Ausgabe September | Oktober | November 2011 - OSP Stuttgart
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Ab durch die Decke!<br />
Als erste Hausaufgabe schrieb Patrik jeden Schritt seines<br />
Schussverlaufs auf. „Das ist eine erste Fehleranalyse und dient<br />
auch als Hilfestellung, um später beim Mentaltraining keine<br />
wichtigen Aktionen auszulassen. Beim Mentaltraining arbeitet<br />
man sich durch den gesamten Bewegungsablauf durch und<br />
erlebt ihn, fühlt sogar das Gewicht des Sportgeräts“, erklärt<br />
Annika. Dazu ist viel Vorstellungskraft nötig. Der Sportler<br />
muss darum alles um sich herum ausblenden können. Dafür<br />
kommen andere psychologische Stützen<br />
zum Einsatz, die Annika ebenfalls<br />
mit Patrik trainiert: Entspannungsübungen,<br />
Gedankenkontrollen und<br />
Konzentrationshilfen. Alles zusammen<br />
hat dazu geführt, dass Patrik<br />
ausgeglichener, positiver, konzentrierter<br />
und stressresistenter wurde<br />
und einen rapiden Leistungsanstieg<br />
verbuchte, wie seine erfolgreiche<br />
Lengerer<br />
Teilnahme an der Weltmeisterschaft<br />
Patrik<br />
2010 in München belegt. Foto:<br />
FAZIT Wer, warum und wie?<br />
Annika Olofson<br />
Diplompsychologin<br />
am <strong>OSP</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
Mentaltraining ist besonders für Individualsportler mit schwierigen<br />
Bewegungsabläufen geeignet. Bei Mannschaftssportarten<br />
ist es bedingt einsetzbar. Da der Gegner unberechenbar ist und<br />
z. B. Bälle selten in optimaler Flugbahn beim Spieler ankommen,<br />
lassen sich Spielzüge nicht mental trainieren – wohl aber<br />
einzelne, technische Elemente wie der Aufschlag beim Volleyball.<br />
Generell gilt: Mentaltraining muss man kontinuierlich<br />
machen. Eine spontane Trainingseinheit vor dem Wettkampf<br />
bewirkt so gut wie nichts. Das Prinzip fußt auf häufi gen Wiederholungen<br />
– mehrfach pro Woche. Eine Frage der Disziplin,<br />
zu der sich Patrik immer wieder erneut aufruft, weil er weiß:<br />
„Irgendwann kommst du auf einem Niveau an, da schenkst du<br />
dir vom Können nichts mehr. Da 80 Prozent unseres Sports<br />
Kopfarbeit sind – konzentrieren, fokussieren, zielen –, ist mentale<br />
Stärke da ein echter Vorteil.“<br />
„Angst essen<br />
Seele auf“<br />
Die drei Säulen, Athleten – Gesundheit<br />
– Training, auf denen der Olympiastützpunkt<br />
<strong>Stuttgart</strong> steht, beinhalten auch die<br />
Thematik „Mentaltraining und Psychologische<br />
Diagnostik“. Zum Thema Stärke<br />
gehört oft auch das Tabuthema Angst:<br />
Angst vor dem Versagen am Start oder<br />
auf der BMX-Strecke vor dem Sprung<br />
über die Rampe, Angst vor dem Schlag<br />
des Gegners oder die Angst nach einer<br />
Verletzung wieder einen Abgang auf<br />
der Turnmatte zu stehen. Um mit dieser<br />
Angst professionell umgehen und sie<br />
letztlich überwinden zu können, brauchen<br />
unsere Sportler Mentaltrainer. Der<br />
<strong>OSP</strong> <strong>Stuttgart</strong> setzt wissenschaftliche<br />
Testverfahren ein, um dieser Angst auf<br />
die Spur zu kommen und gezielt helfen<br />
zu können. Dabei ist es notwendig, auch<br />
die Vertraulichkeit zwischen Mentaltrainer<br />
und Athleten zu wahren. Das Training<br />
fi ndet daher meist außerhalb der<br />
öffentlichen Betrachtung statt. Gleichzeitig<br />
müssen aber fi nanzielle Mittel für<br />
diesen Bereich beschafft werden. Das<br />
ist bei einem Tabuthema nicht leicht.<br />
Letzlich zählt, dass man nicht an spektakulären<br />
Fällen von Torwarten verweilt,<br />
sondern täglich an der Spitzenleistung<br />
arbeitet.<br />
Thomas Grimminger<br />
Leiter des Olympiastützpunkt <strong>Stuttgart</strong><br />
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Foto: Sebastian Lentl • <strong>OSP</strong> <strong>Stuttgart</strong>