Anwendungsvoraussetzungenfür das <strong>Spaltenmodell</strong> nach TRGS 600Worin besteht das Problem?Ein vermeintlich weniger gefährliches Ersatzproduktkann in Wirklichkeit gefährlicher sein, jedoch sinddie ausschlaggebenden Gefahren bisher nichtuntersucht worden. Deshalb schreibt die Gefahrstoffverordnungfür die Gefährdungsbeurteilung vor:„Wenn für Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen keine Prüfdateno<strong>der</strong> entsprechende aussagekräftige Informationenzur akut toxischen, reizenden, hautsensibilisierendeno<strong>der</strong> erbgutverän<strong>der</strong>nden Wirkung o<strong>der</strong>zur Wirkung bei wie<strong>der</strong>holter Exposition vorliegen,sind die Stoffe o<strong>der</strong> Zubereitungen bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilungwie Gefahrstoffe mit entsprechendenWirkungen zu behandeln.“ Die TRGS 600for<strong>der</strong>t deshalb: „<strong>Das</strong> <strong>Spaltenmodell</strong> darf nur angewandtwerden, wenn <strong>der</strong> Hersteller die Stoffe o<strong>der</strong>Zubereitungen (im Hinblick auf die gesundheitlicheGefährdung zumindest bezüglich akuter Toxizität,Hautreizung, Schleimhautreizung, erbgutverän<strong>der</strong>ndemPotential und Hautsensibilisierung) auf<strong>der</strong> Basis vorliegen<strong>der</strong> Daten und Erfahrungen unterEinbeziehung vorhandener Datenlücken bewertethat (siehe Sicherheitsdatenblatt Kapitel 9 und 11)und erklärt hat, dass über die Einstufung hinausgehendegefährliche Eigenschaften (insbeson<strong>der</strong>eim Hinblick auf die Toxizität bei wie<strong>der</strong>holter Applikation)aufgrund dieser Bewertung nicht zu erwartensind“.Welche Auswirkung hat diesauf das <strong>Spaltenmodell</strong>?Wenn zwar Angaben zu notwendigen Prüfungenfehlen, im Sicherheitsdatenblatt entsprechend <strong>der</strong>TRGS 600 aber <strong>der</strong> Hinweis enthalten ist „NachErfahrungen des Herstellers sind jedoch über dieKennzeichnung hinausgehende Gefahren nichtzu erwarten“, so kann das <strong>Spaltenmodell</strong> ohneEinschränkungen angewendet werden. Enthält dasSicherheitsdatenblatt keine Angaben o<strong>der</strong> lediglichAngaben zu einigen notwendigen Prüfungenund war ggf. auch eine Nachfrage beim Herstellererfolglos, müssen bei <strong>der</strong> Anwendung des <strong>Spaltenmodell</strong>sdie entsprechenden Eigenschaften alsvorhanden betrachtet werden.Was heißt das konkret?1. Fehlen Angaben zur Testung <strong>der</strong> akuten Toxizität,ist <strong>der</strong> Stoff bzw. das Gemisch in <strong>der</strong> Spalte„akute Gesundheitsgefahren“ in die Kategorie„mittlere Gefahr“ (entsprechend „Akut toxischeStoffe/Gemische, Kategorie 4“, H302, H312,H332) einzuordnen. 1)2. Fehlen Angaben zur Testung <strong>der</strong> Hautreizung/Schleimhautreizung, ist <strong>der</strong> Stoff bzw. dasGemisch in <strong>der</strong> Spalte „akute Gesundheitsgefahren“zu mindest in die Kategorie „geringeGefahr“ (entsprechend „Hautreizend“ H315)einzuordnen.3. Fehlen Angaben zur Testung <strong>der</strong> Mutagenität(erbgutverän<strong>der</strong>nde Wirkung), ist <strong>der</strong> Stoff bzw.das Gemisch in <strong>der</strong> Spalte „chronische Gesundheitsgefahren“in die Kategorie „hohe Gefahr“(entsprechend „Keimzellmutagen, Kategorie 2“H341) einzuordnen.4. Fehlen Angaben zur Testung <strong>der</strong> hautsensibilisierendenWirkung, ist <strong>der</strong> Stoff bzw. das Gemischin <strong>der</strong> Spalte „akute Gesundheitsgefahren“ indie Kategorie „hohe Gefahr“ (entsprechend„Hautsensibilisierend“ H317) einzuordnen.Die konsequenteste Vorgehensweise besteht darin,diejenigen Produkte, bei denen schon zu den viergenannten Grundprüfungen Informationslückenbestehen, gar nicht als potenzielle Ersatzstoffe inErwägung zu ziehen bzw. ohne ausreichende Informationengelieferte Stoffe/Gemische durch an<strong>der</strong>e,besser untersuchte zu ersetzen.
Rechtliche Grundlage<strong>der</strong> SubstitutionspflichtDie Gefahrstoffverordnung for<strong>der</strong>t vomArbeitgeber u. a.:§ 6 (1) Gefahrstoffverordnung:Im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung alsBestandteil <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> Arbeitsbedingungennach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat<strong>der</strong> Arbeitgeber festzustellen, ob die BeschäftigtenTätigkeiten mit Gefahrstoffen ausüben o<strong>der</strong> ob beiTätigkeiten Gefahrstoffe entstehen o<strong>der</strong> freigesetztwerden können. Ist dies <strong>der</strong> Fall, so hat er alle hiervonausgehenden Gefährdungen <strong>der</strong> Gesundheitund Sicherheit <strong>der</strong> Beschäftigten unter folgendenGesichtspunkten zu beurteilen: ... 4. Möglichkeiteneiner Substitution ...§ 7 (3) Gefahrstoffverordnung:Der Arbeitgeber hat auf <strong>der</strong> Grundlage desEr gebnisses <strong>der</strong> Substitutionsprüfung nach § 6Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 vorrangig eine Sub-sti tution durchzuführen. Er hat Gefahrstoffeo<strong>der</strong> Verfahren durch Stoffe, Zubereitungen o<strong>der</strong>Erzeugnisse o<strong>der</strong> Verfahren zu ersetzen, die unterden jeweiligen Verwendungsbedingungen für dieGesundheit und Sicherheit <strong>der</strong> Beschäftigtennicht o<strong>der</strong> weniger gefährlich sind.1)Nach TRGS 400 sind bei fehlenden Angaben zur AkutenToxizität bei <strong>der</strong> Gefährdungsbeurteilung mindestens dieSchutzmaßnahmen aufgrund <strong>der</strong> Eigenschaft Akut. Tox.3(H301, H311, H331) fest zulegen.Bearbeitet von:Dr. Thomas SmolaInstitut für Arbeitsschutz <strong>der</strong> DeutschenGesetzlichen Unfallversicherung (IFA)Alte Heerstr. 11153757 Sankt AugustinTelefon 02241 231-2743Fax 02241 231-2234Internet: www.dguv.de/ifaUnter Mitwirkung von:Dr. Wolfgang Pflaumbaum (IFA)Dr. Eberhard Nies (IFA)Prof. Dr. Herbert Ben<strong>der</strong> (BASF)Prof. Dr. Anke Kahl(Bergische Universität Wuppertal)Dr. Petra Schulte(BAM Bundesanstalt fürMaterialforschung und -prüfung)– März 2014 –