Allgemeinheit, sondern soll in Abgrenzung zu <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2, 1. Alternative <strong>GFK</strong> strengereBeweisanforderungen aufstellen.9. Handlungen, die eine Gefahr für die Sicherheit der Allgemeinheit oder das friedlicheZusammenleben der Bevölkerung darstellen können, können zum Beispiel sein: Sabotageaktegegen öffentliche Transportmittel, Inbrandsetzung <strong>von</strong> Häusern u.ä., gewalttätige Angriffe auffriedliche Bürger, Begehen <strong>von</strong> Einbruchserien, Geiselnahmen <strong>und</strong> Entführungen sowieandere Gefährdung des zivilen Lebens, insbesondere wenn dies in wiederholter <strong>und</strong> massiverWeise geschieht, so dass die betroffene Person zu einer öffentlichen Gefahr wird. 1010. Die negative Gefahrenprognose muss an die begangene Straftat anknüpfen. 11 Es mussausdrücklich untersucht <strong>und</strong> festgestellt werden, dass die frühere durch die Straftatdokumentierte Gefährlichkeit des Täters noch fortbesteht <strong>und</strong> dass die ernst zu nehmendeGefahr besteht, dass der Flüchtling erneut eine besonders schwere Straftat begehen wird. 12Aus dem Wortlaut der Vorschrift folgt auch, dass die Gefahr für die Allgemeinheitunmittelbar <strong>von</strong> dem Flüchtling ausgehen muss. Nur auf die <strong>von</strong> ihm ausgehende Gefahr istabzustellen, generalpräventive Überlegungen dürfen in die Entscheidung nicht mit einbezogenwerden.11. Von einer fortbestehenden Gefahr für die Allgemeinheit kann in der Regel nichtausgegangen werden, wenn die Verurteilung bereits eine beachtliche Zeit zurückliegt. 13Gegen eine negative Gefahrenprognose wird regelmäßig auch eine Strafaussetzung zurBewährung, aber auch die vorzeitige Haftentlassung sprechen, da diese eine positive Prognoseder Strafvollstreckungsbehörden voraussetzt. 14 Lag eine schwere Konflikttat oder eine durchaußergewöhnliche Umstände begünstigte Affekthandlung vor, so läßt sich aus dervergangenen Straftat gerade nicht auf eine zukünftige Gefahr schließen. 15 Kam es dagegen zumehreren unabhängig <strong>von</strong>einander begangenen schweren Straftaten, liegt die Bejahung einerzukünftigen Gefahr näher. In die Prognoseerstellung muss auch das Verhalten in der Hafteinbezogen <strong>und</strong> das den Betreffenden nach der Haftentlassung erwartende soziale Umfeldberücksichtigt werden.12. Diese Ausführungen verdeutlichen, dass auch die 2. Alternative des <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong>eine sorgfältige Abwägung aller Umstände des Einzelfalles erfordert 16 <strong>und</strong> sich einepauschale Anwendung auf Angehörige bestimmter Flüchtlingsgruppen bzw. Mitgliederbestimmter politischer Organisationen verbietet.13. <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> als ultima ratio10 Vgl. zu den Beispielen auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 240.11 So auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 239.12 So auch Kanein-Renner, Ausländerrecht. Kommentar, München 6. Auflage 1993, § 51 AuslG, Rn. 24; GK-AuslR, § 51 AuslG, Rn. 83; Hailbronner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 35.13 Hailbronner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 36.14 So auch Kloesel/Christ/Häußer, a.a.O., § 51AuslG, Rn. 19a; GK-AuslR, § 51 AuslG, Rn. 84; Hailbronner,a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 36.15 So auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 241; Weis, a.a.O., S. 342.16 So auch Unterausschuss, Rn. 14; Grahl-Madsen, a.a.O., S. 242; Kloesel/Christ/Häußer, a.a.O., § 51 AuslG,Rn. 21; Kanein/Renner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 24; Hailbronner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 35.The UN Refugee Agency L'Agence des Nations Unies pour les réfugiés
Da mit <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> der flüchtlingsvölkerrechtliche Anspruch des Flüchtlings aufSchutz vor möglicherweise schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen aufgehoben wird,kommt eine Abschiebung des Flüchtlings nur als ultima ratio in Betracht. 17 Dies zeigt auchdie Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Denn wie oben bereits dargestellt, soll <strong>Art</strong>. <strong>33</strong><strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> eine Gefahrenabwehr in ganz außergewöhnlichen Fällen ermöglichen. 18 Dasheißt, zu prüfen ist im konkreten Einzelfall, ob die notwendige Gefahrenabwehr nicht durchein milderes Mittel erreicht werden kann. Hier kommen abgesehen <strong>von</strong> einer strafrechtlichenSanktionierung u.a. auch besondere einzelfallbezogene Beschränkungen <strong>und</strong> Ausgestaltungendes Aufenthaltsrechtes in Betracht, wie zum Beispiel Meldeauflagen, räumlicheBeschränkungen der Aufenthaltsbefugnis oder ein Verbot der politischen Betätigung. 19 Zuüberlegen wäre auch, inwieweit langfristig integrationspolitische Ansätze zurGefahrenabwehr beitragen können. Abschließend ist in diesem Zusammenhang daraufhinzuweisen, dass <strong>Art</strong>. 31 <strong>Absatz</strong> 2 bzw. 32 <strong>Absatz</strong> 3 <strong>GFK</strong> auch auf <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong>angewendet werden sollten, d.h. dem Flüchtling sollte vor einer Abschiebung in denVerfolgerstaat die Möglichkeit gegeben werden, eine Aufnahmemöglichkeit in einem anderenLand zu suchen. 20 Zu diesem Zweck ist <strong>UNHCR</strong> darüber zu informieren, wenn derAufenthaltsstaat erwägt, einen Flüchtling auf der Gr<strong>und</strong>lage <strong>von</strong> <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> in denVerfolgerstaat abzuschieben.14. Verhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satzDie Anwendung des <strong>Art</strong> <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> ist in beiden Alternativen amVerhältnismäßigkeitsgr<strong>und</strong>satz zu messen. Zu überprüfen ist, ob die Bedrohung der in <strong>Art</strong>. <strong>33</strong><strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> genannten Rechtsgüter überwiegt vor den Gefahren, denen der Flüchtling beieiner Abschiebung ausgesetzt wäre. 21 Besteht für den Flüchtling bei einer Abschiebung in dasHerkunftsland eine schwerwiegende Gefahr für Leib <strong>und</strong> Leben, z.B. weil ihm imHerkunftsstaat Folter <strong>und</strong> Todesstrafe drohen, sollte nach Auffassung <strong>von</strong> <strong>UNHCR</strong> <strong>von</strong> einerAnwendung des <strong>Art</strong>. <strong>33</strong> <strong>Absatz</strong> 2 <strong>GFK</strong> nach Möglichkeit abgesehen werden. 2215. Diesen sich aus der <strong>GFK</strong> ergebenden Gr<strong>und</strong>sätzen wurde, soweit uns bekannt, <strong>von</strong> denGerichten der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland im Rahmen der <strong>Auslegung</strong> <strong>und</strong> Anwendung <strong>von</strong> §51 <strong>Absatz</strong> 3 AuslG in der Regel bisher auch Rechnung getragen. 23 In der letzten uns bekanntgewordenen Entscheidung zu § 51 <strong>Absatz</strong> 3, 1. Alternative AuslG vom 5. Mai 1998 (BVerwG1 C 17.97) weist das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht darauf hin, dass die Rechtsfolge der Norm,die Zulässigkeit der Abschiebung eines Flüchtlings in den Verfolgerstaat, die irreparableFolgen für Leib <strong>und</strong> Leben des Ausländers nach sich ziehen kann, dazu zwingt, dietatbestandlichen Voraussetzungen des § 51 <strong>Absatz</strong> 3 AuslG eng auszulegen <strong>und</strong> die Norm als“ultima ratio” zu betrachten. 24 Nur außergewöhnlich schwere Gefahren könnten esrechtfertigen, den im Abschiebungsverbot enthaltenen Menschenrechtsschutz hinter die17 So auch Hailbronner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. <strong>33</strong>.18 Siehe oben Rn. 2 <strong>und</strong> Fußnote 2.19 Ähnlich auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.10.1998 - 11 S 1853/98-, AuAS /99, S.40.20 So auch Weis, a.a.O., S. 343; Robinson, Nehemiah, Convention Relating To the Status of Refugees, 1953,Nachdruck durch <strong>UNHCR</strong> Genf 1997, S. 140; Hailbronner, a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 35.21 So auch Grahl-Madsen, a.a.O., S. 243; Weis, a.a.O., S. 342; Goodwin-Gill, a.a.O., S. 140; Kanein/Renner,a.a.O., § 51 AuslG, Rn. 22; GK-AuslR, § 51 AuslG, Rn. 86.22 So auch GK-AuslR, § 51 AuslG, Rn. 87.23 Vgl z.B. BVerwG 1 C 46.69, EZAR 1, Nr. 1; BVerwG 1 C 17.97 vom 5.5.1998 m.w.N., abgedruckt in:InfAuslR 1998, S. 383 ff.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.10.1998 - 11 S 1853/98 AuAS 4/99, S. 40.24 Vgl. BVerwG, InfAuslR 1998, S. 383 (386).The UN Refugee Agency L'Agence des Nations Unies pour les réfugiés