Die fotografische Wirklichkeit
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Die fotografische Wirklichkeit
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Fotografische <strong>Wirklichkeit</strong>en<br />
Abb. 4: Don Quixote (Standbild), USA, 2000, Regie: Peter Yates<br />
In diesem Zusammenhang ist es höchst erstaunlich, dass Barthes<br />
die Konsequenzen nicht weiter bedacht hat, die sich für seine Überlegungen<br />
aus einem von ihm selbst gezogenen Vergleich ergeben.<br />
Um die Besonderheit des »Ça-a-été« 64 der Fotografie hervorzuheben,<br />
stellte er einen Vergleich zum Film an, »denn beim (fiktionalen)<br />
Film« würde »das ›Es-ist-so-gewesen‹ des Schauspielers und das<br />
seiner Rolle« 65 vermengt. Der fiktiven Figur und damit allen Ereignissen<br />
in der filmischen Handlung (sprich: in der <strong>Die</strong>gese) müsste<br />
nach Barthes also ebenfalls ein »Es-ist-so-gewesen« zukommen. 66<br />
Wenn dem im Film aber so sein soll, dann fragt sich, warum es eine<br />
Figuren lösen sich aus dem Handlungszusammenhang und verweisen auf<br />
sich selbst. Sie zeigen ihr Zeigen. In ihrem Gestelltsein stellen sie sich dem<br />
Blick, der Aneignung der Bildbetrachtenden zur Verfügung [...].« Huber,<br />
Jörg: »The Big Sleep und das Erwachen. Standbild und ›staged photography‹:<br />
Aspekte gestellter Fotografie«. In: Hürlimann, Annemarie; Müller,<br />
Alois Martin (Hg.): Films Stills. Emotions Made in Hollywood. Ostfildern-<br />
Ruit, 1993, S. 61-62, hier S. 61.<br />
64 Barthes 1980 (wie Anm. 5), S. 120 u. 124.<br />
65 Barthes (1980) 1989 (wie Anm. 3), S. 89. Barthes bezog diese »Vermengung«<br />
des »Es-ist-so-gewesen« auf das, was er »zwei Posen« nannte, er<br />
schreibt auch von einer »›posierende[n] Haltung‹«. Laut Barthes nehme<br />
man, sobald man sich des Fotografiertwerdens bewusst werde, automatisch<br />
eine solche posierende Haltung ein und verwandele sich »im Voraus<br />
zum Bild«. Gleiches gelte für den Schauspieler im Film, nur dass bei, wie<br />
Barthes selbst sagt, »fiktionalen« Filmen das Posieren des Dargestellten<br />
hinzukomme. Barthes (1980) 1989 (wie Anm. 3), S. 19. Siehe auch Barthes<br />
(1961) 1990 (wie Anm. 55), S. 17f.<br />
66 Nebenbei bemerkt scheint es mir sinnvoll, die deutsche Übersetzung von<br />
»Ça-a-été« in »<strong>Die</strong>s-ist-gewesen« zu ändern, um den deiktischen Aspekt<br />
dieser Formel noch deutlicher zu machen. In einer solchen Übersetzung zitiere<br />
ich Barthes denn auch in meinem Beitrag Bayards Leichnam in diesem<br />
Band.<br />
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