsichtlich vieler Details <strong>im</strong>mernoch unzureichend verstanden ist.Um die Niederschlagsvorhersage zu verbessernmuss deshalb zunächst das Wissen der fürdie Niederschlagsbildung relevanten Prozesse vertieftwerden um diese anschließend realistischermodellieren zu können. Dies betrifft insbesonderedie Vorgänge, die zur Bildung von einzelnenWolkentropfen, Regentropfen und anderen Niederschlagspartikelnführen und unter dem OberbegriffWolkenmikrophysik zusammengefasst werden.Obwohl diese Prozesse <strong>im</strong> Mikrometer- undMill<strong>im</strong>eterbereich stattfinden sind sie von großerBedeutung, da ihre kollektive Wirkung die Entwicklungder Wolke entscheidend beeinflusst. Aufder anderen Seite best<strong>im</strong>men aber die turbulentenStrömungen der Wolke und ihrer Umgebung dieatmosphärischen Bedingungen in der Wolke undbeeinflussen dadurch die mikrophysikalischen Prozesse.Um Niederschlagsereignisse realistisch zus<strong>im</strong>ulieren müssen deshalb alle beteiligten Mechanismenberücksichtigt werden, von der Mikrophysik<strong>im</strong> Mill<strong>im</strong>eterbereich über die turbulenten Strukturender Wolke <strong>im</strong> Meterbereich bis hin zur Entwicklungder bodennahen Atmosphäre <strong>im</strong> Kilometerbereich.Diese Tatsache macht es auf absehbareZeit unmöglich alle Mechanismen direkt zu s<strong>im</strong>ulieren,selbst mit den derzeit leistungsstärkstenRechnern. Um die Wolken- und Niederschlagsbildungtrotzdem s<strong>im</strong>ulieren zu können werden alleProzesse, die nicht direkt s<strong>im</strong>uliert werden können,parameterisiert, d.h. ihr Einfluss in Abhängigkeitvon bekannten Modellgrößen berechnet. Das setztaber voraus, dass die Prozesse bekannt sind.Insbesondere <strong>im</strong> Bereich der Wolkenmikrophysikist das Wissen über einige Mechanismen nochunzulänglich, z.B. über den Einfluss der Turbulenzauf das Tropfenwachstum. Obwohl bekannt ist,dass das Strömungsfeld in Wolken stark turbulentist, basieren die aktuellen Parameterisierungenauf früheren Analysen für ruhende Umgebungsluft.Bis vor wenigen Jahren standen kaum Methodenzur Verfügung um die komplexen Wechselwirkungenzwischen den Tropfen und der turbulentenStrömung zu untersuchen. Inzwischen wird derEinfluss der Turbulenz mit theoretischen sowie fortschrittlichennumerischen Methoden untersucht.Erste Ergebnisse zeigen einen zum Teil deutlichenEinfluss der Turbulenz auf das Tropfenwachstumeinzelner Tropfen. Allerdings ist es bisher nochnicht gelungen den Einfluss auf die gesamte Entwicklungder Wolke und damit auch auf die Niederschlagsbildungrealistisch zu analysieren. DieseFragestellung wollen wir mit Hilfe einer neuen Methodezur S<strong>im</strong>ulation von Wolken systematisch untersuchen.Dazu verwenden wir ein Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationsmodell(englisch: large-eddy s<strong>im</strong>ulation,LES) und verknüpfen es mit einem Lagrange’schenPartikelmodell. LES-Modelle werden zur S<strong>im</strong>ulationvon turbulenten Strömungen verwendet, die alsÜberlagerung verschieden großer Wirbel angesehenwerden können. Sie haben die Eigenschaft,dass die meiste Energie von den großen Wirbeln(von einigen Metern bis zu einigen hundert Metern)transportiert wird, wohingegen die kleinen Wirbel(<strong>im</strong> Mill<strong>im</strong>eter- und Zent<strong>im</strong>eterbereich) energiearmund für die Strömung kaum von Bedeutung sind.Diese Tatsache nutzen LES Modelle und berechnennur die größeren Skalen direkt und parameterisierenden geringen Einfluss der kleinen Skalen.Dadurch sind sie in der Lage Gebietsgrößenvon einigen Kilometern mit einer Auflösung <strong>im</strong> Meterbereichzu berechnen. Da eine solche Silmulation<strong>im</strong>mer noch einen extremen RechenbedarfGeowissenschaften


75Abbildung 1: Strömungsbedingungen und Entwicklung der Tropfen <strong>im</strong> Bereich einer Wolke. Die Partikelgröße und-farbe ist dabei proportional zum Tropfenradius, wobei die lilanen Partikel Aerosole repräsentieren.Die Isooberfläche kennzeichnet Gebiete mit Flüssigwasser und macht dadurch die Wolke grafischsichtbar.darstellt wird dazu nicht nur ein Computer sonderneine Vielzahl von Prozessoren parallel verwendet.Für unser Projekt nutzen wir das LES-Modell PALM(Parallelisiertes LES Modell), das am Institut fürMeteorologie und Kl<strong>im</strong>atologie der Leibniz UniversitätHannover entwickelt wurde [1] und für denparallelen Betrieb auf mehreren tausend Prozessorenopt<strong>im</strong>iert wurde.Die Verknüpfung des LES-Modells mit einem Lagrange’schenPartikelmodell ermöglicht es Partikel<strong>im</strong> Modellgebiet freizusetzen und ihre Bewegungenin der turbulenten Strömung zu verfolgen. DiesenPartikeln können außerdem gewisse Eigenschaften,wie z.B. eine Masse und eine Größe, zugeordnetwerden, so dass wir dadurch in der Lagesind, die Wolken- und Niederschlagstropfen einerWolke explizit zu berechnen. Dieser neue Ansatzzur Wolkens<strong>im</strong>ulation hat den Vorteil, dassdie turbulente Strömung der Wolke und ihrer Umgebungrealistisch s<strong>im</strong>uliert werden kann (mit Hilfedes LES-Modells) und zusätzlich auch der Einflussder Wolkenmikrophysik berücksichtigt wird(durch die Berechnung der Wolkentropfen). Außerdemermöglicht diese Methode eine Reihe vonneuen Analysen z.B. die zeitliche Entwicklung derTropfenspektren und der Tropfenkonzentration sowiederen räumliche Variation innerhalb der Wolke.Wie echte Wolkentropfen bewegen sich die s<strong>im</strong>uliertenTropfen entsprechend ihrer Masse und derReibung mit der Strömung der Wolke mit (sieheAbbildung). Außerdem können sie durch Kondensation(Anlagerung von Wasserdampf) und durchKollision mit anderen Tropfen zu Niederschlagstropfenanwachsen. Natürlich können nicht alleTropfen einer Wolke s<strong>im</strong>uliert werden - das wären100-1000 pro cm 3 . Aber wir können einige dieserTropfen s<strong>im</strong>ulieren, die dann stellvertretend für vieleandere Tropfen stehen. Um trotzdem eine hinreichendeStatistik zu erreichen müssen <strong>im</strong> gesamtenModellgebiet insgesamt mehrere hundertMillionen Partikel s<strong>im</strong>uliert werden. Diese Tatsacheführt zu einem extremen Rechenaufwand undverlangt den Einsatz von einigen tausend CPU-Kernen über mehrere Tage hinweg.Mehr zum Thema1. Raasch S. and M. Schröter, 2001: A largeeddys<strong>im</strong>ulation model performing on massivelyparallel computers. Meteorol. Z.,10, 363-372.doi:10.1127/0941-2928/2001/0010-0363.FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1276 MetStrömGeowissenschaften


76Polare Luftmassen auf ihrem Weg in die gemäßigten BreitenDarstellung der konvektiven Grenzschicht während Kaltluftausbrüchen in WetterundKl<strong>im</strong>amodellenM. Gryschka, J. Kampmeyer, Institut für Meteorologieund Kl<strong>im</strong>atologie, Leibniz Universität HannoverKurzgefasst• In polaren Kaltluftausbrüchen gibt der Ozeangroße Wärme- und Feuchtemengen an die Atmosphäreab, sodass ursprünglich kalte undtrockene Luftmassen der polaren Regionen diegemäßigten Breiten (z.B. Europa) wesentlichwärmer und mit Schauerbewölkung erreichen.• In Anbetracht der großen Energiemengen, die ineinem Kaltluftausbruch umgesetzt werden, ist einemöglichst gute Wiedergabe der hierbei stattfindendenAustauschprozesse in Wetter- und Kl<strong>im</strong>amodellenwünschenswert.• Mit turbulenzauflösenden S<strong>im</strong>ulationen werdenhierzu exemplarisch Fälle von Kaltluftausbrüchenmit sehr hoher Auflösung und Modellgebietslängenvon mehreren 100 km Länge gerechnet,sodass die Austauschprozesse <strong>im</strong> Detail untersuchtwerden können.• Die aus den turbulenzauflösenden S<strong>im</strong>ulationengewonnen Erkenntnisse sollen in sogenannteParametrisierungen der turbulenten Prozesse inKaltluftausbruchsituationen für Wetter- und Kl<strong>im</strong>amodelleeinfließen.In einem polaren Kaltluftausbruch strömtgroßräumig eine sehr kalte und trockene Luftmassevon den Polregionen über den relativ zurLuftmasse warmen Ozean und n<strong>im</strong>mt dabei vielWärme und Feuchte auf. So erreicht beispielsweiseeine über Grönland ursprünglich trockene Luftmassemit einer Temperatur von −20 ◦ C Europamit einer Temperatur von über 0 ◦ C und nicht seltenmit kräftiger Schauerbewölkung. Der gesamteFluss an Wärme in einem Kaltluftausbruch vomOzean in die Atmosphäre ist von der Größenordnung10 15 Watt. Das entspricht einer Leistung voneiner Million Kohlekraftwerken.In Anbetracht der großen Energiemengen diebei diesem häufig auftretenden Phänomen umgesetztwerden, ist eine möglichst gute Wiedergabeder Austauschprozesse in Wetter- und Kl<strong>im</strong>amodellenerstrebenswert. Nicht zuletzt hängthiervon auch die Güte der Wettervorhersage fürDeutschland bei best<strong>im</strong>mten Wetterlagen ab. Beiden Austauschprozessen handelt es sich um turbulenteProzesse, welche auf einer Skala von einigen10 bis einigen 100 Metern ablaufen, sodassdie Austauschprozesse nicht explizit in WetterundKl<strong>im</strong>amodellen berücksichtigt werden können,sondern parametrisiert werden müssen. D.h. esmüssen Gesetzmäßigkeiten gefunden werden, mitHilfe dessen sich die Austauschprozesse in einemKaltluftausbruch auch ohne expliziter Berücksichtungder Turbulenz beschreiben lassen. Hierzuwerden mittels des turbulenzauflösenden ModelsPALM (Parallelized Large Eddy S<strong>im</strong>ulationModel) hochaufgelöste S<strong>im</strong>ulationen von Kaltluftausbrüchendurchgeführt, sodass die Auswirkungender Turbulenz auf den Wärme- und Feuchteaustauschstudiert werden kann. PALM wurde amInstitut für Meteorologie und Kl<strong>im</strong>atolgie der LeibnizUniversiät Hannover entwickelt und ist für denparallelen Betrieb auf mehreren tausend Prozessorenausgelegt.Quasi jeder polare Kaltluftausbruch geht mit sogenannterRollenkonvektion einher. Hierbei ist dieStrömung spiralförmig in Form von zahlreichen nebeneinanderliegenden Rollen mit horizontaler Rotationsachseorganisiert, wie in Abbildung 1 exemplarischanhand einer S<strong>im</strong>ulation eines Kaltluftausbruchesgezeigt. In Satellitenbildern lässt sich dieserStrömungstyp indirekt anhand von sogenanntenWolkenstraßen erkennen, d.h. in Form von parallelzueinander liegenden Wolkenbändern. Diesebilden sich in den aufsteigenden Ästen zwischenzwei Rollen. Der Abstand zwischen zweiWolkenbändern wächst dabei stromabwärts an, typischerweisevon anfänglich 2 km auf bis zu 8 kmeinige hundert Kilometer stromabwärts.Der Einfluss der Rollenkonvektion auf die turbulentenAustauschprozesse steht <strong>im</strong> Fokus dergenannten Untersuchungen. Hierzu ist ein tieferesVerständnis der den Rollen zu Grunde liegendenPhysik erforderlich. So sind z.B. die notwendigenBedingungen für das auftreten von Rollen nochnicht vollständig verstanden, wie auch die Wachstumsprozessestromabwärts. Des Weiteren wirdder Einfluss von Feuchte- und Strahlungsprozessenan den Wolken auf die turbulenten Austauschprozessesowie Rollenkonvektion untersucht.In einem Vorgängerprojekt konnten unter denBedingungen eines kräftigen Kaltluftausbrucheserstmals Konvektionsrollen mittels eines turbulenzauflösendenModells s<strong>im</strong>uliert werden, die auchsämtliche wie in der Natur beobachteten Charakteristikenaufwiesen. Es hat sich gezeigt, dass dieStruktur der Eisrandzone einen wesentlichen Einflussauf die Ausbildung von Konvektionsrollen hat.Geowissenschaften


77Abbildung 1: Stromlinien in einer turbulenzauflösenden S<strong>im</strong>ulation eines Kaltluftausbruches: Deutlich lässt sich diespiralförmige Struktur der Konvektionsrollen erkennen.Da in den S<strong>im</strong>ulationen hierzu zum einendie kleinskaligen Turbulenzen aufgelöst werdenmüssen und zum anderen ein Kaltluftausbruchein großskaliges Phänomen darstellt, sind diesesehr rechenintensiv und können nur auf Großrechnerndurchgeführt werden. Mit Modellgebietsgrößenvon bis zu 400 × 60 × 5 km 3 und Auflösungendes Modellgitters von bis zu 25 m weisen dieS<strong>im</strong>ulationen in diesem Projekt bis zu 8 × 10 9 Gitterpunkteauf.Die Untersuchungen werden zusammen mitdem Alfred Wegener Institut Bremerhaven durchgeführt.Mehr zum Thema1. Gryschka, M., 2010: Untersuchungen zur Entwicklungvon Rollenkonvektion in Kaltluftausbrüchenmittels Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationen, Dissertation(2009), Technische Informationsbibliotheku. Universitätsbibliothek Hannover, 110 S.2. Gryschka, M. C. Drüe , D. Etling , S. Raasch,2008: On the influence of sea-ice inhomogeneitiesonto roll convection in cold-air outbreaks,Geophys. Res. Lett., 35, L238043. Lüpkes, C., V. M. Gryanik, B. Witha, M. Gryschka,S. Raasch, and T. Gollnik, 2008: Modelingconvection over arctic leads with LES and anon-eddy-resolving microscale model, J. Geophys.Res., 113, C090284. Brümmer, G., 1998: Boundary layer mass, water,and heat budgets in wintert<strong>im</strong>e cold-air outbreaksfrom the arctic sea ice, Month. Weath.Rev., 125, 1824-1837FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1158 AntarktisforschungGeowissenschaften


78Welchen Einfluss hat atmosphärische Turbulenz auf dieFlugsicherheit?Numerische S<strong>im</strong>ulation zur Wechselwirkung der Atmosphäre mit derTragflügelumströmungS. Raasch, C. Helmke, Institut für Meteorologieund Kl<strong>im</strong>atologie, Leibniz Universität HannoverKurzgefasst• Für Untersuchungen des Strömungsabrisses anFlugzeugflügeln während der Landephase werdenComputers<strong>im</strong>ulationen eingesetzt.• Das Ziel dieser Untersuchungen ist eine Erweiterungdes fliegbaren Bereiches, der geringereFluggeschwindigkeiten als bisher üblich zulässt.Dies führt u.a. zu weniger Lärm<strong>im</strong>missionen.• Die atmosphärische Turbulenz in der unteren Atmosphärekann einen großen Einfluss auf diesenStrömungsabriss haben.• Entsprechende Turbulenzs<strong>im</strong>ulationen sind extremaufwendig.• Solche Modellläufe benötigen mehrere WochenCPU-Zeit auf 4096 Prozessorkernen undzählen zu den weltweit aufwendigsten meteorologischenTurbulenzs<strong>im</strong>ulationen, die je durchgeführtwurden.Flugzeuge müssen während des Landeanflugesinnerhalb der Grenzen des risikofrei fliegbaren Bereichesbleiben. In diesem Bereich ist die Gefahreines sogenannten Strömungsabrisses umden Tragflügel normalerweise sehr gering. Bei einemStrömungsabriss wird die Luft, die oberhalbdes Tragflügels strömt, abgelöst, das Flugzeughat keinen Auftrieb mehr und sackt ab. Verursachtwird diese Ablösung durch zu hohe Anstellwinkelder Tragflügel. Die Gefahr ist besondersgroß bei geringen Fluggeschwindigkeiten, dennhier sind wesentlich größere Anstellwinkel nötig.Aufgrund des hohen Risikos können die genauenGrenzen des fliegbaren Bereiches allerdings nichtausgetestet werden. Für den Flugverkehr hättees jedoch Vorteile, wenn <strong>im</strong> Landeanflug langsamerals bisher üblich geflogen werden könnte.Weniger Lärm<strong>im</strong>missionen und höheren Flugfrequenzenwären die Folge. Ein Ziel ist es daher,die Grenzen des fliegbaren Bereich zu ermittelnund unter Beibehaltung der Sicherheit zu erweitern.Hierfür sind gezielte Untersuchungen desStrömungsabrisses notwendig. Reale Flugexper<strong>im</strong>enteeignen sich für solche Untersuchungen weniger,da sie meist zu teuer vor allem aber auchzu risikoreich sind. Eine Alternative bieten numerischeComputers<strong>im</strong>ulationen von Strömungenum Tragflügel. Die S<strong>im</strong>ulationen erlauben einendetailierten Einblick, da Tragflügelumströmungenverschiedenster Flugzustände berechnet werdenkönnen und an jeder Stelle des Tragflügels zu jedemZeitpunkt der S<strong>im</strong>ulation Daten zur Verfügungstehen.Während des Landeanfluges befinden sich dieFlugzeuge nahe der Eroberfläche. Hier herrschenWindverhältnisse, die sich von denen in größerenHöhen stark unterscheiden. Die Strömungen in derunteren Atmosphäre werden von der Eroberflächedirekt beeinflusst. Je nach Wetterlage und Tageszeitist dieser Einfluss vertikal auf einen Bereichvon wenigen Dekametern bis max<strong>im</strong>al 2-3 km beschränkt.In dieser Schicht, der atmosphärischenGrenzschicht, ist die Strömung sehr turbulent, alsostark verwirbelt. Die Art und Stärke der Turbulenzist dabei sehr vom Untergrund und derWetterlage abhängig. Diese verschiedenen Wirbelkönnen einen großen Einfluss auf die Tragflügelumströmungeines Flugzeuges und damit aufden Strömungsabriss haben. Für S<strong>im</strong>ulationen vonTragflügelumströmgen werden bisher die Turbulenzverhältnissein der Atmosphäre gar nicht odernur sehr unzureichend mittels statistischer Modelleberücksichtigt. Unser Ziel ist daher, realistischereatmosphärische Windfelder für solche S<strong>im</strong>ulationenbereitzustellen. Das Projekt ist Teil der DFG-Forschergruppe “S<strong>im</strong>ulation des Überziehens vonTragflügeln und Triebwerksgondeln” (FOR1066),an der auch industrielle Partner wie Airbus undRolls Royce beteiligt sind. Unsere Projektpartnerbenutzen von uns s<strong>im</strong>ulierte Windfelder dannin ihren Modellen, um den Einfluss unterschiedlicheratmosphärischer Turbulenzverhältnisse aufden Strömungsabriss zu ermitteln.Für die Bereitstellung der turbulenten Windfelderwerden zwei verschiedene Methoden angewandt.Die erste Methode nutzt Daten realer eind<strong>im</strong>ensionalerFlugmessungen in der atmosphärischenGrenzschicht und berechnet damit ein dreid<strong>im</strong>ensionalesWindfeld, das die gleichen statistischenEigenschaften besitzt, wie die Atmosphäre zur Zeitder Messungen. Diese Methode ist vergleichsweiseschnell und kann auf eine große Datenbankvon Messungen zurückgreifen. Ihr Nachteil ist jedoch,dass dreid<strong>im</strong>ensionale kohärente Strukturenund geordnete Formationen, die typischerweise inder unteren Atmosphäre auftreten, nicht erzeugtwerden können. Die zweite Methode verwendetGeowissenschaften


79Abbildung 1: Sicht von oben auf einen Schnitt durch die Atmosphäre in 50 m Höhe. Dargestellt ist der vertikaleWind w (Rot entspricht Aufwinden, Blau Abwinden), wie er sich z.B. bei einer sommerlichen Hochdrucklageüber einem homogenem Untergrund ergäbe, s<strong>im</strong>uliert mittels LES. Das 2 km x 2 km großeGebiet links zeigt organisierte Strukturen breiter Abwindbereiche umgeben von Aufwinden. Die rechteGraphik entspricht dem 200 m x 200 m kleinen gekennzeichneten Ausschnitt und zeigt, bis zuwelchen Details die turbulenten Strukturen aufgelöst werden.das Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationsmodell (engl.: largeeddys<strong>im</strong>ulation, LES) PALM und s<strong>im</strong>uliert realistischeWindfelder. PALM (PArallelisiertes LESModell) wurde innerhalb des letzten Jahrzehnts amInstitut für Meteorologie und Kl<strong>im</strong>atologie der UniversitätHannover entwickelt. Es ist in der Lage, dieturbulenten Windverhältnisse innerhalb der atmosphärischenGrenzschicht zu berechnen und typischerealistische Strukturen sehr präzise wiederzugeben(vgl. Abbildung 1).Das LES Modellgebiet, in dem die Strömungberechnet wird, repräsentiert einen Teil der Atmosphäreund bedient sich eines dreid<strong>im</strong>ensionalenregelmäßigen Gitters. Die Atmosphäre wirddabei in viele kleine Gitterboxen, deren Kantenlängeman als Gitterweite bezeichnet, unterteilt.Für jede Box berechnet das Modell einenWert der meteorologischen Größen, z.B. Windoder Temperatur. Aus all diesen Werten ergibt sichdann die komplexe dreid<strong>im</strong>ensionale Struktur derStrömung. In der unteren Atmosphäre existierenWirbel der unterschiedlichsten Größe (wenige Mill<strong>im</strong>eterbis zu einigen Kilometern <strong>im</strong> Durchmesser).Die Gitterweite des Modells best<strong>im</strong>mt dabeidie Größe der kleinsten Wirbel, die vom Modellnoch s<strong>im</strong>uliert werden können. Für die S<strong>im</strong>ulationzur Tragflügelumströmung müssen nochWirbel berücksichtigt werden, die mindestens eineGrößenordnung kleiner als die Spannweite desTragflügels sind. Dies erfordert eine sehr kleine Gitterweitevon nur 0.5 m. Gleichzeitig muss das Modellgebietaber groß genug gewählt werden, damitsich eine realistische atmosphärische Grenzschichtentwickeln kann, die sehr große Strukturenenthält (siehe Abbildung 1). Beide Bedingungenführen zu einer sehr hohen Anzahl an Gitterpunkten(mehr als 20 Milliarden). Die entsprechendextrem aufwändigen S<strong>im</strong>ulationen der atmosphärsichenGrenzschicht sind weltweit einmaligund erfordern selbst be<strong>im</strong> parallelen Einsatz von4096 Prozessorkernen Rechenzeiten von mehrerenWochen.Solch aufwändige S<strong>im</strong>ulationen sind derzeit<strong>im</strong> Rahmen der industriellen Flugzeugentwicklungnoch nicht realisierbar. Hier werden die anfangsgenannten statistischen Modelle eingesetzt. In unseremProjekt wird derzeit durch Vergleich mitden LES-Ergebnissen ermittelt, ob die statistischenModelle die atmosphärische Turbulenz hinreichendgenau beschreiben. Später soll dann diegrundsätzliche Wirkung atmosphärischer Turbulenzunterschiedlicher meteorologischer Szenarienauf den Strömungsabriss untersucht werden.Mehr zum Thema1. Raasch, S., Schröter, M., 2001. PALM-A largeeddys<strong>im</strong>ulation model performing on massivelyparallel computers, Meteo. Z., 10, 363-372.doi:10.1127/0941-2948/2001/0010-0363.FörderungDFG-Forschergruppe 1066Geowissenschaften


80Deutschland geht offshoreEntwicklung und Validierung eines Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationsmodells zur Berechnungder Strömungsverhältnisse inner- und außerhalb von Offshore-WindparksG. Steinfeld, ForWind - Zentrum für Windenergieforschung,Institut für Physik, Carl von OssietzkyUniversität OldenburgKurzgefasst• Über dem Meer weht der Wind stetiger undkräftiger als an Land. Windenergieanlagen(WEA) auf dem Meer lassen höhere Erträge alsvergleichbare WEA an Land erwarten.• Zur opt<strong>im</strong>alen Nutzung der Offshore-Windenergieressourcen bedarf es eines verbessertenVerständnisses der marinen atmosphärischenGrenzschicht (MAG). S<strong>im</strong>ulationenkönnen dabei die wenigen (sehr teuren) Mastmessungenergänzen.• Ertragsprognosen für Windparks erfordern dieBerücksichtigung von Abschattungseffekten,denn WEA <strong>im</strong> Nachlauf anderer WEA erfahrenein Windgeschwindigkeitsdefizit und eineerhöhte Turbulenzintensität.• Bisher werden recht einfache Ingenieursmodellefür Ertragsberechnungen eingesetzt. UnterVerwendung tausender CPUs können Windparkströmungennun auch detailliert mit LES-Modellen s<strong>im</strong>uliert werden und die Ergebnissein Verbesserungen der Ingenieursmodelle einfließen.Ziel der Bundesregierung ist eine deutlicheErhöhung des Anteils der erneuerbaren Energienan der Energieversorgung. Daher strebtsie einen Ausbau der Nutzung der Offshore-Windenergieressourcen an. In einer EU-Studie von1995 wurde das Offshore-Windenergiepotenzialinnerhalb der EU mit 3000 TWh pro Jahr abgeschätzt(Stromverbrauch in der EU 2002:2563 TWh). Aufgrund der geringen Rauhigkeitder Meeresoberfläche <strong>im</strong> Vergleich zu Landoberflächenist über dem Meer mit günstigeren Bedingungenfür die Windenergienutzung zu rechnen:höhere mittlere Windgeschwindigkeiten undein stetiger wehender Wind, der geringere mechanischeBelastungen der WEA erwarten lässt.Zur Initialisierung der Nutzung der Windenergieressourcenin deutschen Gewässern fördertdas Bundesministerium für Umwelt, Naturschutzund Reaktorsicherheit (BMU) die technischwissenschaftlicheBegleitforschung <strong>im</strong> deutschenOffshore-Testfeld alpha ventus. Es liegen zwar z.B.aus Dänemark bereits Erfahrungen mit Offshore-WEA vor, allerdings zeichnen sich die geplantendeutschen Offshore-Windparks durch große Wassertiefenund Entfernungen von der Küste aus. Dieeingesetzten WEA sind größer als bisher eingesetzteWEA.Eines der Projekte der BMU-<strong>Forschung</strong>sinitiative<strong>im</strong> Testfeld alpha ventus, ist das <strong>Verbund</strong>forschungsprojektOWEA (Verifikation von Offshore-WEA). Ziele dieses Projekts sind unter anderem eineerhöhte Genauigkeit von Ertragsprognosen fürOffshore-WEA und Offshore-Windparks sowie eineReduktion der Investions- und Betriebskostenfür Offshore-WEA durch eine verbesserte Prognoseder zu erwartenden, teilweise durch benachbarteAnlagen verursachten Belastungen.ForWind (Universität Oldenburg) trägt zumOWEA-Projekt auch durch Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationender MAG, von WEA-Nachlaufströmungen inder MAG sowie der atmosphärischen Strömung innerhalbdes Windparks alpha ventus bei. Zur Anwendunggelangt dabei das LES-Modell PALM [1].Mit Hilfe der S<strong>im</strong>ulationen soll die ungestörte, vorallem aber die durch vorhandene WEA modifizierteStruktur der MAG mit in Messungen und vorangegangenennumerischen S<strong>im</strong>ulationen bisher nichterreichter räumlicher und zeitlicher Auflösung untersuchtwerden. Die genaue Kenntnis des Windangebotsam Standort einer WEA ist Voraussetzungfür verlässliche Ertragsprognosen. Die Strukturder MAG ist bisher bei weitem noch nicht sogut erforscht wie die Struktur der atmosphärischenGrenzschicht über Land. Aufgrund der vergleichsweisehohen Kosten für die Errichtung entsprechenderMesstürme <strong>im</strong> Meer existieren bisher nurwenige Messmasten, an denen ein Bild über dievertikale Struktur der MAG bis in Höhen von etwa100 m gewonnen werden kann. Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationenstellen ein vielversprechendes Mittel dar,um die Erkenntnisse aus den Messungen zu erweitern,denn WEA reichen weit über Höhen von100 m hinaus.Die Abschätzung des potentiellen Energieertragssowie der Lebensdauer einzelner WEA innerhalbeines Windparks wird dadurch erschwert,dass die atmosphärische Grenzschicht durch einein Betrieb befindliche WEA stark modifiziertwird. Auch noch viele Rotordurchmesser hinter einerWEA ist ein Windgeschwindigkeitsdefizit undeine Erhöhung der Turbulenzintensität <strong>im</strong> Vergleichzur ungestörten Strömung festzustellen.Wie stark die Modifikation der Strömung ist,hängt unter anderem vom Abstand zwischen denGeowissenschaften


82Turbulenz in der WettervorhersageHochauflösende Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationen atmosphärischer GrenzschichtturbulenzR. Heinze, S. Raasch, Institut für Meteorologieund Kl<strong>im</strong>atologie, Leibniz Universität HannoverKurzgefasst• Atmosphärische Strömungen in Bodennähe sindin der Regel turbulent.• In der Wettervorhersage muss diese Turbulenzüber vereinfachte Modelle berücksichtigt werden,die <strong>im</strong>mer noch eine der wesentlichen Schwachstellender Vorhersage sind.• Die Weiterentwicklung dieser Turbulenzmodelleerfordert ein besseres Verständnis der Turbulenzeffekte,die durch Messungen nur sehrschwer zugänglich sind.• Turbulenzeffekte können aber auch mit sehrhochauflösenden S<strong>im</strong>ulationsmodellen untersuchtwerden.• Solche Turbulenzs<strong>im</strong>ulationen sind sehr rechenintensivund erfordern den gleichzeitigen Einsatzvon mehreren tausend Prozessoren.Die Atmosphäre setzt sich aus mehreren Schichtenzusammen. Die unterste Schicht wird als atmosphärischeGrenzschicht bezeichnet und ist diejenigeSchicht, in der wir leben. Sie hat eine Höhevon 1–2 km und in ihr macht sich der Einfluss desBodens bemerkbar. Im Gegensatz zu den anderenSchichten der Atmosphäre, zeichnet sich dieGrenzschicht durch das Vorhandensein von Turbulenzaus. Unter Turbulenz versteht man mehroder weniger zufällige, sowohl räumliche als auchzeitliche Schwankungen des Windes, der Temperaturund weiterer Größen, die für den Menschenbeispielsweise als Böen spürbar sind. Allgemeinwird Turbulenz als Überlagerung von Wirbeln unterschiedlichsterGröße, von Mill<strong>im</strong>etern bis zu einigenhundert Metern, beschrieben. Durch Turbulenzwerden u.a. Impuls, Wärme und Feuchte vomErdboden aus in die Atmosphäre transportiert. Somitstellt die Turbulenz einen wesentlichen Antriebfür das Wettergeschehen dar. Am Oberrandder Grenzschicht bilden sich in der Regel Wolkenaus. Diese Wolken sind <strong>im</strong> Vergleich zu Wolkenhöherer Schichten relativ flach und produzierenselten Niederschlag. Man unterscheidet zwei Arten.Zum einen können sich kleine, haufenförmigeWolken, die sog. Kumuluswolken ausbilden. Zumanderen kommt eher schichtartige Bewölkung vor,in der aber noch haufenförmige Strukturen zu erkennensind. Diese Wolkenart bezeichnet man alsStratokumulus.Das Wettergeschehen wird mittels Wettervorhersagemodellen,die natürlich auch die atmosphärischeGrenzschicht umfassen, vorausberechnet.Die Vorhersagen werden nur für diskrete Punkt<strong>im</strong> Raum gemacht, die Abstände (Gitterweiten) voneinigen Kilometern aufweisen. Da aber die einzelnenWirbel, die Turbulenz ausmachen, wesentlichkleiner als die Gitterweiten sind, können sie nichtvom Wettermodell selber berechnet werden. Aberdie Wirkung der Turbulenz muss in der Wettervorhersagedennoch berücksichtigt werden, weil ohnesie ein physikalischer Prozess fehlen würde unddieses zu schlechten Vorhersagen führen würde.Die Berücksichtigung geschieht durch Verwendungvon sog. Turbulenzmodellen, die auf der statistischenBeschreibung von Turbulenz beruhen. Indiesen Modellen wird die Turbulenz parametrisiert,d.h. aus geeigneten Annahmen heraus mit Hilfeder Modellgrößen berechnet.In unserem Projekt, das in Zusammenarbeit mitdem Deutschen Wetterdienst durchgeführt wird,geht es darum, die Turbulenz und ihre statistischenEigenschaften <strong>im</strong> Hinblick auf diese Turbulenzparametrisierungenzu untersuchen und damit dieWettervorhersage zu verbessern. Dazu verwendenwir ein Modell, welches die Turbulenz auflöst, d.h.direkt berechnet und nicht nur ihre Wirkung modelliert,wie es in der Wettervorhersage notwendigist. Daher setzen wir ein sog. Grobstrukturs<strong>im</strong>ulatationsmodell(englisch: large-eddy s<strong>im</strong>ulation,LES) ein, in dem Gitterweiten von einigenMetern benutzt werden. Damit können zwar diekleinsten Turbulenzelemente von einigen Mill<strong>im</strong>etern<strong>im</strong>mer noch nicht explizit berechnet werden.Dies stellt aber kein Problem dar, weil die kleinenWirbel auch nur einen geringen Anteil am Transporthaben. Letztendlich kann mit der LES eine turbulenteStrömung s<strong>im</strong>uliert werden und damit aucheine Untersuchung der Turbulenz stattfinden.Das LES Modell, welches für unsere Untersuchungenzum Einsatz kommt, ist das PArallelisierteLES Modell PALM [1]. Es wird stetig am Institut fürMeteorologie und Kl<strong>im</strong>atologie weiter entwickelt [2]und ist für den Einsatz auf Großrechnern opt<strong>im</strong>iert.Im Grunde beruhen die Turbulenzmodelle in denWetter- und auch in den Kl<strong>im</strong>amodellen auf denBilanzen von statistischen Momenten. StatistischeMomente der Turbulenz sind u.a. Varianzen dereinzelnen Modellvariablen, wie zum Beispiel diequadratische Temperaturfluktuation. Für diese Momentewerden Gleichungen aufgestellt, welche diezeitliche Entwicklung der Momente beschreiben.Bei der Bilanzanalyse werden die einzelnen Ter-Geowissenschaften


83Abbildung 1: Momentaufnahme einer turbulenten Strömung mit Kumulus Wolken, die mit LES s<strong>im</strong>uliert wurde.Partikel, die in der Strömung freigesetzt werden, machen die turbulenten Bewegungen sichtbar. DieFarbe der Partikel zeigt ihren Auftrieb an, wobei rot für positiven und blau für negativen Auftrieb steht.Große Partikel bewegen sich schnell und kleine langsam. Kumuluswolken sind weiß eingefärbt undbilden sich dort, wo der Auftrieb besonders hoch ist.me dieser Gleichungen miteinander verglichen, umzu best<strong>im</strong>men, welche Terme, und damit natürlichauch physikalischen Prozesse, das zeitliche Verhaltender Momente best<strong>im</strong>men. Daraus ergibtsich schließlich, welche Prozesse in der Parametrisierungberücksichtig werden sollten. Außerdemermöglicht die Bilanzanalyse die generelle Eignungvon bereits verwendeten Parametrisierungenzu überprüfen und auf deren Grundlage weiteroderauch neu zu entwickeln. Insbesondere wurdeder Einfluss von flacher Bewölkung (Kumulus,Stratokumulus) auf die Bilanzen bisher noch nichtsystematisch untersucht. Da vor allem Stratokumulusbewölkungwichtig für den Strahlungshaushaltder Erde ist, ist eine gute Berücksichtigung dieserProzesse in den Turbulenzparametrisierungen derWetter- und Kl<strong>im</strong>amodelle notwendig. Daher werden<strong>im</strong> Rahmen dieses Projektes insbesondere Bilanzenfür bewölkte Grenzschichten, wie in der Abbildungdargestellt, untersucht. Die Abbildung zeigteine Momentaufnahme der turbulenten Strömungin einer Grenzschicht mit Kumuluswolken.Um die Bilanzen nun mit höchst möglicher Genauigkeitzu best<strong>im</strong>men, wird unser LES-ModellPALM mit kleinen Gitterweiten von einigen Meternbetrieben. Solche S<strong>im</strong>ulationen sind sehr aufwendigund erfordern die Verwendung von mehrerentausend Prozessoren, wie sie am <strong>HLRN</strong> zurVerfügung gestellt werden.Mehr zum Thema1. Raasch, S. und M. Schröter, 2001: A largeeddys<strong>im</strong>ulation model performing on massivelyparallel computers. Meteorol. Z., 10, 363-372.doi:10.1127/0941-2948/2001/0010-03632. http://palm.muk.uni-hannover.deFörderungExtramurale <strong>Forschung</strong> des Deutschen Wetterdienstes(DWD). Das Projekt wird am <strong>HLRN</strong> mitbis zu 7680 parallel genutzten CPU-Kernen unterstützt.Geowissenschaften


84Kann das Schmelzen des Grönlandeises den Golfstrom schwächen?Auswirkungen des Kl<strong>im</strong>awandels auf die Zirkulation des Atlantischen OzeansE. Behrens, C.W. Böning, IFM-GEOMAR,Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an derUniversität KielKurzgefasst• Der Kl<strong>im</strong>awandel und die damit einhergehendeglobale Erwärmung, insbesondere derPolargebiete, können das Abschmelzen desgrönländischen Gletschereises beschleunigen.• Das dadurch zusätzlich frei werdende Schmelzwasserkann neben dem bekannten globalenMeeresspiegelanstieg auch zu Veränderungen inder Ozeanzirkulation, z.B. dem Golfstrom, derWarmwasserheizung Europas, führen.• Die Ausbreitung des Schmelzwassers wird durchRandströmungen und Wirbel geprägt.• Mithilfe wirbelauflösender Ozeanmodelle wirduntersucht, welche Auswirkungen künstliche Abschmelzszenarienauf die Ozeanzirkulation <strong>im</strong>Nordatlantik haben können.Ein besonders gefährdeter Lebensraum in Zeitendes Kl<strong>im</strong>awandels sind die Polargebiete auf derNord- und Südhalbkugel, da hier das Gleichgewichtextrem empfindlich auf Veränderungen reagiertund die Nischen der dort vorkommenden Lebewesennur sehr klein sind.Um die Folgen des Kl<strong>im</strong>awandels verstehen undstudieren zu können, sind numerische Modelle unabdingbar,da man allein aus Beobachtungen vonKl<strong>im</strong>agrößen wie z.B. Lufttemperatur an einem Ortnur bedingt Rückschlüsse auf globale Prozesseziehen kann. Numerische Modelle versuchen daherauf Basis von physikalischen Gleichungen dierealen Prozesse und Reaktionen des Kl<strong>im</strong>asystemszu s<strong>im</strong>ulieren. Um die komplexen Prozesseberechnen zu können sind gewaltige Rechenkapazitätennotwendig.In diesem Projekt liegt das Hauptaugenmerk aufdem Ozean und dessen Reaktion auf ein best<strong>im</strong>mtesKl<strong>im</strong>awandel-Szenario, das Abschmelzen desGrönländischen Festlandeises. Aktuelle Arbeitenvon Rignot[1] und Serreze[2] haben ein deutlichbeschleunigtes Abschmelzen des Grönlandeisesund des polaren Meereises über die letzten Jahrzehntefestgestellt. Allein diese Veränderungenhaben weitreichende globale Folgen. So kommtes zum Beispiel zu Rückkopplungsprozessen <strong>im</strong>globalen Strahlungshaushalt der Erde, da Eisflächenmehr Sonnenlicht zurück in den Weltraumabstrahlen als eisfreie und damit die Kl<strong>im</strong>aerwärmungdurch deren Schrumpfung weiter beschleunigtwerden kann.In unseren S<strong>im</strong>ulationen wird die Reaktiondes globalen Ozeans auf vorgegebene atmosphärischeBedingungen untersucht. Anders alsin gekoppelten Kl<strong>im</strong>as<strong>im</strong>ulationen werden dadurchdirekte Rückkopplungsprozesse zwischen Atmosphäreund Ozean unterdrückt, anderseits kannaber das rechenzeitintensive Atmosphärenmodelleingespart werden. Die dadurch frei werdendenRessourcen werden für eine erhebliche Verfeinerungdes Ozeanmodells verwendet. Somit ist esmöglich, die horizontale Auflösung um ein vielfachesgegenüber heute gängigen Kl<strong>im</strong>amodellenzu steigern und weitere wichtige Prozesse (sogenanntemesoskalige Wirbel) zu s<strong>im</strong>ulieren. So beträgtdie Maschenweite in der Region um Grönlandweniger als 5 km gegenüber von ∼100 km in Kl<strong>im</strong>amodellen.Dadurch werden wichtige Wirbelprozessein den Bildungsregionen von Tiefenwasseraufgelöst, welche in Kl<strong>im</strong>amodellen völlig fehlen.In den durchgeführten Abschmelzszenarien wirdkünstlich der kontinentale Süßwasserabfluss umGrönland erhöht und mit einem Referenzlauf verglichen.Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Auswirkungendes Abschmelzens des GrönländischenEisschildes. Besonders interessant ist, wo dieseszusätzliche Schmelzwasser mit den vorherrschendenStrömungen hintransportiert wird. Hierzuwird künstlich das zusätzliche Schmelzwasser”eingefärbt” d.h. es wird ein virtueller Spurenstoffeingebracht der die Ausbreitung infolge advektiverund diffusiver Strömungsprozesse sichtbar werdenlässt (Abb. 1).Ein wichtiger Prozess durch den zusätzlichesSchmelzwasser Einfluss auf den Ozean habenkann, ist neben dem Beitrag zum Meeresspiegelanstieg,die empfindliche vom Salzgehaltabhängige Tiefenwasserbildung. In den Gebietenum Grönland sinken große Wassermengenin die Tiefe - ein wichtiges Element der globalenUmwälzzirkulation, durch die <strong>im</strong> Nordatlantik,als Ausläufer des Golfstromes, warmes Oberflächenwassersweit nach Norden transportiertwird. Dieses filligrane Gleichgewicht wird aberdurch den Eintrag von Schmelzwasser, dass aufGrund seines geringen Salzgehaltes eine geringereDichte als das Meerwasser hat, gestört. DasSchmelzwasser schw<strong>im</strong>mt quasi auf dem Meerwasserund entzieht es so dem Einfluss der winterlichenAbkühlung, welche notwendig für das Absinkenund den Antrieb der Umwälzbewegung <strong>im</strong>Nordatlantik ist. Eine dadurch verursachte Ver-Geowissenschaften


85Abbildung 1: Schmelzwasserverteilung von Grönland nach rund 10 Jahren. Die Abbildung zeigt die Region umGrönland mit Topographie, überlagert von der vertikal integrierten Schmelzwasserverteilung die umGrönland herum ins Meer gelangt und dann mit den Küstenströmungen und ozeanischen Wirbelnverteilt wird. Hohe Schmelzwasseranteile (rot) findet man entlang der Küste Grönlands, in der BaffinBucht und entlang des Labrador Stromes. Die wichtigen konvektiven Regionen in der Labrador Seeund nördlich von Island werden zunächst nur gering beeinflusst.ringerung der Umwälzbewegung und damit veringertemWärmetransport aus dem südlichen Atlantiknach Norden könnte weitreichende Folgenfür Europa und dessen mildes gemäßigtes Kl<strong>im</strong>ahaben. Eine wichtige offene Frage in diesemGeschehen ist die Ausbreitung des Schmelzwassers:sind die kritischen Tiefenbildungsgebieteüberhaupt betroffen, welche Rolle spielen dieRandströmungen und die Wirbel <strong>im</strong> Ozean? ErsteErgebnisse unserer S<strong>im</strong>ulationen zeigen mit demrelativ hochauflösenden Modell deutlich (Abb. 1),dass kleinskalige Strömungsprozesse, wie <strong>im</strong> realenOzean, entscheidend für die Ausbreitung desSchmelzwassers sind. Dies können derzeitige Kl<strong>im</strong>amodelledurch ihr grobe Auflösung nicht leisten:das Schmelzwasser wird dort über die ganzeRegion eher gleichmäßig verteilt, was sichereAbschätzungen z.B. der Reaktion der Konvektionauf vermehrtes Schmelzwasser und damit auchdie Reaktion auf die Umwälzbewegung bisher verhindert.Mehr zum Thema1. Rignot, E. and Kanagaratnam, P., 2006: Changesin the velocity structure of the Greenland icesheet. Science 311, 986–9902. Serreze, M. C., M. M. Holland, and J. Stroeve,2007: Perspective on the Arctic’s shrinking seaicecover, Science, 315, 1533–1536FörderungEU-THOR, ”Thermohaline Overturning, at Risk?”http://www.eu-thor.euGeowissenschaften


86Wann, woher und wohin? - Untersuchungen zur Geschichte undZukunft von CO 2 <strong>im</strong> OzeanInvestigating the role of ocean ventilation in anthropogenic CO 2 uptake andsequestration via Green functionsA. Oschlies, I. Kriest, IFM-GEOMAR, Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der UniversitätKielKurzgefasst• Die ozeanische Ventilation spielt eine große Rollefür den Verbleib des anthropogenen CO 2 undanderer gelöster Gase <strong>im</strong> tiefen Ozean.• Das räumliche Muster des Gasaustausches zwischenOzean und Atmosphäre und des anschließendenTransports in den tiefen Ozean ist komplex,und kann eine Vielzahl von Zeit- und Raumskalenbeeinhalten.• Mit Hilfe von sogenannten “Green”-Funktionensoll ein verbessertes Verständnis des Transportsvon anthropogenem CO 2 und O 2 in den tiefenOzean, seines Verbleibs bzw. seines erneutenKontakts mit der Atmosphäre erzielt werden.Die ozeanische Ventilation transportiert Wasservon der Oberfläche in den tiefen Ozean. Wodie Wassermassen absinken, und wie lange sievon der Oberfläche isoliert waren spielt, durchden dadurch bedingten Transport von Wärme undgelösten Gasen wie z.B. CO 2 , eine erhebliche Rollefür das globale Kl<strong>im</strong>asystem. So wären etwaohne die ozeanische Senke die atmosphärischenCO 2 Konzentrationen fast 20% höher als derzeitig.Auf längeren Zeitskalen beeinflusst die ozeanischeVentilation durch den Transport von Sauerstoffdie biologischen Prozesse insbesondere <strong>im</strong>tiefen Ozean.Das räumliche Muster des Gasaustausches zwischenOzean und Atmosphäre ist allerdings sehrkomplex: die Aufnahme bzw. Abgabe von CO 2durch den Ozean hängt sowohl von den Bedingungenan der Wasseroberfläche, als auch von derdarunter stattfindenden Zirkulation ab, und variiertregional. Je nachdem, wo z.B. Aufnahme von CO 2stattfindet, kann dies entweder in flachen Tiefenverbleiben, und durch die flache, relativ schnelleZirkulation transportiert werden, oder tiefer in denOzean eindringen und damit für längere Zeiträumevon dem Kontakt mit der Atmosphäre abgeschnittensein [1], [2]. Demnach ist die Aufnahme bzw.Abgabe von anthropogenem CO 2 nicht direkt andie durchschnittliche Ventilation in einer best<strong>im</strong>mtenRegion gebunden, sondern abhängig von verschiedenenProzessen und Zeitskalen. Ein verbessertesVerständnis und eine Quantifizierungder involvierten Zeitskalen und der Prozesse, diedas räumliche Muster der CO 2 -Aufnahme, seinesTransportes und Verbleibs in tieferen Wasserschichtenbedingen ist somit wesentlich für Prognosenin Bezug auf zukünftige Kl<strong>im</strong>aänderungen.Eine grundsätzliche Herausforderung liegt dabeiin der hohen Turbulenz und Diffusivität desOzeans. Aus diesem Grund ist jedes “Wasserpaket”<strong>im</strong> Ozeaninneren aus Elementen unterschiedlicherHerkunft (in Bezug auf die Entstehung an derOberfläche) zusammengesetzt, die diesen Ort aufdiversen Wegen und Zeitskalen erreicht haben.Bei der Betrachtung des <strong>im</strong> tiefen Ozean gespeichertenCO 2 müssen daher sowohl die Vielfalt derHerkunftsregionen an der Oberfläche (wo das jeweiligeElement zum letzen Mal in Kontakt mit derunter Umständen anthropogen beeinflussten Atmosphärewar), als auch die dazugehörigen Zeitskalenberücksichtigt werden. Darüber hinaus beinflusstder Ozean die atmosphärischen CO 2 Konzentrationennicht nur durch seine Aufnahme, sondernauch durch den Zeitraum, der zwischen Aufnahmeund Wiederabgabe zur Kohlenstoffakkumulationzur Verfügung steht.Zur Bearbeitung dieses Problems werden wirdas mathematische Instrumentarium der “Green”-Funktionen verwenden. Diese erlauben sowohl dieTransportpfade von Wasser und anthropogenemCO 2 von der Oberfläche in das Ozeaninnere zubest<strong>im</strong>men, als auch die Pfade vom Ozeaninnerenzurück an die Wasseroberfläche. Die “Vorwärts”-Green-Funktion verbindet dabei die Konzentrationeines Stoffes <strong>im</strong> Ozeaninneren mit seiner Herkunftsregionund “Geschichte”. Sie charakterisiertdemnach den Oberfläche - Ozeaninneres Transport,bzw. bearbeitet die Frage: Wo und wannwar das Wasser zuletzt <strong>im</strong> Kontakt mit der Atmosphäre?Die adjungierte Green-Funktion beantwortetumgekehrt die Frage wann und wo diesesWasser wieder in Kontakt mit der Atmosphäre tretenwird.In unserem Projekt werden wir zur Berechnungder Green-Funktionen die Zirkulation eines an Datenabgeglichenen Ozeanmodells verwenden, diein ein effizientes “offline” Verfahren zum Transportpassiver Bestandteile eingebettet ist. Die Green-Funktionen werden dann in Bezug auf die Transportwegeund -zeitskalen von (anthropogenem)CO 2 und O 2 analysiert werden, letzteres um Fra-Geowissenschaften


87Abbildung 1: Anteil des ozeanischen anthropogenen CO 2 Inventars, das bis zu einer Zeit τ <strong>im</strong> Ozean verbleibt, fürden Nord Atlantik (NA), Südlichen Ozean (ANT), und die Tropen (TROP).gen zu möglichen zukünftigen Änderungen derräumlichen Ausdehnung suboxischer Zonen (Bereicheniedriger Sauerstoffkonzentrationen) zu untersuchen.Vorläufige Untersuchungen, durchgeführt mitder Zirkulation aus einem Modell sehr groberräumlicher Auflösung und der adjungierten Green-Funktion zeigen, dass obwohl z.B. tropische Regioneneinen hohen Anteil an anthropogenem CO 2aufnehmen, ungefähr 90% von diesem in einemZeitraum von ca. 50 Jahren wieder an die Atmosphäreabgegeben werden (Abb. 1). Die Berechnungen,die auf den Prozessoren des <strong>HLRN</strong> durchgeführtwerden sollen, werden die Zirkulation auseinem wesentlich höher aufgelösten, datenbasiertenModell verwenden, das inbesondere die Oberflächenregionenbesser auflöst.Mehr zum Thema1. Khatiwala, S., F. Pr<strong>im</strong>eau, and T. Hall. Reconstructionof the history of anthropogenic CO 2concentrations in the ocean. 2009, Nature, 462,doi: 10.1038/nature085262. Khatiwala, S., F. Pr<strong>im</strong>eau, and M. Holzer. Ventilationof the deep ocean constrained with tracerobservations. 2010, eingereicht.FörderungUniversität KielGeowissenschaften


88Wie gut sind unsere Beschreibungen biologischer Vorgänge <strong>im</strong>globalen Ozean?Einfluss von Remineralisierungsparametern auf globale biogeochemischeOzeanmodelleA. Oschlies, I. Kriest, IFM-GEOMAR, Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der UniversitätKielKurzgefasst• Sowohl biologische, als auch physikalische Faktorenbedingen die globalen Verteilungen vonNährstoffen, O 2 , und CO 2 <strong>im</strong> Ozean.• Die Darstellung biologischer Vorgänge in globalenozeanischen Modellen ist nicht einheitlich.• Die Bewertung der unterschiedlichen biogeochischenModelle erfolgt häufig subjektiv, und oftnicht umfassend.• Eine umfassende Bewertung der biologischenModelle ist sehr rechenzeitaufwendig, allerdingsnotwendig, um Aussagen zur Belastbarkeit derModelle machen zu können.Der Ozean spielt <strong>im</strong> globalen Kohlenstoffkreislaufund für den Verbleib der anthropogenen CO 2 Emissioneneine entscheidende Rolle. Bisher sind <strong>im</strong>Ozean mehr als die Hälfte des durch den Menschenproduzierten (anthropogenen) CO 2 für langeZeit gespeichert. Die zukünftige Aufnahme vonCO 2 durch den Ozean, dessen Verbleib auf unterschiedlichenZeitskalen, und die Auswirkung deszusätzlichen CO 2 auf marine biologische und/oderbiogeochemische Prozesse hängen neben physikalischenund chemischen Faktoren auch von biologischenVorgänge wie z.B. der Photosyntheseplanktischer Mikroalgen und ihrem anschließendenAbsinken bzw. Abbau ab.Eine umfassende globale Abschätzung der Bedeutungverschiedener Prozesse erfolgt nicht zuletztwegen der lückenhaften Datenlage vor allemdurch an globale Zirkulationsmodelle gekoppelteModelle, die die grundlegenden biologischenund biogeochemischen Mechanismen zu beschreibenversuchen. Allerdings ist die empirische Beschreibungdieser Interaktionen bei weitem nichtso eindeutig wie z.B. die auf grundlegenden Erhaltungssätzenberuhende Beschreibung physikalischerProzesse. Dies ist u.a. durch die Vielfaltund physiologische Flexibilität der Organismenbedingt, die in den Modellen zu stark idealisiertenund abstrahierten Gruppen zusammengefasstwerden. Daher weichen die verwendeten biogeochemischenModelle nicht nur in ihrer Komplexität,sondern auch in den Darstellungen einzelnerProzesse voneinander ab. So erfolgt z.B.die Beschreibung des Sinkens und Abbaus organischerSubstanz durch unterschiedliche Annahmenund Funktionen, mit z.T. nicht unerheblichenFolgen für die daraus resultierenden NährstoffundSauerstoffverteilungen, sowie für den Gasaustauschvon CO 2 . Die Verteilungen werden außerdemzusätzlich durch die s<strong>im</strong>ulierte physikalischeZirkulation beeinflusst.Prozesse wie die Tiefenzirkulation, aber aucheher langsame biologische Vorgänge wie z.B. dermikrobielle Abbau organischer Substanz <strong>im</strong> tiefenOzean, und ihr Zusammenspiel erfordern häufiglange Zeitskalen der S<strong>im</strong>ulation; damit ist aberauch eine größere Unabhängigkeit des Modellsvon den Startwerten, und somit eine eindeutigereBeurteilung seiner Leistungsfähigkeit gegeben.Im Allgemeinen erfolgt die Anpassung einesglobalen biogeochemischen Modells an ein physikalischesModell (und an eine spezielle Fragestellung)durch eine Variation der Modellkonstantenund/oder Hinzufügen weiterer Komponenten.Die aus den anschließenden S<strong>im</strong>ulationenüber kürzere oder längere Zeiträume (i.A. Dekadenbis Jahrtausende) resultierenden Zustandsgrößen(z.B. Nährstoffe oder O 2 ) werden anschließendmit möglichst umfassenden, globalen biogeochemischenDatensätzen verglichen. Oft werdenin sukzessiven und z.T. subjektiv geprägten “Tuning”zyklendie Modelle weiter an die Beobachtungenangepasst.Eine “gute” Übereinst<strong>im</strong>mung der Modellgrößenmit den Beobachtungsdaten kann dann als Kriteriumfür die realistische Parametrisierung derbiogeochemischen Vorgänge interpretiert werden.Dabei ist die Definition von “gut” durchaus häufigvon subjektiven, z.T. visuellen Kriterien geprägt.Eine objektive, d.h. anhand von Metriken durchgeführteBeurteilung der Leistungsfähigkeit einesModells wurde nicht <strong>im</strong>mer verfolgt. Mit zunehmenderVerwendung der Modelle für prognostischeZwecke wird allerdings auch die Forderung nachder obligatorischen Anwendung von verschiedenenquantitativen Verfahren zur Beurteilung derModelle laut. Ein erster Ansatz zur Bewertung unterschiedlicherModelle anhand verschiedener Metrikenfindet sich z.B. in [1].Das vorliegende Projekt zielt auf die Anwendungund Weiterentwicklung eines einfach anwendbaren,möglichst objektiven Werkzeugs zur AnalyseGeowissenschaften


89Abbildung 1: Links: Globale O 2 -Verteilung der Beobachtungen (Balken) und von Modellen mit unterschiedlichenPartikelsinkgeschwindigkeiten (Linien, physikalischer Transport mittels grober räuml. Auflösung).Schwarz: Basisszenario. Blau: “Langsame” Partikel. Rot: “Schnelle” Partikel. Rechts: wie links, allerdingsmit feiner räumlicher Auflösung (“ECCO”). Mitte: Mittlere quadrat. Abweichung von Modell-Daten für O 2 in Abhängigkeit von der Partikelsinkgeschwindigkeit. “Schnellere” Sinkgeschwindigkeitensind am rechten Ende der x-Achse zu finden. Feine Linien: “ECCO”, dicke Linien: “MIT2.8”.und Beurteilung einer Auswahl globaler biogeochemischerModelle ab. Zu diesem Zweck wird ein effizientes“offline” Verfahren für die Darstellung derZirkulation verwendet [2]. An dieses Transportmodellwerden verschiedene biogochemische Modellegekopppelt und über mehrere tausend Jahre s<strong>im</strong>uliert.S<strong>im</strong>ulierte Nährstoffe und O 2 werden anhandverschiedener Metriken mit Beobachtungenverglichen und systematische Abweichungen derverschiedenen Modellvarianten von den Beobachtungenanalysiert. Durch Verwendung der Transporteaus unterschiedlichen Zirkulationsmodellenwird die Bedeutung der biologischen Konstantenund Funktionen dem Einfluss physikalischer Parametrisierungengegenübergestellt. Insbesonderedie Anwendung von Zirkulationen aus höheraufgelösten physikalischen Modellen, oder sehrkomplexer biogeochemischer Modelle wird auf denProzessoren des <strong>HLRN</strong> betrieben.Erste Ergebnisse dieses Projekts sind in Abb.1 dargestellt. Hierbei handelte es sich sowohlum den Vergleich der Auswirkung der Zirkulationdes räumlich grob aufgelösten (2.8 ◦ horizontaleAuflösung, 15 vertikale Schichten) MIT2.8-Modellsmit dem höher aufgelösten “ECCO”-Modell (1 ◦ horizontaleAuflösung, 23 vertikale Schichten), alsauch um die Auswirkung unterschiedlicher Sinkgeschwindigkeitenorganischer Partikel. Die Gegenüberstellungzeigt, dass unterschiedliche Sinkgeschwindigkeiteneinen erheblich Einfluss auf dieVerteilung gelöster Substanzen wie z.B. O 2 habenkönnen. Weiterhin führt eine höhere Auflösung(in Verbindung mit einer realistischeren Zirkulation;“ECCO”) zu einer Verbesserung der Darstellungder Sauerstoffverteilung. Weitere Untersuchungenin Bezug auf räumliche Auflösung und biogeochemischeKonstanten und Modellbestandteile sindgeplant bzw. werden zur Zeit auf den Prozessorendes <strong>HLRN</strong> durchgeführt.Mehr zum Thema1. Kriest, I., Khatiwala, S. and Oschlies, A. Towardsan assessment of s<strong>im</strong>ple global marinebiogeochemical models of different complexity.Prog. Oceanogr., 2010, 86, 337–360,doi:10.1016/j.pocean.2010.05.0022. Khatiwala, S. A computational framework fors<strong>im</strong>ulation of biogeochemical tracers in theocean. Global Biogeochem. Cy., 2007 , 21FörderungUniversität KielGeowissenschaften


90Geht den tropischen Ozeanen die Luft aus?Ventilation der Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonen in den tropischen OzeanenF.U. Schwarzkopf, C.W. Böning, IFM-GEOMAR,Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an derUniversität KielKurzgefasst• Meerestiere benötigen <strong>im</strong> Meerwasser gelöstenSauerstoff zum Leben.• In den tropischen Ozeanbecken gibt es Zonen,in denen nur wenig Sauerstoff vorhanden ist: dieSauerstoffmin<strong>im</strong>umzonen.• Im Zuge des Kl<strong>im</strong>awandels scheinen sich dieseZonen auszudehnen und die Sauerstoffkonzentrationenfallen weiter [1].• Um die physikalischen Prozesse der Belüftungdieser Zonen zu untersuchen benötigt man hochauflösendeOzeans<strong>im</strong>ulationen.• Die Integration dieser feinskaligen Modelle wirdauf 512 Prozessoren durchgeführt und bedarf einerhohen Speicherkapazität.Die meisten Meerestiere atmen, wie auch derMensch, Sauerstoff (O 2 ). Allerdings sind sie nichtin einer so luxuriösen Situation, ständig von diesemLebenselixier in passender Dosierung umgebenzu sein. Komplexe physikalische sowiebiologisch-chemische Prozesse beeinflussen dieSauerstoffverteilung <strong>im</strong> Ozean. Über die Oberflächewird O 2 in den Ozean eingebracht und auchnur in der obersten Schicht durch Photosynthesefreigesetzt. Darunter wird O 2 durch den Abbau organischenMaterials verbraucht. Durch best<strong>im</strong>mteWind- und Strömungsbedingungen quillt in denTropen nährstoffreiches Wasser auf, in dem O 2 besondersschnell abgebaut wird. Außerdem findethier keine direkte Belüftung von der Oberflächeaus statt, wodurch in mittleren Tiefen zwischen200 m und 600 m Bereiche entstehen, in denennur sehr geringe Sauerstoffkonzentrationen vorkommen.Erst über lange Transportwege gelangtsauerstoffreiches Wasser aus höheren Breiten indiese Regionen. In diesem Projekt wird der Einflussvon Strömungsveränderungen auf die Sauerstofftrendsin diesen Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonen untersucht.Diese Prozesse werden mit einem numerischenModell, welches unter dem Schirm dereuropäischen DRAKKAR Gruppe, basierend aufdem System des “Nucleus for European Modellingof the Ocean” (NEMO) entwickelt wurde, s<strong>im</strong>uliert:Der globale Ozean wird mit einem Netzüberspannt, dessen Maschen ca. 50 km weit sindund an jedem Knotenpunkt dieses Netzes werdenTemperatur, Salzgehalt und die dreid<strong>im</strong>ensionaleStrömungsgeschwindigkeit berechnet. Dies passiertnicht nur an der Oberfläche sondern in 46vertikalen Schichten, welche zwischen 6 m und250 m auseinander liegen. Insgesamt sind dasknapp 8 Millionen Wasserpunkte. Um die kritischenStrömungsprozesse mit hoher Wirbelaktivitätin den tropischen Ozeanen angemessen darstellenzu können, wird in dieses globale Modellein feineres Netz, ein sogenanntes “Nest”, dessenMaschen nur noch ca. 10 km weit geöffnetsind, eingeflochten. Allein für den tropischen Atlantikkommen so nochmals über 13 Millionen Punktehinzu. (Für eine ähnliche Konfiguratuion <strong>im</strong> tropischenPazifik sind es 63 Millionen weitere Gitterpunkte.)Die dreid<strong>im</strong>ensionalen Transportwegevon Oberflächenwasser in den tiefen Ozean werdenauf zwei verschiedene Weisen diagnostiziert:durch Verfolgen der Bahnen einzelner, markierterWasserteilchen und durch die Betrachtung ander Oberfläche eingebrachter Spurenstoffe, welchekeinen chemischen oder biologischen Prozessenunterliegen und sich allein durch Advektionund Diffusion ausbreiten. Diese Ozeanmodellewerden mit atmosphärischen (Wind, Wärmeflüsse)Reanalysedaten über den Zeitraum 1948 bis 2007angetrieben, und s<strong>im</strong>ulieren so die Veränderungender ozeanischen Bedingungen. Analysiert werdenfünftägige Mittelwerte für die ozeanischen Größensowie die eingebrachten Spurenstoffe. Diese hohezeitliche Auflösung ist von Nöten um zum Beispielrealistische Trajekorienanalysen betreiben zukönnen, welche komplementär zum EulerschenGeschwindigkeitsfeld eine Lagrangesche Betrachtungder Strömungen ermöglichen. Die Integrationeines Modelljahres des Atlantik-Nestes benötigtunter Verwendung von 512 Prozessoren auf derICE2 4 bis 4 1/2 Stunden Zeit und produziert176GB Daten.Die obere Schicht der Ozeane ist dadurchgekennzeichnet, dass sie sehr gut durchmischtund damit auch sauerstoffreich ist. Ein Eintragvon Oberflächenwasser in tiefere Schichten findetnur in mittleren und höheren Breiten statt,nicht aber in den Tropen. Das Wasser dort hatschon lange Wege seit der letzten Berührungmit der Oberfläche hinter sich. Wasser aus densüdlichen Subtropen strömt entlang der Küste Brasiliensin einem schmalen Strom, dem Nordbrasilstrom,zum Äquator. Auch von Norden kommt entlangder südamerikanischen Küste Wasser in dieseRegion. Von dort breitet es sich in mehrerenGeowissenschaften


91Abbildung 1: Momentaufnahme der Verteilung eines an der Oberfläche eingebrachten Spurenstoffes, der sich <strong>im</strong>Ozean allein durch Vermischungsprozesse und Strömungen ausbreitet. Dargestellt ist die Konzentrationdieses Stoffes in 200 m Tiefe. Rote Bereiche markieren hohe, blaue Regionen geringe Konzentrationen.In den Bereichen, mit niedrigsten Konzentrationen befinden sich die Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonen.Bis Wasser von der Oberfläche diese Regionen erreicht ist der meiste, in den subtropischenOzeanen aufgenommene, Sauerstoff schon aufgezehrt. Schematisch dargestellt sind die Wege, aufdenen das Wasser in diese Zonen gelangt (schwarze Pfade).mäandrierenden Strombändern nach Osten aus.Die Wege des Wassers sind in der Abbildung schematischdargestellt. Welche Strömungsprozesseund welche Veränderungen in ihrer Stärke oderVerteilung für die Belüftung der Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonenmaßgeblich sind, ist bisher ungeklärt.Weiterführende Analysen der hier erzeugten Modells<strong>im</strong>ulationensollen zur Klärung beitragen.Da direkte Beobachtungen <strong>im</strong> Ozean nur punktuellin Raum und Zeit durchführbar sind, werdendie hier entwickelten numerischen Modelle (globalesModell mit Nest <strong>im</strong> Atlantik bzw. Pazifik) herangezogenum das Beobachtete in einen größerenKontext einzubetten. So wurde das am <strong>HLRN</strong> gerechneteModell des tropischen Pazifiks in Kombinationmit Daten, die von Treibbojen <strong>im</strong> Rahmendes internationalen Argo-Programmes undwährend <strong>Forschung</strong>sfahrten vor den Küsten Perusund Chiles gesammelt wurden, dazu genutzt, dieStrömungsbedingungen in der dortigen Sauerstoffmin<strong>im</strong>umzonezu klären [2]. In weiteren S<strong>im</strong>ulationenist geplant, mit den hier entwickelten ModellenSensitivitäten auf best<strong>im</strong>mte Faktoren sowie einzelneMechanismen, wie zum Beispiel den Einflussglobaler Erwärmung zu untersuchen und in entsprechenden“numerischen Exper<strong>im</strong>enten” Szenarienfür zukünftige Veränderungen zu s<strong>im</strong>ulieren.Mehr zum Thema1. Stramma, L., G. C. Johnson, J. Sprintall, and V.Mohrholz (2008), Expanding Oxygen-Min<strong>im</strong>umZones in the Tropical Oceans. Science, 320,655-658. doi: 10.1126/science.11538472. Czeschel, R., L. Stramma, F. U. Schwarzkopf, B.S. Giese, A. Funk, J.Karstensen (in press), Middepthcirculation of the eastern tropical SouthPacific and its link to the oxygen min<strong>im</strong>um zone.Journal of Geophysical Research - Oceans, doi:10.1029/2010JC0065653. http://www.sfb754.deFörderungDFG-Sonderforschungsbereich 754, Kl<strong>im</strong>a - BiogeochemischeWechselwirkungen <strong>im</strong> tropischenOzean, Teilprojekt A2 [3]Geowissenschaften


92Legt die globale Erwärmung eine Pause ein?S<strong>im</strong>ulation des vergangenen, heutigen und zukünftigen Kl<strong>im</strong>asM. Latif, N.S. Keenlyside, IFM-GEOMAR,Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an derUniversität KielKurzgefasst• Die globale Erwärmung ist Realität• Kurzfristige natürliche Schwankungen überlagernden langfristigen Erwärmungstrend• Ein besseres Verständnis der Ursache der kurzfristigenSchwankungen kann mit Hilfe von Kl<strong>im</strong>amodellengewonnen werden• Anhand des vergangenen Kl<strong>im</strong>as kann man dieModelle überprüfen• Verbesserte Kl<strong>im</strong>avorhersagen für die nächstenJahrzehnte sind möglichDer globale Kl<strong>im</strong>awandel steht <strong>im</strong> Blickpunkt desöffentlichen Interesses. Wir Menschen entlassenseit Beginn der Industrialisierung große Mengendes Treibhausgases Kohlendioxid (CO 2 ) in die Atmosphäre,wodurch sich die Erde aufheizt. DieTemperatur der Erde zeigt einen offensichtlichenErwärmungstrend von gut 0,7°C während des 20.Jahrhunderts. Die Auswirkungen der Erwärmungsind unübersehbar: So zieht sich das Eis der Erdebeispielsweise <strong>im</strong>mer mehr zurück. Die arktischeEisbedeckung hat sich allein während der letzten30 Jahre um etwa 30% verringert. Die Gebirgsgletscherschrumpfen in allen Breitenzonen und derMeeresspiegel ist während des 20. Jahrhundertsum knapp 20 Zent<strong>im</strong>eter gestiegen, um nur einigeÄnderungen zu nennen.Eine inhärente Eigenschaft des Kl<strong>im</strong>as istseine große Schwankungsbreite. Die Temperaturder Erde zeigt daher neben dem langfristigenErwärmungstrend ausgeprägte Schwankungenauf kürzeren Zeitskalen, von Jahr zu Jahrund von Jahrzehnt zu Jahrzehnt. Das Kl<strong>im</strong>asystemunterliegt vielfältigen natürlichen Einflüssen,woraus sich die irreguläre Temperaturentwicklungerklärt. Es verwundert daher nicht, dass es seit1998 keinen neuen Temperaturrekord gegeben hatund das Kl<strong>im</strong>a eine Art Atempause“ durchläuft.”Die oftmals zyklischen natürlichen Kl<strong>im</strong>aschwankungenkönnen den von uns Menschen hervorgerufenenErwärmungstrend kurzzeitig bremsen oderbeschleunigen. Wir können daher nicht erwarten,dass es jedes Jahr neue Temperaturrekorde zuverzeichnen gibt.Eine wichtige Aufgabe der Kl<strong>im</strong>aforschung bestehtdarin, die Dynamik der natürlichen Kl<strong>im</strong>aschwankungenzu verstehen und ihre Vorhersagbarkeitzu untersuchen. Man unterscheidet prinzipiellinterne und externe Kl<strong>im</strong>aschwankungen. InterneSchwankungen sind der chaotischen Naturdes Kl<strong>im</strong>as geschuldet. Zu den internen Kl<strong>im</strong>aschwankungenzählt man beispielsweise langperiodischeSchwankungen der Winde und Meeresströmungen,die durch Wechselwirkungen zwischender Atmosphäre und dem Ozean hervorgerufenwerden, ohne dass es eines äußeren Antriebsbedarf. Änderungen der Randbedingungen sinddie Ursache externer Schwankungen. Vulkanausbrücheoder Änderungen der Solarkonstante beeinflussendie Strahlungsbilanz der Atmosphäre,ein wichtiger Antrieb für das Kl<strong>im</strong>a.Das Projekt befasst sich mit der Dynamiknatürlicher Kl<strong>im</strong>aschwankungen und mit Vorhersagenzum globalen Kl<strong>im</strong>awandel. Die natürlichenSchwankungen werden neben dem Anstieg derTreibhausgaskonzentrationen die Kl<strong>im</strong>aentwicklungwährend der nächsten Jahrzehnte <strong>im</strong> erheblichenMaße mit best<strong>im</strong>men, insbesondereauf der regionalen Skala. Das Ziel ist es,die Vorhersagen zum globalen Kl<strong>im</strong>awandel dadurchzu verbessern, auch die kurzfristigennatürlichen Kl<strong>im</strong>aschwankungen vorherzusagen,die dem langfristigen durch den Menschen verursachtenErwärmungstrend überlagert sind. Dazuist es notwendig, auch das Kl<strong>im</strong>a der Vergangenheitzu verstehen, dass ein breites Spektrum vonFluktuationen aufweist. Die Mittelalterliche Warmzeitoder die Kleine Eiszeit sind Beispiele.Komplexe Kl<strong>im</strong>amodelle sind hilfreiche Werkzeuge,um die Kl<strong>im</strong>averänderlichkeit zu verstehenund kurzfristige Fluktuationen vorherzusagen.Die Modelle haben inzwischen einen Standard erreicht,der es rechtfertigt, mit ihnen die Dynamikder natürlichen Kl<strong>im</strong>aschwankungen zu untersuchen.In sog. Kontrolls<strong>im</strong>ulation kann man etwa dieinterne Kl<strong>im</strong>avariabilität studieren und deren Statistikmit Beobachtungen der letzten Jahrhundertevergleichen. Anderseits kann man die Modellemir externen Antrieben, etwa mit Schwankungender Solarkonstante, ”füttern“ und die Reaktion desKl<strong>im</strong>asystems s<strong>im</strong>ulieren. Die Ergebnisse liefernwertvolle Hinweise auf den natürlichen ”Rauschpegel“des Kl<strong>im</strong>as und auf die potentielle Vorhersagbarkeitvon kurzfristigen Kl<strong>im</strong>aschwankungen. Insbesonderezeigen die Modelle, dass die kurzfristigenzwischenjährlichen und dekadischen Schwankungenin gewissem Maße vorhersagbar sind.Bisherige Rechnungen zum globalen Wandel,wie die <strong>im</strong> letzten Bericht des UNO Kl<strong>im</strong>aratsGeowissenschaften


93Abbildung 1: Die Abbildung zeigt die Vorhersage (grün) von Keenlyside und Kollegen aus dem Jahr 2008. Danacherhöht sich die globale Temperatur der Erde <strong>im</strong> Vergleich zu der Vorhersage ohne die Einbeziehungdes aktuellen Kl<strong>im</strong>azustands (schwarz) zunächst weniger schnell, um danach beschleunigt voranzuschreiten.(IPCC) 2007 veröffentlichten, hat man unter Annahmebest<strong>im</strong>mter zukünftiger atmosphärischerTreibhausgasentwicklungen durchgeführt. DieseStrategie ist gerechtfertigt, solange man an derlangfristigen Entwicklung des Kl<strong>im</strong>as etwa bis zumEnde dieses Jahrhunderts interessiert ist. Umauch die kurzfristige Entwicklung in den kommendenJahren vorherzusagen, müssen die Modellezusätzliche Informationen über die natürlichenKl<strong>im</strong>aschwankungen erhalten, insbesondere überdie Schwankungen der Meeresströmungen. DasFehlen entsprechender Messungen hat das bisherverhindert. Wir haben eine Methode entwickelt,um die Strömungen aus den Meeresoberflächentemperaturenabzuleiten. Letztere sindfür die vergangenen 50 Jahre gut bekannt.Mit dieser zusätzlichen Information lassen sichdann mit den Kl<strong>im</strong>amodellen auch die kurzfristigennatürlichen Kl<strong>im</strong>aschwankungen vorhersagen,welche die langfristige, anthropogene Erwärmungüberlagern.Die so verfeinerten Vorhersagen lassen vermuten,dass sich die globale Erwärmung in den kommendenJahren etwas abschwächt. Ab der Mittedes Jahrzehnts wird es entsprechend der Vorhersagendann wieder eine beschleunigte Erwärmunggeben, weil die natürlichen Schwankungen vermutlichin ihre positive Phase umschlagen werden.Die Modelle weisen allerdings auch nocherhebliche Schwächen auf, die u.a. daraufzurückzuführen sind, dass sie noch recht grobauslösendsind. Das <strong>HLRN</strong> bietet die Möglichkeit,die horizontale Auflösung von derzeit knapp 400Kilometer auf 50 Kilometer global zu erhöhen, wasregional detailliertere Vorhersagen zulässt. In einigenJahren sind dann vermutlich Rechnungenmit einer globalen Auflösung von 10 Kilometermöglich. Dann wird man auch kleinräumige Prozessewie die mesoskaligen Wirbel <strong>im</strong> Meer aufzulösenkönnen, die einen wichtigen Einfluss aufdas großräumige Stromsystem, wie den Golfstrom,ausüben.Mehr zum Thema1. Keenlyside, N. S., M. Latif, J. Jungclaus, L.Kornblueh, and E. Roeckner, 2008: AdvancingDecadal-Scale Cl<strong>im</strong>ate Prediction in the NorthAtlantic Sector. Nature, 453, 84-88.2. Park, W., N. S. Keenlyside, M. Latif, A. Ströh, R.Redler, E. Roeckner, and G. Madec (2009): TropicalPacific cl<strong>im</strong>ate and its response to globalwarming in the Kiel Cl<strong>im</strong>ate Model. J. Cl<strong>im</strong>ate,22 (1), 71-92, DOI: 10.1175/2008JCLI2261.1.FörderungEuropäische Union (Dynamite und Ensembles)Geowissenschaften


94Geowissenschaften


95IngenieurwissenschaftenIngenieurwissenschaften


96Dompteur der StrömungNumerische S<strong>im</strong>ulation der Aktiven Strömungsbeeinflussung auf einerHochauftriebskonfigurationT. Höll, F. Thiele, Institut für Strömungsmechanikund Technische Akustik, Technische UniversitätBerlinKurzgefasst• Moderne Flugzeugflügel bestehen aus Mehrfachklappensystemen,die während des Startsund der Landung für den nötigen Auftrieb sorgen.• Diese Systeme sind allerdings komplex, schwer,wartungsaufwendig und teuer.• Aktive Strömungsbeeinflussung durch Einblasen(und ggf. Absaugen) auf der Hinterkantenklappehat das Potential den Auftrieb während derLangsamflug-Phasen zu erhöhen.• Der Beeinflussungsmechanismus zeichnet sichdurch zahlreiche Parameter aus, wie z.B. Impulsund Frequenz der Ausblas-Strömung.• Die aktive Beeinflussung auf dem Flugzeugtragflügelwird in rechenaufwendigen S<strong>im</strong>ulationenam <strong>HLRN</strong> untersucht und benötigt den Einsatzvon mehreren hundert CPU-Kernen.Moderne Verkehrsflugzeuge besitzen effizienteHochauftriebssysteme, um <strong>im</strong> Langsamflug be<strong>im</strong>Start und bei der Landung den erforderlichen Auftriebzu realisieren. Diese Systeme bestehen ausVorflügel und Hinterkantenklappe und vergrößernzum einen die Flügelfläche und zum anderen dieeffektive Wölbung des Gesamtflügels. Betrachtetman die Hinterkantenklappe, so erfolgt die Vergrösserungder effektiven Wölbung durch eineErhöhung des Ausschlagwinkels der Klappe. DiesemMechanismus sind jedoch Grenzen gesetzt,da bei zu hohem Ausschlagwinkel die Strömungüber der Klappe ablöst und die Auftriebserhöhungzunichte gemacht wird. Eine passive Maßnahmezur Verhinderung der Ablösung ist das Vorhandenseineines Spaltes zwischen Hauptprofil und Klappe,durch den energiereiches Fluid auf die Klappenoberflächegeleitet wird.Design und Verwendung solcher Hochauftriebssystemesind mittlerweile zum Industriestandardgeworden. Darüber hinaus muss festgestellt werden,dass aus industrieller Sicht die Klappensystemeweitgehend opt<strong>im</strong>iert sind und eine weiterePerformance-Steigerung mit den heute zurVerfügung stehenden Mitteln kaum noch möglicherscheint. Dennoch ist eine Weiterentwicklungund Leistungssteigerung wünschenswert, da diesez.B. zu einer Verkleinerung der Klappen und somitzu einer Gewichtsersparnis führen kann. Einweiteres Entwicklungsziel ist es, die Komplexitätder Klappensysteme zu verringern, um dadurchKonstruktions- und Wartungskosten einzusparen.Die aktive Strömungskontrolle kann hier einenBeitrag leisten, diese Ziele zu erreichen. Durchgezielte Beeinflussung der abgelösten Strömungüber der Hinterkantenklappe kann diese zumWiederanliegen gebracht werden. Dadurch kannder Einsatzbereich der Hochauftriebssysteme zuhöheren Klappenausschlagswinkeln hin verschobenwerden.Ziel des Projektes ist es, mit Hilfe von sowohlharmonischem Einblasen und Absaugen (synthetischerJet) als auch gepulstem Einblasen auf derHinterkantenklappe die Ablösung der Strömung zuvermindern bzw. vollständig zu vermeiden. Untersuchtwird dieses Beeinflussungskonzept an einempraxisnahen Flügelmodell bestehend aus dreiKomponenten: Vorflügel, Hauptflügel und Hinterkantenklappe.Um den Rechenaufwand zu verringernwird die Konfiguration als spannweitigunendlicher Flügel mit periodischen Randbedingungenrealisiert. Voruntersuchungen haben gezeigt,dass bei einem Anstellwinkel von 6 ◦ undeinem Ausschlagswinkel der Hinterkantenklappevon 37 ◦ die Strömung auf dem Hauptflügel nochanliegt und dann an der Vorderkante der Klappevollständig ablöst. Diese Konfiguration ist Ausgangspunktder Beeinflussungsuntersuchungen.Der Kontrollmechanismus soll eingesetzt werdenum die Strömungsablösung zu verhindern und denAuftrieb wieder zu steigern.Basis für die numerischen S<strong>im</strong>ulationen ist deram Institut für Strömungsmechanik und TechnischeAkustik entwickelte Strömungslöser ELAN(ELiptic Solution of the Navier-Stokes Equations)[1]. Dieser nutzt die Finite-Volumen-Methodefür die Lösung der Reynolds-gemittelten Navier-Stokes Gleichungen (RANS). Des weiteren istes mit ELAN möglich hybride Verfahren, speziellDetached-Eddy S<strong>im</strong>ulation, einzusetzen.Es wurden zahlreiche numerische S<strong>im</strong>ulationender aktiven Strömungskontrolle durchgeführt, inderen Rahmen die wesentlichen Parameter einerangeregten Strömung untersucht und variiert wurden.Dies sind die Intensität des Ausblase-Jets(Impulsbeiwert), die Frequenz des instationärenAnregestroms, der Ausblaswinkel und be<strong>im</strong> gepulstenEinblasen der Duty Cycle (Zeit, die derPuls aktiv ist, bezogen auf die Periodendauer derinstationären Anregung).Ingenieurwissenschaften


97Abbildung 1: Detailansicht der Hinterkantenklappe der Hochauftriebskonfiguration. Dargestellt ist ein Schnappschussder Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation einer unangregten (links) und einer mit gepulstem Einblasenangeregten Strömung (rechts). Die Wirbel sind mit dem λ 2 -Wirbelkernkriterium visualisiert und mitder auf die Anströmgeschwindigkeit bezogenen lokalen Strömungsgeschwindigkeit eingefärbt. Eszeigt sich sehr deutlich, dass die unbeeinflusste, natürliche Strömung direkt an der Klappenvorderkanteablöst. Die angregte Strömung hingegen liegt über einen langen Bereich auf der Klappe an,sorgt für günstigere Abströmbedingungen vom Hauptflügel und erhöht somit den Auftrieb des gesamtenFlügels.Die verwendeten Rechengitter bestehen ausbis zu 25 Millionen Zellen und sind blockstrukturiert.Die S<strong>im</strong>ulationen auf diesen Rechengitternbenötigten mehrere Wochen Rechenzeitauf 256 CPUs.Es zeigt sich, dass bereits bei geringen Impulsbeiwertendie Strömung auf der Hinterkantenklappenzum Wiederanliegen gebracht werden kann,vorausgesetzt, dass eine geeignete Frequenz desinstationären Anregeluftstroms vorgeben wird. Diebenötigte Ausblasströmung kann z.B. als Zapfluftdem Triebwerk entnommen werden.Das Wiederanlegen der Klappenströmung hateine Autriebssteigerung zur Folge. Weitere Steigerungenauf bis zu 25 Prozent über dem Auftriebder unangregten Strömung lassen sich durch geeignetegeometrische Abmessungen des Ausblas-Schlitzes, geeignete Ausblaswinkel und durch einePhasenverschiebung in der Aktuation einzelnerBeschlitzungs-Segmente erreichen. Die opt<strong>im</strong>alenVerhältnisse wurden in zahlreichen Parametervariationengefunden. Prädestiniert für eine derartigeUntersuchung wäre eigentlich eine adjungierteOpt<strong>im</strong>ierung. Solche S<strong>im</strong>ulationen sind allerdingsmomentan noch viel zu aufwändig und teuer hinsichtlichdes Rechenzeit- und Speicherbedarfs.Mehr zum Thema1. L. Xue: Entwicklung eines effizienten parallelenLösungsalgorithmus zur dreid<strong>im</strong>ensionalenS<strong>im</strong>ulation komplexer turbulenter Strömungen,PhD thesis, Technische Universität Berlin, 1998.2. T. Höll, E. Wassen and F. Thiele: Numerical investigationof segmented actuation slots for activeseparation control of a high-lift configuration,in R. King, Active Flow Control II, Notes onNumerical Fluid Mechanics and MultidisciplinaryDesign, Vol. 108, Springer Verlag, 2010.3. T. Höll, E. Wassen and F. Thiele: Active separationcontrol on a high-lift configuration usingsegmented actuation slots, AIAA-Paper 2010-4249, 2010.FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 557 ”Beeinflussungkomplexer turbulenter Scherströmungen”Ingenieurwissenschaften


98Numerische Opt<strong>im</strong>ierung strömungsmechanischer BauteileFluidik-Elemente zur aktiven StrömungskontrolleJ. Sesterhenn, M. Lemke, Institut fürStrömungsmechanik und Technische Akustik, TUBerlinKurzgefasst• Fluidik-Elemente sind strömungsmechanischeSchalter <strong>im</strong> Sinne von Dioden oder Transistoren.• Die Einsatzgebiete reichen von Auftriebs- bisVerbrennungskontrolle.• Die Konstruktion basiert bisher auf empirischenRegeln.• Ziel ist die Schaffung einer fundierten undverlässlichen Wissens- und Methodenbasis zurAuslegung der Elemente.• Es werden massiv parallelisierte direkte numerischeS<strong>im</strong>ulationen, Opt<strong>im</strong>ierungen mittels adjungierterGleichungen und Stabilitätsanalysendurchgeführt.Fluidik-Elemente schalten mit sehr kleinen Steuer<strong>im</strong>pulsengroße Massenströme oder lassen dieStrömung in einer Richtung passieren währendsie die entgegengesetzte Richtung sperren. Bisherige<strong>Forschung</strong>sergebnisse auf diesem Gebietstammen zu einem großen Teil aus den 60er und70er Jahren und beschäftigen sich vorrangig mitder komplexen Verschaltung unterschiedlicher fluidischerKomponenten [1]. Ihre pr<strong>im</strong>ären Anwendungsgebietewaren Schaltungen und Steuervorrichtungen<strong>im</strong> Bereich der Luft- und Raumfahrt.Da die Fluidik mit der Entwicklung elektronischerRechner hinsichtlich logischer Schaltungen starkan Bedeutung verloren hat, liegt der Fokus des Interessesnun auf anwendungsbezogenen Problemen.Die <strong>im</strong> Großprojekt untersuchten Bauteile sollenzum Beispiel der aktiven Strömungskontrolle dienen.Die Elemente besitzen keine beweglichen Teileund sind daher praktisch verschleißfrei. Dadurchsind sie unter schwierigen Bedingungen, wie zumBeispiel hohen Temperaturen und starken Druckschwankungen,sicherer als mechanische Ventile.Sie zeichnen sich zudem durch einen wesentlichhöheren Wirkungsgrad aus und erlauben konstruktiveFreiheiten, die gängige Bauteile nicht bieten.Insbesondere sind die Leistungsgrenzen nichtmehr durch Struktureigenschaften der Bauteile gegeben,sondern durch Strömungsformen.Das wesentliche Problem bei der Konstruktionvon Fluidik-Elementen ist, eine opt<strong>im</strong>ale Geometrieund die dazugehörigen Strömungsformenzu finden. Die Strömungen müssen leicht undzuverlässig sowie mit best<strong>im</strong>mten Frequenzen/Amplitudenschaltbar sein. Das physikalisch/mathematischeProblem ist analog zu einemBall auf einer Hügelspitze der durch kleineStörungen entweder nach links oder nach rechtsrollt und anschließend möglichst energieeffizientzwischen beiden Tälern hin- und herwandern(schalten) muß. Die Auslegung der Bauteile basiertbisher zu großen Teilen auf empirischen Regelnund soll mit Hilfe moderner numerischer Methodenauf eine fundierte und zuverlässige Basis gestelltwerden.Ziel des Großrojekts ist daher die direkte numerischeS<strong>im</strong>ulation komplexer Fluidik-Elementeund deren (Geometrie-)Opt<strong>im</strong>ierung in Bezugauf Frequenz- und Amplitudenverhalten sowieFrequenz-Massenstromverhältnis und einen geringenDruckverlust. Untersucht werden verschiedeneTypen von fluidischen Transistoren in Formvon selbst- und fremderregt schaltenden Bauteilen.Selbsterregte Elemente dienen dem Einsatzin Turbomaschinen zur Reduktion vonEmissionen, der Senkung des Treibstoffbedarfsund der Lärmmin<strong>im</strong>ierung. Fremderregte Fluidik-Bauteile dienen der aktiven Kontrolle komplexerStrömungen. Die Vision sind leistungsfähige dynamischeAktuatoren mit geringem Strukturgewichtund Druckverlust.Zur Modellierung der komplexen zwei- und dreid<strong>im</strong>ensionalenGeometrien wird eine besondereMethode verwendet. Sie beruht auf der Grundidee,feste Körper als poröse Stoffe zu modellieren,bei denen die Porösität gegen Null strebt.Das Verfahren wird durch eine Erweiterung derbeschreibenden Navier-Stokes-Gleichungen realisiert.Die Diskretisierung des Rechengebiets erfolgtunter Verwendung opt<strong>im</strong>ierter finiter Differenzenund pseudospektraler Ableitungen, wobei inbeiden Fällen von einer charakteristischen Formulierungder Navier-Stokes-Gleichungen [2] ausgegangenwird. Für die zeitliche Diskretisierungwird ein explizites exponentielles Zeitintegrationsverfahrenverwendet.Zur Opt<strong>im</strong>ierung der Geometrie wird eine Methodeverwendet, die auf den adjungierten Navier-Stokes-Gleichungen beruht und eine Opt<strong>im</strong>ierungunter Nebenbedingungen erlaubt. Mit Hilfe dieserMethode lassen sich sehr effizient Aussagen überden Gradienten (Opt<strong>im</strong>ierungsziel bezüglich Geometrie)ableiten. Über mehrere Iterationsschrittekann eine Opt<strong>im</strong>ierung über einen großen Parameterbereich,auch zeitlich durchgeführt werden.Ingenieurwissenschaften


99Abbildung 1: Verlauf einer Schaltsequenz <strong>im</strong> Fluidik-Element. Die Strömung ist von links nach rechts gerichtet. DieGeschwindigkeit des Fluides von 0-200 m/s ist durch den Farbverlauf von Blau nach Dunkelrot wiedergegeben.Zum Zeitpunkt t 1 strömt das Fluid durch den oberen Auslaß (A). Zeitversetzt (t 2 ) wirdüber die obere Rückführung (a) der Strahl an der Schaltstelle (S) nach unten abgelenkt und strömt inFolge (t 3 - t 5 ) durch den unteren Auslaß (B) aus. Zum Zeitpunkt t 6 erkennt man, wie durch die untereRückführung (b) der Strahl wieder nach oben gelenkt wird, der Zyklus beginnt erneut.Zudem liefern die Gleichungen Aussagen über dieSensitivität der Strömung gegenüber Störungen(Steuerströme) und damit Hinweise wie eine effizienteSchaltung zu realisieren ist.Durchgeführt werden mehrere Parameterstudienenmit Gitterauflösungen von 256 × 256 × 1 bis2048 × 2048 × 1 Punkten (zweid<strong>im</strong>ensional) und256 × 256 × 64 bis 2048 × 2048 × 256 Punkten(dreid<strong>im</strong>ensional). Dabei wird sowohl mit MPI alsauch OpenMP parallelisiert. Der zu erwartendeSpeicherbedarf für eine hochauflösende Opt<strong>im</strong>ierungsrechungliegt bei ≈ 20 TByte. Die entsprechendeS<strong>im</strong>ulation benötigt ≈ 2 Wochen Zeit auf1000+ CPU-Kernen.Die adjungierten Methoden sind Erweiterungender bekannten direkten numerischen S<strong>im</strong>ulation(DNS). Sie dienen dazu, daß eine S<strong>im</strong>ulation nichtnur in der Lage ist die Physik korrekt widerzugeben,sondern einen wesentlichen Betrag bei derOpt<strong>im</strong>ierung von komplexen Geometrien und Modalstrukturenleistet. Durch die Weiterentwicklungdieser rechenintensiven Methoden können auchnicht offensichtliche Zusammenhänge in die Konstruktionund Opt<strong>im</strong>ierung von Fluidik-Elementeneinfließen.Mehr zum Thema1. Rechten, A. W. (1976). Fluidik - Grundlagen,Bauelemente, Schaltungen. Springer.2. Sesterhenn, J. (2000). A characteristic-type formulationof the navier-stokes equations for highorder upwind schemes. Computers & Fluids,30(1):37 - 67.FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Ingenieurwissenschaften


100Kontrollierte Verdichtung in FlugtriebwerkenNumerische S<strong>im</strong>ulation und Analyse einer Statorkaskade mit aktiverStrömungskontrolleC. Gmelin, M. Steger, E. Wassen, F. Thiele, Institutfür Strömungsmechanik und Technische Akustik,Technische Universität BerlinKurzgefasst• Steigendes Flugaufkommen und verschärfteRichtlinien erfordern effektivere Triebwerke.• Methoden der aktiven Strömungsbeeinflussungbieten die Möglichkeit die Leistungsdichte einessolchen Antriebs zu erhöhen und somit Gewicht,Emissionen und Treibstoffverbrauch von modernenFlugtriebwerken zu senken.• Da die Strömung in Axialverdichtern und dieBeeinflussung durch Jets hochgradig turbulentePhänomene darstellen, werden die Untersuchungenhier an einer Statorkaskade durchgeführt,welche den nicht-rotierenden Teil einesAxialverdichters repräsentiert.• Hochauflösende S<strong>im</strong>ulationen bieten Einsichtsowohl in die strömungsmechanischen Vorgängeder turbulenten Strömungen innerhalb des Verdichtersals auch in die Interaktion zwischen derHauptströmung und dem Jet der Aktuatorik.Moderne Verdichter sind bereits stark opt<strong>im</strong>ierteKomponenten, welche effektiv unter stabilenBedingungen arbeiten sollen. In stark belastetenVerdichtern neigt die Strömung dazu an denStatorschaufeln abzulösen. Praktisch wirkt sichdies in hohen Druckverlusten aus. Um moderateStufenbelastungen einzuhalten, bestehen Verdichterstets aus einer großen Anzahl von Stufen.Durch aktive Beeinflussung der Ablösegebietelässt sich der Strömungsabriss zu Betriebspunktenmit erhöhter Verdichterbelastung verschieben.Deshalb können entsprechende Fortschritteauf dem Gebiet der Verdichtertechnologie dazubeitragen, die Stufenzahl zu senken und somitdas Gesamtgewicht zu verringern, den Treibstoffverbrauchzu senken und die Gesamtkostenzu reduzieren. Die in den letzten Jahren <strong>im</strong>aerodynamischen Bereich vorwiegend eingesetztenpassiven Methoden wie Profilwölbung, 3D–Schaufelgeometrie sowie terrassierte Endwändesind mittlerweile weitgehend erschöpft. Die aktiveStrömungsbeeinflussung verspricht auf diesemGebiet den dazu nötigen Technologiesprung zuermöglichen.Es ist das Ziel dieses Projektes, die Ablösungan solchen hochbelasteten Turbomaschinenbeschaufelungendurch aktive Strömungsbeeinflussungzu vermindern bzw. vollständig zu vermeiden.Insbesondere soll das periodische Einblasenüber Schlitze an den Gehäusewänden sowieden Schaufeloberflächen untersucht werden. AktiveMethoden zeichnen sich gegenüber passivendarin aus, dass die Beeinflussung lediglich bei Bedarfeingeschaltet werden kann und sie <strong>im</strong> ausgeschaltetenZustand keinen negativen, parasitärenEffekt auf die Strömung ausübt. Darüber hinauskann, in Kombination mit einem Regelmechanismus,für verschiedene Betriebspunkte auf die jeweilsvorherrschenden Anströmbedingungen flexibelreagiert werden.Die hierbei untersuchte ebene Statorkaskadestellt eine vereinfachende Abwicklung der in Umfangsrichtungverteilten Leitschaufeln einer realenTurbomaschine dar. Die Kaskade wurde soausgelegt, dass sie die typischen StrömungsundAblösephänomene einer hochbelasteten Verdichterschaufelaufweist. Auf der Schaufelsaugseitebilden sich auf Höhe der laminaren Ablöseblasemassive Eckenwirbel aus, welche stromab dieStrömung der Kaskade einschnüren. Bei ca.70% Saugseitenlauflänge treffen die Eckenwirbelder beiden Endwände aufeinander und dieStrömung löst senkrecht zur Strömungsrichtungab. Die Endwände und die Schaufelsaugseite repräsentierendie Orte für zwei Beeinflussungskonzepte,welche in einem ersten Schritt unabhängigvoneinander untersucht werden. Mit den Aktuatorenan den Endwänden sollen die Eckenwirbel andie Kaskadenendwände gerückt und somit die Einschnürungvermindert werden. Die Aktuatorik ander Schaufel zielt auf die Verzögerung bzw. Verhinderungder Ablösung nahe der Hinterkante ab.Nach Auffinden geeigneter Parameter für beideBeeinflussungspositionen soll die Kombination derbeiden Konzepte s<strong>im</strong>uliert werden.Im Rahmen des Transferbereich (TFB) des Sonderforschungsbereiches(SFB) 557 ”Beeinflussungkomplexer turbulenter Scherströmungen“, TeilprojektT2, an der Technischen Universität Berlinwurde, in Zusammenarbeit mit dem exper<strong>im</strong>entellenPartnerprojekt, die Strömung analysiert undgeeignete Aktuatorkonzepte <strong>im</strong> Hinblick auf Art,Beeinflussungsposition, Frequenz und Amplitudeder Aktuation ermittelt. Hierfür wurden instationäreReynolds-gemittelte Navier-Stokes S<strong>im</strong>ulationendurchgeführt [1].Da bei einer Reynolds-gemittelten Navier-Stokes S<strong>im</strong>ulation (RANS) die Turbulenz durchIngenieurwissenschaften


101Abbildung 1: Visualisierung der Sekundärströmung in der Kaskade mit Hilfe von Isoflächen des λ 2 –Wirbelkriteriums eingefärbt mit der lokalen Strömungsgeschwindigkeit (rot: hohe, blau: niedrige Geschwindigkeit).Die linke Seite zeigt die Lösung der RANS-S<strong>im</strong>ulation während die Rechte Seite dieLösung der DES darstellt. Die DES zeigt <strong>im</strong> Bereich der freien Scherschichten feine turbulente Strukturenauf, welche durch eine RANS nicht aufgelöst und erfasst werden können.Modelle beschrieben wird, sind diese Verfahrenzwar günstig in Bezug auf den Rechenaufwand, allerdingsoft auch ungenau in der Beschreibung derTurbulenz, insbesondere bei abgelösten, instationärenPhänomenen. Eine hochauflösende Large-Eddy S<strong>im</strong>ulation (LES) modelliert nur die kleinstenSkalen während große Skalen direkt aufgelöst werden.Insbesondere ist eine LES speziell <strong>im</strong> wandnahenBereich sehr teuer. Da bei einer Verdichterströmungzusätzlich zu den Schaufeln auch nochdie Endwände berechnet werden müssen, wirdhier ein hybrider Ansatz verwendet, welcher dieVorteile beider Berechnungsverfahren kombiniert.Die wandnahen Bereiche werden <strong>im</strong> RANS-Modusbehandelt und in den wandfernen Bereichen turbulenterStrömungen werden die abgelösten, großskaligenSchwankungsbewegungen mit dem LES-Modus aufgelöst. Derartige hybride RANS-LES-Verfahren bezeichnet man als Detached-Eddy-S<strong>im</strong>ulation (DES) [2]. Sie stellen einen Kompromissaus aufgelösten Strömungsphänomenen undbenötigter Rechenzeit dar, welcher in naher Zukunftindustriellen Nutzen finden könnte. Die unterschiedlicheAuflösung der Sekundärströmung inder Kaskade durch die beiden Verfahren (RANS –DES) ist deutlich in Abbildung 1 sichtbar.Mehr zum Thema1. Gmelin, C., Steger, M., Thiele, F., Huppertz, A.,Swoboda, M.: Unsteady RANS S<strong>im</strong>ulations ofa Highly Loaded Low Aspect Ratio CompressorStator Cascade with Active Flow Control. ASMETurbo Expo 2010, GT2010-22516, 2010.2. Steger, M., van Rennings, R., Gmelin, C., Thiele,F., Huppertz, A., Swoboda, M.: Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation of a Highly Loaded CompressorCascade with Laminar Separation Bubble.9 th European Turbomachinery Conference,<strong>2011</strong>.FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 557Ingenieurwissenschaften


102Does a sponge reduce jet screech?Opt<strong>im</strong>al control to reduce supersonic jet-noise with porous mediaJ. Schulze, J. Sesterhenn, Institute of Fluid Mechanicsand Engineering Acoustics, Berlin Universityof TechnologyAbstract• Supersonic jets used in aeronautics will be <strong>im</strong>perfectlyexpanded in flight. The adaption to theambient pressure takes place in a sequence ofoblique shocks• The shock/shear–layer interaction may triggerthe shear layer at the nozzle exit, forming a feedbackloop which results in an extremely loudnoise component called screech (160 dB).• The min<strong>im</strong>ization of supersonic jet noise (especiallyscreech) is a matter of particular concernand the focus of the present project.• The idea is to place an opt<strong>im</strong>ized porous mediumaround the nozzle to suppress the feedback loopand thus to min<strong>im</strong>ize jet screech.• Multid<strong>im</strong>ensional high order and three–d<strong>im</strong>ensional CFD opt<strong>im</strong>ization application solvedon a half billion points with at least 1024 cores.Supersonic jets, as found in civil– or military aircraft,are responsible for loud noise sources, pollutingthe environment [1]. One can distinguishbetween three physical flow phenomena responsiblefor supersonic jet noise. The first and usuallyquietest noise sources are of rather low frequency,and are caused by the turbulent mixing in the shearlayers surrounding the jet core. Especially vortexpairing contributes to these sources. A secondphenomenon, the so called shock induced noise,is caused by an interaction of these turbulent eddieswith the oblique shocks in the jet core. Shockinduced noise is of higher frequency than mixingnoise and distributed over a vast range of frequenciesin the power spectrum. In contrast to mixingnoise which is mainly directed in downstream direction,shock induced noise is directed mainly inthe upstream direction.Considering a subsonic Co-flow of the supersonicjet, the upstream traveling shock inducedacoustic waves can reach the nozzle exit. At thispoint, these acoustic pressure fluctuations are triggeringthe Kelvin–Helmholtz instabilities in the mixinglayers. On their way downstream the jet, the instabilitiesare growing to lager coherent structuresand interacting with the oblique shocks in the jetcore. Again, shock induced noise is emanated upstreamand closing a feedback loop with a certainfrequency. In the literature this effect is referred toas screech and can produce sound pressure levelsof up to 160 dB.As mentioned above, the screech feedback loopis closed by upstream traveling acoustics interactingwith the nozzle exit lip. These acoustics are <strong>im</strong>pingingat the nozzle lip, being reflected, and causinga pressure gradient at the nozzle exit, forcingthe instabilities in the thin mixing layer. Thus, by amodification of the nozzle lip, the screech tone canbe influenced. Generally speaking, a thick nozzlelip is producing louder screech tones than a smalllip.The focus of the present research project lies inthe min<strong>im</strong>ization of jet screech by a modification ofthe nozzle exit. In contrast of changing the nozzlegeometry, we will follow a different approach byadding a porous medium at the nozzle exit to suppressscreech tones. The idea is to damp <strong>im</strong>pingingacoustic waves in the porous medium at thenozzle exit to suppress their sensitivity to forced instabilitiesin the mixing layers.Porous media can be a complex threed<strong>im</strong>ensionalgeometry with pores of a vast range ofdifferent length scales. A usual fashion in CFD isto create a mesh around the geometry of interestand solve the flow in the resulting computationaldomain. Using a high order finite difference codewith structured grids, as it is necessary for highlyaccurate aeroacoustic applications makes this approach<strong>im</strong>practical.To this end, the porous medium investigated, ismodeled by a volume force, s<strong>im</strong>ilar to Darcy’s lawfor incompressible flow. For the present aeroacousticapplication the volume force is added to thefull compressible Navier–Stokes equations leadingto a new set of porous flow equations.A porous medium is characterized by only twoparameters, the porosity φ and the permeabilityK. Whereas φ describes the volume ratio of voidspace to the whole volume of the porous material.Thus, a porosity equal to one represents voidspace only, and a porosity of zero a solid material,where no fluid could penetrate. The latter extremewould causes a singularity in the porous flowequations, thus only values of 0 < φ ≤ 1 are feasible.The permeability K is a symmetric tensorand measures the drag on the fluid penetrating theporous material.Since it is by no means clear how to choose thetwo parameters to reduce screech tones, an opt<strong>im</strong>izationtechnique will be used to obtain the opt<strong>im</strong>aldistribution of the porosity and permeability.Ingenieurwissenschaften


103Figure 1: Vorticity iso–surface (color) and acoustic pressure iso–surface (translucent, gray) of an under–expandedsupersonic and round jet including the complex geometry of the Laval nozzle (gray). Reynolds numberbased on the jet diameter: Re = 30000. Mach number at the exit of the jet: M = 1.55. Pressure ratio:p j /p ∞ = 2 (under–expanded). Approx. 33 million grid points solved on 256 cores in only 3000 CPUh.Due to the space-dependence of the design parameters,the number of parameters to control caneasily be in the order of several thousand. To handlethis amount of degrees of freedom in the opt<strong>im</strong>izationalgorithm, adjoint methods will be used inan iterative design process to obtain the gradientinformation of the objective function (noise). Theadjoint equations are based on the full compressibleporous Navier–Stokes equations and are derivedin a continuous manner without any furthers<strong>im</strong>plifications. Since the control parameters areconstraint (0 < φ ≤ 1 and K < 0), due to theirphysical properties, a method based on slack variableswill be applied.To solve the supersonic aeroacoustic application,direct numerical methods will be used incombination with a high order finite difference approach.Based on the high Reynolds number(Re = 30000) approx<strong>im</strong>ately 0.5 · 10 9 points will beused to resolve the flow in the computational domain.Previous studies [2] showed that adjoint basedmethods, in combination with porous media, area promising and efficient method to min<strong>im</strong>ize trailingedge noise. Beyond the aeroacoustic field, thistype of flow opt<strong>im</strong>ization may find application in avariety of disciplines and configurations where theopt<strong>im</strong>ization of any objective by means of a modificationof the geometry and/or material is desired.More Information1. Schulze, J. and Sesterhenn, J. (2008). NumericalS<strong>im</strong>ulation of Supersonic Jet–Noise. PAMMProc. Appl. Math. Mech. 8(1):10703–10704.2. Schulze, J. and Sesterhenn, J. (2010). Opt<strong>im</strong>aldistribution of porous media to reduce trailingedge noise. EFMC8 Bad Reichenhall 2010.FundingGerman Research Foundation (DFG)Ingenieurwissenschaften


104Das Flugzeug muss leiser werdenUntersuchung und Beeinflussung von Breitbandlärm in Turbomaschinen mitneuartigen hybriden S<strong>im</strong>ulationsverfahrenB. Greschner, F. Thiele, Institut fürStrömungsmechanik und Technische Akustik,Technische Universität BerlinKurzgefasst• Flugzeuge müssen leiser werden um die Belastungfür die Umwelt und den Menschen zu reduzieren• Bei Start/Landung sind Triebwerke einer derHauptverursacher des Lärms• Die Auslegung von Flugzeugtriebwerken hinsichtlichdes breitbandigen Lärms erfolgtheutzutage größtenteils empirisch, da dieLärmentstehungsmechanismen weitgehend unbekanntsind• Neueste hybride RANS/LES-Verfahren sollenerstmalig <strong>im</strong> Bereich der Turbomaschinen angewendetwerden um die Verhersagemöglichkeitenmittels direkter numerischer S<strong>im</strong>ulation in diesemBereich zu demonstrieren• Die Analyse der hochauflösenden Strömungss<strong>im</strong>ulationensoll die hauptsächlichen Lärmentstehungsmechanismenidentifizieren und quantifizieren• Aktive und passive Methoden zur Beeinflussungdes Lärms in Triebwerken werden untersuchtDie zukünftigen Verschärfungen <strong>im</strong> Lärmschutz beigleichzeitiger Zunahme des Flugverkehrs resultierenin der Forderung nach <strong>im</strong>mer leiseren Flugzeugenbzw. deren Komponenten. Während sichin den vergangenden Jahrzehnten deutliche Fortschrittevorallem <strong>im</strong> Bereich des damals vorherrschendenFreistrahllärms abzeichneten, tritt nunder durch die Komponenten <strong>im</strong> Bypassstrom desTriebwerkes verursachten Lärm in den Vordergrund.Besonders kritisch werden dieser Effektebei den von den Turbinenherstellern für die Zukunftfavorisierten ’Ultra-High-Bypass-Ratio Fans’(UHBR-Fan), da hier der Lärm hauptsächlich vonRotor, Stator und Interaktion von diesen <strong>im</strong> Bypassstromverursacht werden – der Freistrahllärmtritt weiter in den Hintergrund. In den letzten Jahrenwurden mit grossem Aufwand die Quellmechanismenvon tonalen Anteilen des Bypasslärmsuntersucht und Fortschritte bei der Verminderung/Kontrollediese Lärmquellen gemacht. Der <strong>im</strong>Bypass verursachte Breitbandlärm wurde bisherjedoch kaum untersucht, da hier einerseits exper<strong>im</strong>entellaber vorallem auch von der S<strong>im</strong>ulationsseiteher enormer Aufwand betrieben werden muss.Die sehr schnell rotierenden Rotorblätter produzierenein hochgradig turbulentes und instationäresStrömungsfeld. Die Interaktion dieser kleinskaligenturbulenten Strukturen mit Einbauten, Kanten,Statorblättern und den nachfolgenden Stufenläßt sich nur unzureichend mit einfachen Modellenerfassen. Die direkte numerische S<strong>im</strong>ulationder lärmverursachenden instationären Strömungist erforderlich für ein besseres Verständnis derLärmquellen in Triebwerken.In unserem Projekt werden einerseits Verfahrenzur S<strong>im</strong>ulation bzw. Vorhersage von Breitbandlärmin Turbomaschinen untersucht, andererseits werdenerste Konzepte zur Beeinflussung diesesBreitbandlärms zur Verringerung des gesamtenabgestrahlten Schalls untersucht. Die hauptsächlichenbreitbandigen Lärmquellen sind dabei einerseitsder ’Selfnoise’, d.h. der durch die turbulenteUmströmung von Rotor und Stator erzeugte Lärm.Hierbei interagieren die kleinen, stark chaotischenGrenzschichtstrukturen mit der Flügelhinterkanteund generieren breitbandigen Lärm. Des weitereninteragieren die vom Rotor generierten turbulentenStrukturen mit dem Stator, dies ist der sogenannte’Interaction noise’. Der tonale Anteil ist hier besondersdominant, gekennzeichnet durch die ’bladepassing frequency’ (BPF), ist andererseits durchseine periodisches Verhalten gut verstanden undauch beeinflussbar. Der breitbandige Anteil am ’Interactionnoise’ ist bisher jedoch kaum untersuchtworden, da er mit dem ’Selfnoise’ ein gekoppeltesProblem darstellt. Die dritte vorherschende breitbandigeSchallquelle in Turbomaschinen ist der’rotor tip clearence flow’, d.h. die Endspitzenwirbelder schnell drehenden Rotorblätter interagierenmit der turbulenten Grenzschicht des Turbinengehäuses.Die numerischen Kosten bei derartigen Untersuchungensind enorm, da die Geometrien vonTurbomaschinen sehr komplex sind und eine gewisseMindestanzahl von Rotor- und Statorblätternfür eine Passage gerechnet werden müssen - vereinfachteModellierung wie bei stationären und instationärenRANS-S<strong>im</strong>ulationen sind bei der Untersuchungvon Breitbandlärm nicht möglich. Desweiteren sind die in der Praxis relevanten MachundReynolds-Zahlen sehr hoch und damit dieGrenzschichten sehr dünn. Dabei erfordert jedochdie detailierte Analyse der Akustik eine aufgelösteS<strong>im</strong>ulation zumindestens des turbulenten Berei-Ingenieurwissenschaften


105Abbildung 1: IDDES-S<strong>im</strong>ulation des DLR Fan Rig als vereinfachte Rotor-Stator-Kaskade: Links sind die turbulentenStrukturen in der Grenzschicht und <strong>im</strong> Nachlauf eines Rotorblattsegmentes dargestellt (Isokontourλ 2 eingefärbt mit der Viskosität). Auf der rechten Seite ist ein Schnitt durch die Rotor-Stator-Kaskade abgebildet. In schwarz-weiß sind die Druckschwankungen (Schall) visualisiert, überlagertmit Wirbelstrukturen (Wirbelstärke ω z in rot-blauer Farbskala).ches dieser sehr dünnen Grenzschichten. Somitkommen nur Large-Eddy-S<strong>im</strong>ulationen (LES) odergar Direkte Numerische S<strong>im</strong>ulationen (DNS) fürdie Untersuchung in Frage. Ein vielversprechenderneuartiger Ansatz für die S<strong>im</strong>ulation dieser Problemklasseist ein hybrides RANS/LES-Verfahren,die Improved-Delayed-Detached-Eddy-S<strong>im</strong>ulation(IDDES) von Travin u.a. 2006 [2]. Diese neue Varianteder DES bietet bei Nutzung feiner Gitterdie Möglichkeit <strong>im</strong> Bereich abgelösten Strömungenund zusätzlich in der turbulenten Grenzschichtden LES-Modus zu nutzen und somit aufgelöst zurechnen. In weniger wichtigen Bereichen wird mittelsgröberer Gitter weiterhin die sparsame RANS-Modellierung verwendet. Somit wird eine ähnlicheQualität der S<strong>im</strong>ulation wie bei einer LES erreicht,jedoch mit geringeren Kosten. Die S<strong>im</strong>ulation einesTriebwerkes wird auf Supercomputern somit erstmalsrealistisch möglich.In unserem Projekt wird <strong>im</strong> ersten Teil der breitbandigeLärm des DLR Fan Rigs aus dem EUProjekt FLOCON in zwei verschiedenen Konfigurationenuntersucht (Rotor-Stator-Kaskade mit160 CPUs bzw. Vollkonfiguration mit 540 CPUs). Inder zweiten Projekthälfte werden die in FLOCONvorgeschlagenen Beeinflussungskonzepte ebenfallsdirekt mit hochauflösenden S<strong>im</strong>ulationen untersucht,mit den unbeeinflußten Referenzs<strong>im</strong>ulationverglichen und somit detailierte Kenntnisseder Strömung und Möglichkeiten zur Beeinflussungdes Breitbandlärms in Turbomaschinen aufgezeigt.Mehr zum Thema1. B. Greschner, J. Grilliat, M.C. Jacob und F. Thiele,2010: Measurements and wall modeled LESs<strong>im</strong>ulation of trailing edge noise caused by a turbulentboundary layer, International Journal ofAeroacoustics, Vol. 9, Nr. 32. A. K. Travin, M. L. Shur, P. R. Spalart undM. K. Strelets, 2006: Improvement of DelayedDetached-Eddy S<strong>im</strong>ulation for LES with WallModelling, ECCOMAS CFDFörderungEuropäische Union FP7 FLOCONIngenieurwissenschaften


106Turbulence s<strong>im</strong>ulations for greener and quieter air transportFurther development of DES for the s<strong>im</strong>ulation of complex turbulent flowsC. Mockett, B. Greschner, L. Wang, F. Thiele,Institut für Strömungsmechanik und TechnischeAkustik, Technische Universität BerlinAbstract• Turbulent flow increases fuel consumption andnoise in air transport.• Precise computational fluid dynamics (CFD) forturbulent flow requires next-century computingpower; affordable turbulence models are unreliable.• Hybrid approach “detached-eddy s<strong>im</strong>ulation”(DES) a<strong>im</strong>s at reliable turbulence prediction withnear-future computational resources.• Method development for s<strong>im</strong>ple flows; technologydemonstration on complex application challenges.The flow of gases or liquids can be laminar (smoothand unchanging in t<strong>im</strong>e) or turbulent (characterisedby a chaotic and unsteady mixture of eddies with awide range of different sizes). Turbulence is therule rather than the exception in practical flows,and is a very <strong>im</strong>portant phenomenon related tomixing, heat transfer, energy dissipation and soundgeneration. The last two are particularly relevantto aerospace applications, since turbulence is responsiblefor much of the aerodynamic resistanceand noise that defines the environmental <strong>im</strong>pactof air transport: fuel consumption, emissions andnoise pollution.Although computer-aided engineering is increasinglyemployed by industry in efficient product design,computational fluid dynamics (CFD) lacksmaturity in comparison with other disciplines. A keyreason for this is turbulence: Although it is possibleto s<strong>im</strong>ulate turbulent flow accurately by resolvingthe motion of every eddy in t<strong>im</strong>e and threed<strong>im</strong>ensionalspace, for practical applications thisrequires computing power not expected until thenext century [2]. Alternatively, the effect of the turbulenceon the flow can be modelled, making CFDfor turbulent flow affordable today. However, suchmodels are calibrated for specific types of flow andtypically give very unreliable results in different applications.The EU-funded ATAAC project [1] is tasked withdeveloping and <strong>im</strong>proving turbulence methods forCFD, with a particular emphasis on air transportapplications. The TU Berlin is one of 22 projectpartners, with its focus on a methodology knownas detached-eddy s<strong>im</strong>ulation (DES). Since its introductionin 1997 [2], DES has become one ofthe most promising methods of its kind [3][4]. DESa<strong>im</strong>s to provide reliable, t<strong>im</strong>e-resolved turbulences<strong>im</strong>ulation with the computing capacity expectedto become routine in the near future. The development,testing and demonstration of the methodtherefore requires large computing resources bytoday’s standards and the contingent provided bythe <strong>HLRN</strong> is essential to the success of the project.DES can be described as a hybrid approach,whereby accurate resolution of the turbulent eddiesis combined with efficient modelling in different regionsof the flow.In order to thoroughly test the DES methodand to assess any <strong>im</strong>provements as well as the<strong>im</strong>portance of various s<strong>im</strong>ulation setup issues, awide range of different configurations are beings<strong>im</strong>ulated. S<strong>im</strong>plified geometries and canonicalflows are employed for parameter studies, validationand method development due to their lowcomputational expense and high-quality benchmarkdata. These include test cases such asfully-developed planar channel flow, a channel witha two-d<strong>im</strong>ensional “hill” causing flow recirculation,the flow around tandem cylinders and a s<strong>im</strong>plifiedaircraft landing gear. Complex “application challenge”test cases are s<strong>im</strong>ulated in order to demonstratethe robustness and quality of the <strong>im</strong>provedturbulence modelling techniques for industrial configurations.Examples include a the flow around ahelicopter fuselage and the flow inside an aircraftengine air intake exerted to a crosswind.Depending on the size of the problem, between16 and 256 CPUs are employed in parallel for eachs<strong>im</strong>ulation. Although these numbers are relativelymodest, the high computational expense arisesdue to the very long s<strong>im</strong>ulation run t<strong>im</strong>es (oftenup to several weeks). This is necessary to obtainlong t<strong>im</strong>e samples for accurate statistical quantities(e.g. the t<strong>im</strong>e-averaged flow speed and directionthroughout the configuration).Turbulent eddies also generate pressure fluctuations,which can give rise to strong sound sourcesin the flow. A practical example of such aeroacousticsound generation, which leads to considerableenvironmental disturbance, is airframe noise: Protrudingcomponents on landing aircraft, such aslanding gear and flaps, generate strong turbulentfluctuations and high levels of noise, particularlywhen the eddies interact with other parts of the aircraft.By avoiding the resolution of the turbulentfluctuations in the s<strong>im</strong>ulation, turbulent sound gen-Ingenieurwissenschaften


107Figure 1: Snapshots of turbulent vortices resolved in two s<strong>im</strong>ulations: Tandem cylinders as a benchmark model forairframe noise (left) and a s<strong>im</strong>plified landing gear model (right).eration cannot be s<strong>im</strong>ulated using standard statisticalturbulence models. Methods such as DES,which enable the resolution of as many turbulenteddies as is affordable are therefore ideally suitedfor efficient aero-acoustic s<strong>im</strong>ulations. This formsa particular emphasis of the TU Berlin work, withthe a<strong>im</strong> of providing engineers with a useful aeroacousticprediction tool to ult<strong>im</strong>ately reduce suchnoise in future designs. Two flow configurationsthat are particularly interesting for airframe noises<strong>im</strong>ulation are shown in the figure: The tandemcylinders are considered a benchmark test casefor airframe noise as well as providing a very challengingflow in its own right. The s<strong>im</strong>plified landinggear is the focus of international efforts to compareand <strong>im</strong>prove computational aero-acoustic s<strong>im</strong>ulationmethods.These activities therefore contribute to the <strong>im</strong>provementand industrialisation of efficient methodsfor turbulence s<strong>im</strong>ulation, which can be appliedby the air transport industry in the design ofgreener and quieter aircraft of the future.More Information1. The ATAAC Project Website:http://cfd.mace.manchester.ac.uk/ATAAC/2. P. Spalart, W. Jou, M. Strelets, and S. Allmaras.Comments on the feasibility of LES for wings,and on a hybrid RANS/LES approach. Advancesin DNS/LES, 1, 1997.3. P. Spalart. Detached-eddy s<strong>im</strong>ulation. AnnualReview of Fluid Mechanics, 41:181-202, 2009.4. C. Mockett. A comprehensive study ofdetached-eddy s<strong>im</strong>ulation. Dissertation, TUBerlin, 2009.FundingEuropean Union FP7, Project ATAAC, Research &InnovationIngenieurwissenschaften


108Das Triebwerk muss leiser werdenUntersuchung und Beeinflussung des Breitbandlärms von Triebwerksdüsen durchModifikation der DüsenkanteD. Eschricht, F. Thiele, Institut für Strömungsmechanikund Technische Akustik, Technische UniversitätBerlinKurzgefasst• Das sich stetig vermehrende Luftfahrtverkehrsaufkommenführt zu einer steigendenLärmbelastung in flughafennahen Gebieten• Dieser Lärm wird <strong>im</strong>mer noch in großem Maßedurch die Triebwerke erzeugt.• Die Verringerung des Triebwerkslärms ist in derVergangenheit durch eine Erhöhung des Nebenstromverhältnisseserreicht worden. Aufgrundkonstruktiver Vorgaben ist das Potential hier jedochnahezu ergeschöpft.• Andere Maßnahmen zur Lärmreduktion werdendarum untersucht. Dazu gehört auch die Beeinflussungder Strömung durch konstruktiveVeränderungen an den Triebwerksdüsen.Die führenden Flugzeughersteller gehen in ihrenWachstumsprognosen von einer stetigen Zunahmedes weltweiten Luftverkehrsaufkommens aus.Man rechnet mit einer Verdoppelung in den nächsten15 Jahren. Für die Bewohner flughafennaherGebiete heißt das, dass die Zahl von Überflügen,von Starts und Landungen weiter zunehmenwird. Das bedeutet gleichzeitig, neben anderenUmweltbelastungen, auch einen Anstieg desLärms durch den Luftverkehr. Aus diesem Grundist es ein erklärtes Ziel der Europäischen Unionund der Bundesregierung neben dem Treibstoffverbrauch,auch die Lärmemission mit Hilfe von industrienahen<strong>Forschung</strong>programmen bis 2020 um50% zu senken. Das würde nicht nur die Umweltbelastungensenken, innovative Technologien verschaffender europäischen Luftfahrtindustrie auchWettbewerbsvorteile gegenüber anderen Anbietern.Der opt<strong>im</strong>ale Entwurf von Flugzeugkomponentenist ein weiteres Ziel der Luftfahrtindustrie.Wenn verlässliche, numerische S<strong>im</strong>ulationen dieEffizienz und den Lärm eines Triebwerks vorhersagen,könnten sie den aufwendingen Bau und Testvon Prototypen ersetzen, und damit bereits früh inder Entwurfsphase die Güte einer Konstruktion bewerten.In unserem Projekt führen wir solche S<strong>im</strong>ulationendurch um die Qualität der Vorhersagezu verbessern. Das Vorhersagen von guter Qualitätmöglich sind konnten wir in [1] zeigen. DurchAnalyse des Strömungsfeldes soll das Verständnisfür die Mechanismen der Lärmentstehung verbessertwerden.Die Lärmemission von Flugzeugturbinen ist inden vergangenen Jahrzehnten bereits deutlich gesunken.Die Verringerung des Lärms wurde durcheine Erhöhung des Nebenstromverhältnisses erreicht.Dabei wird mehr Luft in den kalten, äußerenLuftstrom gegeben, wodurch dieser – bei gleichemSchub – langsamer aus dem Triebwerk austritt unddadurch leiser ist. Gleichzeitig mussten die Triebwerkedafür <strong>im</strong>mer größer werden. Heutzutage istdas Potential der Erhöhung des Nebenstrom weitgehendausgeschöpft, da konstruktive Größenbeschränkungennahezu erreicht sind. Andere Maßnahmenzur Lärmreduktion werden darum schonlänger untersucht. Dazu gehört neben zum BeispielEinblasen von Luft quer zur Strömungsrichtung,auch die Veränderung der Düsenhinterkante,die die Ausbildung der dahinter entstehenden Wirbelstrukturenbeeinflussen soll.Das Strahltriebwerk erzeugt Vortrieb durch denständigen Ausstoß von Luft. Be<strong>im</strong> Start zum Beispielströmt die Luft mit nahezu Schallgeschwindigkeitaus dem Triebwerk aus. Zwischen dieserschnell strömenden Luft und der ruhenden Luft inder Umgebung herrscht ein extremer Geschwindigkeitsunterschied(typischerweise 850 km/h), dadurchkommt es zur Ausbildung von Wirbeln in dersogenannten Scherschicht, der Luftschicht zwischender schnell und langsam strömenden Luft.Die Wirbel sind komplexe, turbulenten Strukturen,die miteinander interagieren und dabei die langsamund schnell, strömende Luft vermischen. Dabeierzeugen sie den störenden Lärm.Für eine numerische S<strong>im</strong>ulationen ergebensich dabei mehrere Schwierigkeiten. Zum einenmüssen die Wirbelstrukturen vom Rechengitter erfasstwerden, was heißt, dass das Gitter feiner seinmuss als die turbulenten Wirbelstrukturen in derScherschicht. Daraus ergeben sich Gitter mit mehreren10 Millionen Punkten. Zweitens müssen dieS<strong>im</strong>ulationen zeitaufgelöst durchgeführt werden,da der entstehende Lärm einen breiten Frequenzbereichausfüllt, wobei auch hohe Frequenzen vonInteresse sind. Die daraus resultierenden kleinenZeitschrittweiten der S<strong>im</strong>ulation und die Notwendigkeitlange physikalische Zeiten zu berechnen,um statistisch sichere Mittelwerte und Spektrenzu bekommen, führen zu einem großen Rechenzeitbedarf,der nur auf Höchstleistungsrechnern,wie dem <strong>HLRN</strong> zur Verfügung steht. Es gibt zwarAnsätze die Zeitkomponente aus den S<strong>im</strong>ulationenIngenieurwissenschaften


109Abbildung 1: Wirbelstrukturen hinter der gezahnten Düse; Zu Erkennen sind an der Hinterkante angebrachteZähne, diese erzeugen Längswirbel, die eine Verringerung des Lärms bewirkenzu entfernen und durch ein Modell zu ersetzen,das die Frequenzinformationen aus einem mittlerenStrömungsfeld generiert – wodurch sehr vielRechenzeit eingespart werden könnte. Ein solcherAnsatz basiert jedoch auf einer Strömungss<strong>im</strong>ulationbei der die mittlere Auswirkung der Wirbelauf das Strömungsfeld durch ein Turbulenzmodellersetzt wird. Gerade bei Geometriemodifikationenzeigen sich hier jedoch Schwächen der Modellesowohl bei der Wiedergabe der mittleren Strömungals auch bei der Generierung der Frequenzinformationen.Auch bei einer sehr großen Anzahl von Gitterpunkten,und der damit einhergehenden feinen Gitterauflösung,werden <strong>im</strong>mer noch die sehr kleinskaligenWirbel in der Strömung vernachlässigt.Um ihre Auswirkung auf das Strömungsfeld dennochzu erfassen kommt auch hier ein Turbulenzmodellzum Einsatz. In unserem Projekt nutzen wirein hybrides Modell, die DES (englisch: Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation). Dieses Modell besitzt zwei Modi,erstens den zeitlich konstanten Modus in dem dasModell wie ein klassiches Turbulenzmodell funktioniert,und den Einfluß sämtlicher turbulenter Strukturenauf das Feld modelliert. Und zweitens, denräumlich und zeitlich aufgelösten Modus in demdas Modell nur die Auswirkung der sehr kleinenWirbel auf das Strömungsfeld modelliert. DieserModus ist gekennzeichnet durch einen deutlich geringerenEinfluß des Modells auf die Strömung, dadarauf vertraut wird, dass die größeren Wirbel vomGitter wiedergegeben werden, und so ihre Wirkungauf das Strömungsfeld selbst ausüben. Für diesenModus gibt es auch andere Modelle, die Grobstrukturmodelle(englisch: Large-Eddy S<strong>im</strong>ulation,LES). In früheren Arbeiten [2] haben wir zum Beispielgezeigt, dass die DES ganz ähnliche Ergebnissewie andere Grobstrukturmodelle liefert. Einbesonderer Vorteil der DES liegt jedoch in den Bereichenin denen die größeren Wirbelstrukturen soklein sind, dass sie nicht mehr aufgelöst werdenkönnen. Hier greift der erste Modus des Modells.Solche Bereiche gibt es innerhalb der Düse, dortsind es die Regionen sehr nah an der Wand in denenkleinste Wirbel für die Verluste in der Düse sorgen,die ihren Wirkungsgrad best<strong>im</strong>men.Mehr zum Thema1. D. Eschricht, U. Michel und F. Thiele, 2010: TheEffect of Grid Refinement on Jet Noise PredictionsBased on Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation, Proceedingsof the 19th Polish National Fluid DynamicsConference, Posnan2. D. Eschricht, J. Yan, U. Michel und F. Thiele,2008: Prediction of Jet Noise from a Co-planarNozzle, AIAA Paper AIAA-2008-2969FörderungBundesministerium für Wirtschaft und Technologie;Rolls Royce DeutschlandIngenieurwissenschaften


110Eingefrorene StrömungenNumerische Untersuchungen der Strömung von Kristallschmelzen be<strong>im</strong>Czochralski-VerfahrenR. Fornari, Institut für Physik, Humboldt-Universitätzu BerlinKurzgefasst• Oxidische Kristalle werden in vielen technischenAnwendungen benötigt.• Die Kristalle werden <strong>im</strong> Czochralski-Verfahrenaus der Schmelze gezüchtet.• Die Strömung in der Kristallschmelze hat einenwesentlichen Einfluß auf die Qualität der fertigenKristalle.• Durch numerische Strömungss<strong>im</strong>ulation sollendie Prozessparameter gefunden werden, die dasErgebnis günstig beeinflussen.Oxidische Kristalle spielen eine wichtige Rollein technischen Anwendungen wie Feststofflasern,Leuchtdioden und nichtflüchtigen elektronischenSpeicherbausteinen (FeRAM). Diese Anwendungenstellen sehr hohe Anforderungen an die Qualitätder Kristalle. Der Czochralski-Prozess ist daswichtigste Verfahren zur Herstellung von oxidischenEinkristallen dieser Qualität. Dabei werdendie Rohmaterialien in einem Tiegel aufgeschmolzen.In die Schmelze wird ein Impfkristall getauchtund an diesem der Einkristall gezogen.Die Züchtung dieser Kristalle ist noch <strong>im</strong>mereine große technologische Herausforderung. DieQualität des fertigen Kristalls hängt wesentlich vonder Strömung in der Schmelze und der sich darausergebenden Temperaturverteilung ab. So kannes zum Beispiel bei oxidischen Kristallen zu unerwünschtemSpiralwachstum kommen [1], sieheAbbildung 1. Auch hängt die Form der Phasengrenzezwischen Kristallschmelze und Kristall vondem Strömungsfeld ab [2]. Die Phasengrenze findetsich später in Form von Wachstumsstreifen(growth striations) <strong>im</strong> fertigen Kristall wieder.Die Strömung in der Kristallschmelze wird durchverschiedene Kräfte angetrieben: Die Dichte in derSchmelze hängt von der Temperatur ab und dadurchsteigt wärmere Flüssigkeit auf und kälteresinkt ab (Auftriebskonvektion). Aber auch die Oberflächenspannungan der freien Oberfläche derFlüssigkeit ist temperaturabhängig. Sie ist <strong>im</strong>kälteren Bereich der Oberfläche höher als <strong>im</strong>wärmeren. Dies treibt eine Strömung von der geheiztenTiegelwand in die Mitte zum relativ kaltenKristall an (Marangonikonvektion). Schließlich wirdder fertige Kristall be<strong>im</strong> Czochralski-Prozess gedrehtund diese Rotation überträgt sich an der Phasengrenzezwischen festem Kristall und Schmelzeauf die Flüssigkeit. Dabei wird die Flüssigkeitdurch die Fliehkraft <strong>im</strong> Bereich der fest/flüssig-Phasengrenze nach außen getrieben.Entsprechend kann die Strömung durch verschiedeneProzessparameter, wie die Heizleistungoder die Rotationsgeschwindigkeit des Kristalls beeinflußtwerden. Aber auch Veränderungen <strong>im</strong> Prozessaufbauhaben eine Wirkung. So kann durchden Einbau von Wärmereflektoren die Temperaturverteilungverändert werden. Und auch die Formdes Tiegels kann das Strömungsfeld verändern.Ziel des Projektes ist es, die Parameter zu identifizieren,die den Prozess günstig beeinflussen.Oxidische Kristalle haben einen hohen Schmelzpunktvon 1500 ◦ C bis 2100 ◦ C. Bei diesen Temperaturensind Messungen und Beobachtungender Strömung <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent nur sehr eingeschränktmöglich. Daher sind zum Verständnis derStrömungsmuster und des Einflusses der verschiedenenProzessparameter auf die Strömung numerischeS<strong>im</strong>ulationen unverzichtbar.Obwohl der Aufbau und die Randbedingungen<strong>im</strong> Czochralski-Prozess rotationssymmetrischsind, können in der Schmelze dochStrömungsmuster entstehen, die diese Symmetriebrechen. Um dies zu untersuchen sind volle,dreid<strong>im</strong>ensionale S<strong>im</strong>ulationen nötig. Andererseitsist es notwendig, Staupunkte in der Strömungund dünne Temperaturgrenzschichten durch einfeines Rechengitter aufzulösen. Daraus ergibtsich insgesamt ein sehr hoher Rechenaufwandfür die S<strong>im</strong>ulationen, die den Einsatz von Hochleistungsrechnernerfordern. Durch Gebietszerlegungsmethodensoll der Strömungslöser parallelisiertwerden, damit die S<strong>im</strong>ulationen auf vielenProzessoren effizient berechnet werden können.Für kleinere Rechnungen steht uns am Institutfür Kristallzüchtung ein kleiner Parallelrechner zurVerfügung, dessen Hardware dem ICE-Systemdes <strong>HLRN</strong> weitgehend gleicht. Damit können Programmentwicklungund kleinere Tests bei uns <strong>im</strong>Hause durchgeführt werden.Ingenieurwissenschaften


111Abbildung 1: Spiralwachstum bei oxidischen Kristallen <strong>im</strong> Czochralski-Prozess, links Dysprosiumscandat(DyScO 3 ), rechts Samariumscandat (SmScO 3 )Mehr zum Thema1. R. Uecker, H. Wilke, D. G. Schlom, B. Veličkov,P. Reiche, A. Polity, M. Bernhagen und M. Rossberg.Spiral formation during Czochralski growthof rare-earth scandates. J. Crystal Growth,295 (1), 84–91, 2006.2. D. Schwabe, R. R. Sumathi und H. Wilke. Theinterface inversion process during the Czochralskigrowth of high melting point oxides. J. CrystalGrowth, 265 (3–4), 494–504, 2004.FörderungDeutsch-Israelische Stiftung für Wissenschaftliche<strong>Forschung</strong> und EntwicklungIngenieurwissenschaften


112Strömungss<strong>im</strong>ulationen zur Lärmminderung von FlugtriebwerkenNumerical Investigation of Noise Generation and Reduction in Turbofan EnginesM. Steger, U. Michel, F. Thiele, Institut fürStrömungsmechanik und Technische Akustik,Technische Universität BerlinKurzgefasst• Insbesondere bei der Landung liefert das Fangeräuscheinen wesentlichen Anteil an derGeräuschentwicklung moderner Flugtriebwerke.• Durch die auch in künftigen Triebwerksgenerationenweiter anwachsenden Triebwerksdurchmesser(Zunahme des Nebenstromverhältnissesbzw. Mantelmassenstroms) trittdas Fangeräusch weiter in den Vordergrund.• Das Spektrum des Fangeräusches wird von diskretenFrequenzen (Töne bei der Blattfolgefrequenzund den höheren Harmonischen) dominiert.Diese Töne resultieren <strong>im</strong> Wesentlichenaus der zeitlich periodischen Wechselwirkungder Strömung des rotierenden Fans (Rotor)mit den nicht-rotierenden Schaufeln (Stator).Durch den stochastischen Schwankungsanteilder Strömung (Turbulenz) wird zudem einBreitbandgeräusch (Rauschen) abgestrahlt.• Durch Einblasen <strong>im</strong> Blattspitzenbereich des Fanswird ein Gegenschallfeld erzeugt, was zu einerLärmminderung des gesamten abgestrahltenSchallfeldes führen soll.• Hochauflösende Rechenverfahren auf der Basisvon sogenannten ”Detached Eddy S<strong>im</strong>ulationen“(DES) bieten die Möglichkeit, nebenden Tönen auch den Breitbandanteil des akustischenSpektrums zu erfassen. Diese S<strong>im</strong>ulationensind sehr rechenintensiv und können dahernur auf modernen Großrechenanlagen durchgeführtwerden.Einen wesentlichen Beitrag für die gesamteGeräuschentwicklung moderner Turbostrahltriebwerkemit hohen Nebenstromverhältnissen liefertder Fanlärm. Kennzeichnend für die Weiterentwicklungder in der Vergangenheit eingesetztenTriebwerksgenerationen ist die kontinuierlicheZunahme der realisierten Nebenstromverhältnisse.Die daraus resultierenden steigendenMassendurchsätze führen bei gleich bleibendemSchub<strong>im</strong>puls zu verringerten Strahlgeschwindigkeiten.Dies hat neben aerodynamischenVorteilen durch einen verbesserten Vortriebswirkungsgradauch eine deutliche Reduktion desStrahllärms zur Folge. Besonders be<strong>im</strong> Landeanflugeines Flugzeugs verliert der zuvor den Gesamtschallpegeldominierende Strahllärm entsprechendzunehmend an Bedeutung, wohingegen derFanlärm durch die anwachsenden Fanschaufelnweiter in den Vordergrund gerät. Von großemInteresse ist daher die Entwicklung geeigneterGeräuschminderungsmaßnahmen des Fanlärms,welche sich zudem in künftigen Triebwerksentwicklungenpraktisch realisieren lassen.Das Fangeräusch wird durch stark unterschiedlicheströmungsakustische Quellmechanismen erzeugtund besteht <strong>im</strong> akustischen Spektrum sowohlaus tonalen als auch aus breitbandigen Komponenten.Befindet sich die Blattspitzengeschwindigkeitdes Fans <strong>im</strong> Unterschallbereich, wird dasabgestrahlte Schallfeld von diskreten Frequenzen(Tönen) bei der Blattfolgefrequenz (BPF) undden höheren Harmonischen dominiert. In diesenFällen können zeitlich periodische Wechselwirkungen,wie die Interaktion der Rotornachläufemit den stromab befindlichen Statorschaufeln oderdie Wechselwirkung der Rotorschaufeln mit einerungleichmäßigen Zuströmung als wesentlicheGeräuschentstehungsmechanismen zugeordnetwerden. Die in dem abgestrahlten akustischenSpektrum zusätzlich zu beobachtenden Breitbandanteilehaben dagegen ihren Ursprung in den stochastischenSchwankungsbewegungen der turbulentenStrukturen in der Strömung.Ein Ziel des Projektes ist die aktive Minderungder tonalen Geräuschentwicklung modernerFlugtriebwerke mit hohen Nebenstromverhältnissen.Dazu wird das durch dieRotor/Stator-Wechselwirkung erzeugte Schallfeldmit einem zusätzlich generierten Gegenschallfelddestruktiv überlagert. Im Gegensatz zu konventionellenTechniken, in denen Lautsprecher fürdie Erzeugung des Gegenschallfeldes zur Anwendungkommen, wird hier das Gegenschallfeld aeroakustischdurch die Beeinflussung der Schaufelumströmung<strong>im</strong> Blattspitzenbereich des Rotorsmittels Lufteinblasung erzeugt (siehe hierzu auchAbbildung 1).Einen Beitrag zu dem Breitbandgeräusch liefertneben den turbulenten Strukturen der Schaufelumströmungauch die stark instationäre Spaltströmungin Verbindung mit dem Blattspitzenwirbeldes Rotors. Durch die Einblasung <strong>im</strong> Blattspitzenbereichdes Rotors wird ein zusätzlicher Breitbandanteildurch die Interaktion der Blattspitzenströmungmit dem Luftstrahl der Einblasung erwartet.Ein weiteres Ziel der Untersuchungen ist daher,inwieweit auch das Breitbandgeräusch durchdie Einblasung beeinflusst wird.Ingenieurwissenschaften


113Abbildung 1: links: Konzeptdarstellung zur Beeinflussung des Fangeräusches durch Einblasen von Druckluft überDüsen am Gehäuse des Turbofantriebwerks; rechts: Momentaufnahme der Druckschwankungen naheder Gehäusewand ohne Beeinflussung aus den Voruntersuchungen mit RANS-S<strong>im</strong>ulationen. DieAusbreitung der in der Darstellung schräg verlaufenden Druckschwankungen (akustische Moden)führen zu den domninanten Tönen <strong>im</strong> akustischen Spektrum des Fangeräusches.Um sowohl die tonalen als auch die Breitbandkomponentendes Fangeräusches mit ausreichenderGenauigkeit vorhersagen zu können, muss einwesentlicher Anteil der turbulenten Strukturen derStrömung numerisch sehr genau abgebildet werden.Für die hier durchzuführenden numerischenStudien sind daher Untersuchungen auf der Basisvon Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulationen (DES) geplant.DES ist ein hybrides Verfahren mit dem vorrangigenZiel, die Vorteile einer effizienten Behandlungwandgebundener Strömungsbereiche durchdie Lösung der Reynolds-Averaged Navier-StokesGleichungen (RANS) mit einer hoch auflösendenLarge-Eddy S<strong>im</strong>ulation (LES) in den wandfernenStrömungsbereichen zu kombinieren.4. Steger, M., van Rennings, R., Gmelin, C., Thiele,F., Huppertz, A., Swoboda, M.: Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation of a Highly Loaded CompressorCascade with Laminar Separation Bubble,9th European Conference on Turbomachinery,<strong>2011</strong>.FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 557 ”Beeinflussungkomplexer turbulenter Scherströmungen“Mehr zum Thema1. Schulz, J., Neise, W., Möser, M.: Active Controlof the Blade Passage Frequency Noise Level ofan Axial Fan with Aeroacoustic Sound Sources.Noise Control Engineering Journal, 54:33–40,2006.2. Spalart, P.: Detached-Eddy S<strong>im</strong>ulation. AnnualReview of Fluid Mechanics, 41:181–202, 2009.3. Steger, M., Michel, U., Ashcroft, G., Thiele,F.: Turbofan Tone Noise Reduction by Flow-Induced Unsteady Blade Forces. In: KING, R.(Herausgeber): Active Flow Control II, Band 108der Reihe NNFM, Seiten 157–170. Springer,Berlin Heidelberg, 2010.Ingenieurwissenschaften


114Rotierende Lärmquelle hinter GitternNumerische S<strong>im</strong>ulation und Analyse der Interaktion von Strömung und Schall ineinem stehenden VerdichterringgitterR. van Rennings, M. Steger, K. Ehrenfried, F.Thiele, Institut für Strömungsmechanik und TechnischeAkustik, Technische Universität BerlinKurzgefasst• In modernen Axialverdichtern von Turbomaschinenkönnen strömungsmechanische Instabilitätenauftreten. Die Verdichterschaufeln werdenstarken Vibrationen ausgesetzt.• Hochauflösende S<strong>im</strong>ulationen einer Axialverdichterkomponentesollen Einblick in die Physikdieser Instabilität ermöglichen.• Ziel des Projekts ist die Identifikation des Instabilitätsmechanismusund der Charakteristiken desabgestrahlten Lärms.• Hohe numerische und statistische Genauigkeitmachen speicherintensive und lange S<strong>im</strong>ulationennotwendig.Moderne Flugtriebwerke werden stetig weiterentwickeltund neue Technologien zur Reduktionvon Emissionen werden untersucht. EinSchlüsselfaktor zur Steigerung der Effizienz vonTurbomaschinen – und damit der Reduktion desTreibstoffverbrauchs – ist der Verdichterwirkungsgrad.Kann dieser verbessert werden, steigt damitdie Effizienz des gesamten Triebwerks.Diese Entwicklung führt bei modernen Verdichterschaufelnzu hohen aerodynamischen Belastungenund erhöht die Gefahr des Auftretensvon strömungsmechanischen Instabilitäten in Bereichenaußerhalb des opt<strong>im</strong>alen Betriebspunkts.Solche Instabilitäten können zum Beispiel einzelneSchaufeln des Verdichters zum Schwingenanregen, was sich mitunter negativ auf die Lebensdauerdieser auswirkt. Zusätzlich verschlechternderartige Instabilitäten den Wirkungsgrad underhöhen das Maß des abgestrahlten Lärms. Esist also von großem Interesse mögliche Instabilitätsmechanismenzu verstehen, um sie vermeidenzu können.Im Rahmen des hier beschriebenen Projektssoll der Mechanismus der Rotierenden Instabilitätin Verdichterstufen untersucht werden. DasPhänomen der Rotierenden Instabilität ist seitlängerem bekannt. Der Name wurde von Kameierund Neise geprägt und wird in [1] diskutiert.Bei den Messungen von Kameier undNeise wurden sowohl Druck- als auch Schallmessungen<strong>im</strong> Referenz- und rotierenden Systemdurchgeführt. Die Rotierende Instabilität wurdein allen Messungen als bewegte, in Umfangsrichtungrotierende Schallquelle identifiziert. Nachdem bisherigen Stand der <strong>Forschung</strong> wird diesesInstabilitätsphänomen in engen Zusammenhangmit dem Aufplatzen des sogenannten Spaltwirbelsgebracht (Schrapp [2]), welcher durch eineAusgleichsströmung von der Druck- (konkavgekrümmt) zur Saugseite (konvex gekrümmt) einerSchaufel durch den konstruktiv bedingten Spaltzwischen Schaufel und Gehäusewand entsteht.Dieser dient der Entkopplung der Rotationsbewegungender unterschiedlichen Bauteile.Wie zuvor beschrieben, wird vermutet, dassder Instabilitätsmechanismus auf dem Aufplatzendes Spaltwirbels beruht. Hierbei zerfällt der Wirbelkernin kleinere turbulente Strukturen. Dieserströmungsmechanische Vorgang muss von demBerechnungsverfahren korrekt abgebildet werden.Hierzu ist die Methode der sogenannten DelayedDetached-Eddy S<strong>im</strong>ulation (DDES) in der Lage.Diese Methode beschreibt bei ausreichend hoherGitterauflösung einen Großteil der turbulentenSchwankungsbewegungen und nur ein geringerAnteil wird modelliert. Die Methode verwendetein Wirbelviskositäts-Modell für kleinskalige,energiearme turbulente Schwankungen, derenEigenschaften eine einfache Modellierung zulassen.Solche Modelle sind heutzutage Standardin der Berechnung von Strömungen mit der Methodeder RANS-Gleichungen (Reynolds-averagedNavier-Stokes). Des Weiteren wird bei der DDES-Methode die Turbulenz innerhalb der wandgebundenenGrenzschichten modelliert, da sich auchhier die RANS-Modelle besonders eignen.Neben der korrekten Wiedergabe der strömungsmechanischenEigenschaften, erfordert dieuntersuchte Strömung die Abbildung der erzeugtenund abgestrahlten aeroakustischen Störungen. Zudiesem Zweck werden mit dem numerischen Verfahrendie kompressiblen Strömungsgleichungengelöst, welche diese beiden Eigenschaften derStrömung beschreiben.Gegenstand der Untersuchungen <strong>im</strong> Rahmendieses Projekts ist eine Statorkonfiguration bestehendaus 20 Verdichterschaufeln, die durcheinen Spalt von der Nabe getrennt sind (vergleicheauch Abbildung 1). Die Konfiguration wurdezum Zweck der Untersuchung von Verdichterinstabilitätenkonstruiert und weist daher die gleichengeometrischen und strömungsmechanischen Parameterauf, wie moderne Flugtriebwerkverdichter.Ingenieurwissenschaften


115Abbildung 1: Visualisierung der zeitlich gemittelten Stromlinien durch den Nabenspalt der untersuchten Statorkonfiguration.Die Strömung kommt aus Richtung des unteren Bildrandes, durchströmt das Schaufelgitterund verlässt das S<strong>im</strong>ulationsgebiet an der linken oberen Bildecke. Die Stromlinien sind mit der lokalenStrömungsgeschwindigkeit eingefärbt: Rote Färbung bedeutet hohe und blaue Färbung niedrige Geschwindigkeit.Zu Beginn des Spaltwirbels ist dieser durch hohe Strömungsgeschwindigkeiten (RoteFärbung), einen geringen Wirbeldurchmesser und die helikale Struktur der Stromlinien gekennzeichnet.Das schlagartige Aufdicken des Wirbels wird mit dem Wirbelaufplatzen assoziiert und ist durchgeringe Strömungsgeschwindigkeiten (türkis - blaue Färbung) und chaotisch verlaufende Stromliniengekennzeichnet.Solche Schaufelringe werden auch als Ringgitterbezeichnet.Um den Einfluss des Abstraktionsniveaus derGeometrie auf das aeroakustische Phänomenzu untersuchen, werden S<strong>im</strong>ulationen von dreiverschiedenen geometrischen Modellen des Statorringsdurchgeführt (1, 5 und 20 Schaufeln).Der volle Statorring mit 20 Schaufel stellt dievollständige Geometrie dar und ist numerischam aufwändigsten. Für gesicherte Aussagen überden Mechanismus der Instabilität muss eine ausreichendestatistische Konvergenz gewährleistetsein, was durch eine lange S<strong>im</strong>ulationsdauer erreichtwird.Der aus den geplanten Untersuchungen resultierendeRechenzeit- und Arbeitsspeicherbedarfkann heutzutage nur von einer massiv parallelenRechnerarchitektur, wie zum Beispiel der des<strong>HLRN</strong>-II-Systems, zur Verfügung gestellt werden.Mehr zum Thema1. Kameier, F. und Neise, W.: Rotating blade flowinstability as a source of noise in axial turbomachines.Journal of Sound and Vibration, Ausgabe203, Nummer 5, Seiten 833–853, 1997.2. Schrapp, H.: Exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungenzum Aufplatzen des Spaltwirbels in Axialverdichtern.Dissertation, Technische UniversitätBraunschweig, ZLR-<strong>Forschung</strong>sbericht 2008-09, 2008.FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Ingenieurwissenschaften


116Ecolonomically Improved Road VehiclesNumerical S<strong>im</strong>ulation of the Flow around a Generic Vehicle Using Active FlowControlS. Eichinger, F. Thiele, E. Wassen, Institutfür Strömungsmechanik und Technische Akustik,Technische Universität BerlinAbstract• The road transport of passengers and cargouses valuable fossil fuel and has a large contributionto greenhouse gas emissions.• Reducing the aerodynamic drag of vehicles isone possible way to decrease these negative effects.• In the case of ground vehicles the aerodynamicdrag is mainly pressure drag, which is caused byflow separation at the rear end of the vehicle.• With the help of active flow control devices (e.g.blowing slits) the flow around the vehicle can bechanged, so that the evolving pressure on thesurfaces results a lower aerodynamic drag.• Within this project the authors a<strong>im</strong> to developsuch a control strategy, using high-performancenumerical s<strong>im</strong>ulation of the flow.The aerodynamic drag of ground vehicles (e.g.trucks, busses or passenger cars) consists of twomain components: the friction drag and the pressuredrag. As the vehicle moves relative to the surroundingair, a friction force is generated betweenthe gas and the solid body surfaces due to the effectof viscosity. Because of the bluff shape of mostvehicles the flow is not able to follow the body contourat the rear end due to the effect of momentum.Here the flow separates, resulting in a pressure differencebetween the front and the rear parts whichmakes up the pressure drag. The separated regionsare dominated by complex three-d<strong>im</strong>ensionaland t<strong>im</strong>e-dependent vortices. The pressure distributionon the body surfaces are also dependent onthese structures. The drag force due to pressureis significantly larger than the friction force, and itstransient character can additionally cause stabilityand handling problems. The a<strong>im</strong> of the project is todevelop a method to influence the separated flowaround a generalized vehicle in such a way that thepressure drag is reduced. Consequently, the overallaerodynamic drag decreases, and the stabilityand the handling <strong>im</strong>proves as well.For the numerical flow s<strong>im</strong>ulation the Large-Eddy-S<strong>im</strong>ulation (LES) technique is used. The vehiclemodel is based on a form which is able to emulatethe main characteristics of a real vehicle, andit was introduced by Ahmed et.al. [1] and is calledAhmed body. The model has rounded edges at thefront part and a vertical rear end, s<strong>im</strong>ilar to vans,trucks or busses. For this configuration 85% of theaerodynamic drag is pressure-induced.With the help of active flow control the aerodynamicdrag can be reduced. The developedmethod uses steady blowing of air along the edgesof the rear-end surface through small slits. As afirst step, a baseline configuration without any actuationwas s<strong>im</strong>ulated. Thereafter, the direction andthe strength of the blowing was varied. A parameterstudy was performed, and a max<strong>im</strong>um dragreduction of 18% was achieved (for more detailssee: [2]). To ensure that the required energy inputto realize the blowing is not higher than theenergy gained due to the reduced drag, an efficiencycheck is necessary. It was found that thebest energy efficiency is achieved at a lower blowingspeed than the one that gives the highest dragreduction. The energy input decreases the benefitfrom the drag reduction, but still a net power gainof 10% was reached.In the next step instead of stationary blowingthe authors <strong>im</strong>plemented a robust closed-loop controllerinto the method. This controller algorithmcomputes an instantaneous value of the actuationvelocity, so that it is adjusted to the current flowconditions in order to reach a prescribed drag reductionvalue. The closed loop control method wasshown to work robustly even in the case of actuatorfailure, when, for instance, a drop of pressureoccurs in the actuator device during operation. Aninstantaneous flow situation on the road is neveridealistic. For example, in many cases there is atleast some cross-wind. It is <strong>im</strong>portant to check howthe active flow control method reacts in such conditions.Two setups of the above mentioned parameterstudy were s<strong>im</strong>ulated in cross-wind conditions.It was found that at θ = 45 ◦ and at a blowing speedequal to the inflow velocity the aerodynamic dragreduction was around 5%, while the net power gainwas 4%. With stronger actuation, for example 2.0t<strong>im</strong>es the inflow velocity, the drag reduction is 9%,but the net power gain drops to 1%.Since the wake of the vehicle is not symmetricin this case, more efficient flow control can beachieved with asymmetrically distributed blowing.This is done by using different blowing angles anddifferent blowing speeds at the different edges ofthe rear end. Currently the project deals with thisparameter study. Because of the relatively big pa-Ingenieurwissenschaften


117Figure 1: Visualization of vortex structures around the vehicle model in cross-wind conditions (vortices are coloredwith the streamwise velocity: red = high velocity, blue = low velocity).rameter space it requires a large number of s<strong>im</strong>ulationruns. Thus the authors considered a statisticallydesigned set of s<strong>im</strong>ulations based on orthogonalarrays. In such a way the number of requireds<strong>im</strong>ulations can be drastically reduced. Theinfluence of each parameter can be determinedand at the end an opt<strong>im</strong>um control setup can beconcluded. In the future the authors would like todevelop, s<strong>im</strong>ilarly to the above mentioned robustclosed-loop controller, a new method, which will beable to track the prescribed drag reduction with anasymmetric (more than one output parameter) actuationsetup successfully, also in case of crosswindconditions.A visualization of the LES s<strong>im</strong>ulation result isshown in fig. 1 for cross-wind conditions without actuation.In the figure vortex structures are shownthat have been colored by the local velocity. Thesnapshot indicates the level of complexity of thisflow. This s<strong>im</strong>ulation requires approx<strong>im</strong>ately 72hours of wall clock t<strong>im</strong>e on 270 processor coresof the <strong>HLRN</strong> system in order to reach an adequatelevel of t<strong>im</strong>e averaging.More Information1. Ahmed, S.R., Ramm, G. and Faltin, G., Somesalient features of the t<strong>im</strong>e-averaged ground vehiclewake, SAE Technical Paper Series, No.840300, 1984.2. Eichinger, S., Thiele, F. and Wassen, E., LESof active separation control on bluff bodies bysteady blowing, Proceedings of ASME 20103rd Joint US-European Engineering SummerMeeting, August 2-4, 2010, Montreal, Quebec,Canada, FEDSM-ICNMM2010-30462.FundingGerman Research Foundation (DFG)Ingenieurwissenschaften


118Hai-Schuppen verbessern, um Energie zu sparenUntersuchungen zur Reduzierung des turbulenten Widerstands durchwellenförmige LamellenF. Kramer, E. Wassen, F. Thiele, Institutfür Strömungsmechanik und Technische Akustik,Technische Universität BerlinKurzgefasst• Die Struktur der Haifischhaut reduziert denStrömungswiderstand. Aktuelle technische Anwendungendieses Prinzips erreichen zwischen5 und 10%.• Eine wellenförmige Gestaltung der Oberflächenstrukturverbessert die Effektivität.• Die Wellenform soll opt<strong>im</strong>iert werden, um die Widerstandsreduktionzu vergrößern.• Der Energieverbrauch soll gesenkt und die wirtschaftlicheAttraktivität erhöht werden.• Zur numerischen Untersuchung ist nur die DirekteNumerische S<strong>im</strong>ulationen geeignet.Der durch die Strömung verursachte Widerstandeines Körpers oder Geräts setzt sich <strong>im</strong> Allgemeinenaus zwei Anteilen zusammen, dem Druckunddem Reibungswiderstand. Bei modernen Verkehrsflugzeugenträgt z.B. die Wandreibung bis zu50% zum Gesamtwiderstand und somit zum Energieverbrauchbei. Bei langen Rohrleitungen wiePipelines ist die Wandreibung für nahezu 100%des Widerstands und des Energieverbrauchs verantwortlich.Da nahezu alle technisch relevantenStrömungen turbulent sind, kann eine signifikanteVerringerung der Verluste durch Wandreibung turbulenterStrömungen große Auswirkungen auf denEnergieverbrauch und somit u.a. auf den Ausstoßkl<strong>im</strong>aschädlicher Abgase haben.Es ist seit langem bekannt, dass die Oberflächenstrukturder Haut schnell schw<strong>im</strong>menderHaie einen widerstandsreduzierenden Effekthat. Die Haut ist mit U-förmigen Rillen versehen,die in Längsrichtung - also in Hauptströmungsrichtung- ausgerichtet sind. Durch dieseOberflächenstruktur werden Querbewegungender Strömung behindert, die durch wandnahe,für turbulente Strömungen typische Wirbelverursacht werden. Infolgedessen werdendie Wirbel geschwächt und somit der ständigeStrömungsaustausch mit der Hauptströmung reduziert.Letzterer ist verantwortlich für den Transportvon Fluid mit höherer Geschwindigkeit zurWand hin, was zu einem erhöhten Reibungswiderstandeiner turbulenten gegenüber einer laminarenStrömung führt. Die Schwächung der wandnahenWirbelstrukturen durch die Rillen hat dahereine Verringerung des Widerstands zur Folge.Dieses Prinzip der Haifischhaut wurde in derVergangenheit in Laborversuchen sowie in praktischenAnwendungen in Form so genannter Riblet-Oberflächen in die Technik übertragen. In Laborversuchenkonnte dabei eine Reduzierung derWandschubspannung um bis zu 10% erzielt werden.Die max<strong>im</strong>ale Widerstandsreduzierung kannjedoch nur erreicht werden, wenn die Anströmungin Richtung der Orientierung der Riblets erfolgt. BeiFehlanströmwinkeln von mehr als 15° n<strong>im</strong>mt derEffekt stark ab und ab 25°werden zusätzliche Verlusteund somit ein höherer Widerstand erzeugt.Eine ganz anderer Mechanismus erreicht durchaktive Querbewegungen einer glatten Wand eineVerringerung des Widerstandes um bis zu 50%. Dadie aktive Bewegung viel Energie benötigt, ist dieseTechnik für sich stehend zur Zeit nicht geeignet,um tatsächlich verwendet zu werden.Es ist das Ziel des Projektes, die Vorteile derRillenoberfläche und der aktiven Querbewegunggezielt auszunutzen und dadurch zu einem praktikablen,passiv arbeitenden Ansatz zu gelangen,der eine deutlich höhere Widerstandsreduzierungerzielt als konventionelle Rillenoberflächen. Diessoll mithilfe von in Strömungsrichtung wellenförmiggestalteten Rillen geschehen, wie sie auch aufdem Bild auf der nächsten Seite dargestellt sind.Da die wandnahe Strömung dieser Wellenstrukturfolgt, werden ihr auf passive Weise alternierendeQuerbewegungen aufgeprägt, ähnlich wie beider aktiv bewegten Wand. Es ist bisher nicht bekannt,welche Wellenform und welcher Parameterbereichfür die Wellenlänge und die Amplitudebesonders effektiv den Widerstand verringern.Dies soll in diesem Projekt systematisch untersuchtwerden. Der Querschnitt der Riblets ist dabeitrapezförmig und auf dem Bild <strong>im</strong> unteren Bereichgut zu sehen. Zusätzlich zu den Wellenparameternist die Sensitivität gegenüber Queranströmungein für die Anwendung wesentlicherPunkt, da nicht <strong>im</strong>mer eine perfekt ausgerichteteAnströmung gewährleistet werden kann. Es ist zuerwarten, dass die Wellenform einen geringerenAbfall der Wirksamkeit aufweisen wird als geradeRillen, da der lokale Anströmungswinkel von vornhereinnicht konstant ist.Für die S<strong>im</strong>ulationen müssen die vorhandenenturbulenten Strukturen der Strömung zeitlich undräumlich vollständig aufgelöst werden, da gerade<strong>im</strong> riblet- und wandnahen Bereich der Ein-Ingenieurwissenschaften


119Abbildung 1: Wellenförmige Riblet-Oberfläche mit Stromlinien. Strömungsrichtung ist von vorne nach hinten. DieStromlinien folgen anfangs den Rillen, werden durch Wirbel weiter in die Strömung getragen undbilden die für turbulente Strukturen typische Bündelung.fluss von üblicherweise verwendeten Turbulenzmodellenausgeschlossen werden muss. Daher eignetsich für die S<strong>im</strong>ulation nur die Direkte NumerischeS<strong>im</strong>ulation, die gleichzeitig enorm hoheAnforderungen an Rechenleistung und Rechenzeitstellt. Durch sie ist es aber auch möglich,Einblick in kleinste Strömungsvorgänge zu erlangen,die sonst nur sehr schwer zu beobachtensind. Die S<strong>im</strong>ulationen in diesem Projektwerden durch Exper<strong>im</strong>ente des DeutschenZentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), AbteilungTriebwerksakustik, begleitet. Ein besondererVorteil der Zusammenarbeit zwischen Exper<strong>im</strong>entund S<strong>im</strong>ulation ist, dass sich beide Ansätzein ihren Stärken und Schwächen ergänzen.Im Exper<strong>im</strong>ent lässt sich z.B. eine Erhöhungder Strömungsgeschwindigkeit einfach realisieren,während in der Direkten Numerischen S<strong>im</strong>ulationdie notwendige Gitterauflösung und damit der Rechenaufwandmit der Strömungsgeschwindigkeitübermäßig ansteigt. Andererseits hat die numerischeS<strong>im</strong>ulation den Vorteil, dass die sehr kleinskaligen,wandnahen physikalischen Vorgänge mithoher zeitlicher und räumlicher Auflösung beobachtetwerden können und so die lokale Wirkungder Riblet-Strukturen sehr genau beurteiltwerden kann. Außerdem erlaubt sie, dass sehrviel größere Riblet-Oberflächen s<strong>im</strong>uliert werdenkönnen. Während <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent die max<strong>im</strong>aleGröße der Versuchsfläche spätestens durchdie Größe des Strömungskanals beschränkt ist,kann die S<strong>im</strong>ulation unendlich große Flächenberücksichtigen. So können störende Effekte durchdie Ränder der Oberfläche ausgeschlossen undder Einfluss der Riblet-Oberfläche unmittelbar untersuchtwerden.Mehr zum Thema1. Kramer, F.; Grüneberger, R.; Thiele, F.; Wassen,E.; Hage, W.; Meyer, R.: Wavy riblets for turbulentdrag reduction. Proceedings of 5th AIAAFlow Control Conference, Chicago, AIAA 2010-4583, 20102. Wassen, E.; Kramer, F.; Thiele, F.; Grüneberger,R.; Hage, W.; Meyer, R.: Turbulent drag reductionby oscillating riblets. Proceedings of4th AIAA Flow Control Conference, AIAA-2008-3771, 2008FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1207 “Strömungsbeeinflussungin der Natur und Technik”Ingenieurwissenschaften


120A matter of disorderOxidized silicon nanowires as biomolecular sensors: ab initio structural andelectronic analysisL. Colombi Ciacchi, Hybrid Materials InterfacesGroup, Faculty of Production Engineering and BremenCenter for Computational Materials Science,University of BremenAbstract• Silicon nanowires are widely used as active functionalelements in advanced electronic devices,most notably in biological sensors.• While surface oxidation of the wires occurs uponexposure to a wet environment, theoretical studiesare often l<strong>im</strong>ited to ideally crystalline, H-terminated wire models.• We are performing accurate computational studiesof the electronic and transport propertiesof natively oxidized, ultrathin silicon nanowiresincluding dopant elements such as boron andphosphorous.• We found that their conductance is determinedby an unexpected interplay of effects due tooxidation-induced structural distortions and electronegativeSi/SiO x interfaces.One of the major goals of the semiconductor industryis to continue scaling down the size of electroniccomponents and place more and more transistorsin a single silicon chip. This is necessary to followthe famous Moore’s Law, which predicts the evolutionof computer speed over the years based ondevice miniaturization. However, there are intrinsicl<strong>im</strong>its to the device sizes reached by purely lithographicprocesses, or other so-called “top-down”technologies. These are both connected with exponentiallyrising costs and with physical laws (e.g.when entering a quantum-tunneling reg<strong>im</strong>e), andmotivate the scientific and technological communitiesto search for novel devices and novel fabricationtechniques.Starting from the other end of the scale, severaltypes of “bottom-up” approaches have beenenvisaged, all based on the controlled assembly ofnano-scale building blocks into well-defined functionaldevices [1]. Silicon nanowires (SiNWs) areone of the most promising nanostructures developedso far and are becoming fundamental componentsin a new generation of mixed top-down andbottom-up electronic devices with <strong>im</strong>portant applicationse.g. as sensors for biological molecules [2].Due to their compatibility with silicon based technology,silicon nanowires are extensively studiedand numerous exper<strong>im</strong>ents have already characterizedsome of their structural and electronic properties[3]. Currently synthesized SiNWs presentsurfaces passivated either by hydrogen atoms orby a thin native oxide layer, and their conductionproperties are modified by choosing an appropriatetype and concentration of foreign atoms calleddopants, usually P or B, which carry an additionalelectron or hole (the carriers for electric current).Several theoretical studies have been undertakento characterize the electronic properties ofdifferent SiNWs structures. However, the lack ofa realistic model for Si/SiO 2 core-shell structuresexplains why most studies to date have focused onthe properties of either bare, unpassivated wires orof wires whose surfaces are saturated with hydrogenatoms. This is the origin of a gap between thetheoretical predictions made so far and the exper<strong>im</strong>entalreality, where the <strong>im</strong>portance of consideringthe effects of surface oxidation is felt in numerousapplications. In the typical cases of biological detection,the wet environment in which the devicesoperate leads to the formation of an ultrathin hydratedoxide layer. In electronic devices such asFinFETs the conducting wires are embedded in athicker insulation layer of silicon oxide.In the first part of our project at the <strong>HLRN</strong>, weare currently studying the intrinsic conductance ofB and P doped SiNWs covered with a hydroxylatednative oxide layer. The realistic modellingof a Si/SiO x core-shell wire has been made possibleby extensive previous work, entirely based onatomic-scale s<strong>im</strong>ulations performed on massivelyparallel computers using highly opt<strong>im</strong>ized quantummechanical computer codes (see Ref. [4] and referencestherein). Starting from an oxidised Si(001)flat surface, we have fabricated a natively oxidisednanowire model structure by means of MolecularDynamics s<strong>im</strong>ulations both at the classical and atthe quantum mechanical ab initio level.A key feature of the resulting structure is the intrisicdisorder of the Si core, naturally induced bythe oxidation process. As a first interesting finding,we could prove that the electronic states mostly responsiblefor the conduction of such wires are locatedat the interface between the oxide shell andthe silicon core (see Figure 1). Furthermore, ourcomprehensive total energy calculations have revealedthe most stable sites for B and P dopantatoms. Contrary to our expectations, both types ofatoms prefer to remain buried in the Si core ratherthan segregate near the oxide layer. This is inter-Ingenieurwissenschaften


121Figure 1: Cross-section of an undoped, natively oxidized Si nanowire showing that the most probable localizationregions of hole (top of the valence band, TVB) and electron (bottom of the conduction band, BCB) carriersare at the Si/SiO x interface.esting, since the carriers of electronic current, providedby the dopants, face now two difficulties intheir transport path: the disorder in the silicon coreand the presence of an electronegative oxide shell.So, which of these effects will have the most prominenteffect on the conductivity of the strucutures?To answer this question, we have performedlarge-scale quantum mechanical calculations ofthe SiNW transport properties on the parallel supercomputersat the <strong>HLRN</strong>. While most previousstudies of non-oxidized wires relied on more or lessapprox<strong>im</strong>ated approaches, our calculations arebased on Density Functional Theory (DFT), whichis a computationally very expensive approach fortransport calculations even with s<strong>im</strong>ple systems.However, we realized that this level of precision isneeded for our work, covering subtle effects suchas dopant and structural backscattering, and relyingon the precise determination of the transmissionchannels for conductance.Our results achieved so far [5] clearly show thatthe conductance of the oxidized wires is decreasedwith respect to the case of ideally crystalline, H-terminated wires, and the main reason for this decreaseis the oxidation-induced disorder. The overallconductance decrease is very s<strong>im</strong>ilar for B andP dopants, despite the fact that the transmissionof P doped wires is less influenced by structuraldisorder in the absence of an oxide shell. If anoxide shell is present, though, it attracts the extraelectrons carried by the P atoms and changes thetransmission channel from a localized (less sensitiveto disorder) to a delocalized form.Future work will be devoted to understandingthe mechanisms of detection of biomolecules withsuch oxidized SiNWs. This will require furtherlarge-scale quantum transport calculations andthus call for extended use of the <strong>HLRN</strong> computationalresources.More Information1. W. Lu, C. M. Lieber, “Nanoelectronics from thebottom up”, Nature Mater. 6, 841-850 (2007).2. E. Stern et al., “A nanoelectronic enzyme-linked<strong>im</strong>munosorbent assay for detection of proteinsin physiological solutions”, Small 6, 232-238(2010).3. V. Schmidt, J. V. Wittemann, U. Gösele,“Growth, thermodynamics, and electrical propertiesof silicon nanowires”, Chem. Rev., 110,361-388 (2010).4. L. Colombi Ciacchi, D. J. Cole, M. C. Payne, P.Gumbsch, “Stress-driven oxidation chemistry ofwet silicon surfaces”, J. Phys. Chem. C Letters112, 12077-12080 (2008).5. M. Koleini, L. Colombi Ciacchi, M.-V.Fernández-Serra, “Electronic transport in nativelyoxidized silicon nanowires”, submitted toACS Nano (<strong>2011</strong>).FundingUniversity of Bremen; German Research Foundation(DFG)Ingenieurwissenschaften


122Design neuer Metalloxyd-Halbleitermaterialien zurWasserstofferzeugung durch Sonnenlicht (Photoelektrolyse)Computational Combinatorial Materials Science study to opt<strong>im</strong>ize the band gapfor metal-oxide based materials for their usage in photoelectrolysis cellsL. Mädler, T. Heine, Universität Bremen und JacobsUniversity BremenKurzgefasst• Es soll ein Metalloxyd-Halbleiter aus 2−5Übergangsmetallen gefunden werden, der sichopt<strong>im</strong>al für die Spaltung von Wasser mittels Sonnenlichteignet, d.h. er muss wasserstabil sein,eine Bandlücke von ca. 1,5 eV haben, und geeigneteElektrodenpotenziale aufweisen.• Durch Kombinatorik werden verschiedeneÜbergangsmetalle des Periodensystems inunterschiedlichen Konzentrationen für dieMischoxyd−Halbleiter ausgewählt. Mit Hilfe derQuantenmechanik (Dichtefunktionaltheorie) werdenStruktur, Stabilität und Bandstruktur der Materialienberechnet.• Rechenzeitintensive S<strong>im</strong>ulationen zur Strukturund Bandstruktur der Materialien werden z.T. am<strong>HLRN</strong> auf parallelen Hochleistungscomputersystemendurchgeführt.• Opt<strong>im</strong>ale Halbleitersysteme werden ausgewähltund mit exper<strong>im</strong>entellen Techniken weiterverfolgt.Unter allen erneuerbaren Alternativen zu fossilenBrennstoffen als Energiequelle erscheint die Wasserspaltungdurch Licht (Photodissoziation) dievielversprechendste zu sein, denn sie nutzt dieverlässlichste Energiequelle des Planeten − dasSonnenlicht, um Wasserstoff und Sauerstoff alsEnergieträger aus Wasser zu erzeugen. Sauerstoffkann bei der Wasserspaltung an die Atmosphäreabgegeben, und bei der Verbrennung desWasserstoffs wieder aus der Atmosphäre entnommennwerden, so dass ein geschlossener Kreislaufohne Einfluss auf die Umwelt möglich ist. Speicherungund Transport des entstehenden Wasserstoffssind <strong>im</strong>mer noch problematisch, neue <strong>Forschung</strong>sergebnisselegen den Schluss nahe, dassin naher Zukunft zuverlässige Speichermedien zurVerfügung stehen werden.Eine Photoelektrolysezelle ist ein Gerät, dasSonnenlicht absorbiert und mit Hilfe dessen EnergieWasserstoff (und Sauerstoff) durch Wasserspaltungproduziert. Das prinzipielle Konzeptwurde von Fujish<strong>im</strong>a und Honda anhand einerTitanoxid-(Rutil)-Elektrode demonstriert. Allerdingskann dieses Material aufgrund der grossenBandlücke von ca. 3 eV nur Licht <strong>im</strong> harten Ultraviolettbereichabsorbieren und ist daher nicht alsMaterial für Wasser-Photoelektrolysezellen geeignet.Verschiedene III-V-Halbleiter, beispielsweiseCdS, haben elektronische Eigenschaften, die fürdie Wasserspaltung geeignet sind, müssen aberaufgrund ihrer Instabilität (Wasserlöslichkeit) ausgeschlossenwerden. Woodhouse und Parkinsonschlugen 2009 vor, das Problem mit einem kombinatorischenAnsatz zu untersuchen [1]. Sie wollenmit Hilfe der Robotik eine Vielzahl von binären biszu tertiären Metalloxyd-Mischhalbleitern herstellenund untersuchen. Dieser interessante Ansatz beinhaltetjedoch ein Problem: die systematische, automatisierteSynthese von homogenen Metalloxydverbindungenmit verschiedenen Metallen ist nurselten möglich, da die reinen Oxyde in der Regelunterschiedliche Gitterstrukturen aufweisen. Es istsehr aufwändig, die atomatisch produzierten Materialienauf ihre Homogenität zu untersuchen.In diesem Projekt soll daher ein zweistufigerAnsatz gewählt werden: Im ersten Schrittwerden Metallmischoxydmaterialien unterschiedlicherZusammensetzung mit Hilfe der Quantenmechanikuntersucht. Die Materialien, die sichals besonders geeignet für die hier anvisierteAnwendung erweisen, werden danach <strong>im</strong> zweitenSchritt gezielt exper<strong>im</strong>entell untersucht. Dabeiwird die Synthese mit Hilfe der Flammspray-Elektrolyse versucht, und das Produkt anschliessendmit verschiedenen Charakterisierungsmethoden,einschliesslich der Transmissionselektronenmikroskopie(TEM) und der Elektronenenergie-Verlustspektroskopie (EELS), untersucht. Ein Abgleichder exper<strong>im</strong>entellen mit den zuvor berechnetenDaten ist wesentlicher Teil der Qualitätssicherungder synthetisierten Materialien.Zu Beginn dieses Projekts <strong>im</strong> November 2010wurde in einer Pilotstudie Eisen-dotiertes Zinkoxyd(Fe x Zn 1−x O, x = 0,0 . . . 0,125) untersucht. 2010konnte exper<strong>im</strong>entell gezeigt werden, dass ein Materialaus bis zu 10 % FeO in ZnO synthetisiertwerden kann. Die Gitterstruktur des Materials entsprichtder des ZnO, und verschiedene Analyseverfahrenstellten sicher, dass das FeO homogenin den produzierten Nanokristallen verteilt ist (sieheAbb. 1 und die weiterführende Literatur [2]).Wir untersuchten Fe-dotiertes ZnO mit Hilfe derDichtefunktionaltheorie (DFT) und konnten die ex-Ingenieurwissenschaften


123Abbildung 1: Ein prototypischer Misch-Metalloxyd-Halbleiter aus 90% ZnO und 10% FeO: Das Mapping charakteristischerSignale der Übergangsmetalle <strong>im</strong> TEM zeigt, dass die Fe-Atome homogen <strong>im</strong> ZnO-Trägermaterial verteilt sind (Grafik aus [2]).per<strong>im</strong>entellen Ergebnisse sehr genau reproduzieren.Die Ergebnisse der DFT-Berechnungen liefertendie gleiche Gitterstruktur wie die TEM-Exper<strong>im</strong>ente, die Bindungsenergie des Materialsdeutet auf eine homogene Verteilung von Fe<strong>im</strong> ZnO hin, und die EELS-Berechnungen unterstützendieses Ergebnis. Darüberhinaus zeigtenunsere Berechnungen, dass die elektronischen Eigenschaftender reinen Systeme sehr gut reproduziertwerden konnten. Im Fe-dotierten ZnO verringertsich die Bandlücke von 3,59 eV (Exper<strong>im</strong>ent:3,4 eV) um bis zu ca. 1,5 eV. Es ist bemerkenswert,dass diese Änderung nichtlinear ist und dahernicht a priori aus den Kennwerten der Reinmaterialienabgeschätzt werden kann, jedoch mitHilfe der quantenmechanischen Festkörpertheorieerklärbar ist. Dieses erste Ergebnis weist auf einegute Erfolgsaussicht des Projekts, und auf dieNotwendigkeit des gemeinsamen exper<strong>im</strong>entelltheoretischenAnsatzes hin.Mehr zum Thema1. M. Woodhouse and B. A. Parkinson, 2009:Combinatorial approaches for the identificationand opt<strong>im</strong>ization of oxide semiconductors for efficientsolar photoelectrolysis. Chem. Soc. Rev.38, 197-210.2. S. George, S. Pokhrel, T. Xia, B. Gilbert, Z.X. Ji, M. Schowalter, A. Rosenauer, R. Damoiseaux,K. A. Bradley, L. Mädler, A. E. Nel, 2010:Use of a Rapid Cytotoxicity Screening ApproachTo Engineer a Safer Zinc Oxide Nanoparticlethrough Iron Doping. ACS Nano 4, 15-29.doi:10.1021/nn901503qFörderungEuropäischer <strong>Forschung</strong>srat (ERC), ResearchExecutive Agency (REA)Ingenieurwissenschaften


124Rise and Roll3D Modeling of Hydrothermal PlumesM. Walter, Y. Tao, Universität Bremen; Jacobs UniversityAbstract• Hydrothermal plumes along mid-ocean ridgesare crucial mechanisms by which Earth’s crusttransports heat and chemical components intothe ocean.• Data obtained by direct measurement of theplume is not sufficient to answer a slew of crucialquestions so we ask help from numerical model.• We developed a 3D t<strong>im</strong>e-dependent model tostudy the relation between plume heat flux andrising height and to investigate their 3D velocityprofiles.• The model has provided results with good agreementwith other models and measurements, italso shows great potential in future study.Hot deep-sea springs along mid-ocean ridges, socalledhydrothermal vents, are crucial for transportingheat and chemical components from insidethe Earth’s crust into the ocean. Data obtainedby direct measurement are not sufficient toanswer many crucial questions regarding the physicaldynamics of the plumes of such hydrothermalvents. To study the spatial and temporal dynamicsof such hydrothermal plumes we have developeda t<strong>im</strong>e-dependent fully three-d<strong>im</strong>ensional model,which explores the relation between the plume’sheat flux, rising height, and rising velocity for realisticenvironment configurations.Hydrothermal fluids are generated, when seawatercomes into contact with deeper layers ofthe Earth’s crust at areas, where tectonic platesare moving apart, the so-called sea-floor spreadingaxes. There the water is charged with heat andvarious chemical substances and is subsequentlyre-injected into the ocean. When this mineralenrichedwater, which can reach temperatures ashigh as 400 ◦ C, is ejected from the ocean floor intothe near-freezing sea water, the minerals precipitateand form a plume of colored, mostly black, fluid(see Fig.1, left panel). This black plume is the reasonwhy such hydrothermal vents are often called”black smokers”.The physical dynamics of such plumes are characterizedby the shear flows between the hot buoyantrising fluid and the cold ambient water columnof the surrounding ocean, which produce a lot ofturbulence such as vortexes and eddies. Theseturbulence phenomena facilitate the mixing of thecold ambient water with the hot fluid, resulting in acontinuous dilution of the original vent fluid. As theplume cools down while it rises, the buoyancy decreasesuntil a neutral layer is reached, where theambient water has the same density as the plume.The knowledge about heat and material flux outputfrom hydrothermal vents, which provide quite asignificant portion of the overall global flux, couldbe significantly <strong>im</strong>proved if the output and fluxmechanisms of individual vents were better understood.The buoyancy-driven turbulence and its resultingmixing effects, however, have always beenthe main challenge in understanding these processes.Most of the current est<strong>im</strong>ations of hydrothermalvent output are based on very s<strong>im</strong>pleone-d<strong>im</strong>ensional model developed half a centurybefore [1]. These approaches have distinct l<strong>im</strong>itationsas they cannot handle realistic environmentalfactors such as background current and irregularsea-floor topography.With our t<strong>im</strong>e-dependent numerical 3D modelwe a<strong>im</strong> at solving these kinds of problems. Asa first test we configured our model for s<strong>im</strong>pleenvironments such as those used in the oned<strong>im</strong>ensionalmodel [1] and compared the resultsfor the position of the layer of neutral buoyancy calculatedby both models. The results were in verygood agreement, which proves that our model ingeneral correctly describes the dominant fluid dynamicprocesses and therefore is ready to be appliedto more complex and thus realistic environmentconfigurations.The technical progress of recent years in exploringhydrothermal plumes, such as sonars thatrecord acoustic 3D <strong>im</strong>ages or even Doppler velocityprofiles of plumes, allow for much more detailedinformation about the inside plume structure [2].Before this new technology was available, this wasnearly <strong>im</strong>possible, because optical cameras wereobstructed by the particle clouds and thereforecould only observe the outer plume boundary. Withour model we can now calculate the fluid velocityand plume diameter from such acoustic measurements.By combining those data with informationobtained by chemical samples of the hydrothermalfluid itself and other physical in-situ measurements,we can calculate the heat and chemical flux of hydrothermalplumes semi-directly and thus substantiallyreduce the margin of error compared to othermodels.In summary, our t<strong>im</strong>e-dependent, fully threed<strong>im</strong>ensionalmodel of hydrothermal plumes allowsIngenieurwissenschaften


125Figure 1: Left: Hydrothermal plume photo taken by research submarine (by the National Oceanic and AtmosphericAdministration NOAA, Washington, DC). Right: A 3D plume s<strong>im</strong>ulation of our model; the color coderepresents vertical velocity while the arrows show both magnitude and direction of local velocity.us to combine many different kinds of observationsand data, which allows us a quite detailed descriptionof its fluid and material plume dynamics thatotherwise cannot be obtained by direct observations.More Information1. Morton, B.R. and G.I. Taylor and J.S. Turner,1956: Turbulent gravitational convection frommaintained and instantaneous sources. Proc.R. Soc. London, Ser.A., 243, 1-23.2. Jackson, D.R., C.D. Jones, P.A. Rona and K.G.Bemis, 2003, A method for Doppler acousticmeasurement of black smoker flow fields, G-Cubed, 4, 1095-1107.FundingThis project is funded by Universität Bremen andJacobs University.Ingenieurwissenschaften


126Turbulenzen be<strong>im</strong> WärmeaustauschThermalgetriebene Vermischung turbulenter Konvektionsströmungen in einemgeschlossenen ContainerR. Groll, C. Z<strong>im</strong>mermann, Zentrum für angewandteRaumfahrttechnologie und Mikrogravitation,Universität BremenKurzgefasst• Freie, turbulente Konvektionen sind thermal getriebeneStrömungen, bei welchen aufgrund hoherlokaler Temperaturgradienten und daraus resultierenderDichteunterschiede Turbulenzen inForm von Wirbeln entstehen.• In der Meteorologie treten Konvektionsströmungenz.B. als Tornados oder großskalige Wirbelstürmeauf, welche sich aufgrund unterschiedlichdurch die Sonneneinstrahlung erhitzterLuftschichten bilden.• Ebenfalls werden sie in technischen Bereichenz.B. zur Kühlung von technischen Komponenteneingesetzt, wo Ventilatoren aufgrundvon Lärmbelastung und Fehleranfälligkeit nichtgewünscht sind.• Die S<strong>im</strong>ulation dieser Strömungen soll Aufschlussüber das Temperatur- und Geschwindigkeitsprofilund die daraus resultierendeWärmeübertragung vor allem in wand- bzw. bodennahenBereichen geben. Außerdem soll dieStabilität der Strömung, auch in Hinblick auf denEinfluss der Erdrotation, untersucht werden.• Aufgrund von Parameterstudien und kleinskaligenEinflussgrößen ist ein hohe Rechenleistungnotwendig.Turbulente Konvektionsströmungen werden entscheidenddurch die auftretenden Wirbel charakterisiert,welche die Temperatur- und Geschwindigkeitsfelderbeeinflussen und damit auch dieWärmeübertragung zwischen den einzelnen Fluidschichten.Um diese Verhältnisse in Konvektionsströmungennumerisch untersuchen zu können,muss zunächst eine vereinfachte, geeignete Geometriegefunden werden. Hierfür wurde ein abgeschlossener,rechteckiger Container mit einerHöhe von 0.75 m, einer Länge von 0.75 m, undeiner Tiefe von 1.5 m gewählt. Der Container istmit Luft gefüllt und die vertikalen Wände werdenunterschiedlich mit einer Temperaturdifferenz von40 K temperiert. Diese Differenz dient als Grundlagefür die Entstehung der freien Konvektion. Diehorizontalen Wände des Containers sind adiabat.Der Schwerpunkt der S<strong>im</strong>ulationen liegt vor allemauf der Untersuchung der Temperatur- undGeschwindigkeitsfelder der wandnahen Bereichedes Containers, da sich hier die turbulenten Wirbelentwickeln. An den vertikalen Wänden existierenhohe Temperaturgradienten, wodurch sichein konduktionsdominiertes Temperaturfeld einstellt.In der linken oberen Ecke und der gegenüberliegendenrechten unteren Ecke des Containersbilden sich Scharen von Rezirkulationszonenaus, welche genauer untersucht werden sollen.Das Temperaturfeld in der Mitte wird durchniedrige Temperaturgradienten und Konvektion beherrscht,was einen Wärmestrom durch Massentransportbedingt. In Nähe der horizontalen adiabatenWände stellt sich ein fast homogenes Temperaturfeldein. Hier ist die thermale Diffusion derhorizontalen Wände noch näher zu betrachten.Für die numerische S<strong>im</strong>ulation der Konvektionsströmungwird eine Large-Eddy-S<strong>im</strong>ulation(LES) durchgeführt. Bei einer LES werden nichtalle Skalen der auftretenden Wirbel numerisch direktaufgelöst, was wie bei der direkten numerischenS<strong>im</strong>ulation (DNS) einen erheblich höherenRechenaufwand mit sich bringen würde. Die S<strong>im</strong>ulationberechnet nur die großskaligen Wirbel,während die kleinskaligen Wirbel durch einSubgridscale-Modell beschrieben werden. In diesemFall wird hierfür ein Modell nach Fureby [1]gewählt, welches mit einer kompressiblen Formdes Smagorinsky-Modells vergleichbar ist. Da sichdie Turbulenzen vor allem in den Temperaturgrenzschichtender vertikalen Wände entwickeln, ist hiereine geeignete feine Auflösung des Diskretisierungsgittersder S<strong>im</strong>ulationsgeometrie ausschlaggebend.Das entstehende Gitter umfasst ca. 5 ·10 6Gitterpunkte. Aufgrund der notwendigen S<strong>im</strong>ulationsdauervon 10 9 Zeitschritten wird ein hohe Rechenleistungund eine Parallelisierung auf mehrerehundert Prozessoren notwendig.Bei der numerischen Untersuchung ist vorallem die Frage interessant, wie sich dieTemperatur- bzw. Geschwindigkeitsfelder und dieWärmeübertragung für verschiedene Parameter,wie z.B. die Temperaturrandbedingung, verändern.Hierbei steht die Rayleigh-Zahl eine d<strong>im</strong>ensionsloseKennzahl, welche den Wärmetransport in denLuftschichten beschreibt, <strong>im</strong> Mittelpunkt. Da dieRayleigh-Zahl in den vorzunehmenden S<strong>im</strong>ulationendurch die Länge des Containers charakterisiertist, müssen mehere mögliche D<strong>im</strong>ensionender Geometrie s<strong>im</strong>uliert werden. Eine weitereParamtervariation dieses Vorhabens beinhaltetdie Orientierung der Wärmetauscher. Bei ei-Ingenieurwissenschaften


127Abbildung 1: Momentaufnahme der Stomlinien in thermal getriebener Walzener vertikalen Orientierung entspricht die Konvektionsströmungeiner Rayleigh-Bénard-Strömung,wozu in den letzten Jahren bereits umfangreicheUntersuchungen vorliegen. Des weiteren werdenStrömungsergebnisse unter Berücksichtigungeiner auf den Container wirkenden Corioliskrafts<strong>im</strong>uliert und analysiert, um Aussagen über dieStabilität dieser modifizierten Strömung treffen zukönnen. Mit Hilfe der numerischen Ergebnisse <strong>im</strong>Vergleich zu exper<strong>im</strong>entellen Daten [2],[3] könntenweitere Erkenntnisse über die thermale Grenzschichtan den Wänden gewonnen werden.3. Y.S Tian and T.G. Karayiannis, Low turbulencenatural convection in an air filled square cavity,Part II: the turbulence quantities, InternationalJournal of Heat and Mass Transfer, vol. 43, pp.867-884, 20004. O. Shishkina and C. Wagner, Analysis of sheetlikethermal plumes in turbulent Rayleigh -Bénard convection, J. Fluid Mech., vol. 599, pp.383 - 404, Cambridge University Press, 2008FörderungZentrale <strong>Forschung</strong>sförderung der Universität Bremen,Projekt TurboThermMehr zum Thema1. C. Fureby, On subgrid scale modeling in largeeddy s<strong>im</strong>ulations of compressible fluid flow,Phys. Fluids, Vol. 8, No. 5, pp. 1301-13112. Y.S Tian and T.G. Karayiannis, Low turbulencenatural convection in an air filled square cavity,Part I: the thermal and fluid flow fields, InternationalJournal of Heat and Mass Transfer, vol.43, pp. 849-866, 2000Ingenieurwissenschaften


128RollexBest<strong>im</strong>mung der Rolldämpfung moderner Schiffsformen mit Hilfe vonexper<strong>im</strong>entellen und numerischen Untersuchungen komplexer StrömungsvorgängeM. Abdel-Maksoud, S. Handschel, J.P. Soproni,Institut für Fluiddynamik und Schiffstheorie,Technische Universität Hamburg-HarburgKurzgefasst• Moderne Schiffsformen neigen <strong>im</strong> Seegang zustarken Rollbewegungen bei denen Ladung überBord geht, das Schiff beschädigt wird oder Menschenzu schaden kommen.• Die existierenden und in der Praxis meist verwendetenempirische Verfahren zur Best<strong>im</strong>mungder zähigkeitsbedingten Rolldämpfung bei potenzialtheoretischenBerechnungsverfahren versagenbei modernen Schiffsformen.• Die Entwicklung von neuen Verfahren zurBerücksichtigung des zähigkeits- und wirbelbedingtenAnteils der Rolldämpfung für moderneRumpfformen ist notwendig.• Aufwendige Rechenverfahren für viskoseStrömungen ermöglichen die Berechnung derzähigkeitsbedingten Rolldämpfungsanteile undderen Wechselwirkungen.Aufgrund steigender Anforderungen an die Transportkapazitätin Verbindung mit min<strong>im</strong>alem Leistungsbedarfweisen moderne Schiffsrumpfformenveränderte geometrische Eigenschaften auf.Hauptmerkmal ist der starke Spantausfall <strong>im</strong> VorundHinterschiff, welcher vor allem bei ContainerundPassagier- bzw. Kreuzfahrtschiffen zu sehenist. Diese Spantformen haben jedoch einen großenund oft unterschätzten Einfluss auf das Seegangsverhalteneines Schiffes. Große Rollbewegungen(Drehung um die Längsachse), bei denen Ladungüber Bord geht, Schiffe beschädigt werden oderMenschen zu schaden kommen, können auftreten.Für die Berechnung und Prognose der Seegangseigenschafteneines neuen Schiffsentwurfswerden in der Praxis kosten- und zeitgerechteS<strong>im</strong>ulationsmethoden für potenzialtheoretischeStrömungen eingesetzt. Effekte wie die Viskositätund Rotation der Strömung können mit diesenVerfahren per Definition nicht abgebildet werden.Für die maßgeblich durch Masseneffekte,wellenbedingter Dämpfung und Hydrostatik beeinflusstenBewegungsfreiheitsgrade eines Schiffesist diese Vereinfachung zulässig. Bei der schwachgedämpften Rollbewegung nehmen zähigkeitsbedingteDämpfungsanteile jedoch einen vergleichsweisegroßen Anteil an der Gesamtdämpfung an[1]. Es sind daher zusätzliche Rolldämpfungskoeffizientenfür die zähigkeitsbedingten Effekte in derS<strong>im</strong>ulation notwendig. Diese werden in der Praxisvorwiegend mit empirischen Methoden best<strong>im</strong>mt,die maßgeblich aus Versuchen Mitte der siebzigerJahre von Blume und Ikeda [2] abgeleitet wurden.Diese liefern unzureichende Ergebnisse für moderneSchiffsformen.Das Projekt Rollex aus dem BMWi-finanzierten<strong>Verbund</strong>vorhaben Best-Rolldämpfung Entwicklungvon numerischen und exper<strong>im</strong>entellen Methodenzur Best<strong>im</strong>mung der Rolldämpfung befasst sichmit der S<strong>im</strong>ulation der komplexen Strömungsvorgänge,die bei der Rollbewegung sowohl mitals auch ohne Vorausfahrt des Schiffes entstehen.Das Ziel des <strong>Verbund</strong>vorhabens ist die Analyse derRolldämpfungsanteile sowie die Entwicklung neuerVerfahren zur Best<strong>im</strong>mung viskoser Rolldämpfungskoeffizientenmoderner Schiffsformen. Diesesollen bisherige empirische Verfahren basierendauf Modellversuchen älterer Schiffsgeometrien ersetzen.Daraus resultiert eine genauere Best<strong>im</strong>mungdes Seegangsverhaltens von Schiffen. Geradebei großen Rollwinkeln eines Schiffes, bei denendeutliche Nichtlinearitäten auftreten, könnendie neu gewonnenen Ergebnisse Aufschluss bei sicherheitsrelevantenFragen liefern.Für die Lösung des Strömungsproblems wirdeine Finite-Volumen-Methode zur Lösung derReynolds-gemittelten inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichung (RANS) verwendet. Die übermehrere Perioden zwangsgeführte Rollbewegungdes Schiffes wird mittels Fourieranalysein einen beschleunigungs- und einen geschwindigkeitsabhängigenTerm (den Dämpfungsanteil)zerlegt. Das verwendete S<strong>im</strong>ulationswerkzeugSTARCCM+ von CD-adapco [3] ist ein weltweiteingesetzter multicore-opt<strong>im</strong>ierter RANS-Löser.Der numerische Aufwand zur Analyse derRolldämpfungsanteile ist aufgrund der Vielfalt vonzu untersuchenden Abhängigkeiten und Parametervariationenerheblich. Durch Abhängigkeitsstudienmüssen Fragestellungen zur räumlichen undzeitlichen Diskretisierung des Strömungsproblemsbeantwortet werden. Besondere Aufmerksamkeitfordern dabei das sliding interface zur Umsetzungder erzwungenen Rollschwingung zwischen demfesten äußeren und dem rotierendem inneren Rechengebiet,die Schiffsanhänge und die Behandlungder freien Wasseroberfläche.Um die Strömungsvorgänge und die Einflüsseder modernen Schiffsform und derenIngenieurwissenschaften


129S<strong>im</strong>ulation der zwangsgeführten Rollbewegung eines Post-Panamax-Containerschiffes mit einem viskosen Rechenverfahren(RANS). Die Auswertung des auftretenden Rollmoments mittels Fourieranalyse gibt Aufschluss überdie viskosen Anteile des Rolldämpfungsmoments. Die Komponenten des Schiffsrumpfs, der Schlingerkiele undSchiffsanhänge wie Ruder und Propeller werden dabei getrennt betrachtet und ihre Abhängigkeiten untersucht.Anhänge auf die Rollbewegung zu untersuchen,werden Paramtervariationen an insgesamtfünf modernen Rumpfformen durchgeführt. Diessind ein Post-Panamax-, Panamax-, und Feeder-Containerschiff, eine Ropax Fähre und ein Passagierschiff.Die Parametervariationen beinhaltenneben der Variation von Rollamplituden und -frequenzen auch geometrische Änderungen in:Breiten-Tiefgangsverhältnis, Völligkeit, K<strong>im</strong>mradiusund den damit einhergehenden Modifikationenan der Spantform des Schiffes. Weiter gebenBerechnungen mit und ohne Schiffsanhänge wieSchlingerkiele, Ruder, Wellenanlage und PropellerAufschluss über deren Wechselwirkung.Mehr zum Thema1. Robert V. Wilson, Pable M. Carrica, Fred Stern,2004: Unsteady RANS method for ship motionswith application to roll for a surface cambatant;IIHR-Hydroscience and Engineering, The Universityof Iowa2. Y. H<strong>im</strong>eno, 1981: Prediction of Ship Roll Damping- State of The Art; Nav Arch & Mar Engr,The Univ. of Michigan3. http://www.cd-adapco.com/FörderungBundesministerium für Wirtschaft und TechnologieIngenieurwissenschaften


130ShipLES - Berechnung der instationären turbulentenSchiffsumströmungEntwicklung und Implementierung der hybriden RANS LES Modelle zurBerechnung der Strömung <strong>im</strong> Heckbereich von SchiffenN. Kornev, A. Taranov, E. Shchukin, M.Walter,Lehrstuhl für Modellierung und S<strong>im</strong>ulation, UniversitätRostockKurzgefasst• ShipLES ist ein <strong>Verbund</strong>projekt zwischen derUniversität Rostock, der SchiffbauversuchsanstaltPotsdam und der Fa. Voith GmbH.• Das Ziel des Projekts ist die Erschließung desPotentials von modernsten numerischen Methodenfür marit<strong>im</strong>e Anwendungen.• Es ist geplant, eine neue numerische Methodezur Modellierung der instationären wirbelbehaftetenStrömung auf der Basis der Grobstrukturs<strong>im</strong>ulation(LES) zu entwickeln, zu testen und fürtypische schiffbauliche Anwendungen der Industriezur Verfügung zu stellen.In den letzten Jahren hat sich die numerischeStrömungsberechnung (CFD) zu einem unverzichtbarenWerkzeug bei der hydrodynamischenBewertung, Auslegung und Opt<strong>im</strong>ierung von Schiffenund Unterwasserfahrzeugen entwickelt. MathematischeModelle, numerische Rechenverfahrenund Computertechnik ermöglichen zusammen diequalitative und quantitative Berechnung der Schiffsumströmung,was mittlerweile zu einer wertvollenErgänzung der Modelluntersuchungen gewordenist.Am Schiffskörper wie auf allen sich in einemviskosen Medium bewegenden Körpern entstehteine relativ dünne Schicht einer gebremstenFlüssigkeit. Diese Grenzschicht wird entlang desSchiffes dicker und erreicht <strong>im</strong> Heckbereich eineDicke von etwa ein Prozent der Schiffslänge.Eine abfließende Grenzschicht bildet den Nachstromhinter dem Schiff. Bei Schiffen mit einemgroßen Völligkeitsgrad (z.B. Frachtschiffe, Tanker)kann sich die Schicht <strong>im</strong> Heckbereich ablösen,was zu wesentlichen Verwirbelungen <strong>im</strong> Nachstromführt. Der Nachstrom besteht aus mehrerenkonzentrierten Wirbelstrukturen, die wesentlicheUngleichförmigkeiten in der Propelleranströmungverursachen. Dieses Phänomen ist <strong>im</strong> Schiffbauzu vermeiden, da eine ungleichförmige Anströmungdie Ursache für Propellerschwingungen,Geräuscherzeugung und Kavitation ist.Um die durch Inhomogenität der Anströmungbedingten Schwierigkeiten zu überwinden, wurdendie so genannten Skew Propeller mit den gegender Drehrichtung versetzten Schnitten erfundenAbb. [1]. Diese Erfindung löst aber das Problemnicht vollständig. Die Gewährleistung einer homogenenAnströmung für Propeller bleibt nach wie vordie wichtigste Aufgabe be<strong>im</strong> Entwurf des Schiffsantriebs.Abbildung 1: Skew Propeller.Als Basis der bisherigen S<strong>im</strong>ulationsmethodendienten die so genannten Reynolds gemitteltenNavier-Stokes-Gleichungen (RANSE), in denendie turbulenten Schwankungsgrößen zeitlichgemittelt werden. Die Ergebnisse von RANS-Rechnungen sind qualitativ hochwertig und anerkannt,wenn die Strömung nicht durch turbulenteErscheinungen dominiert ist. Die S<strong>im</strong>ulation derschwingungserregenden Strömung um das Hinterschiffund den Propeller kann mit den zeitlich gemitteltenNavier-Stokes-Gleichungen nicht durchgeführtwerden. Zur wirklichkeitsnahen Wiedergabezeitlich aufgelöster turbulenter Strömungensind diese Verfahren weitestgehend ungeeignet.Dafür sollen moderne Methoden, in denen diekohärenten Strukturen der Strömung zeitlich undräumlich aufgelöst werden, zum Einsatz kommen.Die direkte numerische S<strong>im</strong>ulation (DNS)ermöglicht die Auflösung von allen Wirbelstrukturender Strömung, beginnend von den kleinstenbis zu den größten Wirbeln. Leider ist die direkteLösung der Navier-Stokes-Gleichungen (DNS)aufgrund der notwendigen feinen räumlichen undzeitlichen Diskretisierung zurzeit weder <strong>im</strong> Maßstabdes Modells noch für die Großausführungenmöglich. Die Grobstrukturs<strong>im</strong>ulation (Large-Eddy-S<strong>im</strong>ulation, LES), die auf räumlich gefilterten Na-Ingenieurwissenschaften


131vier Stokes Gleichungen basiert, stellt eine gute Alternativezu RANS dar. Diese relativ neue Technologieist in der Lage kleinskalige instationäre Wirbelstrukturenaufzulösen und viele für den Schiffbauwichtige Phänomene genauer vorherzusagen.Die LES-Anwendung für ingenieurstechnischeProbleme ist jedoch sehr problematisch. Aufgrundder für diesen Bereich typischen großenReynolds-Zahlen sind Schwierigkeiten bei derAuflösung der auftretenden Wirbelstrukturen undbei der numerischen Behandlung der Strömungin der Nähe der Körperoberfläche, wo großeGradienten auftreten, vorprogrammiert. Die zurLösung dieser Probleme notwendigen Computerressourcensind sehr umfangreich, was diepraktische Anwendung der LES unmöglich macht.Ein effizienter Ausweg ist die Kombination vonLES- mit herkömmlichen RANS-Methoden. Einwichtiges Problem besteht dabei in der Kopplungzwischen den numerischen Lösungen inden RANS- und LES-Gebieten. Die Entwicklungeiner effizienten Kopplungsprozedur gehört zuden Kernaufgaben des vorliegenden Projektes.der wichtigsten Probleme bei der Implementierungdes zu entwickelnden Ansatzes, der zu den so genanntenhybriden RANSE-LES-Methoden gehört,besteht in der Entwicklung des Interfaces zwischenRANSE- und LES-Region. Für das Interfacewird die von uns vorgeschlagene Methode benutzt.Von der RANS-S<strong>im</strong>ulation werden gemittelte Werteentnommen, während die Schwankungen mit demvon uns entwickelten Inflowgenerator erzeugt werden.Mit der Entwicklung der neuartigen Methode sollein Durchbruch in der Erhöhung der Genauigkeitder numerischen Modellierung der Schiffshydrodynamikerzielt werden. Dadurch soll die Vorhersagesicherheitder Wechselwirkung zwischen demSchiffsrumpf und dem Schiffsantrieb, der Vibrationund der Kavitation am Propeller hinter demSchiff wesentlich verbessert werden. Das zu entwickelndeProgramm soll weiterhin genutzt werden,um einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der fürden Schiffbau wichtigen wissenschaftlichen Aufgabezu leisten: Aufklärung der physikalischen Mechanismenzur Entstehung und Entwicklung derWirbelstrukturen <strong>im</strong> Schiffsheckbereich.Mehr zum Thema1. N. Kornev und E. Hassel, ”Synthesis of homogeneousanisotropic divergence free turbulentfields with prescribed second-order statistics byvortex dipoles“, Physics of Fluids, 19(5), 2007.2. N. Kornev, A. Taranov, E. Shchukin und L.Kleinsorge, Development of hybrid URANS-”LES methods for flow s<strong>im</strong>ulation in the shipstern area “, Ocean Engineering, in review.Abbildung 2: Übersicht hybride RANS-LES Methode.Zu den konkreten Zielen gehören Entwicklung,Implementierung und Validierung einer neuen Generationvon hybriden Methoden sowie ihr Einsatzzur Untersuchung von Schiffsumströmungen.Die Methode besteht aus einer Kombination desRANS-Verfahrens für den vorderen Teil des Schiffes,in dem die Strömung relativ ausgeglichenist und der Grobstrukturs<strong>im</strong>ulation (LES) für denHeckbereich Abb. [2]. Die LES-Methode findet besondersdort Anwendung, wo eine zuverlässigeAuflösung von starken instationären Wirbelstrukturennotwendig bzw. gewünscht wird. Gerade <strong>im</strong>Heckbereich eines Schiffes treten starke Turbulenzenauf, deren kleine Wirbelstrukturen nur mittelsLES ausreichend aufgelöst und dargestellt werdenkönnen. Diese Wirbelstrukturen sind hauptsächlichverantwortlich für Lärmbelastung, Schwingungserscheinungenund Kavitation am Propeller. EinesFörderungBMWi-<strong>Verbund</strong>vorhaben ShipLES <strong>im</strong> Rahmenprogramm”Schifffahrt und Meerestechnik für das21. Jahrhundert“Ingenieurwissenschaften


132Wärmeübergang auf DellenoberflächenUntersuchung der physikalischen Mechanismen zur Erhöhung desWärmeüberganges auf DellenoberflächenJ. Turnow, N. Kornev, E. Hassel, Lehrstuhl fürTechnische Thermodynamik, Fakultät für Maschinenbauund Schiffstechnik, Universität RostockKurzgefasst• Die Energieeffizienz spielt derzeit eine fundamentaleRolle in vielen Bereichen der Wissenschaftund Industrie.• Der Einsatz von Dellenoberflächen in z.B. Gasturbinenzeigt eine hohe Effizienz bzgl. derWärmeabfuhr und des sich einstellenden Druckabfallsinnerhalb von Wärmeübertragern.• Es stellt sich eine wesentliche Intensivierungdes Wärmeüberganges mit Dellen <strong>im</strong> Vergleichzum glatten Oberflächen sowie ein geringfügigerhöhter Druckverlust <strong>im</strong> Wärmeübertrager ein.• Bisher wurde keine eindeutige physikalische Begründungfür die hohe Energieeffizienz be<strong>im</strong> Einsatzvon Dellenoberflächen gefunden.• Hochaufgelöste Berechnungen basierend aufdem LES-Verfahren mit dem Framework Open-FOAM sollen einen detaillierten Einblick in Wirkmechanismenvon Dellen geben.• Ziel der Berechnungen ist es, ein fundamentalesVerständnis über die komplexen Mechanismender Wärmeübertragung an Dellenoberflächen zuerlangen.Die numerischen S<strong>im</strong>ulationen, die <strong>im</strong> Rahmen einesDFG Paketprojektes auf dem <strong>HLRN</strong> durchgeführtwerden, gehören zu den Arbeiten am ProjektUntersuchung derphysikalischen Mechanismenzur Erhöhung des Wärmeüberganges aufDellenoberflächen. Es handelt sich um ein vonder Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)gefördertes Projekt, das wiederum Teil eines<strong>Verbund</strong>projektes in enger Kooperation mit denGruppe der TU Hamburg-Harburg (H. Herwig)und der TU Darmstadt (P. Stephan) ist. Zieldes <strong>Forschung</strong>svorhabens ist es, ein fundamentalesVerständnis über die komplexen Mechanismender Wärmeübertragung an spezifisch verformtenDellenoberflächen in Abhängigkeit vonder Dellengeometrie und Strömungsbedingungenzu erlangen. Dellenoberflächen weisen <strong>im</strong> Gegensatzzu herkömmlichen Maßnahmen zurErhöhung des Wärmeübergangs wesentliche Vorteileauf. Der bedeutendste Vorteil ist die Erhöhungder Wärmeabgabe bei gleichzeitiger geringerErhöhung des Druckverlustes, was z.B. in Gasturbinenentscheidend für dessen Wirkungsgrad ist.Dellenförmige Oberflächenverformungen weisenzudem viele Vorteile <strong>im</strong> Vergleich zu den zurzeiteingesetzten konventionellen Verfahren wiez.B. Kühlrippen auf. Alle bisherigen Untersuchungenzeigen, dass weitere Opt<strong>im</strong>ierungen der Dellenformund der Geometrie der Kühlkanäle dieAttraktivität dieser alternativen Kühlungsmethodewesentlich erhöhen können. Der theoretische Teilder Arbeiten beinhaltet hochaufgelöste RANSundLES-Berechnungen der sich einstellendenStrömung und Wärmeübertragung. Die Untersuchungenwerden sowohl für einzelne Dellen alsauch für Dellenpakete in Kanälen verschiedenerHöhe durchgeführt. Im Rahmen des Projektes sollenphysikalische Wirkmechanismen der Wirbelbildungund ihr Einfluss auf die Wärmeübertragungauf Dellenoberflächen erforscht werden. DieseErkenntnisse schaffen die Basis für die Opt<strong>im</strong>ierungder Dellengeometrien. Aufgrund bisherigerBerechnungen wurde eine große Anzahl vonmöglichen Wirbelstrukturen in Dellen aufgedeckt,die tornadoähnliche Wirbel, Wirbelringe u.s.w. enthalten.Es wurde numerisch gezeigt, dass sich dieWirbelstrukturen in Abhängigkeit von der Dellentiefenicht nur quantitativ sondern auch qualitativändern. Die symmetrische Doppelwirbelstrukturwandelt sich unter best<strong>im</strong>mten Bedingungen in eineasymmetrische Monostruktur innerhalb der Delle.Die erwünschten Monostrukturen können z.B.durch eine unsymmetrische Form der Dellen erzeugtwerden. Der durch die Dellenwirbel intensivierteWärmeübergang ist um den Faktor 1.8 bis2.4 größer als der Wärmeübergang an einer ebenenglatten Platte. Es konnte bereits qualitativ gezeigtwerden, dass die Form der Wirbelstruktureneinen wesentlichen Einfluss auf die thermische Effizienzdes Wärmeübertragers hat [1].Die Berechnung des Wärmeüberganges anDellenoberflächen bei den technisch relevantenReynoldszahlen Re=5000 bis Re=60000 erfolgtzumeist konventionell mit Hilfe der RANS- bzw.URANS-Methodik innerhalb der CFD. Allerdingszeigen bisherige Analysen, dass ein einheitlichesBild der inneren Strömung und der in der Delleentstehenden Wirbelstrukturen bis heute fehlt.Aufgrund von Exper<strong>im</strong>enten wurde sichtbar, dassdie Strömung sehr instabil aufgrund von Schwankungender Wirbelstrukturen ist. Daher sind stationärebzw. quasistationäre (RANS, URANS) CFD-Verfahren für diese Problemstellung eher ungeeig-Ingenieurwissenschaften


133Abbildung 1: Stromlinienverläufe des ersten und zweiten POD Modes der Geschwindigkeit auf Dellenoberflächen.Diese energietragenden Strukturen sind verantwortlich für die hohe thermischen Effizienz von Dellenoberflächenin Wärmeübertragern.net. Um die typischen Wirbelstrukturen zu identifizieren,wird mit den heutigen Rechenressourcenauf dem <strong>HLRN</strong> die LES (Large-Eddy S<strong>im</strong>ulation)als moderne CFD-Technologie mit Hilfe des FrameworksOpenFOAM eingesetzt.Mit Hilfe der LES wird die Strömung zeitlichund räumlich hoch aufgelöst, wodurch dieMöglichkeit besteht, die Wirbelbildung bzw. denWirbeltransport und deren Einfluss auf den lokalenWärmeübergang zu analysieren. Wirbelzentrenkönnen mit Hilfe des Lambda 2-Kriteriumsoder des Q-Kriteriums visualisiert werden. MitHilfe der Frequenzanalyse und anschließenderPhasenmittlung der Strömungsfelder lassen sichdie Isoflächen der einzelnen großen und kleinenWirbelstrukturen identifizieren. Weiterhin gebendie phasengemittelten Stromlinien Einblickin die Geschwindigkeitsverläufe. Zur zusätzlichenAuswertung dieser Geschwindigkeitsfelder stehenverschiedene moderne Techniken und Verfahren,wie Fouriermodenzerlegung, Waveletanalysebzw. die sogenannte Karhunen-Loéve-Zerlegung(engl. Proper Orthogonal Decomposition, POD),zur Verfügung. Die POD Analyse nach Sirovichwurde <strong>im</strong> Rahmen des Projektes in den bestehendenProgrammcode OpenFOAM <strong>im</strong>plementiert.Die Bedeutung der Karhunen-Loéve-Zerlegung alsniederd<strong>im</strong>ensionale Modenzerlegung hat in denletzten Jahren mit der ständig steigenden Rechnerleistungund dem damit verbundenen Anwachsenvon numerisch ermittelten Daten stetig zugenommen.Die POD Analyse zerlegt eine turbulenteperiodische Strömung in kohärente Strukturen undlässt deren Entstehungsgeschichte, Entwicklungund Zerfallsprozess nachvollziehen. Eine in diskretenDaten in Raum und Zeit gegebene Strömungwird dazu in orthogonale geordnete Moden zerlegt,die nacheinander die zeitlich veränderlicheStrömung nach Energieanteilen beschreiben. Dieentnommenen Strukturen aus der POD Analysezeigen den Grundcharakter der Strömung entlangDellenoberflächen und zeigen Strukturen auf, welchefür die hohe thermische Effizienz von Dellen<strong>im</strong> Wärmeübertrager verantwortlich sind [2].Mit den erzielten Ergebnissen wird ein detaillierterEinblick in die Dynamik der Strömung und desWärmeüberganges auf Dellenoberflächen aufgezeigt.Es lassen sich folglich, basierend auf denErgebnissen, neue Methoden zur Auslegung undKonstruktion opt<strong>im</strong>ierter Wärmeübertrager entwickeln,wodurch deren Effizienz zur Energieausbeutedeutlich gesteigert werden kann.Mehr zum Thema1. N. Kornev, E. Hassel, H. Herwig, S. Isaev,P. Stephan, V. Zhdanov, Erhöhung desWärmeüberganges durch Wirbelinduktion inOberflächendellen, <strong>Forschung</strong> <strong>im</strong> IngenieurwesenVol.2 (2004).2. J.Turnow, N. Kornev, S. Isaev, E. Hassel, Vortexmechanism of heat transfer enhancement in achannel with spherical and oval d<strong>im</strong>ples, Heatand Mass Transfer, DOI: 10.1007/s00231-010-0720-5FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Ingenieurwissenschaften


134S<strong>im</strong>ulation von turbulenten Mischungsvorgängen in FlüssigkeitenUntersuchung von reaktiven turbulenten Mischungsvorgängen bei hohenSchmidt-Zahlen mit besonderer Berücksichtigung der MikromischungM. Walter, N. Kornev, E. Hassel, Lehrstuhl fürTechnische Thermodynamik, Lehrstuhl für Modellierungund S<strong>im</strong>ulation, Universität RostockKurzgefasst• Die numerische S<strong>im</strong>ulation von turbulenten reaktivenMischungsprozessen in Flüssigkeiten istmit komplexen Problemen verbunden, derenLösung häufig den Einsatz von großen Rechenkapazitätenerfordert.• Das Globalziel des Vorhabens ist die Verbesserungund Weiterentwicklung von LES-Feinstrukturmodellenzur genaueren Vorhersage derMischungs- und Reaktionsraten bei turbulentenreaktiven Mischungsprozessen in Flüssigkeiten.• In diesem Projekt wird mittels LES vor allem dieMikromischung untersucht und die kleinskaligenStrukturen, welche für alle diffusiven Prozessenvon großer Bedeutung sind, hinsichtlich Formund Verhalten analysiert.• Bisherige S<strong>im</strong>ulationen haben gezeigt, dass dieetablierten LES-Feinstrukturmodelle bei großenReynolds- und Schmidt-Zahlen nur unzureichendeErgebnisse liefern.• Ein vielversprechender Ansatz zur S<strong>im</strong>ulationvon Strömungen bei großen Reynolds- undSchmidt-Zahlen und moderaten Auflösungen bestehtin einem neuen nichtlinearen LES-Verfahren,das auf einem multifraktalen Modell basiert.Turbulente Mischungsprozesse sind für eine Vielzahltechnischer Anwendungen von großer Relevanz.Insbesondere <strong>im</strong> Rahmen der chemischenVerfahrenstechnik kommt, aufgrund vonkomplexen Reaktionen zwischen den vermischtenStoffen, dem elementaren Verständnis überdie physikalischen Vorgänge in turbulenten Mischungsprozesseneine signifikante Bedeutungzu. Mischungsvorgänge in turbulenten reaktivenStrömungen werden vornehmlich durch konvektiveTransportprozesse und molekulare Diffusion beeinflusst.Das Verhältnis daraus ist die d<strong>im</strong>ensionsloseSchmidt-Zahl, welche zur Charakterisierungdes Stofftransports in der Strömung dient.Abhängig von den Zeitskalen der makroskopischenund mikroskopischen Mischung stellen sichdabei unterschiedliche Mischungszustände ein.Mit Hilfe von numerischen S<strong>im</strong>ulationen kanndas Verhalten der Strömung bzw. der Mischungvorhergesagt werden, so dass aufwändige exper<strong>im</strong>entelleUntersuchungen entfallen können. Dazuist es jedoch notwendig, das betrachtete Gebietbis zu den kleinsten Wirbeln (Kolmogorov Länge)aufzulösen. Bei der Mischung von Stoffströmen,insbesondere unter Berücksichtigung von chemischenReaktionen, müssen aufgrund von kleinskaligendiffusiven Prozessen weitere skalare Strukturenberücksichtigt werden, die abhängig vomFluid bis zu mehrere Größenordnungen kleinersein können als die Kolmogorov Länge (z.B. inWasser bis zu 100 mal kleiner). Dieser kleinskaligeBereich wird auch als Batchelor Länge bezeichnet.Mittels direkter numerischer S<strong>im</strong>ulationen (DNS)können alle Strukturen während des turbulentenMischungsprozesses erfasst werden. Von Vorteilist hierbei die geschlossene Form des zu lösendenGleichungssystems, so dass eine Modellierungeinzelner Terme entfällt. Jedoch sind industrierelevanteAnwendungen in der Regel von starkerTurbulenz und großen Reynolds-Zahlen geprägt,so dass eine DNS oftmals an den enormenAnforderungen an Rechenkapazität und Rechenzeitscheitert. Häufig werden deshalb ReynoldsgemittelteS<strong>im</strong>ulationen (RANS) oder Grobstrukturs<strong>im</strong>ulationen(LES) zur Berechnung von turbulentenreaktiven Mischungsvorgängen eingesetzt,da diese Verfahren das Gebiet nur teilweiseauflösen und somit geringere Rechenkapazitätenund Rechenzeiten benötigen. Die erforderlicheModellierung der Turbulenz sowie der Turbulenz-Chemie Interaktion muss dabei durch geeigneteVerfahren erfolgen. Der Rechenaufwand <strong>im</strong> Rahmeneiner RANS oder LES liegt jedoch unter demeiner DNS. Ein bisher ungelöstes Problem in derLES-Modellierung besteht in der Berücksichtigunghoher Schmidt-Zahlen. Die derzeitigen etabliertenLES-Modelle sind nicht in der Lage den Einflussgroßer Schmidt-Zahlen hinreichend genau abzubildenohne das Rechengebiet extrem zu verfeinern.Das Ziel des Projekts ist die Untersuchung derkleinskaligen turbulenten Strukturen, die sich beider Mischung der zugeführten Stoffströme bilden.Es sollen dabei neue Erkenntnisse überdas Verhalten sowie die Form und Größe derfür diesen Bereich typischen Strukturen gewonnenwerden, um die bisherige LES-Modellierungvon Strömungen mit hohen Schmidt-Zahlen zu verbessern.Weiterer Gegenstand der Untersuchungist auch die Auswirkung von chemischen Prozessenauf diese Strukturen sowie ihre gegenseitigeBeeinflussung. Im Rahmen des ProjektsIngenieurwissenschaften


135Abbildung 1: Darstellung der Wirbelstärke entlang der Mittelachse des Strahlmischers. Je dunkler die Region,desto intensiver ist die Turbulenz. Entlang des Scherschicht sind deutlich turbulente Bereiche zuerkennen, in denen sich starke Wirbel ausbilden.wird ein neues vielversprechendes nichtlinearesLES-Verfahren getestet, validiert und für reaktiveStrömungen weiterentwickelt. Das LES-Modell basiertdabei auf einem multifraktalen Ansatz undzeigte in ersten S<strong>im</strong>ulationen mit hohen ReynoldsundSchmidt-Zahlen sowie geringen Auflösungenbereits gute Ergebnisse.Als Basis für die numerischen S<strong>im</strong>ulationendient ein klassischer koaxialer Strahlmischer[2] bestehend aus einer Düse, welche koaxialin einem durchströmten Rohr angeordnet ist.Alle bisher durchgeführten numerischen S<strong>im</strong>ulationenmit den etablierten Feinstrukturmodellenkonnten die Theorie jedoch nichtbestätigen, was vor allem auf die unzureichendeBerücksichtigung der hohen Schmidt-Zahlen in den Feinstrukturmodellen und auf einezu geringe Zellanzahl zurückzuführen ist [3].Die vollständige Auflösung des Rechengebieteswürde für die vorliegende Konfiguration eineGesamtanzahl von 1, 2 · 10 15 Zellen bedeuten.Abbildung 2: Koaxialer Strahlmischer entlang der Mittelachse.Der Strahlmischer bietet exzellente Mischungseigenschaftenaufgrund von starken Verwirbelungenam Rand des inneren Strahls [1]). Diese Wirbelresultieren aus der Instabilität der Scherschichtzwischen beiden Stoffströmen (Re d ∼ 12000). Diezugrunde liegende Reaktionskinetik beschränktsich <strong>im</strong> ersten Schritt auf eine schnelle irreversibleNeutralisationsreaktion von Natriumchloridund Salzsäure in wässriger Lösung (Sc ∼ 1000).Anhand von exper<strong>im</strong>entellen Daten werden die Ergebnisseder numerischen S<strong>im</strong>ulationen validiert.Eine adäquate S<strong>im</strong>ulation der Mischung hängtvor allem von der Genauigkeit des verwendetenLES-Turbulenzmodells (auch Feinstrukturmodellbzw. subgrid-space model) ab sowie von der korrektenAbbildung der Einstromrandbedingungen.Zur Überprüfung, ob der verwendete Modellansatzauch zur S<strong>im</strong>ulation der kleinskaligen Effektengeeignet ist, besteht die Möglichkeit, dasEnergiespektrum der turbulenten Schwankungendes jeweiligen Stoffstroms zu analysieren. Nachder Theorie von Batchelor wird für hohe Schmidt-Zahlen ein Anstieg von k −1 in einem speziellenBereich des Energiespektrums vorhergesagt.Abbildung 3: Energiespektrum des Mischungsgradsder beiden zugeführten Stoffströme.Mehr zum Thema1. M. Walter, N. Kornev, E. Hassel, ”Turbulent mixingwith chemical reaction in a coaxial jet mixer“,Proceedings in Turbulence Heat and MassTransfer, 2009, Rom.2. E. Hassel, N. Kornev, Z. Zhdanov, A. Chorny,M. Walter ”Analysis of mixing processes in jetmixers using LES under consideration of heattransfer and chemical reaction“, Mixing and chemicalreactions, Springer, 2009.FörderungUniversität RostockIngenieurwissenschaften


136Luftwirbel <strong>im</strong> FlugantriebS<strong>im</strong>ulation des Überziehens von Triebwerkseinlaufströmungen mit fortschrittlichenTurbulenzmodellenR. Radespiel, A. Probst, Institut fürStrömungsmechanik, TU BraunschweigKurzgefasst• Strömungsablösungen <strong>im</strong> Einlauf von Triebwerkenkönnen den sicheren Betrieb der Flugantriebegefährden.• Zur Vorhersage solcher Phänomene eignetsich die numerische Strömungss<strong>im</strong>ulation, diemit Hilfe hochwertiger Reynolds-Spannungs-Turbulenzmodelle weiter verbessert werdenkann.• Die Auflösung der zeitlich veränderlichen, dreid<strong>im</strong>ensionalenStrömungsstrukturen erforderteinen hohen Rechenaufwand mit mehr als 100parallelisierten CPU.Trotz der hohen Sicherheitsstandards <strong>im</strong> Flugreiseverkehrbestehen auch heute noch schwer berechenbareProblemstellungen, die Gegenstandaktueller <strong>Forschung</strong> in der Luftfahrt sind. Einhäufiges Phänomen sind unerwartete Windböen,die das Flugzeug erfassen und die Insassen kräftigdurchschütteln können. Noch problematischer alsdas Wohlbefinden der Passagiere ist die Tatsache,dass die zusätzlich angreifenden Luftströmeden so genannten Anstellwinkel des Flugzeugskurzzeitig erheblich vergrößern können. Wird hierbeiein gewisses zulässiges Maß überschritten, solöst die normalerweise an der Wand gebundeneStrömung von der Oberfläche ab. Dadurch entstehenstarke Luftverwirbelungen, die die Flugeigenschaftenbeeinträchtigen können. Das Einsetzenvon Ablösungen infolge einer Anstellwinkelerhöhungwird auch als Überziehen bezeichnet.Strömungsablösungen treten nicht nur an denTragflügeln auf, sondern auch <strong>im</strong> vorderen Einlaufder Flugtriebwerke, die für den notwendigenAntrieb des Flugzeugs sorgen. Dort störendie Luftwirbel die Zuströmung zu den rotierendenSchaufelblättern <strong>im</strong> Inneren des Triebwerksund vermindern seine Schubleistung. Im Extremfallkann es sogar zum Ausfall des gesamtenTriebwerks kommen. Aus diesen Gründen ist eswichtig, das Auftreten und die Auswirkungen vonStrömungsablösungen in Einläufen möglichst genauzu kennen und vorhersagen zu können. Solassen sich bereits in der Entwurfsphase neuerFlugzeuge und Triebwerke Verbesserungen vornehmen,um die Flugsicherheit weiter zu erhöhen.In dem hier vorgestellten Projekt wird die Methodeder numerischen Strömungss<strong>im</strong>ulation zurVorhersage von Einlaufablösungen verwendet unddurch den Einsatz von fortschrittlichen Berechnungssansätzenverbessert. Dabei stellt die Wiedergabeder Turbulenz einen Schlüsselaspektfür die Genauigkeit der S<strong>im</strong>ulationsergebnissedar, da die turbulenten Schwankungsbewegungender Strömung einen wesentlichen Einflussauf den Ort und die Ausdehnung von Ablösungenhaben. Um den andernfalls enormen Rechenaufwandzu begrenzen, werden die turbulentenSchwankungen in der Regel mit Hilfe so genannterTurbulenzmodelle nur angenähert berechnet.Dadurch kann die Genauigkeit der S<strong>im</strong>ulationsergebnissestark leiden. Mit neuartigenReynolds-Spannungsmodellen (RSM), wie sie indiesem Projekt verwendet werden, sind gegenüberherkömmlichen Ansätzen jedoch deutliche Verbesserungenzu erzielen.Um die Genauigkeit und die Anwendbarkeitsolcher Modelle zu erforschen, wurde amInstitut für Strömungsmechanik ein Reynolds-Spannungsmodell in den DLR-TAU Code <strong>im</strong>plementiert[1], [2], der in diesem Projekt als pr<strong>im</strong>äresWerkzeug für die Strömungss<strong>im</strong>ulation eingesetztwird. Zur Beurteilung neuer S<strong>im</strong>ulationsverfahrengreift man üblicherweise auf exper<strong>im</strong>entelleUntersuchungen <strong>im</strong> Windkanal zurück und vergleichtdie Rechenergebnisse mit den Messdaten.Zum Zwecke dieser so genannten Validierungwerden an der UniBW München begleitendeExper<strong>im</strong>ente durchgeführt, in denen eine Triebwerksgondelbei hohen Anstellwinkeln <strong>im</strong> Windkanaluntersucht wird. Die dabei auftretendenStrömungsablösungen werden u.a. durch optischeVerfahren genau vermessen und dienen den S<strong>im</strong>ulationsrechnungenals Vergleichsbasis.Zur Vorbereitung der S<strong>im</strong>ulationen wird ein Rechennetzerzeugt, das das Strömungsgebiet umdie Gondeloberfläche in eine Vielzahl kleiner Zellenunterteilt. Das numerische Verfahren kann dieStrömungsgrößen nämlich nur in diskreten Punktendes Raumes berechnen, die durch den Aufbaudes Rechennetzes vorgegeben sind. Dabe<strong>im</strong>uss sichergestellt werden, dass die räumlicheAuflösung überall ausreicht, um die jeweils auftretendenStrömungsstrukturen erfassen zu können.Bei der vergleichsweise einfachen Geometrie einerTriebwerksgondel genügt hierfür ein Rechennetzmit etwa 5 Mio. Knotenpunkten. Um damit daszeitliche Verhalten der häufig stark schwankendenIngenieurwissenschaften


137Abbildung 1: 3D Wirbelstruktur infolge einer Strömungsablösung <strong>im</strong> Einlauf einer Triebwerksgondel. Links: Anstrichbildaus einem Windkanalexper<strong>im</strong>ent, rechts: Ergebnis einer numerischen S<strong>im</strong>ulation mit einemReynolds-Spannungsmodell, farblich dargestellt ist der Oberflächendruck.Strömungsablösungen zu s<strong>im</strong>ulieren, sind etwa 4Tage Rechenzeit auf 128 CPU-Kernen des <strong>HLRN</strong>erforderlich. Für eine aussagekräftige Beurteilungdes Verfahrens muss jedoch eine größere Anzahlsolcher Rechnungen für einen Bereich von Anstellwinkelnund unterschiedlichen Turbulenzmodellendurchgeführt werden.Mit den verwendeten Methoden konnten bereitsgute S<strong>im</strong>ulationsergebnisse des Überziehensder Triebwerksgondel erzielt werden. Währendherkömmliche Vergleichsmodelle deutlich zu früheund zu große Bereiche mit abgelöster Strömungberechnen, zeigt das Reynolds-Spannungsmodelleine nur leicht verfrühte Ablösung, die sich zudemsehr ähnlich wie <strong>im</strong> Windkanalexper<strong>im</strong>entverhält. Dies ist beispielhaft in Abbildung 1 zu sehen:In dem links dargestellten Anstrichbild ausdem Exper<strong>im</strong>ent zeigt sich eine dreid<strong>im</strong>ensionale,Eulenaugen-artige Wirbelstruktur, die in derrechts dargestellten S<strong>im</strong>ulationsrechnung mit demReynolds-Spannungsmodell gut getroffen wird.Auch die Verteilungen des Oberflächendrucksst<strong>im</strong>men bis auf einen kleinen Versatz <strong>im</strong> Anstellwinkelgut mit den Messungen überein [3].Im weiteren Projektverlauf wird das Berechnungsverfahrenso erweitert, dass ein Teil derturbulenten Schwankungen in der abgelöstenStrömung direkt aufgelöst werden kann. Dieseauch Detached-Eddy-S<strong>im</strong>ulation (DES) genannteMethode erfordert ein nochmals feineres Rechennetzund erhöht damit den Berechnungsaufwanderheblich. Andererseits kann damit der zeitlicheCharakter der wirbelhaften Strömung <strong>im</strong> Triebwerkseinlaufwesentlich genauer erfasst werden.Mehr zum Thema1. Schwamborn, D., Gerhold, T., Heinrich, R.: TheDLR TAU-Code: recent applications in researchand industry. In: Wesseling, P., Onate, E., Periaux,J., (ed.). European conference on computationalfluid dynamics, ECCOMAS CFD, 2006.2. Probst, A., Radespiel, R.: Implementation andExtension of a Near-Wall Reynolds-Stress Modelfor Application to Aerodynamic Flows on UnstructuredMeshes. AIAA-2008-770, 2008.3. Probst, A., Schulze, S., Radespiel, R., Kähler,C.: Numerical and Exper<strong>im</strong>ental Investigation aof a Stalling Flow-Through Nacelle. In: Notes onNumerical Fluid Mechanics and MultidisciplinaryDesign, Vol. 112, 2010.FörderungDFG-Forschergruppe FOR 1066, Numerische S<strong>im</strong>ulationdes Überziehens von TriebwerkseinläufenIngenieurwissenschaften


138Zustandsbeurteilung eines Triebwerks durch AbgasstrahlanalyseDreid<strong>im</strong>ensionale Strömungss<strong>im</strong>ulation einer gesamten Flugzeugturbine zurUntersuchung der Einflüsse von Temperaturunregelmäßigkeiten am Eintritt aufden AbgasstrahlJ. Seume, R. Adamczuk, Institut für Turbomaschinenund Fluid-Dynamik, Universität HannoverKurzgefasst• Best<strong>im</strong>mung der Auswirkung lokaler Temperaturunregelmäßigkeitenam Eintritt einer Turbine aufden Abgasstrahl eines Triebwerks• Instationäre CFD-S<strong>im</strong>ulation einer gesamtenTurbine• CFD-S<strong>im</strong>ulation und Auswertung mit Netzen mitbis zu 100 Millionen KnotenIm Rahmen des SFB 871 - Regeneration komplexerInvestitionsgüter - werden wissenschaftlicheGrundlagen für die Instandsetzung komplexer Investitionsgütermit dem Ziel erarbeitet, möglichstviele Komponenten des betreffenden Gesamtsystemsso zu erhalten oder aufzuarbeiten, dass diefunktionalen Eigenschaften des Investitionsgutswiederhergestellt (regeneriert) und wo möglich sogarverbessert werden. Durch die stetig wachsendenAnforderungen an moderne Triebwerke hinsichtlichWirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit wurdendiese als Modellbeispiel verwendet. Hierbeiist die Steigerung der Lebensdauer und eine zielgerichteteWartung erforderlich, bei der kleinereSchäden detektiert und <strong>im</strong> Falle des weiteren Betriebessonst verursachte schwerwiegendere Fehlervermieden werden. Ein modernes Triebwerk bestehtaus den drei Hauptkomponenten Verdichter,Brennkammer und Turbine. Die <strong>im</strong> Verdichter aufein Dichteverhältnis von bis zu 40:1 verdichteteLuft wird in der Brennkammer auf Temperaturenvon über 2000 ◦ C erhitzt und anschließend in derTurbine entspannt. Die Leistung, die dadurch in derTurbine generiert wird, reicht aus, um den Verdichteranzutreiben und den notwendigen Schub zu erzeugen.Im Rahmen des Teilprojektes A3 des SFB 871soll mit optischen Messungen des Abgasstrahlsund detaillierten numerischen Berechnungen eineMethodik entwickelt werden, die es ermöglicht,durch eine Auswertung von integralen Informationeneine Schadensanalyse vorzunehmen, die denOrt und die Art best<strong>im</strong>mter Fehler <strong>im</strong> Heißgaspfad(ab der Brennkammer des Triebwerks) erschließt.Ein nützliches Analyse- und Diagnoseverfahrenfür den heißen Teil des Triebwerkes ist dabeidie Hintergrund-Schlieren Methode (kurz BOS- engl. Background Oriented Schlieren Method)in Verbindung mit numerischen S<strong>im</strong>ulationen. Beider BOS-Methode wird die scheinbare Verzerrungeines <strong>im</strong> Hintergrund angebrachten Musters aufgrundvon Dichteunterschieden <strong>im</strong> Abgasstrahl ermittelt.Mit Hilfe der BOS-Methode ist es dahermöglich, das Dichtefeld zu messen und darausRückschlüsse auf die Temperaturverteilung <strong>im</strong> Abgasstrahlzu ziehen. Die dreid<strong>im</strong>ensionale Dichteverteilungkann mit tomographischen Ansätzenermittelt werden. Dazu wird eine Reihe von Messungenaus verschiedenen Richtungen durch denAbgasstrahl durchgeführt, um die räumlichen Ungleichmäßigkeitenin der Dichteverteilung detektierenzu können. Die Dichteverteilung eines Abgasstrahls,dass mit der BOS-Methode vermessen undaus dem die Temperaturverteilung best<strong>im</strong>mt wurde,ist in Abbildung 1 dargestellt.Durch die Entwicklung einer Kopplung der BOS-Methode mit numerische S<strong>im</strong>ulationen, soll nun einedetaillierte Auswertung des Temperaturprofils<strong>im</strong> Abgasstrahl ermöglicht, und damit für die Fehleranalysean defekten Triebwerken eine Hilfestellunggeboten werden. Prinzipiell können mit Hilfeder BOS-Methode Informationen über Defekte undStörungen in Brennkammer, Hochdruckturbine undNiederdruckturbine aus einer Messung der Dichtefeldverteilunghinter dem Triebwerk gewonnen werden.Weil die Auswirkungen der Schäden <strong>im</strong> Triebwerkauf die lokale Temperatur und damit auchauf den Abgasstrahl noch unbekannt sind und weildarüber hinaus Versuche am komplexen Bauteil(in diesem Fall Untersuchungen am realen Triebwerk)sehr aufwendig und teuer sind, wird vomProjektbeginn an mit Hilfe der CFD-Rechnungen(engl. computational fluid dynamics - numerischeStrömungsmechanik) eine numerische Datenbasisgeschaffen, mit dem Ziel die Vielzahl möglicherDefekte zukünftig s<strong>im</strong>ulativ handhaben zu können.Ist einmal ein best<strong>im</strong>mter Schadensfall, ein Defektoder eine Störung klassifiziert, lassen sich beiweiteren Messungen an anderen Triebwerken desgleichen Typs Rückschlüsse auf ähnliche Defekteziehen. Für den praxisnahen Einsatz der zu entwickelndenMethode ist es erforderlich, das Verfahrenflexibel an einer Vielzahl an verschiedenenTriebwerkstypen einsetzbar zu machen. UnterschiedlicheTriebwerksmodelle besitzen zwar dasgleiche Funktionsprinzip, weisen jedoch untereinanderunterschiedliche Geometrien auf, die zu individuellenFehlerausprägungen führen. Mit HilfeIngenieurwissenschaften


139Abbildung 1: Dichte- und Temperaturverteilung eines mit der BOS-Methode untersuchten Abgasstrahlsder S<strong>im</strong>ulationen wird es möglich, einmal erarbeiteteMechanismen und Analysen rechnerischauf verschiedene Triebwerkstypen zu übertragen,so dass nicht für alle Triebwerkstypen aufwendigeMessungen zur Klassifizierung typenspezifischerSchäden, Defekte oder Störungen durchgeführtwerden müssen.Im ersten Schritt werden hierzu instationäre360 ◦ -Rechnungen einer Flugzeugturbine durchgeführt.Das bedeutet, dass hier nicht nur eineS<strong>im</strong>ulation zu einem best<strong>im</strong>mten Zeitpunkt durchgeführtwird sondern eine gesamte Drehung desTriebwerks s<strong>im</strong>uliert wird. Dabei wird untersuchtinwieweit sich unterschiedliche lokale Temperaturänderungenam Eintritt der Turbine, auf den Abgasstrahlauswirken. Für die S<strong>im</strong>ulation wird dasProgramm TRACE verwendet. Dieses wird am Institutfür Antriebstechnik des Deutschen Luft- undRaumfahrtzentrums (DLR) entwickelt und in Kooperationmit dem Triebwerkshersteller MTU AeroEngines sowie Hochschulinstituten, u.a. dem Institutfür Turbomaschinen und Fluid-Dynamik der UniversitätHannover, fortlaufend weiterentwickelt.Die durchzuführenden S<strong>im</strong>ulationen sind ausverschiedenen Gründen sehr anspruchsvoll. Bisherwurde keine volle 360 ◦ -S<strong>im</strong>ulation einer gesamtenTurbine durchgeführt, so dass man sichhier nicht auf Erfahrungswerte stützen kann. Beiden üblichen CFD-S<strong>im</strong>ulationen werden generellnur Ausschnitte gerechnet und unter der Annahmeder Periodizität kann dann auf die gesamteTurbine bzw. Verdichter geschlossen werden.In dem hier präsentierten Projekt werden lokaleTemperaturänderungen am Eintritt der Turbine integriert,so dass keine Periodizität mehr gegebenist. Darüber hinaus ist noch nicht bekannt inwieweitsich die Temperaturunterschiede bis zum Austrittdurchmischen. Somit ist es nicht möglich die Turbineauf einen best<strong>im</strong>mten Ausschnitt einzugrenzen,was eine S<strong>im</strong>ulation der gesamten Turbinenotwendig macht. Bei CFD-S<strong>im</strong>ulationen werdendie Strömungsmechanischen Gleichungen <strong>im</strong>mernur an best<strong>im</strong>mten Punkten gelöst, die durch sogenannteNetze definiert werden. Da die gesamteTurbine s<strong>im</strong>uliert wird, muss die Netzfeinheit vergröbertund damit die Anzahl der Punkte verkleinertwerden. Dabei muss darauf geachtet werden,dass auf der einen Seite der Informationsverlustvernachlässigbar bleibt auf der anderen das Netzaber klein genug wird, so dass eine S<strong>im</strong>ulationdurchführbar ist. Daher muss in Voruntersuchungennicht nur die notwendige Netzfeinheit sondernauch die, für die S<strong>im</strong>ulation notwendigen, Randbedingungenerprobt und best<strong>im</strong>mt werden. Diehier verwendeten Netze haben bis zu 100 MillionenKnoten, was insbesondere in Anbetracht derinstationären Rechnungen, eine ressourcenintensiveS<strong>im</strong>ulation und Auswertung mit sich bringt.Mehr zum Thema1. www.sfb871.de2. Goldhahn, E.; Seume, J.R. (2007): The Backgroundoriented schlieren technique: sensitivity,accuracy, resolution and application to athree-d<strong>im</strong>ensional density field. Exper<strong>im</strong>ents inFluids, Vol. 43, Issue 2-3, pp. 241-2493. Alhaj, O.; Seume; J.R. (2010): Optical Investigationof Profile Losses in a Linear Turbine Cascade.Proceedings of the ASME Turbo Expo, 14-18 June 2010, Glasgow, UK, GT2010-230166FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 871 ”Regenerationkomplexer Investitionsgüter”Ingenieurwissenschaften


140Die Wandlung von Energie ist eine Frage der ZeitUnsteady Work Opt<strong>im</strong>ized TurbineJ. Seume, M. Biester, M. Henke, Institut für Turbomaschinenund Fluid-DynamikKurzgefasst• Die Verminderung von Triebwerksemissionen isteng mit der Verbesserung des Triebwerkswirkungsgradesverbunden.• Das Verständnis von zeitabhängigen, verlustgenerierendenEffekten ist bislang gering.• Das Projekt dient der Klärung der Interaktionvon zeitabhängigen, verlustgenerierenden Effektenund deren Auswirkung auf die Emmissionsraten.Eine Minderung der Emissionen <strong>im</strong> TriebwerksundTurbinenbau lässt sich in erster Linie durcheine Verbesserung des Wirkungsgrades realisieren.Die diesbezüglich existierenden Konzepte seheneine Opt<strong>im</strong>ierung der Schaufelgeometrien inHinblick auf die verlustgenerierenden Effekte vor.Die Identifizierung dieser Effekte ist Basis für effizientereTurbomaschinen. Der Großteil bisherigerUntersuchungen vernachlässigt jedoch die zeitlicheÄnderung des Strömungsfeldes. Dieser Bereichsoll in diesem Projekt weiter untersucht werden.Im Rahmen des durch das Luftfahrtforschungsprogrammdes Bundesministeriums für Wirtschaftund Technologie geförderten Projektes LuFo IVwerden am Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) in Zusammenarbeit mit MTUAero Engines GmbH S<strong>im</strong>ulationen und späterauch exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen zur zeitlichveränderlichen Interaktion von rotierenden und stehendenSchaufelreihen in einer 1,5 stufigen Luftturbinedurchgeführt. Die <strong>im</strong> Versuch verwendeteTurbine besteht aus einer rotierenden Schaufelreihe(Rotor) sowie zwei stehenden Reihen (Statoren).Am Eintritt der Turbine steht Luft unter Druckzur Verfügung, am Austritt herrscht Umgebungsdruck.Durch diesen Druckunterschied kommt eszur Strömung, welche durch die Statoren und denRotor strömt. In den Schaufelreihen wird die Luftso gerichtet, dass der Rotor eine Drehbewegungdurchführt. Unmittelbar hinter den Schaufeln desRotors kommt es zur Ausbildung eines Totwassergebietes.Die Geschwindigkeit der Strömung<strong>im</strong> Schatten der Schaufel ist daher langsamerals jene, welche ungestört zwischen zwei Schaufelnhindurch strömt. Dieser Effekt wird als Nachlaufeiner Schaufel bezeichnet. Da der Rotor rotiert,bewegt sich die verlangsamte Strömung <strong>im</strong>Nachlauf relativ zu dem stromab liegenden Statorund trifft an unterschiedlichen Positionen aufdenselben auf. Ähnlich verhält es sich mit denNachläufen des ersten Stators, welche auf die rotierendeBeschaufelung des Rotors treffen. Damitsind die Schaufeln wechselnden mechanischenaber auch aerodynamischen Belastungen ausgesetzt.Der Nachlauf bzw. der diesen charakterisierendenGeschwindigkeitsdefekt n<strong>im</strong>mt mit steigendenAbstand vom Verursacher ab, man spricht vomAusmischen. Dieser Prozess ist stets verlustbehaftet.Durch die Umlenkung und Expansion desFluids in den Schaufeln wird der Prozess des Ausmischensbeeinflusst. Gleiches gilt für die Bewegungdes Nachlauffluids. Dieses wird innerhalb derSchaufeln gestreckt und gestaucht, was zur Ausbildungüberlagernder Störungen führt.Neben den beschriebenen Nachlaufeffektenwird die Strömung in Turbomaschinenzusätzlich durch potentialtheoretische Effekte beeinflusst.Dieser Mechanismus beruht auf der Verdrängungswirkungder Schaufeln. Die zeitliche Varianzentsteht durch die relative Bewegung derSchaufelreihen zueinander. Während die Nachlaufeffekteausschließlich in Strömungsrichtungwirken, beeinflussen potentialtheoretische Effektesowohl stromauf als auch stromab das DruckundGeschwindigkeitsfeld in einer Turbomaschine.Nachlauf- und Potentialeffekte überlagern sich undsind nicht direkt voneinander trennbar. Bei großenaxialen Abständen zwischen den Schaufeln undniedrigen Strömungsgeschwindigkeiten könnendie Potentialeffekte oft gegenüber den Nachlaufeffektennäherungsweise vernachlässigt werden.Ziel des Projektes ist das tiefgreifende Verständnisder räumlichen und zeitlichen Änderung derAusmisch- und Potentialeffekte, deren Einfluss aufdie Arbeitsleistung, die Verluste und den Wirkungsgrad.Durch intensive stationäre und instationäreVermessung der Turbine mit Sonden und instrumentiertenSchaufeln soll die Wirkung wesentlicherEinflussgrößen (Axialabstand, Betriebspunkt,Beschaufelungstyp) detailliert erfasst werden.Die opt<strong>im</strong>ale Nutzung messtechnischer Ressourcensoll durch numerische Untersuchungen,welche dem Exper<strong>im</strong>ent vorausgehen und diesesbegleiten, gewährleistet werden. Weiter werdenumfangreiche Datensätze für die Validierung undWeiterentwicklung des vom DLR entwickelte undin diesem Projekt verwendeten StrömungslöserTRACE geschaffen, um auf dem untersuchtenGebiet die Designfähigkeit zu erlangen. Die begleitendennumerischen S<strong>im</strong>ulationen ermöglichenIngenieurwissenschaften


141Abbildung 1: Versuchsturbine am Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) der Leibniz UniversitätHannover und berechnete Stromlinien innerhalb derselben. Die Färbung der Stromlinien entsprichtder Höhe der Strömungsgeschwindigkeit. Rötliche Töne deuten auf hohe Geschwindigkeiten hin,bläuliche Töne auf niedrige.<strong>im</strong> Zusammenspiel mit den Messergebnissen fernerdie intensive Analyse der physikalischen Zusammenhängebei der Interaktion von NachlaufundPotentialeffekten, z.B. hinsichtlich nachlaufinduzierterTransition.Um alle Mechanismen ausreichend zu erfassenund möglichst wenig zu Idealisieren, ist eine hoheräumliche und zeitliche Auflösung des Rechengebietesnotwendig. So werden die Grenzschichtensowohl auf den Schaufeloberflächen als auch anNabe und Gehäuse voll aufgelöst (Low-ReynoldsModell). Dies ergibt bei einer Grenzschichtdicke <strong>im</strong>Mikro-Meter-Bereich in Kombination mit den hohenReynolds-Zahlen des Betriebspunktes von Re ≈600 000 und der schrittweisen Annäherung an dieZellweite in Grenzschichtnähe ein sehr feinmaschigesNetz. Hierdurch steigt der entsprechende Bedarfan Speicher und Rechenzeit stark an.Mehr zum Thema1. Korakianitis, T.: On the Propagation of ViscousWakes and Potential Flow in Axial-TurbineCascades. Journal of Turbomachinery, Vol.115,1993.2. Yu, W.-S. und Lakshminarayana, B.: NumericalS<strong>im</strong>ulation of the Effects of Rotor-Stator Spacingans Wake/Blade Count Ratio on TurbomachineryUnsteady flows. Unsteady Flows in Aeropopulsion,Vol 40, 1994.FörderungBundesministerium für Wirtschaft und TechnologieIngenieurwissenschaften


142Fortschrittliche S<strong>im</strong>ulation turbulenter Strömungen anVerkehrsflugzeugenReynolds-Spannungs-Modellierung für komplexe 3D-Strömungsprobleme in derFlugzeug-AerodynamikR. Radespiel, R.-D. Cécora, Institut fürStrömungsmechanik, TU BraunschweigKurzgefasst• Reynolds-Spannungs-Turbulenzmodelle (RSM)gelten als vielversprechend für die Verbesserungnumerischer S<strong>im</strong>ulationen von komplexenStrömungen.• Bei der <strong>im</strong> Projekt geplanten Weiterentwicklungeines RSM werden verschiedene Testfälle gerechnet,die einen großen Bedarf an Parallel-Rechenleistung enthalten.• Insbesondere die subsonische Umströmung vonTragflügeln nahe des Max<strong>im</strong>alauftriebs konnte <strong>im</strong>bisherigen Projektverlauf durch ein RSM bessers<strong>im</strong>uliert werden.Die numerische Strömungss<strong>im</strong>ulation spielt bei derEntwicklung neuer Flugzeuge eine wichtige Rolle.Um den Einfluss technischer Änderungen aufein Flugzeug genau untersuchen zu können, sindbisher teure Flugversuche sowie Messungen inWindkanälen unerlässlich. Durch die zunehmendeQualität der numerischen Strömungss<strong>im</strong>ulationkönnen inzwischen am Anfang der Entwicklungsphasekostengünstig Parameter variiert werden.So kann eine Weiterentwicklung der numerischenStrömungss<strong>im</strong>ulation beitragen, Kosten und Zeitspanneninnovativer Entwicklungen zu reduzieren.Die numerische Strömungss<strong>im</strong>ulation in der Aerodynamikbasiert zu einem großen Anteil auf derLösung der Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen (RANS) [1]. Bei der numerischenLösung dieser Gleichungen müssen Annahmenüber die turbulenten Schwankungen, die in technischrelevanten Strömungen auftreten, getroffenwerden, da der Rechenaufwand einer direkten numerischenS<strong>im</strong>ulation der Strömung zu hoch ist.Aus diesem Grund werden turbulente Schwankungennur statistisch über den sogenanntenReynolds-Spannungstensor erfasst. Für die Ermittlungdes Tensors werden Turbulenzmodelle verwendet,deren Qualität maßgeblich die Güte dererzielten Strömungslösung beeinflussen.Ein viel verwendeter Ansatz von Turbulenzmodellenist die Boussinesq-Hypothese, nach derdie Elemente des Reynolds-Spannungstensors alsproportional zur Scherrate der mittleren Strömungangenommen werden. Dieser von den sogenanntenWirbelviskositätsmodellen (EVM) genutzte Ansatzliefert bei überschaubarem Rechenaufwandhäufig robuste Ergebnisse. So können <strong>im</strong> Allgemeineneinfache anliegende Strömungen bereitssehr gut s<strong>im</strong>uliert werden. Durch starke Vereinfachungenbei der Best<strong>im</strong>mung der Reynolds-Spannungen kommt es jedoch bei komplexerenStrömungsproblemen zu Fehlbest<strong>im</strong>mungen, etwabei der Vorhersage von Strömungsablösungen.Bei einer Strömungsablösung kann die Luft derKontur des umströmten Körpers nicht mehr folgen,so dass sich ein “Totwasser”-Gebiet bildet. Tritt diesesPhänomen auf der Oberseite eines Tragflügelsauf, wird der erzielte Auftrieb drastisch reduziert,was den Bereich des sicheren Fliegens eines Flugzeugeseinschränkt. Aus diesem Grund ist die Vorhersagegenauigkeitvon Strömungsablösungen einwichtiger Faktor <strong>im</strong> Entwicklungsprozess von Flugzeugen.Eine größere Genauigkeit weisen die sogenanntenReynolds-Spannungsmodelle (RSM) auf, diewegen ihres erhöhten Rechenaufwandes industriellbisher wenig genutzt wurden. Ein RSM verzichtetauf die Boussinesq-Hypothese und löststattdessen für jede Reynolds-Spannung eineeigene Transportgleichung. So werden Effektewie beispielsweise die Anisotropie des Reynolds-Spannungstensors berücksichtigt. Dieser Gewinnwird allerdings durch einen steigenden Bedarfan Rechenkapazitäten erkauft, da neben deneingangs erwähnten Reynolds-gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen zusätzlich sieben Differentialgleichungen(bei Wirbelviskositäts-Modellen sindes lediglich zwei) für die Turbulenzmodellierunggelöst werden müssen. Durch die steigenden Rechenleistungender letzten Jahre wächst daher dasInteresse an Reynolds-Spannungsmodellen.Am Institut für Strömungsmechanik wurdeein Reynolds-Spannungsmodell in denStrömungslöser DLR-TAU <strong>im</strong>plementiert, das <strong>im</strong>hier beschriebenen Projekt getestet und verbessertwird. Zu diesem Zweck werden verschiedeneTestfälle gerechnet und mit exper<strong>im</strong>entellen Datenverglichen, um Aussagen über die Qualität der S<strong>im</strong>ulationtreffen zu können. Beispielsweise wurdedie Umströmung des Höhenleitwerk-Profils HGR-01 bei Anströmbedingungen s<strong>im</strong>uliert, bei deneneine kleine Strömungsablösung nahe der Hinterkanteauftritt. An diesem Testfall kann die erwähnteVorhersagegenauigkeit von StrömungsablösungenIngenieurwissenschaften


143Abbildung 1: Umströmung des Höhenleitwerk-Profils HGR-01; oben links: gesamtes Profil; oben rechts: exper<strong>im</strong>entellesErgebnis; unten links: Wirbelviskositätsmodell; unten rechts: Reynolds-Spannungsmodelluntersucht werden. Die Ergebnisse sind in Abbildung1 zu sehen.Verglichen werden hier S<strong>im</strong>ulationen mitverschiedenen Turbulenzmodellen (unten linksein Wirbelviskositätsmodell, unten rechts einReynolds-Spannungsmodell) mit exper<strong>im</strong>entellenDaten (oben rechts Geschwindigkeitsfelder ausder Particle Image Veloc<strong>im</strong>etry). Es zeigt sich,dass die Hinterkanten-Ablösung nur von dem RSMkorrekt dargestellt wird, während das Wirbelviskositätsmodelleine anliegende Strömung vorhersagt.Nicht nur bei Strömungen mit Ablösungverspricht man sich Vorteile aus Reynolds-Spannungs-Modellen, so dass in diesem Projektbeispielsweise auch schallnahe Strömungen sowiekomplexere 3D-Geometrien untersucht werdenmüssen. Weitere Ergebnisse sind zu findenbei Cécora et al. [2].Mehr zum Thema1. Wilcox, D. C.: Turbulence Modelling for CFD.,DCW Industries, La Canada, USA, 1998.2. Cécora, R.-D., Probst, A. and Radespiel, R.:Advanced Reynolds stress turbulence modelingof subsonic and transonic flows., InternationalSymposium “S<strong>im</strong>ulation of Wing and NacelleStall”, Braunschweig, Germany, 2010.FörderungBMWi-<strong>Verbund</strong>vorhaben LuFo IV ”ComputationalFlight Testing - ComFliTe”, Teilprojekt “Turbulenzmodellierungund reduzierte Modelle für aeroelastischeAnalysen und zur Lastenberechnung beikomplexen Flugzeugkonfigurationen”Ingenieurwissenschaften


144Energieeffiziente Aggregate für die EindampftechnikBerechnung von instationären Strömungen in HochleistungsradialventilatorenG. Brenner, Y. Yang, A. Lucius, Institut für TechnischeMechanik, Technische Universität ClausthalKurzgefasst• Radialventilatoren werden in der Brüdenkompressionund in Eindampfanlagen zunehmend <strong>im</strong>Leistungsgrenzbereich zu Turboverdichtern eingesetzt.• Daraus resultieren extreme Anforderungen andie Auslegung der Ventilatoren die mit klassischenAuslegungsmethoden nicht mehr zuverlässigrealisierbar ist.• Instationäre Berechnungen der turbulentenStrömung <strong>im</strong> Ventilator mittels CFD ermöglichenes, Einblicke in die relevanten Phänomene zugewähren und das Betriebsverhalten sowie dynamischeLasten zuverlässig vorherzusagen.Moderne Radialventilatoren werden zunehmendin Leistungsbereichen eingesetzt, die bislang denTurboverdichtern vorbehalten sind. Einsatzgebietefür diese Hochleistungsventilatoren finden sichin der Verfahrenstechnik, insbesondere der Eindampftechnikund Brüdenkompression, wenn Prozessgasekompr<strong>im</strong>iert werden müssen. Das vornehmlicheZiel ist hier die Erhöhung des Druckverhältnisses,welches nur durch eine Steigerungder Umfangsgeschwindigkeit zu erreichen ist. Dadie erforderliche Druckerhöhung den ventilatortypischenGrenzleistungsbereich überschreitet, ist dietraditionelle Auslegung eines Hochleistungsventilatorsmit empirischen Korrekturfaktoren und Erfahrungswertenmit erheblichen Unsicherheiten behaftet.In Ventilatoren werden fast alle Bauteile ausgeschweißten Blechen gefertigt. Diese Fertigungsverfahrenbieten einen deutlichen Kostenvorteil gegenüberanderen Bauformen, sind aber anfälligerfür Schwingung. Unter hoher Umfangsgeschwindigkeitenwerden die Bauteile stark vorbelastet.Dazu wirken dynamische Lasten des Betriebsmediums,welche die Betriebssicherheit der Maschinegefährden.Bei der Strömung in einem Radialventilatorändert sich die Strömungsrichtung <strong>im</strong> Laufrad vonaxial zu radial. Der Schaufelkanal wird in der Radialrichtungweiter gekrümmt, um einen angepasstenGeschwindigkeitsverlauf <strong>im</strong> Laufrad zu realisieren.Durch die Geometrie des Laufrads und desGehäuse resultiert ein Druck- und Geschwindigkeitsunterschiedauf den Kanalseiten und es bildetsich ein Wirbel <strong>im</strong> Schaufelkanal aus. Weiterhinwirken die Coriolis- und Fliehkraft auf dieStrömung und führen zu einer weitergehendenUngleichverteilung der Geschwindigkeit und desDruckes, was zu einer Verstärkung der Wirbelstrukturführt. Durch die Interaktion der Strömungzwischen Laufrad und Gehäuse ist diese prinzipbedingtinstationär, bedingt durch die hohenReynoldszahlen ist die Strömung <strong>im</strong> Ventilatorhochgradig turbulent. Abhängig von Betriebsbedingungen,z.B. durch Drosselung, können weitereStrömungsinstabilitäten entstehen. Mit geeignetennumerischen Methoden können diese Phänomenewiedergegeben werden. Im Vergleich zu exper<strong>im</strong>entellenUntersuchungen bietet die numerischeS<strong>im</strong>ulation den Vorteil, dass detailliertere Informationenüber das Strömungsfeld verfügbar gemachtwerden können.Für die vorliegenden S<strong>im</strong>ulationen wird ein dreid<strong>im</strong>ensionalesRechengebiet definiert und vernetzt.Das Berechnungsgitter des kompletten Ventilatorsumfasst typischerweise 20 Millionen Elemente.Um die Instabilität des Strömungsfeldeserfassen zu können, sind instationäre Berechnungenerforderlich. Daraus resultieren extremhohe Anforderungen an die Rechnerkapazitätund die Notwendigkeit des parallelen Rechnens.Im Rahmen der vorliegenden Studie werdenBerechnungen mit bis zu 128 Prozessorendurchgeführt. Die Turbulenzmodellierung basiertauf dem bewährten SST-URANS-(unsteadyReynolds-Averaged Navier-Stokes) und dem SAS-(Scale-Adaptive S<strong>im</strong>ulation)-Turbulenzmodell. Diebeiden Modelle lösen die Reynolds-gemitteltenNavier-Stokes-Gleichungen und geben eine zeitlicheLösung des Strömungsfeldes wider. DasSAS-Modell kann aus einem traditionellen Zwei-Gleichungs-Modell entwickelt werden. Weil esdie turbulente Struktur teilweise auflösen kann[1], ist das SAS-Modell <strong>im</strong> Vergleich zu UR-ANS ein hochwertiges Turbulenzmodell. Ein Vergleichder beiden Modelle zur Vorhersage von Teillastinstabilitätenin einer Kreiselpumpe zeigt dieÜberlegenheit des SAS-Modells bei der Best<strong>im</strong>mungder Anregungsfrequenzen [2].In diesem Projekt wird das SST-SAS-Modellund das klassische SST-Modell von ANSYSCFX verwendet. Beide Modelle geben in guterÜbereinst<strong>im</strong>mung mit Messungen die integralenKennwerte des Ventilators (Druck- und Temperaturerhöhung)wider. Deutliche Unterschiede werdenerkennbar, betrachtet man die Strömung <strong>im</strong>Detail. Hierzu ist in der Abbildung das λ 2 -Kriteriumfür die Detektion von Wirbelkernen ausgewertet.Man erkennt, dass das SST-Modell die grobeIngenieurwissenschaften


145Abbildung 1: Vergleich der berechneten Wirbelstrukturen in einem Hochleistungsradialverdichter mit dem SAS-Modell (Oben) und dem SST-Modell (Unten), λ 2 = −2,4 ·10 6 .Struktur der Wirbelentwicklung wiedergeben kann.Es ist aber nicht in der Lage, die kleinskaligerenStrukturen aufzulösen. Daraus resultiert, dass Anregungendes Laufrads durch dynamische Lastennicht richtig beschrieben werden. Im Vergleich mitdem URANS-Modell benötigt das SAS-Modell allerdingsein deutlich feineres Gitter, woraus ein erheblicherAnstieg des Rechenbedarfs resultiert.Mehr zum Thema1. Menter, F.R., Kuntz, M., Vender, R., 2003: AScale-Adaptive S<strong>im</strong>ulation Model for TurbulentFlow Predictions, AIAA Paper 2003-0767.2. Lucius, A., Brenner, G. 2010, Unsteady CFD S<strong>im</strong>ulationsOf A Pump In Part Load ConditionsUsing Scale-Adaptive S<strong>im</strong>ulation, InternationalJournal of Heat and Fluid Flow, 31, pp. 1113-1118.FörderungZentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)Ingenieurwissenschaften


146Design of Leading and Trailing Edge Flow ControlNumerical S<strong>im</strong>ulation of Jet Actuation over Swept High Lift AirfoilR. Radespiel, S. Mahmood, Institut fürStrömungsmechanik, Technische UniversitätBraunschweigAbstract• Numerical design of leading and trailing edgeflow control over swept arrangement of high liftairfoil.• The design process involves variation of flowcontrol paramaters along with the opt<strong>im</strong>um locationof the jet actuators and use of the numericallyopt<strong>im</strong>ized flow control settings to performnew exper<strong>im</strong>ents in a wind tunnel.• The Reynolds-averaged Navier-Stokes equationsare computed using DLR TAU Code on 512to 1024 CPU’s.The use of flow control devices like pneumatic jetactuators have been studied quite often in the pastto delay the stalling of an airfoil. One concept isto exploit the interaction between turbulent boundarylayers and longitudinal vortices generated withthe device. The current work addresses the useof jet actuators for leading and trailing edge flowcontrol over the swept arrangement of a high liftairfoil. To date there have been no detailed numericalstudies of the interaction of a longitudinal vortexwith such an arrangement. This is the first t<strong>im</strong>ethat these flow actuators are designed for a swepthigh-lift wing and this task is clearly at the edge ofcurrent computational capabilities.The current status of project covers the numericaldesign of leading edge flow control over theswept airfoil. This activity is of challenging naturedue to difficulties to compute leading edgetype stall. The actuator geometries for actuationat leading edge of swept airfoil have been evaluatedin terms of the variation of spanwise distancebetween the actuators, favorable and unfavorablerotation of the vortices with reference to the sweepangle β and opt<strong>im</strong>um size of the actuator relativeto the boundary layer.The RANS computations for the present activityhave been performed by the DLR TAU code.The numerical efficiency of the DLR TAU codehas been thoroughly tested with success on the<strong>HLRN</strong> parallel computing centre. The DLR TAUcode [1],[2] calculates the three-d<strong>im</strong>ensional compressibleReynolds-averaged Navier-Stokes equationson unstructured or hybrid grids. The codesolves different types of grids ranging from hybridmeshes to fully hexahedral cells. It also providesthe option to accelerate convergence using multigridalgorithm accompanied by low Mach numberpreconditioning.The numerical setup involves the use of 2D gridsto s<strong>im</strong>ulate the infinite swept airfoil for the baseline(no flow control) case by <strong>im</strong>posing spanwise periodicboundary condition along with the sweep angleβ to account for the swept airfoil. For leadingedge flow control cases fully structured hexahedral3D grids composed of 13.0 · 10 6 million grid pointshave been used to s<strong>im</strong>ulate the effect of varyingjet actuator parameters. The flow control cases resolvea single actuator with spanwise periodicity toevaluate the effect of jet actuators. The flow controlused steady state blowing via a special actuationboundary condition available in the solver. The numericalcomputations used 512 to 1024 CPU’s toanalyze the jet actuators. Turbulence transport wass<strong>im</strong>ulated using the Menter’s Shear Stress turbulencemodel [3] as it gives better prediction of max<strong>im</strong>umlift coefficient and proved to be quite usefulin vortical flows [4],[5].The current numerical s<strong>im</strong>ulation with baselineflow predicted leading edge type stall. The flowcontrol s<strong>im</strong>ulations with leading edge actuationproved to be useful in suppressing the leadingedge type stall. Fig. 1 shows numerical representationof the leading edge flow control with favorablerotation resulting in longitudinal vortices overthe upper surface of the swept airfoil. The upperpart of the figure shows the hexahedral grid in theperiodic plane along with the numerical display ofthe favorable logitudinal vortices colored by normalizedu-velocity component using vorticity criteria.The lower part of the figure shows the leadingedge type stall with baseline flow and stall suppressionobtained with the leading edge flow control.The future work of this project involves the numericaldesign of jet actuator for trailing edge flow controlthat is of less complex nature, since the boundarylayer is thicker in this region. These computationswill involve the variation of skew angle, opt<strong>im</strong>umsize relative to the boundary layer and opt<strong>im</strong>umorientation. Final phase of this activity willinclude coupling of Unsteady RANS computationsfor the leading and trailing edge flow control to validatethe results with the exper<strong>im</strong>ents.Ingenieurwissenschaften


147Figure 1: Top figure shows the identification of longitudinal vortices using vorticity criteria colored by normalizedu-velocity component due to leading edge perturbation. Two bottom figures show the effect of stall suppressiondue to leading edge flow control in comparison with the baseline flow producing leading edgetype stall at an angle of attack of 9.5 ◦ .More Information1. KROLL, N., ROSSOW, C.-C., SCHWAMBORN,D., BECKER, K., HELLER, G.:MEGAFLOW -A Numerical Flow S<strong>im</strong>ulation Tool for TransportAircraft Design. ICAS Congress 2002, Toronto,09.-13.09.2002, ICAS, CD-Rom, S. 1.105.1-1.105.20, 2002.2. SCHWAMBORN, D., GERHOLD, T., HEINRICH,R.:The DLR TAU-Code: Recent Applicationsin Research and Industry. In: P. Wesseling,E. Oate, J. Priaux (Eds), ECCOMAS CFD,Egmond aan Zee, The Netherlands, 2006.3. MENTER, F.R.:Zonal two-equation k-ω turbulencemodels for aerodynamic flows. AIAA Paper,AIAA − 93 − 2906 (1993).4. MAHMOOD, S.; RADESPIEL, R.:RANS s<strong>im</strong>ulationof jet actuation in a boundary layer flowusing Ch<strong>im</strong>era grids. Deutscher Luft- undRaumfahrtkongress, 08 − 10 September 2009,Aachen, Germany.5. PETER SCHOLZ, SAQIB S. MAHMOOD, MAR-CUS CASPER, ROLF RADESPIEL:Exper<strong>im</strong>entaland Numerical Investigations on the control ofAirfoil Stall using Vortex Generator Jets. AIAA2010-4250, 5th Flow Control Conference 28June - 1 July 2010, Chicago, Illinois.FundingEuropean Union LEBox-JTI-CS-SFWA-01-003(CLEANSKY), Joint Technical Initiative forAeronautics and Air TransportIngenieurwissenschaften


148Ablösungen aufgelöst - Einblicke in instabile Strömungen inKreiselpumpenZeitaufgelöste S<strong>im</strong>ulation von abgelösten Strömungen in Strömungsmaschinen mitTurbulenz auflösendend ModellenG. Brenner, A. Lucius, Institut für Technische Mechanik,TU ClausthalKurzgefasst• Instabile Strömungszustände, besonders <strong>im</strong>Teilllastbereich von Strömungsmaschinen, führenzu Fluktuation von Druck und Geschwindigkeit.• Diese Fluktuationen können Schwingungen ander Pumpe auslösen, wodurch es zu starkerGeräuschbildung sowie zu Schäden an der Maschinekommen kann.• Die zeitliche und räumliche Entwicklung der instabilenStrömung in der Maschine wird durchein Rechnermodell abgebildet und untersucht.Dadurch werden Einblicke in die Natur desPhänomens möglich.• Viele Modelle zur Beschreibung turbulenterStrömungen sind für diesen Anwendungsfallnicht geeignet. In unserem Projekt wird das Potentialvon turbulenzauflösenden Modellen <strong>im</strong>Vergleich zu Standard-URANS-Modellen zur Erfassungsensitver Größen <strong>im</strong> Teillastbereich dargestellt.Strömungsmaschinen zur Förderung von Flüssigkeitenoder Gasen sind aus dem täglichen Lebennicht wegzudenken. Eingesetzt werden die Maschinenzur Wasserversorgung, Heizung, Kl<strong>im</strong>atisierungu.v.m. Damit die Maschinen opt<strong>im</strong>al arbeitenkönnen, werden sie für einen best<strong>im</strong>mten Betriebspunktd.h. Fördermenge ausgelegt. Die meistenAnwendungen erfordern aber eine Regelungder Fördermenge, z.B. eine Umwälzpumpe für dieHeizungsanlage. Die Pumpe muss an sehr kaltenWintertagen ein Vielfaches der Wassermenge<strong>im</strong> Vergleich zum milden Frühling bewegen.Daher wird die Pumpe in ca. 75 % der Einsatzzeitmit niedrigen Fördermengen deutlich unterhalbdes opt<strong>im</strong>alen Betriebspunktes gefahren [1]. Indiesem sogenannten Teillastbetrieb kommt es zurstarken Verwirbelungen der Strömung <strong>im</strong> Schaufelkanalder Pumpe, die Strömung löst ab. Bei sehrniedriger Fördermenge ist das Ablösegebiet nichtmehr stabil, sondern läuft mit einer klar messbarenUmlaufgeschwindigkeit relativ zum Laufradum. Man nennt dieses Phänomen daherauch ”rotating stall“ bzw. rotierendes Abreißen.Es ist vergleichbar mit dem Strömungsabrissan einem Tragflügel bei hohem Anstellwinkel,das Abrissgebiet bewegt sich allerdings von einerSchaufel zur nächsten. Durch das Umlaufender abgerissenen Strömung wirken auf die Beschaufelungstark schwankende Strömungskräfte,strömungsinduzierte Schwingungen sind die Folge.Zudem kann sich die instabile Strömung durcheine verstärkte Lärmbelastung bemerkbar machen.Das Ziel dieser Arbeit ist es, diese komplexeStrömung möglichst genau vorherzusagen. EinVergleich mit hochwertigen exper<strong>im</strong>entellen Datenzeigt, ob das Rechenmodell in der Lage ist, dieStrömung mit ausreichender Genauigkeit abzubilden.Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Modellierungder turbulenten Strömung. Es sind zwar eineVielzahl von Turbulenzmodellen entwickelt wordenund z.T. seit Jahrzehnten <strong>im</strong> Einsatz, aber nurwenige sind für diesen Anwendungsfall geeignet.Es ist <strong>im</strong> Prinzip möglich, komplett auf Modellierungzu verzichten, und jeden Wirbel der sich bildetmit einem Rechengitter aufzulösen. Die Gitterweiteist dann allerdings <strong>im</strong> µ m Bereich, und die Zahlder Gitterpunkte wäre für die heute verfügbarenGroßrechner bei weitem zu groß. Es hat sich aberherausgestellt, dass nicht alle, sondern nur diegroßen Wirbel, welche die meiste kinetische Energiein sich tragen, für eine genaue S<strong>im</strong>ulation mitdem Gitter aufgelöst werden müssen. Man nenntdiese Technik daher auch ”Large Eddy S<strong>im</strong>ulation“(LES). Welche Abmessungen diese ”großen“Wirbel aufweisen, ist von vielen Parametern wiez.B. Strömungsgeschwindigkeit, Fluideigenschaftenund Abmessungen der Pumpe abhängig undbeträgt <strong>im</strong> vorliegenden Fall die Größenordnungvon einigen Mil<strong>im</strong>etern in der freien Strömung, inder Nähe fester Wände sind die Wirbel allerdingsdeutlich kleiner. Um die Anzahl der Gitterpunkteweiter zu reduzieren, wird daher ein etwas andererAnsatz gewählt: die Strömung an der Wand wirdkomplett modelliert, <strong>im</strong> wandfernen Bereich werdengroße Teile der turbulenten Bewegung mit denGitter aufgelöst. Man spricht daher auch von einemTurbulenz auflösendem Modell. Vergleiche mit einfacherenStandard Modellen werden durchgeführt.Die <strong>im</strong> Rahmen dieses Projektes verwendeten Gitterhaben 5 - 15 Millionen Gitterpunkte, damit istdie parallele S<strong>im</strong>ulation mit einer großen Anzahlvon Prozessoren unerlässlich. Bei der Verwendungvon 96 Prozessoren dauert die S<strong>im</strong>ulation einesFalles <strong>im</strong>mer noch mehrere Wochen.Ingenieurwissenschaften


149Abbildung 1: Das Bild zeigt das Strömungsfeld nach 10 Umdrehungen des Rotors. Die Visualisierung zeigt denBetrag der Geschwindigkeit in der Mitte der Beschaufelung, die Richtung der Strömung ist durchVektorpfeile dargestellt. Man erkennt die großskaligen Wirbelgebiete in mehreren Schaufelkanälen.Auf einer Schaufel ist die Größe der Gitterzellen angedeutet.Erste Ergebnisse zeigen die Überlegenheit vonTurbulenz auflösenden Modellen gegenüber StandardModellen insbesondere <strong>im</strong> Hinblick auf dieBerechnung der Umlaufgeschwindigkeit des rotatingstall [2]. Die genaue Kenntniss der Umlauffrequenzist wiederum bei der Auslegung vongroßer Bedeutung. Damit können bereits währenddes Designprozesses Schwingungsprobleme <strong>im</strong>späteren Betrieb vermieden werden. Die Methodeist daher gut geeignet, einen Entwurf vor dem Baueines Prototypen zu überprüfen. Für weitreichendeVariationen von geometrischen Parametern z.B. <strong>im</strong>Sinne der Opt<strong>im</strong>ierung des Wirkungsgrades ist dieMethode auf Grund der langen Rechenzeit nichtgeeignet.Eine genaue Berechnung der instationärenStrömung gewährt außerdem tiefe Einblicke indie Entwicklung der Abreißzonen und deren Bewegung.Es zeigt sich z.B. dass die Ablösungstark von der Spaltströmung zwischen Laufrad undstehendem Gehäuse beeinflusst wird. Hier liegtgroßes Potential zur aktiven Beeinflussung derStabilität der Strömung in der Maschine.Mehr zum Thema1. F.-H. Wurm: Systemintegration von Pumpen, InternationalesPumpenanwenderforum Karlsruhe,2004.2. A. Lucius, G. Brenner: Unsteady CFD s<strong>im</strong>ulationsof a pump in part load condition using scaleadaptive s<strong>im</strong>ulation, International Journal of Heatand Fluid Flow Vol 31, 2010, pp 1113 - 1118.FörderungArbeitsgemeinschaft industrieller <strong>Forschung</strong>svereinigungen(AiF), Projekt 16406 BG/1Ingenieurwissenschaften


150Numerisches StörfeuerNumerische S<strong>im</strong>ulationen zur Wirkungsweise laserinduzierterBeeinflussungsmethoden für HochgeschwindigkeitsgrenzschichtenR. Radespiel, D. Heitmann, Institut fürStrömungsmechanik, TU BraunschweigKurzgefasst• Be<strong>im</strong> Wiedereintritt treten große Wärmelastenan Raumfahrzeugen auf.• Diese lassen sich nicht genau abschätzen undein Teil der Unsicherheit resultiert aus ungenauenVorhersagen des Grenzschichtumschlagesvon laminar zu turbulent. Daher werden hierdie zur Transition führenden Mechanismen an einemgenerischen Modell untersucht.• Die Transition ist Folge des Anwachsens und derEntwicklung von Instabilitätswellen in der Grenzschicht.• Derartige Wellen können durch Einbringenkünstlicher Störungen numerisch und exper<strong>im</strong>entellerzeugt werden. Hier werden kleine Explosionen<strong>im</strong> Strömungsfeld generiert.• Die S<strong>im</strong>ulationen dieses Vorgangs sind aufgrundder vielen beteiligten kleinskaligen Einflussgrößensehr rechenaufwendig.Das Strömungsfeld eines umströmten Körpers läßtsich in zwei Bereiche einteilen, den Bereich derAußenströmung, in dem die Viskosität des Gasesvernachlässigbar ist, und einen dünnen, wandnahenBereich, genannt Grenzschicht, in dem derviskose Austausch von Impuls und Energie einewesentliche Rolle spielt. In der Grenzschichtfällt die Geschwindigkeit der Strömung von demWert der Außenströmung steil auf den Wert Nullan der Wand ab. Ferner führt bei einer Hyperschallströmungdie viskose Dissipation zur Bildungeiner Temperaturgrenzschicht und unter realenFlugbedingungen zu einer starken Aufheizung,weshalb ein Hitzeschutz vorgesehen werdenmuss. Wird die Wand turbulent umströmt ist derWärmeeintrag wesentlich größer als bei einer laminarumströmten Wand und die ungenauen Vorhersagendes Umschlagpunktes laminar/turbulent bedingenein überd<strong>im</strong>ensioniertes und damit schwereresHitzeschutzsystem. Trotz jahrzehntelangerBemühungen kann der Umschlagpunkt nur ungenauvorhergesagt werden und die zur Transitionführenden Mechanismen sind insbesondere fürStrömungen <strong>im</strong> hohen Überschallbereich bis heutenicht geklärt. Daher werden in diesem Projektan einem generischen Kegelmodell diese Mechanismenuntersucht.Das Transitionsszenario besteht aus drei Schritten:1) Rezeptivität, in diesem Schritt gelangenkleine Störungen der Anströmung in die Grenzschicht2) dem exponentiellen Anwachsen einzelnerModen in der Grenzschicht. Dieser Abschnittkann mit einer vereinfachenden Stabilitätstheoriebeschrieben werden. 3) dem nicht-linearen Zusammenbruchder Störung zu einem turbulentenGebiet. Alle drei Schritte sind für eine Hochgeschwindigkeitsgrenzschichtkomplizierter als fürden Niedergeschwindigkeitsbereich, wo die Fluiddichtenäherungsweise konstant ist. Insbesonderetreten <strong>im</strong> Hyperschall zusätzliche Instabilitäten, sogenannteMack’sche Moden auf, und die Zahl freierParameter in den Stabilitätsbetrachtungen ist ungleichgrößer als bei Unterschallströmungen.Insbesondere die ersten beiden Schritte derTransition werden in diesem Vorhaben sowohl exper<strong>im</strong>entellals auch numerisch untersucht. Dazuwerden künstliche Störungen in das Strömungsfeldeingebracht. In den Exper<strong>im</strong>enten wird ein gepulsterLaser auf einen Punkt oberhalb des Modellsfokussiert. Wenn während des Laserpulses einebest<strong>im</strong>mte Energiedichte überschritten wird, ist dieLuft nicht länger transparent und die Laserstrahlungwird absorbiert. Dies führt zur Bildung einesPlasmas, welches in kurzer Zeit wieder rekombiniert,so daß nach wenigen Mikrosekunden lediglichein erhitztes Gasvolumen und eine sich ausbreitendeStoßwelle übrig bleiben. Diese Stoßwelletrifft auf die Grenzschicht und stellt hier einepulsförmige Anregung dar, welche <strong>im</strong> weiteren Verlaufzur Bildung einer Instabilitätswelle führt, siehe[1].In den Exper<strong>im</strong>enten sind allerdings nur Messungenan diskreten Positionen auf der Modelloberflächemöglich. Somit läßt sich beispielsweiseder Rezeptivitätsprozess nur indirekt beobachten.Aus diesem Grund wird das Exper<strong>im</strong>ent zusätzlichmittels direkter numerischer S<strong>im</strong>ulationen (DNS)nachgestellt. Unter einer DNS versteht man die numerischeLösung der vollständigen Navier-Stokes-Gleichungen. Dies geschieht bei dem verwendetenStrömungslöser [2] auf einem Rechennetz, beidem die einzelnen Punkte diskrete Abstände zu ihrenNachbarpunkten haben. Um auch kleinskaligeStrömungsstrukturen aufzulösen sind sehr kleineZellgrößen und Zeitschrittweiten erforderlich, sodass ein sehr hoher Rechenaufwand erforderlichist. Die S<strong>im</strong>ulationen ermöglichen zum einen genauereEinblicke als die Messungen an einzelnenPunkten <strong>im</strong> Exper<strong>im</strong>ent und zum anderem erlaubtIngenieurwissenschaften


151Abbildung 1: Umströmung eines 7 ◦ -Halbwinkelkegels mit Mach 6. Berechnet wurde ein 90 ◦ Segment. Dargestelltist zum einen der Dichtegradient und zum anderem die Schwankungen des Oberflächendruckes.Aus der pulsartigen Anregung entwickeln sich <strong>im</strong> späteren Verlauf 2D Strukturen, welche die Grenzschichtinstabilitätder zweiten Mode darstellen.es dieser Ansatz, verschiedene Parametervariationeneffizienter durchzuführen.Eine S<strong>im</strong>ulation besteht aus drei Schritten.Zunächst wird das stationäre Strömungsfeld umdas Modell berechnet. In diese Lösung wird <strong>im</strong>zweiten Schritt eine sehr kleine Störung eingefügt.Diese wurde mittels einer gasdynamischenÄhnlichkeitslösung für Explosionen best<strong>im</strong>mt undentspricht sehr genau einer Laser-generiertenStörung. Als letzter Schritt folgt eine instationäreRechnung, aus der die Interaktion der Stoßwellemit der konischen Grenzschicht und die Entwicklungder induzierten Störung und Grenzschichtinstabilitätfolgt.Die Abbildung zeigt einige Ergebnisse einer solchenRechnung. Dargestellt ist der Dichtegradientin einer wandnormalen Ebene. Sichtbar ist zumeinen der von der Kegelspitze ausgehende Verdichtungsstoß.Der Rand der Grenzschicht stelltsich als dunkler Streifen in Wandnähe dar. Fernersind die sphärische Stoßwelle, die Reflektionan der Wand und das heiße Zentrum der Störungsichtbar. Die Druckfluktuationen an der Wand sindals farbige Kontur dargestellt. Das große Bild entsprichteinem Zeitpunkt von 40 µs nach dem Laserpuls.Auf der Oberfläche stellt sich die ursprünglichsphärische Störung durch die Überlagerung mitder Mach 6 Strömung als elliptische Form dar.Die in Strömungsrichtung laufende Stoßwelle istdabei deutlich stärker als die stromauf Laufende.Bereits hier haben sich durch die Reflektionan der Wand neben der Stoßwelle weitereStrukturen <strong>im</strong> Zentrum gebildet. Im weiteren Verlaufschwächt sich die Stoßwelle <strong>im</strong>mer mehr abund es entwickeln sich 2D Strukturen, welche denin diesem Projekt betrachteten Instabilitätswellender Mack’schen Mode entsprechen. Die Amplitudedieser Strukturen steigt dabei <strong>im</strong>mer weiter anund die räumliche Erstreckung n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong> Einklangmit natürlichen Wellenpaketen zu. Wir hoffen, diekünstlichen Störungen so weit zu charakterisieren,daß wir sie zukünftig in komplexe Grenzschichteneinbringen und die Wechselwirkungen mit anderenModen untersuchen können.Mehr zum Thema1. Heitmann D., Radespiel R., Kähler C.: Investigationof the response of a hypersonic 2Dboundary layer to controlled acoustic disturbances,AIAA-2010-536, 48th AIAA AerospaceSciences Meeting Including the New HorizonsForum and Aerospace Exposition, Orlando, Florida,Jan. 2010.2. Schwamborn D., Gerhold T., Heinrich R.: TheDLR TAU-Code: Recent Applications in Researchand Industry, In: P. Wesseling, E. Oate,J. Priaux (Eds), ECCOMAS CFD, Egmond aanZee, The Netherlands, 2006.FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Ingenieurwissenschaften


152Systemspezifische Turbolader-SchmierfilmdissipationSystemspezifische Schmierfilmdissipation in den radialen und axialen Lagerstellenvon Abgasturboladern unter realen Betriebsbedingungen mit unterschiedlichenÖlzuführungsrandbedingungenJ. Seume, H. Rätz, Institut für Turbomaschinenund Fluid-Dynamik-TFD, Leibnitz Universität HannoverKurzgefasst• Der Gesamtwirkungsgrad thermischer Turbomaschinen,auch z.B. Abgasturboladern (ATL) wirdaufgeteilt in die Komponentenwirkungsgrade fürTurbine, Verdichter und den mechanischen Wirkungsgrad.• Die aerodynamischen Wirkungsgrade der Turbineund des Verdichters lassen sich hinreichendgenau aus thermodynamischen Messgrößen best<strong>im</strong>men.• Eine exakte Vorausberechnung der mechanischenVerluste ist zurzeit noch nicht möglich.Weiterhin ist die Aufteilung der in den Gleitstellender Rotorlagerung umgesetzten Verlustleistungnicht bekannt.• Es besteht erheblicher <strong>Forschung</strong>sbedarf, dazurzeit weder systemspezifische Einflüsse aufdas Reibungsverhalten der Rotorlagerung nochfür den Energieumsatz relevante Schmierfilmeffekteberücksichtigt werden können.• Best<strong>im</strong>mung der strömungsbedingten Rotorkräfteals eine Randbedingung durch numerischeS<strong>im</strong>ulationen (CFD) zur Ermittlung der Belastungskräftein den Lagerstellen.• Exper<strong>im</strong>entelle Ermittlung der thermophysikalischenRandbedingungen an den Lagerstellendes Turboladers auf einem Turboladerprüfstandsowie Exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungender Schmierfilmdissipation zur Ermittlung vonDaten zur Validierung und Verifikation der neuentwickeltenBerechnungsverfahren.Thermische Turbomaschinen kleiner Bauweise,z.B. Abgasturbolader (ATL), müssen zum Erreicheneines guten Wirkungsgrades mit sehrhohen Drehzahlen betrieben werden. Die Rotorenwerden häufig, insbesondere bei hohenDrehzahlen, in Gleitlagern gelagert. Gleitlagerbesitzen gegenüber Wälzlagern aufgrund ihrerSteifigkeits- und Dämpfungseigenschaften einbesseres Stabilitätsverhalten, das bei Wälzlagernnur über aufwändige konstruktive Maßnahmen(z.B. Quetschöldämpfer) zu erreichen ist. Oberhalbeiner best<strong>im</strong>mten Grenzdrehzahl, die von LagerundSystemparametern abhängt, werden die Rotoreninstabil, d.h. es kommt zu selbsterregtenSchwingungen, die zu einem Versagen des Systemsführen.Zum Erreichen des <strong>Forschung</strong>sziels sollentheoretische und exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungendurchgeführt werden. Hierzu ist eine detailliertetheoretische Prozessanalyse zur Formulierungneuer Systemrandbedingungen erforderlich.Mit den so entstehenden Berechnungsmodulenkönnen die maßgebenden Kennwerte der Lagerungwie z.B. die Schmierfilmdissipation ermitteltwerden. Mit den gewonnen Erkenntnissensoll ein geeignetes Nährungsverfahren abgeleitetwerden. Das Institut für Turbomaschinenund Fluid-Dynamik-TFD der Leibnitz UniversitätHannover liefert auf Basis numerischer S<strong>im</strong>ulationen(CFD=Computational Fluid Dynamics,deutsch Numerische Strömungss<strong>im</strong>ulation) zweierausgeführter Turbolader ein theoretisches Modellfür die Belastungskräfte der Lagerstellen. Zudemwerden am TFD eine exper<strong>im</strong>entelle Prozessanalysezur genauen Best<strong>im</strong>mung der thermophysikalischenRandbedingungen auf dem bestehendenHeißgasprüfstand, sowie Messungen zur Validierungund Verifikation der neuentwickelten Berechnungsalgorithmenauf einem geplanten, neuenPrüfstand durchgeführt.Das Ziel der numerischen Untersuchung istdie Berechnung der Rotorkräfte, die aufgrund derDruckgradienten des strömenden Fluids auf derRotoroberfläche hervorgerufen werden. Zu diesemZweck sind stationäre sowie instationäre S<strong>im</strong>ulationennotwendig. Dabei erfordert insbesonderedie instationäre S<strong>im</strong>ulation einen erhöhtenRechenaufwand. Zur opt<strong>im</strong>alen Darstellung derStrömungsphänomene <strong>im</strong> Turbolader, ist eine hoheräumliche Auflösung des Rechengebiets erforderlich.Insbesondere die Strömungsuntersuchungin den Bauteilen Volute, Stator und Rotor desTurboladers erfordern eine ausreichend hoheAuflösung und damit sehr große Knotenanzahlen.Dabei hat die Auflösung der Grenzschichteinen großen Einfluss auf die Berechnung derStrömung. Die Netze der unterschiedlichen Geometrienbestehen jeweils aus etwa 6 bis 18Millionen Knoten. Die erforderliche Rechenleistungeiner instationären S<strong>im</strong>ulation ist <strong>im</strong> Gegensatzzu einer stationären S<strong>im</strong>ulation um einVielfaches höher. Eine hohe Stabilität der instationärenRechnungen und die Unabhängigkeit vomIngenieurwissenschaften


153Abbildung 1: Kraftvektoren an einer Turbolader TurbineZeitschritt kann mit der <strong>im</strong>pliziten Euler Methodeerreicht werden. Für die <strong>im</strong>plizite Euler Methodeist es notwendig, eine große Anzahl gekoppelterGleichungen zu jedem Zeitschritt zulösen. Damit erfordert dieses Lösungsverfahreneine große Kapazität an Arbeitsspeicher undRechenleistung. Bei der instationären S<strong>im</strong>ulationwird für jeden Iterationsschritt die Gitterpositiondes Rotors angepasst. Damit ist es möglichdie Wechselwirkungen und Strömungsphänomenedarzustellen. Dieser Vorgang erfordert ebenfallseinen erhöhten Rechenaufwand. Für die Untersuchungenwerden die kommerziellen CFD-Programmpaketes Ansys CFX, Ansys Mechanicalverwendet (vollständig MPI-parallel). Die Entwicklungvon zuverlässigen Auslegungsgrundlagen fürschnell laufende Gleitlager kleiner Baugröße trägtwesentlich zur Erhöhung der effektiven Betriebssicherheithochtouriger Abgasturbolader bei. Dadurchlässt sich einerseits bereits in der Konstruktionsphasedie Gefahr von Betriebsstörungen undSchäden verhindern. Andererseits können durchdie verbesserte Gesamtlagerung opt<strong>im</strong>ierte Rotorengebaut und damit Leistung, Leistungsdichteund Wirkungsgrad derartiger Maschinen wesentlichgesteigert werden. Darüber hinaus kann mitden wesentlich erweiterten Berechnungsgrundlagenfür schnell laufende Axial- und Radiallagerkleiner Baugröße auch der Umfang der für den Sicherheitsnachweisvon Serienprodukten erforderlichenteuren Versuche wesentlich reduziert werden.Somit werden die Ergebnisse des Vorhabensvor allem durch die kleineren und mittleren Unternehmengenutzt und umgesetzt, die sich mit derHerstellung von Abgasturboladern bzw. deren Lagerkomponenten,sowie der Berechnung und Beratungbeschäftigen.Mehr zum Thema1. Schmitt, S.: Untersuchungen zum Reibleistungsverhaltenvon Wellenlagerungen für Pkw-Abgasturbolader. Dissertation, Verlag dissertation.de,28. Dezember 2007.2. H. Schwarze, Ü. Mermertas, T. Hagemann,M. Müller: Berechnung thermischer und elastischerVerformungen bei Mehrflächenlagernunter erhöhten Lasten und hohen Umfangsgeschwindigkeiten;47. Tribologie-Fachtagung,Göttingen 2006.3. A. Vorreiter, B. Ziesenis, J. Seume: Untersuchungdes Reibmomentes einer Turboladerlagerung.TC-Lagerreibung (Studie), VorhabenNr. 908, FVV-Abschlussbericht, Frankfurt amMain, 2007.Förderung<strong>Forschung</strong>svereinigung Verbrennungskraftmaschinen(FVV), Projekt 819Ingenieurwissenschaften


154Tail plane aerodynamics of aircraftNumerical Investigation of Interference Effects of the Horizontal and the VerticalTail Planes on Transport AircraftR. Radespiel, V. Nallapula, Institut fürStrömungsmechanik, Technische UniversitätBraunschweigAbstract• The project a<strong>im</strong>s at assessing the influence ofthe interference effects caused by the horizontaltail plane (HTP) and the vertical tail plane (VTP)on the aerodynamic performance of the completeaircraft.• An <strong>im</strong>portant a<strong>im</strong> of this project is to predictthe max<strong>im</strong>um lift coefficient, C lmax and its correspondingangle of attack, α.• A further a<strong>im</strong> is to identify the effects caused bythe tail plane on the flight performance of an aircraftduring stall manoeuvres.The present project is a sub-project of HINVA (HighLift In Flight Investigation), which a<strong>im</strong>s at predictingthe max<strong>im</strong>um lift of an aircraft configuration(C lmax ) in design phase. The HINVA project isled by the Deutsche Zentrum für Luft und Raumfahrt(DLR). The project follows a strategy, which isbased on comparing numerically s<strong>im</strong>ulated resultswith that of exper<strong>im</strong>ents performed in the Europeantransonic wind tunnel (ETW) and finally evaluatingthe predicted flight performances with flight tests.Hence, new validation data bases are generatedthat lead to new numerical design capabilities.The max<strong>im</strong>um lift performance of an aircraft isdetected by performing stall manoeuvres duringflight testing, the obtained max<strong>im</strong>um lift coefficientis one of the most <strong>im</strong>portant parameters for thelanding configuration of an aircraft. The presentproject concentrates on analyzing the interferenceeffects caused by the tail plane on the flight performanceof the aircraft and in particular on the influenceof the HTP on the max<strong>im</strong>um lift coefficientduring stall with the help of numerical s<strong>im</strong>ulations.In order to study the HTP and its influence, a comprehensiveunderstanding of the flight physics ofthe tail plane is required which is obtained by performingvarious sensitivity analyses. The sensitivityanalyses include changing of the angle of incidenceof the HTP (i H ), angle of attack (α), influenceof various turbulence models and also studiesof the downwash of the wing.In order to proceed with the aforementionedtasks an efficient numerical s<strong>im</strong>ulation strategy is<strong>im</strong>portant. This can be achieved by the state ofthe art numerical flow solver DLR-TAU code [1],[2].In aerodynamics the lift coefficient increases withincreasing angle of attack. The critical angle of attackbeyond which the lift coefficient decreases issaid to be the stalling point of an aircraft (this isdepicted in the top of figure 1).The numerical approach for this study involvescomputing the half model of the complete aircraft,symmetrically split along the axis of the fuselage.The numerical grid for this setup is generated usingthe commercial grid generator Centaur [3]. Ahybrid unstructured grid is generated for the geometrywith either prismatic/hexahedral elementsin the boundary layer (region of high solution gradients)coupled with unstructured tetrahedral elementsaway from the boundary layer. Turbulenttransport in the boundary layers is taken into accountin the so called eddy viscosity models [4] andadvanced Reynolds Stress Models [6]. To this end,3-D flow s<strong>im</strong>ulations are envisaged for the geometryat a Mach number, Ma = 0.2 with a Reynoldsnumber of 15 × 10 6 at high angles of attack (at aircraftstall). In aerodynamics, Mach number (Ma) isdefined as the ratio of the flight speed to that of thespeed of sound, Reynolds number (Re) is definedas the ratio of inertial forces to viscous forces. Replays an <strong>im</strong>portant role in characterising the flowreg<strong>im</strong>e as well as providing the basis for aerodynamics<strong>im</strong>ilitude of models.Figure 1 (top) shows the computed variation ofcoefficient of lift with that of the angle of attack. Itcan be seen that the lift coefficient increases linearlywith increase in angle of attack until a criticalangle is reached. At this critical angle of attack(α c ), the value of the lift coeffecient is said to beat its max<strong>im</strong>um (C lmax ). A s<strong>im</strong>ilar phenomenon isobserved with the drag coefficient (C d ) where afterthe (α c ) a rapid increase in the drag coefficient canbe observed from figure 1 (top).Figure 1 (bottom) shows the pressure coefficientwith stream traces based on skin-friction representedby black lines depicting the path of the fluidmolecules close to the wall. Low pressure regionscan be observed over the wing which are responsiblefor providing the lift required to overcome theweight of an aircraft. It appears that meaningfuls<strong>im</strong>ulations of the flow over the aircraft make theresolution of a great variety of flow scales neccessaryand this justifies the usage of the <strong>HLRN</strong> supercomputerfor this project.Ingenieurwissenschaften


155c lc dc lc dα cαFigure 1: Lift polar (top) and contour plot of pressure coefficient with stream traces based on skin-friction (bottom).More Information1. KROLL, N., ROSSOW, C.-C., SCHWAM-BORN, D., BECKER, K. AND HELLER, G:MEGAFLOW - A Numerical Flow S<strong>im</strong>ulatonTool for Transport Aircraft Design. ICASCongress 2002, Toronto, 09.-13.09.2002, ICAS2. SCHWAMBORN, D., GERHOLD, T., ANDHEINRICH ,R.: The DLR TAU-Code: Recentapplications in Research and Industry. In: P.Wesseling, E. Oate, J. Priaux (Eds), ECCOMASCFD, Egmond aan Zee, The Netherlands, 20063. http://www.centaursoft.com/4. MENTER, F. R.: Zonal two-equation k-ω turbulencemodels for aerodynamic flows. In: AIAAPaper, AIAA - 93 -2906 (1993)5. GROTE, A. AND RADESPIEL, R: Studies onTailplane Stall for a Generic Transport AircraftWind Tunnel Model. In: Notes on NumericalFluid Mechanics and Multidisciplinary Design,Vol. 96; C. Tropea, S. Jakirlic, H.-J. Heinemann,R. Henke, H. Hönlinger; Springer, Berlin HeidelbergNew York, 2007.6. EISFELD, B. : Numerical S<strong>im</strong>ulation of AerodynamicProblems with SSG/LRR-ω ReynoldsStress Turbulence Model Using the UnstructuredTAU Code. Notes on Numerical Fluid Mechanicsand Multidisciplinary Design, Vol. 96,Springer, Berlin, 2007.FundingFederal Ministry of Economics and TechnologyIngenieurwissenschaften


156Ingenieurwissenschaften


157PhysikPhysik


158Der Infrarotl<strong>im</strong>es der QuantenchromodynamikBerechnung eichvarianter Greenscher Funktionen in der Gitter-QCD mit Hilfe vonMonte-Carlo-S<strong>im</strong>ulationenM. Müller-Preussker, E.-M. Ilgenfritz, A. Sternbeck,Institut für Physik, Humboldt-Universität zuBerlin; Fakultät für Physik, Universität RegensburgKurzgefasst• Quarks und Gluonen sind die elementaren Bausteineder Hadronen, d.h. der der starkenWechselwirkung unterliegenden Elementarteilchenwie Proton, Neutron, Pion,...• Eichvariante Greensche Funktionen der Gluon-,Quark- und der sogenannten Ghost-Felder stellenwichtige Konstrukte der zugrundeliegendenQuantenfeldtheorie – der Quantenchromodynamik(QCD) – <strong>im</strong> Rahmen des Standardmodellsder Elementarteilchen dar.• Diese Greenschen Funktionen (“Propagatoren”)nutzt man als Input für phänomenologisch interessanteBerechnungen von Eigenschaften derHadronen. Ihr Verhalten <strong>im</strong> Grenzfall kleiner Impulse(Infrarotl<strong>im</strong>es) sagt uns etwas darüber,warum Quarks und Gluonen in der Natur alsfreie Teilchen nicht beobachtet werden (“Confinement”).• Im Rahmen des vorliegenden Projekts wurdenund werden die Propagatoren <strong>im</strong> Sinnevon ab-initio-Rechnungen für die Landau- oderCoulomb-Eichung aus der auf einem raumzeitlichenGitter diskretisierten QCD berechnet.Der Infrarotl<strong>im</strong>es verlangt sehr große Gitter, diesich nur auf modernen Parallelrechnern <strong>im</strong>plementierenlassen.• Aus den Propagatoren wurden phänomenologischinteressante Parameter extrahiert, wie die laufendeQCD-Kopplung α s (q) bzw. der QCD-Skalenparameter Λ.Das Phänomen des Eingeschlossenseins derQuarks in Hadronen (sogenanntes “Confinement”)in der Quantenchromodynamik (QCD) ist eng mitdem Infrarotverhalten der eichabhängigen Propagatorender Gluon-, Geist- und Quark-Felderverknüpft. Deren Berechnung verlangt nichtstörungstheoretischeMethoden. Dazu werden inder Literatur zwei theoretische Zugänge verfolgt.Einerseits werden <strong>im</strong> Raum-Zeit-Kontinuum auf eineendliche Zahl von Gleichungen begrenzte Systemevon Dyson-Schwinger- (DS) und von funktionalenRenormierungsgruppen- (FR) Gleichungengelöst. Andererseits werden S<strong>im</strong>ulationsrechnungender auf einem raum-zeitlichen Gitter diskretisiertenQCD (kurz “Gitter-QCD”) durchgeführt.Der Berechnung liegt in der Regel die Landau-Eichung für die Gluonfelder zugrunde. Für einige,auch phänomenologische Anwendungen istdie Coulomb-Eichung von Interesse. Dabei ist in jedemFall ein entsprechendes Eichfunktional zu min<strong>im</strong>ieren,das aber mit wachsendem Systemvolumeneine wachsende Zahl von lokalen Min<strong>im</strong>a besitzt(Gribov-Problem). Der Eindeutigkeit wegen istman am globalen Extremum oder wenigstens anExtrema in dessen “Nähe” interessiert. Im vorliegendenProjekt wird dies mit der numerischen Methodedes “s<strong>im</strong>ulated annealing” erreicht.Die Konsistenz der Aussagen beider Zugängeist ein zentrales theoretisches Anliegen, zumaldie gewonnenen Greenschen Funktionen als Inputin Bethe-Salpeter-Gleichungen für Quark-Antiquark-Zustände (Mesonen) oder in Faddeev-Gleichungen für Drei-Quark-Zustände (Baryonen)dienen können. Das Verhalten der GreenschenFunktionen, <strong>im</strong> Ultraviolett-L<strong>im</strong>es betrachtet, erlaubtes aber auch, best<strong>im</strong>mte Parameter zu fixieren,die in der Analyse hochenergetischer hadronischerStreuprozesse benötigt werden. Ferner istdas Verhalten der Greenschen Funktionen unterthermodynamischen Bedingungen, d.h. bei nichtverschwindenderTemperatur, von Interesse. Dabeigeht es um das Studium des Phasenübergangsvon einer Quark-Gluon-Plasmaphase in die gegenwärtigePhase von Hadronzuständen, wieer in frühen Stadien des Universums bei dessenAbkühlung durchlaufen wurde. Wir untersuchen,inwieweit der longitudinale Anteil des Gluon-Propagators die Definition eines geeigneten Ordnungsparametersfür den Phasenübergang in derQCD erlaubt.Im Verlaufe des mehrjährigen Projekts warenwir in der Lage, eine führende Positionbei der Gitterberechnung der Gluon- und Ghost-Propagatoren <strong>im</strong> Falle der realistischen QCD-Eichgruppe SU(3) einzunehmen. Die Aufklärungder Rolle der Gribov-Kopien gelang insbesonderefür die Coulomb-Eichung [1]. Mit Hilfe von Gitternbis zur extremen Größe 96 4 , ein Volumen vonca. (16fm) 4 repräsentierend, gelang es uns nachzuweisen,dass die Gitter-QCD auf ein Infrarot-Verhalten führt, das <strong>im</strong> Einklang mit der asymptotischen“Entkopplungslösung” der DS- bzw. FR-Gleichungen steht [2]. Damit wurde eine langegeführte Kontroverse verschiedener Autorengruppendarüber, welche der theoretisch möglichenLösungen <strong>im</strong> Einklang mit Gitterrechnungen steht,Physik


1591.41.21.048 4 , β = 6.0, lin32 4 , β = 5.8, lin32 4 , β = 6.0, lin24 4 , β = 6.2, lin16 4 , β = 9.0, lin32 4 , β = 6.0, log32 4 , β = 6.4, log24 4 , β = 6.0, log16 4 , β = 6.0, log16 4 , β = 9.0, logαs(q 2 )0.80.60.40.200.01 0.1 1 10 100 1000 10000momentum q 2 [ GeV 2 ]Abbildung 1: Ergebnisse für die laufende QCD-Kopplung, berechnet mit zwei Definitionen für das nichtabelscheEichfeld der QCD und bei verschiedenen Gittergrößen und Werten für die unrenormierte Kopplungg 0 bzw. β = 6/g 2 0.zu einem wesentlichen Teil geklärt. Die Technologieder Berechnung der Gluon-, Ghost- und Quarkpropagatorenbeherrschend, waren wir auch in derLage, erste Untersuchungen <strong>im</strong> Ultraviolett-L<strong>im</strong>es(d.h. bei hohen Impulsen) durchzuführen, um ausder laufenden QCD-Kopplung durch Vergleich mitErgebnissen der Kontinuumsstörungstheorie biszur 4-Loop-Ordnung den QCD-Skalenparameter Λ<strong>im</strong> sogenannten MS-Schema zu best<strong>im</strong>men [3].Ähnliche Untersuchungen zum Quark-Propagatorstehen kurz vor ihrem Abschluss. Um sicher zugehen, dass die auf großen Volumina berechnetenPropagatoren dem Kontinuumsl<strong>im</strong>es entsprechen,sind Untersuchungen bei variierenden Gitterkonstantenund mit verschiedenen Definitionenfür die gitterdiskretisierten Eichpotentiale notwendig.Derartige Rechnungen wurden <strong>im</strong> Jahre 2010abgeschlossen [4]. Fig. 1 zeigt die entsprechendeBerechnung der laufenden QCD-Kopplung α s (q).In der aktuellen Projektphase steht die Berechnungder Gluon- und Ghost-Propagatoren bei endlichenTemperaturen <strong>im</strong> Mittelpunkt der Betrachtungen.Erste Ergebnisse zeigen, dass sich <strong>im</strong> Falleder reinen SU(3)-Eichtheorie der longitudinaleGluon-Propagator <strong>im</strong> Infrarotl<strong>im</strong>es signifikant alsFunktion der Temperatur am Phasenübergang ersterOrdnung verhält. Im Falle der Gitter-QCD inAnwesenheit dynamischer Fermion-Freiheitsgradeder leichten u-, d-Quarks, in dem lediglich ein stetiges“Crossover”-Verhalten erwartet wird, variiertder Propagator weitaus weniger. Er sollte es aber –<strong>im</strong> <strong>Verbund</strong> mit anderen Observablen – erlauben,den Temperaturbereich dieses Verhaltens besserabzuschätzen.Mehr zum Thema1. A. Voigt, E.-M. Ilgenfritz, M. Müller-Preussker,A. Sternbeck, Phys. Rev. D78, 014501 (2008),arXiv:0803.2307 [hep-lat].2. I.L. Bogolubsky, E.-M. Ilgenfritz, M. Müller-Preussker, A. Sternbeck, Phys. Lett. B676, 69(2009), arXiv:0901.0736 [hep-lat].3. A. Sternbeck, E.-M. Ilgenfritz, K. Maltman,M. Müller-Preussker, L. von Smekal,A.G. Williams, PoS LAT2009, 210 (2009), ar-Xiv:1003.1585 [hep-lat].4. E.-M. Ilgenfritz, C. Menz, M. Müller-Preussker,A. Schiller, A. Sternbeck, arXiv:1010.5120 [heplat],submitted to Phys. Rev. D.FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Physik


160The Higgs bosonDetermination of upper and lower Higgs boson mass bounds from a chirallyinvariant lattice Higgs-Yukawa modelM. Müller-Preussker, K. Jansen, Institut fürPhysik, Humboldt-Universität zu Berlin; NIC, DESYZeuthenAbstract• The Higgs boson is a cornerstone of particlephysics, providing masses to all quarks, leptonsand the electroweak gauge bosons.• The search for the so far undetected Higgs bosonis the main target for the Large Hadron Colliderat CERN.• Theoretically, lower and upper Higgs boson massbounds can be computed but this must be carriedout in a non-perturbative fashion.• We compute such Higgs boson mass bounds bymeans of numerical s<strong>im</strong>ulations with lattice fieldtheory techniques.• Our results provide also the energy scale wherenew physics beyond the standard model of particleinteractions has to appear.The standard model of particle physics comprisesthe electroweak and the strong interactions. Theelectroweak theory, which unifies the electromagneticand the weak interactions within a chiralgauge theory, exploits the concept of spontaneoussymmetry breaking (here known as the Higgsmechanism) to provide masses for all quarks, leptonsand the weak gauge bosons (W, Z), postulatingthe existence of the Higgs boson. However,despite of the great success of the electroweakmodel, the existence of the Higgs boson has notyet been confirmed. Thus, there is presently alarge exper<strong>im</strong>ental effort at the Large Hadron Collider(LHC) at CERN which is dedicated to the discoveryof the Higgs boson as an essential cornerstoneof the electroweak model. On the theoreticalside, a prediction of the Higgs boson mass is notpossible, but at least lower and upper bounds canbe derived. These bounds are, in principle, of nonperturbativenature. Our work focuses therefore onthe Higgs boson mass bounds which we determinenon-perturbatively employing techniques of latticefield theory, in particular Monte-Carlo s<strong>im</strong>ulations.To this end, we neglect the gauge fields, whichcan be treated perturbatively, and study a Higgs-Yukawa model, which describes the interaction betweenthe scalar and the quark fields. Such studieshave already been performed in the past but theseworks were lacking the aforementioned most <strong>im</strong>portantchiral symmetry (the interchange of masslessleft- and right-handed quarks) and no consistentHiggs-Yukawa theory could be established onthe lattice.However, recent developments in lattice fieldtheory have led to a realization of chiral symmetryon the lattice. We consider a chirally invariant latticeHiggs-Yukawa model based on the so-calledNeuberger overlap operator. With this setup, wewere able to provide fully non-perturbatively determinedupper and lower Higgs boson mass boundswhich are of direct <strong>im</strong>portance for the Higgs bosonsearch at the LHC.Our work concerning the Higgs boson massbounds have appeared in a number of publications,[1],[2],[3],[4] and contributions to international conferences.Besides the physical results, describedbelow, it needs to be stressed that a large efforthas been undertaken by us to <strong>im</strong>prove the performanceof the algorithm employed for the numericals<strong>im</strong>ulation of the model. It goes beyond the scopeof this article to discuss these <strong>im</strong>provements in detail,they can be found in the Ph.D. work of P. Gerhold,ref. [3], but it should be mentioned that theyled to a factor of 10-100 acceleration of the s<strong>im</strong>ulations.This has been an essential step to derivethe desired Higgs boson mass bounds.A most <strong>im</strong>portant role in determining the lowerand upper bounds of the Higgs boson mass isplayed by the self-interaction of the Higgs field. Itis described by a 4-point interaction multiplied by aquartic coupling λ. The value of λ has to be positivein order to have a stable theory. This leads to alower bound of the Higgs boson mass at a value ofλ = 0. On the other hand, the quartic coupling cannotexceed a value of λ = ∞ which then leads toan upper bound on the Higgs boson mass. Computingthe Higgs boson mass at λ = 0 and λ = ∞were, in fact, the strategies for deriving the desiredHiggs boson mass bounds 1 .In quantum field theories, a cut-off has to be introducedin order to render the calculations in agiven theory finite. Of course, in the end, such anunphysical cut-off has to be removed from the theory.In the here considered Higgs-Yukawa model,the removal of the cut-off leads to a peculiarity:with increasing cut-off, the strength of the Higgsself-interaction d<strong>im</strong>inishes and when the cut-off is1 It has to be remarked that the actual arguments are more involved and are usually refered to as vacuum instability for the lowerand as triviality for the upper mass bound.Physik


161Higgs boson mass bounds [GeV ]70060050040030020010005001000 1500 2000 25003000Cutoff Λ [GeV ]Figure 1: The final result on the Higgs boson mass bounds. The solid lines are predictions from perturbation theory;the red curve denotes the effect of three fermion generations with a physical top quark mass of 175 GeVand a physical bottom quark mass of 4.2 GeV.removed (it assumes an infinitely large value) theself-interaction vanishes completely and leaves atrivial, non-interacting theory behind. Therefore, itonly makes sense to study the theory with a cut-offin place and to investigate the dependence of theHiggs boson mass bounds as a function of the cutoff.This cut-off dependence is the main result ofour work and it is shown in fig. 1.In our model, there are mass-less modes whichlead to large finite size effects of physical quantities.We have therefore performed a careful analysisof these effects by performing s<strong>im</strong>ulations onvarious size lattices up to 40 4 number of points.Hence we have about O(10 Million) degrees offreedom in the problem. The data shown in fig. 1are then obtained after an extrapolation to an infinitevolume is performed.In fig. 1, the area between the lower and the upperHiggs boson mass bounds gives directly theallowed range of Higgs boson masses consistentwith the electroweak standard model. However, thegraph can also be interpreted in an alternative way:if we assume that the Higgs boson mass has beendetermined exper<strong>im</strong>entally at the LHC, we can directlyread off the max<strong>im</strong>al value of the cut-off upto which the standard model is valid. For example,if the Higgs boson mass would be found at around600 GeV, the max<strong>im</strong>al cut-off is about 1.5 TeV. Realizingthat the value of the cut-off is just a measurefor the scale where new physics beyond the standardmodel has to appear, such a scenario wouldlead then to the exciting conclusion that a new kindof physics will be detected at the LHC.We conclude this contribution by mentioning thatwe presently investigate the resonance parametersof the Higgs boson which will provide additional informationon the Higgs sector and which is another<strong>im</strong>portant information for Higgs boson searches atthe LHC. In addition, we are looking at effects of apossible heavy 4th quark generation on the Higgsboson mass bounds. First results [4] indicate thatwhile the upper Higgs boson mass bound is onlyshifted by about 20%, the lower mass bound isshifted almost by a factor of ten. This can providevery stringent bounds on the mass of such a heavynew fermion generation.More Information1. P. Gerhold, K. Jansen, Lower Higgs boson massbounds from a chirally invariant lattice Higgs-Yukawa model with overlap fermions, JHEP0907 (2009) 025.2. P. Gerhold, K. Jansen, Upper Higgs bosonmass bounds from a chirally invariant latticeHiggs-Yukawa model, JHEP 1004 (2010) 094.3. P. Gerhold, Upper and lower Higgs bosonmass bounds from a chirally invariant latticeHiggs-Yukawa model, PhD Thesis, HU Berlin,[arXiv:1002.2569 [hep-lat]].4. P. Gerhold, K. Jansen, J. Kallarackal,Higgs boson mass bounds in the presenceof a very heavy fourth quark generation,[arXiv:1011.1648 [hep-lat]], to appear in JHEP.FundingGerman Research Foundation (DFG), TelekomFoundationPhysik


162Der Quark-Gluon-Phasenübergang der hadronischen MaterieTwisted Mass-Gitter-QCD bei endlicher TemperaturM. Müller-Preussker (für die tmfT-Kollaboration),Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für PhysikKurzgefasst• Das Verhalten hadronischer Materie unter extremenBedingungen, bei hoher Temperatur oderhoher Baryondichte, stellt weltweit einen wichtigen<strong>Forschung</strong>sschwerpunkt der Elementarteilchenphysikdar. Entsprechende exper<strong>im</strong>entelleUntersuchungen werden an den großenBeschleuniger- bzw. Detektoranlagen – RHICam Brookhaven National Laboratory, LHC amCERN, Genf und zukünftig FAIR bei der GSIDarmstadt – durchgeführt.• Man geht davon aus, dass der Übergang von einemQuark-Gluon-Plasma in Zustände, bei denendie Quarks und Gluonen in Hadronen (Proton,Neutron,...) gebunden sind, in frühen Stadiendes Universums durchlaufen wurde. Quark-Gluon-Zustände sollten auch in kosmischen Objektenextrem hoher Massendichte wie in Neutronensternen“eingefroren” sein.• Für hadronische Materie unter exper<strong>im</strong>entell bishernicht erreichten Bedingungen gibt es eineReihe von Modellaussagen. Rechnungenfrom first principles erlaubt allein die auf einemraum-zeitlichen Gitter diskretisierte Quantenchromodynamik(QCD) als Theorie der starkenWechselwirkungen zwischen Quarks undGluonen. Sie gestattet es, die (pseudo-) kritischeÜbergangstemperatur T c und die Zustandsgleichung<strong>im</strong> thermodynamischen Gleichgewichtvorherzusagen. Die dafür notwendigenS<strong>im</strong>ulationen sind extrem aufwändig und verlangenmeist eine Extrapolation zu physikalischrealistischenWerten, insbesondere der Massender up- und down-Quarks.• Im vorliegenden Projekt werden die TemperaturT c für den Übergang und die Zustandsgleichung<strong>im</strong> Rahmen einer speziellen Gitterdiskretisierungder QCD – der Wilson-twisted mass (tm)-Formulierung der fermionischen Freiheitsgrade– best<strong>im</strong>mt. Diese Formulierung zeichnet sichdurch eine automatische Verbesserung hinsichtlichder Unterdrückung der Diskretisierungsfehleraus.• Als erster Schritt der Untersuchungen wardas komplizierte Phasendiagramm der tm-Gitter-QCD aufzuklären. Inzwischen konnte T c für dreiWerte der Pionmasse best<strong>im</strong>mt werden.Die tmfT-Kollaboration (“twisted mass at finite temperature”– Mitglieder sind derzeit F. Burger, E.-M.Ilgenfritz, M. Kirchner und M. Müller-Preussker,Humboldt-Universität zu Berlin; C. Urbach, RheinischeFriedrich-Wilhelms-Universität Bonn; O. Philipsenund L. Zeidlewicz, Goethe-Universität Frankfurtund M.-P. Lombardo, Laboratori Nazionali diFrascati dell’ INFN, Italien) untersucht das thermischeVerhalten der hadronischen Materie untervoller Berücksichtigung der dynamischen Fermion-Freiheitsgrade <strong>im</strong> Rahmen der gitter-diskretisiertenQuantenchromodynamik. Dazu werden S<strong>im</strong>ulationenmit Hilfe der Hybrid-Monte-Carlo-Methodedurchgeführt. Das Ziel ist die Berechnung verschiedenerphysikalischer Größen wie Polyakov-Loop, Quark-Kondensat, Pionnorm, pseudoskalareAbschirmlänge als Funktion der Temperatur,um die Temperatur des Übergangs bzw.Crossover und letztlich die thermodynamischenZustandsgleichungen best<strong>im</strong>men zu können. Dabeisind möglichst realistisch kleine Werte derPion- bzw. der up- und down-Quarkmassen zuerreichen. Die tmfT-Kollaboration hat zur Diskretisierungder fermionischen Felder die sogenannteWilson-tm-Formulierung gewählt. Diese Diskretisierungdes QCD-Wirkungsfunktionals stellt einenalternativen Zugang zu anderen bislang untersuchtenFormulierungen dar, die vor allem verbesserteStaggered- und Wilson-clover <strong>im</strong>proved-Fermion-Wirkungen benutzen. Die Wilson-tm-Formulierungist in S<strong>im</strong>ulationen der European Twisted MassCollaboration (ETMC) bei der Temperatur T = 0seit längerem erfolgreich <strong>im</strong> Einsatz und gut verstanden.Die tmfT-Kollaboration kann auf Ergebnissender ETMC zur Kalibrierung der verwendetenParameter aufbauen.Detaillierte Voraussagen über die Crossover-Natur des Übergangs sowie zur Temperaturabhängigkeitvon Druck und Energiedichte für denFall von zwei und drei leichten Quark-Flavour-Freiheitsgraden konnten von anderen Autoren mitHilfe der Staggered- und der clover <strong>im</strong>proved-Fermionen gewonnen werden. Die Resultate erwiesensich dabei als quantitativ wie auch qualitativstark abhängig von Gitterdiskretisierungseffektenund den erreichten Werten der Pionmasse.Hieraus leitet sich die Notwendigkeit ab, zumeinen bei möglichst kleinen Quark- und Mesonmassensowie bei hinreichend großen Gittervoluminazu s<strong>im</strong>ulieren, und zum anderen aber aucheine Gitter-Formulierung zu verwenden, die es erlaubt,physikalische Observablen ohne Diskretisierungsfehlerniedrigster Ordnung in der Gitterkon-Physik


163κconfinement?Doubler regionthermal transition/crossoversurfacedeconfinementµ ∞confinement0Aoki phaseβ cusp β qu1 st order quenched l<strong>im</strong>itκ c (β, T = 0)βAbbildung 1: Phasendiagram der Gitter-QCD bei endlicher Temperatur für eine Gitterapprox<strong>im</strong>ation mit twistedmass-Fermionen∞stanten a zu best<strong>im</strong>men. Während das Erfüllender ersten Bedingung unumgänglich einen hohenRechenaufwand bedeutet, kann die zweite durchdie Verwendung der Wilson-tm-Fermionen effizientumgesetzt werden (sogenannte automatischeO(a)-Verbesserung).Die erforderlichen explorativen Studien [1] desrelativ komplizierten Phasendiagramms der tm-Gitter-QCD mit zwei flavour-Freiheitsgraden (N f =2) bildeten den ersten Teil des Projektes (sieheAbb. 1 und [2]).Aufbauend auf diesen Ergebnissen, gewonnenauf Gittern der Ausdehnung N 3 s × N t mit N s =16, 24 und N t ≡ 1/(aT) = 8, haben wir S<strong>im</strong>ulationenbei kleineren up-, down-Quarkmassenund somit notwendigerweise auf größeren Gittern(N s = 32, N t = 10, 12) durchgeführt. Auf dieseWeise waren wir nach ersten Machbarkeitsstudienund einem Nachweis der automatischen O(a)-Verbesserung [3] in der Lage, die Temperatur desÜbergangs für drei verschiedene Werte der Pionmassezwischen 300 MeV und 500 MeV zu best<strong>im</strong>men.Dies erlaubt eine Extrapolation zum physikalischenPunkt bei 140 MeV. Der Einfluss der Gitterdiskretisierungerwies sich dabei als relativ klein.Erste Ergebnisse wurden in [4] publiziert.Es besteht <strong>im</strong> weiteren die Absicht, die S<strong>im</strong>ulationenauf den realistischen Fall der N f =2 + 1 + 1 dynamischen Fermionfreiheitsgrade derup-, down-, strange- und charm-Quarks auszudehnen,mit dem Ziel, auch dafür die Temperaturabhängigkeitphysikalischer Größen wie z.B. derEnergiedichte und des Druckes zu berechnen.Mehr zum Thema1. E. M. Ilgenfritz, K. Jansen, M.P. Lombardo,M. Müller-Preussker, M. Petschlies, O. Philipsen,L. Zeidlewicz, PoS LAT2008, 206 (2008),arXiv:0809.5228 [hep-lat].2. E.-M. Ilgenfritz, K. Jansen, M.P. Lombardo,M. Müller-Preussker, M. Petschlies, O. Philipsen,L. Zeidlewicz, Phys. Rev.D80, 094502(2009), arXiv:0905.3112 [hep-lat].3. M. Müller-Preussker, E.-M. Ilgenfritz, K. Jansen,M.P. Lombardo, O. Philipsen, L. Zeidlewicz,M. Kirchner, M. Petschlies, D. Schulze,C. Urbach, PoS LAT2009, 266 (2009), ar-Xiv:0912.0919 [hep-lat].4. F. Burger, E.-M. Ilgenfritz, M. Kirchner,M.P. Lombardo, M. Müller-Preussker, O. Philipsen,C. Urbach, L. Zeidlewicz, arXiv:1009.3758[hep-lat], to appear in PoS LAT2010, (2010).FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Physik


164Fundamental Constants of Quantum Chromo Dynamics:a multiscale problem.Precision charm physics with N f = 2 dynamical quarksR. Sommer, U. Wolff, NIC, DESY; Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für PhysikAbstract• The Standard Model is our theory of subatomicphysics, validated down to very small distances.It comprises Quantum Chromo Dynamics (QCD)describing the strong interaction.• Some of the fundamental constants of Natureare associated with QCD: the strong couplingconstant α s and the masses of the quarks,m u , . . .,m t , indicated in the Figure.• We s<strong>im</strong>ulate QCD using a finite size techniqueto cover the multiple scales of the theory andrelate its fundamental constants to exper<strong>im</strong>entalobservables, such as the mass of the proton.• Our project is part of the international ALPHAcollaboration programme and the data sets arecoordinated within the CLS consortium [1].Over the last few decades, particle physicists haveexplored the fundamental forces down to distancescales of ≈ 10 −18 m. It was found that the exper<strong>im</strong>entalobservations are described to very high accuracyby a theory which is known as the StandardModel of particle physics.The Standard Model describes the interactionsof the fundamental constituents of matter throughelectromagnetic, weak and strong forces in termsof three different quantum gauge theories. It doesso very accurately and in terms of very few fundamentalconstants of Nature. Apart from the mathematicals<strong>im</strong>plicity of its basic equations it was essentialfor the success of the Standard Model thatthe forces involved are mostly relatively weak atthe typical energy transfers in particle physics scatteringexper<strong>im</strong>ents of about 10 − 100 GeV. 2 Thestrengths of the interactions are characterized byso-called coupling constants. When the forces areweak, the predictions of the theory can be workedout in terms of an expansion in powers of thesecoupling constants, a procedure known as perturbationtheory. For instance, in Quantum Electrodynamics(QED), the quantum gauge theory describingthe interactions between electrons and photons,the coupling constant is the well-known finestructure constant α ≈ 1/137. Its smallness guaranteesthat only a few terms in a power series aresufficient in order to predict physical quantities withhigh precision.The gauge theory for the strong force is QCD,where quarks and gluons assume the rôles of theelectrons and photons of QED. Quarks are the constituentsof the more familiar proton and neutron.The coupling constant of QCD, α s , then characterizesthe strength of the interaction between quarksand gluons. One <strong>im</strong>portant property of all coupling“constants” in the Standard Model is that they dependon the energy transfer µ in the interaction process.In this sense they are not really constant,and one usually refers to them as couplings that“run” with the energy scale. At µ ≈ 100 GeV thestrong coupling constant has been determined asα s ≈ 0.12. Although this is much larger than thefine structure constant of QED, perturbation theorystill works well. However, if the energy scale µ isdecreased from 100 GeV the value of α s increases.In fact, at µ ≈ 1 GeV it becomes so large that perturbationtheory cannot be relied upon any more.It is then obvious that particle theorists require atool which is able to deal with large values of α s . Anon-perturbative method is needed to work out thepredictions of QCD in this situation.The s<strong>im</strong>ple and elegant theory of QCD is formulatedin terms of quarks and gluons. Yet whatis observed in exper<strong>im</strong>ents at low energies, say,µ < ∼1 GeV are protons, neutrons, π-mesons andmany other particles, all known as hadrons. In fact,a striking property of QCD is “confinement”, whichmeans that quarks and gluons cannot be producedin exper<strong>im</strong>ents.Computer s<strong>im</strong>ulations of QCD formulated on adiscrete lattice of space-t<strong>im</strong>e points allow for a nonperturbativetreatment of the theory in the lowenergyreg<strong>im</strong>e. As usual when compute gridscome into play, one must extrapolate the answersto the continuum l<strong>im</strong>it by studying sequences ofprogressively finer discretizations. In addition computersdemand the enclosure of space-t<strong>im</strong>e into afinite region which is an approx<strong>im</strong>ation that has tobe controlled. In such s<strong>im</strong>ulations it is natural touse a few hadron masses as input to tune the freeparameters in lattice QCD and to then predict therest.To establish a unified description for all energieswe need to relate the input parameters of perturbativeQCD and of lattice QCD to each other.2 In particle physics it is customary to use “natural units” where the speed of light c and Planck’s constant ¯h are set to one, andenergies as well as masses are given in GeV. As an orientation note that m proton ≈ 1GeV, where 1GeV = 1.602 · 10 −7 J.Physik


165Figure 1: Large range of energy (µ) scales in lattice QCD, where shaded areas refer to quark mass values (in theso-called MS scheme) quoted by the Particle Data Group. Red marks indicate the pion, the D- and theB-meson mass. The perturbative domain is above µ = 10GeV. It is distinct from the white region coveredby typical grids used to describe hadrons.This is a difficult problem, because it requires nonperturbativecontrol and the s<strong>im</strong>ultaneous handlingof a hadronic and a much higher energy scalewith both of them discretized finely enough. TheALPHA-collaboration is devoted to an uncompromisingsolution of this issue with innovative methods.To this end we have developed a by now wellknownrecursive finite size scaling technique.The decisive idea of that method is to considera sequence of deliberately finite sized and partiallyeven small boxes (‘femto universe’) with QCD inside.The smallest system is such that — due toHeisenberg’s uncertainty relation — it can be relatedby perturbative QCD to high energy scatteringin an infinite volume. Then successive boxesdiffer by scale factors of two only and are related toeach other by taking the continuum l<strong>im</strong>it of s<strong>im</strong>ulations.Eventually one arrives at a large box which isrelated with hadrons in lattice QCD. In this way themulti-scale problem is circumvented and a physicalscale ratio is <strong>im</strong>plemented that grows exponentiallywith the number of steps. In terms of the Figure,one starts with a high energy from the right,and then moves recursively to the left by factor tworescaling steps, until a scale suitable for hadronsis reached. This method is clearly involved, butin contrast to s<strong>im</strong>pler approaches which typicallycompromise with the multiple scales handled onsingle lattices it is more amenable to systematic<strong>im</strong>provement and error control. Its application toQCD is now far advanced [3],[2], for instance a systematic<strong>im</strong>provement of the discretization has been<strong>im</strong>plemented.In this particular project we focus on a precisiondetermination of the mass m c of the charm quarkand, in a first stage, only the lightest of the quarksare fully incorporated in the s<strong>im</strong>ulations (N f = 2).The other quarks are treated in the so-called valenceapprox<strong>im</strong>ation. A special challenge has tobe faced when s<strong>im</strong>ulating the charm quark. Itsmass around 1 GeV puts it close to the upper endof the white area in the Figure given by the ultravioletcutoff Λ UV = a −1 . Cutoff effects of orderm 2 a 2 are then relevant and have to be carefullyextrapolated away. We therefore studied latticeswith as small a discretization length as possible. Inthis effort we encountered unforeseen algorithmicproblems, which required a dedicated study. Theyare now understood to be no major hurdle on theway to precise answers [4]. We are thus ready todetermine m c in the N f = 2 theory and we willalso investigate the decay D s → l ν l . In this decaya tension has existed between the exper<strong>im</strong>entallyobserved rate and the Standard Model prediction.The latter depends on the so-called decay constantF Ds , which we will compute precisely through latticeQCD s<strong>im</strong>ulations.The result will be either another precision test ofthe Standard Model or a hint for particles or interactionsnot discovered directly as yet.More Information1. http://www-zeuthen.desy.de/alphahttps://twiki.cern.ch/twiki/bin/view/CLS2. F. Tekin, R. Sommer and U. Wolff “The Runningcoupling of QCD with four flavors,” Nucl. Phys.B840, 114-128 (2010).3. ALPHA collaboration, “Non-perturbative quarkmass renormalization in two-flavor QCD,” Nucl.Phys. B729, 117-134 (2005).4. S. Schaefer, R. Sommer and F. Virotta, “Criticalslowing down and error analysis in lattice QCDs<strong>im</strong>ulations,” Nucl. Phys. B845, 93-119 (<strong>2011</strong>).FundingDFG Collaborative Research Centre TR 09-03, EuropeanUnion project “FLAVIAnet”Physik


166The beauty of particle physicsB-physics from lattice QCDA. Shindler (for the European Twisted MassCollaboration), Humboldt Universität zu Berlin, Institutfür PhysikAbstract• Weak decays of hadrons containing heavyquarks are <strong>im</strong>portant sources of information toinvestigate the nature of elementary particle interactions.• The s<strong>im</strong>ple structure of the weak interactions isobfuscated by the high complexity of strong interactionsthat need a non-perturbative treatment.• A Euclidean space-t<strong>im</strong>e lattice is the only frameworkin order to address these issues and tostudy the theory of strong interaction: QuantumChromodynamics (QCD).• These s<strong>im</strong>ulations are computationally very demandingand require several thousands of CPUcores.In nature there are four fundamental forces orinteractions. Three of them (strong, weak andelectromagnetic) are described by the StandardModel (SM). Within the SM there are six flavoursof quarks (u,d,s,c,b,t), which interact among themselves.The nature of elementary particle interactionshas always been investigated studying therich phenomenology of weak decays and nowadays<strong>im</strong>portant sources of informations are weakdecays of hadrons, composite particles made ofquarks, containing the b quark. In the SM, theCabibbo-Kobayashi-Maskawa (CKM) matrix is aunitary matrix which contains information on thestrength of flavour-changing weak decays. Technically,it specifies the mismatch of quantum states ofquarks when they propagate freely and when theytake part in the weak interactions. It is of utmost <strong>im</strong>portancein the understanding of CP violation. Thestudy of weak decays of hadrons containing the bquark allows to test the unitarity of the Cabibbo-Kobayashi-Maskawa (CKM) matrix and to determinedirectly the weak mixing angles. Hopefully,this will provide some hints about New Physics beyondthe Standard Model.The structure of weak interactions in the StandardModel is rather s<strong>im</strong>ple. According to the structureof the interaction, weak decays of hadrons canbe divided into three classes: leptonic decays, inwhich the quarks of the decaying hadron annihilateeach other and only leptons appear in the finalstate; semi-leptonic decays, in which both leptonsand hadrons appear in the final state; and nonleptonicdecays, in which the final state consistsof hadrons only. Representative examples of thesethree types of decays are shown in the left plot offig. 1.In hadrons quarks interact among themselvesalso exchanging the mediator of the strong interaction,the gluon. At the moment there is ahuge body of exper<strong>im</strong>ental evidence that the theorywhich describes the interaction between quarksand gluons is Quantum Chromodynamics (abbreviatedas QCD). QCD enjoys two peculiar andcounter-intuitive properties: asymptotic freedomand confinement. Confinement is the phenomenonfor which at very large distances the strength ofthe interaction between the quarks increases. Asa consequence the quarks are bound in compositeparticles called hadrons, which are classifiedinto baryons (e.g. the proton or the neutron), andthe unstable mesons (e.g. pions, kaons, D or Bmesons). This confinement property of the stronginteraction is the reason why quarks in nature havenever been observed in isolation.In fact the s<strong>im</strong>ple quark-line graphs shown in theleft plot of fig. 1 are a gross overs<strong>im</strong>plification of thereal situation. As an example, a more realistic pictureof a non-leptonic decay is shown in the rightplot of fig. 1. The complexity of strong interactionsrenders the study of these processes highly nontrivial,and not suitable to a perturbative treatment.The only known way to deal with strong interactionsat low energies is to study QCD on a Euclideanspace-t<strong>im</strong>e lattice: lattice QCD. Lattice QCD isa technique which allows to access a whole setof physically relevant quantities in a region whereconfinement is at work, and which would be inaccessibleby any other theoretical mean. The latticecan be naturally mapped on a grid of CPUs and thelocal nature of the interaction is suitable to be s<strong>im</strong>ulatedwith stochastic methods on supercomputerscontaining thousands of CPU cores.From the exper<strong>im</strong>ental side, over the lastdecade, a lot of information on heavy-quark decayshas been collected in B-factories and in the yearsahead LHC will continue to provide a wealth ofnew results. The exper<strong>im</strong>ental progress in heavyflavourphysics has been accompanied by a significantprogress in theory, which was related to thediscovery of heavy- quark symmetry, the developmentof the Heavy-Quark Effective Theory (HQET).In recent years different ideas have been proposedin order to combine HQET with lattice QCD. Thisproject deals with one of these proposals. MorePhysik


B b u eB0 b c ed D+ddb c B0 D+d d u B0 b c uD+d d d167Figure 1: Left plot: examples of leptonic (B − → τ −¯ν τ ), semi-leptonic ( ¯B 0 → D + e −¯ν e ), and non-leptonic( ¯B 0 → 5D + π − ) decays of B mesons. Right plot: More realistic representation of a non-leptonic decay.specifically it concentrates on a precise computationof the b-quark mass and the so called B-mesons decay constants which are the single parametersparametrizing bound-state effects in leptonicdecays.One of the reasons why HQET is a very <strong>im</strong>portanttool is that at present, due to computer l<strong>im</strong>itations,it is not possible, to work directly with theheaviest quarks (as the b-quark) propagating onthe s<strong>im</strong>ulated lattice. We have devised a method,to overcome this difficulty which makes use of particularratios of physical quantities computed atslightly different values of relativistic heavy quarkmasses. This novel approach to B-physics removescompletely all the uncertainties on the staticpoint results which are needed in standard HeavyQuark Effective Theory (HQET) inspired methods.We plan to compute the b-quark mass and thepseudoscalar decay constants f B and f Bs withhigh precision. We also plan to start an investigationfor the determination of the masses of baryonscontaining at least one heavy quark. When oneperforms QCD computation on a space-t<strong>im</strong>e latticeone has to specify in what way the QCD interactionis modified by the presence of a discrete lattice.There are several ways to define QCD on alattice and they all differ by the so-called discretizationerrors or lattice spacing effects. If we have anhypercubic lattice with spacing a discretization errorsare in principle at least of O(a). If one choosesappropriately the way to describe QCD on a latticeone can try to reduce these errors to be smaller,e.asg. of O(a 2 ). This is very <strong>im</strong>portant since therate with what we reach the continuum QCD theory,i.e. sending a → 0, is much faster. This <strong>im</strong>pliesthat at finite a the results do not differ substantiallyto the continuum QCD results giving us confidencewhen performing the extrapolation to a = 0.We have used a way to describe QCD on an hypercubiclattice called Wilson twisted mass. Thisparticular lattice theory has the advantage of ensuringand automatic removal of all the leadingO(a) lattice spacing corrections to all the physicalquantities at the price of a single non-perturbativetuning of one of the parameters present in the theory.With our approach we have already publishedon JHEP results obtained with a feasibility studyand they are very encouraging [1]. They comparenicely with the state of art calculations today availablein the literature as well as with Particle DataGroup (PDG) numbers.The precision of our first results published onJHEP is still not comparable with recent theoreticaland exper<strong>im</strong>ental determinations. To fill thisgap in this project we propose to <strong>im</strong>prove in severaltechnical aspects of our computation in orderto be competitive with the best exper<strong>im</strong>ental determinationsand to contribute in the search for NewPhysics beyond the SM.More Information1. B. Blossier et al. [ETM Collaboration]: “A proposalfor B-physics on current lattices, JHEP1004 (2010) 049 [arXiv:0909.3187 [hep-lat]].FundingGerman Research Foundation (DFG)Physik


168Habitabilität von Super-Erden: Gibt es eine Erde 2.0?Skalierungsgesetze für die Manteldynamik in ExoplanetenJ. Oberst, L. Noack, Institut für Geodäsie undGeoinformationstechnik, Technische UniversitätBerlinKurzgefasst• Die Habitabilität eines Planeten hängt von verschiedenenFaktoren wie Kl<strong>im</strong>a und Plattentektonikab.• Wir nutzen 2D und 3D Konvektionsmodelle, welcheAuskunft über dynamische Vorgänge <strong>im</strong> Innereneines Planeten liefern, jedoch sehr zeitaufwändigsind.• Aus den Konvektionsmodellen leiten wir Skalierungsgessetzefür 1D Modelle ab.• Planeten von großer Masse sind <strong>im</strong> Inneren einemhohen Druck ausgesetzt, der untere Mantelstagniert (genannt Low-Lid) und n<strong>im</strong>mt nicht ander Konvektion teil.• Der Druck hat einen großen Einfluss auf dasgesamte Konvektionsverhalten und die Plattentektonikwahrscheinlichkeitsowie die Ausgasungdurch Vulkanismus, was wiederum Konsequenzenfür das Kl<strong>im</strong>a hat.Seit einigen Jahren beschäftigt sich die Astrophysikmit der Suche nach einem habitablen Planetenaußerhalb unseres Sonnensystems, d.h. einemPlaneten, der die Fähigkeit besitzt erdähnlichesLeben zu beherbergen. Für die Habitabilität einesPlaneten (zumindest für komplexes Leben) wird dieExistenz von Plattentektonik meist als Grundvoraussetzungangenommen. Durch die Erneuerungder Oberfläche wird zum Einen das TreibhausgasCO 2 der Atmosphäre, welches in Sed<strong>im</strong>enten gebundenwird, dem Mantel zurückgeführt und daherdas Kl<strong>im</strong>a stabilisiert. Der Mantel kühlt außerdemdank des Materialtransports aus dem Planeteninnerenan die Oberfläche sehr effektiv ab. Diesträgt auch dazu bei, dass ein Magnetfeld entstehenkann bzw. beibehalten werden kann.Für Modelle zur S<strong>im</strong>ulation der Mantelkonvektioneines Planeten ist die Umsetzung der Plattentektonikmit realistischen Parametern heute nochnicht zufriedenstellend realisierbar. Es ist jedochmöglich, erdähnliche Referenzmodelle zu definierenund Tendenzen anhand von Parametervariationenzu studieren. Diese Ergebnisse können Aufschlussdarüber geben, ob die Wahrscheinlichkeit,auf einer Super-Erde mit mehreren ErdmassenPlattentektonik zu erhalten, höher oder niedrigerist als bei einem Planeten von einer Erdmasse.Abbildung 1 zeigt die vorläufigen Ergebnisseaus unserem Projekt bezüglich der Tendenzder Plattentektonik abhängig von Zeit und Masse[1]. Massereiche Planeten haben aufgrund des hohenDrucks einen stagnierenden unteren Mantel,so dass die Plattentektonikwahrscheinlichkeit mitder Masse abn<strong>im</strong>mt. Kleine oder kalte Planetenkönnen ebenfalls keine Plattentektonik entwickeln,da die Konvektion <strong>im</strong> Mantel zu schwach ist.Für die S<strong>im</strong>ulation und Abschätzung der Habitabilitäteines extrasolaren Planeten werden aus dendreid<strong>im</strong>ensionalen Mantelkonvektionsmodellen allgemeingültige Gesetze, die so genannten Skalierungsgesetze,hergeleitet. Diese können dannvon eind<strong>im</strong>ensionalen parametrisierten Modellenbenutzt werden. Der Vorteil dieser Modelle liegtin dem niedrigen Anspruch an Rechenressourcen,weshalb sie bis heute von vielen Forschern benutztwerden. Einfache Skalierungsgesetze wurdenbereits in den letzten Jahrzehnten für kleinebis erdgroße Planeten hergeleitet. Für massereicherePlaneten können diese Skalierungsgesetzenicht mehr benutzt werden. In unserem Projekt leitenwir allgemein anwendbare Skalierungsgesetzeher. Bei druckabhängigen Rheologien scheintein s<strong>im</strong>ples globales Skalierungsgesetz nicht ausreichendzu sein, da sich die Abhängigkeiten vonGeschwindigkeit und Wärmetransport stark mit derTiefe verändern und nicht global beschrieben werdenkönnen. Eine besondere Rolle spielt dabei deruntere Mantel, welcher bei sehr massereichen Planetenin einem rein konduktiven Reg<strong>im</strong>e ist, wasvon uns Low-Lid genannt wird [2]. Wir konnten bereitszeigen, dass ein Low-Lid entsteht, wenn dieViskosität mit der Tiefe um den Faktor 10 5 zun<strong>im</strong>mt[2]. Interessanterweise wurde bereits eine gleicheKlassifikation für die Lithosphäre (stagnierendesoberes Lid) festgelegt. Es ist überraschend, dassdie Lithosphäre und das Low-Lid eine ähnlicheAbhängigkeit von der Viskosität aufzeigen, obwohldie Lithosphäre durch die kalten Oberflächentemperaturenentsteht, während das Low-Lid durch den hohen Druck an der Kern-Mantel-Grenze gebildet wird.Ein weiterer Schwerpunkt des Projektes liegt aufdem Vergleich zwischen dem exponentiellen ArrheniusGesetz für die Berechnung der Viskosität<strong>im</strong> Mantel und einer stark vereinfachten, jedochsehr beliebten Viskositätslinearisierung, der Frank-Kamenetskii (FK) Approx<strong>im</strong>ierung. Diese Approx<strong>im</strong>ierungentsteht durch eine einfache Anwendungder Taylor-Reihenentwicklung um einen vorher best<strong>im</strong>mtenLinearisierungspunkt (an dem die Ap-Physik


169Abbildung 1: Tendenz (P; engl. propensity) der Plattentektonik auf Super-Erden abhängig von Zeit (t) und Masse(M).prox<strong>im</strong>ierung exakt ist) und reduziert den Viskositätskontrast<strong>im</strong> Mantel. Bisher wurde diese Approx<strong>im</strong>ierungjedoch nur für temperaturabhängigeRheologien hergeleitet. Entweder wurde der Druckvernachlässigt, oder der Druck wurde in die einfachetemperaturabhängige Approx<strong>im</strong>ierung eingesetzt,was zu falschen Ergebnissen führt. Oder dieEffekte der Druckabhängigkeit wurden einfach geraten.Wir konnten zeigen, dass für die Benutzungeines realistischen Druckes bei einigen S<strong>im</strong>ulationendie Approx<strong>im</strong>ierung nicht benutzbar ist. Wir habenjedoch eine neue FK Approx<strong>im</strong>ierung höhererOrdnung hergeleitet. Sie führt in allen untersuchtenFällen zu der gewünschten Genauigkeit und behältdie Vorteile der FK Approx<strong>im</strong>ierung (kleiner Viskositätskontrast<strong>im</strong> Mantel) bei [3]. Die Herleitungder Skalierungsgesetze für temperatur- und druckabhängigeRheologien ist daher unabhängig vondem benutzten Viskositätsgesetz, falls die komplexereFK Approx<strong>im</strong>ierung benutzt wird.Weitere gängige Vereinfachungen bei der S<strong>im</strong>ulationder Mantelkonvektion sind die Vernachlässigungder Kompressibilität des Mantelgesteinssowie die Reduktion eines nichtlinearenKriechverhaltens des Gesteins <strong>im</strong> oberen Mantelauf eine Newtonsche Rheologie, bei der dieViskosität des Mantels spannungsunabhängig berechnetwird. Skalierungsgesetze wurden bisherlediglich für inkompressible und meist NewtonscheRheologien hergeleitet. Diese Vereinfachungensind für Planeten inakzeptabel, welche größerals die Erde sind. Die Skalierungsgesetze werdendaher <strong>im</strong> Rahmen unseres Projektes an realistischereGegebenheiten angepasst, die nichtlineareRheologie wird am Planeten Merkur [4] getestet.Mehr zum Thema1. Stamenkovic, V., L. Noack und D. Breuer, 2010:Low-lid formation on Super-Earths and <strong>im</strong>plicationsfor the habitability of Super-Earthsand Sub-Earths. EGU General Assembly 2010,Geophys. Res. Abstracts 12, EGU2010-9380.2. Noack, L., V. Stamenkovic und D. Breuer, 2010:Pressure-Dependent Viscosity on Sub-Earthsand Super-Earths. EGU General Assembly, Vienna,2010.3. Noack, L. und D. Breuer, 2010: Damped Frank-Kamenetskii Approx<strong>im</strong>ation for TemperatureandPressure-Dependent Rheologies andConsequences for the S<strong>im</strong>ulation of Super-Earths. Geodynamik Workshop Münster, 06.-08.10.2010.4. Grott, M, H. Hussmann, J. Oberst und M.Wählisch, 2009: Terrestrial Planets and Satellites:Geodetic and geophysical data. Landolt-Börnstein VI B, Springer, 182-199.FörderungHGF-<strong>Forschung</strong>sallianz ”Planetary Evolution andLife”Physik


170Nanostructures for biosensing devicesFunctionalization of semiconductor nanowiresA.L. da Rosa, N.H. Moreira, Th.Universität BremenAbstractFrauenhe<strong>im</strong>,• Tailored nanodevices with a specific functionality,or combining various functionalities, can be designedby capping the surface of nanostructureswith organic molecules.• The design of such devices with opt<strong>im</strong>al performancerequires a deep understanding of theirphysical properties such as the investigation ofsurface defects and surface functionalization.• In this project we employ first principles densityfunctional theory to design hybrid semiconductornanostructures with specific functionality via surfacemodification and doping.• Equilibrium structures of semiconductornanowires functionalized with organic moleculesare investigated. We propose opt<strong>im</strong>al anchorgroups for functionalization of these wires.There is considerable technological interest incombining organic molecules with semiconductornanostructures in order to obtain hybrid materialswith novel properties, which includes highlyspecific sensors and new multifunctional devices.Nanostructured materials have large surface-tovolumeratios which offer a unique possibility ofenhanced sensitivity and selectivity. Chemicalspecies introduced onto the surface of such nanostructurescould then be employed to create novelhybrid multi-functional devices. Nowadays, theused sensing devices require large complexity andt<strong>im</strong>e-consuming sample preparation and offer l<strong>im</strong>itedsensitivity. Compared to two-d<strong>im</strong>ensional planardevices, where binding to the surface leads todepletion or accumulation of charge carriers onlyon the surface region, the charge accumulationor depletion in the one-d<strong>im</strong>ensional nanostructurestakes place in the bulk region of the structure,which gives rise to large changes in their electricalproperties. Such a feature is particularly desirablefor rapid and real t<strong>im</strong>e detection of biomoleculesand proteins. One of the crucial aspects for the realizationof such hybrid systems is the understandingof the semiconductor/organic interface.ZnO can offer many advantages, such asgood conductivity, many transport channels at thenanoscale, excellent chemical stability and biocompatibility.Surface modification of ZnO nanostructuresshould provide <strong>im</strong>mobilization of furtherattached biological or organic molecules throughcovalent binding. Due to the complexity of the systems,it is not always straight forward to obtain allaspects of ZnO/organic interface by exper<strong>im</strong>entalcharacterization. In this context, density functionalcalculations are a powerful tool for the quantitativeinterpretation of exper<strong>im</strong>ents, and can help to determinethe most stable binding groups, the geometryof the adsorbed molecules as well the electronicand electrical properties of the ZnO/organicsystem.We employ density-functional theory basedmethods, including first-principles and tight-bindingapproaches to investigate structural and electronicproperties of hybrid ZnO/organic nanowires. Wehave investigated the chemical interactions betweenZnO nanowire facets and several organicfunctional groups. Moreover we have investigateddopants in ZnO wires for spintronics applications.We have demonstrated the covalent functionalizationof (1010)-ZnO surfaces with carboxylicacids. We have found two thermodynamically stablesurface configurations: a monolayer coveragewith a bidentate chelating ligand and a halfmonolayercoverage with a bidentate bridging ligand(as shown in Fig.1). In both cases, the electronicband structures show the presence of covalentsurface/adsorbate interactions. Besides, anonbonding carboxylate character is verified for thebidentate adsorbate[2],[4].Besides we have calculated the atomic relaxationsand formation energies for neutral andcharged defects using an empirical potential alignmentprocedure. Oxygen vacancies and zinc interstitialshave been found the lowest energy defectsunder Zn-rich conditions, with oxygen interstitialsand zinc vacancies favored under O-rich conditions.Most defects have been found favorableon the surface of the wire, with exception of thecharged oxygen interstitials, which prefer inner positionsto allow a better charge accommodation observedthere. Besides, we have also investigatedthe interaction between oxygen vacancies and carboxylicacids, demonstrating that an oxidationreductionreaction may explain the suppressionof green luminescence bands exper<strong>im</strong>entally observedfor organic-coated ZnO nanowires[1].Finally we investigate the formation energies,electronic structure, and magnetic properties of N<strong>im</strong>purities in ZnO nanowires. While the subsurfaceposition is the preferential site for the N dopantsin bare nanowires, upon hydrogen passivation Natoms segregate to surface sites. Additionally wePhysik


171Figure 1: The stability of acetic acid on ZnO (1010) surfaces. The picture on the left shows the surface phasediagram for the most stable structures. The picture on the right shows the opt<strong>im</strong>ized geometries forCH 3 -COOH on ZnO(1010).show that the defect levels in these ultra-thin wiresare deeper than the ones in bulk ZnO, suggestingstrong quantum d<strong>im</strong>ensional effects. Finally we investigatethe possibility of ferromagnetism inducedby N in ZnO nanowires. Our spin-polarized calculationsshow that, although N introduces a small netmagnetic moment in ZnO, the interaction betweenN dopants is weak and strongly dependent on theN position[3].More Information1. Native Defects in ZnO Nanowires: Atomic Relaxations,Relative Stability and Defect Healingwith Organic Acids, N. H. Moreira, B. Aradi, A.L. Rosa and Th. Frauenhe<strong>im</strong>, J. Phys. Chem.C 114, 18860 (2010)2. Glycine Adsorption on (1010)-ZnO Surfaces, A.Dominguez, N. H. Moreira, G. Dolgonos, A. L.Rosa and Th. Frauenhe<strong>im</strong>, J. Phys. Chem. C,(2010) accepted3. N-doped ZnO nanowires: surface segregation,the effect of hydrogen passivation and applicationsin spintronics, H. Xu, A. L. Rosa, Th.Frauenhe<strong>im</strong> and R. Q. Zhang, phys. stat. sol.(b) 247, 2195(2010)4. First principles calculations of atomic and electronicproperties of ZnO nanostructures, W.Fan, H. Xu, D. Fang, A. L. Rosa, R. Q. Zhangand Th. Frauenhe<strong>im</strong>, phys. stat. sol. (b) FeatureArticle, 247, 2581 (2010)FundingGerman-Israeli Cooperation Program (DIP); DFGPriority Programme 1165Physik


172Heisser TanzVerschmelzung von NeutronensternenC. Lämmerzahl, S. Rosswog, Universität Bremen,Jacobs University BremenKurzgefasst• Doppelsternsysteme aus Neutronensternen sindLaboratorien für Physik unter extremsten Bedingungen.• Sie sind starke Quellen von Gravitationswellen,die man in naher Zukunft zu detektieren hofft.• Ihre Verschmelzung ist vermutlich verantwortlichfür einige der leuchtkräftigsten Explosionen <strong>im</strong>Universum seit dem Urknall.Die Entwicklung von Sternen vollzieht sich in Stadienähnlich denen eines menschlichen Lebens. AmBeginn steht die Geburt eines Sternes durch denGravitationskollaps einer interstellaren Gaswolke.Der Kollaps wird gestoppt, wenn der Gasdruck<strong>im</strong> Inneren der kollabierenden Region groß genugwird, um der Eigengravitation Paroli zu bieten: ein’Proto-Stern’ ist geboren. Übersteigt die Zentraltemperaturmehrere Millionen Grad, setzt Wasserstoffbrennenein. Diese Brennphase ist die längstein einem Sternenleben. Danach können sich weitereBrennphasen anschließen: ist der Brennstoffvorratder aktuellen Phase aufgebraucht, kommtes zu einer Kontraktion und Temperaturerhöhung,die die nächste Brennphase einläutet, in der die’Asche’ der vorherigen Phase als neuer Brennstoffdient. Wie weit ein Stern in dieser Entwicklungkommt, hängt von seiner ursprünglichen Masseab. Leichte Sterne können bereits nach demHelium- oder Kohlenstoffbrennen nicht weiter kontrahieren,ihre Eigengravitation ist zu schwach. Inihrem Todeskampf stoßen sie ihre äußere Hülleab, zurück bleibt ein ’planetarischer Nebel’, in dessenZentrum der noch glühend heiße Kern desSternes, ein ’Weisser Zwerg’, zurückbleibt. Sterne,die etwa die achtfache Masse unserer Sonneübersteigen, durchlaufen einer Reihe weitererBrennphasen bis sich ein Eisenkern <strong>im</strong> Zentrumdes Sterns gebildet hat. Eisengruppenelementekönnen aus kernphysikalischen Gründen nicht weiterfusionieren, deshalb wächst der zentrale Eisenkernbis zu einer kritische Masse, bei der er kollabiert.Dieser Kollaps läutet das finale Feuerwerkein, in dem der massereiche Stern sein Leben aushaucht:eine Supernova. Dabei zerstört er einenGroßteil der Elemente, die er über seine Lebenzeitsynthetisiert hat. Zurück bleibt, abhängig von derursprünglichen Sternmasse, entweder ein Neutronensternoder ein Schwarzes Loch.Neutronensterne bestehen, wie <strong>im</strong> Namen angedeutet,überwiegend, aber nicht ausschliesslich,aus Neutronen. Diese liegen dicht gepackt,wobei die Dichte <strong>im</strong> Neutronenstern sogar jenein einem Atomkern übersteigt. In diesem Sinnekann man sich einen Neutronenstern als einen gigantischenAtomkern vorstellen, mit einem Radiusvon etwa 15 Kilometern und etwa dem 1.4-fachen der Masse der Sonne. Die Physik in einemNeutronenstern ist in jeder Hinsicht extrem:sein Gravitationsfeld krümmt nach Einsteins Relativitätstheoriedie Raumzeit, sein Magnetfeld kannin Extremfällen jenes der Erde um einen Faktorvon 10 15 übersteigen, und seine zentrale Dichteübertrifft alles, was in Laborexper<strong>im</strong>enten bei derKollision von Atomkernen erreicht werden kann,um ein Vielfaches.Die Mehrzahl der Sterne <strong>im</strong> Universum befindetsich Doppel- oder Mehrfachsystemen, einisolierter Stern wie unsere Sonne ist also eherdie Ausnahme denn die Regel. Um ein Doppelsternsystemaus zwei Neutronensternen zu formen,muss das ursprüngliche Sternensystem zweiSupernova-Explosionen überstehen. In der Mehrzahlder Fälle wird das System von der Wuchtder Explosionen zerfetzt, aber in einigen wenigenFällen überlebt tatsächlich ein Doppelsternsystemaus zwei Neutronensternen. Momentansind 10 solcher Systeme bekannt. Diese stellenPhysiklabore von unschätzbarem Wert dar.Das erste derartige System, das entdeckt wurde,der Binärpulsar PSR 1913+16, lieferte die ersten,wenn auch indirekten, Hinweise für die Existenzder von der Relativiätstheorie vorhergesagtenGravitationswellen. Ein solches relativistischesBinärsystem emittiert Energie und Dreh<strong>im</strong>puls inForm von Gravitationwellen, wodurch die Orbitalbewegunglangsam, aber messbar ’ermüdet’: diebeiden Sterne spiralisieren langsam aufeinanderzu. Für den ersten Nachweis der Existenz vonGravitationswellen wurden die Entdecker des Systems,Russel Hulse und Joseph Taylor, 1993 mitdem Nobelpreis für Physik belohnt. Vor kurzemhaben mehrere bodengebundene Gravitationswellendetektorenihre Arbeit aufgenommen. Die vielversprechendstenSysteme für den ersten direktenGravitationswellennachweis sind Doppelsternsystemeaus Neutronensternen.Gewöhnlich ist es sehr schwierig, die Massenvon Sternen genau zu best<strong>im</strong>men. Bei Doppelsternsystemenkann man über das Dritte KeplerscheGesetz relativ einfach wenigstens die Gesamtmassebest<strong>im</strong>men. Bei relativistischen Dop-Physik


173Abbildung 1: Kollision zweier Neutronensterne mit 1.3 und 1.4 Sonnenmassen. Farbkodiert ist die Oberflächentemperaturin Einheiten von MeV, 1 MeV entspricht etwa 10 10 Kelvin.pelsternsystemen wie dem DoppelneutronensternsystemPSR 1913+16, erlaubt die Messung vonzwei relativistischen Effekten die Best<strong>im</strong>mung individuellerSternmassen. Die Massen von PSR1913+16 konnten mit unglaublicher Präzision zum 1 = 1.4414 M ⊙ and m 2 = 1.3867 M ⊙ ± 0.0002 M ⊙[1] best<strong>im</strong>mt werden (M ⊙ : Masse unserer Sonne).Derartig genau best<strong>im</strong>mte Massen bilden wichtigeTestfälle für die Theorie der Materiezustandsgleichungjenseits von Kernmateriedichte. Solche relativistischenDoppelsternsysteme stellen darüberhinaus ’Gravitationslabore’ dar, die längerfristig eineUnterscheidung zwischen der Allgemeinen Relativitätstheorieund alternativen Gravtitationstheorienerlauben könnten.Die Emission von Gravitationswellen treibt einrelativistisches Binärsystem kontinuierlich näherauf einander zu, so dass es letztendlich zu einemVerschmelzen der beiden Neutronensternkomponentenkommt. Bei einer solchen Verschmelzungwerden in Sekundenbruchteilen Gravitationsbindungsenergienvon etwa 10 53 erg frei, mehr Energieals die Sonne seit Bestehen des Universumshätte abstrahlen können. Dieses Verschmelzen erzeugtwahrscheinlich einen sogenannten (kurzen)Gamma-ray Burst [2], eine der leuchtkräftigstenExplosionen <strong>im</strong> Universum seit dem Urknall.In einem solchen Verschmelzungsprozess wirdaußerdem neutronenreiche Materie ins All geschleudert,wobei wahrscheinlich einige derschwersten Elemente <strong>im</strong> Universum, sogenannte’R-Prozess’ (für ’rapid neutron capture’) Elemente,synthetisiert werden [3].Die S<strong>im</strong>ulation eines solchen Verschmelzungsprozessesist eine typische Multi-Physik Anwendung:die Materiebewegung wird über (Lagrange)Hydrodynamik-Gleichungen mit Eigengravitationbeschrieben. Darüber hinaus ist es wichtig, denvon der Materie ausgeübten Druck korrekt mittelseiner nuklearen Zustandsgleichung zu berechnen,und weitere physikalische Prozesse wie Kühlungdurch Neutrino-Prozesse und die dynamische Entwicklungvon Magnetfeldern zu berücksichtigen.All diese Physik-Module sind <strong>im</strong> ProgrammpaketMAGMA [4] <strong>im</strong>plementiert. Die ersten Neutronensterns<strong>im</strong>ulationensind kürzlich am <strong>HLRN</strong> begonnenworden. Abbildung 1 zeigt einen ’Schnappschuß’einer ersten S<strong>im</strong>ulation der Kollision zweier Neutronensterne.Mehr zum Thema1. J. M. Weisberg, J. H. Taylor, in: Binary RadioPulsars, vol. 328 of Astronomical Society of thePacific Conference Series, 2005.2. Eichler et al., Nature 340 (1989) 126; Rosswoget al., MNRAS 345 (2003) 10773. Latt<strong>im</strong>er & Schramm, ApJ 192 (1974) L145 ;Freiburghaus et al., ApJ 525 (1999) L1214. Rosswog & Price, MNRAS 379 (2007) 915FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG)Physik


174Cosmic Magnetic FieldsMagnetic fields in galaxy clustersC. Lämmerzahl, M. Brueggen, Universität BremenKurzgefasst• In this project we s<strong>im</strong>ulate cosmic magnetic fieldsin galaxy clusters which are the largest structuresin the universe.• Cosmic magnetic fields can be inferred from radioobservations of synchrotron radiation.• An innovative European radio telescope will yieldunprecedented insights into cosmic magneticfields.• By comparing s<strong>im</strong>ulations performed at the<strong>HLRN</strong> with observation we can probe plasmaphysics under conditions unattainable on Earth.For quite a while, astronomers have known that thegas between the stars of a galaxy as well as thecosmic medium between galaxies is magnetized,generating giant magnetic fields that stretch overseveral millions of light years. However, very littleis known about their origin and the <strong>im</strong>pact theyhave on the development of galaxies. Very oftengalaxies come in groups of hundreds to thousandsof galaxies, and these associations are called galaxyclusters. Inside a cluster the space betweengalaxies is filled with very hot and dilute gas. Observationswith radio telescopes have shown thatthis gas is magnetized and that the magnetic fieldis roughly a 100.000th of the Earth’s magnetic field(at the surface).The key to the analysis of these magnetic fieldsin outer space is the so-called synchrotron radiationof electrons, which is generated by theelectrons’ orbital acceleration at near light-speedthrough these magnetic fields. The electrons werecharged with the energy necessary for such radiationthrough shock waves of cosmic catastropheslike supernova explosions, collisions of galaxies oreven galaxy clusters. The radiation pattern of theelectrons, which reflects the stars’ or galaxies’ history,thus becomes a marker for surveying and interpretingthe magnetic fields from Earth, whichwould otherwise not be possible.Central to the effective and sensitive detection ofthe cosmic synchrotron radiation is the newly constructeddigital telescope LOFAR (acronym for LowFrequency ARray). While classical radio telescopescollect cosmic radiation with motor-operateddish-like antennae, which scan different areas ofspace with computer-controlled movements, LO-FAR does not require any moving parts. It consistsof a set of s<strong>im</strong>ple, small radio antennae fixed to theground that are spread all over Europe. One antennastation, constructed by Jacobs University, ispositioned close to the German city of Jülich.All data coming in from the different antenna locationsare correlated by one of the world’s fastestsupercomputers located in Groningen (The Netherlands).This way, the array of antennae acts likea giant radio-telescope with an equivalent dish-sizeof several hundred kilometres in diameter, whichnot only provides the telescope with a so far unparalleledsensitivity. To analyse these observations,astronomers need to model cosmic magneticfields.Even though the magnetic field in the space betweengalaxies is so weak, it has a profound <strong>im</strong>pacton the dynamics of the gas and thus also on the livesof the galaxies. The reason for this is that heatin the gas is transported almost exclusively alongmagnetic field lines. Hence, the shape of the magneticfield is crucial for the temperature distributioninside a galaxy cluster. The regulation of thetemperature inside this intergalactic gas is <strong>im</strong>portantfor its cooling and condensation onto the galaxies.In this way, the rate at which galaxies growby accumulating gas from their environment is controlledby the magnetic fields around them. In supercomputers<strong>im</strong>ulations performed at the <strong>HLRN</strong>,astronomers from Bremen s<strong>im</strong>ulate these processes.The direct comparison with radio observationsmakes clusters of galaxies unique laboratories forplasmas physics under conditions that cannot beobserved anywhere else. For such dilute plasmaswith particle densities of less than 0.1 particles percube cent<strong>im</strong>etres and temperatures of millions ofKelvin many fundamental properties are completelyunknown. Astronomical observations of objectsthat are millions of light years away in combinationwith supercomputer s<strong>im</strong>ulations, thus lead to insightsinto the microphysics of plasmas. For furtherreading see, e.g., [1].Mehr zum Thema1. Ruszkowski, M., Lee, D., Bruggen, M., Parrish,I., & Oh, S. P. 2010, arXiv:1010.2277FörderungBMBF <strong>Verbund</strong>projekt D-LOFARPhysik


175Abbildung 1: Cross sections through the cluster center showing the distribution of the logarithm of the magneticfield pressure. The min<strong>im</strong>um and max<strong>im</strong>um range of magnetic field values is the same in all panels.Right column is for radiative runs and bottom row is for the runs with anisotropic thermal conduction.All panels show the central region that measures 8/h Mpc on the side. From Ruszkowski et al. 2010.Physik


176Wie sehen Sterne und extrasolare Planeten eigentlich aus?3D Strahlungstransport & Rechnungen mit dem PHOENIX/3D CodeP. Hauschildt, Hamburger SternwarteKurzgefasst• In den letzten 15 Jahren wurden hunderte vonPlaneten ausserhalb unseres Sonnensystemsentdeckt und beobachtet.• Mit einer detaillierten Analyse dieser Daten kannman physikalische Bedingungen (Temperaturen,Drücke) und chemische Zusammensetzung derStern- und Planetenatmosphären best<strong>im</strong>men.• Unser Projekt s<strong>im</strong>uliert die Physik und Chemieder Atmosphären von Planeten und Sternen undermöglicht dadurch die Best<strong>im</strong>mung der wichtigenParameter der Planeten und Sterne.• Dazu ist der Aufbau der Atmosphäre zusammenmit dem chemischen Gleichgewicht und demTransport von Licht durch das Gas bei sehr vielenverschiedenen Wellenlängen zu berechnen.Dabei ist besonders der 3D-Strahlungstransportextrem komplex und sehr aufwendig.• Unser S<strong>im</strong>ulationsprogramm PHOENIX/3D istdaher sehr umfangreich. Eine typische S<strong>im</strong>ulationauf dem <strong>HLRN</strong> verwendet mindestens 4096Kerne für 48 Stunden. Dabei werden bis zu 50PB Daten generiert, von denen zur Zeit nur ca.1TB permanent gespeichert werden können.In den letzten 15 Jahren wurden hunderte vonPlaneten ausserhalb unseres Sonnensystems entdeckt.Mit den größten Teleskopen (auf der Erdeund <strong>im</strong> Weltraum) können die Atmosphären dieserExo-Planeten beobachtet werden. Dabei werdenheute Spektren des ausgesandten Lichtes übereinen großen Wellenlängenbereich gemessen. Inder nahen Zukunft werden durch neue Teleskopeund Beobachtungsverfahren auch echte Bilderder Atmosphären gemacht werden können. Dasgroße Problem bei diesen Beobachtungen ist derElternstern der Planeten, der 10 000 bis 1 Millionmal heller als der Planet ist. Daher werdenzur Beobachtung spezielle Techniken benötigt, undes können bisher nur wenige Planeten detailliertbeobachtet werden. Mit einer detaillierten Analysedieser Daten kann man die physikalischen Bedingungen(Temperaturen, Drücke) und die chemischeZusammensetzung der Stern- und Planetenatmosphärenbest<strong>im</strong>men (und vielleicht sogarBiomarker entdecken). Ein genaues Verständnisder Physik der Atmosphären und ihrer Lichtemissionist aber auch für die Entwicklung von neuenBeobachtungsmethoden notwendig (z.B., um vorhersagenzu können, bei welchen Wellenlängenman erdähnliche Planeten am besten beobachtenkann).Unser Projekt s<strong>im</strong>uliert die Physik und Chemieder Atmosphären von Planeten und Sternen undermöglicht dadurch die Best<strong>im</strong>mung der wichtigenParameter der Planeten und Sterne. Dazu habenwir über die letzten 20 Jahre das Modellatmosphären-ProgrammpaketPHOENIX entwickelt.Damit können sowohl 1D (kugelsymmetrische) alsauch 3D Modelle der Atmosphären und Spektrenfür fast alle Typen von Sternen und Exo-Planetensehr detailliert s<strong>im</strong>uliert werden. 1D-S<strong>im</strong>ulationenkommen dabei mit wenigen (8-64) Kernen ausund brauchen relativ wenig Hauptspeicher und Rechenzeit.Bei 3D-Modellen ist der Bedarf an Hauptspeicher,Festplattenplatz und Rechenzeit so gewaltig,dass diese Rechnungen nur auf Systemenwie dem <strong>HLRN</strong> machbar sind. Das ProgrammpaketPHOENIX ist dafür ausgelegt, möglichst vieleverschiedene Atmosphärentypen zu s<strong>im</strong>ulieren.Dadurch wird die Entwicklung insgesamt effizienterund die verschiedenen Module von PHOENIXkönnen unter sehr unterschiedlichen Bedingungenverifiziert werden.Für alle unsere S<strong>im</strong>ulationen ist es notwendig,den Aufbau der Atmosphäre zusammen mitdem chemischen Gleichgewicht und dem Transportvon Licht bei sehr vielen verschiedenen Wellenlängenzu berechnen. Dabei ist besonders der3D-Strahlungstransport extrem komplex und sehraufwendig, da er die Lösung von mathematisch 6-d<strong>im</strong>ensionalen Gleichungen erfordert, und spezielleMethoden zur genauen Behandlung von Lichtstreuungin den Atmosphären notwendig sind. BeiPlaneten muss die Einstrahlung durch den Elternsternmodelliert werden. Durch sie erhöhen sichdie Temperaturen auf der ”Tagseite” des Planetenum bis zu 1000 K. Die 3D-Strahlungstransport-Module benötigen als Eingabe eine Beschreibungder Wechselwirkung der atmosphärischen Gasemit dem Licht. Dabei berücksichtigen wir bis zu1 Milliarde individuelle Übergänge in Atomen undMolekülen. Diese bilden oft stark überlappendeBandensysteme, die das emittierte Licht beeinflussen.Der Vergleich der s<strong>im</strong>ulierten Banden mit denBeobachtungen erlaubt die chemische Analyse derAtmosphären. Als Ergebnis dieser Berechnungenerhalten wir nicht nur genaue Information über denEnergiefluß innerhalb der Atmosphären und ihreZusammensetzung, sondern auch detaillierte Bilderfür eine Vielzahl von Wellenlängen und Betrachtungsrichtungen(siehe auch Abbildung 1).Physik


177Abbildung 1: Visualisierung eines Modells der Strömungen in der Sonne (aus [2]) Die Bilder sind direkte Ergebnisseder 3D Strahlungstransportrechnungen mit PHOENIX/3D. Es werden 3 verschiedene Wellenlängenmit den Farben Rot, Grün und Blau dargestellt. Die Bilder auf der linken Seite stehen füreine S<strong>im</strong>ulation ohne Streuung von Licht, die Bilder auf der rechten Seite für ein Modell mit starkerLichtstreuung. Die Streuung verursacht den ’Nebel’ in diesen Bildern.Unser S<strong>im</strong>ulationsprogram PHOENIX ist durchdie komplexen S<strong>im</strong>ulationsanforderungen sehr umfangreich(ca. 1.1 Million Zeilen Fortran95) undkomplex. Wir haben es mit MPI (ca. 22000Zeilen mit MPI-Aufrufen) parallelisiert, und entwickelneine Implementation der zentralen 3D-Strahlungstransportroutinen in OpenCL, um auchGPUs nutzen zu können. Um eine S<strong>im</strong>ulation aufdem <strong>HLRN</strong> durchführen zu können, werden mindestens4096 Kerne für bis zu 48 Stunden benötigt.Dabei wird durch eine hierarchische Parallelisierungeine Gebietszerlegung <strong>im</strong> Raum mit einer Gebietszerlegungder Lichtwellenlängen kombiniert.Während einer S<strong>im</strong>ulation werden ca. 10-50 PBDaten generiert, von denen zur Zeit nur ca. 1TBpermanent gespeichert werden können.Mehr zum Thema1. Hauschildt, P.H., and Baron, E.: 2010, A 3D radiativetransfer framework: VI. PHOENIX/3D exampleapplications, A&A, 509, 36.2. Hauschildt, P.H., and Baron, E.: 2008, A 3D radiativetransfer framework: III. periodic boundaryconditions, A&A, 490, 873-877.3. Hauschildt, P.H., Barman, T., and Baron, E:2008, Irradiated Planets, Physica Scripta VolumeT, 130, 014033.4. Bean, J. L., Sneden, C., Hauschildt, P.H., Johns-Krull, C. M., and Benedict, C. F.: 2006, AccurateM Dwarf Metallicities from Spectral Synthesis:A Critical Test of Model Atmospheres, ApJ, 652,1604-1616.FörderungDFG-Graduiertenkolleg 1351; DFG-Sonderforschungsbereich676; DFG-EinzelförderungPhysik


178Von exotischer Quantenphysik zur NanotechnologieAb initio Theorie elektronischer und magnetischer Störstellen in Graphen undverwandten MaterialienA. Lichtenstein, T. Wehling, 1. Institut für TheoretischePhysik, Universität HamburgKurzgefasst• Graphen ist nur ein Atom dick und zeigt außergewöhnlicheelektronische Eigenschaften.• Kontrollierte Manipulation von Graphen durchFremdatome erlaubt die Beobachtung von exotischerQuantenphysik und ist mögliche Basis nanotechnologischerAnwendungen.• Verständnis von Störstelleneffekten ermöglichtgezielte Opt<strong>im</strong>ierung der Elektronenbeweglichkeitin Graphen.• Quantenmechanische S<strong>im</strong>ulationen liefern atomgenaueVorhersagen der Struktur und der Eigenschaftenvon Graphen-Nanosystemen.• Aufgrund der vielen mikroskopischen Freiheitsgradeund des Einflusses unterschiedlichsterEnergieskalen sind derartige Rechnungen sehraufwendig und erfordern den gleichzeitigen Einsatzvieler hundert CPUs.Die derzeitige Halbleitertechnologie basiert aufdreid<strong>im</strong>ensionalen Materialien wie Silizium undgerät an die Grenzen ihrer Miniaturisierbarkeit: Ungesättigtechemische Bindungen an Oberflächenoder Fremdatome führen zu starker Elektronenstreuungund l<strong>im</strong>itieren so die Leistungsfähigkeitheutiger Halbleiter. Die Suche eines Post-Silizium-Materials als Basis der Halbleitertechnologie ist somitein wichtiges Gebiet der Festkörperforschung.Hierbei ist Graphen, d.h. eine Kohlenstoffmonolage,ein sehr aussichtsreicher Kandidat. Obwohles nur ein Atom dick ist, zeigt sich Graphen chemischsehr widerstandsfähig und Elektronen in diesemMaterial können eine extrem hohe Beweglichkeitaufweisen. Potentielle Anwendungen etwa inder Weiterentwicklung klassischer Halbleiterbauelemente,<strong>im</strong> Spintronikbereich, in Hochfrequenztransistorenoder in der Displaytechnologie versuchen,diese Eigenschaften auszunutzen.Insbesondere graphenbasierte Nanotechnologieund Transistoren erfordern es, genau zu verstehen,wie Fremdatome oder Rückstände ausdem Produktionsprozess die elektronischen Eigenschaftendes Graphens beeinflussen. Störstellensind die Bausteine nanotechnologischer Anwendungenund begrenzen jedoch gleichzeitig dieLeistungsfähigkeit dieser Anwendungen, da sieElektronen streuen und so zum elektrischen Widerstandbeitragen. Elektronen verhalten sich inGraphen wie masselose Teilchen. Daher sindStörstelleneffekte in Graphen fundamental verschiedenvon bereits gut verstandenen analogenEffekten in konventionellen Halbleitern.Herstellungsbedingt sind Graphenproben oft mitWasser oder Rückständen organischer Verbindungen”verschmutzt“. In einem Kooperationsprojektmit den Universitäten Manchester und Nijmegenhaben wir daher die Auswirkungen und die Stabilitätsolcher Adsorbate untersucht. Mittels atomgenauerS<strong>im</strong>ulationen am <strong>HLRN</strong> konnten wir so herausfinden,dass Störstellen, wie sie in der Abbildunggezeigt sind, die Leitfähigkeit von Graphenentscheidend begrenzen [1],[3],[4]. Ein Weg zurOpt<strong>im</strong>ierung von Graphen für elektronische Anwendungenliegt somit in der gezielten Entfernungdieser Störstellen.Magnetische Fremdatome können in der Nähevon Kontakten auftreten oder kontrolliert auf Graphenaufgebracht werden. Dieses eröffnet dieMöglichkeit, fundamentale Quanteneffekte, wie dieWechselwirkung eines magnetischen Momentsmit quasi masselosen Teilchen, zu untersuchen[2]. Derartige Effekte sind sonst oft nur mittelsgroßer Teilchenbeschleuniger beobachtbar. Weiterhinkönnte sich Graphen wegen seiner besonderenEigenschaften als Trägermaterial magnetischerNanostrukturen eignen. Das Verständnis derPhysik magnetischer Adatome auf Graphen erfordertatomistische S<strong>im</strong>ulationen, die vorhersagen,welche chemischen Bindungen die Adatome eingehenund wie sie mit den Graphen-Elektronenwechselwirken.Derartige S<strong>im</strong>ulationen führen wir am <strong>HLRN</strong>durch Kombination von Dichtefunktionaltheorie(DFT) mit Vielteilchenmethoden durch. DFT stellteine große Vereinfachung des ursprünglichen Vielelektronenproblemsdar, da sie es ermöglicht, mitder Ladungsdichte statt der extrem viel komplizierterenelektronischen Vielteilchenwellenfunktionzu arbeiten. Um realistische Systeme beschreibenzu können, müssen aber auch <strong>im</strong> Rahmen derDFT verschiedenste Energie- und Längenskalengleichzeitig berücksichtigt werden. Zur S<strong>im</strong>ulationvon Nanostrukturen etwa müssen die Eigenschaftender Elektronen in der Nähe der Atomkernesowie die Wechselwirkung zwischen entferntenAtomen genau berücksichtigt werden. Dieserfordert den Einsatz vieler hundert CPU-Kernegleichzeitig. Abbildung 1 zeigt, wie die Elektro-Physik


179Abbildung 1: Oben: Berechnete Bindungsgeometrien von CH 3 -, C 2 H 5 - und CH 2 OH-Gruppen auf Graphen. Derartigeorganische Rückstände ergeben sich <strong>im</strong> Herstellungsprozess von Graphen und begrenzen dieelektrische Leitfähigkeit. Unten: Elektronenstreuung an einer C 2 H 5 -Gruppe und einem Co-Adatomauf Graphen. Die Bilder zeigen Gebiete hoher (hell) und niedriger (dunkel) Aufenthaltswahrscheinlichkeitder Elektronen, die sich aus der quantenmechanischen Interferenz der Elektronenwellen ergibt.Co-Adatome auf Graphen können exotische Quanteneffekte hervorrufen. Dabei werden die Bahnbewegungder Elektronen des Adatoms, ihr Spinmoment und die Leitungselektronen <strong>im</strong> Graphenmiteinander verschränkt [2].nen über viele Gitterplätze hinweg von Störstellen(C 2 H 5 -Gruppen und Co-Adatomen) beeinflusstwerden, und die Komplexität der Streumuster.Der näherungsweise dreifach symmetrische Streuzustand,der die C 2 H 5 -Gruppen umgibt, ist fürden elektrischen Widerstand vieler Graphenprobenverantwortlich.Die S<strong>im</strong>ulation solcher Nanosysteme und die genaueBeschreibung von Wechselwirkungseffektenzwischen den Elektronen stellt eine große Herausforderungdar und ist derzeit meistens noch Grundlagenforschung.Die Weiterentwicklung von S<strong>im</strong>ulationsmethodenund Computertechnologie ist hierWegbereiter für einen <strong>im</strong>mer breiteren Einsatz solcherS<strong>im</strong>ulationen auch in der Industrie.Mehr zum Thema1. T. O. Wehling, S. Yuan, A. I. Lichtenstein, A. K.Ge<strong>im</strong>, and M. I. Katsnelson, Resonant Scatteringby Realistic Impurities in Graphene, Phys.Rev. Lett. 105, 056802 (2010).2. T. O. Wehling, A. V. Balatsky, M. I. Katsnelson,A. I. Lichtenstein, and A. Rosch, Orbitally controlledKondo effect of Co adatoms on graphene,Phys. Rev. B 81, 115427 (2010).3. T. O. Wehling, M. I. Katsnelson, and A. I. Lichtenstein,Impurities on graphene: Midgap statesand migration barriers, Phys. Rev. B 80, 085428(2009).4. T. O. Wehling, A. I. Lichtenstein, and M. I. Katsnelson,First-principles studies of water adsorptionon graphene: The role of the substrate, Appl.Phys. Lett. 93, 202110 (2008).FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 668 ”Magnetismusvom Einzelatom zur Nanostruktur“; DFG-Schwerpunktprogramm1459 ”Graphene“; Am <strong>HLRN</strong> wirddas Projekt durch die gleichzeitige Nutzung von biszu 1024 CPU-Kernen unterstützt.Physik


180Ab Initio Solution of QCD, the Fundamental Theory of MatterLattice QCD at Physical Quark MassesG. Schierholz, Deutsches Elektronen-SynchrotronDESY and University of HamburgAbstract• The only existing possibility to solve QCD at allscales is by numerical s<strong>im</strong>ulation on a spacet<strong>im</strong>elattice.• The calculations are now reaching a level, wherethey are able to not only complement, but provideguidance to current and forthcoming exper<strong>im</strong>entalprograms at the leading research facilities.• Ab initio calculations of a wealth of hadronic observablesmay be expected in the years to come.Quantum chromodynamics (QCD) is the fundamentaltheory of the strong interactions. Itbinds quarks and gluons, the fundamental buildingblocks of matter, to nucleons and mesons, andthese to nuclei. The forces between quarks andgluons are so strong – equivalent to a weight forceof more then 10 tons – that quarks do not appearas free particles in Nature. This phenomenonis called quark confinement. The equations ofthis theory are so complicated that they cannot besolved by traditional techniques.Lattice QCD provides the only ab initio methodfor solving QCD. This is achieved by numerical s<strong>im</strong>ulations.For the computer to solve the theory oneapprox<strong>im</strong>ates space and t<strong>im</strong>e by a finite box dividedinto a discrete set of points, the lattice. Thisreduces the problem to a finite system of coupledequations, which can be solved by standard MonteCarlo techniques. Later on one removes this approx<strong>im</strong>ationby letting the lattice spacing go to zeroand the box size to infinity.Since the cost of Lattice QCD computationsgrows with a large inverse power of the quarkmass, initial calculations were restricted to relativelyheavy quarks. However, in order to capturethe physics of quarks and gluons in captivity, andreach the needed accuracy requested by the exper<strong>im</strong>ents,s<strong>im</strong>ulations at physical quark masses,on large volumes and at small lattice spacings arerequired. Due to continuous <strong>im</strong>provements of thealgorithm, and the advent of Petaflop/s-scale computingfacilities, we are now able to perform s<strong>im</strong>ulationsat the physical quark masses.From the numerical point of view, the task is tosolve a system of linear equations, b = Q † Qx, iteratively,where Q is a sparse, more than 300 million× 300 million complex matrix on current lattices.In a typical run more than 80% of the total t<strong>im</strong>eis spent in multiplication of vectors with the matrixQ. The calculation requires the exchange of ghostcells of the input vector. In order to scale QCD programsto high numbers of processers, a communicationnetwork with high bandwidth and low latencyis needed. Although the Altix has an excellent network,the loss due to communication is typically ofthe order of 50%.The pr<strong>im</strong>ary goal of this project is to achievea truly quantitative understanding of the spectrum,the structure and the interaction of hadronsin terms of their quark and gluon constituents.This involves the calculation of hadron form factors,distribution amplitudes, moments of structurefunctions, as well as transversity and generalizedparton distributions (GPDs). These observablesare directly relevant to exper<strong>im</strong>ents at CERN/LHC,GSI/FAIR, JLab, MAMI and RHIC-spin. A recentresult [1] on the quark distribution of the proton isshown in Fig. 1. A further goal is to find out whetherthe Standard Model is able to describe the flavorand CP violation observed in nature. To shed lighton this question, a selection of CKM matrix elementswill be determined with high accuracy andwell understood errors from meson and hyperondecays. Arguably, the most compelling indicatorof new physics beyond the Standard Model is theanomalous magnetic moment of the muon, a µ =(g − 2) µ /2. At the very least, it represents a majorconstraint for speculative new theories such as supersymmetryor extra d<strong>im</strong>ensions. The current exper<strong>im</strong>entalvalue of a µ shows one of the largest deviationsof any observable from the correspondingStandard Model prediction. For a quantitative testa calculation of the QCD corrections is needed thatmeets at least the exper<strong>im</strong>ental precision. That iscurrently not the case.It turns out [2], not unexpectedly, that the structureof hadrons changes dramatically with decreasingquark masses. In Fig. 2 I show very recent resultson the magnetic moment of the nucleon as afunction of the pion mass. (It is customary to expressthe mass of the quarks by the correspondingpion mass through the relation m q ∝ m 2 π.) Onlyat the physical pion mass (∗) does the nucleon developits given structure. This is due to the pioncloud, which extends to distances ∝ 1/m π fromthe center of the nucleon, and will only unfold atlight enough masses. The magnetic radius of thenucleon even appears to diverge like 1/m π at vanishingquark masses, in agreement with effectivemodels. This raises the question if a world of mass-Physik


181Figure 1: Barycentric ‘density plot’ of the distribution (probability) amplitude of a spin-up proton as a function of themomentum fractions of the valence spin up quark (x 1 ), and the up (x 2 ) and down (x 3 ) di-quarks (withx 1 + x 2 + x 3 = 1). The lines of constant x 1 , x 2 and x 3 are parallel to the sides of the triangle labelled byx 2 , x 3 and x 1 .less quarks and pions may exist at all. Perhaps itshows that the physical constants are constitutedin a way that allows the conditions necessary forlife, the anthropic principle.Calculations of a wide class of observables arenow becoming available at physical pion masses,so direct comparison with exper<strong>im</strong>ent, i.e. withoutextrapolation to the physical point, will soon bepossible. However, finite size effects are startingto become a serious issue. This is not surprising,given the fact that the nucleon barely fits into thevolumes s<strong>im</strong>ulated so far. As a result, we are nowplanning new s<strong>im</strong>ulations on volumes of (5 fm) 3 , inorder to min<strong>im</strong>ize finite volume corrections. Thelong-term goal is to extend the calculations to latticespacings a ≤ 0.05 fm, which correspond to momentumcut-offs ≥ 4 GeV, so as to accommodatecharmed quarks on the lattice. Charm physics isone of the main research topics at GSI/FAIR. Toreach this goal, O(100) Petaflop/s-scale computingfacilities are required.More Information1. V.M. Braun et al.: Nucleon distribution amplitudesand proton decay matrix elements on thelattice, Phys. Rev. D 79 (2009) 034504.2. M. Göckeler et al.: Lattice Investigations of NucleonStructure at Light Quark Masses, PoSLAT2009 (2009) 125 [arXiv:0912.0167 [heplat]].FundingEuropean Union (HadronPhysics2); DFG CollaborativeResearch Centre Transregio 55Figure 2: The anomalous magnetic moment of proton minus neutron as a function of the pion mass for three differentcouplings, corresponding to lattice spacings ranging from a = 0.080 fm (β = 5.25) to a = 0.069 fm(β = 5.40), compared to the exper<strong>im</strong>ental value (∗) at the physical pion mass.Physik


182Wie die Abstoßung zwischen Elektronen deren Geselligkeit fördertKomplexer metallischer Magnetismus stark korrelierter ÜbergangsmetalloxideF. Lechermann, I. Institut für Theoretische Physik,Universität HamburgKurzgefasst• Korrelierte realistische Festkörper bedingen faszinierendeMaterialeigenschaften aufgrund dersubtilen Balance zwischen Elektronenbewegungund -lokalisation.• Das magnetische Antwortverhalten in solchenSystemen kann daher in besonderem Maße ausgeprägtsein.• Die theoretische Beschreibung dieser Vielteilchenphänomenologieerfordert das Studiumkomplizierter Hamiltonoperatoren zusammen mitrealistischen Bandstrukturen.• Anspruchsvolle Dichtefunktionalmethoden sindmit numerisch sehr aufwendigen Quanten-Monte-Carlo-Techniken zu kombinieren.• Mehrere hundert CPU-Kerne sind erforderlich,um bei ausreichend tiefen Temperaturen die Physikdes korrelierten Magnetismus in Oxidsystemenauflösen zu können.Jede Art von fester Materie in der Natur stelltphysikalisch auf mikroskopischer Ebene ein Vielteilchenproblemdar. Das bedeutet, dass die Eigenschafteneines Festkörpers (z.B. eines Aluminiumstabsoder auch eines Holztisches), wiebeispielsweise dessen Farbe, dessen elektrischeLeitfähigkeit oder auch seine Festigkeit letztendlichvon den elektromagnetischen Kräften zwischen allden unzähligen Elektronen und Kernbausteinenauf atomarer Ebene abhängen. Je nach Chemieund Zusammensetzung eines best<strong>im</strong>mten Materialsbilden sich aufgrund dieser Wechselwirkungenbei gegebener Temperatur T gewisse Gleichgewichtszuständeaus, etwa der metallische Charakterdes Aluminiumstabs oder der elektrisch isolierendeZustand des Holztisches.Die magnetischen Eigenschaften eines Systemssind durch das korrelierte Verhalten der vielenElektronen festgelegt. Der Begriff ”Korrelation“ bedeutetin diesem Zusammenhang, dass aufgrundder Coulomb-Abstoßung zwischen diesen negativgeladenen Teilchen und aufgrund des Pauliverbotsfür Fermionen die einzelne Elektronenbewegungmit der der anderen Elektronen ”abgest<strong>im</strong>mt“ist. Diese ”Abst<strong>im</strong>mung“ oder eben Korrelationtheoretisch korrekt zu erfassen ist sehrschwierig und erfordert die s<strong>im</strong>ultane Betrachtungsehr vieler Teilchen. In manchen Fällen ist es inder theoretischen Modellierung durchaus möglich,in einer guten Näherung die Bewegung einzelnerElektronen <strong>im</strong> effektiven Feld der verbleibendenElektronen zu beschreiben. Dieser Ansatzbildet die Grundlage für die erfolgreiche lokaleDichtenäherung (LDA) der Dichtefunktionaltheorie(DFT) vermöge Bandstrukturrechnungen. Dieseerlauben es, viele wichtige Materialien sehrgenau von einem atomistischen Standpunkt ausohne exper<strong>im</strong>entelle Parameter zu beschreiben.Mit DFT-Rechnungen zu einzelnen Fe-Atomen aufeiner InSb-Halbleiteroberfläche konnten wir diesin Zusammenarbeit mit Exper<strong>im</strong>entatoren erneuteindrucksvoll mit Unterstützung des <strong>HLRN</strong> belegen[1]. Allerdings versagt diese Näherung für sogenanntestark korrelierte Systeme, wie etwa vieleÜbergangsmetalloxide. Dort ist diese Entkopplungin einzelnes Elektron und effektives Feld nichtadäquat, da die Wechselwirkungen <strong>im</strong> Elektronensystemzu stark sind.In diesem Projekt widmen wir uns der theoretischenUntersuchung des magnetischen Verhaltensvon solchen stark korrelierten Systemendurch eine Kombination der LDA mit Vielteilchen-Hamiltonoperatoren, welche die Wechselwirkungder Elektronen untereinander sinnvoll beschreiben.Neben komplizierten magnetischen Ordnungenzeigen die studierten Systeme subtiles kollektivesVerhalten auch in magnetisch ungeordnetenBereichen. Die Elektronenspins als Grundlagefür die magnetische Aktivität sind also aufkomplizierte Art und Weise gekoppelt. Je nachArt der chemischen Bindung und Charakter derElektron-Elektron-Wechselwirkung ist ein systemspezifischerMagnetismus zu erwarten. Darüberhinaus ist der metallische Magnetismus von besonderertheoretischer Komplexität, da die Elektronennicht wie <strong>im</strong> magnetischen Isolator auffesten Gitterplätzen lokalisiert sind. Der weitereFreiheitsgrad des Hüpfens der Elektronen aufdem Gitter macht das tiefgreifende Verständnisder wechselwirkenden Spins ungleich schwieriger.In diesem Zusammenhang geben jedoch Suszeptibiltätenχ(q, T) wichtige Auskunft über dieKorrelationen und Ordnungstendenzen <strong>im</strong> Material.So machen diese Antwortfunktionen für jedenq-Vektor <strong>im</strong> reziproken Raum eine Aussagebezüglich der damit jeweils einhergehenden Korrelationsart.Jeder Punkt <strong>im</strong> reziproken Raum istdabei mit einem speziellen Korrelationsmuster aufdem direkten Kristallgitter <strong>im</strong> realen Raum zu assozieren.So weist eine starke Spinsuszeptibilitätam Γ-Punkt der 1. Brillouin-Zone etwa auf ferroma-Physik


183T[K]150100500.0AFM corr.SC0.2T*0.4 0.6doping xFM corr.A-typeAFM0.81.0x = 0.30 x = 0.40 x = 0.50 x = 0.601.41.4M1.30.61.3Γ1.2K1.11.21.00.50.91.31.40.80.71.30.61.21.20.5x = 0.67 x = 0.70 x = 0.80 x = 0.90x = 0.30 x = 0.40 x = 0.50 x = 0.608.03.02.06.02.51.81.64.02.01.42.01.51.22.05.01.54.01.53.01.01.02.00.50.51.0x = 0.67 x = 0.70 x = 0.80 x = 0.901.51.41.31.21.61.20.80.41.41.21.00.80.63.02.01.0Abbildung 1: Links: Skizziertes exper<strong>im</strong>entelles Phasendiagramm des Natriumkobaltat-Systems (SC markiert einesupraleitende Phase). Rechts: q-abhängige Gittersuszeptibilitäten für verschiedene Dotierungen,dargestellt in der 1. Brillouin-Zone des unterliegenden Dreieckgitters. Rechts oben ist die Ladungssuszeptibilitätχ c (q, T) und rechts unten die Spinsuszeptibilität χ s (q, T), jeweils bei T =386 K, dargestellt.gnetische Tendenzen, also gleichgerichtete Spins,<strong>im</strong> Festkörper hin.Für das Na x CoO 2 -System mit großem technologischenPotential haben wir mit numerischsehr aufwendigen Rechnungen, basierendauf Slave-Boson-Techniken und Quanten-Monte-Carlo-Verfahren, den Magnetismus untersucht[2][3]. Wie die Abbildung zeigt, weist diesesSystem in seinem Phasendiagramm Bereichemit unterschiedlichem magnetischen Verhaltenauf. Die Berechnung der dotierungsabängigenSpin- und Ladungssuszeptibilitäten erforderte denEinsatz von bis zu 1024 Prozessorkernen. Temperaturscansfür festes x dauerten auf 512 Kernenknapp zwei Wochen. Damit konnte der Umschlagvon antiferromagnetischen (AFM) zu ferromagnetischen(FM) Spinkorrelationen auf demCoO 2 -Dreiecksgitter <strong>im</strong> Einklang mit dem Exper<strong>im</strong>entnachgewiesen werden. In der gezeigtenAbbildung ist dies an der Wanderung des Intensitätsmax<strong>im</strong>umsder Spinsuszeptibilität vom K-Punkt zum Γ-Punkt nachzuvollziehen. Desweiterenkonnten wir auch die Tendenz zu einer kagoméartigenLadungsordnung anhand der M-Punkt-Intensität der Ladungssuszeptibilität bei x∼0.67auf die Vielteilchenkorrelationen in einem effektivenEinband-Hubbard-Modell zurückführen. Indiese Rechnungen gingen sogenannte Vertex-Beiträge ein, die bisher in fast allen Studien zu solchenFragestellungen vernachlässigt wurden. Wirkonnten die Wichtigkeit dieser Terme für das konkretekorrelierte Natriumkobaltat-System nachweisenund damit einen essentiellen Schritt in derallgemeinen Modellierung von solchen komplexenSystemen tätigen.Mehr zum Thema1. A. K. Khajetoorians, B. Chilian, J. Wiebe, S.Schuwalow, F. Lechermann and R. Wiesendanger:Detecting excitation and magnetization ofindividual dopants in a semiconductor, Nature467, 1084 (2010).2. C. Piefke, L. Boehnke, A. Georges and F.Lechermann: Considerable nonlocal electroniccorrelations in strongly doped Na x CoO 2 , Phys.Rev. B 82, 165118 (2010).3. L. Boehnke and F. Lechermann: Lattice Spinand Charge Susceptibilities for Na x CoO 2 includingVertex Contributions, arXiv:1012.5943.FörderungDFG-Forschergruppe FOR 1346” DynamicalMean-Field Approach with Predictive Power forStrongly Correlated Materials“; Projektförderungam <strong>HLRN</strong> mit bis zu 1024 parallel genutztenCPU-KernenPhysik


184Wasser unter hohem Druck - einfach superionisch!Ab-initio-Berechnung der thermophysikalischen Eigenschaften von Materie unterextremen BedingungenR. Redmer, M. French, B. Holst, W. Lorenzen, A.Becker, K.-U. Plagemann, C. Trötschler, Institutfür Physik, Universität RostockKurzgefasst• Die physikalischen Eigenschaften von Materiesind stark druck- und temperaturabhängig.• Das Phasendiagramm von Materialien bei hohenDrücken von einigen Megabar und Temperaturenvon mehreren 1000 K ist kaum bekannt.• Solche Zustände sind aber für das Innere vonGroßen Planeten relevant.• Mit der Kenntnis des Verhaltens der häufigstenMaterialien (H, He, C, N, O) unter hohem Drucklässt sich die innere Struktur und EvolutionGroßer Planeten berechnen.Viele wichtige Materialeigenschaften zeigen einestarke Abhängigkeit von Druck und Temperatur.Das Verhalten von Materie unter extremen Bedingungen(Temperaturen von mehreren 1000 bis100 000 K und Drücke <strong>im</strong> Megabarbereich) ist zurZeit ein hochaktuelles <strong>Forschung</strong>sgebiet. In derNatur kommen solche Materiezustände <strong>im</strong> Innerender Planeten unseres Sonnensystems sowie inextrasolaren Planeten vor. Mit großem exper<strong>im</strong>entellenAufwand lassen sie sich auch <strong>im</strong> Labor erzeugen,wie z.B. in Diamantstempelzellen oder inStoßwellenexper<strong>im</strong>enten. In unserem Projekt am<strong>HLRN</strong> verwenden wir hochmoderne Methoden dertheoretischen Vielteilchenphysik, um grundlegendephysikalische Größen für wichtige Materialienunter extremen Bedingungen zu berechnen. Damitsind wir in der Lage, exper<strong>im</strong>entelle Daten zuüberprüfen, aber auch zuverlässige Vorhersagenfür bis jetzt nicht exper<strong>im</strong>entell zugängliche Bereichezu treffen.Ausgehend von einer quantenstatistischen Beschreibungder Wechselwirkungen zwischen Elektronenund Kernen und der Lösung ihrer physikalischenBewegungsgleichungen geben unseretheoretischen Berechnungen Aufschluss über dieStrukturen, die die Materie unter extremen Bedingungenannehmen kann. Daraus leiten wir makroskopischeEigenschaften wie z.B. die thermodynamischenZustandsgleichungen, die elektrische undWärmeleitfähigkeit sowie das optisches Verhaltenab. Konkret beschäftigen wir uns vor allem (abernicht ausschließlich) mit den relativ leichten ElementenWasserstoff, Helium, Stickstoff, Sauerstoff,ihren Gemischen und einfachen Verbindungen wiez.B. Wasser. Die Durchführung von solchen Rechnungenist nur auf massiv-parallelen Rechnern wiedem <strong>HLRN</strong>-System effizient möglich.Die hauptsächliche Motivation unserer Rechnungenbesteht darin, die innere Struktur und Evolutionvon Planeten zu modellieren. Weder mit erdgebundenenBeobachtungen noch mit Raumsondenkann man in die Tiefen dieser H<strong>im</strong>melskörperhinein blicken. Daher wurden und werden Planetenmodelleentwickelt, die jedoch eine genaueKenntnis des Verhaltens der in den Planeten vorkommendenMaterie erfordern. Unsere auf dem<strong>HLRN</strong> berechneten Materialdaten werden daherzur Modellierung des inneren Aufbaus der GroßenPlaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun genutzt.Das geschieht sowohl direkt in unserer Arbeitsgruppein Rostock als auch weltweit in anderenGruppen basierend auf diesen Daten.In Abbildung 1 ist ein Ausschnitt aus dem Phasendiagrammvon Wasser gezeigt, das in eineraktuellen Arbeit berechnet wurde [1]. Die Dissoziationvon Molekülen, Ionisation und die Bildungvon komplexen Festkörperstrukturen sind typischePhänomene, die unter extremen Bedingungen invielen Materialien auftreten. Eine große Besonderheit<strong>im</strong> Phasendiagramm von Wasser stellt diesuperionische Phase dar. In ihr sind die Protonenbeweglich, jedoch bildet der Sauerstoff einfestes Kristallgitter. Die superionische Phase hatdaher Eigenschaften einer Flüssigkeit und einesFestkörpers zugleich. In den Planeten Uranus undNeptun herrschen Bedingungen, unter denen superionischesWasser gebildet werden könnte, wieneue Rechnungen ergeben haben [2]. Die Existenzeiner superionischen Phase würde die Dynamoregiontief <strong>im</strong> Innern prägen und eine möglicheErklärung für die nicht-dipolaren Magnetfelder dieserPlaneten geben.Ein weiteres zentrales <strong>Forschung</strong>sthema ist dieBerechnung von Gemischen aus Wasserstoff undHelium. Diese beiden Elemente sind der Hauptbestandteilvon Jupiter und Saturn. In einer aktuellenArbeit [3] konnte gezeigt werden, dass Wasserstoffund Helium in Saturn größtenteils nicht mischbarsind, was zu einer Anreicherung von Helium ingroßen Tiefen führt. Dieser Prozess würde auchdie beobachtete verlangsamte Abkühlung des PlanetenSaturn erklären. In Jupiter hingegen kommenbeide Stoffe als Gemisch vor.Für reinen Wasserstoff konnte eine viel genauereVorhersage für ein interessantes thermodynami-Physik


185Abbildung 1: Phasendiagramm von Wasser (H 2 O). In der fluiden Phase (Farbverlauf von grün über gelb nach rot)sind sowohl Wasserstoff- als auch Sauerstoffkerne beweglich. Die bei kleinen Temperaturen vorhandenenWassermoleküle dissoziieren mit steigendem Druck und steigender Temperatur. Bei weitererTemperaturerhöhung werden auch die Elektronen beweglich und es entsteht ein sehr gut leitendesPlasma. Verschiedene Modifikationen von Wassereis (hellblau) treten bei kleinen Temperaturen aberhohen Drücken auf. Die superionische Phase (dunkelblau) ist zwischen dem Plasma und den Eisphaseneingebettet. Die durchgezogenen Linien kennzeichnen die Materiezustände in Uranus (grau)und Neptun (schwarz), die beide wahrscheinlich große Mengen an Wasser enthalten.sches Phänomen gemacht werden, den bisher hypothetischenPlasmaphasenübergang. Unter hohemDruck erfolgt der Übergang zur vollständig ionisiertenPhase so abrupt, dass sich eine scharfePhasengrenze innerhalb der Flüssigkeit herausbildet[4]. Dieser Flüssig-Flüssig-Phasenüberganghat einen kritischen Punkt bei etwa 1500 K und1,4 Mbar.In Zukunft werden wir unsere Berechnungenauch für komplexere Gemische durchführen, dieden realen Elementkonzentrationen in den großenPlaneten noch genauer entsprechen.Mehr zum Thema1. M. French, T. R. Mattsson, N. Nettelmann, R.Redmer: Equation of state and phase diagramof water at ultrahigh pressures as in planetaryinteriors, Phys. Rev. B 79, 054107 (2009)2. R. Redmer, T. R. Mattsson, N. Nettelmann, M.French: The phase diagram of water and themagnetic fields of Uranus and Neptune, Icarus,<strong>im</strong> Druck (2010)3. W. Lorenzen, B. Holst, R. Redmer: Demixing ofHydrogen and Helium at Megabar Pressures,Phys. Rev. Lett. 102, 115701 (2009)4. W. Lorenzen, B. Holst, R. Redmer: First-orderliquid-liquid phase transition in dense hydrogen,Phys. Rev. B 82, 195107 (2010)FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1488 PlanetMag,DFG-Sonderforschungsbereich 652 Starke Korrelationen<strong>im</strong> StrahlungsfeldPhysik


186Kleine Teilchen in großer AufregungNichtlineare Licht-Materie-Dynamik in finiten Vielteilchensystemen: Cluster inintensiven IR-, VUV-, und XUV-LaserfeldernTh. Fennel, J. Köhn, M. Arbeiter, Ch. Peltz,Institut für Physik, Universität RostockKurzgefasst• Nanopartikel und Cluster - winzige Aggregatebestehend aus einigen zehn bis zehntausendAtomen - sind ideale Modellsysteme für dieUntersuchung der nichtlinearen Wechselwirkungvon intensiven Laserfeldern mit Vielteilchensystemen.Infolge der Anregung entsteht lokal einheißes Gemisch aus Elektronen und Ionen (Nanoplasma),dessen Entwicklung durch die Variationvon Form und Farbe der Laserpulse abgefragtoder sogar gezielt gesteuert werden kann.• Die Reaktion von Nanopartikeln auf intensive Laserfelderist stark materialabhängig. So müssenNanoplasmen in Clustern aus Isolatormaterialienerst durch laserinduzierte Ionisationsprozesseerzeugt werden, während sie in Metallclusternbereits vor der Anregung als kalte Fermigasevorliegen. Dadurch lassen sich beispielsweiseIonisationsmechanismen grundverschiedenerphysikalischer Systeme analysieren.• Zusätzlich ändert sich die Systemantwort fundamental,wenn die Größenordnung der Laserwellenlängevariiert wird. Während <strong>im</strong> sichtbarenund infraroten Wellenlängenbereich kollektiveElektronenanregungen eine maßgeblicheRolle spielen, dominieren bei sehr kurzen Wellenlängen<strong>im</strong> extrem ultravioletten bis weichenRöntgenbereich vor allem atomare Ionisationsprozessedie Licht-Materie-Wechselwirkung.Intensive Laseranregung von atomaren Clusternund Nanopartikeln bietet vielfältige Möglichkeitenzur Erforschung ultraschneller Vielteilchendynamik.So liefert die Analyse des zeitlichen Zusammenspielsvon Ionisation, Laserheizung und Zerfallder Nanoteilchen als Funktion der Laserintensitätwichtige Hinweise auf l<strong>im</strong>itierende Startprozessefür die Plasmabildung und resonanteVerstärkungseffekte [1]. Einblicke in die zu Grundeliegende Dynamik sind sowohl für das fundamentaleVerständnis der nichtlinearen Licht-Materie-Wechselwirkung als auch für technische Anwendungen(z.B. Teilchen- und Strahlungsquellen, Lasermaterialbearbeitung)wichtig.Gegenstand unseres Projektes sind die mikroskopischeAnalyse der durch Laseranregunggetriebenen Elektronen- und Ionendynamik inMetall- und Edelgasclustern und die Untersuchungder Entwicklung von Kopplungsmechanismen alsFunktion der Photonenenergie vom nah-infraroten(NIR) bis hin zum vakuum-ultravioletten Spektralbereich(VUV bis XUV). Insbesondere steht hierbeidas Reg<strong>im</strong>e stark nichtlinearer Anregung <strong>im</strong>Mittelpunkt, für das eine störungstheoretische Behandlungder Licht-Materie-Wechselwirkung nichtmehr zulässig ist. Hier können die S<strong>im</strong>ulationsrechnungenihre Stärke ausspielen, <strong>im</strong> Rahmengeeigneter Nährungen eine explizite, nichtperturbativeBeschreibung der mikroskopischen Dynamikzu liefern. In umserem Projekt werden Methodender zeitabhängigen Dichtefunktionaltheoriesowie semiklassische Molekulardynamik (Vlasov-LDA mit Stößen bzw. MD) eingesetzt. Im Fokusder Untersuchungen stehen die aus kollektivenund Mikrofeldeffekten resultierenden Einflüsse aufIonisations-, Heizungs- und Beschleunigungsprozesse,deren Signaturen in den Fragmentspektren,sowie die gezielte Steuerung dieser Prozesse mitamplituden- und phasengeformten Laserpulsen.Im Folgenden soll exemplarisch ein Aspektvorgestellt werden, der insbesondere für neuartigeAnwendungen kurzwelliger, intensiver Laserstrahlungvon großer Bedeutung ist (z.B.die Einzelschuss-Strukturuntersuchung von Biomolekülen).Dazu wird das Ionisationsverhaltenund die Auswirkung von Plasmaeffekten auf dieClusteranregung mit intensiven XUV-Laserpulsenbetrachtet, die heutzutage mit Freie-Elektronen-Lasern exper<strong>im</strong>entell realisiert werden können.In den S<strong>im</strong>ulationen wurde die Ionisations- undHeizungsdynamik von Argonclustern in intensivenFemtosekunden-Laserpulsen bei einer Wellenlängevon 32 nm intensitätsabhängig untersucht[2]. Die Analyse der Elektronenemissionbestätigt das in Exper<strong>im</strong>enten beobachtetePhänomen der sogenannten ”multistep-ionization“,bei der die sequentielle Photoionisation innerhalbdes sich aufbauenden Clusterpotentials zueinem plateauartigen Energiespektrum führt. Sobalddie zunehmende Tiefe des Coulombpotentialsdes Clusters die direkte Photoemission unterdrückt,entsteht ein Nanoplasma, das zu einemzusätzlichen thermischen Ionisationsbeitrag führt,siehe Abb. 1. Die auf dem <strong>HLRN</strong> durchgeführtenRechnungen zeigen, dass dabei ein charakteristischerHeizungsmechanismus wirksam wird, denwir als ”ionization heating“ bezeichnen. Hierbeiwird die Energieabsorption nicht wie bei Wellenlängenüber 100 nm durch lasergetriebenePhysik


187energyionization stepintensity (arb. units)kinetic energy (eV)0 10 20 0 10 20 0 10 20 0 10 201.0a) 11 212 213 214 2I=5x10 W/cm b) I=5x10 W/cm c) I=2x10 W/cm d) I=1x10 W/cm0.53sMDMC3pE kin (eV)02520151050e)laserenvelopef)Intensity(arb.units)1.00.50thermal-40 -20 0 20 40 -40 -20 0 20 40 -40 -20 0 20 40 -40 -20 0 20 40birth t<strong>im</strong>e (fs)g)multistepfeatureh)Abbildung 1: Intensitätsabhängige Elektronenemission aus Ar 147 bei Anregung mit 30fs-Laserpulsen bei λ = 32nm. a-d): Die MD-S<strong>im</strong>ulationen (rot) zeigen bei moderaten Intensitäten (hier bis 5 × 10 12 W/cm 2 )ein Emissionsverhalten, das mit dem Modell der ”multistep-ionization“ (Skizze) beschrieben werdenkann. Höhere Intensitäten führen zu einem zusätzlichen thermischen Emissionsbeitrag, der in einemvereinfachten Modell (MC, gestrichelt) unberücksichtigt bleibt. e-h): Elektronenenergie als Funktiondes Geburtszeitpunktes der Elektronen während des Laserpulses. Der abfallende Verlauf der kinetischenEnergie ist charakteristisch für die Multistep-Ionisation, während bei hoher Intensität diezusätzliche breite Energieverteilung thermischer Emission aus dem Nanoplasma entspricht [2].Plasmaheizung freier Elektronen dominiert, sonderndurch die Überschußenergie der aus den Atomendurch Photoionisation freigesetzen Elektronen.Dieser Effekt ermöglicht die Erzeugung einesNanoplasmas, dessen transiente Dichte undTemperatur gezielt durch die Laserparameter eingestelltwerden kann [2].Weiterhin zeigte sich, dass das von der Laserwellenlängeabhängige Ionisationsreg<strong>im</strong>e diewirksamen Expansionsmechanismen der Clusterexplosionbest<strong>im</strong>mt. In schalen- und ladungsaufgelöstenIonenspektren konnte bei Variation derPhotonenenergie ein Übergang von hydrodynamischerExpansion zur Coulombexplosion beobachtetwerden. Es wurde gezeigt, dass es durchAnalyse charakteristischer Signaturen der Elektronenspektrengelingt, den jeweils dominierendenExpansionsmechanismus (thermischer Druck derheißen Elektronen/Coulombdruck auf Grund derClusterionisation) der Cluster zu identifizieren [3].Mehr zum Thema1. Th. Fennel, K.-H. Meiwes-Broer, J. Tiggesbäumker,P.-G. Reinhard, P. M. Dinh, andE. Suraud, Laser-driven nonlinear cluster dynamics,Rev. Mod. Phys., 2010, 82, 1793.2. M. Arbeiter and Th. Fennel, Ionization heating inrare-gas clusters under intense XUV laser pulses,Phys. Rev. A, 2010, 82, 013201.3. M. Arbeiter and Th. Fennel, Rare-gas clustersin intense VUV, XUV and soft x-ray pulses:Signatures of the transition from nanoplasmadrivencluster expansion to Coulomb explosionin ion and electron spectra, (submitted),http://arxiv.org/abs/1011.2069FörderungDFG-Sonderforschungsbereich 652Physik


188First-Principles Approaches to the Molecule-Insulator InterfaceAdsorption of Organic Molecules on Wide-Gap InsulatorsW. Chen, C. Tegenkamp, H. Pfnür, Institut fürFestkörperphysik, Leibniz-Universität HannoverAbstract• The understanding of the organic moleculeinsulatorinteraction is central to a wide varietyof applications (molecular electronics, catalysis,etc.)• A microscopic picture of the molecule-insulatorinterface can be obtained from state-of-the-artfirst-principles approaches.• The massively parallel computing systems at<strong>HLRN</strong> are ideal for first-principles modeling. Thecomputation can be distributed over a large numberof nodes.We are living in a world surrounded by surfaces.There are various surfaces, either metallic or insulating,with which we are constantly interactingin our daily life. Reactions on surfaces are ubiquitous,for example, the rusting and the corrosionof metal surfaces due to oxidation. Over the pastfew decades, great effort has been dedicated tounderstanding the physical and chemical phenomenaoccurring at surfaces and the interfaces of twophases. Heterogeneous catalysis is one of thepr<strong>im</strong>e concepts and main applications in the fieldof surface chemistry which was pioneered by PaulSabatier and Fritz Haber. Tremendous progresshas been achieved since then in the understandingof microscopic characteristics of surfaces andthe reactions at surfaces, which is benefited fromnovel exper<strong>im</strong>ental techniques and modern theoreticalapproaches. The advances in surface scienceboost the development of semiconductor devicefabrication (e.g. epitaxial growth, chemical vapordeposition and atomic layer deposition, selfassembledmonolayer based molecular electronics,catalysts, and fuel cells).One central ingredient in a wide class of applicationsin surface science (such as heterogeneouscatalysts and self-assembled monolayers)is the molecule-surface interaction. Notably, GerhardErtl’s contribution to the investigation of COmolecules adsorbed at Pt surfaces earned h<strong>im</strong> aNobel Prize of Chemistry in 2007. Over the lastdecade, adsorption of molecules at metal surfacesand semiconductors gained broad attention whichwas st<strong>im</strong>ulated by their relevance in catalysis andmolecular electronics. In contrast, there are considerablyfewer studies of the molecule-insulator interfaces.Adsorption of organic molecules at widegapinsulator surfaces is often unreactive and correspondsmostly to weak physisorption as long asthe surface is free of defects. For instance, thefeatures of the frontier molecular orbitals of a pentacenemolecule are preserved upon its adsorptionat Cu-supported NaCl films as is resolved by scanningtunneling microscopy. Due to the inertnessof the wide-gap insulator surfaces, they are excellentcandidates for supporting substrates in manychemical and technical applications.Specifically, revisiting the interface between organicmolecules and wide-gap insulators is st<strong>im</strong>ulatedby the intriguing features of a separation processin the mining industry. It has been observedthat the addition of certain organic moleculescan trigger the separation of various mineralssuch as halite (NaCl), sylvite (KCl) and kieserite(MgSO 4·H 2 O) effectively by electrostatic forces inan inhomogeneous electrical field. The electrostaticseparation process is plausibly explained bya charge transfer model. Without adsorbates, electronicexcitation is practically <strong>im</strong>possible at roomtemperature according to the Fermi-Dirac statistics.This situation is modified by the unoccupiedstates generated by the adsorbate at the insulatorsurface. The electrons can effectively be excited tothese unoccupied molecular states provided thatthe excitation energy is sufficiently small. Whentwo adsorbate covered surfaces are brought intocontact, electrons can hop from one side to theother. A contact voltage drop across the interfaceresults from the net charge transfer, which is supposedlyresponsible for the electrostatic separationprocess.A precise control of the efficiency of the separationprocess requires not only the accurate knowledgeof the organic molecules and the host insulator,but also the microscopic picture of themolecule-insulator interaction. Although the propertiesof the conditioner molecules (such as benzoicacid and its phenolic derivatives) and the rocksaltare well-known, the detailed mechanism of theinteraction between the organic molecules and theinsulating surface was not yet identified. The surfacesof NaCl or KCl grains are never free of defects.These defects are assumed to have enormous<strong>im</strong>pact on the adsorption configuration andthe electronic structure of the adsorbed system.In this project, we use first-principles calculationsto investigate the adsorption of benzoic acid andits various phenolic derivatives at wide-gap insulators(e.g. NaCl and KCl surfaces), in an effort todemystify the contact charging effect between saltPhysik


189BA SA p-SAFigure 1: Side view (top panel) and top view (bottom) schematics of the adsorption of benzoic acid (BA), salicylicacid (SA), and p-salicylic acid (p-SA) at the KCl(100) surface. Density functional theory calculationsshow that the aromatic carboxylic acids are tilted upon adsorption on the wide-gap insulator surface. Themolecule-insulator interaction is governed by a complex interplay between the ionic, covalent and longrangevan der Waals interactions (cf. Ref. 1). Potassium: blue, chlorine: green, oxygen: red, carbon:grey, hydrogen: white.grains mixed with organic molecules. Kohn-Shamdensity functional theory (KS-DFT) is the standardapproach for the prediction of ground-state properties.To describe the weak interaction between surfaceand adsorbate with high accuracy, we use KS-DFT with hybrid functionals and dispersion forcecorrections. Green’s function based many-bodyperturbation theory is used for an accurate descriptionof the excitation properties.This work, particularly the calculations usingGreen’s function perturbation theory, benefitslargely from the large main memory available atthe ICE2 nodes. These high-level solid-state calculations,involving exceedingly large matrix operations,need up to around 10 GB of memoryper process for a realistic modeling of an adsorbate/surfacesystem with around 60 atoms. Inthis case, we can use up to 1024 CPU cores, i.e.256 nodes with 4 cores each, with a reasonablygood scaling. The investigation of the electronicspectra of an extended system, which was oncea formidable task, now becomes possible with thenew <strong>HLRN</strong> system.More Information1. W. Chen, C. Tegenkamp, H. Pfnür, and T.Bredow: Insight from first-principles calculationsinto the interaction between hydroxybenzoicacids and alkali chloride surfaces, J. Phys.Chem. C 114, 460 (2010)2. W. Chen, C. Tegenkamp, H. Pfnür, and T.Bredow: Anomalous molecular orbital variationupon adsorption on a wide band gap insulator,J. Chem. Phys. 132, 214706 (2010)FundingThis project is supported by the K+S Group.Physik


190Was passiert hinter dem Mond?Numerische Plasmas<strong>im</strong>ulationen von H<strong>im</strong>melskörpernU. Motschmann, H. Kriegel, S. Wiehle, Institut fürTheoretische Physik, TU BraunschweigKurzgefasst• Numerische S<strong>im</strong>ulationen der Plasmaumgebungvon H<strong>im</strong>melskörpern wie Planeten, Monden oderKometen• Analyse der auftretenden Strukturen und Effekte• Vergleich der S<strong>im</strong>ulationsergebnisse mit Messdatenvon Raumsonden der ESA und NASADie Arbeitsgruppe Numerische Plasmas<strong>im</strong>ulation(NPS) der Technischen Universität Braunschweigs<strong>im</strong>uliert die Umgebung von H<strong>im</strong>melskörpern, beispielsweiseMars, Venus, den Mond und den SaturnmondEnceladus. Diese S<strong>im</strong>ulationen sind vonbesonderer Bedeutung: Raumfahrtorganisationenwie NASA und ESA organisieren etliche Raumfahrtmissionen,um die verbleibenden Gehe<strong>im</strong>nissedieser Körper zu enthüllen. In den letzten Jahrenwar dies beispielsweise Venus Express zurVenus, Cassini-Huygens zum Saturn und dessenMonden und erst in diesem Jahr die ARTEMIS-Mission, die den Erdmond gleichzeitig mit zwei Satellitenerforscht. Neben Aufgaben wie der Erkundungder Oberfläche und inneren Struktur dieserKörper befinden sich Magnetometer und Teilchendetektorenan Bord, um die Wechselwirkung desumgebenden Plasmas mit dem jeweiligen Körperzu untersuchen. In den meisten Fällen ist diesesPlasma der Sonnenwind, ein von der Sonneausgehender Partikelstrom, der hauptsächlichaus Protonen und Elektronen besteht. Bei diesenMessungen sind Raumsonden jedoch einer grundlegendenEinschränkung unterworfen: Sie könnennur an ihrer aktuellen Position Messdaten sammelnund nur zu genau dem Zeitpunkt, zu dem siesich dort aufgehalten haben. Numerische Plasmas<strong>im</strong>ulationensetzen an dieser Stelle an: Häufig basierendauf Original-Messwerten wird nicht nur einekleine Stelle, sondern die gesamte Umgebungdes Objekts s<strong>im</strong>uliert. Dies ermöglicht beispielsweise,den Verlauf von Plasmastrukturen wie Bugstoßwellenaufzuzeigen oder auch, wie <strong>im</strong> Fallevon Enceladus, die Struktur der Ausgasungen desMondes durch Anpassung des S<strong>im</strong>ulationsmodellsan die Daten zu ermitteln.Der Erdmond ist wegen der Schlichtheit seinerSonnenwind-Wechselwirkung ein scheinbar einfachzu s<strong>im</strong>ulierendes und zu verstehendes Objekt:Im Gegensatz zu anderen Körpern wie unsererErde verfügt er über kein intrinsisches Magnetfeld,ebenso fehlt ihm eine dichte Atmosphäre,die Sonnenwindteilchen schlagen daher direkt aufder Mondoberfläche auf und werden absorbiert.Durch diesen Effekt entsteht hinter dem Mond eineVakuumregion <strong>im</strong> sonst von Sonnenwind dominiertenWeltraum, die eine Ausdehung vom mehrerenTausend Kilometern hat, bis sie durch deneinströmenden Sonnenwind wieder aufgefüllt ist.Wir haben nun den Vorbeiflug eines der ARTEMIS-Satelliten hinter dem Mond s<strong>im</strong>uliert, wofür wirerstmals eine Echtzeits<strong>im</strong>ulation des gesamtenVorbeifluges durchgeführt haben: Normalerweisewird eine S<strong>im</strong>ulation bis zum Erreichen eines quasistationärenZustands gerechnet, dem Zeitpunktalso, an dem sich die ausgebildeten Plasmastrukturennicht mehr wesentlich ändern. Das Erreichendieses Zustands dauert meist nur wenige Echtzeit-Minuten, was nichtsdestotrotz mehreren hundertCPU-Stunden entspricht - je nach Situation auchdeutlich mehr. Bei der S<strong>im</strong>ulation des Mondvorbeiflugstrat nun folgendes Problem auf: Das Magnetfelddes Sonnenwindes am Mond durchliefsehr starke Schwankungen, so dass aus der Messungallein nicht geklärt werden konnte, welche Effekteauf den Einfluss des Mondes und welche aufden Sonnenwind zurückzuführen sind. Daher habenwir den Vorbeiflug in seiner gesamten Dauervon zwei Stunden nachs<strong>im</strong>uliert, was etwa 100x soviel Rechenzeit benötigte wie eine übliche S<strong>im</strong>ulation.Dadurch waren wir in der Lage, sonnenwindundmondbedingte Einflüsse zu separieren undneue Erkenntnisse über die Struktur dieser Vakuumregionzu gewinnen. Solche Resultate könnenauch in die weitere Planung der Sondenflugbahneneinbezogen werden, um beispielsweise in derS<strong>im</strong>ulation entdeckte Effekte möglichst gut durchDaten bestätigen zu können[1].Im Gegensatz zum Erdmond, der sich meist<strong>im</strong> Sonnenwind befindet, bewegt sich der SaturnmondEnceladus in der Magnetosphäre des Saturns,so dass hier entsprechend das magnetosphärischePlasma betrachtet werden muss. Enceladuszeigt trotz seiner geringen Größe einzigartigekryovulkanische Aktivität: Vermutlich aufgrundeines Ozeans aus flüssigem Wasser unterhalbder Oberfläche gehen von der Südpolarregiongeysirartige Jets aus Wasserdampf und Eis aus,die den s.g. Plume bilden. Die Untersuchung diesesPlumes sowie seiner Wechselwirkung mit SaturnsMagnetfeld und Plasma ist eins der zentralenZiele der aktuellen NASA/ESA MissionCassini: Während bisher 14 naher Vorbeiflügekonnte eine große Menge an Daten gesam-Physik


191Abbildung 1: 2D-Schnitte durch die S<strong>im</strong>ulationsbox der Monds<strong>im</strong>ulation: Sonnenwinddichte, -geschwindigkeit undMagnetfeld (v.l.n.r). Der Sonnenwind strömt von links in die Box und wird vom Mond absorbiert, hinterdem Mond entsteht eine Vakuumregion (links). Diese wird von dem umgebenden Plasma wieder aufgefüllt,wobei dieses beschleunigt oder verlangsamt werden kann (mitte). Das Magnetfeld wird vomMond quasi nicht beeinflusst, jedoch tragen die einströmenden Teilchen hinter dem Mond ebenfallsein Magnetfeld, so dass es zu einer Erhöhung kommt (rechts).melt werden. Zur Interpretation dieser Datensind unter anderem Plasmas<strong>im</strong>ulationen notwendig:Stöße zwischen den Wassermolekülen desPlumes und magnetosphärischen Ionen verursacheneine lokale Störung von Saturns Magnetfeld,die von Cassini gemessen werden kann. Beieiner Übereinst<strong>im</strong>mung zwischen s<strong>im</strong>ulierter undgemessener Magnetfeldstörung lassen sich daheranhand der in der S<strong>im</strong>ulation angenommenenDichte der Wassermoleküle Rückschlüsse aufdie reale Dichte und Produktionsrate des Plumesziehen[2].Zur S<strong>im</strong>ulation verwendet die AG NPS dabeiden Hybrid-S<strong>im</strong>ulationscode A.I.K.E.F. (AdaptiveIon Kinetic Electron Fluid). ”Hybrid” bedeutet hierbei,dass die Protonen und schwerere Ionen desWeltraumplasmas als Makropartikel repräsentiertwerden, die sich frei innerhalb der Zellen desS<strong>im</strong>ulationsgitters entsprechend der Lorentzkraftbewegen können. Die leichten Elektronen hingegenwerden als masselose, ladungsneutralisierendeFlüssigkeit modelliert. Auf den Knoten desGitters werden aus den Teilchenkoordinaten dieelekromagnetischen Felder interpoliert, mit denendann <strong>im</strong> nächsten Zeitschritt die Teilchenbeschleunigungbest<strong>im</strong>mt wird. Der S<strong>im</strong>ulationscode ist dabeiin der Lage, adaptiv zu arbeiten. Das bedeutet,die Auflösung des S<strong>im</strong>ulationsgitters kann in Teilender S<strong>im</strong>ulation erhöht werden, um so relevanteStrukturen besser auflösen zu können und gleichzeitigweniger relevante Orte effizient mit geringerAuflösung zu betrachten. Die Hybrid-Beschreibungbietet sich <strong>im</strong>mer dann an, wenn kinetische Effekteder Ionen, wie z. B. die Gyration berücksichtigt werdenmüssen, d.h. die Gyrationsradien vergleichbarmit der Größe des Hindernisses sind und dieElektronendynamik wegen der viel kleineren Masseder Elektronen vernachlässigt werden kann. Eineübliche S<strong>im</strong>ulation besteht in der gröbsten Ebeneaus etwa 100 Zellen pro Raumrichtung, dieAuflösung wird jedoch in Teilen des S<strong>im</strong>ulationsgebietesoft um 2 3 oder 2 4 erhöht. In jeder Gitterzellebefinden sich dabei 20-100 Makropartikel, sodass in der gesamten S<strong>im</strong>ulation oft mehrere MilliardenPartikel enthalten sind. Je nach Teilchenzahl,Auflösung, Adaptivität und benötigter Echtzeitdauert eine S<strong>im</strong>ulationen bei Verwendung von128 CPUs mehrere Tage. Hinzu kommt, dass einegroße Anzahl an Parametern getestet werdenmuss, weshalb bis zu 100 S<strong>im</strong>ulationen durchgeführtwerden müssen.Mehr zum Thema1. Wiehle, S. et al., First Lunar Wake Passage ofARTEMIS: Discr<strong>im</strong>ination of Wake Effects andSolar Wind Fluctuations by 3D Hybrid S<strong>im</strong>ulations,Plan. Space Sci., subm.2. Kriegel, H. et al., Hybrid s<strong>im</strong>ulations of moonmagnetosphereinteractions at Saturn, Talk (invited)at AGU Fall Meeting 2010FörderungDFG-Schwerpunktprogramm 1488 PlanetMAGPhysik


192Eine Reise mit vielen FragezeichenUntersuchung der Plasmaumgebung des Kometen 67P/Churyumov-Geras<strong>im</strong>enkoK.-H. Glaßmeier, C. Koenders, Institut für Geophysikund extraterrestrische Physik, TechnischeUniversität BraunschweigKurzgefasst• Die europäische Raumsonde ROSETTA untersuchtab 2014 den Kometen Churyumov-Geras<strong>im</strong>enko.• Bei Kometen kommt es zu einer Wechselwirkungdes Sonnenwindes mit kometaren Gasen, dieu.a. den Schweif entstehen lässt.• Es sind numerische S<strong>im</strong>ulationen notwendig, umgenaue Aussagen über diese Wechselwirkungmachen zu können und die ROSETTA Missionvorzubereiten.Am 2. März 2004 startete die europäische RaumsondeROSETTA zu einer langen Reise, deren Zielder Komet 67P/Churyumov-Geras<strong>im</strong>enko ist. DieRaumsonde soll diesen Kometen <strong>im</strong> Jahr 2014 erreichenund ihn dann bei seinem Umlauf um dieSonne begleiten.Vereinfacht dargestellt sind Kometen große Brockenaus Eis und Staub. Ihr Radius beträgt nurwenige Kilometer. Nähert sich ein Komet der Sonne,so wird er durch die zunehmende Sonneneinstrahlungerwärmt. Es kommt zur Subl<strong>im</strong>ationdes Eisanteils, so dass eine flüchtige Atmosphäreaus Wassermolekülen und Staubteilchen entsteht.Zudem entsteht ein heller Staubschweif, der <strong>im</strong>merhinter dem Kometenkern hinterher läuft undhauptsächlich aus den Staubteilchen besteht. Esbildet sich aber auch noch ein weiterer Schweif,der Plasmaschweif. Dieser besteht größtenteilsaus ionisierten Wassermolekülen und zeigt <strong>im</strong>merdirekt von der Sonne weg.Dieses Verhalten lässt sich mithilfe der Plasmaphysikerklären: Die Wassermoleküle in der Nähedes Kometen werden durch UV-Strahlung ionisiertund bilden so ein Plasma. Ein anderes Plasma, derSonnenwind, erreicht den Kometen von der Sonneher kommend. Mit etwa 400 km/s bewegen sichProtonen und Elektronen durch das Sonnensystem.Dieses Plasma transportiert neben den Teilchenauch noch das Magnetfeld der Sonne. DieWechselwirkung zwischen diesen beiden Plasmenführt zur Ausbildung von unterschiedlichen Strukturenund Grenzschichten. Eine dieser Strukturenist der Plasmaschweif, dessen Struktur und Dynamikdurch unterschiedliche Exper<strong>im</strong>ente an Bordder ROSETTA Sonde vermessen werden kann.In der Vergangenheit sind bereits andere Raumsondean Kometen vorbeigeflogen. Allerdingskonnten sämtliche Sonden jeweils nur einmal anihrem“Kometen vorbeifliegen. Somit sind bis heutenur Momentaufnahmen von der Wechselwir-”kung kometaren Materials mit dem Sonnenwindbekannt. Des Weiteren hatten alle Kometen beiden Vorbeiflügen eine mittlere bis hohe Ausgasungsratevon etwa 10 27 bis 10 29 mol/s.Anders wird dies sein, wenn ROSETTA <strong>im</strong> Mai2014 Churyumov-Geras<strong>im</strong>enko erreicht. Zu diesemZeitpunkt befindet sich der Komet in einer Entfernungvon etwa 4 Astronomischen Einheiten (AE)zur Sonne und hat eine Ausgasungsrate von nur10 24 mol/s. Daher wird eine deutlich schwächereWechselwirkung erwartet, als es bei den bisher besuchtenKometen der Fall war. Über die Strukturen,die sich bei einer deutlich schwächeren Wechselwirkungausbilden, ist noch nichts aus Beobachtungsdatenbekannt. Folglich ist ROSETTAs Missioneine Reise mit vielen Fragezeichen.Um dennoch die Messungen der Sonde in derUmgebung des Kometen zu planen, sind numerischeS<strong>im</strong>ulationen erforderlich. Sie stellen bis zurAnkunft die einzige Möglichkeit dar, sich ein Bildvon der Wechselwirkungsregion zu verschaffen,denn die Wechselwirkung läßt sich nicht <strong>im</strong> Labornachstellen. Nur durch numerische S<strong>im</strong>ulationenkönnen so die zukünftigen Messungen opt<strong>im</strong>iert,Telemetrie und Energie gespart und der wissenschaftlicheErfolg der Mission vergrößert werden.Das von uns benutzte S<strong>im</strong>ulationsmodell ist einsogenanntes Hybrid-Modell[1]. In diesem Modellwerden die Ionen des Sonnenwindes und der kometarenTeilchen als kinetische Partikel beschrieben.Dies ist besonders wichtig, da geladene Teilchenin einem Plasma um das lokale Magnetfeldgyrieren und somit einen individuellen Teilchencharakterhaben. Die Elektronen werden jedochals Flüssigkeit beschrieben. Dadurch lassen sichzwar keine kinetischen Effekte der Elektronen untersuchen.Allerdings sind die Skalen dieser Effektedeutlich kleiner als die der Ionen und könnenvernachlässigt werden. Zudem kann durch dieseVereinfachung Rechenkapazität gespart werden.Anders als in der Luft oder einer Flüssigkeitgeschieht die Interaktion zwischen den Teilchennicht durch Stöße, sondern über elektromagnetischeFelder. Diese wirken als Lorentz-Kraft auf dieTeilchen <strong>im</strong> Plasma und es kommt zur Wechselwirkungzwischen den Teilchen und den Feldern. UmRechenkapazitäten zu sparen, werden in den S<strong>im</strong>ulationendie elektromagnetischen Felder nur aufPhysik


193Abbildung 1: Die Ergebnisse einer S<strong>im</strong>ulation der Plasmaumgebung von Churyumov-Geras<strong>im</strong>enko bei einer Entfernungvon 1,3 AE. Die Abbildungen zeigen zum Einen die Stärke des Magnetfeldes (links) und zumAnderen die Teilchendichte (rechts). Der Sonnenwind strömt von links in die S<strong>im</strong>ulationsbox und istzunächst ungestört. Allerdings n<strong>im</strong>mt der Einfluss der kometaren Ionen zum Nukleus (nicht sichtbar,in der Bildmitte) hin stetig zu und es kommt zu einer Bugstoßwelle. Diese parabelförmige Struktur istsowohl <strong>im</strong> Magnetfeld als auch in der Teilchendichte durch den sprunghaften Anstieg zu erkennen.Neben zahlreichen anderen Strukturen ist auch zu erkennen, dass sich ein Schweif ausbildet, dervon der Sonne weg gerichtet ist. Dies ist der Plasmaschweif.Gitterknoten berechnet und die Felder für die Berechnungender Kraft auf die Teilchen interpoliert.Ein großes Problem bei der S<strong>im</strong>ulation derWechselwirkung sind die unterschiedlichen Skalen,auf denen Grenzschichten und Strukturen auftreten.Einerseits ist das zu betrachtende Gebietriesig: mehrere Millionen Kilometer. Andererseitswird sich die ROSETTA Sonde in einer Entfernungvon nur einigen 10 Kilometern zum Kometenkernbewegen. Somit ist es notwendig und besonderswichtig, dass die Strukturen in dieser Region durchdie S<strong>im</strong>ulationen aufgelöst werden.Frühere Hybrids<strong>im</strong>ulationen [2] erreichten nur eineräumliche Auflösung von etwa 100km. Sie konntensomit die kleinen Strukturen in der Nähe desNukleus nicht darstellen. Die Weiterentwicklungdes S<strong>im</strong>ulationsprogrammes benutzt nun ein adaptivesGitter, das eine deutlich bessere Auflösungin der Nähe des Nukleus als am Rand der S<strong>im</strong>ulationsboxermöglicht.Durch diese Weiterentwicklung und die Rechenkapazitätenauf dem <strong>HLRN</strong> sind wir nun erstmals inder Lage mit einer Hybrids<strong>im</strong>ulation die diamagnetischeKavität räumlich aufzulösen. Diese Strukturzeichnet sich durch einen sehr starken Abfall derMagnetfeldstärke in der Nähe des Nukleus aus. Erkennenlässt sich diese auch <strong>im</strong> linken Teil von Abbildung1 in der Bildmitte, wo die Magnetfeldstärkeauf etwa 0nT abfällt.Die S<strong>im</strong>ulationen aus diesem Projekt werdenhelfen einige offene Fragen zur Wechselwirkung zubeantworten und somit die ROSETTA Mission voranbringen.Mehr zum Thema1. Bagdonat, T. und Motschmann, U.:3D Hybrid S<strong>im</strong>ulationCode Using Curvilinear Coordinates:Journal of Computational Physics, 183:470-485: doi:10.1006/jcph.2002.7203.2. Bagdonat, T. und Motschmann, U.:From a Weakto a Strong Comet - 3d Global Hybrid S<strong>im</strong>ulationStudies: Earth Moon and Planets, 90:305-321:doi:10.1023/A:1021578232282FörderungDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)Physik


194Wie Turbulenz in Galaxienhaufen entstehtNumerical s<strong>im</strong>ulations of an infalling subcluster: A comparative studyW. Schmidt, J. Schulz, E. Lévêque, Institut fürAstrophysik, Georg-August-Universität GöttingenKurzgefasst• Galaxienhaufen enthalten große Mengen anGas, das durch verschiedene Vorgänge durcheinandergewirbeltwerden kann.• Das passiert zum Beispiel, wenn ein kleiner Galaxienhaufenin einen großen Haufen durch dessenSchwerkraft hineingezogen wird.• Wir untersuchen in einem stark idealisierten Modell,wie dabei Turbulenz entsteht und welcheUnterschiede bei der Verwendung von verschiedenenBerechnungsmethoden auftreten. Daskann uns Hinweise darauf geben, wie zuverlässigdiese Methoden sind.Wasserstoffgas bildet innerhalb von Galaxien dasRohmaterial, aus dem Sterne entstehen. Aberauch außerhalb der Galaxien kommen große Gasmengenvor. In Galaxienhaufen (engl. cluster), alsoAnsammlungen von Galaxien, die durch dieGravitation der sogenannten Dunklen Materie zusammengehaltenwerden, gibt es das Intracluster-Medium, das sich auf Grund seiner hohen Temperaturdurch Röntgenstrahlung bemerkbar macht.Außerdem hat man Hinweise gefunden, dass dasGas in Galaxienhaufen turbulent ist. Unter Turbulenzversteht man <strong>im</strong> weiteren Sinne stark fluktuierende,ungeordnete Strömungsbewegungen. AlsUrsache für die Turbulenz <strong>im</strong> Intracluster-Mediumkommen Verschmelzungen von Galaxienhaufen inFrage.In unserem Projekt beschäftigen wir uns mit einemSpezialfall der Verschmelzung von zwei Galaxienhaufen,nämlich des Sturzes eines kleinenHaufens (engl. subcluster) in einen viel größeren.Das ist in gewisser Hinsicht dem Sturz eines kleinenH<strong>im</strong>melskörpers, wie etwa eines Asteroiden,auf einen größeren, z. B. einen Planeten, vergleichbar.Nur gibt es in unserem Fall natürlichkeine festen Körper, sondern gravitativ gebundeneGasmassen. Uns geht es dabei nicht darum,alle Details möglichst genau zu berücksichtigen,sondern wir studieren grundlegende Eigenschaftendieses Vorganges in einem stark vereinfachtenModell und vergleichen die Ergebnisse, dieaus unterschiedlichen Berechnungsmethoden folgen.Dementsprechend kommen individuelle Galaxien<strong>im</strong> Modell nicht vor. Vielmehr konzentrierenwir uns auf das Gas in den Haufen. Der Subclusterwird durch einen anfangs kugelförmigen Gasballbeschrieben, der durch ein best<strong>im</strong>mtes Gravitationspotentialgebunden ist. Den Sturz in dengroßen Cluster hinein beschreiben wir durch einumgebendes Medium konstanter Dichte, das diesenGasball mit einer Geschwindigkeit umströmt,die der Fallgeschwindigkeit entspricht. Wir bewegenuns also mit dem Subcluster mit und das Gasdes großen Clusters erscheint uns damit als eineArt Fahrtwind. Der Trick mit dem mitbewegtenBezugssystem ermöglicht es, zu jedem Zeitpunktnur einen relativ kleinen Ausschnitt der Umgebungdes Subclusters zu berechnen. Dieses Modell wirdvon uns in verschiedene Codes <strong>im</strong>plementiert, diefür strömungsmechanische Berechnungen in derAstrophysik gebräuchlich sind.Ein flexibler und weit verbreiteter Code, der voneinem Gitterverfahren Gebrauch macht, ist Enzo.Unter einem Gitterverfahren versteht man, dassdas Raumgebiet, in dem die Strömung berechnetwerden soll, in kleine würfelförmige Gitterzellenunterteilt wird. Jeder Zelle sind best<strong>im</strong>mte Werteder strömungsmechanischen Variablen (die Dichtedes Gases, die Geschwindigkeit der Strömung,etc.) zugeordnet, deren zeitliche und räumlicheVeränderung durch die Eulerschen Gleichungenbeschrieben wird. In manchen Raumgebieten tretennur über relativ große Abstände hinweg merklicheÄnderungen der Variablen auf, während diesein anderen Gebieten stark fluktuieren können.Daher wird die Größe der Gitterzellen dynamischan die Strömung angepasst. Diese Art der Berechnungnennt man adaptive Gitterverfeinerung. UnsereArbeitsgruppe hat eine spezielle Methode fürdie Verfeinerung der Gitter in S<strong>im</strong>ulationen turbulenterStrömungen mit starken Kompressionseffektenentwickelt [1], die auf der Best<strong>im</strong>mung statistischerSchwankungen der Vortizität (ein Maß fürdie Intensität von Wirbeln) und der Kompressionsrateberuht. In einer früheren Studie hat sich herausgestellt,dass diese Methode für das oben beschriebeneModell sehr gut funktioniert [2]. Die Abbildung1 veranschaulicht die zeitliche Entwicklungder Strömung <strong>im</strong> Umfeld des Subclusters anhanddes Betrages der Vortizität in einer aktuellen S<strong>im</strong>ulationmit 256 Prozessorkernen.Im weiteren Verlauf des Projekts werden wir ähnlicheS<strong>im</strong>ulationen mit Castro ausführen, einem amLawrence Berkeley National Laboratory entwickeltenCode, der ein ausgeklügelteres Verfahren zurLösung der Eulerschen Gleichungen verwendet.Darüberhinaus planen wir einen Vergleich der Ergebnissemit dem Code Gadget. Anders als Castroberechnet Gadget die Bewegungen einer VielzahlPhysik


195Abbildung 1: Darstellung der Vortizität des den Subcluster umströmenden Gases in einer Schnittebene an vieraufeinanderfolgenden Zeitpunkten. Die Bewegungsrichtung des Subclusters in den großen Clusterhinein muss man sich von rechts nach links denken. Der sichtbare Bildausschnitt bewegt sich abermit dem Subcluster mit, sodass dessen Position fest bleibt und das umgebende Gas von links nachrechts vorbeiströmt. Infolgedessen wird von dem anfangs kugelförmigen Gasball <strong>im</strong> Laufe der Zeitmehr und mehr Gas abgestreift und es bildet sich ein stark turbulenter Schweif aus.von sich mit der Strömung mitbewegenden Teilchen.Dies soll uns Aufschluss über die Frage geben,welche Methode zur S<strong>im</strong>ulation astrophysikalischerTurbulenz besonders geeignet ist.Mehr zum Thema1. Schmidt, W., J. C. Niemeyer, M. Hupp, C. Federrathand A. Maier, 2007: A New ModellingApproach for Turbulent Astrophysical Flows,http://www.deisa.eu/science/deci/projects2005-2006/FEARLESS2. Iapichino, L., J. Adamek, W. Schmidt and J.C. Niemeyer 2008: Hydrodynamical adaptivemesh refinement s<strong>im</strong>ulations of turbulent flows- I. Substructure in a wind, Month. Not. Roy.Astron. Soc. 388, 1079-1088FörderungGeorg-August-Universität GöttingenPhysik


196Vielteilchentanz <strong>im</strong> Gigahertz-TaktQuanten-Monte-Carlo für korrelierte Quantensysteme <strong>im</strong> und abseits desthermischen GleichgewichtsTh. Pruschke, A. Honecker, S. Fuchs, A. Kalz, A.Dirks, Theoretische Physik, Universität GöttingenKurzgefasst• Unsere Computer werden <strong>im</strong>mer kleiner, schnellerund leistungsfähiger. Mittlerweile werden dieStrukturen auf den Chips so klein, dass die detailliertenEigenarten einzelner Elektronen wichtigwerden und zum Teil sogar die Eigenschaftendominieren.• Dieses Grenzland zwischen unserer täglichenErfahrungswelt und den Gesetzen auf atomarenLängenskalen stellt eine große Herausforderungan die moderne Festkörperphysikdar, deren Bewältigung den Einsatz modernerHöchstleistungscomputer erforderlich macht.• Für unsere Rechnungen setzen wir numerischeVerfahren basierend auf statistischen Methodenein. Um damit verlässliche Aussagen ableiten zukönnen, benötigt man eine ausreichend großeStichprobe an Daten. Höchstleistungscomputerwie der <strong>HLRN</strong> mit schneller interner Kommunikationund gutem Speicherausbau erlauben, vielesolcher Stichproben gleichzeitig (=parallel) zuerzeugen und damit die nötigen Rechenzeitenauf ein vernünftiges Maß zu beschränken.• Im vergangenen Jahr konnten so in unseremProjekt neue Ergebnisse zum Verhalten von Teilchenin eingeschränkten Geometrien (Quantenpunkte,optische Fallen, . . .) sowie zum sog.quantenkritischen Verhalten infolge konkurrierenderWechselwirkungen erhalten werden, diezu einem tieferen Verständnis der Eigenschaftenwechselwirkender Quantenobjekte führen.Die theoretische Untersuchung wechselwirkenderQuantensysteme ist eines der aktivsten Gebieteder modernen Festkörperforschung. Neue Herausforderungensind in den letzten 10 Jahrendurch die Fortschritte in der Nanostrukturierungvon Materialien und der Erzeugung komplexerSysteme ultrakalter Atome entstanden: InhomogeneStrukturen in optischen Fallen, Nichtgleichgewichtstransportdurch Nanostrukturen und die damitzusammenhängenden möglichen Anwendungen<strong>im</strong> Gebiet der Spintronik oder des Quantencomputingmachen es notwendig, diese Systemequantitativ zu beschreiben. Aufgrund der Komplexitätund der Konkurrenz verschiedener Energiebzw.Zeit- und Längenskalen werden hier Methodenbenötigt, die möglichst wenige, kontollierteNäherungen benötigen [1]. Relativ universell einsetzbarist das Quanten-Monte-Carlo-Verfahren,das eine Auswertung komplexer Gleichungssystememit statistischen Mitteln ermöglicht. Bisher gabes allerdings das Problem, dass man (i) Raumund Zeit diskretisieren musste und (ii) keine Problemeabseits des thermodynamischen Gleichgewichtesbehandeln konnte. Infolge der Entwicklungneuer Algorithmen in den vergangenen 5 Jahrensind diese Restriktionen zum Teil überwunden worden,und man kann mit Monte-Carlo-S<strong>im</strong>ulationeneffizienter und vor allem zuverlässiger komplexeQuantensysteme <strong>im</strong> und jenseits des thermischenGleichgewichtes untersuchen.Die Themen, die in unserem Projekt untersuchtwerden, sind zum einen die S<strong>im</strong>ulation stationärerNichtgleichgewichtszustände in Nanostrukturen[2], sog. Quantenpunkten, und zum anderendie Untersuchung der Dynamik stark wechselwirkenderGittermodelle mit konkurrierenden Wechselwirkungen<strong>im</strong> thermischen Gleichgewicht [3].Hier bieten die neuen Algorithmen z.B. durchdie Abwesenheit bzw. potentielle Reduktiondes bekannten Vorzeichenproblems in Monte-Carlo-S<strong>im</strong>ulationen die Möglichkeit, bislang nichtzugängliche Fragestellungen zu untersuchen. BeideBereiche sind durch ähnliche Modelle und damitzusammenhängend gleichartige numerische Algorithmenverknüpft. Die eingesetzten Algorithmenwerden <strong>im</strong> Rahmen einer internationalen Kooperation,dem ALPS-Projekt, entwickelt und dabeiständig auf die effiziente Ausnutzung modernerRechnerarchitekturen hin opt<strong>im</strong>iert [4].Ein Querschnitt der mit Hilfe des <strong>HLRN</strong> in dervergangenen Förderperiode erhaltenen Ergebnisseist in Abb. 1 dargestellt.(i) Elektronische Eigenschaften von Festkörpern:Abb. 1a und b stellen gerechnete Photoemissionsspektreneines Festkörpers dar.In Abb. 1a liegt ein sog. korreliertes Metallvor, dessen Fingerabdruck die reichhaltigen,in der Mitte scharfen, Strukturen sind; in Abb.1b hingegen liegt ein Isolator vor, der in derMitte des Spektrums eine Lücke aufweist.Solche Spektren finden sich exper<strong>im</strong>entell invielen Übergangsmetallverbindungen, wobeider Übergang zwischen Metall und Isolatorz.B. durch äußeren Druck verursacht werdenkann.(ii) Thermometrie für endliche Systeme: Fürendliche Systeme mit kleiner Teilchenzahl istPhysik


197110a)4110b)40.530.53ω/W02ω/W02-0.51-0.51s-1RA(ω)W1.41.210.80.6ΓkXMR0-1RA(ω)WΓXkc) d)T =0.4tT =0.5tT =0.6tT =1tT =2tT =4t- t i / V i0.40.30.2QMC S<strong>im</strong>ulationStörungstheorieferromagnetische Ordnung in x-y Ebeneungeordnete PhaseMR00.40.20.1Néel-Ordnungkollineare Ordnung00 20 40 60 80 100 120|?r|00 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4V 2/ V 1Abbildung 1: Ergebnisse aus Rechnungen mit den Computern des <strong>HLRN</strong>: Winkelaufgelöstes Photoemmissionsspektrumeines a) korrelierten Metalls bzw. b) Isolators. Panel c) zeigt die Entropie eines Ensembleskalter Atome als Funktion des Abstandes vom Zentrum für verschiedene Temperaturen, und d) dasGrundzustandsphasendiagramm eines Modells für ein magnetisches Material.die Temperatur schwer zu messen. Hingegenkann man z.B. aus Exper<strong>im</strong>enten dieEntropie best<strong>im</strong>men, und aus dieser danndie Temperatur. Solche gerechneten Entropiekurvenfür verschiedene Temperaturenals Funktion des Abstandes vom Massenschwerpunktdes Systems zeigt Abb. 1c. Vergleicheeiner solchen Rechnung mit Meßkurvenkönnen dazu dienen, eine solche Thermometriedurchzuführen.(iii) Konkurrierende Wechselwirkungen: Konkurrenzvon Wechselwirkungen in Quantensystemenkann ganz einschneidende Folgenfür das physikalische Verhalten haben.In Abb. 1d sieht man das Grundzustandsphasendiagrammeines magnetischen Modellsmit Wechselwirkungen verschiedenerReichweiten (V 1 , V 2 ), die unterschiedlich geordneteZustände favorisieren. ZusätzlicheQuantenfluktuationen (t i ) erweitern das Phasendiagrammum weitere Grundzustände.Solch ein Wechselspiel aus unterschiedlichenPhasen kann für Anwendungen <strong>im</strong> Bereichzukünftiger Informationstechnologien,z.B. in Hinblick auf die sog. Spintronik, relevantsein.Mehr zum Thema1. Th. Maier, M. Jarrell, Th. Pruschke, M.H. Hettler,Quantum Cluster Theories, Rev. Mod. Phys. 77,1027 (2005); J.E. Han, R.J. Heary, Imaginary-T<strong>im</strong>e Formulation of Steady-State Nonequilibrium:Application to Strongly Correlated Transport,Phys. Rev. Lett. 99, 236808 (2007).2. A. Dirks, P. Werner, M. Jarrell, T. Pruschke,Continuous-T<strong>im</strong>e Quantum Monte Carloand Max<strong>im</strong>um Entropy Approach to anImaginary-T<strong>im</strong>e Formulation of Strongly CorrelatedSteady-State Transport, Phys. Rev. E 82,026701 (2010).3. S. Fuchs, T. Pruschke, M. Jarrell, Analytic Continuationof Quantum Monte Carlo Data by StochasticAnalytical Inference, Phys. Rev. E 81,056701 (2010).4. E. Gull, P. Werner, S. Fuchs, B. Surer, T. Pruschke,M. Troyer, Continuous-T<strong>im</strong>e Quantum MonteCarlo Impurity Solvers, erscheint in ComputerPhysics Communications; E. Gull, P. Staar, S.Fuchs, P. Nukala, M.S. Summers, Th. Pruschke,Th. Schulthess, Th. Maier, Sub-matrix updatesfor the Continuous-T<strong>im</strong>e Auxiliary Field algorithm,arXiv:1010.3690 (2010).FörderungDeutsche <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft (DFG); DeutscherAkademischer Austausch Dienst (DAAD)Physik


198Elektronen <strong>im</strong> Atom in Aufregung versetztFirst principle s<strong>im</strong>ulations of classical and quantum charged-particle systemsM. Bonitz, K. Balzer, S. Bauch, T. Ott, Institut fürTheoretische Physik und Astrophysik, Christian-Albrechts-Universität zu KielKurzgefasst• S<strong>im</strong>ulation der durch starke Felder induziertenElektronendynamik in Atomen und Molekülen mitquantenstatistischen Methoden.• Die Beschreibung der Elektron-Elektron Wechselwirkunggelingt auf einem relativ hohen Niveau,inklusive Korrelationeneffekte.• S<strong>im</strong>ulationen sind aufgrund der komplexen mathematischenStruktur der quantenstatistischenBewegungsgleichungen sehr aufwendig undbenötigen mehr als 2 TB Speicher bei parallelemEinsatz von bis zu 1024 CPUs.Grundlegende Eigenschaften unserer Alltagsweltwerden durch Prozesse auf kleinsten Raum- undZeitskalen physikalisch best<strong>im</strong>mt. Eine maßgeblicheRolle spielen dabei die Elektronen – negativgeladene Elementarteilchen – die für die chemischen,elektrischen und optischen Eigenschaftenvon Atomen, Molekülen und Materialien verantwortlichsind. Insbesondere ihre zeitliche Dynamikund die Möglichkeiten zu ihrer Kontrolle stehen daherseit vielen Jahren <strong>im</strong> Fokus theoretischer undexper<strong>im</strong>enteller Untersuchungen.In den letzten Jahren sind mit dem Aufkommender sogenannten “Attophysik” (eine Attosekundeist der 10 18 te Teil einer Sekunde) enormeFortschritte auf dem Gebiet der exper<strong>im</strong>entellenPhysik erreicht worden [1]. Von zentraler Bedeutungist dabei die Entwicklung und Nutzung neuartigerStrahlungsquellen, die kohärentes “Licht” <strong>im</strong>Ultravioletten bis hin zum Röntgenbereich erzeugen.Beispiele dafür sind freie Elektronenlaser undneue Labor-Laserquellen. Sie erlauben es, mit bisherunerreichter Präzision <strong>im</strong>mer schnellere Prozessezu untersuchen und zu kontrollieren. Insbesonderedie Bewegung der Elektronen in einzelnenAtomen oder Molekülen und ihre gegenseitigeBeeinflussung kann damit zeitlich aufgelöst untersuchtwerden. Dazu gehören fundamentale Prozessewie Stöße, Anregungen und Zerfallsprozesse,aber auch das Entstehen und Aufbrechen chemischerBindungen in Molekülen und an der Oberflächevon Festkörpern.Diese neuartigen Exper<strong>im</strong>ente zu verstehen, erforderteine angemessene theoretische Beschreibung.Die Prozesse <strong>im</strong> Atom können dabei nur <strong>im</strong>Rahmen der Quantenmechanik verstanden werden,die unser Universum auf mikroskopischerEbene beherrscht. Im Gegensatz zur sogenanntenklassischen Mechanik werden die Elektronendabei nicht wie Planeten auf festen Bahnkurvendurch Ort und Geschwindigkeit beschrieben,sondern durch eine räumlich “verschmierte”Aufenthaltswahrscheinlichkeit. Dadurch ergibt sichallerdings eine vielfach erhöhte Anforderung anComputer-Speicher und Rechenzeit.Die Grundgleichung der nicht-relativistischenQuantenmechanik ist die Schrödingergleichung,welche die elektronischen Bewegungen undWechselwirkungen in kleinen Atomen vollständigbeschreibt und die exper<strong>im</strong>entell hervorragendbestätigt ist. Ihre Lösung ist für ausgwählte Systemenumerisch handhabbar, wobei Effizienz undder Speicherbedarf jedoch exponentiell mit der Anzahlder Teilchen skalieren; als obere Grenze geltenheute 4 Elektronen. Atome und Moleküle beinhaltenzum überwiegenden Teil jedoch deutlichmehr Elektronen. Hierbei muss berücksichtigt werden,dass jedes Elektron paarweise – über seineLadung – und zusätzlich durch seine quantenmechanischeNatur (Austausch), mit allen anderenin Verbindung steht. Daher bedienen wiruns der Methoden der Quantenfeldtheorie, insbesondereder Theorie der Nichtgleichgewichts-Greenfunktion (NGGF), die eine zweckmäßige Beschreibungvon Vielteilchensystemen auf einemhohen Niveau zur Verfügung stellt. In den letztenJahren haben wir diese Verfahren weiterentwickelt[3] und auf Prozesse, die in Atomen auf AttosekundenZeitskalen ablaufen, ausgedehnt.In diesem Projekt untersuchen wir dieVielteilchen-Dynamik von Elektronen in Atomenund Molekülen mit dem oben erwähnten NGGF-Zugang. Dabei lösen wir ein System gekoppelter,partieller Integro-Differentialgleichungen – die sogenanntenKeldysh-Kadanoff-Baym-Gleichungen.Das Vorhandensein von zwei Zeitargumentenmacht die Berechnungen dabei sowohl besonderszeit- als auch extrem speicheraufwändig. DieLänge der S<strong>im</strong>ulation ist bei gegebener Basis zurDarstellung der NGGF über den max<strong>im</strong>al nutzbarenArbeitsspeicher M festgelegt und ist proportionalzu √ M.Als ein repräsentatives Beispiel zeigen wir in Abbildung1 numerische Ergebnisse zur Elektronendynamik<strong>im</strong> Lithiumhydridmolekül (LiH) [3]. Diesesbesteht aus einem dreifach positiv geladenenLithium-Kern, einem einfach positiv geladenenWasserstoff-Kern und vier Elektronen. DieElektron-Kern Wechselwirkung (bei festem Bin-Physik


199Abbildung 1: Zeitabhängige Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte 〈ˆn e 〉(x, t) der vier Elektronen <strong>im</strong> Lithiumhydridmolekülbei Laseranregung <strong>im</strong> (X)UV-Wellenlängenbereich aus Quantenfeldtheoretischen S<strong>im</strong>ulationen[3], links: ohne und rechts mit Elektron-Elektron-Korrelationen. Die rote Linie skizziert denzeitlichen Verlauf der Amplitude E 0 (t) ∝ E 0 cos(ωt) des Laserfeldes, E 0 = 2.0 × 10 16 W/cm −2 undω = 35.5eV. In beiden Fällen oszillert die Elektronendichte in nichttrivialer Weise <strong>im</strong> Laserfeld. Dabeikommt das Resultat der rechten Abbildung dem exakten Verhalten, welches bei Systemen mit vierElektronen noch berechenbar ist, relativ nahe. Eine Zeiteinheit entspricht jeweils 24 Attosekunden(24 × 10 −18 Sekunden), und eine Ortseinheit sind 0.0529 Nanometer (0.0529 × 10 −9 Meter).dungsabstand) erfolgt durch die anziehende Coulombkraft,während die Elektronen sich gegenseitigüber die Coulombkraft abstoßen und sichzusätzlich durch ihre quantenmechanische Natur(Pauliprinzip) beeinflussen.Vereinfacht könnte man erwarten, dass sich dieElektron-Elektron Wechselwirkung in der Vielteilchendynamikdadurch berücksichtigen lässt, dassjedes einzelne Elektron in klassischer Weise mitdem mittleren Feld (Mean-Field) in Wechselwirkungtritt, das durch die Aufenthaltswahrscheinlichkeitder anderen Elektronen erzeugt wird. Dies istjedoch eine sehr vereinfachte Vorstellung, die vieleProzesse nicht korrekt beschreibt. Sie erfordertdaher quantenstatistische Korrekturen: Es müssen1. Austauscheffekte berücksichtigt werden, diedurch das Pauli-Prinzip hervorgerufen werden, und2. sind Korrekturen, die als Elektron-Elektron Korrelationenbezeichnet werden, zu berücksichtigen.Der Vorteil unseres Zugangs liegt darin, dass dasPauli-Prinzip durch Anwenden der Quantenfeldtheorieintrinsisch eingebaut ist. Desweiteren lassensich Korrelationseffekte mit relativ einfachenNäherungen gut beschreiben. Dass Korrekturenaufgrund von Korrelationen bei Anregungsprozessenauf Attosekundenzeitskala wichtig sind, zeigtAbbildung 1.Mit diesen Resultaten haben wir die Grundlagegelegt für die theoretische Beschreibungvon Attosekundenprozessen in größeren Atomenund Molekülen. Der Erfolg dieser Untersuchungenist dabei in kritischer Weise abhängig von derVerfügbarkeit modernster Rechenkapazitäten, dieuns am <strong>HLRN</strong> dankenswerterweise zur Verfügungstehen.Mehr zum Thema1. F. Krausz and M. Ivanov, Rev. Mod. Phys. 81163 (2009)2. S. Bauch, K. Balzer and M. Bonitz, Europhys.Lett 91 53001 (2010)3. K. Balzer, S. Bauch and M. Bonitz, Phys. Rev. A81 022510 (2010); ibid. 82 033427 (2010)4. www.theo-physik.uni-kiel.de/˜bonitzFörderungDFG-Sonderforschungsbereich TR24; BMBF <strong>Verbund</strong>projekt“Flash”Physik


200Chirale Nanomagnete an OberflächenNichtkollinearer Magnetismus auf Oberflächen durch Spin-Bahn-KopplungS. Schröder, P. Ferriani, S. Heinze, Institut fürTheoretische Physik und Astrophysik, Christian-Albrechts-Universität zu KielKurzgefasst• Die Spintronik basiert auf der Idee, neben der Ladungauch den Spin des Elektrons zur Informationsdarstellungund -verarbeitung zu nutzen.• Der Spin und die Bahnbewegung des Elektronsbewirken das magnetische Moment einesAtoms, das in einem Festkörper der Austauschwechselwirkungmit seinen Nachbarn unterliegt.• Aufgrund der gebrochenen Inversionssymmetriean Oberflächen tritt die sogenannteDzyaloshinskii-Moriya-Wechselwirkung auf, dieSpinstrukturen mit einer gewissen Händigkeit(Chiralität) bevorzugt.• Parameterfreie, quantenmechanische Rechnungenbasierend auf der Dichtefunktionaltheoriefür Festkörperoberflächen erlauben es, das Zwischenspieldieser Wechselwirkungen zu best<strong>im</strong>menund exper<strong>im</strong>entell gefundene neue magnetischeStrukturen zu erklären.• Aufgrund der Größe der Systeme, der Nichtkollinearitätder Spinstrukturen und der hohen Genauigkeitbezüglich der Energieunterschiede verlangendiese Rechnungen den parallelen Einsatzmehrerer hundert CPUs.Im heutigen Informationszeitalter ist die Speicherungund Verarbeitung riesiger Datenmengenvon zentraler Bedeutung. Daher wird der Erforschungneuer Technologien, die beispielsweiseeine größere Speicherkapazität und höhere Lesegeschwindigkeitversprechen, besondere Aufmerksamkeitgewidmet. Ein Durchbruch auf diesemGebiet gelang 1988 mit der voneinander unabhängigenEntdeckung des Riesenmagnetowiderstandes(engl. giant magneto resistance, GMR)durch P. Grünberg und A. Fert, wofür diese 2007gemeinsam mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnetwurden. Der GMR-Effekt basiert aufder spinabhängigen Streuung von Elektronen, wodurchder elektrische Widerstand von der relativenOrientierung der Magnetisierung der magnetischenSchichten in einer Multilagenstrukturabhängt. Er findet heute Anwendung in den Leseköpfenvon Festplatten und ermöglichte den fortgesetztenexponentiellen Anstieg der Speicherkapazität.Außerdem war die Entdeckung des GMRdie Geburtsstunde der Spin(elek)tronik.Der Spin, eine intrinsische Eigenschaft des Elektronswie seine Ladung, bildet mit der Bahnbewegungdes Elektrons die Grundlage für das magnetischeMoment eines Atoms. Durch die Austauschkopplungzwischen den magnetischen Momentenbenachbarter Atome <strong>im</strong> Festkörper kannes zu der Ausbildung einer magnetischen Ordnungwie dem Ferromagnetismus, also der parallelenOrientierung der magnetischen Momente,oder komplexeren nichtkollinearen Strukturen kommen,bei denen die magnetischen Momente in beliebigenRichtungen zueinander angeordnet seinkönnen (z. B. [1]). Die Kopplung von Spin- undBahnmoment durch die sogenannte Spin-Bahn-Kopplung führt zu einer Ausrichtung der magnetischenMomente relativ zu den Kristallachsen.Falls der Festkörper keine Inversionssymmetrieaufweist, kann diese Kopplung auch eine Verkippungder magnetischen Momente der Atome zueinanderbewirken und führt zu Spinstrukturen miteiner gewissen Händigkeit. Dieser Effekt wurde bereitsvor 50 Jahren von I. Dzyaloshinskii und T.Moriya zur Erklärung des schwachen Ferromagnetismusin antiferromagnetischen Materialien vorgeschlagen.Während die Kristallstruktur elementarer Metalleinversionssymmetrisch ist, wird diese Symmetriean jeder Ober- oder Grenzfläche gebrochen unddie Dzyaloshinskii-Moriya-(DM)-Wechselwirkungkann <strong>im</strong>mer auftreten. Erstaunlicherweise wurdejedoch erst 2007 mittels der spinpolarisierten Rastertunnelmikroskopie(RTM), die eine Abbildungmagnetischer Strukturen auf der atomaren Skalaerlaubt, entdeckt, dass diese Wechselwirkungtatsächlich an Oberflächen sehr stark ist und chiraleSpinspiralstrukturen hervorruft [2].Bei nanostrukturierten Festkörperoberflächenhandelt es sich um Vielelektronensysteme, derentheoretische Beschreibung ausgehend vonder Quantenmechanik eine gewaltige Herausforderungist. Ein mächtiges Verfahren dazu stellt dieDichtefunktionaltheorie dar, auf deren Grundlageeine Vielzahl von Methoden für unterschiedlicheAnwendungen entwickelt worden sind. Für unserProjekt ist eine sehr hohe Genauigkeit bei der Berechnungder Energiedifferenz zwischen verschiedenennichtkollinearen magnetischen Strukturenunter Berücksichtigung der Spin-Bahn-Kopplungnötig, die nur wenige Methoden wie z. B. die vonuns verwendete ’Full-Potential Linearized AugmentedPlane Wave’-(FLAPW)-Methode leisten.Seit der Entdeckung der dramatischen Konsequenzender DM-Wechselwirkung in Nanostruk-Physik


201Abbildung 1: Konischer Spinspiralzustand einer Doppellage von Manganatomen auf der Wolframoberfläche. Dieobere Lage der Struktur wurde farbig dargestellt. Die magnetischen Momente rotieren in dieser Strukturvon Atom zu Atom mit einem konstanten Winkel um eine Achse senkrecht zu der Ausbreitungsrichtungder Spirale, die in die Bildebene läuft. Zusätzlich sind die Spins relativ zur Rotationsachseum den Öffnungswinkel verkippt. Die Einfärbung soll hierbei die betrachtete Komponente der Magnetisierungverdeutlichen. In diesem Fall bezeichnet grün die positive Ausrichtung des magnetischenMoments innerhalb der Filmebene, während rot die negative Ausrichtung darstellt. Die relative Orientierungsenkrecht zur Filmebene variiert ebenfalls farblich. Weiterhin sind die untere Manganlagesowie das Wolframsubstrat in der Abbildung in grau gezeigt.turen an Oberflächen wurden bereits einige weitereSysteme gefunden, in denen diese bislangvernachlässigte Wechselwirkung die magnetischeOrdnung best<strong>im</strong>mt. Neben dem Auftreten vonSpinspiralen in ultra-dünnen Filmen [2][3] konntenwir kürzlich zeigen, dass magnetische Skyrmionengitterin solchen Systemen auftreten können[4]. Die Erforschung der DM-Wechselwirkung inNanomagneten an Oberflächen steht jedoch erstam Anfang und daher untersuchen wir in unseremProjekt, in welchen Materialsystemen sie auftritt,wie stark sie ist, wovon ihre Stärke abhängt undwelche Art von Spinstrukturen induziert wird. Dabeibetrachten wir auch die weitere Verringerungder D<strong>im</strong>ension des Systems von zweid<strong>im</strong>ensionalenFilmen zu eind<strong>im</strong>ensionalen atomaren Ketten,die seit einigen Jahren auch exper<strong>im</strong>entell hergestelltund untersucht werden können.Kürzlich wurden in der Gruppe von Prof. Wiesendanger(Universität Hamburg) Messungen mittelsspinpolarisierter RTM an einer Doppellageaus Mangan-Atomen auf der (110)-Oberfläche vonWolfram durchgeführt, die überraschenderweiseein vollkommen anderes Resultat lieferten als dieMessungen an einer einzigen Manganlage aufder gleichen Oberfläche [2]. Mit Hilfe aufwändigerRechnungen, die am <strong>HLRN</strong> durchgeführt wordensind, konnten wir die vorliegende magnetischeStruktur enträtseln, den beobachteten Kontrast inden RTM-Bildern erklären und den mikroskopischenMechanismus hinter dieser Spinstruktur aufdecken.Bei der gefundenen magnetischen Strukturhandelt es sich um eine konische Spinspiralemit einem Öffnungswinkel von etwa 20 ◦ , die entlangder [001]-Richtung der Oberfläche läuft (s.Abb. 1). Interessanterweise zeigt sich, dass nebender DM-Wechselwirkung auch Austauschwechselwirkungenhöherer Ordnung von entscheidenderBedeutung sind. Für dieses System wurden sehrviele Rechnungen mit bis zu 210 Prozessoren fürjeweils etwa einen Tag benötigt.Mehr zum Thema1. M. Waśniowska, S. Schröder. P. Ferriani, S.Heinze: Real space observation of spin frustrationin Cr on a triangular lattice, Phys. Rev. B 82,012402 (2010).2. M. Bode et al.: Chiral magnetic order at surfacesdriven by inversion asymmetry, Nature 447,190-193 (2007).3. P. Ferriani et al.: Atomic-Scale Spin Spiral witha Unique Rotational Sense: Mn Monolayer onW(001), Phys. Rev. Lett. 101, 027201 (2008).4. S. Heinze et al.: Spontaneous atomic-scalemagnetic skyrmion lattice in two d<strong>im</strong>ensions,submitted.FörderungUniversität Kiel; Das Projekt wird am <strong>HLRN</strong> mit biszu 2048 parallel genutzten CPU-Kernen gefördert.Physik


202Erforschung der räumlichen Organisation des GenomsUntersuchung strukturregulierender Parameter für kurze und langeChromatinfasern durch Monte-Carlo-S<strong>im</strong>ulationenG. Wedemann, CC Bioinformatics, Institute for AppliedComputer Science, Fachhochschule StralsundKurzgefasst• DNA liegt <strong>im</strong> Zellkern hochgradig verpackt alsChromatin vor• Struktur und Zugänglichkeit der DNA beeinflussenmassgeblich Transkription, Replikation undDNA–Reparatur• Die Strukturen <strong>im</strong> Zellkern sind exper<strong>im</strong>entell nurschwer zugänglich• S<strong>im</strong>ulationen physikalischer Modelle von Chromatinfasern<strong>im</strong> thermodynamischen Gleichgewicht• Ziel ist die Identifikation strukturregulierenderFaktoren, ein besseres Verständnis von exper<strong>im</strong>entellenDaten und die Überprüfung theore tischerChromatinmodelleDie Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist der Trägerder Erbinformation und liegt bei höheren Lebensformen<strong>im</strong> Zellkern vor. Bei einer menschlichenZelle beträgt die Gesamtlänge der DNA etwa 2 m.Das bedeutet, dass die DNA eng gepackt werdenmuss, um <strong>im</strong> wenige Mikrometer großen ZellkernPlatz zu finden. Gleichzeitig muss die DNA aberauch leicht zugänglich bleiben, damit sie abgelesenwerden kann. Im Zellkern ist die DNA deshalbhierarchisch verpackt: Im ersten Schritt ist dieDNA um ein Oktamer aus Proteinen, den Histonen,gewunden und bildet so eine zylinderförmigeStruktur, das Nukleosom. Durch die Aneinanderreihungder Nukleosomen entsteht eine Struktur, diean eine Perlenkette erinnert. Diese Struktur wirdals Chromatin bezeichnet, welches wiederum dasBaumaterial für die Chromosomen darstellt. DieStruktur des Chromatins und der Chromosomen istallerdings nicht statisch, sondern wird aktiv von derZelle reguliert.Die Struktur des Chromatins hat direkten Einflussauf die Zugänglichkeit der DNA und beeinflusstsomit das Ablesen der Erbinformation(Transkription), seine Vervielfältigung (Replikation)und DNA-Reparatur. Für eine Vielzahl von Genenkonnte ein direkter Zusammenhang zwischender Chromatinstruktur und der Genaktivität gezeigtwerden. Weiterhin konnte ein Zusammenhangzwischen Faktoren, die die Chromatinstrukturbeeinflussen (Histonmodifikation oder DNA-Methylierung) und verschiedenen Formen vonKrebs sowie neurodegenerativen Krankheiten festgestelltwerden. Aus diesen Gründen ist es sehrwichtig, den Zusammenhang zwischen der Chromatinstrukturund der Genexpression genau zuverstehen.Auch mehr als 30 Jahre nach der Entdeckungdes Nukleosoms bleiben die 3D–Struktur desChromatins und die Mechanismen der Regulationder Struktur unklar, da Exper<strong>im</strong>ente nur sehreingeschränkt Informationen über die Struktur desChromatins liefern, z.B. ist die DNA in ElektronenmikroskopischenAufnahmen nicht sichtbar.In diesem Projekt untersuchen wir, welchen Einflusslokale Strukturparameter auf die Struktur desChromatin haben. Die S<strong>im</strong>ulationen leisten einenwichtigen Beitrag zum Verständnis der Strukturregulation,verbessern das Verständnis von exper<strong>im</strong>entellenErgebnissen und ermöglichen dieÜberprüfung von verschiedenen Modellen undTheorien.Für die S<strong>im</strong>ulationen der Eigenschaften einzelnerNukleosomen verwenden wir atomare Modelleund s<strong>im</strong>ulieren diese mit der Technik der Molekulardynamik.Dabei untersuchen wir die Unterschiedezwischen Nukleosomen, die auf verschiedeneArt und Weise modifiziert worden sind. Diesesehr aufwändigen Berechnungen liefern Einblickein die Dynamik von Nukleosomen und ihren einzelnenKomponenten[1]. Weiterhin erlauben sie dieUntersuchung der Wechselwirkung von zwei Nukleosomen.Diese Erkenntnisse dienen dazu, gröberauflösende Chromatinmodelle zu entwickeln. Bereitsein einzelnes Nukleosom besteht aus etwa28000 einzelnen Atomen. Das bedeutet, dass bereitskleinere Chromatinfasern nicht mehr auf atomarerEbene abgebildet werden können, da derdafür benötigte Rechen- und Speicherbedarf zugroß wäre. Deshalb haben wir ein vereinfachtesChromatinmodell entwickelt, welches aber gleichzeitigdetailliert genug ist, um alle relevanten physikalischenEigenschaften abzubilden. Im Modellwird die DNA-Helix als Kette elastischer Segmenteabgebildet. Diese besitzen, wie auch die DNA,eine negative Ladung, was dazu führt dass sicheinzelne Segmente voneinander abstoßen. DieNukleosomen werden durch spezielle anisotropePotentiale modelliert, deren Stärke und Größevon der Orientierung der Nukleosomen zueinanderabhängig ist. Dabei ist die lokale Geometrieder Nukleosomen durch diverse Parameter (z.B.Physik


203Abbildung 1: Visualisierung einer s<strong>im</strong>ulierten Chromatinfaser. Die DNA (grau) windet sich etwa 1,67 mal um einOktamer aus Histonproteinen (rot). Elastische Eigenschaften, elektrostatische Abstoßung der DNAund Wechselwirkungen zwischen den Nukleosomen werden <strong>im</strong> Modell berücksichtigt. Darüber hinauskönnen auch externe Einflüsse, wie Wechselwirkungen mit Oberflächen oder Zug- und Torsionskräftein die S<strong>im</strong>ulation mit einbezogen werden, um exper<strong>im</strong>entelle Methoden wie Rasterkraftmikroskopieoder Manipulationen mit Mikropinzetten nachstellen zu können. Durch die verwendetenMonte-Carlo-Protokolle werden thermodynamische Fluktuationen s<strong>im</strong>uliert und repräsentative Ensemblesvon möglichen Chromatinstrukturen erzeugt.den Öffnungswinkel der ein- und auslaufendenDNA) genau einstellbar. Außerdem fließen in dasModell exper<strong>im</strong>entell best<strong>im</strong>mbare Parameter wieelastische Konstanten mit ein. Zur S<strong>im</strong>ulation desChromatinmodells werden Monte-Carlo-Verfahrenangewendet. Insbesodere wird das sogenannteReplica-Exchange-S<strong>im</strong>ulationsverfahren verwendet,um bei höheren Wechselwirkungsstärken zwischenden Nukleosomen ein Verharren in lokalenEnergiemin<strong>im</strong>a zu vermeiden. Dabei wird einAufheizen und Abkühlen der Faser s<strong>im</strong>uliert, wodurchdiese lokalen Min<strong>im</strong>a überwunden werdenkönnen[2]. Mit diesem Modell konnten wesentlicheexper<strong>im</strong>entelle Eigenschaften der Chromatinfasererklärt werden [3].Von großem wissenschaftlichen Interesse sinddie Effekte in großen Chromatinfasern, da hierübergeordnete Strukturen auftreten, die beispielsweisedurch Rückfaltung einzelner Faserabschnitteentstehen. Durch Weiterentwicklung des Modellsund das Fortschreiten der Rechenleistung ist esmöglich, <strong>im</strong>mer größere Systeme zu berechnen,um weiter in diese Bereiche der höheren Chromatinorganisationvorzudringen.Mehr zum Thema1. R. Ettig, N. Kepper, R. Stehr, G. Wedemann,K. Rippe. Dissecting DNA-histone interactionsin the nucleosome by molecular dynamics ofDNA unwrapping. submitted <strong>2011</strong>.2. R. Stehr, N. Kepper, K. Rippe, G. Wedemann.The effect of the internucleosomal interaction onthe folding of the chromatin fiber. Biophys. J.,95(8), 3677–3691, 2008.3. R. Stehr, R. Schöpflin, R. Ettig, N. Kepper,K. Rippe, G. Wedemann: Exploring the conformationalspace of chromatin fibers and theirstability by numerical dynamic phase diagrams.Biophys. J., 98(6), 1028–1037, 2010.FörderungProjekt ERASysBio+, Systembiologische Best<strong>im</strong>mungepigenomischer Struktur–Funktionsbe-”ziehung“Physik


204Physik


205MethodenentwicklungMethodenentwicklung


206Kurze Wege in großen SystemenMR-Search: Ein Framework für massiv-parallele Graphensuche mit MapReduceA. Reinefeld, T. Schütt, R. Maier, Humboldt-Universität zu Berlin, Zuse-Institut BerlinKurzgefasst• Graphenalgorithmen lassen sich aufgrund vonLastverteilungsproblemen und der irregulärenGraphenstruktur nur schwer parallelisieren.• Entscheidungsprobleme, die auf Graphen beruhen,werden <strong>im</strong>mer komplexer. Eine effizienteParallelisierung ist daher von großerökonomischer Bedeutung.• Wir haben auf dem <strong>HLRN</strong>-II das MPI/OpenMP-Framework “MR-Search” für parallele Graphensuchalgorithmen<strong>im</strong>plementiert.• MR-Search unterstützt Breitensuche, Bestensuche,iterative Suche und Branch-and-Bound. Esist effizient, skalierbar und ausfalltolerant.• Eine Out-of-Core-Variante kann zur Lösung sehrgroßer Probleme eingesetzt werden, die nicht inden Hauptspeicher passen.Algorithmen auf Graphen sind von enormerökonomischer Bedeutung. Viele Entscheidungsproblemeder Kombinatorischen Opt<strong>im</strong>ierung undKünstlichen Intelligenz lassen sich auf Graphenabbilden und mit effizienten Algorithmen lösen. ImVergleich zu den regulären, gitterbasierten Algorithmender numerischen Mathematik sind Graphenalgorithmenallerdings viel schwieriger zu parallelisieren,weil während der KnotenexpansionSchrankenwerte berechnet und an nebenläufigeProzesse geschickt werden müssen, um irrelevanteTeile des Graphen von der Lösungssuche auszuschließen.Da die in der Praxis auftretendenGraphen häufig sehr groß sind – manchmal sogarso groß, dass sie nicht mehr in den Hauptspeicherpassen – ist eine Parallelisierung für Systeme mitverteiltem Speicher besonders wichtig.Die derzeit existierenden Lösungen bauen aufsequentiellen Algorithmen auf, indem sie die <strong>im</strong>Knotenexpansionsprozess berechneten Schrankenwertemittels MPI-Nachrichtenübertragung zwischenden parallelen Prozessen austauschen.Die Lastverteilung ist allerdings eine große Herausforderungund lässt sich systembedingt nichtvollständig lösen, so dass derartige Algorithmennur auf einigen hunderten bis tausend Prozessorenlaufen.Wir haben das MapReduce-Programmiermodell[1] zur Lösung sehr großer Graphenproblemeeingesetzt und damit opt<strong>im</strong>ale Lösungspfade inSuchräumen von bis zu 10 24 Knoten auf dem<strong>HLRN</strong>-II berechnet [3]. MapReduce verarbeitetkey/value-Paare, die in unserem Fall aus Knoten(key) und deren Attributen (value) bestehen.Abbildung 1 veranschaulicht die drei Schritteder parallelen Graphensuche: Im ersten Schritt,dem map, expandiert jeder parallele Prozess dieihm zugeordneten Knoten, indem er seine Nachfolgererzeugt. Im zweiten Schritt, dem shuffle,werden die verteilt erzeugten Knoten mit einerparallelen globalen Gruppierung in sogenanntebuckets sortiert und <strong>im</strong> dritten Schritt, dem reduce,werden irrelvante Knoten (und damit ganzeTeilgraphen) aus dem Suchraum el<strong>im</strong>iniert.Dies geschieht solange, bis ein Lösungsknotengefunden ist. Bei Verwendung einer zulässigen(nicht-überschätzenden) Heuristik ist der gefundeneLösungsknoten opt<strong>im</strong>al.Mit MapReduce können sowohl einfache Breitensuchverfahren[2] als auch komplexere heuristischeSuchen (A*, IDA*, Branch-and-Bound)[3] effizient auf parallelen und verteilten Systemenausgeführt werden. Der parallele Knoten-Expansionsprozess ist feingranular und asynchron,was eine gute Lastverteilung und hoheSkalierbarkeit garantiert. Bei Rechnerausfällenwerden die entsprechenden Prozesse automatischnachgestartet und die erzeugten Datensätze(key/value-Paare) mit den bereits vorhandenenDaten zusammengeführt.MR-SearchUm die Vorteile von MapReduce für einen weitenAnwendungsbereich zu öffnen, haben wir auf dem<strong>HLRN</strong>-II das MR-Search-Framework entwickeltund darauf basierend eine Bibliothek mit einigenGraphensuchmethoden (Breitensuche, Kürzeste-Wege-Suche) für unterschiedliche Anwendungen<strong>im</strong>plementiert. Auf nachrichtenbasierten Systemenmit verteiltem Speicher, wie der SGI ICE des<strong>HLRN</strong>-II, läuft die Software mit MPI und auf Systemenmit gemeinsamem Hauptspeicher, wie derSGI UltraViolett des <strong>HLRN</strong>-II, läuft sie mit OpenMP.Zusätzlich existiert eine CUDA-Version für Graphikprozessoren.Zur Lösung sehr großer Probleme, derenGraphen nicht in den Hauptspeicher passen,können die Daten auf Festplatten ausgelagertwerden. Für den Anwendungsprogrammierer istdie Parallelisierungs- und Speicherstrategie transparent;er muss lediglich die anwendungsspezifischenOperationen der Map- und Reduce-Methodenentwicklung


207map n bucketsn 2 bucketsshufflereducemerge sort sortn bucketsn bucketsAbbildung 1: Funktionsweise des parallelen MapReduce-Frameworks MR-Search.Funktionen programmieren. Dadurch ist der Codesehr kompakt und leichter zu debuggen, als dersonst notwendige MPI-Programmcode mit explizitenKommunikationsaufrufen.Mit MR-Search haben wir Graphenprobleme mit10 13 Knoten vollständig gelöst [2] und die dabeientstandenen 80 TeraByte Daten zur späterenAnalyse <strong>im</strong> SAN und Archivspeicher des <strong>HLRN</strong>-IIgespeichert. Für noch größere Suchräume mit biszu 10 24 Knoten haben wir opt<strong>im</strong>ale Lösungen vonzufällig ausgewählten Probleminstanzen mit MR-Search gelöst [4].Wegen der vielen Prozessorkerne auf dem<strong>HLRN</strong>-II ist die Programm-Ausführungsgeschwindigkeitnicht durch die CPU-Leistung sonderndurch die Ein/Ausgaberate und die aggregierteBandbreite des parallelen Lustre-Dateisystems l<strong>im</strong>itiert.Während einer der ersten Läufe, die noch inder Abnahmephase des SGI ICE2-Systems stattfanden,konnte mithilfe unserer Anwendung einI/O-Problem des Lustre-Dateisytems entdeckt undbehoben werden [2].t<strong>im</strong>e [%]10080604020Execution ProfileInitializationLB after ReduceReduceSortShuffleLB after MapMapDie obige Abbildung zeigt, wie sich der prozentualeAnteil der einzelnen Abschnitte einesMapReduce-Jobs bei steigender Prozessoranzahländert. Lastbalancierungsprobleme spielen in diesemBeispiel nur eine untergeordnete Rolle (‘LB afterMap’ und ‘LB after Reduce’), während der Anteilder Netzwerkkommunikation überproportionalansteigt (‘shuffle’). Dies zeigt, dass – neben einereffizienten Implementation – die Ausgewogenheiteines Hochleistungsrechners in Bezug auf Prozessorleistungversus Kommunikationsleistung einegroße Rolle spielt.Mehr zum Thema1. J. Dean, S. Ghemawat. MapReduce: S<strong>im</strong>plifeddata processing on large clusters. OSDI, 2004.2. A. Reinefeld, T. Schütt. Out-of-core parallel heuristicsearch with MapReduce. HPCS 2009,Kingston, Ontario, Canada. Springer LNCS5976, S. 323-336.3. A. Reinefeld, T. Schütt, R. Maier. Very large patterndatabases for heuristic search. In: Proc.of the 19th ACM Int. Symposium on High PerformanceDistributed Computing (HPDC 2010),Chicago, ACM, S. 803-809.4. T. Schütt, A. Reinefeld, R. Maier. MR-Search:Massively parallel heuristic search. Concurrencyand Computation: Practice and Experience,<strong>2011</strong>.FörderungEuropäische Union, Projekt Contrail01731631272535112039cores [1]Methodenentwicklung


208Schnell und energiesparend – Neue Technologien für das HPCEffiziente Nutzung heterogener Manycore-SystemeA. Reinefeld, Th. Steinke, K. Peter, S. Borchert,Humboldt-Universität zu Berlin, Zuse-Institut BerlinKurzgefasst• Um den Einsatz heterogener Systemarchitekturen<strong>im</strong> Hochleistungsrechnen vorzubereiten, habenwir Kernels wichtiger HPC-Anwendungenauf heterogene Systeme portiert und evaluiert.• Schwerpunktmäßig haben wir folgende Applikationen<strong>im</strong>plementiert: Mehrteilchendynamik,Smith-Waterman, Reed-Solomon Encoding• Der Aufwand zur Entwicklung effizienter Codesist für alle heterogenen Plattformen noch sehrhoch. Das gilt insbesondere für FPGAs.• Als Mitglied der internationalen OpenAcceleratorundOpenFPGA-Organisationen treiben wir daherdie Standardisierung von Programmierschnittstellenund die Entwicklung generischerProgrammierumgebungen voran.Heterogene Manycore-Systeme eröffnen alternativeWege, um eine hohe Rechenleistung bei moderatemStromverbrauch und Kühlaufwand zu erzielen.Heutige Beispiele dafür sind GPGPUs, Tensilicaund Tilera CPUs oder auch FPGAs. Dazu kommenin Kürze Manycore-Prozessoren von AMD(Fusion) und Intel (MIC/Knights Corner).Wir evaluieren Manycore-Technologien hinsichtlichihrer Leistungsfähigkeit, Energieffizienz undProduktivität. Beginnend <strong>im</strong> Jahr 2006 mit derCray XD1 als erster FPGA-Plattform [5] habenwir eine Reihe von heterogenen Systemen mitSIMD-Prozessoren (ClearSpeed), GPGPUs undCell Broadband Engine untersucht.Die jeweiligen Charakteristika dieser Plattformenermitteln wir, indem wir kompakte Anwendungenund typische Kernel für die Manycore-Systemeparallelisieren und opt<strong>im</strong>ieren. Unser Interesse erstrecktsich dabei von rechenintensiven Algorithmenwie Mehrteilchendynamik (s. Abb. oben) oderKernel zur numerischen Quadratur für Elektronen-Scattering-S<strong>im</strong>ulation [2] bis hin zu datenintensivenAlgorithmen der Bioinformatik [3] und Untersuchungenzu Aspekten der Fehlertoleranz inmassiv-parallelen Speicherszenarien.Für die Anwendungklasse ”Mehrteilchendynamik”haben wir in Kooperation mit Partnern desOpenFPGA-Konsortiums eine portablen Anwenderschnittstellefür heterogene Plattformen entwickelt[4].Da Aspekte der Fehlertoleranz in künftigenHPC-Konfigurationen eine Rolle spielen, haben wirdie Leistungsfähigkeit und Effizienz von Manycore-Prozessorplattformen für die Datenkodierung nachdem Cauchy Reed-Solomon-Verfahren untersucht[1] (s. Abb. unten).Als Mitbegründer der OpenAccelerator-Initiativeund des OpenFPGA-Konsortiums bringen wir unsin die Etablierung von Standards für heterogenesComputing ein. Unser Hauptinteresse liegthierbei in der Entwicklung einheitlicher Programmierumgebungenund Standards, um heterogeneManycore-Systeme für Anwendungsentwicklerleichter zugänglich zu machen.Mehr zum Thema1. T. Steinke, K. Peter, S. Borchert: Efficiency Considerationsof Cauchy Reed-Solomon Implementationson Accelerator and Multi-Core Platforms.J. Parallel Distributed Comp., Special Issue,<strong>2011</strong>2. C. J. Gillan, T. Steinke, J. Bock, S. Borchert, I.Spence, N. S. Scott: Programming challengesfor the <strong>im</strong>plementation of numerical quadraturein atomic physics on FPGA and GPU accelerators.Frontiers of GPU, Multi-core and ManycoreSystems (FGMMS), 20103. P. May, G.W. Klau, M. Bauer, T. Steinke: AcceleratedmicroRNA-Precursor Detection Usingthe Smith-Waterman Algorithm on FPGAs. In:GCCB 2006, p. 19-32, 20074. E. Stahlberg, D. Popig, D. Ryle, M. Babst, M.Taher, K. Anderson, T. Steinke: Molecular S<strong>im</strong>ulationswith Hardware Accelerators: A PortableInterface Definition for FPGA Supported Acceleration,RSSI’07, NCSA, 20075. T. Steinke, A. Reinefeld, T. Schütt: Experienceswith High-Level Programming of FPGAson Cray XD1. Proceedings of the Cray User’sGroup Conference, Lugano, 2006FörderungOpenFPGA Inc., Mitrionics AB, Bundesministeriumfür Bildung und <strong>Forschung</strong>Methodenentwicklung


209Abbildung 1: Oben: Mehrteilchendynamik – Vergleich der Rechenleistung verschiedener heterogener Plattformenbei der S<strong>im</strong>ulation einer Mehrteilchendynamik mittels Verlet-Integration (in 32 bit-Genauigkeit).Verglichen wird die erreichte Anzahl der berechneten atomaren, nicht-bindenden Wechselwirkungenpro Zeit (Lennard-Jones-Rate). Diese Rate ist neben der Berechnung der Coulomb-Interaktionenbest<strong>im</strong>mend für die Gesamtrechenleistung einer Mehrteilchendynamik. GPGPU-Plattformen profitierenhier von der besseren Balance von Rechenleistung und Bandbreite zum lokalen Speicher(On-Board), wenn die Daten darin komplett vorgehalten werden können. Der CellBE-Prozessor,gemessen auf einer IBM QS22-Plattform (s. a. IBM RoadRunner) und die älteren ClearSpeed-Prozessoren (CSX e620) folgen <strong>im</strong> Leistungsvergleich. Die Leistung der x86-CPUs wurde auf einem(mittlerweilen älteren) Dual-Socket-Knoten mit FSB-Anbindung an den Hauptspeicher gemessen.Unten: Datenkodierung/Fehlertoleranz – Durchsatzraten für das Cauchy Reed-Solomon-Verfahren. Durch die hardware-nahe Implementierung hängt der erzielbare Durchsatz hauptsächlichvon der effektiven Speicherbandbreite ab. Sowohl heterogene Systeme mit CellBE oder FPGA alsauch aktuelle x86-CPUs mit Quickpath-Interface zeigen die besten Durchsatzraten. Hinsichtlich derDurchsatzleistung zeigen GPGPU–Plattformen hier den Nachteil ihrer heutigen Anbindung überein Bus (PCI-Express) an den Host. Von der effizienten Implementierung und flexiblen Erzeugungder Redundanzdaten können komplexe Datenspeichersysteme und hochskalierende paralleleAnwendungen profitieren.Methodenentwicklung


210Pushing the frontier of solvability of real-world opt<strong>im</strong>ization problemsDistributed branch-and-cut methods to solve previously intractable opt<strong>im</strong>izationinstancesM. Grötschel, Y. Shinano, Technische UniversitätBerlin, Zuse Institute BerlinAbstract• Opt<strong>im</strong>ization refers to finding the best solutionwith respect to objectives and constraints.• Mathematical opt<strong>im</strong>ization has proved that it cansolve instances which are so big that they seemto be unsolveable.• Big means that several million variables and constraintscan be handled efficiently.• In business terms, that refers to the possibility,for example, to solve problems in a finer decisiongranularity.• We solved two open instances of the problem libraryMIPLIB2003 [1] which is a collection of difficultreal-world opt<strong>im</strong>ization problem.Branch-and-bound is a very general and widelyused method to solve discrete opt<strong>im</strong>ization problems.Problem classes which can be solved (besidesothers) using this method are the class ofmixed integer programs (MIP), the class of mixedinteger nonlinear programs (MINLP), and the classof constraint integer programs (CIP). The challengeof these problems is to find one feasibleassignment to a set of decision variables whichyields a min<strong>im</strong>um/max<strong>im</strong>um value with respect toa given objective function. The feasibility regionfor these problems is described by side constraintswhich differ in their nature depending on the problemclass. In case of MIPs, for example, the sideconstraints are linear inequalities. In addition someof the variables are only allowed to take integer values,which makes these problems in general N P-hard.The idea of branching is to successively subdividethe given problem instance into smaller subproblemsuntil the individual subproblems are easyto solve. The best solution found in all these subproblemsyields a global opt<strong>im</strong>um. During thecourse of the algorithm, a branching tree is generatedin which each node represents one of thesubproblems. Usually, the vast majority of subopt<strong>im</strong>alnodes can be pruned by bounding at anearly stage. Therefore, mathematically sophisticatedtechniques are used to dramatically reducethe size of the branching tree and avoid a brute3 http://miplib.zib.deforce enumeration. Typically, problems with tenthousand variables and constraints (i.e., approx<strong>im</strong>ately2 10 000 potential solutions) can be solved byinvestigating a few hundred thousand branch-andboundnodes.In the first step we restrict ourselves to MIP instances,although our approach is much more generaland can also handle MINLPs, CIPs, satisfiabilitytesting (SAT) problems, pseudo-Boolean problems,and many more problem classes.State-of-the-art solvers for the problem classMIP are based on a branch-and-cut procedure,a mathematically involved variant of branch-andbound,in which the linear programming (LP) relaxationplays an <strong>im</strong>portant role. This relaxation isachieved by discarding the integrality conditions. Itcan be solved in polynomial t<strong>im</strong>e. The opt<strong>im</strong>al solutionvalue of the LP relaxation provides a dualbound for the original problem. This bound togetherwith the pr<strong>im</strong>al bound, the solution value ofthe best known solution, can be used for exampleto prune parts of the search tree or to prove (global)opt<strong>im</strong>ality in case the dual bound is equal to thepr<strong>im</strong>al bound.Mixed integer programming solvers have madetremendous progress in the last decades. For instance,the average algorithmic speedup in LP solutionsover the last 15 years is at least a factor of1000; another factor of 1000 comes from the hardwarespeedup, see Bixby [2]. For integer programmingeven more <strong>im</strong>pressive advances have beenachieved, see Bixby et al. [3]. The solvers havealso become numerically much more stable.One reason for this progress is the availabilityof real-world problem instances which are providedby different libraries. The most <strong>im</strong>portant one is theMIPLIB 3 . Since its introduction in 1992, the MIP-LIB has become a standard test set used to comparethe performance of mixed integer opt<strong>im</strong>izers.The MIPLIB contains a collection of difficult realworldinstances mostly from industrial applications.Its availability has provided an <strong>im</strong>portant st<strong>im</strong>ulusfor researchers in this area. The current version,MIPLIB2003, still contains six instances which resistedall attempts of the research community tosolve them to proven opt<strong>im</strong>ality.Within this project we focus on solving real-worldinstances which have up to now been intractabledue to insufficient computing power. Opt<strong>im</strong>al solutionsand the behavior of the solver (which is tapedMethodenentwicklung


211✬✩...............✫✪Figure 1: The picture illustrates a branch-and-bound search tree and shows the possibility of distributing it. Eachroot node (except the white one) corresponds to a leaf in one of the other search trees. This is indicatedby the colors. Search nodes with the same color are equivalent problems. The subproblems correspondingto colored leaves are distributed to a different processor for solving. This picture already indicates thatby using such a distributed approach much more search nodes can be processed. This results in the factthat big instances can be solved within a reasonable t<strong>im</strong>e frame.via log files) for these instances will give more insightand help to understand the structure of thesolved problems in much more detail.The results of this project will lead to the developmentof new methods to solve s<strong>im</strong>ilar problemsmore efficiently. The achievements withinthis project will st<strong>im</strong>ulate research in that researcharea. It will give the proof that a computational environmentsuch as the <strong>HLRN</strong> is efficiently usableto solve real-world instances, which is not possiblewith standard desktops or PC clusters. This willbe recognized by researchers and industry and willlead to a demand for such environments.Using our <strong>im</strong>plementation of a parallel mixed integerprogramming solver, called ParaSCIP [4], wewere able to solve two open instances of the MIP-LIB, namely, ds (a problem from public transportservice planning) andstp3d (a VLSI routing problem)to opt<strong>im</strong>ality, which have 67 732 and 204 880decision variables, respectively.It took approx<strong>im</strong>ately 86 hours to solve ds and114 hours to solve stp3d, using up to 2048 cores.The opt<strong>im</strong>al values, are 93.52 fords and 493.71965for stp3d. This means we found a feasible solutionwith the corresponding values and provedthat there exists no feasible solution with a smallervalue (both instances have an objective functionwhich has to be min<strong>im</strong>ized).More Information1. T. Achterberg, T. Koch, and A. Martin, MI-PLIB2003, Operations Research Letters, 34:4(2006) 361–372.2. R. E. Bixby, Solving Real-World Linear Programs:A Decade and More of Progress, Operations.Research, 50 (2002) 3–15.3. R. E. Bixby, M. Fenelon, Z. Gu, E. Rothberg,and R. Wunderling, MIP: Theory and Practice –Closing the Gap, In: System Modelling and Opt<strong>im</strong>ization:Methods, Theory and Applications,(2000).4. Y. Shinano, T. Achterberg, T. Berthold, S. Heinz,and T. Koch, ParaSCIP – a parallel extension ofSCIP, ZIB-Report 10-27, (2010) Zuse InstituteBerlin.FundingIBM; Zuse Institute Berlin; The project is funded atthe <strong>HLRN</strong> with up to 7680 CPU cores over a t<strong>im</strong>ehorizon of more than 72 hours.Methodenentwicklung


212Datenass<strong>im</strong>ilationHochskalierende Datenass<strong>im</strong>ilationsverfahren zur Kombination von numerischenModellen mit BeobachtungsdatenW. Hiller, L. Nerger, Kompetenzzentrum fürHöchstleistungsrechnen Bremen (BremHLR), UniversitätBremen und Alfred-Wegener-Institut fürPolar- und Meeresforschung, BremerhavenKurzgefasst• Mit PDAF wird eine open-source Softwarezur vereinfachten Implementierung vonDatenass<strong>im</strong>ilations-Systemen entwickelt.• Eine hochskalierende Parallelisierung desDatenass<strong>im</strong>ilations-Systems erlaubt die effizienteNutzung von Höchstleistungsrechnern.• PDAF stellt opt<strong>im</strong>ierten und parallelisiertenensemble-basierten Filteralgorithmen bereit.Numerische Modelle werden verwendet um unterschiedlichsteSachverhalte zu Modellieren. Inden Umweltwissenschaften werden Modelle verwendetum z.B. Wettervorhersagen zu berechnenoder auch um Strömungen <strong>im</strong> Ozean zu s<strong>im</strong>ulieren.Keines dieser Modelle ist wirklich exakt. D.h.alle Modells<strong>im</strong>ulationen weisen Unterschiede zurRealität auf. Aus diesem Grund kann z.B. eine realistischeWettervorhersage nur für einen begrenztenZeitraum berechnet werden. Die Unterschiedewerden z.B. durch die Abbildung der Realität miteinem Computerprogramm erzeugt. Dies verlangtunter anderem, dass ein System wie die Atmosphäredurch ein Gitter von Punkten beschriebenwird (die sogenannte Diskretisierung) und Größen,z.B. die Temperatur, nur an diesen Gitterpunktenverfügbar sind. Ausserdem ist der augenblicklicheZustand - wie Temperaturverteilung, Luftdruck,Windgeschwindigkeit - nicht vollständig bekannt,so dass eine S<strong>im</strong>ulation die vom aktuellen Zustandstartet nicht exakt sein kann.Neben den Modellen gibt es noch Messungender unterschiedlichen Größen. Diese sind allerdingsoftmals nur an wenigen Messpunkten bekannt.Insbesondere für den Ozean gibt es nursehr wenige Beobachtungen. Zum einen gibt esFernerkundungsdaten von Satelliten, die allerdingsnur die Oberfläche des Ozeans widerspiegeln. VonSchiffen und anderen Vorrichtungen wie Bojen gibtes noch Messungen die direkt <strong>im</strong> Ozean vorgenommenwerden und auch Daten aus der Tiefeliefern. Diese Daten sind aber nur an sehr wenigenPunkten <strong>im</strong> Ozean verfügbar und reichen beiweitem nicht aus um den Ozean vollständig zu beschreiben.Abgesehen von der unvollständigen Beobachtungweisen die Messungen Messfehler auf,so daß auch diese nicht exakt sind.Den größten Informationsgewinn erhält man,wenn man eine Modells<strong>im</strong>ulation direkt mit den Beobachtungenkombiniert. Datenass<strong>im</strong>ilationsmethodenerlauben diese Kombination und können zuModells<strong>im</strong>ulationen führen, die genauer sind als jeweilsdie Beobachtungsdaten und die reine Modells<strong>im</strong>ulationohne Datenass<strong>im</strong>ilation. Die Datenass<strong>im</strong>ilationwird z.B. für die Wettervorhersage eingesetztum den aktuellen Zustand der Atmosphäreopt<strong>im</strong>al zu schätzen und auf dieser Basis eine Vorversageberechnen zu können. Ähnliches kann beider Vorhersage des Wasserstands durchgeführtwerden, wie sie bei Sturmfluten eingesetzt wird.Bei der Datenass<strong>im</strong>ilation müssen Rechnungendurchgeführt werden die üblicherweise um ein vielfachesaufwändiger sind als normale Modells<strong>im</strong>ulationen.Einige der Methoden, die heutzutage diebesten Ergenisse liefern, verwenden ein Ensemblevon Modellvorhersagen um den Fehler der S<strong>im</strong>ulationabzuschätzen. In diesem Fall werden statt einerModells<strong>im</strong>ulation zwischen 8 und 100 Modells<strong>im</strong>ulationenberechnet um die Unsicherheit der S<strong>im</strong>ulationenabzuschätzen. Diese Information wirddann verwendet um eine opt<strong>im</strong>ale Kombination derModellfelder mit den Messungen zu berechnen.Während S<strong>im</strong>ulationen in diesem Umfang sehraufwändig sind, lassen sie sich sehr gut auf einemParallelcomputer durchführen. Dieses ist daraufzurückzuführen, dass die Ensemble-Rechnungenpraktisch unabhängig voneinander durgeführt werdenkönnen und nur für die Kombination mit denMessungen zusammengeführt werden müssen.Um die Implementierung von Datenass<strong>im</strong>ilations-Systemen zu vereinfachen und auch die Parallelitätder Ensemble-S<strong>im</strong>ulationen opt<strong>im</strong>al zu nutzen,wurde am Alfred-Wegener-Institut die Datenass<strong>im</strong>ilationsumgebungPDAF (Parallel Data Ass<strong>im</strong>ilationFramework, siehe [1]) entwickelt. PDAF ist,wie viele der Modelle mit denen es genutzt wird,in Fortran <strong>im</strong>plementiert und nutzt MPI (MessagePassing Interface) für die Paralleliserung. In PDAFsind wichtigsten der heutigen ensemble-basiertenDatenass<strong>im</strong>ilationsalgorithmen, in opt<strong>im</strong>ierter undparallelisierter Form <strong>im</strong>plementiert. PDAF läßt sichmit einem bestehenden Modellcode verbinden wobeinur sehr wenige Änderungen <strong>im</strong> Quellcodedes Modells erforderlich sind. Hiermit erhält mitein vollständig parallelisiertes Datenass<strong>im</strong>ilationsystem.PDAF ist als Open-Source Software freiverfügbar und wird <strong>im</strong> Rahmen wissenschaftlicherMethodenentwicklung


213Speedup8765432Speedup8 Ensemblemodelle64 EnsemblemodelleIdeal10 10 20 30 40 50 60Prozessorkerne pro ModellZeit relative zu 8 EnsemblemodellenRechenzeit bei Vergroesserung des Ensembles1.088 Prozesse pro Modell1.07 64 Prozesse pro Modell1.061.051.041.031.021.0110 10 20 30 40 50 60Modelle <strong>im</strong> EnsembleAbbildung 1: Links: Geschwindigkeitserhöhung (“Speedup”) des Datenass<strong>im</strong>ilationssystems, wenn die AnzahlProzessorkerne pro Ensemble-Modell von 8 Kernen aus erhöht wird. Die Gesamtanzahl der Prozessorkernewird bei einem Ensemble von 64 Modellen zwischen 512 und 4096 variiert. Hierbeiwird eine Geschwindigkeitserhöhung um einen Faktor sechs erreicht. Rechts: Rechenzeit bei Vergrößerungdes Ensembles zwischen 8 und 64 Modellen. Die Rechenzeit vergrößert sich hierbei ummax<strong>im</strong>al 6,5%.Projekte weiter entwickelt. Hierbei werden sowohlneue Algorithmen entwickelt als auch die Parallelisierungweiter opt<strong>im</strong>iert.Für den <strong>HLRN</strong> wird ein Anwendungsprojektvorbereitet bei dem Datenass<strong>im</strong>ilation mit demOzeanmodell FEOM des AWI [2] betrieben werdensoll, dass auf finiten Elementen basiert. Hierzuwurde ein Datenass<strong>im</strong>ilations-System <strong>im</strong>plementiertbei dem FEOM mit PDAF kombiniert wurde.Auf dem <strong>HLRN</strong>-II System wurde die Skalierungdieses Datenass<strong>im</strong>ilations-Systems getestet.Abbildung 1 zeigt auf der linken Seite um wie vieldas Ass<strong>im</strong>ilationsprogramm schneller wird, wenndie Anzahl Prozessorkerne bei gleichbleibenderEnsemblegröße variiert wurde (der sogenannte“Speedup”). Die gestrichelte Linie zeigt den opt<strong>im</strong>alenVerlauf an, bei dem eine Verdoppelung derProzessorkerne eine Halbierung der Rechenzeitbewirkt. Ein solches opt<strong>im</strong>ales Verhalten ist zwischen8 und 32 Prozessorkernen pro Ensemblemodellzu beobachten. Werden mit 64 Prozessorkernen8-mal so viele Prozessorkerne verwendet, wirdeine Reduzierung der Rechenzeit auf ein sechstelerreicht. Diese Verhalten ist vor allem auf die Parallelisierungdes Ozeanmodells zurückzuführen, diedurch PDAF nicht verändert wird. Die Skalierungjedes einzelnen Modells ist durch die verwendeteGittergröße begrenzt. Das Modellgitter war in demverwendeten Fall verhältnismaäßig grob. Bei einerhöher aufgelösten Konfiguration ist ein größererSpeedup zu erwarten.Die rechte Seite von Abbildung 1 zeigt das Verhaltender Rechenzeit, wenn die Größe des Ensemblesbei konstanter Anzahl von Prozessorkernenpro Ensemblemitglied variiert wurde. DieVeränderung des Ensembles führt nur zu einemmarginalen Anstieg der Rechenzeit um 6,5% wenndas Ensemble von 8 auf 64 Modellintegrationenvergrößert wird. Wenn jedes Modell des Ensembles64 Prozessorkerne nutzt, wird hierbei die Anzahlder Prozessorkerne von 512 auf 4096 vergrößert.Die Datenass<strong>im</strong>ilation zeigt bereits mit der getestetennoch recht kleinen Konfiguration vonFEOM eine sehr gute Skalierung auf dem <strong>HLRN</strong>-II System bis zu der getesteten Anzahl von 4096.Dieses ist auch die derzeitige Obergrenze für paralleleRechnungen be<strong>im</strong> <strong>HLRN</strong>. Höher aufgelösteModellkonfigurationen werden in Zukunft weit mehrProzessoren nutzen können.Mehr zum Thema1. PDAF Website: http://pdaf.awi.de2. Wang, Q., S. Danilov, J. Schröter (2008). Comparisonof overflow s<strong>im</strong>ulations on different verticalgrids using the Finite Element Ocean circulationModel, Ocean Modelling, 20(4), 313-335.,doi:10.1016/j.ocemod.2007.10.005 .FörderungAWI PACES <strong>Forschung</strong>sprogrammMethodenentwicklung


214FESOM - Großskalige Ozeanmodellierung mit finiten ElementenSkalierbarkeit globaler S<strong>im</strong>ulationen zur Best<strong>im</strong>mung der weltweiten ZirkulationW. Hiller, K. Fieg, S. Harig, J. Schröter, S. Danilov,Zentrum für Technomathematik, UniversitätBremen und Alfred-Wegener-Institut für Polar- undMeeresforschung, BremerhavenKurzgefasst• Strömungsmodelle auf Grundlage von finitenElementen in unstrukturierten Gittern erlaubeneine realistische Wiedergabe der unregelmäßigenGeometrie der Weltozeane• Diese Methode erlaubt die Durchführung globalerS<strong>im</strong>ulationen mit hoher Auflösung in einemkleinen Teilgebiet ohne die Verwendung vonNesting-Verfahren• Wesentlicher Anteil der Rechenzeit entfällt aufdie Lösung großer dünn besetzter Gleichungssysteme• Effiziente Implementierung der Lösungsmethodenund opt<strong>im</strong>ale Nutzung der Rechnerarchitekturam <strong>HLRN</strong> sind wesentlich für die Durchführungglobaler ModellstudienIm Vergleich zur Atmosphäre gibt es in den Weltozeanennur relativ wenige Messungen. Zur Interpretationdieser Daten und zur Best<strong>im</strong>mung derweltweiten Ozeanzirkulation sind numerische Modelledaher unverzichtbar. Die meisten Ozeanmodellebasieren auf Differenzenverfahren, die großeEinschränkungen an die erlaubte Diskretisierungstellen. Im Gegensatz dazu erlaubt die numerischeMethode der Finiten Elemente unstrukturierteDiskretisierungen und ermöglicht so eine realistischeWiedergabe der unregelmäßigen Strukturvon Küstenlinien und Bathymetrie. Ein Nachteildieser Verfahren ist der hohe numerische Aufwand,da in jedem Zeitschritt große, dünn besetzte Gleichungssystemegelöst werden müssen.Das Modell FESOM (Finite Element Sea IceOcean Model) besteht aus dem OzeanmodellFEOM und einem daran gekoppelten Eismodell.Beide Komponenten operieren auf dem selben horizontalenGitter. Das Modell wird seit mehrerenJahren am AWI entwickelt. Das zugrunde liegendeGitter besteht in der Horizontalen aus einerTriangulierung des Modellgebietes. In der Vertikalenist die Verwendung von Prismen und Tetraedernmöglich. Mehr Einzelheiten zum Modell undein Vergleich von verschiedenen Diskretisierungensind in [1] und [2] enthalten.Nachdem das Modell in Modellstudien mit idealisiertenGeometrien getestet und validiert wurdeist es notwendig möglichst realistische S<strong>im</strong>ulationenbis zur globalen Skala durchzuführen undmit bestehenden Datensätzen sowie mit analogenStudien unter Verwendung bereits etablierter Modellezu vergleichen. Im rechten Teil der Abbildung1 ist ein globales Modellgitter dargestellt. DiesesGitter zeigt die oben erwähnten Vorteile desunstrukturierten Ansatzes, die mittlere Auflösungist relativ grob, dennoch wurde der für die Tiefenwasserbildungwesentliche Bereich entlang derSchwelle zwischen Grönland, Island und Schottlandhoch aufgelöst um etwa den Transport durchdie Dänemarkstraße besser wiederzugeben.Im CORE Projekt (Co-ordinated Ocean-IceReference Exper<strong>im</strong>ents, siehe [3]), einer Modellvergleichstudiefür gekoppelte Eis-Ozeanmodellemüssen in einem ähnlichen Gitter 500 Jahre s<strong>im</strong>uliertwerden. Dazu werden Datensätze vorgegeben,die den Einfluss der Atmosphäre beschreiben,das Modell wird mit kl<strong>im</strong>atologischen Dateninitialisiert und die Entwicklung der Ozeanzirkulationwird für 500 Jahre berechnet. Der daraus resultierendeZustand kann mit den Ergebnissen andererModelle, sowie bestehenden Daten verglichenwerden um so das Modell zu validieren. SolcheModellstudien sind numerisch sehr aufwändigund nur auf massiv parallelen Platformen wie dem<strong>HLRN</strong>-II durchführbar. FESOM ist vollständig MPIparallel.Vor der eigentlichen Rechnung wird eineGebietszerlegung des Modellgitters erstellt, die zulösenden lineren Gleichungssysteme werden parallelaufgesetzt und gelöst. Die Skalierbarkeit desModells ist <strong>im</strong> linken Teil von Abbildung 1 dargestellt.Dabei wurden 10 Modellschritte berechnetund die dafür benötigte Rechenzeit best<strong>im</strong>mt. Beieinem Zeitschritt von 30 Minuten entspräche dieseZeit also der S<strong>im</strong>ulation von 5 Stunden Modellzeit,die vollen 500 Jahre enthielten 8.76 Mio. Zeitschritte.Es wurde die Performance der ICE1 Architekturmit Harpertown Prozessoren und des neuenICE2 Systems mit Gainestown Prozessoren verglichen.Im Fall des schnelleren ICE2 Systemswerden bei Verwendung von 8 Cores 2.035 Sekundenbenötigt, <strong>im</strong> Falle von 512 Cores lediglich0.047 Sekunden. Dies entspricht einem Speedupvon 43,3. Dieser Wert liegt unter dem opt<strong>im</strong>alenWert von 64, dennoch bedeutet es <strong>im</strong> oben beschriebenenhypothetischen Fall mit einem Zeitschrittvon 30 Minuten, dass die S<strong>im</strong>ulation von 500Jahren mit 512 Cores weniger als einen halben Tagbenötigte anstelle von 20.6 Tagen bei Verwendungvon 8 Cores.Methodenentwicklung


215Abbildung 1: Globales Modellgitter mit hoher Auflösung <strong>im</strong> Bereich der Schwelle zwischen Grönland, Island undSchottland. Die Farbskala gibt die Meerestiefe in m an. Die linke Abbildung zeigt die Rechenzeit für10 Zeitschritte in Abhängigkeit von der Anzahl der verwendeten CoresInsbesondere <strong>im</strong> Fall der Gainestown Prozessorenist erkennbar, dass der Speedup von 256 auf512 Prozessoren sinkt, was darauf hinweist, dassder Anteil der Kommunikation <strong>im</strong> Vergleich zumeigentlichen Rechenanteil zun<strong>im</strong>mt. Dieser Effektist bei gleicher Problemgröße für Gainestown mithöherer Rechenleistung deutlicher als für Harpertown.Da zur Validierung und <strong>im</strong> Produktionsbetrieb einegroße Zahl solcher S<strong>im</strong>ulationen durchzuführensind, ist die Opt<strong>im</strong>ierung der Skalierbarkeit unabdingbarfür einen praktikablen Betrieb des Modells.Weiterhin wird innerhalb des BMBF-ProjektesScalES an der Kopplung zwischen FESOM undAtmosphärenmodellen gearbeitet. Dabei soll durchWeiterentwicklung des Kopplers OASIS4 der Datenaustauschzum unstrukturierten Ozeangitteropt<strong>im</strong>iert und parallel ausgeführt werden, um soauf den Plattformen des <strong>HLRN</strong> die effiziente Berechnunggekoppelter Modellläufe zu ermöglichen.Mehr zum Thema1. Danilov, S., Wang, Q., Losch, M., Sidorenko,D., Schröter, J.(2008).Modeling ocean circulationon unstructured meshes: Comparison oftwo horizontal discretizations, Ocean Dynamics,58(5-6), 365-374.2. T<strong>im</strong>mermann, R., Danilov, S., Schröter, J.,Böning, C., Sidorenko, D., Rollenhagen, K.(2009).Ocean circulation and sea ice distributionin a finite element global sea ice – oceanmodel, Ocean Modelling3. Griffies, S. M. et al (2009). Coordinated OceaniceReference Exper<strong>im</strong>ents (COREs). OceanModelling, 26, 1-46.FörderungAWI PACES <strong>Forschung</strong>sprogramm; Bundesministeriumfür Bildung und <strong>Forschung</strong>, Projekt ScalESMethodenentwicklung


216Virtuelle 3D-Welten – Ergebnisse skalierbarer DatenanalyseEffiziente Generierung interaktiv nutzbarer 3D-Filme aus massiv-parallelenS<strong>im</strong>ulationenS. Olbrich, M. Vetter, Regionales Rechenzentrum/FachbereichInformatik, Scientific Visualizationand Parallel Processing, Universität HamburgKurzgefasst• Die hochauflösende S<strong>im</strong>ulation zeitabhängigerProzesse erzeugt extrem große Datenmengen.• Die Analyse und Visualisierung dieser Daten erfordert<strong>im</strong> Kontext massiv-paralleler S<strong>im</strong>ulationeninnovative Verfahren.• Ziel der <strong>Forschung</strong> ist die Min<strong>im</strong>ierung der sequenziellenEngpässe, die traditionelle Visualisierungsansätzebeinhalten sowie eine Reduktionder Komplexität der abzuspeichernden Daten.• Dafür wurde als Teil eines VisualisierungsframeworksDSVR eine Komponente zur In-Situ-Datenextraktion entwickelt, innerhalb derer dasVisualization Mapping“ parallelisiert wird.”• Skalierbare Datenreduktionsverfahren erzeugengeometrische Objekte, die mit Attributen aus denOriginaldaten angereichert und zum effizientenStreaming/Rendering vorverarbeitet sind.• Das Resultat dient als Grundlage zur anschließendeninteraktiven 3D-Präsentation.Der durch Hochleistungsrechner unterstützte wissenschaftlicheWorkflow ergänzt die Theorie unddas Exper<strong>im</strong>ent insbesondere durch numerischeS<strong>im</strong>ulationen, aber auch durch das Pre- undPostprocessing, um die Berechnungen vorzubereitenund die Rechen- und Messergebnissefassbar zu machen. Dieser Workflow trägt zumZuwachs an Erkenntnissen und zum interdisziplinärenVerständnis bei. Im Gegensatz zu S<strong>im</strong>ulationssoftware,die auf tausenden Prozessorkerneneffizient parallel arbeitet, skaliert traditionell fürdas Postprocessing – hier: Datenanalyse und Visualisierung– eingesetzte (Workstation-)Softwarejedoch bei weitem nicht in gleichem Maße. Dadurchwird der parallele Speed-up des Gesamtprozesses– bestehend aus S<strong>im</strong>ulation, Datenanalyseund Visualisierung – erheblich l<strong>im</strong>itiert.Darüber hinaus stellt allein die hohe räumliche undzeitliche Auflösung der S<strong>im</strong>ulationsszenarien hoheAnforderungen an die Datenübertragung bzw.-speicherung. Beispielsweise werden in PALM [5],das auf dem <strong>HLRN</strong>-II bis zu 4096 Rechenkernenutzt, instationäre Strömungsphänomene aufeinem 3D-Gitter mit ∼10 11 Datenpunkten mit∼10 4 Zeitschritten s<strong>im</strong>uliert. Bei Abspeicherungsämtlicher skalarer und vektorieller Ergebniswerteje Gitter- und Zeitpunkt wäre ein Volumen von ∼10Petabyte an Rohdaten zu bewältigen.Zur Lösung der genannten Probleme werdenseit ca. 10 Jahren innovative Ansätze entwickeltund, in enger Abst<strong>im</strong>mung mit dem Institut für Meteorologieund Kl<strong>im</strong>atologie an der Leibniz UniversitätHannover, in prototypischen Implementierungen– zuerst auf einer Cray T3E, späterauf den <strong>HLRN</strong>-Rechnern der ersten und zweitenGeneration sowie weiteren Rechenclustern – erprobt.Kern der Entwicklungen ist eine Bibliothekzur parallelen Aufbereitung von Zeitserien dreid<strong>im</strong>ensionalerSkalar- und Vektordatenfelder in eineSequenz polygonaler 3D-Grafiken (Isosurfaces,Streamlines, Slicer), u. a. <strong>im</strong> Rahmen des DFG-Projekts ”EVITA – Effiziente Methoden zur Visualisierungin tele-<strong>im</strong>mersiven Anwendungen“ [1], [2],[3]. Neben der Parallelisierung des ”VisualizationMapping“, das Voraussetzung zur interaktiven 3D-Präsentation – inklusive dem möglichen Einsatzvon Methoden der Virtuellen Realität – ist, findetzugleich eine Reduktion der Ordnung der Komplexitätder Daten – und damit des Volumens – statt.HPC-Cluster (3D Generator)Graphik-Workstation (3D Viewer)Data Source(S<strong>im</strong>ulation)Visualization Mapping(Pathlines, Isosurfaces,Slicer, …)Rendering(3D-Graphics)Presentation(Display)NETWORKStreaming-ServerStorage, Play-Out(Option: Post-Filtering)Abbildung 1: Die Visualisierungspipeline wird <strong>im</strong>DSVR-Framework netzverteilt partitioniertund zum Teil parallelisiert.Die realisierten Datenextraktionsalgorithmenskalieren bereits bis zu mehreren hundert Cores.1. Parallele Isosurface-Extraktion mit integrierterPolygons<strong>im</strong>plifizierungDie Idee der engen Verzahnung zweier bekannterVerfahren – einerseits der Marching-Cubes-Algorithmus zur Erzeugung polygo-Methodenentwicklung


217Abbildung 2: Isosurface-Visualisierung des Temperaturfeldes einer S<strong>im</strong>ulation atmosphärischer Konvektionszellenmit PALM in Originalauflösung und mit integrierter Reduktion der Polygonanzahl auf ca. 10%.Abbildung 3: Bahnlinien-Visualisierung einer atmosphärischen Konvektionsströmung auf Basis eines generalisiertenSaatpunkt-Schemas und mitgespeicherter Merkmalsextrakte, ohne und mit Postfiltering.nal angenäherter Isooberflächen aus Skalarfeldern,andererseits Vertex-Clustering zurPolygons<strong>im</strong>plifizierung – wurde <strong>im</strong>plementiertund erprobt. Hinsichtlich der parallelenSkalierung sowie auch bezüglich der erzieltenReduktionsfaktoren ist der Ansatz erfolgreich.Ein neu hinzugekommener Ansatz zuradaptiven Reduktion, der zukünftig noch ausbaubarist, führte zu einer weiteren deutlichenQualitätsverbesserung (siehe Abb. 2).2. Parallele Stromlinien-Extraktion mit merkmalsbasiertemPostfilteringEs wurden parallele Programmbibliotheksfunktionenentwickelt, die eine effizienteAufbereitung instationärer Vektorfelder inStrömungskurven erlauben. Mittels Anreicherungdes Datenstroms, der ursprünglichdie Bahnlinien nur als 3D-Grafik codierte,durch Eigenschaften aus räumlich und zeitlichzugeordneten Rohdaten wurde ein neuerAnsatz realisiert. Dieser unterstützt sowohlden Batchbetrieb durch die automatisierteDatenextraktion als auch explorative Visualisierungsszenariendurch die Integration voninteraktivem Postfiltering (siehe Abb. 3).Mehr zum Thema1. Olbrich, S., et al., 2009: EVITA – Effiziente Methodenzur Visualisierung in tele-<strong>im</strong>mersivenAnwendungen. Abschlussbericht zum DFG-Projekt EVITA, DFG-Geschäftszeichen OL241/1-1.2. Manten, S., M. Vetter und S. Olbrich, <strong>2011</strong>: Evaluationof a Scalable In-Situ Visualization SystemApproach in a Parallelized ComputationalFluid Dynamics Application. In: Coquillart, S., G.Brunnett und G. Welch (Hrsg.): Virtual Realities,Dagstuhl-Seminar 2008, Springer.3. Vetter, M. und S. Olbrich, <strong>2011</strong>: Scalability Issuesof In-Situ Visualization in Parallel S<strong>im</strong>ulationof Unsteady Flows. In: Proceedings of CiHPC(Competence in High Performance Computing)2010 – HPC Status Conference of Gauß-Allianze. V., Schwetzingen, Germany, Springer.4. DSVR: http://www.dsvr-software.de5. PALM: http://palm.muk.uni-hannover.deFörderungUniversität HamburgMethodenentwicklung


218Methodenentwicklung


219AnhangAnhang


220Organisationsstruktur des <strong>HLRN</strong>Der <strong>HLRN</strong>-<strong>Verbund</strong> wird von seinem Verwaltungsrat geführt, in dem jedes beteiligte Land durch denzuständigen Referenten <strong>im</strong> Ministerium bzw. in den Senatorischen Behörden vertreten ist. Der Verwaltungsratwird durch zwei ständige Kommissionen beraten und unterstützt, den WissenschaftlichenAusschuss und die Technische Kommission.Der mit fachlich ausgewiesenen Mitgliedern besetzte Wissenschaftliche Ausschuss entscheidet in einemwissenschaftlich geleitetem Verfahren über die Zulassung von Projekten entsprechend den bei derDeutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft üblichen Kriterien für die Begutachtung von <strong>Forschung</strong>svorhaben.Die Technische Kommission ist verantwortlich für die Konzeption des Computersystems, die Steuerungder Betriebsparameter, die Realisierung des Zugangs und die Entwicklung des Fachberaterkonzepts,welche die Nutzer des <strong>HLRN</strong>-Systems fachlich und methodisch unterstützen.Weitere Informationen über den <strong>HLRN</strong> sind auf der <strong>HLRN</strong>-Websitewww.hlrn.de zu finden.Abbildung 1: Organisationsstruktur des <strong>HLRN</strong>; Stand Januar <strong>2011</strong>Anhang


221Technik des <strong>HLRN</strong>-II-SystemsDas <strong>HLRN</strong>-II-System SGI Altix besteht mit seinen beiden Teilkomplexen in Berlin und Hannover aus jevier Compute-Systemen (ICE1, XE, ICE2, UV), deren einzelne Komponenten <strong>im</strong> Folgenden tabellarischaufgeführt werden. Diese vier Systeme sind mit dem I/O-System und zum Teil untereinander durchein leistungsfähiges Infiniband-Netzwerk verbunden. Die enge Verbindung beider Komplexe ist durcheine optische 10 Gbit/s-Netzwerkverbindung realisiert. Dadurch lassen sich die Systeme an beidenStandorten in technischer und administrativer Sicht weitgehend als ein System betreiben und nutzen.Zusätzlich runden Login-Server, Datei-Server sowie große Magnetband-Archive das Gesamtsystem ab.Die folgende grafische Darstellung des <strong>HLRN</strong>-II-Gesamtsystems kennzeichnet die Hardwareausstattungder einzelnen Komponenten. Die einzelnen Quader kennzeichnen die Rechenknoten, ihre Grundflächedie Zahl der Prozessorcores, ihre Höhe die Speichergröße. Die blau eingefärbten Knoten kennzeichnenTest- und Entwicklungssysteme, der rot eingefärbte xe-Knoten ist reserviert für sequentielle Pre- undPostprocessingjobs, die übrigen Knoten bilden die Produktionssysteme.Hubert BuschKonrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik BerlinAbbildung 2: Grafische Darstellung der heterogenen Komponenten des <strong>HLRN</strong>-II an den beiden Standorten ausSicht des Batchsystems.Anhang


222ICE1 XE ICE2 UVProzessor, Intel Xeon Harpertown Harpertown Nehalem EP Nehalem EXQuadCore QuadCore QuadCore OctoCoreAnzahl Racks 10 6 30 10Anzahl Nodes (Blades) 640 96 1.920 304Anzahl Cores 5.120 768 15.360 4.864Max<strong>im</strong>alzahl Cores 2.560 384 7.680 496pro AnwendungMax<strong>im</strong>alzahl Cores 8 8 8 496pro Linux-InstanzTaktrate (GHz) 3,0 3,0 2,93 2,266Hauptspeicher/Node 16 GB 64 GB 48 GB 64 GBTaktrate des Speichers (GHz) 1,6 1,6 1,333 1,066Speicherzugriff, 8 (16) threads (GB/s) 15,5 15,5 38 29,6 (41,2)Max<strong>im</strong>aler Speicher pro Anwendung 5,12 TB 3,0 TB 46 TB 1,94 TBMax<strong>im</strong>aler Speicher pro Linux-Instanz 16 GB 64 GB 48 GB 2.048 GBGesamter Hauptspeicher 10,24 TB 6,0 TB 92 TB 19,0 TBPerformance (TFlop/s) 61,4 9,2 180 44Peakperformance pro NPL 288 288 141 145((GFlops/s)*h)Speicherleistung pro NPL 46,5 46,5 57 41,2((GB/s)*h)Kommunikationsnetzwerk InfiniBand InfiniBand InfiniBand Numalink 54xDDR 4xDDR Dual Rail 4xDDRMPI-Kommunikation, Latenzzeit 2,5 µs 2,5 µs 3,3 µs 2,0 µsund Bandbreite 1,9 GB/s 1,9 GB/s 2,8 GB/s 3,1 GB/sTabelle 1: Hardware (Gesamtsystem Berlin und Hannover).Abbildung 3: Das <strong>HLRN</strong>-II-System ist an jedem Standort in 49 Racks untergebracht, davon 28 für Computesysteme,13 für Plattensysteme, 6 für InfiniBand-Switche und 2 für weitere Server.Anhang


223BetriebssystemSuSE Linux Enterprise Server (SLES), SGI ProPackCompilerIntel compiler suite, GNU compiler suiteBibliotheken und Anwendungssoftware, ChemieCPMD, MOLPRO, GAMESS, Gaussian, GROMACS, NAMD, Turbomole, CP2K, CRYSTAL, VASPBibliotheken und Anwendungssoftware, IngenieurwissenschaftenABAQUS, ANSYS, CFX, FLUENT, STARCD, EnSight, OpenFOAMBibliotheken und Anwendungssoftware, NumerikIntel MKL, PetSc, FFTW, GSL, HDF, netCDFParallelisierungSGI MPI, Intel MPI, OpenMPI, MVAPICH2, OpenMPProfiling und DebuggingIntel Threading & Tracing Tools, TotalViewSystemsoftwareMoab, Torque, Lustre, SGI Tempo, Scali Manage, GangliaTabelle 2: Betriebssystem und Software.Abbildung 4: Geöffnete Schranktüren von UltraViolet-Racks mit jeweils 32 Compute-Blades.Anhang


224Abbildung 5: 7.200 Glasfaserkabel in InfiniBand-Technik mit einer Gesamtlänge von 72 km verbinden dieCompute-Knoten untereinander und mit den I/O-Systemen.Abbildung 6: Geöffnetes UltraViolet-Blade.Anhang

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