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Nachtrag zum Cobweb-Theorem Michael Windzio Am ... - Barkhof

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<strong>Nachtrag</strong> <strong>zum</strong> <strong>Cobweb</strong>-<strong>Theorem</strong><br />

<strong>Michael</strong> <strong>Windzio</strong><br />

<strong>Am</strong> Ende der Sitzung war wohl nicht allen das Prinzip des <strong>Cobweb</strong>-<strong>Theorem</strong>s klar. Obwohl<br />

es bei Esser wirklich sehr anschaulich beschrieben ist (also immer die Texte lesen, auch wenn<br />

es manchmal schwer fällt). Das <strong>Cobweb</strong>-<strong>Theorem</strong> verdeutlicht sehr schön den<br />

Systemcharakter des Marktes, was bedeutet, dass je nach Eigenschaft eines bestimmten<br />

Marktes eigenlogische Prozesse ablaufen, die von den einzelnen Akteuren in dieser Weise<br />

nicht unbedingt beabsichtigt sein müssen. Reguliert sich der Markt nach einem Zufallsschock<br />

wieder von selbst zurück <strong>zum</strong> Gleichgewicht, würde das wohl jeder begrüßen (bis auf die<br />

opportunistischen Spekulanten, die leben von den Abweichungen). Eine Explosion der<br />

Abweichungen im Sinne eines panischen Auf- und Abwärtstrends als Markteigenschaft ist<br />

von den meisten Akteuren sicherlich nicht gewollt. Andererseits ist es ein Resultat der<br />

Aggregation individueller Rationalitäten („teuer anbieten“ einerseits und „billig nachfragen“<br />

andererseits), die auf der Makroebene diese Markteigenschaft hervorruft. Diese nichtintendierten<br />

Handlungsfolgen treten natürlich auch in vielen nicht-ökonomischen Bereichen<br />

auf. Lesenswert dazu: Raymond Boudon, Widersprüche sozialen Handelns, und natürlich<br />

immer wieder Hartmut Esser.<br />

Ob ein Markt selbstregulativ <strong>zum</strong> Gleichgewichtspreis zurückfindet oder ob es zu einer<br />

Explosion kommt, hängt von Veränderungsfaktor der Auslenkungen, nämlich von „k“ ab, und<br />

die Auslenkungen selbst sind wiederum Preisdifferenzen (z.B. dp0, die Abweichung um 2.-<br />

EUR vom Gleichgewicht aufgrund des Zufallsschocks). Der Faktor k wieder hängt davon ab,<br />

wie steil die Nachfragefunktion relativ zur Angebotsfunktion ist.<br />

Abb.1: Markt mit Gleichgewichtstendenz Abb. 2: Explodierender Markt<br />

D (demand)<br />

S (supply)<br />

D (demand)<br />

D (demand)<br />

S (supply)<br />

D (demand)<br />

Die beiden Abbildungen zeigen, wovon der Faktor k, um den sich die Auslenkung in jeder<br />

verändert, abhängig ist. Ist die Nachfragefunktion S steiler als die Angebotsfunktion, dreht<br />

sich das Spinnennetz gleichsam „nach innen“. Ist die Nachfragefunktion steiler als die<br />

Angebotsfunktion, dreht sich das Spinnennetz nach außen, es kommt zur Explosion. Also in<br />

Fällen, in denen die Nachfrage überaus sensibel auf Preisveränderungen reagiert, gibt es eine<br />

Tendenz zu Explosionen der Preisschwankungen. Hier ist, wie man sagt, die Preiselastizität<br />

hoch, weil die Nachfrage in besonders starkem Maße vom Preis abhängt. Ein Vergleich<br />

zwischen dem Wohnungsmarkt und dem Aktienmarkt ist aufschlussreich: Wohnungen<br />

brauchen die Leute immer, egal, wie hoch die Mieten sind. Es gibt nur wenige Alternativen<br />

(Eigentum), die nicht allen Bevölkerungsgruppen offen stehen. Die Elastizität der Nachfrage,<br />

also die Reaktionsintensität bei Preisschwankungen, ist gering. Auf Wohnungsmärkten ist die<br />

Nachfragefunktion daher weitaus weniger steil (eher wie Abb. 1), als bei Finanzmärkten (eher<br />

wie Abb. 2). Die Nachfrage nach Aktien hängt fast nur vom Preis (Kurs) ab, weil Aktien<br />

selbst so gut wie keinen Gebrauchswert aufweisen, sondern nur Tauschwert. Vielleicht könnte<br />

man die Höhe der Dividende als Gebrauchswert ansehen, aber entscheidender für die<br />

Nachfrage ist in der jeweilige Kurs.<br />

Abb. 3: Markt mit Gleichgewichtstendenz<br />

Abweichung von<br />

Gleichgewichtspreis<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

-3<br />

Zufallsschock von 2 Euro, bei k=1.9,<br />

Selbstregulation <strong>zum</strong> Gleichgewicht<br />

GG 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25<br />

Periode


Abb. 4: Markt mit Explosionstendenz<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

-100<br />

Zufallsschock von 2 Euro, bei k=2.5,"Explosion"<br />

GG 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

In Abhängigkeit von der Steilheit der Nachfragefunktion relativ zur Angebotsfunktion steht<br />

also der Faktor „k“. Die Abbildungen 3 und 4 zeigen, wie zwei unterschiedliche Märkte auf<br />

einen Zufallsschock von 2.- EUR Abweichung vom Gleichgewichtspreis reagieren. Wir<br />

haben also zwei unterschiedliche „Systemeigenschaften“: Der Markt mit der<br />

Gleichgewichtstendenz in Abbildung 3 entspricht Abbildung 1 (flache Nachfragefunktion, die<br />

Leute benötigen das Gut X dringend), der Markt mit der Explosionstendenz in Abbildung 4<br />

entspricht der Abbildung 2 (die Leute benötigen das Produkt gar nicht unbedingt, und sie<br />

fragen nur nach, wenn es günstig ist, z.B. Aktien oder Wochenendflugreisen). Die<br />

unterschiedlichen Systemeigenschaften sind allein eine Folge des Wertes für k. Liegt er unter<br />

2 (hier: 1,9), kommt der Markt wieder <strong>zum</strong> Gleichgewicht, liegt er über 2 (hier: 2,5),<br />

explodieren die Preisschwankungen.<br />

Abbildungen 3 und 4 wurden mit der Datei „cobweb.xls“ erstellt. Klickt man auf eine Zelle<br />

der Spalte „Preisabweichung vom Gleichgewicht“, sieht man die Umsetzung der Formel für<br />

die Veränderung der Preisdifferenz in der Periode n<br />

n<br />

dp = ( 1−<br />

k)<br />

• dp<br />

n<br />

0<br />

in Excel ( =(1-F19)^D19*2 ). Jeder Wert für dpn ausgelöst durch den Schock von 2.- EUR<br />

Abweichung in Periode Null. Wer möchte, kann einfach für „k“ eigene Werte einsetzen, und<br />

die Abbildungen von Esser, S. 154 reproduzieren. Oder einfach mit irgendwelchen Werten für<br />

k spielen. Oder auch mal dp0 von 2.- auf 15.- EUR setzen, usw.

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