heft 5 komplett - Deutsche Gesellschaft für Positive und ...
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— ich gehe sehr selten auf Menschen zu, sondern warte auf ihre Initiative — dadurch<br />
entgehe ich dem Risiko, daß ich abgelehntwerde, <strong>und</strong> vermeide so unnötige<br />
Verlet-zungen <strong>und</strong> Abgewiesen-Werden;<br />
— wenn ich jemand einlade, bereite ich mich darauf vor, dadurch ernte ich das Lob,<br />
daß es schön <strong>und</strong> gemütlich <strong>und</strong> das Essen schmackhaft ist;<br />
— ich lade so gut wie nie jemanden spontan ein, um zu vermeiden, daß ich die Leute<br />
enttäusche, daß es langweilig wird oder mir die spontane Freude genommen wird,<br />
wenn abgesagt wird;<br />
— wenn ich früher meinen Wunsch, zu spielen, aufgab <strong>und</strong> meiner Mutter zu Hause<br />
half, wurde ich von ihr gelobt;<br />
wenn ich auf meinen Wunsch verzichtete, zum Tanzen oder zu Parties zu gehen<br />
oder mich mit Gleichaltrigen zu treffen, wurde ich zum ersten Mal von meinem Vater<br />
meiner Schwester vorgezogen, er lobte mich, daß ich vernünftig wäre — auf diese<br />
Anerkennung hatte ich jahrelang gewartet;<br />
da meine Mutter häufig äußerte, daß sie Angst um mich hat, mir könnte etwas<br />
pas-sieren, wenn ich lange weg bin, wollte ich diesem Vorwurf entgehen <strong>und</strong> ihr<br />
eine Freude machen <strong>und</strong> verzichtete immer häufiger auf Kontakte;<br />
früher konnte ich nie gleichaltrige Kinder einladen, da wir zu beengt wohnten,<br />
au-ßerdem schämte ich mich wegen unserer Wohnung;<br />
— indem ich früher zum Spielen andere Kinder besuchte, konnte ich diesen engen<br />
Wohnverhältnissen entfliehen <strong>und</strong> den ständigen Kontrollen durch die Familie<br />
ent-gehen, ich fühlte mich freier;<br />
— indem ich später immer mehr darauf verzichtete, zu spielen <strong>und</strong> statt dessen<br />
Aufga-ben <strong>für</strong> die Schule machte, wurde ich von meinen Lehrern als fleißige Schülerin<br />
an-erkannt <strong>und</strong> bekam gute Noten. Diese Anerkennung erkaufte ich mir durch<br />
Ver-zicht, doch <strong>für</strong> mich waren die Beachtung, Lob <strong>und</strong> Anerkennung<br />
lebensnotwen-dig;<br />
— indem ich heute mehr den Kontakt zu Männern bevorzuge, die mir bildungsmäßig<br />
unterlegen sind, entgehe ich dem Risiko, mich intellektuellen<br />
Auseinandersetzun-gen stellen zu müssen, bei denen ich evtl. unterlegen bin oder<br />
dumm angesehen werde (ich stamme aus einer Arbeiterfamilie, wo wenig<br />
gelesen oder diskutiert wurde).<br />
— Spontane Kontakte mit vielen Menschen zu schließen, wie das mein Vater machte,<br />
wurde von meiner Mutter <strong>und</strong> den Großeltern verurteilt. Das nahm ich mir zum<br />
Vor-bild <strong>und</strong> vermied, überhaupt in Kneipen zu gehen. Wenn ich also auf spontane<br />
Kon-takte verzichtete, vermied ich die Nichtbeachtung oder Verurteilung durch<br />
die Familie.<br />
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