12.07.2015 Aufrufe

Tariflast drückt Kliniken - Forum Bochum

Tariflast drückt Kliniken - Forum Bochum

Tariflast drückt Kliniken - Forum Bochum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Ethisch strittig – juristisch komplex:Darf ein Arzt beim Sterben helfen?Medizinethiker, Ärzte, Juristen und Vertreter der Ärztekammer diskutiertenWenn ein Mensch unheilbarkrank ist undso sehr leidet, dass er sterbenmöchte, darf dann der Arzt eintodbringendes Medikamentverordnen? In Deutschlandist die Beihilfe zum Suizidnicht strafbar, das Berufsrechtfür Ärzte enthält aber unterschiedlicheRegelungen. So istden Ärzten die Hilfe bei derSelbsttötung in der ÄrztekammerNordrhein ausdrücklichverboten, in Bayern dagegennicht. Auf einer Podiumsdiskussiondes Zentrums fürMedizinische Ethik <strong>Bochum</strong>diskutierten an der RUB Ärzte,Juristen, Vertreter der Ärztekammernund Medizinethikerdas Thema Sterbehilfe.Prof. Dr. Winfried Kluth, Leiter desLehrstuhls für Öffentliches Rechtan der Martin-Luther-UniversitätHalle und Richter am sächsischenLandesverfassungsgericht.fobo-Bild: Kaltwasser,Unübersichtliche RechtslageProf. Dr. Winfried Kluth, Juristaus Halle, stellte auf der Podiumsdiskussiondie komplexeRechtslage dar. Menschenbei der eigens verantwortetenSelbsttötung zu helfen, istmit der Berufsethik der Ärzteschwer in Einklang zu bringen:Sie sollen Leben schützen undSterbenden beistehen.Anfang 2011 lockerte dieBundesärztekammer zunächstihre Grundsätze zur Sterbebegleitung.Wenig später nahmendie Verantwortlichen diese„Liberalisierung“ zurück undverabschiedeten auf dem 114.Deutschen Ärztetag eine geänderteMusterberufsordnungmit dem neuen Passus: „Ärztedürfen keine Hilfe zur Selbsttötungleisten.“ (§ 16).Doch auch damit war dasjuristische Wirrwarr nicht beseitigt.Denn die Bestimmungder Musterberufsordnung wirdnur rechtsverbindlich, wenndie Landesärztekammern denPassus in ihre Berufsordnungenaufnehmen. Das ist bislangnicht überall geschehen;stattdessen formulierten unterschiedlicheKammern ihreneigenen Passus. Nun darf einArzt in Bayern ein todbringendesMedikament verschreiben,während ein Kollege in Nordrheindafür berufsrechtlicheSanktionen befürchten muss.Sterbewunsch ist seltenDer Wunsch nach Selbsttötungist eine Rarität. Nur etwa einervon 1000 palliativ versorgtenPatienten äußert ihn.Doch es gibt sie, die Einzelfälle,in denen selbst einSpezialist das Leiden des Patientennicht ausreichend lindernDr. Theodor Windhorst, Präsidentder Ärztekammer Westfalen-Lippe.fobo-Bild: Bundesärztekammerkann und der Sterbewunschbestehen bleibt. In solchenExtremfällen sollte der Arztseinem Gewissen folgen dürfenund keine rechtlichen Sanktionenfürchten müssen, meintDr. Matthias Thöns, WittenerAnästhesiologe. Bekannt sei,dass ansonsten Erhängen, Sturzaus großer Höhe und Erschießendie drei häufigsten Methodender Selbsttötung seien.Die Sicht der ÄrztekammerDr. Theodor Windhorst, Präsidentder Ärztekammer Westfalen-Lippe,verteidigte die Ärztekammerposition.Man habe sichauf der Ärzteversammlung nurnach zähem Ringen auf eineabgeschwächte Formulierungeinigen können, dass Ärztekeine Hilfe zur Selbsttötungleisten „sollen“.Die Regelung in seinemLandesteil zwingt ihn nicht,einen Arzt zu bestrafen, derbei der Selbsttötung geholfenhat. Das ist bei seinem Kollegenaus Nordrhein, VizepräsidentDr. Bernd Zimmer, anders.Hier hat die Ärztekammer dasstrenge Verbot zur Selbsttötungaus der Musterberufsordnungübernommen. Denn der Arztsei ein „Garant für das Leben“.Tötung dürfe keine ärztlicheAufgabe werden, weil das dasVertrauen in den Arztberufmassiv schädigen könne.Medizinethik: Kein klares„Ja“ oder „Nein“ möglichErfahrungen aus dem US-StaatOregon geben keine Hinweise,dass die erlaubte Hilfe bei derSelbsttötung einen Vertrauensverlustin den Arztberufbewirkt, gab MedizinethikerProf. Jochen Vollmann von derRUB zu bedenken.Die meisten Patienten, diesich nach ärztlicher Hilfe zurProf. Jochen Vollmann, Vorsitzenderdes Zentrums für MedizinischeEthik.fobo-Bild: RUBSelbsttötung erkundigen, sindkörperlich unheilbar krank,haben eine überdurchschnittlicheBildung und überdurchschnittlichensozioökonomischenStatus sowie Zugangzur Palliativmedizin. Jederdritte Patient nimmt das zurVerfügung gestellte todbringendeMedikament nicht ein.Etwa ein Drittel der deutschenÄrzte steht einer Hilfe bei derSelbsttötung schwer krankerund selbstbestimmungsfähigerPatienten offen gegenüber.Eine völlig andere und inder ärztlichen Praxis häufigeSituation stellt die Suizidalitätbei psychisch Kranken dar, diehäufig in der akuten Krankheitsphaseoder Krisensituationnicht einwilligungsfähig sind.Vollmanns Fazit: Aus ethischerSicht ist kein klares „Ja“ oder„Nein“ zur Hilfe bei der Selbsttötungvertretbar.Dr. Julia Weiler Weitere Informationen:Prof. Dr. Stefan Huster, Geschäftsführerdes Zentrumsfür Medizinische Ethik e.V.;Lehrstuhl für ÖffentlichesRecht, Sozial- und Gesundheitsrechtund Rechtsphilosophie,Juristische Fakultät derRuhr-Universität,www.medizinethik-bochum.de20

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!