RESOhelp - Diakonisches Werk Hannover
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4<br />
Schnell fühlte sich Herr F. mit allem überfordert und<br />
fing wieder an zu trinken. Das JobCenter verlangte<br />
87,20 € von ihm zurück. Dieses Geld hatte er damals<br />
bei Haftantritt für den laufenden Monat komplett<br />
bekommen und sollte es nun zurückzahlen. Da war<br />
schon mal der erste Frust da.<br />
In den Gesprächen erwähnte Herr F. zwei Verfahren,<br />
die noch gegen ihn laufen würden, irgendwelche<br />
Geldstrafensachen. Er habe aber die Papiere dazu<br />
verloren und wolle sich mal bei Gericht erkundigen<br />
oder bei Kumpels nachfragen, ob da noch Briefe<br />
für ihn wären. Ich erinnerte ihn öfter daran, dass<br />
es brenzlig für ihn werden könne, wenn er nicht in<br />
Aktion treten würde.<br />
Mitte September rief ein Polizeibeamter an, dass<br />
Herr F. aufgrund eines Haftbefehls zur Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafen in<br />
Polizeigewahrsam genommen worden sei und heute in die hiesige JVA überführt werden<br />
würde. Herr F. habe inständig darum gebeten, Kontakt zu unserer Beratungsstelle<br />
aufzunehmen, um die Haft noch abzuwenden. Letztendlich war der Beamte im Einvernehmen<br />
mit Herrn F. dazu bereit die zwei Aktenzeichen an uns weiterzureichen, mit der<br />
Maßgabe innerhalb von 2 Stunden die drohende Inhaftierung durch Verhandlung mit<br />
dem Amtsgericht doch noch abzuwenden. Glücklicherweise war die zuständige Rechtspflegerin<br />
sofort zu erreichen. Sie hatte Verständnis für die Situation des Klienten und<br />
war schließlich bereit, den Haftbefehl außer Kraft zu setzen und für beide Geldstrafen<br />
eine Ratenzahlung von jeweils € 20,-- zu bewilligen. So konnte Herr F. im letzten<br />
Moment vor der Haft bewahrt werden und zahlt seitdem regelmäßig und zuverlässig<br />
seine Raten über unsere Beratungsstelle.<br />
Denkanstoß<br />
Nur Beratung kann da allein nicht helfen! Auch die Gerichte scheinen mit ihrem Latein<br />
schon lange am Ende zu sein. Was soll ein Richter oder ein Staatsanwalt tun, wenn<br />
die gesellschaftlichen Verhältnisse so sind, wie sie sind? Bei jeder strafrechtlichen Auffälligkeit<br />
kommt es bei der nächsten Bestrafung (z. B. bei der Verhängung von Geldstrafen)<br />
zu einer Erhöhung des Strafmaßes. Schwarzfahrten dürfen z. B. nicht als Ordnungswidrigkeit<br />
geahndet werden, weil es die Bundesgesetzgebung nicht zulässt. So<br />
geschieht es immer wieder, dass Menschen Geldstrafen aufgrund von Schwarzfahrten,<br />
kleinerer Diebstähle, Kauf von kleinen Drogenmengen zum Eigengebrauch als Sanktion<br />
vom Gericht erhalten haben. Schnell bekommt dann ein sogenannter Wiederholungstäter<br />
für drei Schwarzfahrten eine Geldstrafe von € 000,-- aufgebrummt ( 00 Tagessätze<br />
zu € 0,00). Wer die nicht zahlt und sich auch um keine Ratenzahlungsvereinbarung<br />
kümmert, landet ganz schnell wieder im Knast. Ein Haftplatz in Niedersachsen<br />
kostet ca. € 90,00 am Tag. Wenn es schlecht läuft, sitzt der Schwarzfahrer schließlich<br />
für 00 Tage in der JVA und verursacht dadurch Kosten in Höhe von € 9 000,--, obwohl<br />
er eigentlich nur 000,-- € zahlen sollte zur Strafe dafür, dass er dreimal wiederholt<br />
schwarzgefahren ist. Wenn die Klienten dann Raten auf ihre Geldstrafen zahlen, haben<br />
sie erst recht kein Geld mehr für Fahrkarten oder gar eine Monatskarte.