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Auslegung von Art. 33 Absatz 2 und Art. 1 F GFK - UNHCR

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Gefahr in der Vergangenheit vorgelegen hat. Es müssen schwerwiegende Gründe dafürersichtlich sein, dass der Flüchtling gegenwärtig oder in der Zukunft eine Gefahr für dieSicherheit des Landes darstellt. 6 Der Begriff “schwerwiegende Gründe” zeigt, dass an dieIntensität der befürchteten Bedrohung sehr hohe Anforderungen zu stellen sind. Insbesonderewenn die Verurteilung in der weiter zurückliegenden Vergangenheit liegt, ist nicht da<strong>von</strong>auszugehen, dass aus ihr gegenwärtig eine Gefährdung der Sicherheit des Landes resultiert.Die sehr rare Staatenpraxis zu dieser Normvariante deutet darauf hin, dass die Anwendbarkeitder Vorschrift auch bei besonders gravierenden einzelnen Terrorakten oder der Nötigung <strong>von</strong>Staatsorganen fraglich ist.7. Aus diesen Erläuterungen ergibt sich, dass die Mitgliedschaft in einer verbotenen oderterroristischen Organisation allein, ohne dass sich der Flüchtling selbst an Aktivitäten deroben dargelegten <strong>Art</strong> beteiligt hat, in der Regel nicht den Anforderungen des <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2<strong>GFK</strong> genügen wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Frage der Anwendbarkeit des <strong>Art</strong>.<strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> abhängig <strong>von</strong> den spezifischen Umständen des Einzelfalles zu beurteilenist. 7 In den meisten dieser Fälle wird allerdings die auch möglicherweise aktive Mitgliedschaftin einer verbotenen Organisation allein <strong>und</strong> die Beteiligung an Veranstaltungen dieserOrganisation noch nicht einmal einen besonders schweren Straftatbestand erfüllen. EineGefahr für ein Rechtsgut unterhalb der Schwelle der 2. Alternative kann jedoch für die ersteAlternative keinesfalls beachtlich sein. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass ein pauschalerAusschluss <strong>von</strong> Angehörigen ganzer Flüchtlingsgruppen vom Gr<strong>und</strong>satz des Non-Refoulements wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer im Aufnahmestaat verbotenen Vereinigungden Anforderungen des <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong>, der lediglich Einzelpersonen in extremenAusnahmefällen vom Abschiebungsschutz ausnimmt, nicht genügt <strong>und</strong> zu einer Verletzungdes Prinzips des Non-Refoulement führen kann.8. <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2, 2. Alternative <strong>GFK</strong> “Gefahr für die Allgemeinheit”Die zweite Alternative des <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> setzt voraus, dass der Flüchtling eine Gefahrfür die Allgemeinheit des Aufenthaltstaates darstellt, weil er wegen eines Verbrechens odereines besonders schweren Vergehens rechtskräftig verurteilt wurde. Ob eine besondersschwere Straftat bzw. nach dem maßgeblichen englischen Konventionstext ”a particularlyserious crime“ vorliegt, beurteilt sich nicht allein anhand der strafrechtlichen Einordnung derbegangenen Tat 8 ; zu berücksichtigen sind vielmehr alle Umstände des entsprechendenEinzelfalles. In der Regel muss es sich um ein Kapitalverbrechen handeln (Mord,Brandstiftung, Vergewaltigung, Raub), eine abschließende Liste der in Betracht kommendenStraftaten kann allerdings nicht aufgestellt werden, da der Gr<strong>und</strong> für den Ausschluss vomRefoulement-Schutz nicht die Straftat ist, sondern die Gefährlichkeit des Täters. 9 Dies stelltschon der Wortlaut der Vorschrift klar. So heißt es nicht: auf die Vergünstigung kann sichnicht berufen, wer wegen eines Verbrechens verurteilt wurde, sondern: nur jener Flüchtlingkann sich nicht auf <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 1 <strong>GFK</strong> berufen, der eine Gefahr für die Allgemeinheit desStaates bedeutet. Das Tatbestandsmerkmal „weil er wegen eines Verbrechens... verurteiltwurde“ stellt lediglich eine zusätzliche formale Anforderung an eine solcheGefahrenprognose. Es ist keinesfalls ein Regelbeispiel für das Vorliegen einer Gefahr für die6 So auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 2<strong>33</strong>; Goodwin-Gill, Guy, The Refugee in International Law, Oxford 1996, S.234; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Mai 1998, § 51 AuslG, Rn. 35.7 So auch Unterausschuss, Rn. 14; Goodwin-Gill, a.a.O., S. 139; Grahl-Madsen, a.a.O., S. 234; Hailbronner,a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 35.8 So auch P. Weis, The Refugee Convention 1951, Cambridge 1995, S. 342.9 So auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 239.The UN Refugee Agency L'Agence des Nations Unies pour les réfugiés

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