Die fotografische Wirklichkeit
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Die fotografische Wirklichkeit
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Fotografische <strong>Wirklichkeit</strong>en<br />
obgleich das Foto, gerade weil es als Foto wahrgenommen wird, gewissermaßen<br />
noch am »Versprechen indexikalischer Referentialität«<br />
75 parasitiert, mit der Folge wiederum, dass es dieses Geschehen<br />
wiederzugeben scheint. Ich möchte vorschlagen, diese eigentümliche<br />
Wirkungsweise als <strong>fotografische</strong> Fiktion und derartige Bilder als<br />
fiktionale Fotos zu bezeichnen. Ihre Bezeichnung als fiktional meint<br />
gleichwohl nicht, dass das Foto an sich fiktional ist, das wäre Unsinn,<br />
ebenso wenig ist ein Spielfilm an sich fiktional. 76 Und überdies<br />
wird mit dem Begriff der <strong>fotografische</strong>n Fiktion auch keine »gattungskonstitutive<br />
Kategorie« 77 eröffnet, sondern eine bildpragmatische<br />
Konstellation benannt, die sich zuallererst im Zusammenspiel<br />
von Bild, Bildkontext und Bildlektüre einstellt. Entsprechend ist die<br />
Fiktionalität eines Fotos und die Fiktivität 78 seiner <strong>Die</strong>gese nicht an<br />
75 Wortmann, Volker: »<strong>Die</strong> Magie der Oberfläche. Zum <strong>Wirklichkeit</strong>sversprechen<br />
der Fotografie«. In: Grebe/Schneider 2004 (wie Anm. 50), S. 11-21,<br />
hier S. 19. Mit Wortmann lässt sich sagen, dass ein Foto »immer auch<br />
gleich den Hinweis auf seine Entstehung mit sich trägt«, entsprechend sei<br />
diese Form der »Legende«, eine unsichtbare Legende, »längst stillschweigender<br />
Bestandteil unseres alltäglichen Umgangs mit <strong>fotografische</strong>n Bildern«<br />
geworden. Ders.: »Das kultische und das technische Bild. Legenden<br />
authentischer Darstellungen«. In: Berg, Jan; Hügel, Hans-Otto; Kurzenberger,<br />
Hajo (Hg.): Authentizität als Darstellung. Hildesheim, 1997, S. 132-<br />
154, hier S. 135. Wortmann hat aber auch eingewandt, dass die »Evidenz«<br />
solcher »apparativ generierten Bilder« zwar »schlagend« sei, »und doch ist<br />
dieses Versprechen kein technisches, es ist ein kulturell gewordenes, der<br />
Geschichte der Fotografie sozusagen abgerungen«. Wortmann 2004 (wie<br />
oben), S. 11.<br />
76 Es ist dabei ein gern wiederholter Unsinn, dass Bilder prinzipiell fiktional<br />
seien, bspw. wenn Kendall Walton bemerkt: »Pictures are fictions by definition.«<br />
Walton, Kendall L.: »Mimesis as Make-Believe: On the Foundations of<br />
the Representational Arts«. In: Philosophy and Phenomenological Research,<br />
Jg. 51, Nr. 2, Hoboken, 1991, S. 379-382, hier S. 351. Wer derlei behauptet,<br />
müsste a) der abwegigen Behauptung zustimmen, dass die allabendliche<br />
Nachrichtensendung im Fernsehen fiktional sei, und/oder b) eine Differenzierung<br />
zwischen der Fiktionalität des Mediums und der Fiktionalität<br />
des Mediatisierten einführen, andernfalls der Begriff der Fiktionalität seine<br />
Distinktionsfähigkeit verlöre. Siehe auch Andree, Martin: Archäologie der<br />
Medienwirkung. Faszinationstypen von der Antike bis heute [2005]. 2. Aufl.<br />
München, 2006, S. 229.<br />
77 Keitz, Ursula von: »Vorwort«. In: Hoffmann, Kay; Keitz, Ursula von (Hg.):<br />
<strong>Die</strong> Einübung des dokumentarischen Blicks. Fiction, Film und Non Fiction<br />
Film zwischen Wahrheitsanspruch und expressiver Sachlichkeit 1895-<br />
1945. Marburg, 2001, S. 9-14, hier S. 10.<br />
78 <strong>Die</strong> literaturwissenschaftliche Erzähltheorie siedelt die »Fiktionalität auf<br />
Ebene der Erzählung« und die »Fiktivität auf Ebene der Geschichte« an:<br />
»Fiktivität und Fiktionalität können im Hinblick auf ihre Bedeutung und ihr<br />
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