Die fotografische Wirklichkeit
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Die fotografische Wirklichkeit
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Fotografische <strong>Wirklichkeit</strong>en<br />
LARS BLUNCK<br />
Vor einigen Jahren erschien in einem dem Ende der Fotografie gewidmeten<br />
Themenband des Kunstforum International ein Aufsatz<br />
des Amerikanisten Christoph Ribbat mit dem ebenso gewitzten wie<br />
programmatischen Untertitel Wie ich lernte, über Fotografie zu<br />
schreiben, ohne Roland Barthes zu zitieren. 1 In der Tat fällt dies<br />
schwer: fototheoretische Überlegungen anzustellen, ohne sich auf<br />
den französischen Semiologen und dessen, wie sich mit Bernd<br />
Stiegler ironisch pointieren ließe, »letztgültige, allgemein anerkannte<br />
und überall zitierte Ausformulierung« 2 der Fototheorie zu beziehen.<br />
Entsprechend kommen auch die folgenden Überlegungen, die ganz<br />
bewusst keine klassische Einleitung sein wollen, nicht umhin, Barthes<br />
mehrfach als Referenzfigur aufzurufen – freilich einzig zum<br />
Zweck, die von Barthes forcierte Verabsolutierung der deiktischen<br />
(und damit der indexikalischen) Referenz von Fotografien zu relativieren,<br />
um der Fototheorie Perspektiven auf andere, will sagen: ikonische<br />
Aspekte zu eröffnen.<br />
Indexikalität und Ikonizität<br />
Barthes hat in seinem notorisch gewordenen Buch <strong>Die</strong> helle Kammer<br />
bekanntlich konstatiert, dass die Fotografie »mit dem Finger auf<br />
ein bestimmtes Gegenüber« deute und »an diese reine Hinweis-<br />
1 Siehe Ribbat, Christoph: »Smoke gets in your eyes, oder: Wie ich lernte,<br />
über Fotografie zu schreiben, ohne Roland Barthes zu zitieren«. In: Kunstforum<br />
International, Bd. 172, Ruppichteroth, September bis Oktober 2004,<br />
S. 39-42.<br />
2 Stiegler, Bernd: Philologie des Auges. <strong>Die</strong> photographische Entdeckung der<br />
Welt im 19. Jahrhundert. München, 2001, S. 18. Vgl. auch Holzer, Anton:<br />
»Barthes’ Bilder: 30 Jahre Helle Kammer«. In: Fotogeschichte. Beiträge zur<br />
Geschichte und Ästhetik der Fotografie, Jg. 29, Heft 114, Marburg, Winter<br />
2009, S. 3: »Das bekannteste Buch der Fototheorie, Roland Barthes’ Helle<br />
Kammer […].«<br />
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